Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 140

1877 - Oldenburg : Stalling
140 Inzwischen hatten sich im ganzen Lande Reformvereine gebildet, und die Parlamentsreform war zu einer allgemeinen Angelegenheit der Nation geworden. Da erhob sich im Unter-Hause am 1. Mrz 1831 Lord John Rssel und trug einen Gesetzentwurf vor, der von den Whigs mit strmischem Bei-fall aufgenommen wurde. Das Ministerium erklrte, mit der Reformbill stehen oder fallen zu wollen. Der Vorschlag war keineswegs radical, sondern nur darauf berechnet, die Mi-bruche und Ungerechtigkeiten der bestehenden Wahlordnung zu beseitigen. Die Aristokratie behielt noch immer das Ueber-gewicht, nur sollte dem gebildeten Mittelstande das Unterhaus trat (18461851). Seit 1848 begnstigte er fast berall die frei-sinnigen und nationalen Bestrebungen. Wegen seines khnes Ein-schreitens nannte ihn der liberale Roebuck Lord Fenerbrand", oder noch witziger das diplomatische Allerweltsschwefelholz," Als er wegen der Forderung eines jonischen Juden, also eines englischen Staats-brgers, an die griechische Regierung Athen mit einem Bombardement bedroht hatte, verhinderte er seinen Sturz durch eine fnfstndige Rede, die er mit den Worten: Civis Romanus sum" schlo, denn wie diese Worte einst auf der ganzen Erde Schutz gewhrten, so sollte auch jenem Inden die Hinweifnng auf sein englisches Brgerthum gleichen Schutz gewhren. Allgemeiner Beifall ward ihm zu Theil, und fein Gegner Robert Peel erklrte: Wir Alle sind stolz auf ihn!" Als er bereilt, wie ein Dictator, die Billigung des Staatsstreiches in Frankreich vom 2. Dec. 1851 aussprach (vgl. Xix.), ehe seine Regierung einen Beschlu gefat hatte, mute er aus dem Ministerium ausscheiden. Bald bernahm et das Ministerium des Innern, das er mit gleicher Gewandtheit wie frher das des Auswrtigen leitete (18521855). Im Krimkriege folgte er auf Aberdeen als Premier-Minister (1855 bis 1858) und rettete als solcher die Trkei (vgl. Xx.), wie er den Bund mit Frankreich bewahrte. Als er nach Orsini's Attentat auf Napo-leon Iii. (vgl. Xix.) das Asylrecht politischer Flchtlinge durch die Verschwrungsbill beschrnken wollte, mute er vor Derby zurcktreten-Aber der Rutionalfampf in Italien fhrte Palmerston von neuem an die Spitze (1859 1865), und et blieb Premier bis zu feinem Tode (18. October 1865). Whrend er fr Italien die hchste Sympathie zeigte, opferte et die Rechte Schleswig-Holsteins der ffentlichen Meu nung in England und dem Anbringen der Gromchte in der Londoner Eonfetenz (1852). Er bekmpfte den Aufstand in Indien (1857) und unternahm zweimal den Kampf gegen China (1856-1858 und 1860) und sicherte den Frieden während des amerikanischen Unionskrieges (vgl. Xxviii.)

2. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 171

1877 - Oldenburg : Stalling
171 Begeisterung der Menge vor sich, wozu die Ansprache des Knigs viel mitwirkte, der in herrlichen Worten eine gerechte, milde und gottesfrchtige Regierung gelobte. Am 15. October erfolgte die Huldigung in Berlin, bei welcher Gelegenheit die Verschiedenheit zwischen den Ansichten des Knigs und den Anhngern des constitutionellen Systems ebenfalls hervortrat. Von da an begann sich eine Mistimmung zu erzeugen, die im Volke selbst immer weiter um sich griff, aber erst spter zu einem bedenklichen Ausbruch kam. Whrend in zwei Broschren, von denen die eine: Woher und Wohin?", die andere: Vier Fragen" betitelt war, die Notwendigkeit allgemeiner Vertretung und das Recht darauf, das sich das Volk durch die Befreiungskriege erworben habe, nachgewiesen wurde, zogen demnchst die Provinzialstnde die Aufmerksamkeit des Volkes auf sich. In Petitionen und Adressen wurden dieselben angegangen, auf Erlangung weiterer Freiheiten hinzuwirken. Die Censur fr Bcher der 20 Bogen wurde abgeschafft, und ein Ober-censurcollegium gegrndet. Der König hegte so viel Vorliebe fr die Provinzialstnde, da er sie fortan alle zwei Jahre einberufen wollte und die Bildung von Ausschssen anordnete, um die stndischen Institutionen durch ein Element der Ein-heit zu ergnzen" (1842). Diese sollten zu einer Versamm-lung vereinigt, auch der allgemeine Staatsangelegenheiten berathen. Die Thronbesteigung Friedrich Wilhelms Iv. war von ganz Deutschland mit Hoffnung begrt worden. Der König, obwohl mit fremder Bildung vertraut, war durchaus von volkstmlicher Gesinnung durchdrungen und fhlte sich ganz als Deutscher. Eine festere Begrndung deutscher Ein--heit lag dem König sehr am Herzen; es war sein aus-gesprochenes Ziel, deutsches Wesen und deutschen Sinn zu strken, und er erklrte gleich Anfangs, er habe den festen Willen, dem deutschen Bunde neues Leben einzuhauchen. Bei der Grundsteinlegung des Klner Dombaues (4. Sept. 1842), als er in ahnendem Geiste schon die Thore einer neuen groen Zeit vollendet" sah, sprach er diesen Gedanken mit einer Begeisterung aus, die in ganz Deutschland ihren Wider-hall fand. Bekannt mit den Mngeln der deutschen Bundes-

3. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 175

1877 - Oldenburg : Stalling
175 liche Reprsentativverfassung und keine Nachahmung eines veralteten mittelalterlichen Stndewesens. Am 11. April wurde der vereinigte Landtag von Friedrich Wilhelm Iv. mit einer glnzenden Rede erffnet, die jedoch den Widerspruch zwischen seinen Ueberzeugungen und dem Geiste der Zeit klar hervorhob. Indem er mit Rcksicht auf die kirchlichen Verhltnisse die Worte Josua's aussprach: Ich und Mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen!" legte er auf der anderen Seite sein ganzes politisches Glaubens-bekenntni darin nieder: Keiner Macht der Erde", erklrte er feierlich, soll es je gelingen, mich zu bewegen, das natr-liche Verhltni zwischen Fürst und Volk in ein conventio-nelles, constitutionelles umzuwandeln, und nun und nimmer-mehr werde ich es zugeben, da sich zwischen unfern Herrn Gott im Himmel und dieses Land ein beschriebenes Blatt gleichsam als eine zweite Vorsehung eindrnge, um die alte heilige Treue zu ersetzen." Die Krone kann und darf nur nach den Gesetzen Gottes und des Landes und nach eige-ner freier Bestimmung herrschen, nicht aber nach dem Willen von Majoritten. Preußen kann diese Zustnde nicht er-tragen." Die Verstimmung und Unzufriedenheit der die in der Erffnungsrede geuerten Grundstze war so groß, da die Abgeordneten der Provinz Preußen, weitere Verhandlungen fr zwecklos haltend, Berlin sofort wieder verlassen wollten und nur durch ihre rheinischen Gesinnungsgenossen zu bleiben bewogen wurden, um auf Grundlage der bewilligten Rechte auf die Grndung eines wahrhaften Verfassungswesens hin-zuwirken. Bei den Berathungen der die Adresse trat der Gegensatz zwischen den politischen Anschauungen des Knigs und denen der Mehrheit der Versammlung unzweideutig her-vor, und die Ansichten von Beckerath, Hansemann, Camp-hausen, Alfred von Auerdwald, Vincke wurden berall mit Beifall aufgenommen. In der Adresse sprach sich die Er-Wartung aus, da das Patent vom 3. Februar der Anfang, nicht das Ziel der stndischen Entwickelung des Knigreiches sein werde." Der König, der auf Dank gerechnet hatte und durch den erfahrenen Widerspruch unangenehm berhrt war, erklrte auf die ihm bergebene Adresse, da er dem ver-

4. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 392

1877 - Oldenburg : Stalling
392 Opposition, da die Note der Kammer und dem Lande jhrem Wortlaute nach vorgelegt werde, nahm der Minister seine Zu-flucht zu leeren Ausreden und versicherte deren Vorhandensein auf seine Ehre. Er mute auf der Existenz einer solchen Note bestehen, weil nur auf Grun derselben ein Kriegscredit von 50 Millionen Francs mit einer Mehrheit von 245 gegen 10 Stimmen bewilligt werden konnte. Die Kammer war be-trogen worden. Whrend Ollivier die leichtfertigen Worte aussprach: Wir bernehmen den Krieg mit leichtem Herzen!" bewhrten auch hier die Deputirten der Linken, die sog. Unvershnlichen, den Ruhm muthvoller Ueberzegungstreue.*) Sie wagten es, den Ministern ins Gesicht zu sagen, da sie den Krieg provocirt htten, und erklrten der groen Mehr-heit der Chauvinisten gegenber, da der Krieg freventlich von Frankreichs Staatslenkern heraufbeschworen sei. Sogar Thiers, der grimmige Preuenfeind, erhob sich und sprach in einer Rede die Behauptung aus, da es zu einem Kriege mit Preußen an jedem Vorwande fehle. Seiner Ansicht stimmte die Linke bei, aber ohne Erfolg. Die Majoritt in Verbindung mit einer feilen Presse, und die kriegslustige Hof-Partei, an deren Spitze die bigotte spanische Eugenie stand, errang den Sieg. Die Kriegserklrung vom 15. Juli wurde einige Tage spter, am 19. Juli, in Berlin berreicht. So hatte denn Napoleon mit seinen Helfershelfern durch hllische Knste der Lge die Schrecken eines furchtbaren Krieges entfesselt. Nur ein kleiner Theil des franzsischen Volkes bewahrte Rhe und Besonnenheit; die groe Mehr-zahl wurde bald durch die wthende Presse, die Gift und Galle auf Preußen spie, in den wahnsinnigen Ktiegstaumel hineingerissen; die Worte eines Emile de Girardin: Wir mssen die Preußen mit Kolben der den Rhein. zurck-jagen!" fanden allgemeinen Widerhall, und mit lcherlicher Drohung wurde die Eroberung der Rheingrenze, der Ein-zug in Berlin, Plnderung und Verwstung im Voraus verkndet. *) Ihre Namen sind: Arago, Desseaux, Esquiros, Jules Favre, Gagneur, Garnier-Pags, Glais-Bizom, Grvy, Ordiuaire, Pelletan.

5. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 492

1877 - Oldenburg : Stalling
- 492 - wurde die neue Welt das Vorbild der alten. Der Mississippi, Ohio, Illinois, Missouri u. a. bedeckten sich mit Flottillen von Dampfern. Die Zahl der Staaten betrgt jetzt 37. Sobald nmlich ein Landstrich 60,000 freie Männer der 25 Jahre hat, kann er als besonderer Staat auftreten, oder sich von einem schon vorhandenen Staate lostrennen, in wel-' cheirt Falle die Flagge der Union jedesmal einen neuen Stern erhlt. Landstriche, welche die angegebene Bevlkerung nicht erreichen, heien Territorien. Die Zahl der Einwohner der vereinigten Staaten, die besonders durch die massenhafte Einwanderung aus Europa in fortwhrendem Steigen begriffen ist, betrgt jetzt fast das zwlffache der Zahl von 1783, nmlich 35 Vs Million. Die vereinigten Staaten bilden eine Bundesrepublik; in den einzelnen Staaten herrscht die Selbst-Verwaltung (self-goverment). Die gesetzgebende Gewalt in dem Bundesstaate wird von einem Congre gebt, der aus einem Reprsentantenhause oder Volkskammer mit Ver-tretung nach der Kopfzahl, und einem Senate oder Staaten-Hause, zu welchem jeder Staat zwei Abgeordnete sendet, besteht; die Executivgewalt ruht in den Hnden eines verantwortlichen Prsidenten, der durch Whler, die von smmt-lichen Staaten ernannt werden, auf 4 Jahre gewhlt wird, und hchstens zweimal nach einander wiedergewhlt werden darf. *) In Hinsicht auf Religion herrscht vllige *) Hier folgt die Reihe der Prsidenten mit den wichtigsten Momenten der Geschickte der nordamerikanischen Staaten: Washington (1787- 97); John Adams (1797-1801), unter welchem Washington zur Bundesstadt erklrt wurde; Thomas Jefferson (1801 1809), ordnete der Continentalspcrre Napoleons gegenber eine Handelssperre fr Nordamerika an, die aber, dem Volke zuwider, bald wieder aufgehoben wurde; Maddison (18091817), drngte wegen des von England beanspruchten Durchsuchungsrechtes neutraler Schiffe und wegen Beein-trchtignng der Freiheit nordamerikanischer Brger durch Matrosenpressen zur Kriegserklrung gegen England (April 1812); der Krieg wurde thcils an den Nordgrenzen zu Lande, theils auf dem Meere gefhrt; die Eng-lnder nahmen und verbranten die Bundesstadt Washington (Juni 1814), wogegen ihr Angriff auf New-Orleans durch General Jackson siegreich zurckgewiesen ward (Jan. 1815); im Frieden (Febr. 1815) wurde Herausgabe der gegenseitigen Eroberungen und Regelung der Grenzen be-dingt; Monroe (1817u825), erklrte sich durch die Monroe-Doc-

6. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 95

1877 - Oldenburg : Stalling
95 gegen den Bischof nicht strenger als gegen jeden Anderen vorgegangen war, so lag doch in diesem Falle in dem Versah-ren der Regierung ein Migriff, der von den Belgiern als Verhhnung ihres Glaubens betrachtet wurde und den tiefsten Ha des Klerus gegen den König hervorrief. Die Geistlich-feit fhlte sich in ihren innersten Interessen verletzt, als der König das gesammte Unterrichtswesen, in dem sie ein ihr mit Recht zukommendes Gebiet sah, unter weltliche Behrden stellte. Gymnasium und Elementarschulen wurden dadurch gehoben und ein sogenanntes philosophisches Collegium" zu Lwen gegrndet, dessen Vorlesungen Jeder, der ein geistliches Amt beanspruchte, eine Zeit lang besucht haben mute. Der König wollte hierdurch die ffentliche Erziehung verbessern und ein aufgeklrtes Geschlecht heranbilden, aber wenn auch in dem Collegium Nichts gegen das katholische Dogma gelehrt wurde, so war es der Geistlichkeit schon deshalb verhat, weil es von einem protestantischen Fürsten ausging, und diese wandte sich nur um so mehr der Richtung der Jesuiten und Ultramon-tanen zu. Das ganze Volk aber sah in der Weisung, das Hollndische als amtliche Sprache zu betrachten, nur eine Ab-hngigkeit von Holland und eine Unterdrckung der belgischen Nationalitt, und murrte laut, da es zur Tilgung der hol-lndischen Staatsschuld herangezogen und deshalb mit neuen Steuern belastet ward. Als der König im Sommer 1829 eine Reise durch Bel-giert machte und berall mit groen Ehren und Freudenbezeu-gungen empfangen wurde, lie er sich hierdurch der die wahre Stimmung des Volkes vllig tuschen. In Lttich erklrte er den Staatsbehrden, er wisse nun, was er von den angeb-lichen Beschwerden zu halten habe, man danke das Alles den Absichten einiger weniger, die ihre Sonder-Interessen htten, ein solches Betragen sei infam. Das Wort zndete, und in Flandern, dem Heerde der klerikalen Opposition, bildete sich ein Orden der Infamen", dessen Mitglieder eine Medaille trugen, die ein offenes Buch darstellte, mit der Aufschrift: fideles jusqu' l'infamie!" mit Anspielung auf den Wahl-spruch der ehemaligen Geusen: Getreu bis zum Bettelsack!" (fideles jusqu' la besace!). Der Geist des Widerstandes und der Abneigung gegen

7. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 170

1877 - Oldenburg : Stalling
Demthigung; er hatte den Schlag erlebt, der durch den Tod der edlen Knigin Louise die knigliche Familie und das ganze Land traf; sein Jnglingsalter war in die Zeit von Preuens nationaler Wiedergeburt und Erhebung gefallen, und sein reicher und tiefer Geist hatte jene groartigen Eindrcke im vollsten Mae in sich aufgenommen. Im Jahr 1813 war er seinem Vater nach Breslau und in den Krieg gefolgt. Als Friedrich Wilhelm Iv. nach seines Vaters Tode tm zweiundvierzigsten Jahre, in voller Manneskraft, die Zgel der Regierung ergriff, waren die Blicke feines gefammten Volkes, ja die Blicke von ganz Deutschland auf den neuen Herrscher gerichtet. Er begann seine Regierung mit Hand-lungert der Gerechtigkeit und der Milde, die ihm alle Herzen gewannen. Er rief den freisinnigen General von Boyen in den Staatsrath zurck und bertrug ihm bald nachher das Kriegsministerium. Ernst Moritz Arndt, Professor an der Universitt Bonn, wurde unter ehrenvoller Anerkennung seiner Verdienste seinem Berufe zurckgegeben; Ludwig Jahn, der bekannte Turnmeister, wurde der Jnternirung zu Freiburg an der Unstrut enthoben. Ein kniglicher Erla (10. August 1840) kndigte eine vollstndige Amnestie fr alle politischen Verbrechen und Vergehen der letzten Jahre an, wodurch eine Menge von Personen ihren Familien und frheren Stellungen wiebergegeben wrbe. Die Erzbischfe von Kln, von Posen und Gnesen wurden freigegeben und der katholischen Kirche unter Hintansetzung der staatlichen Rechte eine freiere Bewegung gestattet. Als der König sich nach Knigsberg begeben hatte, um die Huldigung der Stnde entgegen zu nehmen, beschlo der bei dieser Gelegenheit versammelte Landrag, in einer Denkschrift den König um Einfhrung einer allgemeinen Landesvertretung zu bitten, wobei die Verheiung vom 22. Mai 1815, die Errichtung von Reichsstnden betreffend, zu welchen die Provinzialstnde als Vorbereitung dienen sollten, in Erinnerung gebracht wurde (7. Septbr. 1840). Aber in der kniglichen Erwiderung wurde nur der Fortbestand der Provinzialstnde, nicht die Einfhrung von Reichsstnden zugesichert. Die Huldigung ging unter dem Jubel und der

8. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 91

1877 - Oldenburg : Stalling
91 sendung von Truppen gegen ihn erfuhr, entschlo er sich zur Weiterreise und wandte sich der Kste zu, nicht ohne von Seiten der Bevlkerung laute Aeuerungen des Mifallens zu erfahren. Der König bewahrte auch im Unglck seme Wrde, während die Herzogin von Angouleme in dumpfen Schmerz versunken war. Der Abschied von den treuen Garden war rhrend; er nahm ihre Fahnen in Empfang und sagte mit gehobener Stimme: Meine Freunde, ich nehme diese Fahnen mit mir, ihr habt sie ohne Makel zu erhalten gewut, und ick hoffe, da einst mein Enkel das Glck haben wird, sie euch zurckzugeben." Am 16. August segelte die unglckliche Familie von Cherbourg nach England und lie sich m Sckottland aus dem Schlosse Holyrood bei Edinburg meder das Karl X. bereits in seiner frheren Verbannung bewohnt hatte.*) Am 3. August erffnete der Regent die neuen Kammern und tbeilte die Entsagungsurkunde Karls X. mit, ohne jedoch der Nachfolge Heinrichs V. Erwhnung zu thun, da er selbst Erbe der erledigten Krone zu werden hoffte. Zugleich erinnerte er an nothwendige Verbesserungen, deren die Charte bedrfe. Den Auftrag zur Entwerfung dieser Verbesserungen erhielt der Abgeordnete Berard, und ihm verdankt sie ihre freisinnigen Bestimmungen. Aber Louis Philipp und sein Minister Guizot, der sich frher ebensowohl gegen das gttliche Recht der K-nige wie gegen die Volkssouvernett erklrt hatte, wuten den Entwurf nochmals abzundern, und auf Grund dieses abgenderten Entwurfs wurden am 6. August die Verbesserungen der Charte in Berathung gezogen. Darnach verschwand der Eingang, der die Charte als knigliches Geschenk darstellte; die katholische Religion wurde nicht mehr als Staatsreligwn, sondern als die der Mehrheit der Franzosen bezeichnet; die Freiheit der Presse wurde durch Aufhebung der Censur ge-sichert. Um neue Ordonnanzen zu verhindern, wurde bestimmt, *) Im Herbste 1832 siedelte Karl X. mit seiner Familie nach Prag der, dann nach Grtz, wo er am 6. November 1836 im achtzigsten Iabre seines Lebens starb. Ebendaselbst starb am 3. Juni 1844 sem Sohn, Herzog von Angonlrne; dessen Gemahlin, Marie Therese, starb am 19. October 1851.

9. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 96

1877 - Oldenburg : Stalling
- 96 König und Regierung erreichte zuletzt eine solche Strke, da die Wahlen fr die Generalstaaten im Jahre 1829 in Belgien durchgngig im liberalen, d. h. antihollndischen Sinne ausfielen. Besonders verhat war der damalige Juftizminister van Maanen, gegen welchen sich der Ingrimm der Volksstimme in Belgien immer entschiedener richtete. Freiheit des Unter-richts, Verantwortlichkeit der Minister, Prefreiheit, Geschwor-nengerichte, Unabhngigkeit des Richterstandes wurden jetzt von allen Seiten her verlangt, selbst von einem Theile der hollndischen Abgeordneten. Einem solchen Sturme gegenber verstand sich die Regierung zu einigen Zugestndnissen: die Censur wurde ermigt, das philosophische Collegium aus-gehoben und der Gebrauch der Sprache in amtlichen Angelegen-heiten in Belgien freigegeben, aber diese Zugestndnisse kamen zu spt; man setzte kein Vertrauen mehr in eine Re-gierung, die nicht lange zuvor liberale Beamte mit Absetzung und freifinnige Schriftsteller mit Gefngni bestraft hatte. Whrend Wilhelm I. bei rechtzeitigem Einlenken die Mehr-heit der Liberalen fr sich htte gewinnen knnen, so ver-banden sich jetzt die Parteien der Liberalen und Klerikalen zu einem anderswo unerhrten und unnatrlichen Bunde. Die katholische Partei, von unvershnlichem Hasse gegen den König beseelt, drang auf constitutionelle Institutionen, auf Pre-freiheit, Geschwornengerichte u. s. w., die von ihren Gesinnungs-genossen in anderen Lndern auf das Heftigste bekmpft wur-den; die Liberalen untersttzten den Klerus in seinem Streben nach Unterrichtsfreiheit und Unabhngigkeit der Kirche von der Staatsgewalt. Der eigentmliche Charakter dieser Verbindung zeigte sich besonders in der Stellung, welche der Schriftsteller de Potter eine Zeit lang einzunehmen wute. Er fhrte eine uerst scharfe und schneidende Sprache und hatte sich durch mehrere der ppstlichen Kirche feindliche Schriften bekannt gemacht. Spter war er, als Verfechter der belgischen Nationalitt, wegen einiger Zeitungsartikel zu einer Freiheits-strafe verurtheilt und suchte, wieder frei geworden, einen Verein zur Untersttzung abgesetzter Beamten zu bilden. Das Mini-sterium leitete ohne hinreichenden Grund einen Hochverraths-Proze gegen ihn ein und de Potter wur.de zu achtjhriger Verbannung verurtheilt. Er ging nach Paris und von hier

10. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 120

1877 - Oldenburg : Stalling
- 120 -X. Die Revolution in der'schweiz. Der Sonderbund. Auch in der Schweiz hatten die Beschlsse des Wiener Congresses keine befriedigenden Zustnde herbeigefhrt. Die Verfassungen in den einzelnen Kantonen, von der Erbaristo-kratie in Bern an bis zur Demokratie in Uri, stimmten darin berein, da berall eine Oligarchie die Leitung der ffent-lichen Angelegenheiten an sich genommen hatte. In allen Kantonen war es gewissen Geschlechtern gelungen, einen vorherrschenden Einflu zu gewinnen und ihrem Kreise zu erhalten : sogar in den demokratischen Kantonen befanden sich einzelne Familien, wenn auch freilich durch Wahl, im Besitz der bedeutendsten Aemter, indem durch regelmige Erneue-rungen der Wahlen sich stillschweigend ein anerkanntes her-kmmliches Recht entwickelt hatte. Nach dem Wiener Congre sollten zwar die einzelnen Kantone in ihren inneren An-gelegenheiten von einander unabhngig sein, zugleich aber auch eine staatliche Gesammtheit bilden. Aber der Patriciat suchte die verschiedenen Kantone mglichst auseinander zu halten, um sich durch diese Zerrissenheit in seiner einflu-reichen Stellung zu erhalten, und die fremden Mchte, besonders Oestreich, begnstigten das Streben der Aristokratie, um die Idee einer Gesammtschweiz nicht aufkommen zu lassen. In der Schweiz herrschte dieselbe Reaction wie in den brigen Staaten Europas, und Metternichs Rathschlge galten auch den Machthaber dieser Republik wie Orakelsprche, seine Winke wie Befehle. So verschlo die Tagsatzung ihre Ver-Handlungen der Oessentlichkeit, und verkaufte auch noch im neunzehnten Jahrhundert Kraft und Blut der einheimischen Jugend an fremde Regierungen nach Frankreich und Neapel, um einer Menge junger Patricier Offizierstellen zu verschaffen, während die Soldaten von jeder Befrderung ausgeschlossen und einer entehrenden Disciplin Preis gegeben waren. Im dessen war, ungeachtet der Herrschaft bevorrechteter Klassen, die Vorstellung von einer ursprnglichen rechtlichen Gleichheit aller Eidgenossen niemals im Volke ganz erloschen, und die
   bis 10 von 12 weiter»  »»
12 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 12 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 14
2 2
3 0
4 15
5 9
6 0
7 2
8 1
9 3
10 39
11 3
12 18
13 0
14 18
15 0
16 2
17 0
18 0
19 0
20 12
21 3
22 1
23 11
24 1
25 12
26 5
27 12
28 5
29 0
30 0
31 11
32 0
33 11
34 8
35 2
36 3
37 44
38 0
39 7
40 0
41 3
42 6
43 12
44 0
45 39
46 12
47 1
48 7
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 1
6 0
7 0
8 7
9 5
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 1
16 1
17 3
18 0
19 0
20 2
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 1
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 0
38 1
39 0
40 0
41 6
42 0
43 0
44 0
45 5
46 1
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 1
59 0
60 5
61 1
62 1
63 2
64 0
65 0
66 1
67 0
68 1
69 1
70 0
71 1
72 0
73 0
74 2
75 1
76 0
77 0
78 0
79 0
80 0
81 0
82 0
83 0
84 0
85 0
86 1
87 0
88 0
89 0
90 0
91 0
92 1
93 0
94 0
95 0
96 0
97 0
98 3
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 1
2 0
3 3
4 1
5 8
6 0
7 60
8 0
9 9
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 6
17 0
18 1
19 3
20 0
21 2
22 0
23 0
24 1
25 0
26 2
27 0
28 0
29 0
30 3
31 1
32 0
33 19
34 0
35 14
36 0
37 0
38 0
39 13
40 23
41 0
42 0
43 1
44 1
45 2
46 1
47 1
48 0
49 8
50 2
51 0
52 2
53 1
54 58
55 8
56 0
57 0
58 4
59 17
60 5
61 10
62 25
63 0
64 3
65 4
66 0
67 108
68 7
69 0
70 0
71 14
72 0
73 86
74 0
75 3
76 3
77 5
78 1
79 5
80 5
81 10
82 0
83 0
84 0
85 0
86 1
87 1
88 7
89 0
90 0
91 1
92 0
93 2
94 0
95 0
96 0
97 0
98 34
99 2
100 3
101 0
102 4
103 9
104 0
105 2
106 0
107 0
108 0
109 0
110 1
111 0
112 2
113 0
114 0
115 0
116 1
117 5
118 0
119 0
120 0
121 5
122 0
123 0
124 1
125 2
126 0
127 2
128 0
129 2
130 0
131 5
132 0
133 0
134 0
135 0
136 14
137 0
138 0
139 0
140 3
141 0
142 1
143 6
144 0
145 10
146 0
147 2
148 40
149 0
150 2
151 7
152 2
153 1
154 0
155 1
156 7
157 2
158 4
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 6
166 4
167 1
168 0
169 1
170 1
171 0
172 1
173 9
174 10
175 2
176 10
177 19
178 0
179 1
180 0
181 0
182 33
183 11
184 0
185 0
186 1
187 0
188 0
189 0
190 0
191 2
192 0
193 0
194 5
195 0
196 1
197 10
198 0
199 2