124
Ii. Lehrstufe. Europa.
ner, vorzüglichen Handel. — Mehrere Festungen, darunter
Bender. — Hieher gehört auch die Halbinsel Krim,
welche in ihrem südöstlichen Theile gebirgig ist, sehr frucht-
baren Boden und italienisches Klima hat. Wichtig ist hier
die neuangelegte Seestadt Sebastopol. Kriegshafen, mit
42,000 Einwohnern. Im September 1856 wurde die Stadt
von den alliirten Franzosen, Engländern und Türken nach
langer Belagerung mit Sturm genommen, der Malakoffthurm
und andere Werke in die Luft gesprengt und die Stadt zerstört.
Außerdem die Städte Kertsch und Kassa (oder Feodo si a.)
Im Westen liegt die Moldau. Jassy mit 70,000
Einwohnern, die größte Stadt.
(Moldau und Walachei bilden zusammen die Donaufürsten-
thümer, welche gegenwärtig als Union von einem Fürsten zu-
sammen regiert werden und jetzt den Namen Rumänien an-
genommen haben. Sie sind von der Türkei abhängig.)
8) We st- Rußland besteht aus ehemals polnischen Land-
schaften. — Wilna, Hauptstadt, 52,000 Einw. — Polozk
an der Düna, Schlacht 1812. — Borissow, unfern davon
der berühmte Uebergang Napoleons I. über die Beresina 1812.
— Grodno, Fabriksladt, zweite Theilung Polens 1793.
9) Königreichpolen, 2300 Q Meilen mit 4,800,000
Einw., früher ein selbstständiges Reich, zu welchem noch andere
Länder gehörten, steht jetzt unter einem russischen Statthalter.
— Warschau, Hauptstadt an derweichsel, mit162,O00einw.
am rechten Ufer die Vorstadt und Festung Praga, erstürmt
1794 und 1831. — Ostrolenka, Schlacht 26. Mai 1831.
Rußland hat außer Europa noch große Besitzungen, na-
mentlich im nördlichen Asien (Sibirien rc.), dann im
Norden von Amerika.
Am großen Tieflande nehmen noch preußische
Provinzen und das österreichische Galizien
Theil; jene werden bei Deutschland, dieses bei den kar-
pathischen Gebirgen beschrieben.
Fragen und Aufgaben. Wie wird das euro-
päische Rußland begrenzt? — Das britische und russische
Reich sind hinsichtlich ihrer Größen- und Bevölkerungsver-
hältnisie mit einander zu vergleichen. — Welchem der eu-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen]]
74 Russisches Reich.
Range, 14.1 Capitainlieutenaiite', 456 Lieutenante, ,572
Midshipmans, 222 Steuerleute, 29,104 Matrosen, 2z4z
ältere und '584 junge Schiffsjungen. Die Seeartillerie com-
maudiren 1 Generalfeldzeugmeister, 1 Zeugmeister, 4 Capi-
tgrue. vom ersten, 5 vom zweiten und 5 vom dritten Ran,ge.
Die Seesoldaten sind in 4 Regimenter, jedes zu 2067 M.
vertheilt. Der Haupthafen der Ostseefiotte ist Kronstadt ;
kleinere Abtheilungen sind in Reval re., und der Schiffbau
ist häufig in St.-Petersburg selbst, wo die Werste, Maga-
zine und die Navigationsschule sich im Admiralitatsgebäude
befinden. Auch gehören die zu Cholmogorii an der Dwina
und am weißen Meer erbauten Kriegsschiffe zur Ostseeflotte,
Pep tiefe und ganz sichere Hafen der Flotte auf dem schwar-
zen Meere ist Sebastopol; die Admiralität und die Haupt-
magazine sind zu Nikolajew. Zur Herrschaft übers kaspische
Mper reichen rpenige Fregatten und kleine-schiffe hin, und
zuweilen erbaut man auch zu Ochotsk einzelne Kriegsfall-'-'
z?uge. Die Flotte ist in Z Eskadern, getheilt: die tvoiße,
blaue und rothe .Flagge. Jede Eskadre wird von einem
Admiral commandirt,- fffiter hezn 2 Viceadmirale und Z Con-
treadmirale stehen. Am,,Znnern -smd Schiffsgverfte zu Kasan
Gr das kaspische, u.nh zu Woronesch für das asowsche und
schwarze Meer. -Die Schimbedürststffe. hat Rußland fast
alle selbst. Es gibt Seehospitäler und Marinesrziehungs-
hä" fit.
- Die enr 0 pä i sch c n G 0 u v c r n e in e n t s sind:
O Moskau' oder Moskwa,.474- 2- M. 1,1-^5,972 E.,
lftit 15 Kreisen; wo die alte und erste Hst. des'reichs Mos kütt
an der Moskwa und Regttna, 55° 45^ 45" B. 55"- -12' 45" L.4
enthielt, vor 1312. 4 Hauprthcile: i) den Kreml, Mit dem kaift
Mestdenzschlosse, Kathcdralkircbe, wo die Kaiser gesalbt und gekrönt
werden, Kirche des Erzengels Michael, kaiserl. Marstall rc. 2)
Kira iaorod mit der großen Kirche, die aus 20 besondern K>r-
chen bestand, dem kais. Münzhaus, der Utt>verfitatsdruckel'ei-,"den
grossen Kaufgewölben, Magazinen und Buden re.; 5) Be l 0 i g 0 r 0 d
mit den llniverfitätsgebauden, Rit-terakadeniie und Gymnasium;
4) Semla notg oröd, und außerdem M Sloboden oder Vor-
städte, 9158 H. in 64 Haupt- und 52, Rrbenstraßen, 252,809 E.
Aber nach Der unglöcklichen Schlacht bei Mcffäisk gerieth die Stadt
am '14. Sept. 18*2 an 500 Stellen in -Brand und erst am 20.
hörte die Fcmrsbrunst auf Auch der Kreml ward am 2z. Oet.
von den Franzosen bei ihrem Abzug gesprengt. Seitdem wird die
Stadt nach einem neuen, verschönerten Plan wieder aufgebaut,
Auch hat der Kaiser zur Wiederherstellung der Schulen, Kirchen
und geistlichen Einrichtungen 5; Mill. Rubel bestimmt, und jum
ewigen Andenken des gränzenlosen Eifers, der-Treue und Liebe für
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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Extrahierte Personennamen: Michael Kira
Extrahierte Ortsnamen: Kronstadt St.-Petersburg Dwina Sebastopol Nikolajew Kasan Moskau Moskwa Moskwa Kathcdralkircbe
Autor: Kosche, Christian Traugott, Hammerdörfer, Karl
Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Schweden^ 147
für Schweden von sehr ger ingem Nutzen, da beson«
derö die russischen Truppen hierdurch in den Stand
gesetzk worden waren, ihm viele Besitzungen zu
entreißen, die der schwedische General Schlippach
undcronhjort vergeblich wider die vereinigte russische
Macht vertheidiget hatte.
Diese Nachricht befestigte um so mehr dm
Entschluß des Königes, auch den Zar abzusetzen,
der sich damals auf der Nordseite von Polen befand
und für Augusten wieder eine Parthey zusammen zu
bringen suchte. Das, was besonders die Siege des
Königes von Schweden am meisten erhob, war, daß
feine Armee selten der Anzahl seiner Feinde gleich
war, und um desto auffallender war es auch hier
wieder für den russischen Zar,daß seine auf 100,000
Mann starke Armee nichts auörichten, und nicht
einmal verhindern konnte, feinen ungestümen Feind
nur noch gegen 90 Meilen von der Hauptstadt Mon-
kau entfernt zu sehen»
Muth und Entschlossenheit hatten bisher alle
seine Unternehmungen glücklich geendiget, aber einer
feiner Entschlüsse setzte zwar das ganze Heer in Er-,
staunen, endigte sich aber zu seinem Verderben,
Nachdem die schwedische Armee alle Lebensmittel
anfgezehrt hatte, und aufden General Löwenhauptwar-
tete, dernüt l zooomannund einem großen Vorakh
von Lebensmitteln aufdem Wege zu ihr war, wartete je-
doch Karl trotz dem dringenden Zureden seinergenerale
diese Unterstützung nichtab, sondern verführt durch die
Versprechungen eines Aufrührers, der sich mir einem
Haufen Kasaken zu ihm gesellen wollte, * und sich
wider den Zar zu empören vorgab, verliest Karl den
Weg nach Moskau und lenkte sich südlich nach der
Ukraine, d'e Verstärkung der Kafaken,zu erwarten.
Allein der ?ar. hatte diesen Anschlag erfahren, und
K » ver-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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Extrahierte Personennamen: Muth Karl Karl Karl Karl
12
unter August kl. (der Starke, zum polnischen König ge-
wählt 1697, f 1733) der sächsische Hof Polen ansteckte.
Verschwendung, Ueppigkeit, Prachtliebe, Leibenschaftlichkeit
schamlose Bestechlichkeit richteten den Staat zu Grunde und
unter August Ili. ging alles in Erbärmlichkeit über.
Rußland erstarkte unter Peter b. Gr. und mischte sich
in die polnischen Zwiste. Leicht gelang es Catharina 1764 nach
Augusts Hi. Tode, Stanislaus Poniatowsky auf den Thron
zu bringen. Im Jahre 1772 lub sie den preußischen und
östreichischen Hof zur Theilung Polens ein, bald barauf
wiederhole sie es und endlich schritt sie zur völligen Ver-
nichtung Polens.
Als polnische Edelleute durch eine neue Verfassung am
3. Mai 1791 das Vaterland retten, Polen zu einem Erdreiche
und den Bürgerftanb zum Mitglied des Reichstags machen
wollten, da mochte es die russische Kaiserin nicht dulden,
sie wollte das geschwächte Polen sich nicht innerlich erstarken
lassen. Solche unerhörte Gewaltthat und solches schwere
Schicksal entstammte dre Gemüther der Polen. Im Frühling
1794 fanden sich ausgewanderte Brüder, vor allen Koseiusko
und Madalinsky in Ärakau ein. Am 4. April wurde den
Russen bei Raelawice ein siegreiches Treffen geliefert. Doch
das Volk hatte keine Zeit zur Rüstung gehabt, von allen
Seiten erschienen feindliche Truppen. Im unglücklichen Ge-
fechte bei Maeziejowiee sank Koseiusko mit den Worten vom
Pferde ,,nun ist es mit Polen aus", und wurde gefangen.
Am 4. Rov. wurde Praga erstürmt, wo das Kriegsvolk des
rohen Suwarow, wie einst Tilly's Schaaren in Magdeburg,
ein fürchterliches Blutbad von 20,060 Schlachtopfern anrich-
teten und die geplünderte Stadt in Asche legten. Polen
hörte 1795 auf ein eigener Staat zu sein. Eilf Jahre spä-
ter bildete zwar Napoleon das Großherzogthum Warschau,
doch seine Flucht 1812 schon zertrümmerte es. Denn der
Wiener Congreß gab das Herzogthum Warschau unter dem
Titel Königreich Polen dem Kaiser Alexander von Rußland.
Dieser suchte Polen mit seinem Mißgeschicke auszusöhnen,
aber die Rauhheit des russischen Statthalters, des Großfür-
sten Constantin, verdarb Alles und erweckte Unzufriedenheit
mit der Fremdherrschaft. Die Polen wagten daher, durch
die Juliereigniffe in Paris angeregt, im Rov. 1830 gegen
den Kaiser Nicolaus einen plötzlichen Aufstand. Ein mörde-
rischer Kampf war die Folge. Trotz der heldenmütlstgen
Tapferkeit der Polen schloß er mit völliger Niederlage.
Denn Warschau fiel am 8. Sept. 1831 und Polen wurde
dem russischen Reiche einverleibt. Ein polnisches Reich gibt
es nicht mehr; was man so nennt, ist nur eine russische
Provinz. —
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: August August Peter_b Catharina Augusts Stanislaus_Poniatowsky Napoleon Alexander_von_Rußland Alexander Constantin Nicolaus
10
drigkeit, es gibt daher auch nichts Elenderes als ein polnische-
Dorf und eine Reise durch Polen ist wie durch eine Wüste.
Denn Meilen weit in manchen Gegenden findet man nur
Wald, kein Dorf, kein Haus. Erreicht man endlich ein Dorf,
so ist das Wirthshaus voll Lrunkner Bauern, voll Schmutz und
Ungeziefer, so daß man vorzieht im Wagen zu bleiben.
Schmutzige Juden sind meistens die Wirthe. Lebensmittel
und Bequemlichkeiten findet man bei diesen nicht, sie verab-
reichen nur grobes Brod und Branntwein. Etwas bester
befindet man sich auf den Hauptstraßen.
Rechts von der Weichsel liegen Zamosk, eine Festung
an der polnischen Grenze, und Lublin mit 15,000 Einw.
Letzteres hat jährlich drei große Messen. An der Weichsel selbst
liegt Palawy, mit dem prächtigen Schlosse und Parke des
Fürsten Czartoryski.
Warschau, am linken Ufer"der Weichsel, ist die Haupt-
stadt im russischen Polen und Residenz des kaiserlichen Statt-
halters. Ihr gegenüber liegt die stark befestigte Vorstadt
Praga, welche mit ihr durch eine Schiffbrücke verbunden ist.
Wer kennt nicht ihre fürchterliche Erstürmung durch Suwarow
am 4. Rov. 1794? Wer denkt nicht an die beiden Schlachten
in ihrer Nähe, bei Dembe Wielkr und Grochow im Februar
1831 ? Im Westen Warschau's, dicht an der Stadt ist jetzt
eine starke Citadelle, welche die Stadt beherrscht. In ihr
findet sich die Statue Joseph Poniatowski's von Thorwaldscn.
Sie zählt 170,000 Einw.; ihre Universität ist seit 1832 auf-
gehoben. Das Königreich wurde 1814 gebildet, hatte eigene
Verfassung, den russischen Kaiser (Czar) aber stets als König.
Nach dem Aufstande von 1830 hat es zwar noch seine eigene
Verwaltung, aber es hat viele Vorrechte verloren. An der
Spitze steht ein Statthalter. Es umfaßt 23oo Q Meilen, fast
fünf Millionen Einwohner, worunter Mill. Katholiken,
240,000 griechische, 215,000 protestantische Christen und fast
eine halbe Million Juden sich finden. Die Bauart ist auf-
fallend gemischt. Neben elenden, mit Schindeln gedeckten Hüt-
ten findet man Häuser von Stein und Palläfte von Marmor.
Der reiche Adel, welcher im Winter sich hier aufzuhalten
pflegt, hat zahlreiche und prachtvolle Wohnungen. Unter
den Pallästen sind besonders zu merken, das königliche
Schloß, der sächsische Pallast, das Schloß Lagienki und das
Belvedere. Auch die Kirchen Warschau's sind groß und glän-
zend. Aehnliches findet sich im ganzen Polenlande, Pracht
und Elend lagern sich neben einander. Erbärmliche Dörfer
begegnen den'blicken des Wanderers, hin und wieder aber
auch stattliche Landgüter. Das polnische Volk bat durch
seine Vaterlandsliebe sich ausgezeichnet, stets aber durch Par-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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147
Das europäische Rußland.
gnügungssüchtig, ein Freund von Aufwand und Glanz; gastfrei,
herzlich und seinen Freunden sehr ergeben. Französische Erziehung.
Liebe zum Trünke ist sehr häufig. Besonders geistreich und liebens-
würdig die polnischen Damen. Auf den Schlössern der Reichen ist
Pracht bei Schmuz, Unordnung und Armseligkeit. An Fabriken ist
noch Mangel. An Volksschulen fehlt es fast ganz. Czar von Polen
ist der russische Kaiser seit 1815. Seit dem von den Polen 1830
sehr unklug unternommenen Aufstand ist Polen ganz mit Rußland
vereinigt worden, doch mit besonderer Verwaltung.
Das Reisen wird durch die Schlechtigkeit der Wege und der
Wirthshäuser sehr erschwert.
Kali sch, nahe an der schlesischen Grenze.
Czenstoch au, kleine, elende Stadt. Nahe dabei auf einem Berge
ein Kloster, ein berühmter Wallfahrtsort.
Warschau, große und schöne Hauptstadt, au.'dem linken Ufer der
Weichsel. Residenz des Stadthalters, mit weitl iufigen Vorstädten,
168,000 Einw. Die Straßen breit, aber meist schlecht gepflastert.
Prachtvolle und zahlreiche Paläste. Große und glänzende Kirchen; aber
auch viele elende Hütten. Das königliche Schloß. Der sächsische Pallast.
Das Belvedere. Schloß Lazicnki. Die Citadelle, jenseit der Weichsel:
Prag«. Erstürmung durch Sllwarow 1794; Schlachten 1831 bei
Dembe Wielki und Grochow.
Modlin oder Neu-Georgiewsk, starke Festung beim Einfluß
des Bugs in die Weichsel.
Plock, an der Weichsel, Sitz eines Bischofs.
. Lublin, schlecht gebaute Mittelstadt.
Z am ose, starke Festung, unweit der gallizischen Grenze.
-—Hirt Jä —
10*
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80
Europa.
seinem Herrn, dem Kaiser unzufrieden, sich gegen denselben empören
und Karl Xii. mit 20,000 Kosaken beistehen wollte. Doch fand
sich Karl in seinen Hoffnungen getauscht, als er in die Ukraine gelangte;
denn er fand nicht die versprochenen reichen Hülfsmittel und Hülfs-
truppen, sondern Mazeppas Ausstand war mißlungen und dieser konnte
nur statt 20,000 Mann, 7000 zu Karl stoßen lassen. Demunge-
achtet und trotz mehrerer Unfälle die das Schwedische Heer trafen,
verließ Karl die Ukraine nicht, sondern bezog seine Winterquartiere
daselbst, und setzte sobald der strenge Winter etwas nachließ, im fol-
genden Jahre '1709 den Krieg fort. Indem er nun die Belagerung
von Poltawa unternahm; nach dessen Eroberung er nach Moskau vor-
dringen wollte, erschien der Kaiser mit seinem 70,000 Mann starken
Heere, um Poltawa zu entsetzen. Karl, wiewohl bei einem frühern
Gefecht am Fuße verwundet und daher genöthigt, sich auf einer Bahre
tragen zu lassen, stellte sich mit 30,000 Schweden und Kosaken den
Russen entgegen. In der hierauf erfolgten Schlacht siegten die Rus-
sen nach zwei Stunden heftigen Kampfes und die Schweden, die
alles Geschütz und Gepäck, die Fahnen und Kriegskasse und 10,000
Mann an Todten und Verwundeten und 600 an Gefangenen verlo-
ren hatten, flohen in wilder Unordnung. Karl selbst, dessen Trag-
bahre von Russischen Kugeln zerschmettert worden war, ließ sich auf
ein Pferd heben und leitete Anfangs den Rückzug des übrig gebliebe-
nen Theiles seines Heeres, floh aber dann, den Bitten seiner Gene-
rale nachgebend und das Heer verlassend, und den Dnjepr auf einem
schlechten Fahrzeuge übersetzend, mit Mazeppa und wenigen Truppen
auf das Türkische Gebiet, wo er 4 Jahre in dem Dorfe Warnitza
unweit Bender blieb. Der Rest des Schwedischen Heeres, ohnge-
fähr 14,000 Mann stark, aller Munition und Lebensmittel beraubt,
ergab sich in den ersten Tagen nach der Schlacht, an die Russen zu
Kriegsgefangenen.
Borissow ist eine kleine Kreisstadt im Gouvernement Minsk,
an der Beresina gelegen und merkwürdig in der Kriegsgeschichte der
neuern Zeit, indem in der Nahe dieser Stadt, ’ einige Stunden ober-
halb derselben, das von Moskau sich zurückziehende Französische Heer
unter ^Napoleon am 27. und 28. November 1812 über die Beresina
einen Übergang aus 2 zu diesem Behuf geschlagenen Brücken, wovon
die eine für das Fuhrwerk und die Reiterei, die andere für die Fuß-
gänger bestimmt war, bewerkstelligte. Dieser Übergang dauerte 2
Tage und übertraf an Furchtbarkeit alles, was die neuere Kriegsge-
schichte barbietet. Gleich zu Anfang drängten sich die von den Rus-
sen auf dem linken Ufer des Flusses verfolgten und auf dem jenseitigen
von dem Russischen Korps unter Tschitschogoff bedrohten Truppen mit
Unordnung hinüber, und diese wuchs, je langer der Übergang dau-
erte, denn mit jeder Minute wurde für die Nachfolgenden die Zeit
kostbarer und nahn» die Gefahr zu; und so drängten sich, keine Rang-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Xii Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Mazeppa Borissow
Russisches Reich.
81
ordnung, keine Disciplin mehr anerkennend, alle auf dem Rückzüge
Begriffene, in grausenvoller Unordnung über die schwachen und schma-
len Brücken. Artillerie, Bagage, Reiterei, Infanterie, Alles wollte zu-
erst hinüber; der Stärkere schlug den Schwachem nieder, jeder sah in
dem Andern den Feind seines Lebens; viele wurden von den Brücken
in die Fluchen des Stromes gedrängt, die sie verschlangen; noch meh-
rere wurden von den Wagen und Kanonen gerädert, die über sie hin-
fuhren. Wer es versuchte durch den Strom zu schwimmen, ertrank,
indem er durch die Eisschollen gehemmt wurde; wer über die dünne
Eisdecke zu gehen wagte, versank nicht minder. Von den Brücken
selbst stürzten Pferd und Wagen ins Wasser. Überall Geschrei nach
Hülfe und nirgends Rettung, weil jeder nur mit sich selbst beschäftigt
war. Die Nacht steigerte noch die Verwirrung. Am 28. November
Morgens langte die Arrieregarde bei den Brücken an und begann ihren
Übergang, wahrend die Russische Artillerie die verwirrten Massen be-
schoß. Keine Kugel fehlte, jede raffte ganze Reihen der Unglücklichen
weg. Endlich brach auch die letzte Brücke, und die ganze Masse, die
noch auf dem linken Ufer war, gewiß gegen 15,000 Mann, war ge-
fangen, 10,000 aber todt oder verwundet. Unzählige Wagen mit Ge-
päck und der Moskauer Beute beladen sielen, so wie eine Menge Ka-
nonen, den Russen in die Hände. Und so gehört der Übergang über
die Beresina zu einer der größten Niederlagen, welche das Französische
Heer erlitten hat. Jedoch mußten sich die Franzosen und Napoleon
noch glücklich schätzen, mit diesem großen Verluste entkommen zu seyn,
indem es höchst wahrscheinlich ist, daß wenn die Russischen Generale
sich nicht hätten durch einen Scheinübergang, 2 M. von dem wahren
Übergangspunkte täuschen und im entscheidenden Augenblicke ablocken
lassen, und überhaupt ihre Besetzung der Beresina nicht so fehlerhaft
gewesen wäre, Napoleon sammt seinen Marschallen, Generalen und
seinem ganzen Heere gefangen und somit schon damals der Krieg be-
endigt gewesen seyn würde.
Das Königreich Polen.
Polen, ein Theil des ehemaligen Sarmatien, scheint seinen jetzi-
gen Namen in dem 7. Jahrhunderte erhalten zu haben von dem
Worte Pole, was in der Polnischen Sprache Ebene, Feld bedeutet.
Die Sarmaten, wahrscheinlich ein Slavischer Stamm, werden für die
Stammväter der Polen gehalten. Alles, was von einem Lech I.,
als dem Anfänger des Polnischen Volks und Reichs, der um das I.
550 nach Christi Geburt der erste Fürst der Polen gewesen seyn und
von dem der frühere Name der Polen Lechen herrühren soll, erzählt
wird, ist bloße Sage. Erst im 9. und 10. Jahrhunderte wird die
Geschichte dieser Gegenden etwas lichter. Nämlich der Polnische Volks-
stamm, im Gefühl der Nothwendigkeit, gegen seine Nachbarn seine ver-
Cannabich's Hülfsbuch. Ii. Band. 6
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T57: [Orden Polen Preußen Land Hochmeister Ritter Marienburg Stadt deutsch Jahr]]
64
Europa.
nachdem der letzte König Stanislaus Augustus Iv. Poniatowski förm-
lich seinem Throne entsagt hatte. Ihm ward ein Jahrgehalt von
200,000 Dukaten ausgesetzt, den er bis zu seinem 1798 erfolgten
Tode bezog.
Nachdem nun Polen gänzlich vertheilt worden war, verlor Preu-
ßen zuerst wieder einen Theil seiner Polnischen Erwerbungen, als Folge
des Tilsiter Friedens 1807. Mit Ausnahme eines kleinen Stücks,
das an Rußland siel, machte Napoleon aus den abgetretenen Polni-
schen Landern das neue Herzogthum Warschau, das den König von
Sachsen zum Regenten erhielt, und durch den Wiener Frieden 1809
sehr vergrößert wurde, indem Österreich einen beträchtlichen Theil seiner
Polnischen Lander an das Herzogthum Warschau abtreten mußte. In
Folge des Pariser Friedens 1814 und des Wiener Kongresses 1815
erhielten sowohl Österreich als Preußen einen Theil ihrer Abtretungen
wieder zurück, von dem übrigen größern Theile des Herzogthums War-
schau ward der kleine Freistaat Krakau und das jetzige Königreich Polen,
errichtet und letzteres dem Kaiser von Rußland überlassen, der dasselbe
als König von Polen durch einen Statthalter regieren ließ; und in
dieser Verbindung mit Rußland hat Polen viel gewonnen in Hinsicht
der Landeskultur, der Industrie, des Handels, Unterrichts rc. Allein
die Julirevolution 1830 zu Paris fand auch Nachklang in Polen.
Am 29. November desselben Jahres brach zu Warschau ein offenbarer
Aufstand aus, der sich schnell und weit verbreitete, so daß die Russischen
Truppen nicht allein Warschau, sondern auch das ganze Land raumen
mußten. Nun wurde ein Reichstag berufen, der Thron für erledigt
und Polen für einen unabhängigen Staat erklärt, und mit den äußer-
sten Anstrengungen eine Kriegsmacht zum Kampfe gegen ^Rußland ge-
bildet. Allein so tapfer auch die Polnischen Truppen sich schlugen,
so unterlagen sie zuletzt der Übermacht, und den Russen gelang es,
durch die im September 1831 erfolgte Eroberung Warschaus, die
ganze Polnische Revolution zu unterdrücken und Polen wieder dem
Russischen Szepter zu unterwerfen. Seitdem hat Polen eine neue, in
vielen Punkten von der frühern Verfassung abweichende Staatseinrich-
tung erhalten, ist für immer mit dem Russischen Reiche verbunden,
und bildet nun einen untrennbaren Theil dieses Reichs; doch hat es
noch eine besondere und den örtlichen Verhältnissen angepaßte Regie-
rungsform behalten.
Die Polen sind Slavischer Abstammung, wohlgebildet und in der
Regel von mittlerer Statur und von einer dauerhaften Gesundheit.
Mit Körperkraft und Schönheit verbinden sie auch treffliche moralische
Eigenschaften und sind eines hohen Grades von Bildung fähig, brav,
tapfer, edelmüthig, aufrichtig, treu, gastfrei. Sie lieben alles Edle,
Große und Erhabene, besonders ihr Vaterland und ihre Ehre über
alles. Ihre Geschichte bewahrt viele Züge hohen Heldenmuths und
der Bereitwilligkeit, aus Liebe zum Vaterlande, Gut und Leben zu opfern.
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Extrahierte Personennamen: Stanislaus_Augustus Augustus Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Europa Warschau Sachsen Warschau Krakau Polen Polen Paris Polen Warschau Warschau Polen Warschaus Polen Russischen_Szepter Polen
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Russisches Reich.
erlesensten Gemälde der vorzüglichsten Meister aller Schulen, die mit
ungeheuren Kosten zusammengebracht worden sind. Dem Schlosse
zur Seite bildet die dem Park sich zuwendende herrliche Marmorgal-
lerie ein wahres Meisterstück von Zierlichkeit und Geschmack. Auf
einem gewölbten Unterbau erhebt sich diese Saulengauerie von etwa
800 F. im Umfange und umschließt in der Mitte einen langen Saal
zum Spazierengehen bei schlechtem Wetter. Ein auf dem Unterbau
angelegter schwebender Garten schließt sich an die Gallerie und führt
unmittelbar in den Pallaft selbst. Der dabei befindliche Park bietet
eine solche Menge von Anlagen, Gebäuden und Denkmälern dar,
daß man fast bei jedem Schritte auf etwas Neues stößt. Unter
andern sieht man hier ein Chinesisches Dorf mit einer Pagode; einen
Türkischen Kiosk, ganz nach dem Modell eines der schönsten des Sul-
tans erbaut; eine prachtvolle, von himmelblauem Sibirischen Marmor
erbaute und mit hohen herrlichen Ionischen Säulen gezierte Brücke,
welche über einen 2 Seen verbindenden Kanal führt, eine Granitpy-
ramide, die als Grabdenkmal der drei Lieblings-Windhunde Katha-
rina Ii. dient; die zum Andenken des Alexis Orlow, Zerstörers der
Türkischen Flotte bei Tschesme errichtete prachtvolle marmorne über
100 F. hohe Säule, die mitten in einem See auf einem merkwür-
digen Felsenbau sich erhebt; den von Alexander 1817 seinen Waf-
fengesährden errichteten Triumphbogen von Gußeisen rc. 1822 brannte
über ein Dritttheil des Schlosses ab, allein es ward bald das Abge-
brannte wieder hergestellt und auch noch jetzt wird das Ganze erhalten,
wiewohl die kaiserliche Familie, wenn sie hier für einige Zeit verweilt,
das in dem Park von Alexander erbaute niedliche Sommerpalais
bewohnt, dessen Zimmer sehr elegant und geschmackvoll, doch mehr
häuslich und freundlich als prachtvoll eingerichtet sind.
Die von etwa 4000 Menschen bewohnte Stadt und Festung
Narwa, welche am linken Ufer der aus dem Peipussee kommenden
und hier an ihrer Mündung in den Finischen Meerbusen einen Hafen
bildenden Narowa liegt, hat eine historische Merkwürdigkeit durch die
große Niederlage, welche am 30. November 1700 die Russen hier
durch die Schweden erlitten, wiewohl das Heer der erstern 80,000
Mann und das der Schweden unter Carl Xii. nur 8200 Mann
stark war. Die Russen hatten schon 3 Monate lang Narwa bela-
gert, und zogen sich bei Annäherung der Schweden in ihr mit einem
Wall und doppelten Graben befestigtes und von 130 Kanonen
vertheidigtes Lager. Doch war der geringste Theil von ihnen mit
Schießgewehr, der größte Theil bloß mit Piken, Keulen und Bogen
bewaffnet. Die Schweden erstürmen das Lager von allen Seiten und
ihr linker Flügel verfolgt den Russischen rechten bis an die Narowa,
wo derselbe sich ergiebt und die Waffen streckt. Der linke Russische
Flügel ergiebt sich am folgenden Morgen. Karl Xii. behält nur die
Russischen Generale als Gefangene, alle übrigen Russen entläßt er
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Extrahierte Personennamen: Alexis_Orlow Alexander Alexander Alexander Alexander Carl_Xii Karl_Xii Karl