198
Sechster Zeitraum.
Unfehlbar würde Philipp der Regierung entsetzt worden seyn, hatte
er nicht seinen trefflichen Sohn Ludwig zum Mitregenten an-
genommen, welcher die zerrütteten Angelegenheiten der Verwaltung
ordnete und leitete. Die Kreuzzüge nahmen ihren Anfang zur
1108 Zeit Philipps I., welcher fast ein halbes Jahrhundert auf dem
Throne saß.
§. 39.
Pyre näische Halbinsel.
Giffords Gcsch. p. Spanien v. d. Niederlassung der phöniz. Pflanzstädte zu Ca-
dix bis auf d. Tod Ferdinand d. Weisen a. d. Cngl. Lcipz. b. Schwickcrt 1794
2 Th. Pr. 1 Thlr. Feßlers Versuch e. Gcsch. d. span. Rarion; Bert, b. Maurer
1610 2 Th. Pr. 3 Thlr. 6 Er. e. Karte 4 Thlr. 8 Gr. Seel: d. Völker Spa-
niens und ihre Fürsten, e. histor. statist. geogr. Hnndb. für Eebildcke 2 Th. i». e.
Karte u. e. Plan. 2lugsb. u. Leipz. v. Ionisch u. Stage 1821 Pr. 4 Thlr. Condc's
Eesch. der Herrschaft der Mauren tu Span, nach arab. Hand - und Denkschrift, bär-
gest. a. d. Span, übers, p. Rutschniaun Karlsr. b. Braun 1825. 2 B. Pr. 4 Thlr.
8 Gr. Lembke's Eesch. Spaniens, Hamb. b. Perthes 1830.
Spanien und Portugal geriethen mit dem Einfälle der Ara-
der (711) fast ganz unter die Oberherrschaft dieser mahomedanischen
Fremdlinge, und nur in den gebirgigen nördlichen Provinzen, in
Gallkcien, Asturien, Biscaya und Navarra behaupteten sich die
christlichen Gothen. Doch die Araber waren keine rohen Barbaren,
sondern besaßen theils schon manche technische Fertigkeiten, lheils
nahmen sie mit Wißbegierde die Kenntnisse aus, die sie unter den
gebildeten Einwohnern Spaniens vorfanden. Sie entsagten dem
wilden Nomadenleben, trieben Ackerbau, Gewerbe und Handel. Ein
großartiger Sinn belebte die herrschende Dynastie der O m m i a d e n;
in einem glanzenden Hofstaate, in prächtigen Palasten und einem ro-
mantisch - ritterlichen Auswande that sich ihr Reichthum kund.
Die Dichtkunst und selbst die Wissenschaften erblichsten; Saragos-
sa, Toledo, Valencia, Sevilla, Cordova, wurden berühmte Schu-
len und Hochschulen, wohin sich auch die christliche Jugend des
Auslands drängte. Der Araber G e b r war der sinnreiche Erfinder
der Buchstabenrechnung, nach ihm Al ge bra benannt; die arabi-
schen Aerzte galten für die einsichtsvollsten, und die Astro-
nomie, womit sich freilich auch die Astrologie vermischte,
wurde von diesem geistreichen Volke mit Eifer betrieben. Die Be-
nennungen Al man ach, Alchymie, Alcali, Zenith, Na-
dir u. m. a. erinnern noch an ihre Erfinder. Die Spielkar-
ten, bei den Spaniern Naypes, d. i. arabische Zauberei, genannt,
dürften zuerst von den Arabern ausgegangen seyn. Nie war Spa-
nien so blühend gewesen; hunderte von Dörfern lagen den Flüs-
sen entlang; ein geschäftiges Menschengewühl bewegte sich in den
Städten; mit Constantinopel fand ein lebhafter Handelsverkehr
statt; die spanischen Schleier, die Zeuge von Seide^, Wolle, das
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T45: [Spanien Stadt Portugal Granada Madrid Valencia Königreich Ebro Provinz Hauptstadt], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk]]
Extrahierte Personennamen: Philipp Ludwig Ludwig Philipps_I. Philipps_I. Giffords_Gcsch Ferdinand Feßlers Rutschniaun_Karlsr Biscaya Toledo
266
Achter Zeitraums
1439 einer im Lager herrschenden Ruhr ergriffen, und hinweggerafft.
Nie ward ein Monarch so einstimmig von Hohen und Niedern
betrauert.
,440 Friedrich Iii., Herzog von Oestreich, der Sohn des Her-
^ zogs Ernst, ward auf den deutschen Kaiserthron berufen, welchen
er über ein halbes Jahrhundert inne hatte, ohne die Anforderun-
gen seiner Zeit jemals zu begreifen. Nur mit Gaben aus-
gerüstet, die für den Wirkungskreis eines Privatmannes ausrei-
chen, besaß ec höchstens eine starre Hartnäckigkeit, mit welcher er
die vielen Widerwärtigkeiten seines Lebens ertrug. Nach dem Bei-
spiele zweier seiner Ahnherrn wollte er wieder an sich bringen,
was seinem Hause durch die Schweizer entzogen worden. Fcan-
1444 zöfische Söldner, berüchtigt unter dem Namen Armagnaken,
von ihrem Stifter, dem Grafen Bernhard von A r m a g n a k, strömten
auf das deutsche Gebiet, und zogen nachhelvetien. Allein auch dieß Mal
bewährte sich der Schweizer alter Muth, sie schlugen die fremden
Söldlinge bei Pratteln, unweit Basel, und benahmen ihnen die Lust
1446 weiter vorzudringen. Ein verheerender Grenzkrieg häufte des
Jammers genug auf die unglücklichen Landbewohner, der Kaiser
aber erreichte nicht, was er beabsichtigt hatte. Streitigkeiten mit
Böhmen, mit Ungarn, mit der Kirche, dem Adel und den Städ-
ten füllen diese segensarme Regierung. Das Faustrecht waltete,
wie in den rohesten Jahrhunderten, das beklagenswcrtheste Ereig-
,453 Nlß aber war die Erstürmung Constantinopels durch die Türken,
welche seitdem in Europa festen Fuß faßten. Die persönliche Ach-
tung des Kaisers strnk so, daß sich die Ritter erkühnten, ihm Feh-
debriefe zu senden, und die Bürger Wiens belagerten ihn in seiner
1452 Burg. Durch unzeitigen Stolz vereitelte er beinahe die äußerst
vortheilhafte Verbindung seines Sohnes Maximilian mit Maria,
1473 der reichen Erbin von Burgund, und wenn selbige später doch noch
zu Stande kam, so war es nicht das Verdienst Friedrichs Iii.
Und doch sproßte in seinen Tagen eine große Zeit mächtig empor!
Die Buch druckerkunft, von Johann Guttenberg erfun-
den, und von Schoiffer und Faust weiter ausgebildet, 1436;
die Errichtung vieler Universitäten, die Entdeckungsreisen zur See,
die Auffindung eines neuen Wclttheils durch Christoph Eolumbus
1492, die neue, wissenschaftliche Begeisterung, welche durch die
nrch Italien geflüchteten Griechen angeregt wurde, waren Bege-
benheiten, die zu Herz und Seele drangen, und auch den Gleich-
gültigsten ermunterten, nur Deutschlands Kaiser tffeilte diese allge-
meine Begeisterung nicht; wohl aber beschäftigten ihn grammatische
Spitzfindigkeiten *), astrologische Deutungen, und seinem Hause
*) Cr pflegte ihm gehörige Sache», oder auch Gebäude mit einer, aus folgenden 5
Buchstaben zusammengesetzten Chiffre zu versehen: Aeiou, deren Deutung
war: ,, Austritte Est Iiuperare Qi'bi Uni verso - ,,A".s Erdreich I.st
Lesteeich Untetthan. "
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht]]
TM Hauptwörter (200): [T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iii Friedrich Oestreich Ernst Bernhard_von_A Maximilian_mit_Maria Maximilian Maria Friedrichs Johann_Guttenberg Johann Christoph_Eolumbus Lesteeich_Untetthan
Extrahierte Ortsnamen: Basel Ungarn Europa Wiens Burgund Italien Deutschlands
Griechenland und Italien.
323
Wissenschaften umstrahlt, dieser aber der Stammvater der Groß her-
z o g e von Toscana ward. Alexander von Medici erhielt vom
Kaiser Karl V. den Titel eines Herzogs von Florenz, 1530, und Cos-
mus I. wurde vom Papste Pius V. zum Großherzoge vom
Toscana erhoben, 1569, welche Würde der Kaiser Maxi mi-
li anii. für eine große Geldsumme bestätigte, 1575, nachdem sich
dessen Schwester, Johanna, mit Cosmus vermahlt. Mehrere
Papste, wie Leo X., Clemens Vii., stammten von den Mediceern;
den vornehmsten Fürstenfamilien wurden sie durch Heirathen ver-
wandt, wie dem Hause Valois durch die Vermahlung von Catha-
rina von Medici mit Heinrich Ii. von Frankreich, und dem Hause
Bourbon durch .Maria von Medici, welcher Heinrich Iv. die
Hand reichte. Mit Johann Gasto erlosch der sehr ausgcarcete
Stamm der Mediceer 1737; Franzi Stephan, Herzog von
Lothringen, erhielt Toscana als ein erledigtes Lehen vom Kaiser
Karl Vi., vermahlte sich mit dessen Tochter Maria Theresia und
eine enge Verbindung blieb seitdem zwischen dem östreichisch-loth-
ringischen Hause und dem Großherzogthume Toscana.
Venedig bildete seine innere Verfassung zu einer herrisch
waltenden Aristocratie aus. Der Doge Gradenigo beschrankte
die Theilnahme an der Regierung auf eine kleine, in dem golde-
nen Buche veczeichnete, Anzahl adeliger Familien (nobili), 1297,
und ein enger Ausschuß von zehn Männern übte eine mehr als
despotische Gewalt. Gleichwohl erweiterte die Republik ihr Ge-
biet; Vicenza, Verona, Padua u. a. kamen, nebst ihren Bezirken,
zu demselben zu Anfänge .des 15. Jahrhunderts. Durch die
Auffindung des Seeweges nach Ostindien aber, 1498, erhielt Ve-
nedigs Wohlstand den ersten Stoß, denn der Handel zog sich von
dem mittelländischen nach dem atlantischen Meere. Die Politik
der Venetianer nahm einen hinterlistig ränkevollen Charakter an,
und zerstörte dadurch insonderheit die drohende Ligue von Cam-
bray, 1508. Bei schwindender innerer Kraft verstand es Venedig,
durch ein kluges Neutralitätssystem den Schein der alten Starke
noch lange zu retten, und trotz der veralteten Formen und der stil-
len Erschlaffung seiner Nerven das morsche Staatsgebäude bis zu
den Stürmen der französischen Revolution aufrecht zu erhalten.
Genua erblühete, als das lateinische K a i s e r t h u m
durch das wieder hergestellte byzantinische Ruch verdrängt
ward, 1261. Der Besitz von Kaffa, jetzt Feodosia, in c.x
Halbinsel Krimm, verschaffte den Genuesern die Herrschaft auf
dem schwarzen Meere; über das caspische Meer und auf den an-
dern Handelswegen bezogen sie die kostbaren Waaren Indiens und
verführten sie, mit unsäglichem Gewinn, nach dem Abendlande.
Hatttn die Genueser Sinn gehabt für großartigere Unternehmung
gen, wäre es ihnen beigefallen, wie die Britten und Holländer,
ein weises Colonialsystem in jenen Gegenden zu begründen und
21 *
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Alexander_von_Medici Alexander Karl_V. Karl_V. Maxi Johanna Leo_X. Leo_X. Clemens_Vii Catha-
rina_von_Medici Heinrich_Ii Heinrich Medici Heinrich_Iv Heinrich Johann_Gasto Johann Franzi_Stephan Karl_Vi Karl Maria_Theresia Maria Theresia Gradenigo Kaffa
326
Neunter Zeitraum.
geistiger Mittheilung, und schnell, wie der Sonnenstrahl, flog der
menschliche Gedanke sichtbarlich ausgedrückt von Land zu Land.
Die vorausgegangene Erfindung des Linnenpapiers, um 1318,
erleichterte die Anwendung der neuen Buchdruckerkunst. Endlich
batte sich auch der Gesichtskreis über die Beschaffenheit unsers
Erdballs durch kühne Seefahrer erweitert. Bartholomaus
Diaz berichtigte die irrigen Vorstellungen über die Gestalt Afri-
ca's, indem er dessen südlichste Spitze, das Vorgebirge der gu-
ten Hoffnung, umschiffte, 1486. Christoph Columbus
entdeckte durch seine unverrückt nach Westen fortgesetzte Fahrt einen
neuen, auf der andern Halbkugel gelegenen Welttheil, America,
1492, und Vasco de Gama fand den langst gesuchten See-
weg nach Ostindien, 1498. Ein reges Streben und Ringen ergoß
sich auch durch diese Ereignisse über die Völker Europas und zei-
tigte sie für ein neues Jahrhundert. Die Erfindung des
Schießpulvers, welche, der Sage nach, von dem Mönche
Berthold Schwarz um 1290 oder 1320 gemacht, aber vor
dem Jahre 1350 schwerlich auf die Kriegskunst angewendet wur-
de, wandelte die Führung des Kriegs in eine weit verzweigte
Wissenschaft um, nachdem dessen Entscheidung bisher hauptsächlich
von der Körperkraft und dem Muthe der einzelnen Streiter ab-
gehangen hatte.
Die vor mehr als 100 Jahren durch Johann Wicleff
(ff 1384) angedeuteten, und von Johann Huß aufs neue an-
gegriffenen Mangel des Kirchenwesens sollten einen Verbesserer
finden in einem Manne, der für die Dunkelheit und ein unbe-
deutendes Privatleben bestimmt schien. Martin Luther, zu
Eisleben geboren den >0. Nov. 1483, widmete sich, unter hartem
Kampfe gegen eine drückende Dürftigkeit, den Wissenschaften, trat,
von einer stillen Schwermuth geleitet, zu Erfurt in den Augusti-
nerorden, 1505, unterwarf sich, mit hingedender Selbstverleug-
nung, dessen strengen Regeln ohne Murren, gewann die Achtung
seines Priors Staupitz, der ihm Muße gewährte, sich oen theolo-
gischen Studien zu widmen, und ihm einen Ruf zu einer theologi-
schen Professur auf der von dem Churfürsten von Sachsen, Fried-
rich dem Weisen, zu Wittenberg 1502 neu errichteten Universität
verschaffte, 1508. Mit Feuereifer betrat Luther diese neue Bahn
und fand Beifall als Lehrer und Prediger. Eine Reise, welche er,
in Angelegenheiten des Äugustinerordens, nach Rom zu dem Pap-
ste Leo X. unternahm, 1510, gab ihm einen deutlichen Begriff
von der dort herrschenden Skttenlosigkeit der Geistlichkeit und ver-
minderte seine Achtung für den päpstlichen Stuhl bedeutend.
Nach Annahme der theologischen Doctorwürde 1512 fühlte sich
Luther nur desto strenger zur Erhaltung eines reinen Glaubens ver-
pflichtet. Mit Entrüstung vernahm er deshalb die schamlose Keckheit, wo-
mit ein Dominicanermönch, Johann Tezel, den Ablaßhandel zu
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff]]
TM Hauptwörter (200): [T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert], T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Bartholomaus
Diaz Christoph_Columbus Berthold_Schwarz Johann_Wicleff Johann Johann_Huß Johann Martin_Luther Leo_X Leo Johann_Tezel Johann
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Europas Sachsen Wittenberg Rom
335
Deutschland. Karl V.
fangen gehalten, und beide Fürsten mußten fünf Jahre lang dem
kaiserlichen Hoflager überall folgen.
Es lag dem Kaiser ernstlich daran, den Religionsstreitigkeiten
ein Ende zu machen, darum veranstaltete er, da das Trienter
Concilium seine Erwartungen so wenig befriedigte, auf dem
Reichstage zu Augsburg ein Religionsgespräch zwischen dem Bi-
schof von Naumburg, Julius Pflug, dem Weihbischof von 15m
Mainz, Michael Helding, und dem protestantischen Hofprediger
des Churfürsten von Brandenburg, Joachims Lz., Johann Agrí-
cola; alles gemäßigte Männer, welche gemeinschaftlich einen Ver-
einigungsentwurf ausarbeiteten, wobei sich aber Agrícola nachgie-
biger bewies, als von den übrigen Protestanten genehmigt wurde.
Auf diesen Grundlagen errichtete Karl das so genannte Interim,
oder eine einstweilige Kirchenordnung, bis das zu Trient noch
immer fortdauernde Concilium etwas Bleibendes festgesetzt haben
werde. Alle Parteien waren hiermit unzufrieden, vornämlich fand
die katholische Geistlichkeit darin einen beleidigenden Eingriff in ihre
Rechte, weil jene Verordnung von einem Laien ausgegangen. Nur
an wenig Orten befolgte man das Interim und Magdeburg er-
klärte sich bestimmt dagegen, darum gab Karl V. auf einem noch-
mals zu Augsburg gehaltenen Reichstage dem Churfürsten
Moritz den Auftrag, die über diese Stadt verhängte Reichsacht isj>
zu vollziehen; auch bemühete er sich, seinem Sohne Philipp, den
er aus Spanien berufen hatte, die Nachfolge in Deutschland zu
verschaffen; allein dessen stolzer und finsterer Charakter mißfiel bcn
deutschen Fürsten so sehr, daß Kart auf diesen Plan verzichten
mußte. Von Augsburg begab er sich nach Jnspruck, um den
Berathungen des Conciliums zu Trient näher zu seyn.
Mittlerweile reifte ein kühner Entschluß in der Seele des
Churfürsten Moritz. Nur zu deutlich trat des Kaisers Absicht,
die deutsche Freiheit gänzlich zu unterdrücken und die protestantische
Lehre auszurotten, ans Licht, Moritz aber wollte der Retter beider
werden. Die Unterwerfung Magdeburgs gab ihm einen schickli-
chen Vorwand, ein Heer zu versammeln und unter den Waffen zu
erhalten. Magdeburg erhielt sehr glimpfliche Bedingungen; Moritz uu
schloß einen Bund mit dem jungen Landgrafen von Hessen, W i l-
helm, mit seinem Waffengefährten, dem Markgrafen Albrechc
von Brandenburg - Kulmbach und dem Könige von Frankreich,
Heinrich Ii. Unerwartet rückte er gegen Jnspruck, nöthigte den
Kaiser zu einer eiligen Flucht und zu dem Vertrage von Pass an, irsr
wornach die beiden gefangenen Fürsten, Johann Friedrich und Phi-
lipp, ihre Entlassung, die Protestanten aber gleiche Rechte mit
den Catholiken erbielten. Der Religionsfriede zu Augs-
burg den 26. Sept. 1555 bestätigte und erweiterte diesen Ver-
trag. Moritz erlebte diese Befriedigung nicht. Er starb an einer erhal-
tenen Schußwundezwei Tage nach der Schlacht bei S iev ers hau sen,
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm]]
Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Julius_Pflug Michael_Helding Johann_Agrí- Johann Karl Karl Karl_V. Karl_V. Moritz Philipp Philipp Moritz Moritz Moritz Albrechc
von_Brandenburg Heinrich_Ii Heinrich Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Naumburg Mainz Brandenburg Joachims Magdeburg Spanien Deutschland Magdeburgs Magdeburg Hessen Kulmbach Frankreich
33g
Neunter Zeitraums
1556
1558
1556
- 64
den 11. Juli 1553, die er siegreich gegen Albrecht von Brandenburg lie-
fern', weil dieser, trotz des geschlossenen Friedens, zu rauben und zu plün-
t.-: i fortsuhr. Heinrichii. hatte die Städte M e tz, T o u l und Ver-
dun genommen; mit Truppen, welche der Kaiser aus Ungarn
und Italien herbeizog, belagerte dieser Metz, mußte aber, nachdem
Krankheiten den besten Theil seines Heeres aufgerieben, abziehen,
richtete auch in dem fortgesetzten Kriege nichts aus und überließ
denselben unbeendigt seinem Nachfolger. Denn ein trüber Miß-
muth und zunehmende Körperschwache verleideten fortan Karl V.
die weltlichen Handel. Mit Erstaunen vernahm die Welt, daß er
allen seinen Kronen entsage. Ec berief feinen Sohn Philipp von
England, wo selbiger mit der Königin Maria vermahlt war,
nach Brüssel, und übergab ihm die Regierung der Niederlandeofo
wie die Kronen von Spanien und Neapel. Rührend und wahr
verglich er seine Regierungszeit mit einer mühseligen Pilgerschaft.
Neunmal war er nach Deutschland, sechsmal nach Spanien, vier-
mal nach Frankreich, siebenmal nach Italien, zehnmal nach den
Niederlanden gereist, und hatte eilf Seefahrten gemacht, davon zwei
nach England und zwei nach Africa. Die deutsche Kaiserkrone
hinterließ er seinem Bruder, Ferdinand, zog sich sodann in das
Hieronymitenkloster St. Juste in Estremadura, zurück und beschloß
daselbst sein vielbewegtes Leben. Hatte Karl V. vermocht, sich von
dieser ewigen Wahrheit zu überzeugen und zu durchdringen, daß
einmal gereifte und in Umschwung gesetzte Ideen eines fortgeschrit-
tenen Jahrhunderts durch keine äußere Gewalt vertilgt werden
können; so würde er sich seines Alters Bitterkeit erspart, so möchte
er einen heitern Abend seiner thatenschweren Lebensbahn erblickt
haben.
§. 60.
Des dreißigjährigen Krieges Vorzeit.
Ferdinand I., der Bruder Karls V., brachte eine gereifte
Erfahrung mit sich auf den Thron, welche ihn, nebst seinem
sanften und gemäßigten Charakter, vor vielen Fehltritten bewahrte.
Obschon dem catholischen Lehrbegriffe aufrichtig ergeben, enthielt er
sich doch klüglich alles Gewissenszwanges oder Eingriffs in die be-
sondern Angelegenheiten seiner Unterthanen, so daß viele derselben
ungehindert ihre Söhne nach der, damals weit berühmten, Uni-
versität Wittenberg schicken durften. Noch immer hoffte er
Versöhnung zwischen den Catholiken und Protestanten von dem
C o nci l ium zu Trient. Unter Karl "V. war oi, scs zusammen-
berufen worden 154b vom Papste Paul kl?. Auf den Vorwand
einer ansteckenden Seuche, welche in dieser Stadt herrsche,
würde es nach Bologna verlegt 1547 und auf des Kaisers
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Heinrichii Karl_V. Karl_V. Philipp_von
England Philipp Maria Ferdinand Ferdinand Karl_V. Karl_V. Ferdinand_I. Ferdinand_I. Karls_V. Karls_V. Karl
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Italien Spanien Neapel Deutschland Spanien Frankreich Italien England Africa Wittenberg Bologna
329
Deutschland. Karl V.
vielfachen Gefechten waren niedergemetzelt worden. Derselbe Gesir
des Aufruhrs verbreitete sich auch nach Thüringen, wo ein
gewisser Thomas Münzer, ehemals ein Zuhörer Luthers, die
verblendeten Bauern gleichfalls zur Rebellion aufrief, bis er, gegen,
alle gütliche Vorstellungen taub, bei Frankenhausen eine voll-
ständige Niederlage erlitt, in Gefangenschaft gerieth und zu Mühl- 15-5
Hausen, nebst 24 andern Rebellen enthauptet wurde. Auch hier
floß das Blut von Tausenden. Der Churfürst von Sachsen,
Friedrich der Weise, Luthers umsichtiger Beschützer, war ge-
storben, sein Bruder, Johann der Beständige, raschem Sin-
nes, folgte ihm in der Regierung, bekannte sich öffentlich zur Rc^
formation und schloß, auf den Fall angewendeter Gewalt, zu 152f)
Torgau ein Bündniß mit dem Landgrafen Philipp von Hes-
sen, den Herzogen von Braunschweig-Lüneburg, dem Herzoge
H e i'n r i ch von Meckelnburg, dem Fürsten Wolfgang von Anhalt,
den Grafen Gebhard und Albrecht von Mannsfeld, endlich mit
der freien Reichsstadt Magdeburg. Markgraf Albrecht von Bran:
denburg, früher Heermeistec des deutschen Ordens, nun Herzog
von Preußen, vereinigte sich, nachdem er die Reformation an-
genommen, mit dem Churfürsten von Sachsen durch ein besonde-
res Bündniß. Keine polirischen Bewegungen störten für jetzt den
raschen Fortschritt der neuen Lehre,' wohl aber erhielten deren Bekenner
den Parteinamen der P r 0 t e st a n t e n, als diese gegen denb e sch l u ß
eines zu Speyer g e h al te ne n R eich sta gs, dem das Worm-
ser, ihnen nachtheilige, Edict, zum Grunde lag, protestirten.
Andere Sorgen beschäftigten indessen Karl V. Franz I.,
sein Mitbewerber bei der deutschen Kaiserwahl, verschmerzte es nie,
daß man ihn übergangen, darum begann der Krieg zwischen beiden
auf drei Punkten zugleich, in den Niederlanden, in Navarra und 1521
in Mailand. Karl hatte Heinrich Yiil. für sich gewonnen; seine
Waffen waren glücklich und den Franzosen blieb in Mailand von
allen frühem Eroberungen nichts übrig, als Die Citadelle von Cre-
mona. Hierzu warb der Kaiser den Herzog Karl von Bour-
von, einen trefflichen Feldhepm, der durch die Ranke der Königin
Mutter, Luise von Savoien, beleidigt, gekrankt und aufs Aeußerste
getrieben worden, für seinen Dienst. Dieser ließ seinem Todfeinde,
Bonnivet, welchem Franz I. den Oberbefehl zur Wiedereroberung
Mailands anvcrtraut hatte, die Schwere seiner Rache fühlen, bei
dessen Rückzüge über die Seffia, wo das französische Heer fast
aufgerieben ward und der Ritter Bavard siel. Italien war
abermals für die Franzosen verloren, nur wenige sahen die Hei-
mach wieder, und letzt, meinte Karl, sep der Augenblick gekommen,
den Krieg in das Herz Frankreichs selbst zu tragen. Auf seinen
Befehl mußten Bourbon und Pescara, einer der vorzüglichsten
spanischen Befehlshaber, in die Provence eindringen, Marseille sollte
um jeden Preis erobert werden. Schwer ist Frankreich von dieser
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz]]
Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Thomas_Münzer Friedrich_der_Weise Friedrich Johann Philipp_von_Hes- Philipp Wolfgang_von_Anhalt Gebhard Albrecht_von_Mannsfeld Albrecht Albrecht_von_Bran Albrecht Karl_V._Franz_I. Karl_V. Franz_I. Karl Karl Heinrich_Yiil Heinrich Karl_von_Bour- Karl Luise_von_Savoien Franz_I. Karl Karl
338 Neunter Zeitraum.
nige, daher folgte ihm selbiger ohne Widerspruch im deutschen
Reiche als
,57,i Rudolf Ii. Eine an sich nicht tadelnswerthe Liebe zu den
Künsten und Wisienschasten wurde in diesem Monarchen verderb-
— lich, weil sie ihn den dringcndern Geschäften der Regierung ent»
fremdete. Kunstsammlungen, der Umgang mit berühmten Astrono-
men^ wie Tycho Brahe (geb. in Schweden 1546, ch 1601) und
Kepler (geb. 157j im Würtembergischen, f 1630)> desgleichen
die nichtigen Träumereien der Astrologen und Alchymisten und ne-
benbei eine große Pferdeliebhaberei galten ihm für Hauptbeschäfti-
gung. Ein unstetes Schwanken von despotischer Strenge zu einer
schwachen Nachgiebigkeit, eine blinde Abhängigkeit von seinen jesui-
tischen Beichtvätern vollendeten Rudolfs Unfähigkeit in einer so
verhängnißvollen Zeit nach Gebühr zu regieren. So ließ er den
zahlreichen Protestanten in den östreichischen Landen die Kirchen
schließen; da aber ihre Klagen laut wurden, nahm er den Befehl
zurück. Seine gänzliche Bernachläffigung Ungarns erweckte da-
selbst einen Aufstand, dessen Haupturheber ein Edelmann, Ste-
phan Botschkai, war, der sich mit den Türken verbündete und
einen großen Theil des Landes an sich riß. Man wählte endlich
des Kaisers Bruder, Matthias, zum Regenten von Ungarn und
Oe streich, der die Ruhe wieder herstellte, da Botschkai bald starb.
Böhmen befand sich ebenfalls in heftiger Gährung, daher erließ
i^)9 Rudolf den M ajestäts b ri ef, oder das Recht freier Religions-
übung, welches der erste Funke des bald ausbrechenden Kriegs-
feuers werden sollte. Die Protestanten schlossen dagegen ein Bünd-
ig niß, die Union, dessen Oberhaupt der Chursürst Friedrich von
der Pfalz war. Diesem setzten die Cacholiken ein anderes entge-
- gen, die catholische Ligue genannt, worüber der Herzog Ma-
ximilian von Baiern den Oberbefehl erhielt. Regungslos sah
Rudolf diese Anfänge eines nahen Parteienkrieges. Noch besaß
er die Krone des deutschen Reiches und Böhmens. Als er aber
letzteres seinem Bruder, dem Erzherzoge Leopold, Bischof von Pas-
sau, zuwenden wollte, brachen die Böhmen in vollem Aufruhr wi-
tifii der ihn los, schlossen ihn zu Prag in seiner Burg ein, riefen fei-
nen andern Bruder, Matthias, herbei und übertrugen diesem die böh-
mische Krone. Leichtlich möchte Rudolf auch die Kaiserkrone noch
j6,2 verloren haben, doch der Tod befreiete ihn von dieser letzten Schmach.
Auch er liefert den Beweis, daß ein schwacher Regent des
Nebels mehr häuft über Volk und Land, als ein Despot!
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Rudolf_Ii Rudolf Rudolfs Matthias Botschkai Rudolf Rudolf Friedrich Friedrich Rudolf Rudolf Leopold Leopold Matthias Rudolf Rudolf
Deutschland. Karl V.
33 l
Deutschlands Angelegenheiten führe, und in Nürnberg schütz izzr
er den Reliqionsfrieden, nach welchem, bis auf ein künftig
zu haltendes Concilium, niemand den andern des Glaubens wegen
anfechten solle. Kühn schien des Landgrafen Philipp von Hessen
Wagnis, als er den Herzog Ulrich von Würtemberg unter-
stützte, dessen Land der Schwäbische Bund an den Kaiser ab-
getreten harte, der es seinem Bruder Ferdinand mit den östreichi-
schen Erblanden verliehen. Mit 20,000 Mann brach Philipp in
Würtemberg ein, vertrieb den kaiserlichen Statthalter und gab das
eroberte Land seinem rechtmäßigen Eigenthümer, Ulrich, zurück. 1*3«
Der Kaiser und Ferdinand verschmerzten diesen Gewaltstreich we-
gen des Dranges der Umstande und bestätigten in dem Kada-
ner Frieden dem Herzoge den Besitz seines Landes als ein öst-
reichisches Afterlehn, 1534. In derselben Zeit hatte auch Luther
die deutsche Uebersetzung der Bibel vollendet zur mächti-
gen Förderung der Reformation. Aber auch die Schwärmerei er-
hob ihr Haupt nochmals. Die Grundsätze Thomas Münzers
lebten in der Sekte der W ie d e rt a u fe r, vornehmlich in Holland,
fort. Einer ihrer Sendlinge, Namens Johann Bockhold
aus Leiden, auch Johann von Leiden, oder Schneiderkö-
nig genannt, kam nach Münster, predigte daselbst Freiheit und 1533
Gemeinschaft der Güter, gewann dadurch den Pöbel, stürzte die
bestehende Ordnung der Dinge um, verübte die empörendsten Greuel,
und ward nur mit Mühe ergriffen und nebst den ärgsten seiner
Mordgesellen, Krechting und seinem Scharfrichter Knipper-
dollin g, hingerichtet.
Nach dem Beispiele der heldenmüthkgen Hohenstaufen be-
schloß auch Karl V. einen Zug gegen die Ungläubigen, nur waren
Zweck und Veranlaffung verschieden. Ein kühner Seeräuber, Ha«
radin oder Horuc Barbarossa, aus Lesbos gebürtig, war
mit Hülfe des Sultans Solimán Beherrscher von Algier und
Tunis geworden, und verbreitete seine Räubereien vom Mittel-
meere bis auf die spanischen Küsten. Pflicht und Ehre trieben
den Kaiser solchen Freveln zu steuern. 30,000 Mann, worunter
8000 Deutsche unter dem Grafen Mar von Eberstein, wurden
auf 500 Fahrzeugen an die Küste von Tunis getragen. Do- "35
ria befehligte die Flotte, Karl, nebst dem Marchese del Vasto
das Heer. Der vollständigste Sieg krönte das Unternehmen;
22,000 Christensclaven wurden frei, den vertriebenen Herrscher von
Tunis, Haseen, setzte Karl wieder ein, unter dem Verbote des
Menschenraubes; auch legte er eine Besatzung in die Festung Go-
leta; Haradin Barbarossa hatte sich nach Algier geflüchtet. Alle
Lande nannten Karls Namen mit Bewunderung.
Zum dritten Male brach der Krieg mit Frankreich aus,
da Franz I. nach dem Absterben des Herzogs von Mailand, Franz
Sforza, seine Ansprüche auf dieses Herzogthum erneuerte. Unein-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
TM Hauptwörter (100): [T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Philipp_von_Hessen
Wagnis Philipp Ulrich_von_Würtemberg Ferdinand Philipp Philipp Ulrich Ferdinand Thomas_Münzers Namens_Johann_Bockhold Johann Johann_von_Leiden Johann Karl_V. Karl_V. Horuc_Barbarossa Barbarossa Karl Karl Karl Karl Haradin_Barbarossa Barbarossa Karls Franz_I. Franz
Sforza Franz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Nürnberg Würtemberg Holland Lesbos Algier Tunis Eberstein Tunis Tunis Algier Frankreich Mailand
34!
Dreißigjähriger Krieg.
schen Länder von den Niederlanden aus durch den spanischen
Feldhercn Spinola bedrohete. Die Union und die Ligur
standen einander, die Hand am Schwerte, gegenüber; in Schwa-
den erwartete man den entscheidenden Schlag, da schien der Ver-
trag zu Ulm das drohende Ungewitter unerwartet zu zerstreuen; durch
Frankreichs Vermittlung kam ein Friede zu Stande, die Unirten
versprachen zu entwaffnen,- Böhmens aber war in diesem
Vertrage nicht gedacht. Sofort rückte der Herzog Ma-
ximilian von Baiern mit den liguistischen Truppen in Oberöst-
reich ein, unterwarf selbiges dem Kaiser wieder, zog in Niederöstreich
die Corps des Generals Boucquoi an sich, zahlte dadurch 50,000
Mann unter seinen Fahnen und ging ohne Zeitverlust auf Prag
los. Der wackre Fürst Christi an von Anhalt, der das böhmi-
sche Heer befehligte, zog sich vor dieser Uebcrmacht bis nach Prag
zurück. Dort ergötzte sich Friedrich in sorgloser Fröhlichkeit, als
stehe sein Thron schon unerschütterlich, und kaum 30,000mann hatte er
zum bevorstehenden Kampfe versammelt, deren Führer noch über-
dieß durch Nationalhaß und Rangstreit entzweiet wurden. Mans-
feld blieb aus solchen Ursachen vom Hauptlager entfernt in Pil-
sen. Die-Schlacht auf dem weißen Berge, bei Prag,
führte eine schnelle Entscheidung herbei. In einer Stunde war
das Heer Friedrichs zerstreut und vernichtet; zehn Kanonen, als
die gesammte Artillerie, sielen in die Hände der Feinde, Fried-
rich beobachtete die Niederlage der Seinen von den Wallen, floh
dann nach Schlesien und von dort nach Holland, wo ihn die
Großmuth seines Schwiegervaters, des Königs von England, Ja-
cob I., ernährte; Thurn begab sich mit andern vornehmen Böh-
men nach Siebenbürgen; Prag öffnete den Siegern die Thore;
die Stande huldigten dem Kaiser ohne alle Bedingung, welcher
nach drei Monaten 48 der thätigsten Beförderer des Aufruhrs
verhaften und 27 derselben auf dem Blutgerüste sterben ließ. Die
Reichsacht wurde über die Abwesenden ausgesprochen, ihre Güter
eingezogen, ihre Namen für ehrlos erklärt. Ein spanisches Heer
vollzog unter Spinola die Reichsacht an den pfälzischen Län-
dern; die Union löste sich auf, Ferdinand zerschnitt den Maje-
stätsbrief eigenhändig und verbrannte das Siegel. Der baierische
General, Graf Johann T zerklas von Tilly (geb. 1559
auf dem Schlöffe Tilly, in Brabant), der zuerst in spanischen
Kriegsdiensten unter A l b a, R e q u e se n s, Don Juan und Alex-
ander Farnese in den Niederlandengestanden, dann unter dem
Herzoge Philipp Emanuel von Lothringen - Mercoeur, als Obrist-
lieutenanr im kaiserlichen Dienste gegen die Rebellen in Ungarn
und wider die Türken gefochten, als Obrister ein Regiment Wal-
lonen geworben hatte und zuletzt vom Herzoge Maximilian berufen
worden war, um die baierische Armee neu umzubiloen, der ihn
zum Generalfeldmarschall ernannte, trug vorzüglich zum Siege in
dn, 3.
Juli
1020
bf!V M.
Nvv.
1020
1021
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T198: [Friedrich Schlacht Heer Schlesien Sachsen Armee Sieg General Mann Feind]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrichs Ferdinand Graf_Johann_T_zerklas_von_Tilly Johann Tilly Philipp_Emanuel_von Philipp Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Spinola Schwerte Schwa- Frankreichs Baiern Oberöst- Niederöstreich Prag Christi Prag Pil- Prag Friedrichs Schlesien Holland England Brabant Niederlandengestanden Lothringen Ungarn