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1. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 39

1877 - Oldenburg : Stalling
39 den Sicilianern im Jahr 1812 unter englischem Einflu verliehene freisinnige Verfassung auf, und fhrte die unumschrnkte Regierungsgewalt wieder ein. Von den franzsischen Einrichtungen wurden die, welche Gesittung und Fortschritt htten frdern knnen, beseitigt, diejenigen aber, welche, wie das Steuerwesen, der Regierung vermehrte Machtquellen zu-fhrten, sorgfltig belassen, und das ganze Unterrichtswesen den Jesuiten berwiesen. In demselben Mae, wie aller Fortschritt hierdurch niedergehalten ward, blhte das Ruber-Wesen auf, so da die Regierung mit einzelnen Huptlingen frmliche Vertrge abschlieen mute, um die Ruber durch ihre Anfhrer auszurotten. Im Kirchenstaate schaffte Papst Pius Vii. nach seiner Rckkehr (1814) Alles ab, was an die Franzosenherrschaft erinnern konnte; das alte System trat wieder in Kraft, und mit ihm eine Reihe verjhrter Mibrauche. Die Inquisition und der Jesuitenorden kehrten zurck und eine Unzahl von Klstern tauchte auf; alle hheren Stellen in der Verwaltung und Rechtspflege kamen in die Hnde der Prlaten; das Bettel- und Ruberwesen gedieh auch hier zur Blthe. In Toskana stellte der Groherzog Ferdinand Iii. die frheren Einrichtungen zwar wieder her, aber der Geist der Bildung, Milde und Gerechtigkeit, der einst seinen Vater Leopold beseelt hatte, war auch auf den Sohn bergegangen. Die Unterthanen hatten keine Ursache zur Unzufriedenheit und schlssen sich deshalb spter, als andere italienische Staaten, den Bestrebungen fr eine nationale und politische Wiedergeburt Italiens an. Wahrend Parma, wo Napoleons hinterlassen: Gemahlin die Erzherzogin Maria Louise, regierte, sich, wenn auch keiner liberalen, doch einer milden Verwaltung erfreute, schien es sich der Herzog von Modena zur Aufgabe gemacht zu haben, sein Volk durch despotische Hrte zu erbittern. Victor Emanuel, der auf feiner Insel Sardinien die acht Jahre franzsischer Herrschaft vertrumt hatte, verfolgte na* seiner Rckkehr (1814) alle franzsischen Einrichtungen mit dem unsinnigsten und wildesten Haffe, lie aber den hheren Steuerfu bestehen. Die Vorrechte der Geistlichkeit und des Adels wurden wieder hergestellt, die Bisthmer von acht auf

2. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 142

1877 - Oldenburg : Stalling
-I- ' rttm' ""i - 142 Trauer legte sich der die Hauptstadt, und von allen Kirch- | thrmen klang Gelut, als sollte die Monarchie zu Grabe gebracht werden. Die Schotten waren bereit, mit bewaffneter j Macht die Bill zu untersttzen. Unter solchen Umstnden j konnte Wellington kein Ministerium bilden, da die bedeutend- jj sten Tories die Uebernahme verweigerten. Graf Grey kehrte I ins Ministerium zurck mit der Vollmacht, so viele Pairs zu f ernennen, als zur Erlangung der Majoritt fr die Annahme I der Bill nthig sein wrden. Der Widerstand der Tories f war gebrochen; am 4. Juni 1832 ging mit einigen Aende- j rungen die Reformbill auch im Oberhause durch und wurde i am 7. Juni vom Könige besttigt. Damit war, wie Graf f Grey selbst sagte, eine Endmaregel durchgefhrt, da die neue Volksvertretung alle knftig erforderlichen Reformen auf dem Wege des Gesetzes herbeifhren werde. Mit dem Siege der Reformbill waren aber die Leiden i Irlands noch nicht geheilt. Hier erbte der Ha der katho- 1 lischen Bevlkerung gegen ihre protestantischen Unterdrcker von Geschlecht zu Geschlecht: die Iren konnten es nicht ver- J gessen, da der Acker, von welchem sie jetzt einen schweren J Zins erlegen muten, einst das Eigenthum ihrer Voreltern | gewesen war. Sie fhlten dies um so drckender, da der | Ackerbau unter solchen Umstnden die starke Bevlkerung der | Insel, die keine andere Erwerbsquelle kannte, nicht ausreichend I ernhrte. Die schreiendste Ungerechtigkeit aber war, da die J englische Staatskirche allmhlich alles katholische Kirchengut 1 an sich gerissen und zu ihren Zwecken verwendet hatte. Da- ; bei blieb es jedoch nicht. Die katholische Bevlkerung war zur Unterhaltung der protestantischen Kirchen- und Psarr- j gebude verpflichtet, mute den protestantischen Pfarrern den Zehnten und bei Taufen, Hochzeiten und Begrbnissen die Gebhren zahlen. Whrend die Iren also zur Unterhaltung?! einer fremden Kirche beitragen muten, hatten sie auerdem noch ihre eigene Kirche und Geistlichkeit zu erhalten. Die | irischen Zustnde nahmen mehrere Jahre lang die Thtigkeit | der englischen Minister in Anspruch, indem die Whigs auf Mittel zur Erleichterung der Iren ausgingen, die Tories ihr | protestantisches Uebergewicht zu behaupten suchten. O'connell stiftete schon vor Einbringung der Reformbill einen Verein,

3. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 83

1877 - Oldenburg : Stalling
Ministeriums (le systeme deplorable) aufs Furchtbarste zu geieln, und der Minister sah sich endlich zur Abdankung genthigt. An seine Stelle trat am 4. Januar 1828 das Ministerium Martignac. Die Presse erhielt eine freiere Bewegung, die Wahlen wurden vor Umtrieben gesichert, und die kirchlichen von Jesuiten geleiteten Schulen ausgehoben. Martignac legte der Kammer zwei Gesetze vor, ein Municipal- und ein De-Partementalgesetz. Das erstere betraf die Gemeindeverwaltung und enthielt wesentlich folgende Bestimmungen: in jeder Gemeinde sollte dem von der Regierung zu ernennenden Maire ein Gemeinderath beigegeben werden, den eine aus den hchstbesteuerten und angesehenen Brgern bestehende Versamm-lung whlen wrde, und dieser sollte mit dem Maire die Gemeindeangelegenheiten selbststndig verwalten. Das De-partementsgesetz verordnete, da die Mitglieder der Arron-dissements- und der Departementalrthe, die bisher von der Regierung ernannt worden waren, knftighin gewhlt werden sollten und zwar die Arrondissementsrthe von den Cantons-Versammlungen (d. h. den Hchstbesteuerten des Cantons oder Unterbezirks), die Departementalrthe von der Arrondissements-Versammlung (d. h. den Hchstbesteuerten des Arrondissement). Beide Gesetze sollten auf die Selbstverwaltung der Gemeinden und Departements hinarbeiten und wren, indem sie die Thtigkeit auf das unmittelbar Nchste und leichter zu Ueber-sehende richteten, eine treffliche Uebungsschule fr richtige Ausbildung des politischen Urtheils und Ausbung politischer Rechte gewesen, und nur in solchen Gesetzen konnte, wenn irgendwo, die Rettung Frankreichs gesucht werden. Die Libe-ralen waren indessen mit den gemachten Vorlagen nicht zufrieden und suchten sie im demokratischen Sinne umzugestalten, woraus endlich der König die Zurckziehung beider Gesetzentwrfe befahl (7. April 1829). Da nun die der liberalen Partei gemachten Zugestndnisse, vom König mit Widerwillen zu-gelassen, diese zu stets weiterem Vorgehen reizte, so entlie Karl X. Martignac, der zuletzt alle Parteien gegen sich hatte (8. Aug. 1829). Fürst Julius von Polignac ward Prsident des neuen Ministeriums, das der ultra-royalistischen Richtung angehrte.

4. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 156

1877 - Oldenburg : Stalling
- 156 - finden. Die ersten Unruhen entstanden in Kassel in Folge einer Brodtheuerung (6. Sept. 1830), nahmen aber bald einen politischen Charakter an. In Kassel bewaffnete sich die Brgerschaft, und die Aufregung theilte sich dem ganzen Lande mit. Auf das Militr konnte sich der Kurfürst nicht unbedingt verlassen. Am 15. September ward er zu dem Versprechen genthigt, die Landstnde einzuberufen, was er nie gethan hatte. Eine neue Verfassung, die einen bedeutenden Fortschritt bildete, ward entworfen, und am 5. Januar 1831 die Verfassungsurkunde vom Kurfrsten unterzeichnet. Dieser zufolge gab es seitdem eine Stndeversammlung, welcher Theil-nhme an der Gesetzgebung, der Steuerbewilligung und an der Verwaltung der Staatseinnahmen zugesichert ward. Die Presse war, mit einigen Beschrnkungen in der Ausbung, fr frei erkannt. Da der Kurfürst sich an die Schmlerung seiner Gewalt nicht gewhnen konnte, und ein Versuch, die Grfin Reichenbach nach Kassel kommen zu lassen, beinahe einen Ausstand hervorrief, so verlie er seine Residenz und ging nach Hanau und von da nach Frankfurt a. M., um mit der Reichen-bach ungestrt leben zu knnen. Seinen Sohn, den Kurprinzen Friedrich Wilhelm, ernannte er (Septbr. 1831) zum Mitregenten, da er nach der Verfassung sein Land von einem fremden Gebiete aus nicht regieren durfte, und dieser ber-nahm von jetzt an allein die Regierung. Im Knigreich Sachsen war es nicht die Unzufriedenheit mit den Sitten und dem Wandel der regierenden Personen, was den Ausbruch von Unruhen hervorrief, sondern der Verfall der ffentlichen Zustnde. Das Gerichtsverfahren war schleppend und verworren. Die Städte standen unter sich selbst ergnzenden Magistraten, die nach oben hin eine sehr unvollstndige, nach unten hin gar keine Rechenschaft ablegten. Die meist adeligen Besitzer der Rittergter besaen Vorrechte, welche das Landvolk in tiefster Abhngigkeit von ihnen erhielten. Die Willkr der Polizei gegen die unteren Klassen war grenzenlos. Die Strenge der Censur beeintrch-tigte den Leipziger Buchhandel, eine der vornehmsten Erwerbs-quellen des Landes. Die Industrie war durch hohe Abgaben niedergehalten und die Steuern drckten durch ungleiche Verkeilung den durch den groen Krieg schon ohnedies her-

5. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 117

1877 - Oldenburg : Stalling
117 Unterdrckung ein, die sich immer mehr steigerte und im Vergleich mit welcher die trkische Herrschaft der die Griechen noch fr milb gelten mute. Diejenigen Mitglieber des Reichstages, die fr die Thronentsetzung des Hauses Romanow ge-stimmt hatten, wrben im Betretungsfalle nach Sibirien geschickt, gegen die Generale eine Untersuchung eingeleitet. *) Die Gter der Ausgewanberten wrben eingezogen, was bei Czar-toryski allein an 30 Millionen polnischer Gulden betrug. Die Entflohenen und Gechteten, beren man an 4000 rechnete, wanbten sich unter allgemeiner Theilnahme der Völker an ihrem Geschicke bet Deutschland nach der Schweiz, nach Frankreich und England, um in der Verbannung, das Brob der Trbsal essenb, gnstigerer Zeiten zu harren. Noch grer war das Unglck, das der das Land als solches verhngt wrbe. Alle Klassen des Volkes wrben einer unerhrten Militr- und Polizeityrannei unterworfen. Das ganze Land wrbe entwaffnet und den Bauern alle schneibenben Werkzeuge mit Ausnahme der zum Ackerbau nothwenbigen, abgenommen. Verheimlichung von Waffen warb mit dem Tode bestraft. Die russischen Behrben wetteiferten in Grausamkeit, Habsucht und Treulosigkeit in der Behanblung der Unterworfenen. Die Constitution von 1815 wrbe aufgehoben, bagegen das Land zu einer russischen Provinz mit gesonberter Verwaltung gemacht, in >eren einzelnen Palatinaten durch ein sogenanntes organisches Statut berathende Versammlungen eingesetzt wrben, die ohne alle Bebeutung waren. Paskewitsch, der fr die glckliche Beenbigung bieses Krieges den Titel: Fürst von Warschau erhalten, wrbe als Statthalter an die Spitze der Militr - und Civilgewalt gestellt. Die Polen bilbeten kein ; selbststnbiges Heer mehr, sonbern wrben den russischen Re-! gimentern einverleibt und in die entferntesten Gegenben, be-I sonbers nach dem Kaukasus, geschickt. Die Universitten zu Warschau und Wilna wrben geschlossen, die Schulen auf russischen Fu eingerichtet und russische Sprache und Geschichte .zu den wichtigsten Lehrgegenstnben erhoben. 25er Hebung der .katholischen Religion suchte man die grten Hinbernisse ent- *) Der elende Krukowiecki wurde in eine Heine Stadt im Innern ^'Rulands verwiesen, wo er mit Verachtung beladen endete.

6. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 188

1877 - Oldenburg : Stalling
188 sich von Tag zu Tag, einerseits gereizt durch die vielen gegen ihre Preorgane und ihre Hupter verhngten Verfolgungen, andrerseits ermuthigt durch die fast regelmig freisprechenden Urtheile der Geschworenen. Vor die Schranken der Kammer selbst gefordert, hielten die Redacteure der Linken, Godefroy Cavaignac und Armand Marrast, ihren Ausdruck, da die Kammer eine feile Krperschaft" sei, in der verwegensten Sprache aufrecht; sie bewiesen, da bei den Brsenspeculatio-nen diejenigen Abgeordneten begnstigt seien, welche durch ihre Verbindung mit der Regierung einen Tag frher als Andere von den Conjuncturen unterrichtet feien; sie erinnerten an die ungeheure fr geheime Ausgaben bestimmte Summe, an die Ausgangszlle und Einfuhrprmien, welche ausfchlie-lieh den groen Hufern und der privilegirten Klaffe der Whler zu Gute kmen. Die Kraft der republikanischen Partei concentrirte sich in dem neu gegrndeten Verein der Menschenrechte, der das alte Napoleonische Gesetz umging und in Sectionen von weniger als 20 Mitgliedern zerfiel, deren Zahl in Paris bis zur Mitte des Jahres 1833 auf 163 anwuchs. Unter den Huptern befanden sich Generale (Lafayette), Ad-vokaten, Abgeordnete, Journalisten; man bte sich in den Waffen und eine gemeinsame Kaffe ward gebildet. Der Verein breitete sich der ganz Frankreich aus und fhrte in der Presse eine eben so verfhrerische als aufreizende Sprache. Unter 32' , Millionen Einwohnern," hie es, zhlt Frankreich 500,000 schwelgende Miggnger, eine Million glcklicher Sclaven, 31 Millionen Heloten, Parias, groe Seelen, die bei der Geburt allen Qualen des Krpers und Geistes ge-weiht sind. Das Knigthum kann das Glck und die Leiden nur von einer Stelle an die andere setzen, die Republik allein vermag deren Quelle auszutrocknen, jedem Einzelnen seinen Antheil an Genu und Glck zu geben. Die Republik allein kann eine Regierung führen, die keinen groen Aufwand fordert; sie wird nur Brger zu Soldaten haben. Geringe Steuern; der Arbeiter wird seinen Lohn mit dem Unternehmer festsetzen; der Fiscus wird dem Proletarier nicht mehr jedes Stck Brod und jedes Glas rothgefrbtes Waffer zuzhlen." In einer solchen Sprache buhlten Männer, wie Lafayette, Cavaignac, Garnier-Pages um die Gunst der groen Masse,

7. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 23

1877 - Oldenburg : Stalling
- 23 der eine gleichmig fortschreitende Enttvickelung des Staats-lebend nicht gedeihen konnte. Ii. Spanien und seine Colonien in Amerika. qu einer Zeit, wo Spanien noch unter dem Joche Na-poleonischer Herrschaft schmachtete, hatten die Cortes von Cadix im Mrz 1812 eine Verfassung entworfen, welche den Komg Ferdinand Vii., der damals noch in franzsischer Gefangenschaft gehalten wurde, mancher Rechte beraubte und btctomfllijs&e Gewalt berhaupt bedeutend beschrnkte^ Der Adel verlor seine Vorrechte, die Inquisition wurde abgeschafft, die Zahl der Klster vermindert und ein Theil der geistlichen Guter als Nationalgut eingezogen. Die Cortes welche der Konig weder auflsen noch vertagen konnte, bildeten eine Kammer und waren die eigentlichen Trger der politischen Gewalt; ein dreimaliger Beschlu derselben hatte auch ohne knigliche Genehmigung Gesetzeskraft. Die Cortes bestimmten die Starke der Land- und Seemacht, sowie die Hhe der Steuern; sie hatten das Recht, Gesetze vorzuschlagen und anzunehmen und ohne ihre Genehmigung hatte kein kniglicher Beschlu m Bezug auf auswrtige Angelegenheiten Gltigkeit Diese Ver-faffung von 1812, die Prefreiheit und ffentliche Verhandlungen gemattete, war das Banner, um Welches sich der gebildete Mittelstand und ein groer Theil des Heeres fchaarte, während Adel und Geistlichkeit als deren entschiedene Gegner auftraten und die Masse des Volkes sich gleichgltig und theilnahmlos verhielt. Als nun Ferdinand Vii., ein Fürst ohne hhere Wurde und Staatsweisheit, grausam, treulos und feig, femer Haft entlassen wurde, weigerte er sich entschieden, die Ver-faffung von 1812 zu beschwren, und erklrte von Valencia aus am 4. Mai 1814 deren Aufhebung, wobei er von dem unwissenden Volke, der Geistlichkeit und einem Theil des Heeres unter Elio untersttzt wurde Am 13. Mai zog der König in seine Hauptstadt Madrid ein, wo ihn der Pobel unter dem begeisterten Zurufe: Es lebe der unumschrnkte

8. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 8

1877 - Oldenburg : Stalling
alter herbergenommene landstndische Verfassung, die nur ein Bollwerk der bevorrechteten Stnde war, konnte den An-sorderungen einer von neuen Ideen erfllten Zeit nicht ge-ngen. Vorlufig aber glich die Anhnglichkeit an den vom Unglck gebeugten, hochbejahrten König Friedrich August die herrschenden Uebelstnde aus. Noch mehr als Sachsen war das Knigreich Hannover, zu welchem nach dem Wiener Congre die Gebiete von Hildes-heim, Osnabrck und Ostfriesland gekommen waren, im Ver-fassungsleben hinter den Anforderungen der Zeit zurckgeblieben. Seitdem seine Kurfrsten den englischen Thron bestiegen, ward Hannover immer mehr als englische Colonie behandelt. Die alten, im Jahre 1814 wieder berufenen Stnde trugen einen vllig mittelalterlichen Charakter, und die aus dem Adel her-vorgehenden, wegen der Entfernung des Souverns fast all-mchtigen Minister betrachteten die hchsten Hof- und Staats-mter als Erbgut ihres bevorrechteten Standes. Auch die vom Prinzregenten im Jahr 1819 gegebene Verfassung beseitigte diesen Uebelstand nicht, ja sie befestigte sogar den Adel im Besitz seines entschiedenen Uebergewichts, ohne den Ideen des Fortschritts und der Freiheit nur das mindeste Zugestndni zu machen. In Kurhessen suchte der siebzigjhrige, in mittelalterlichen Vorurtheilen erstarrte Kurfürst Wilhelm L, der nach siebenjhriger Verbannung in sein Land zurckgekehrt war, diese sieben Jahre mglichst aus der Weltgeschichte zu streichen und Alles wieder auf den Standpunkt des Jahres 1806 zurckzuversetzen Beim Militr kamen Puder und Zpfe wieder auf, die Beamten traten wieder in ihre Stellung von 1806 ein, und die Kufer der unter der westflischen Regierung veruerten Domnen wurden zur Zurckgabe ohne Entschdi-gung angehalten. Auch die alten Stnde, jedoch jetzt mit Hinzufgung des Bauernstandes, kehrten zurck, aber der Kur-frst bestritt ihnen fortwhrend die Theilnahme an der Gesetz-gebung und Regierung, indem er behauptete, ihre Befugni erstrecke sich nur auf Herbeischaffung der Mittel zur Deckung der Staatsbedrfnisse. Bei seiner malosen Geldgier verlangte er die Erstattung von 4 Millionen fr angeblich gegen Frankreich aufgewandte Kriegskosten, lie sich a'.er zuletzt mit

9. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 95

1877 - Oldenburg : Stalling
95 gegen den Bischof nicht strenger als gegen jeden Anderen vorgegangen war, so lag doch in diesem Falle in dem Versah-ren der Regierung ein Migriff, der von den Belgiern als Verhhnung ihres Glaubens betrachtet wurde und den tiefsten Ha des Klerus gegen den König hervorrief. Die Geistlich-feit fhlte sich in ihren innersten Interessen verletzt, als der König das gesammte Unterrichtswesen, in dem sie ein ihr mit Recht zukommendes Gebiet sah, unter weltliche Behrden stellte. Gymnasium und Elementarschulen wurden dadurch gehoben und ein sogenanntes philosophisches Collegium" zu Lwen gegrndet, dessen Vorlesungen Jeder, der ein geistliches Amt beanspruchte, eine Zeit lang besucht haben mute. Der König wollte hierdurch die ffentliche Erziehung verbessern und ein aufgeklrtes Geschlecht heranbilden, aber wenn auch in dem Collegium Nichts gegen das katholische Dogma gelehrt wurde, so war es der Geistlichkeit schon deshalb verhat, weil es von einem protestantischen Fürsten ausging, und diese wandte sich nur um so mehr der Richtung der Jesuiten und Ultramon-tanen zu. Das ganze Volk aber sah in der Weisung, das Hollndische als amtliche Sprache zu betrachten, nur eine Ab-hngigkeit von Holland und eine Unterdrckung der belgischen Nationalitt, und murrte laut, da es zur Tilgung der hol-lndischen Staatsschuld herangezogen und deshalb mit neuen Steuern belastet ward. Als der König im Sommer 1829 eine Reise durch Bel-giert machte und berall mit groen Ehren und Freudenbezeu-gungen empfangen wurde, lie er sich hierdurch der die wahre Stimmung des Volkes vllig tuschen. In Lttich erklrte er den Staatsbehrden, er wisse nun, was er von den angeb-lichen Beschwerden zu halten habe, man danke das Alles den Absichten einiger weniger, die ihre Sonder-Interessen htten, ein solches Betragen sei infam. Das Wort zndete, und in Flandern, dem Heerde der klerikalen Opposition, bildete sich ein Orden der Infamen", dessen Mitglieder eine Medaille trugen, die ein offenes Buch darstellte, mit der Aufschrift: fideles jusqu' l'infamie!" mit Anspielung auf den Wahl-spruch der ehemaligen Geusen: Getreu bis zum Bettelsack!" (fideles jusqu' la besace!). Der Geist des Widerstandes und der Abneigung gegen

10. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 298

1877 - Oldenburg : Stalling
298 1869 zu Paris zu einer Conferenz zusammentraten, zur Neu-tralitt gezwungen. In Rußland war unter der Regierung des Kaisers Nicolaus Alles auf Erweiterung der ueren Macht und des Einflusses auf das Ausland gerichtet gewesen. Die Massen blieben in Armuth und Knechtschaft versunken, und der Krim-krieg zerri den Nimbus der Unberwindlichkeit, der das Haupt des Czaren so lange umgeben hatte. Kaiser Alexander Ii. war entschlossen, den hergestellten Frieden zu Reformen im Innern zu benutzen. Die Reichswehr wurde aufgelst und das stehende Heer bedeutend vermindert, so da wenigstens 200,000 Soldaten ins brgerliche Leben zurckkehren konnten. Bei seiner Krnung erlie der Kaiser ein Manifest (7. Sept. 1856), das durch eine Reihe von Maregeln vorhandene Uebelstnde linderte, geleistete Dienste belohnte und Straf-erkenntnisse milderte oder aufhob. Ungeachtet der inneren Reformen wurde auch Rulands Mission in Asien nicht aus dem Auge verloren. Die schon unter Nicolaus im Strom-gebiet des Amur errichteten Colonn stiegen rasch empor. Auch an den Ksten des japanischen Meeres setzten sich die Russen fest und schlssen mit Japan und Siam Handels-Vertrge ab. Im Kaukasus wie in Turan wurden die russi-schen Grenzen nicht nur gesichert, sondern fortwhrend nach Sden erweitert. Im Innern des weitlufigen Reiches wur-den Handel und Verkehr durch Vermehrung der Dampfschiff-fahrt, der Eisenbahnen und der elektrischen Telegraphen ge-hoben und gefrdert. Die Zusammenknfte Kaiser Alexanders mit Napoleon Iii. in Stuttgart, mit Franz Joseph in Weimar und spter in Warschau, mit dem Prinz-Regenten von Preußen in Breslau erhielten Rulands politische Beziehungen zum Ausland. Die folgenreichste Maregel in den inneren Re-formen des Kaisers ist die Aufhebung der Leibeigenschaft, in der 23 Millionen Menschen lebten, und die eine vollstndige Umgestaltung aller inneren Verhltnisse des Reiches hervor-bringen mute. Die Befreiung der Bauern beruhte auf einer Entschdigung der Gutsherrn und Uebernahme von Leistungen von Seiten der Leibeigenen, die erst nach Ablauf gewisser Fristen freie Eigenthmer wurden, um in den bisherigen Ver-Hltnissen keine allzu pltzliche und dem Gemeinwohle schd-
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