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anrichten. Nach seiner Anordnung werden die alten Bäume ge-
fällt, und er leitet den Verkauf des Holzes. Auch für die Zukunft
wird gesorgt; der Förster läßt junge Bäume pflanzen und Baum-
famen in den Schonungen säen.
40. Sckützenlicd.
Mit dem Pfeil, dem Bogen, durch Gebirg und Thal kommt
der Schütz gezogen früh am Morgenstrahl.
Wie im Reich der Lüfte König ist der Weih, — durch Ge-
birg und Klüfte herrscht der Schütze frei.
Ihm gehört das Weite; was sein Pfeil erreicht, das ist
seine Beute, was da fleugt und kreucht.
47. Birke und Tanne.
Eine Birke und eine Tanne standen auf einem Berge neben
einander. Die schönen Frühlingstage waren gekommen, und die
Birke war mit hellgrünen Blättern geschmückt. Da sah sie den
Tannenbaum hochmüthig an und sprach: „Du alte Tanne im
dunklen Kleid, du solltest dich schämen zur Frühlingszeit. Mich
siehst du mit festlichem Grün geschmückt, dass Jeder mich voll
Freude erblickt. Bald kommt das Pfingstfest, dann wirst du mich
sehen als Zierde vor jedem Hause stehen; doch deine ernste, finstre
Gestalt begehret Keiner im ganzen Wald.“
Da sprach die Tanne zu der stolzen Birke: „0 Birke, prahle
nicht so kühn mit deinem schönen jungen Grün! Wohl trag’ ich
zur Winter- und Sommerzeit dasselbe schlichte, dunkle Kleid.
Doch wenn ich im Herbste noch grüne am Hügel, steckst du schon
als Ruthe hinter dem Spiegel, und die Kinder fliehen vor dir
erschrocken. Ich aber darf als Christbaum zu ihrem Behagen die
schönen Weihnachtslichter tragen.“ .
48. Die kleinen Müßiggänger.
Drei Kinder sollten nach der Schule gehen, aber sie thaten sich
zusammen und sprachen: „Was kann das Lernen helfen! Laßt uns
nach dem Walde ziehen! Da spielen die Thierlein, und wir wollen mit
ihnen spielen."
Als die Kinder in dem Walde waren, luden sie zuerst die Käfer zu
ihrem Spiele ein. Da summten und brummten die Käfer um die Köpfe
der Kinder, und der eine sprach: „Ich habe keine Zeit, mit euch zu
spielen; ich muß Holz sägen." Der andere sagte: „Ich muß erst eine
Höhle graben." Noch andere riefen: „Wir müssen uns ein Hüttlem
aus Gras bauen, denn unser altes ist entzwei."
Nun kamen die Kinder an einen Ameisenhaufen. Hier lief eine
!^anze Menge von Ameisen aus und ein. Jedes dieser kleinen Thierchen
icttte Etwas in seine Wohnung zu tragen, und wo es dem Emen zu
chwer ward, iprach's zum Andern: „Komm, hilf mir!"
Die Kinder schlichen vorbei und fanden Bienlein auf den Blumen.
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
25
59. Der Wied erhall.
Der kleine Georg wusste noch nichts von dem Wiederhall,
Einmal war er auf einer Wiese, an die ein hoher und dichter
Fichtenwald anstiess. Er sprang lustig umher und rief in seiner
Freude: Hol hopi Sogleich rief es im Wäldchen auch: Hol
hop! Verwundert rief er: Wer ist da? und die Stimme im
Walde rief in eben dem Tone: Wer ist da? Komm her! rief
Georg weiter; komm her! antwortete der Wiederhall. Da
wurde Georg böse und rief: Du bist ein dummer Jungei —
Dummer Jungei hallte es aus dem Walde zurück.
Da machte Georg sich in den Wald und wollte den Knaben
suchen, der ihn so geneckt hatte. Aber da war kein Knabe
zu finden, auch antwortete er nicht mehr, als Georg ihm zu-
rief: Wo bist du? komm her! dummer Jungei
Georg ging über die Wiese nach Hause, und als er in
einiger Entfernung vom Walde war, rief er nochmals: Wer
bist du? komm her! dummer Junge! Und der Wiederhall
gab alle seine Reden getreulich wieder.
Georg war sehr aufgebracht und erzählte dem Vater,
wie ein böser Bube sich im Walde versteckt und ihn geneckt
habe. Das Mal, sagte der Vater, hast du dich recht ver-
rathen, du hast ja zuerst geschimpft; ich kenne den Knaben
im Walde recht gut, der wiederholt nur, was man ihm zuruft.
Am andern Tage ging der Vater mit Georg auf dieselbe
Wiese, blieb in einiger Entfernung vom Walde stehen und
hiess den Knaben freundliche Worte in den Wald hinein
rufen: Lieber Knabel sei mir gut! lebe wohl! Und der
Wiederhall wiederholte die freundlichen Worte. Siehst du,
sagte der Vater, es lag nur an dir, dass du von dem Knaben
im Walde nicht freundliche Worte hörtest; wie man in den
Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus.
So geht’s auch im Leben der Menschen. Wer den Leuten
freundlich begegnet, dem erweisen sie wiederum Freundlich-
keit; wer gegen die Leute aber grob und rauh ist, der hat
auch von ihnen nichts Besseres zu erwarten.
60. Der Torf.
Der Torf besteht aus Erde. In derselben bestndet sich aber
ein dichter Filz von Wurzeln lind anderen Pflanzentheilen. Die
Torferde sieht pechschwarz oder bräunlich aus. Das Land, welches
Torferde enthält, ist ein Torfbruch oder Torfmoor. Der Ort, an
welchem Torf gewonnen wird, heißt ein Torfstich, die Leute, welche
ihn stechen, heißen Torfstecher. Die Torfstecher entfernen zuerst
den Rasen, und dann stechen sie mit einem scharfen, spatenförmigen
Eisen längliche Torfstücke heraus. Diese nennen sie Torfziegel
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Extrahierte Personennamen: Georg Georg Georg Georg Georg Georg Georg Georg
46
21. December ist der kürzeste Tag, die längste Nacht. Die Sonne be-
schreibt nur einen sehr kleinen Bogen am Himmel und steht am Mittag
sehr niedrig am Himmel. Von da ab nehmen die Tage wieder zu, bis
am 21. März wieder Tag und Nacht gleich sind. Ein Jahr ist herum,
und Alles kehrt in derselben Ordnung wieder.
98. Die dunkelblaue Wiese.
Vater. Ich kenne eine große, dunkelblaue Wiese. —
Emil. Vater, das ist dein Spaß; solche giebt's ja nicht; die
Wiesen sehen grün aus, aber nicht blau.
Vater. Meine Wiese sieht aber doch blau aus und ist größer,
als alle Wiesen auf der Welt.
Laura. Hab' ich sie gesehen, Vater?
Vater. Ihr alle habt sie gesehen und bekommt sie alle Tage zu
sehen. Auf meiner Wiese gehen Jahr aus, Jahr ein, einen Tag wie
den andern, eine unzählbare Menge großer und kleiner Schafe auf die
Weide, obwohl nichts da wächst. —
Anton. Aber Vater, was machen sie denn dort, wenn sie nichts
zu fressen finden? Die Schafe können doch nicht hungern?
Vater. Meine Schafe und Lämmer fressen nicht und hungern
auch nicht.
Emil. Dahinter steckt etwas, das sind gewiß keine lebendigen
Schafe, denn die müssen doch fressen, sonst verhungern sie.
Vater. Lebendig sind meine Schafe; sie leben schon über tausend
Jahr, und immer sind sie noch wie ehemals, ob sie gleich weder hungern
noch dursten.
Emil. Ueber tausend Jahre werden deine Schafe alt, Vater?
Das kommt mir wunderbar vor. Die Schafe, hat unser Lehrer gesagt,
werden höchstens nur vierzehn Jahre alt.
Vater. Aber es ist doch so, wie ich gesagt habe, liebes Kind?
Und schön sind meine Schafe, so schön und glänzend und golden, daß
die Schafe in — in — wie heißt doch das Land, wo die besten Schafe
sind?
Emil. In Spanien! in Spanien! Sieh', Vater, ich hab's ge-
merkt!
Vater. Daß die Schafe in Spanien gar nicht mit ihnen können
verglichen werden: denn die ganze Heerde hat goldene Pelze.
D.ie Kinder sahen einander verwundert an, brachen aber plötzlich
in ein lautes Gelächter aus und riefen: Nein, solche giebt es nicht, mit
goldenen Fellen! wie könnten die schwachen Thiere eine solche Last ttagen?
Vater, du willst nur sehen, ob wir es glauben.
Vater. Es ist mein Ernst, Kinder! Die Felle schimmern wirklich
wie Gold, so hell und leuchtend, und ihr habt euch schon oft darüber
gcfreu't.
Emil. Vater, sind sie den ganzen Tag auf der Weide? hört
nian sie nicht schreien?
Vater. Sie sind zwar den ganzen Tag darauf, aber man sieht
sie nicht; auch hat sie nock niemand schreien hören.
Li da. Wenn aber der böse Wolf kommt, dann schreien sie doch
und laufen davon^
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Emil Laura Anton Emil Emil Emil Ernst Emil
47
Vater. Auf diese Weide'kann niemals ein Wölk kommen; und
dann haben sie auch einen Hirten, der über sie wacht.
Anton. Einen Hirten? kann denn der auf so viele Schafe Acht
geben? Wie sieht er denn aus?
Vater. Der trägt ein schönes, helles, weißes Kleid, das wie
Silber glänzt und niemals schwarz wird. Denn ob er wohl weit länger,
als taufend Jahr die Heerde bewacht hat, so ist er doch nie eingeschlafen
und hat sein Kleid nie ausgezogen. Er bleibt stets hell und munter,
und sein Kleid inimer rein.
Emil. Nein, daraus kann ich nicht klug werden; das muß ein
närrischer Mann sein.
Lida. Der muß ja weder stehen noch gehen können, und blind
sein, wie der alte Tobias da drüben, der doch erst achtzig Jahr alt ist.
Vater. Er steht nie still, sondern geht immer unter seinen Schafen
umher; auch ist er nicht blind, sondern sieht sehr hell.
Laura. Vater, er schläft gewiß, und du sagst nur so, damit wir
nicht so lange schlafen sollen. Er kann auch schlafen; denn seine Hunde
werden schon die Heerde bewachen.
Vater. Seine Hunde? Hunde hat er gar nicht und braucht
auch keine.
Laura. Aber eine Schalmei hat er doch und bläst darauf?
Vater. Eine Schalmei zwar nicht, aber ein schönes, silbernes
Horn; blasen kann er aber nicht, und das Horn giebt auch keinen Ton
von sich.
Anton. Nun, das kommt immer wunderlicher. Ein Hirt mit
seinen Schafen, die über tausend Jahr alt sind, der ein Horn hat und
nicht blasen kann, der nie schläft und immer munter ist — das begreif'
ich nicht.
Emil. Vater, in welchem Lande liegt denn die Wiese, wo die
Wunderschafe gehen?
Vater. Sie liegt in gar keinem Lande, sondern geht über alle
Länder weg.
Lida. In der Lust also, Vater, in der Lust?
Vater. Ja, da liegt sie.
Lida. Aber wie kommen denn die Schafe dahin? sie können doch
nicht fliegen?
Vater. O ja, meine Schafe können in der Luft umher spazieren
und fliegen und fallen nicht herunter.
Anton. Nun, die möcht' ich fliegen sehenl
Vater. Du kannst sie alle Tage sehen. Wenn es Abend wird,
kommen sie zum Vorschein und weiden die ganze Nacht.
Emil. Ach! nun weiß ich, wer die goldenen Schafe sind, aber
der Hirt —
Vater. Der ist auch bei den Schafen, und wenn ihr ihn sehen
wollt,- so seht einmal zum Fenster hinaus, denn dort kommt er heraus.
Alle Kinder. Der Mond! der Mond! O, nun wissen wir's,
und die Sterne sind die Schafe, und die blaue Wiese ist der Himmel!
Du hast es uns aber zu schwer gemacht, Vater! Aber noch eins; es
war so hübsch, noch eins!
Vater. Morgen, Kinder!
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Extrahierte Personennamen: Anton Emil Tobias_da Laura Laura Anton Emil Anton Emil
68
Thräne will ich gedenken immerdar, die Thräne, die ein Zeichen
so heißer Liebe war!
9. Der Großvater und sein Enkel.
Es war einmal ein aller Mann, der konnte kaum gehen.
Seine Kniee zitterten; er hörte und sah nicht viel und hatte
keine Zähne mehr. Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel
kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf oas Tischtuch, und
es floß ihm auch wieder etwas aus dein Munde. Sein Sohn
und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich
der alte Großvater hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie
gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen, und noch dazu
nicht einmal satt. Da sah er betrübt nach dem Tische, und die
Augen wurden ihm naß. Eimnal konnten auch seine zitternden
Hände das Schüsselchen nicht festhalten; es fiel zur Erde und
zerbrach. Die junge Frau schalt; er aber sagte nichts und
seufzte nur. Da kauften sie ihm für ein paar Pfennige ein
hölzernes Schüsselchen, aus welchen! er effen mußte. Wie sie
nun eines Tages so da sitzen, da trägt der kleine Enkel von
vier Jahren auf der Erde kleine Brettlein zusammen. „Was
machst du da?" fragte der Vater. „Ei," antwortete das Kind,
„ich mache ein Tröglein; daraus sollen Vater und Mutter essen,
wenn ich groß bin!" — Da sahen sich Mann und Frau eine
Weile an, singen endlich an zu weinen, holten sogleich den
Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an immer mit-
essen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
Gott;, den Eltern und Lehrern kann man nimmer genug
vergelten.
10. Bruder und Schwester.
Du liebes Schwesterlein, wir wollen immer recht artig sein.
Haben dann Vater und Mutter beide an uns Kindern ihre Freude.
Sieht's auch droben im Himmel fern Gott der Vater und hat
uns gern, spricht: „So mag ich die Kinder sehen, denen soll nie
ein Leid geschehen." Und alle die Englein um ihn her, die
hören es auch und freuen sich sehr.
Ein gutes Kind gehorcht geschwind. — Geschwister sol-
len, gross und klein, stets unter sich recht liebreich sein.
11. Die Christbescheeruug.
Am Meere wohnte ein Fischer mit seiner Frau und seinen
fünf Kindern. Die Kinder sangen:
„Bald ist der schöne Lveihnachtstag!
Der Vater fängt die Fische,
Das Christkind füllt die Tische,
So viel nur Jeder haben mag."
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83
zu schützen. Da sprang Jockli hin, warf bcu Betrunkenen auf
Sie Seite und führte den alten Herrn zmn Pfarrer, zu welchem
er be te.
in eine Viertelstunde nachher kamen zwei herrschaftliche
Kutschen, mit Herren und Damen besetzt. Die Bauern saßen da
und machten große Augen und konnten lange vor Staunen kein
Wort hervorbringen. Endlich sagte einer: „Das ist gewiß der
Oberherr, der zum Schlosse fährt!" Da zogen sie alle, einer
nach dem andern, den Pfanndeckel vom Kopf, obgleich die Wagen
schon längst vorbei waren und am Schlosse hielten. Bald darauf
sahen sie den alten Herrn, vom Pfarrer begleitet, zum Schloß
gehen und Jockli neben ihm. Der alte Herr war der Oberherr
selbst, welcher seit vielen Jahren in fremden Kriegsdiensten ge-
standen hatte und nun zurückkam.
Er behielt den höflichen Jockli sogleich bei sich, kleidete ihn
ganz neu und machte ihn zu feinem Kammerdiener. Jockli aber
wußte durch seine Dienstgefälligkeit Aller Herzen zu gewinnen,
und er war dabei so brav und treu, daß der alte Oberherr fein
ganzes Vertrauen in ihn setzte und ihn endlich zum Verwalter
seiner Güter machte. Als der alte Herr sterben wollte, vermachte
er sogar seinem lieben Verwalter in seinem Testamente einen
Bauerhof.
Jockli heirathete, war sparsam und ist nun der reichste Bauer
irr seinem Dorfe geworden. Das Glück hat er seiner Artigkeit
und Dienstfertigkeit zu danken. Alle Bauern wußten das, und
von der Zeit an hielten sie auch ihre Kinder zur Höflichkeit an.
Und wenn noch irgend ein Grobian unter den Knaben war, so
riefen sie Alle, wie Jockli's Mutter: „Jockli, zieh das Käppli
ab!" — und cs half.
Lin Hirtenknabe hatte sich, das Lügen angewöhnt und
meinte, im Scherz dürfe man schon lügen. Oft rief er mit
ängstlicher Stimme: Ein Wolfl ein Wölfl Wenn dann die
andern Hirten zusammen liefen, lachte er sie aus, dass sie
so leichtgläubig wären.
Eines Tages fiel wirklich ein Wolf in die Heerde des
Knaben ein. Da rief er wie sonst: Ein Wolfl ein Wolfl
Aber die Hirten dachten: dich kennen wir schon. Darum
eilte auch keiner zu Hülfe, und der Wolf würgte ungestört
in der Heerde des Knaben. Als der Knabe nachher darüber
klagte, musste er das Sprüchlein hören:
31. Der lügenhafte Hirtenknabe.
Einem Lügner glaubt man nicht.
Wenn er auch die Wahrheit spricht.
e»
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90
kommen, Lippus und Just auch; und wenn sie alle zusammen-
kommen, so Werder: sie auch Pfeifen, Pauken, Lauten und allerlei
Saitenspiel haben, auch tanzen und mit steinen Armbrüsten
schießen." Und er zeigte mir dort eine feine Wiese im Garte»:,
zum Tanzen zugerichtet; da hingen güldene Pfeifen, Pauken und
feine silberne Armbrüste. Aber es war noch früh, daß die
Kinder noch nicht gegessen hatten; darum konnte ich des Tanzes
nicht erharren und sprach zu dem Mann: „Ach, lieber Herr, ich
will flugs hinaeher: und das Alles meinem lieben Söhnlein
Hänschen schreiben, daß er ja fleißig bete, wohl lerne und fromm
sei, auf daß er auch in diesen Garten komme." Da sprach der
Mann: „Es soll ja sein, gehe hin und schreibe ihm also."
Darum, liebes Söhnlem Hänschen, lerne und bete ja ge-
trost, und- sage es Lippus und Justen auch, daß sie auch lernen
und beten, so werdet ihr mit einander in den Garten kommen.
Hiermit sei dem allmächtigen Gott befohlen.
Dein lieber Vater
Martinus Luther.
45. Wie es den Kindern heidnischer Eltern geht.
„Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker :u:d taufet
sie irr: Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes!"
Diesen Befehl gab der Herr Jesus seinen Jüngern, und sie haben
ihn treulich befolgt. Aber doch kennen viele, viele arme Heiden
den Herrn Jesus noch nicht. Sie haben keine Bibeln und feinen
Sonntag und beten Götzenbilder an und leben in ihren Sünden
hin. Und wie geht's den armen Kindern der Reiben?
In dem fernen, schönen Lande Indien halten es die Leute
für eine Sünde, einen Vogel oder eine Fliege un:zubringen.
Aber ihre Kinder ersäufen sie im Gangesstrorn, den sie für gött-
lich halten. Oder sie hängen dieselben in einem Korbe an den
Baum irgend eines elenden Götzen, wo sie von den Geiern oder
Ameisen gefressen werden. In andern Gegenden der Erde machen
die Eltern viele ihrer Kinder gleich nach der Gebnrt todt. Sie
wollen sich nicht mit ihrer Erziehung plagen. Ein Missionar
hatte einmal e:nen bekehrten Diener, dessen Handwerk war es
ftüher gewesen, die neugeborner: Kinder zu tödten. An manchen
Orten geht es besonders den Mädchen schlimm. Die werden
von ihren Elterr: ganz verachtet. In einiger: Gegender: tverden
steine Kinder lebendig begraben.
So seht ihr, wie es euch hätte gehen können, wenn ihr
unter den Heiden wäret geboren worder:. Hätte mar: euch rächt
getödtet, so wäret ihr in Grausamkeit und Gottlosigkeit aufge-
wachsen. Ihr hättet dann vielleicht wie Hinduknaber: den Schei-
terhaufen angezündet, auf dem die Mutter sich selbst verbrennt,
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nichts Anderes zu bringen hatten, ihr langes, schönes Haar ab-
schnitten und den Erlös dem Vaterlande brachten.
Darum wird in der Geschichte des Vaterlandes der Frühling
und Sommer 1813 unvergeßlich sein. Das aber ist das Herr-
lichste daran, daß es die Menschen wieder lernten, ihre Herzen
zu Gott empor zu heben, von dem allein Segen und'hülfe kommt.
Deshalb wurden auch alle diejenigen, welche in den heiligen Krieg
zogen, feierlich in den Kirchen eingeweiht, und an heiliger Stätte
ward des Herrn Beistand in dem Kampfe für das Vaterland inbrün-
stig herabgesteht. Und wenn die ausrückenden Schaaren durch Städte
oder Dörfer zogen, geschah es unter ernstem, feierlichein Glocken-
geläut. Das klang wohl wie Grabgeläute, und es konnten sich
auch starke Männer in solchen Augenblicken der Thränen nicht
enthalten. Aber wenn auch die Ahnung eines nahen Todes in
die Brust der Streiter kam, sie blickten dennoch voll freudiger
Erhebung zum Himmel empor; gingen sie doch dem schönsten der
Tode entgegen, dem Tode für's Vaterland.
44. Die Trommel.
Rings wirbelt die Trommel im Preußenland;
still liegt nur ein. Hüttchen am baltischen Strand.
Was jammert das' Weib drin bei Tag und bei Nacht? —
Ihr Mann ist gefallen in heißer Schlacht.
Auch traf ihr die Kugel der Söhne zwei;
der jüngste nur lebt, und ihr Kummer dabei.
Und lebt dir ein Knabe, was härmst du dich bleich?
O, preise den Hintmel! noch bist du ja reich.
Doch horch! welche Töne das Ufer entlang? —
Das Weib schrickt zusammen; was macht'sie so bang?
„Horch, Mutter, wie schallt es so mächtig und laut!"
— „„Mein Sohn, zur Kirche wohl führt man die Braut."'
„Nein, Mutter, das klingt nicht wie Hochzeitston."
4 — „„So trägt einen Todten zu Grab man, mein Sohn.""
„Nein, nein! so klingt auch nicht Sterbegesang;
schon kenne den Ton ich; schon hört' ich den Klang.
Als einst ich ihn hörte zum ersten Mal,
da war's für den Vater das Abschiedssignal.
Und als er zum andern getroffen mein Ohr,
da folgten die Brüder dem werbenden Chor.
Nun ruft er zum dritten; er ruft es nun mir:
Die Andern sind todt, und die Reih' ist an dir!
Die Reih' ist an mir, das Gewehr in der Hand
zu fechten für Freiheit und Vaterland.
Hinaus denn, hinaus in des Kampfes Glntb!
Leb', Mutter, wohl! bleib' in Gottes Hut!"
— Hin ziehet der Knabe; das Schwert er schwingt;
einhüllt sich das Weib, und die Trommel verklingt.
13*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
421
ihr auf die Lehre Jesu, wie ihr sie gepredigt habt, auch sterben?"
Er antwortete mit einem deutlichen „Ja," legte sich auf die rechte
Seite und starb so sanft und ruhig, daß die Umstehenden noch lange
meinten, er schlummere. Es war in der Nacht zwischen 2 und 3 Uhr,
am 18. Februar 1546, als der Dr. Martin Luther heimging.
An allen Orten des deutschen Vaterlandes, vorzüglich aber
in Sachsen, war das Wehklagen um den Heimgegangenen groß.
Viele Tausende hatten ihn geliebt wie einen Vater, hatten ihn
hochgeehrt als einen Rathgeber und mit Ehrfurcht aufgeschaut zu
dem freimüthigen, unerschütterlichen und gottesfürchtigen Lehrer.
So strömten denn Schaaren von Alt und Jung nach Eisleben,
um Luthern die letzte Ehre zu erweisen; auch sämmtliche Grafen
von Mansfeld, der Fürst zu Anhalt, der Graf Heinrich zu
Schwarzburg und viele Edelleute. Am 19. trug man die Leiche
in die Andreaskirche zu Eisleben, wo Dr. Jonas unter vielen
Thränen die Leichenpredigt hielt. Aber der Kurfürst Johann
Friedrich hatte an die Grafen von Mansfeld geschrieben, er hätte
gewünscht, daß sie den alten Mann mit ihren Händeln verschont
hätten; nun da er todt sei, solle sein Körper in der Schloßkirche
zu Wittenberg bestattet werden. Am 20. Februar ward deshalb
die Leiche nach Wittenberg abgeführt. Dieselbe begleiteten die
Grafen von Mansfeld und deren Hofstaat, der Adel der umlie-
genden Gegend und eine zahllose Menge von Bürgern und Bauern.
Auf dem ganzen Wege von Eisleben bis Wittenberg läuteten die
Glocken, und an allen Orten strömten die Menschen zusammen,
so daß oft der Leichenzug still halten mußte. Am 22. Februar
traf die Leiche in Wittenberg ein. Die ganze Universität, der
Rath und die Bürgerschaft war ihr entgegengegangen, auch viele
Frauen und Mädchen. Darauf ward die Leiche in die Schloß-
kirche gebracht und in die Gruft vor dem Altar eingesenkt. —
Da liegt der deutsche Mann begraben, der im Vertrauen auf
seines Gottes Beistand den Kampf siegreich gegen Papst, Kaiser
und Fürsten, nicht mit dem Schwerte von Eisen, sondern durch
die Macht des wahrhaftigen Gottes-Wortes geführt hat.
Am 31. October 1821 ist dem muthigen Reformator auf dem
Marktplatze zu Wittenberg ein schönes, gußeisernes Denkmal errich-
tet worden.
41. Huldrich Zwingli.
Zu derselben Zeit, als Dr. Luther in Deutschland das Wort Gottes wie-
der an das Licht zog, begann die Verbesserung (Reformation) der Kirche auch
in der Schweiz. Es war zuerst Zwingli, welchen sich Gott als Werkzeug erwählte.
Huldrich Zwingli wurde am 1. Januar 1484 zu Wildenhaus in der
Schweiz geboren. Sein Vater, der vornehmste Mann im Orte, besaß viele
Viehheerden und Alpen. Er hielt in seiner zahlreichen Familie wie ein Pa-
triarch der Vorzeit würdig Haus. Huldrich ward früh zum geistlichen Stande
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Extrahierte Personennamen: Martin_Luther Heinrich_zu
Schwarzburg Heinrich Jonas Johann
Friedrich Johann Friedrich Huldrich_Zwingli Gott Huldrich_Zwingli
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Geld und viel Geldeswerth, zuletzt auch das schöne Bett mit
nagelneuem Ueberzuge, und mißhandelte Mann und Frau. Ein
Knabe von acht Jahren bat ihn knieend, er möchte doch seinen
Eltern das Bett wiedergeben. Der Husar stößt ihn unbarmherzig
von sich. Die Tochter läuft ihm nach, hält ihn am Dollmann fest
und fleht um Barmherzigkeit. Er nimmt sie und wirft sie in den
Sodbrunnen, der im Hofe steht, unv rettet seinen Raub. Nach
Jahr und Tag bekommt er seinen Abschied, besetzt sich in der
Stadt Neiße in Schlesien, denkt nimmer daran, was er einmal
verübt hat, und meint, es sei schon lange Gras darüber gewachsen.
Allein was geschieht im Jahre 1806? Die Franzosen rücken
in Neiße ein; ein junger Sergeant wird Abends einquartiert bei
einer braven Frau, die ihm wohl aufwartet. Der Sergeant ist
auch brav, führt sich ordentlich auf und scheint guter Dinge zu
sein. Den andern Morgen kommt der Sergeant nicht zum Früh-
stück. Die Frau denkt: Er wird noch schlafen! und stellt ihm
den Kaffee in die Ofenröhre. Als er aber immer noch nicht
kommen will, geht sie endlich in das Stüblein hinaus, macht leise
die Thüre auf und will sehen, ob ihm etwas fehle.
Da saß der junge Mann wach und aufgerichtet im Bette,
hatte die Hände in einander gelegt und seufzte, als wenn ihm ein
großes Unglück begegnet wäre, oder als wenn er das Heimweh
hätte, oder so etwas, und sah nicht, daß Jemand in der Stube
war. Die Frau aber ging leise auf ihn zu und fragte ihn: „Was
ist euch begegnet, Herr Sergeant, und warum seid ihr so traurig?"
Da sah sie der junge Mann mit einem Blicke voll Thränen an
und sagte, die Ueberzuge dieses Bettes, in dem er heute Nacht
geschlafen habe, hätten vor 13 Jahren seinen Eltern in der Cham-
pagne angehört, die in der Plünderung Alles verloren hätten, und
jetzt denke er an Alles, und sein Herz sei voll Thränen. Denn
er war der Sohn des geplünderten Mannes in der Champagne,
und kannte die Ueberzüge noch, und die rothen Namensbuchstaben,
womit sie die Mutter gezeichnet hatte, waren ja noch daran. Da
erschrak die gute Frau und sagte, daß sie dieses Bettzeug von
einem braunen Husaren gekauft habe, der noch hier in Neiße
lebe, und sie könne nichts dafür. Da stand der Franzose auf und
ließ sich in das Haus des Husaren führen und erkannte ihn wieder.
„Denkt ihr noch daran," sagte er zu dem Husaren, „wie ihr
vor 13 Jahren einem unschuldigen Manne in der Champagne
Hab und Gut und zuletzt auch noch das Bett aus dem Hause ge-
tragen habt, und habt keine Barmherzigkeit gehabt, als euch ein
achtjähriger Knabe um Schonung anflehte, und an meine arme
Schwester?" — Anfänglich wollte der alte Sünder sich entschul-
digen, es gehe bekanntlich im Kriege nicht Alles, wie es soll, und
was der Eiye liegen lasse, hole doch ein Anderer, und lieber
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