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— Damals sah es in dem Lande ganr anders aus, wie in unsern
Tagen. Die schönen Wiesenauen, welche sich jetzt an den Ufern
der Flüsse ausbreiten, waren meist versumpft. Große Wälder be-
deckten daö Land, und weit mußte der Wandersmann reisen, ehe
er eine menschliche Wohnung und bestelltes Feld antraf. Denn
die Kriege rafften fortwährend Menschen weg; und wen der Krieg
übrig ließ, den forderten wohl die häufig wiederkehrenden Seuchen
ab. Kam nun gar noch Hungersnoth in's Land, wie es bei groß-
ßer Dürre oder bei Ueberschwemmungen oft geschah, dann wur-
den die weiten Ebenen immer wüster und öder. Da rief Albrecht
der Bär aus Friesland, Sachsen und den Rheingegeuden Ein-
wanderer herbei. Diese erhielten die wüsten Ländereien und ho-
den allmählig Ackerbau und Viehzucht. Besonders halfen dazu die
Geistlichen. — Die Kriegshauptleute Albrechts bekamen auch Land-
besitz in den neuen Ortschaften. Sie waren frei von Abgaben,
mußten sich aber verpflichten, mit ihren Mannen und Pferden dem
Landeöherrn Kriegsdienste zu leisten. Von diesen Rittern stam-
men die altadeligen Familien der jetzigen Kurmark Brandenburg.
— Ein freier Mann erhielt gewöhnlich den Auftrag zur Anle-
gung eines Dorfes oder einer Stadt. Der einzelne Ansiedler in
einem solchen neuen Orte bekam gewisse Hufen und ward Acker-
bauer. Der Unternehmer des Ganzen behielt mehrere Hufen für
sich als ein Lehen vom Landesfürsten; er war auch Vorsteher der
neuen Gemeine und hieß als solcher Schultheiß. Da er ein Le-
hen inne hatte, so nannte man ihn auch Lehnschultheiß. Daneben
gab es Leute, die nur kleine Besitzungen hatten. Da sie in Lehm-
hütten wohnten, so hießen sie Kothsassen, später Koffäthen. —
Steinerne Wohnhäuser mit Schornsteinen und sauberen Stuben
kannte man in den Dörfern damals noch nicht. In der Mitte
des Hauses war eine Feuergrube und im Dach darüber ein ver-
schließbares Rauchloch. Abends wurde an einigen Orten mit der
Glocke ein Zeichen zum Auslöschen des Feuers gegeben.
2. Das nördliche -ftachtand der Provinz 5achfen in jetziger Zeit.
In dem nördlichen Theile der Provinz Sachsen wechseln nicht
Berg und Thal lieblich in der Landschaft ab, wie im südlichen
und besonders im südwestlichen Theile. Die Sandstrecken werden
zwar oft von bruchartigen Niederungen unterbrochen; aber diese
erfreuen das Auge weniger, als eine frische Bergaue. Hie und da
breitet sich ein Birken-, Buchen- oder Eichenwald oder ein Erlen-
gebüsch aus; aber klare Bergwaffer und Rebenhügel findest du
nicht. Und doch kann es den Leuten da eben so wohl sein, wie
denen in der Berglandschaft. Auch in flachen Ebenen und in Kie-
ferwäldern kann sich frisches und fröhliches Leben in Blumen-
Thieren und Menschen regen.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrechts Albrechts
Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
Auflagennummer (WdK): 32
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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70. Das nördliche Flachland der Provinz Sachsen.
1. Die Altmark und ihre Bewohner in ehemaliger Zeit.
Der nördliche Theil der Provinz Sachsen ist die Altmark.
Sie ist eigentlich das Stammland des ganzen preußischen Staates.
Mitten in derselben erhebt sich im Salzwedler Kreise beim Dorfe
Dolchau ein Hügel. Wer heut auf demselben steht, der überschaut
7 Städte und 80 Dörfer und hat einen Umblick über einen großen
Theil der weiten Ebene, die das nördliche Sachsenland ausmacht.
In alten Zeiten kamen auf diesem Hügel die freien Männer
des Landes zusammen, um Gericht zu halten und Recht zu sprechen.
Damals sah es in dem Lande ganz anders aus wie in unsern
Tagen. Die schönen Wiesenauen, welche sich jetzt an den Ufern
der Flüsse ausbreiten, waren meist versumpft. Große Wälder be-
deckten das Land, und weit mußte der Wandersmann reisen, ehe
er eine menschliche Wohnung und bestelltes Feld antraf. Denn
die Kriege rafften fortwährend Menschen weg; und wen der Krieg
übrig ließ, den forderten wohl die häufig wiederkehrenden Seuchen
ab. Kam nun gar noch Hungersnoth ins Land, wie es bei groß-
ßer Dürre oder bei Ueberschwemmungen oft geschah, dann wur-
den die weiten Ebenen immer wüster und öder. Da ries Albrecht
der Bär aus Friesland, Sachsen und den Rheingegenden Ein-
wanderer herbei. Diese erhielten die wüsten Ländereien und ho-
den allmählich Ackerbau und Viehzucht. Besonders halfen dazu die'
Geistlichen. Die Kriegshauptleute Albrechts bekamen auch Land-
besitz in den neuen Ortschaften. Sie waren frei von Abgaben,
mußten sich aber verpflichten, mit ihren Mannen und Pferden dem
Landesherrn Kriegsdienste zu leisten. Von diesen Rittern stam-
men die altadlichen Familien der jetzigen Kurmark Brandenburg.
■— Ein freier Mann erhielt gewöhnlich den Auftrag zur Anle-
gung eines Dorfes oder einer Stadt. Der einzelne Ansiedler in
einem solchen neuen Orte bekam gewisse Hufen und ward Acket-
bauer. Der Unternehmer des Ganzen behielt mehrere Hufen für
sich als ein Lehen vom Landesfürsten; er war auch Vorsteherder
neuen Gemeinde und hieß als solcher Schultheiß. Da er ein Le-
hen inne hatte, so nannte man ihn auch Lehnschultheiß. Daneben
gab es Leute, die nur kleine Besitzungen hatten. Da sie in Lehm-
hütten wohnten, so hießen sie Kothsassen, später Koffäthen. —
Steinerne Wohnhäuser mit Schornsteinen und sauberen Stuben
kannte man in den Dörfern damals noch nicht. In der Mitte
des Hauses war eine Feuergrube und im Dach darüber ein ver-
schließbares Rauchloch. Abends wurde an einigen Orten mit der
Glocke ein Zeichen zum Auslöschen des Feuers gegeben.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrechts Albrechts