Rheinbund. Napoleon in Berlin- 171
Klvpstock auf die rechte Bahn geführt, erreicht durch Göthe undn.c.g.
Schiller ihre höchste Blüthe; an diese reihen sich Wieland, Herder
und Voß rc. Iu der Pädagogik bricht Pestalozzi eine neue,
naturgemäße Bahn. In der Philosophie machen Kant, Fichte
und Schekling Epoche. Äie Philologie suchen Gesner, Ernesti,
Reiske, Heyne, Wolff, Schütz, Voß rc. tiefer zu begründen; und die
Geschichte macht Riesenfortschritte durch Schröckh, Gatterer, I.
Schmidt, Schlözer, Meusel, Joh. v. Müller, Spittler) Eichhorn rc. rc.
V. Dom r he i n i sch en Bunde bis zum deutschen B u n d e,
von 1806—1816.
Deutschland, zum großen Theile an das gebieterische
Interesse Frankreichs gefesselt, und durch Napoleon's
Eroberungssucht zum blutigen Kampfe gegen die ihm ver»
wandten Fürstenhäuser hingerissen, richtet sich endlich auf
aus der schmachvollen Unterdrückung, und erkämpft sich,
dem er mut hi gen den Beispiele Preussens und Oesterreichs
sich anschließend, im Sturze Napoleon's, Befreiung von
der Gewaltherrschaft, und Selbstständigkeit eines neuen
deutschen Reichsverbandes.
1) Preussisch-russischer Krieg gegen Napoleon,
von 1806—1807, Frieden zu Tilsit.
Preussen sieht sich in seinem zu Wien abgeschlossenen 1806.
Vertrage wegen Hannover von Napoleon getäuscht, verbindet
sich mit Rußland und Sachsen (Hessen neutral), vergleicht
sich mit England und Schweden, und nachdem Napoleon
seine Forderungen nicht gewahrt, rüstet es sich zum Kriege.
Aber Mangel an Uebereinstimmung unter den Feldherrn führt
das unglückliche Treffen bei Saalfeld herbei, wo Prinz
Ludwig Ferdinand fallt, und worauf die getrennten Heere,
das eine unter dem Herzog von Braunschweig von Davpust
bei Auerstädt, das andere unter Hohenlohe von Napoleon
bei Vierzehnheiligen und Jena, und das dritte unter
dem Prinzen von Würtemberg bei Halle aufgerieben wird.
Napoleon zieht in Berlin ein. Die einzelnen Festungen und
noch übrigen Truppen ergeben sich nach und nach (Kolberg in
Pommern unter Gneiscnau, Graudenz und Pillau halten
sich). Der Ehurfürst von Hessen, der Herzog von Braun-
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Schiller Wieland Pestalozzi Ernesti Wolff Gatterer Schmidt Meusel Spittler Napoleon Napoleon Napoleon Ludwig_Ferdinand Ludwig Ferdinand Braunschweig_von_Davpust Napoleon Würtemberg Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Rheinbund Berlin- Heyne Deutschland Frankreichs Oesterreichs Tilsit Wien Sachsen Hessen England Schweden Saalfeld Jena Berlin Kolberg Pommern Pillau Hessen
c-
177
das Klaggeschrei der verwundeten, von den Dächern herabgeftürzten,
halb verbrannten und zerquetschten Greise, Kinder und Frauen, welche
sich in den Häusern verborgen hatten. Noch schrecklicher war das
Schicksal der Unglücklichen, welche von den Arbeitern, die den Schutt
wegräumten, um einen Weg für die heranrückenden Truppen zu bahnen,
mit eisernen Hacken hin und her gezogen und lebendig begraben wurden,
so daß noch die Beine oder der Kopf aus dem Schutt hervorragten,
worüber dann die Reiterei schonungslos hinwegsprengte und Alles zer-
trat. Die Hitze des Kampfes, die Aussicht auf den nahen Sieg, der
Eifer des ganzen Heeres, das Geschrei der Herolde, das Schmettern
der Trompeten, das Rufen der hin- und herrennenden Obersten und
Hauptleute mit der ablösenden Mannschaft, hatte in dieser Blutarbeit
alles menschliche Gefühl erstickt; nicht Schonung, sondern Vertilgung
war die allgemeine Losung. So dauerte der schreckliche Kampf sechs
Tage und sechs Nächte, in welchen Scipio ohne Rast und Schlaf
auf dem Platze blieb, bis er abgemattet niedersank und von der Höhe
herab den Schauplatz der gräßlichsten Zerstörung überblickte.
Endlich erschienen am siebenten Tage Abgeordnete aus der Byrsa
und baten um freien Abzug für die, welche dieselbe verlassen wollten.
Scipio gewährte ihnen diese Bitte, nur nahm er die Ueberläufer von
dieser Begünstigung aus. So zogen an 60,000 Männer und Frauen
durch eine Mauerlücke, die man ihnen öffnete, heraus und erhielten
eine Wache. Hasdrubal, der jede Aufforderung zur Uebergabe abwies,
rettete sich und seine Familie mit etwa neunhundert Ucberläufern in den
festen Tempel des Aesculapius, der auf dem höchsten Felsengipfel lag,
wohin man auf sechzig Stufen hinaufstieg. Noch vertheidigte sich
diese kleine Schaar aus Verzweiflung eine Zeit lang. Als aber Hunger
und Schlaflosigkeit ihre Kräfte verzehrt hatte, rannten sie in den Tempel
und auf dessen Dach, während Hasdrubal als Schutzflehender, mit
Oetzweigen in der Hand, heimlich zum Scipio floh. Dieser zeigte den
treulosen Ueberläufer der verlassenen Schaar, welche nun unter schreck-
lichen Verwünschungen den Tempel in Flammen steckte und sich mit
demselben verbrannte. Hasdrubals edle Gattin aber trat mst ihren
beiden Knaben auf die Zinne des brennenden Tempels und schrie zum
Scipio hinüber: »Ueber dich, o Römer, keine Rache der Götter, du
stehst ja in Feindesland im Felde. Aber diesen Hasdrubal, der zum Ver-
räther geworden ist am Vaterlande, an dessen Heiligthümern, an mir
und seinen Kindern, mögen die Rachegötter Karthago's heimsuchen
und du, zunächst den Rachegöttern!" Hierauf rief sie zum Hasdrubal:
»»O du frevelhafter, treuloser, feigster unter den Männern! für mich
12
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208
Tätigkeit gewöhnte und zu dem bevorstehenden Kampfe vorberckteke,
während die cimbrischen Schaaren nach den Pyrenäen zogen und ohne
Erfolg gegen celtiberische Stämme kämpften. Nach ihrer Rückkehr
theilten sich die Deutschen: die Teutonen und Ambronen wählten den
Weg durch das südliche Gallien nach Italien, die Cimbrer zogen durch
Tyrol und wollten mit den Tigurinern vereinigt über die Alpen Vor-
dringen.
Marius stand in einem verschanzten Lager, als die Cimbrer ihn
zu einer Schlacht reizten, der er vorsichtig auswich, um in den Sol-
daten die Furcht vor den nordischen Barbaren zu schwächen und ihren
Muth zu.stärken, als sie einen Angriff der Feinde auf das Lager ab-
schlugen. Als nun sein Heer zu einer Hauptschlacht gegen die vor-
überziehenden Germanen geführt zu werden verlangte, gebot ejt zu
warten, bis seine Orakel es bestimmen würden. Er führte nämlich
eine syrische Seherin, Namens Martha, bei sich, nach deren Gebot
er opferte. Gewöhnlich erschien sie dabei in purpurnem Gewände, eine
mit Bändern und Kränzen geschmückte Lanze haltend, und erregte durch
das Ungewöhnliche ihres Aufzugs auch bei den Soldaten Bewunderung.
Diese wurde noch vermehrt durch zwei Geier, welche gewöhulich vor
glücklichen Unternehmungen sich dem Heere des Marius zeigten und
an den ehernen Halsbändern kenntlich waren, welche die Soldaten
ihnen angelegt hatten. Daher war ihre Erscheinung auch jetzt eine
glückliche Vorbedeutung.
(Siehe die Abbildung N= 51.)
Sechs Tage dauerte der Vorbeimarsch der Cimbrer, welche höhnisch
den Römern, die vom Lagerwalle zusahen, zuriefen, ob sie etwas an
ihre Frauen zu bestellen hätten, denn sie, die Cimbrer, würden bald
bei ibnen seyn. Jetzt erst zog Marius, zum vierten Male Consul im
I. 102, ihnen nach und erreichte sie bei Aqnä Sertiä. Da sein
Lagerplatz ohne Wasser war und die Soldaten über Durst klagten,
zeigte er ihnen einen Fluß, der in der Nähe des feindlichen Lagers
strömte, mit den Worten: »Dort kauft man für Blnt einen Trunk.»
Während aber die Soldaten das Lager befestigten, eilten einige Troß-
knechte bewaffnet zum Wasserholen dahin. So entspann sich anfangs
ein Gefecht, das bald in einen allgemeinen mörderischen Kampf über-
ging, der erst am zweiten Tage mit der gänzlichen Vernichtung der
Teutonen endigte. Weder ihr furchtbarer Schlachtruf, noch die Ver-
bindung ihrer Schlachtreihen durch Ketten, noch der Verzweiflungs-
kampf der teutonischen Frauen an der Wagenburg vermochte etwas
gegen das mit Begeisterung geführte Schwert der Römer und ihre
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Marius Marius Namens_Martha Marius Marius Marius Marius
28
sammelte Romulus auf dem palatinischen Hügel seine Genossen zu einer
Opferfeier, wo ihm bei der Vogelschau Adler zu Gesicht kamen; dann
zog er, wie es der heilige Gebrauch der Etrusker verlangte, mit einem
Pfluge, den ein Stier und eine Kuh von weißer Farbe zogen, eine
Furche um den Hügel in einem Viereck, um so den Umkreis der
Mauer oder das Pomörium zu bestimmen. Wo ein Thor stehen sollte,
wurde der Pstug über das Land getragen (a portando aratro porta).
(Siehe die Abbildung ix- ).)
Hierauf opferte Romulus beide Rinder und andere Opferthiere den
Göttern. Dieser Tag der Gründung Roms soll der 21. April gewesen
seyn, an welchem die Landleute das Fest der Hirtengöttin Pales
feierten und über angezündete Strohhanfen springend sich reinigten.
Daß aber dieser Tag als der Geburtstag des ewigen Roms nur an-
genommen worden ist, laßt sich bei dieser durch Dichtung und Sage
ausgebildeten Geschichte nicht bezweifeln. Auch die zwölf Geier sind
nur eine bildliche Bezeichnung, entstanden aus einer etruskischen Weis-
sagung, daß Rom überhaupt zwölf Sacula bestehen, sechs davon aber
blühen werde, wie es auch wirklich eingetroffen ist, denn das weströ-
mische Reich hat nicht viel langer als zwölf Jahrhunderte gedauert.
Auch war der Ort, wo das alte Rom (Roma quadraia) im
Viereck nach der Form der römischen Feldlager sich erhob, schon lange
vor Romulus angebaut und bewohnt. Denn hier hatten die S ikuler
und Pelasger eine Ansiedelung, Palantium genannt; in der
Nahe lagen Remuria, Vati ca und einige andere Flecken, deren
Namen zweifelhaft sind, vielleicht Ouirium, woher der Name Qui-
rites, Quirinales und Quirinus entstanden ist, von Sabinern bewohnt,
und ein von Etruskern bewohnter Ort, dessen Einwohner Luceres
hießen. Dazu kamen noch die von Romulus geführten Ansiedler. Die
Bevölkerung der neuen Stadt vermehrte sich bald durch eine Freistätte,
Asylum. Da aber die Nachbarn mit diesen zusammengelaufenen Leu-
ten keine Eheverbindungen eingehen wollten, so beschlossen die jungen
Römer Gewalt zu gebrauchen. Romulus lud einst die benachbarten
Latiner und Sabiner zu einem Ritterspiele ein, das er unter dem Na-
men Consuallen dem ritterlichen oder berathenden Neptun (equestris,
Consus) anstellte, denn der Gott des Meeres war zugleich Schöpfer
des Pferdes, weil aus Libyen, der heutigen Barbarei, wo Poseidon
vorzüglich verehrt wurde, über das Meer die ersten Pferde nach den
Küstenländern des mittelländischen Meeres durch die Phonicier gebracht
wurden. Als nun dem Kampfspicle, wozu sich viele Nachbarn mit
ihren Frauen und Töchtern eingefunden hatten, die Versammlung ohne
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
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Extrahierte Personennamen: Cornelius Brbuodcowöifl
Bohulbuebbibliotheli
182
wölbes auf seine Schultern nehmen, sie läßt ihn sich an Götter wa-
gen und im Uebermuthe und Vertrauen auf seine Kraft selbst die
Unsterblichen nicht schonen. Trotz seiner Heldenkraft war aber He-
rakles als Mensch nicht frei von menschlichen Schwachen und Fehl-
tritten, die er abbüßen mußte. Da er den Jphitus, den Sohn des
Königs Eurytus von Oechalia, im Zorne gelodet hatte, verfiel er
in eine schwere Krankheit, deren Heilung das delphische Orakel ihm
nur dann verhieß, wenn er drei Jahre als Sklave um Lohn diene.
Daher ließ er sich an die Königin Omphale von Lydien verkaufen,
bei der er Wolle spann, in ein Weibergewand sich hüllte und in
Weichlichkeit und Wollust versank. Als Folge eines späteren Ver-
gehens fand er zuletzt einen qualvollen Tod, aber auch den Ucber-
gang zur Unsterblichkeit. Es war seine eigene Gemahlin Deianira,
die, ohne zu wissen was sie that, ihm diesen Tod bereitete. Ihr
hatte einst der Centaur Nessus, als er von Herakles mit einem in
die giftige Galle der lernäischen Hydra getauchten Pfeile getödet
wurde, sterbend von seinem dadurch vergifteten Blute gegeben, als
ein angebliches Mittel, jede fremde Liebe aus des Helden Brust zu
verscheuchen. Als später Herakles Neigung zu der schönen Jvle
faßte, machte Deianira von dem empfangenen Zaubermittel Gebrauch.
Sie schickte dem Herakles ein in das Blut des Nessus getauchtes
Gewand. Kaum hatte der Held sich damit bekleidet, so drang das
in demselben enthaltene Gift in alle Theile des Körpers, und fol-
ternde Schmerzen durchzuckten alle seine Glieder. Ucberzcugt, daß
diese entsetzlichen Qualen nur mit seinem Leben enden würden, ließ
er sich auf den Berg Oeta bringen und dort auf einen Scheiterhau-
fen legen. Lange scheuten sich die Anwesenden den Wunsch des Hel-
den zu erfüllen und den Holzstoß in Brand zu stecken. Endlich that
dies ein Hirt. Alsbald fuhren auch Blitze herab, so daß alles schnell
verzehrt ward. Der Held hatte die Leiden der Menschheit ausge-
duldet, eine Wetterwolke trug ihn zum Olymp empor, wo er unter
die unsterblichen Götter aufgenommen wurde, und die versehnte
Hera ihm ihre ewig blühende Tochter Hebe vermählte.
Das Leben des Herakles ist ein schöner und uralter Mythus,
eine allegorische Darstellung der menschlichen Heldenkraft, die durch
unermüdliches Kämpfen und Ringen den Widerstand, der ihr über-
all entgegentritt, überwindet und nach Abbüßung der menschlichen
Schwächen den Göttern gleich wird. Herakles, der Sohn eines
Gottes und einer sterblichen Mutter, stellt die Menschheit dar, die
sich vermöge ihrer halbgöttlichen Abstammung durch die Mühsale des
Erdenlebens zum Olymp emporzuschwingen vermag. Schon auf Er-
den zeigt der menschliche Held seine göttliche Natur dadurch, daß er
Heil verbreitet, Schaden abwehrt und die Unterdrückten gegen ihre
Bedränger vertheidigt, daher Herakles besonders als Abwender des
Unheils verehrt wurde. Dem Herakles war das höchste Maß mensch-
licher Kraft im Wagen und Ertragen verliehen, und dabei ein so
edles Streben, als es jene Zeit kannte; jedoch war er nicht frei
von menschlichen Fehlern und Schwächen. Jeglichen Frevel büßt er
durch neues Leid, bis er verklärt zum Olymp aufsteigt. Aber nicht nur
den Mythus im Allgemeinen, sondern auch viele von den einzelnen
Thaten hat man allegorisch zu deuten versucht. Die Heraklesfabel
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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77
Tarquinius, noch immer gesonnen, seine Rückkehr zu er-
zwingen, fand Hülfe bei Porsenna, dem mächtigen Könige
(Lucumo) von Clusium in Etrurien. Dieser zog an der Spitze
eines furchtbaren Heeres gerade auf Rom los. Vor der Über-
macht des anrückenden Feindes flohen Alle in die Mauern der
Hauptstadt. Die Vorstadt Janieulus ging beim ersten Sturme
verloren,, und gewiß wären die Etrusker mit den fliehenden Rö-
mern über die Tiberbrücke in die Stadt gedrungen, hätte sic
nicht ein heldenmüthiger Mann, Horatius Cocl es, mit Gewalt
zurückgehalten. „Was wird euch das Fliehen helfen — rief er
seinen Mitbürgern zu — wenn ihr dem Feinde die Brücke las-
set, euch nachzueilen! Zerstöret doch, ich bitte euch, mit Feuer,
mit Eisen, und womit ihr immer könnet, die Brücke. Ich will
unterdeß dem Übergange wehren, so viel ein Einzelner vermag."
— Es geschah. Nur zwei blieben bei ihm; und diese drei
Menschen stemmten am Eingänge der Brücke dem Andrange ei-
nes ganzen Heeres ihre Schilde und Lanzen kühn entgegen,
während die andern mit dem Abbrechen der Brücke beschäftigt
waren. Endlich war diese dem Einstürze nahe, und die Rö-
mer riefen ihre treuen Streiter zurück. Nur die beiden an-
dern gingen; Horatius allein blieb und wehrte sich so lange, bis
er hinter sich das Gerassel der einstürzenden Brücke und das
Jubelgeschrei der jenseits stehenden Römer hörte. Da sprang
er, bewaffnet wie er war, in die Tiber und schwamm, unter
den tausend nachfliegenden Geschossen der Feinde unversehrt an
das andere Ufer, wo ihn seine Mitbürger als ihren Netter em-
pfingen. Durch solche Kühnheit war Nom wohl für den Au-
genblick gerettet, das Verderben jedoch nicht abgewendet. Denn
Porsenna ließ die Stadt auf das engste einschließen, um sie durch
Hungersnoth zur Übergabe zu zwingen. Da, als die Noth am
größten war, faßte ein Jüngling, Casus Mucius, der nachher
den Beinamen Scäv ola, d. i. Linkhand, führte, den verwegenen
Plan, durch Meuchelmord der Retter seiner Vaterstadt zu werden.
In der Frühe des Morgens schlich er, um unkenntlich zu sein,
in etruskischer Kleidung, mit einem Dolche versehen, in das
feindliche Lager. Hier mischte er sich unter die Haufen der
Soldaten und drängte sich mit voran bis zum Gezelte des Kö-
nigs, wo gerade der Sold ausgezahlt wurde. Neben dem Könige
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236
„Kann man es auch dulden, daß das Bauernvolk so schön wohnt!"
Ein anderer Landmann zu Unterwalden, Heinrich von Melch-
thal, wurde wegen eines geringen Fehlers um ein Paar schöne
Ochsen bestraft; Landenberg's Knecht, der die Ochsen vom Pfluge
spannte, sagte dabei höhnisch: „Wenn die Bauern Brod essen
wollen, so mögen sie sich selbst vor den Pflug spannen." Dar-
über gerieth Arnold, Melchthal's Sohn, in so heftigen Zorn,
daß er dem Knechte zwei Finger zerschlug. Nun floh er in's
Gebirge. Landenberg aber ließ aus Rache dem alten Vater
des Arnold beide Augen ausstechcn. Der Uebermuth der Vögte
ging am Ende so weit, daß kein Mensch in den Vierwaldstädten
seines Lebens, seiner Habe, seiner Ehre mehr sicher war. Sie
schickten wiederholt Abgeordnete an den Kaiser und baten flehent-
lich um Milderung der Noth des Landes; allein sic wurden
trostlos abgewiesen. Da blieb den hartbedrängten Leuten im Ge-
birge nichts übrig, als stilles Dulden oder muthige Sclbsthülfe.
Unterdessen war Arnold von Melchthal zu dem alten Wal-
ther Fürst zu Attinghausen in Uri, einem geachteten Land-
manne, geflohen. Von dem anderen Ufer des Dierwaldstädter-
sees kam auch Werner Siauffacher, den um sein hübsches Haus
bangte, herübergerudert. Diese drei Männer sprachen im trau-
lichen Kreise viel mit einander von der Noth des Landes und
den Gräueln der ausländischen Vögte. Sie meinten, der Tod
sei besser, als ein so schmähliches Joch. Darum beschlossen sie,
daß Jeder mit vertrauten herzhaften Männern über die Rettung
des Landes sprechen und erforschen solle, wessen Sinnes das
Volk sei. Im Herbste des Jahres 1307 kamen die drei Männer,
wie oft zuvor, in nächtlicher Stille in Rütli, einer einsamen
Bergwicse am Vicrwaldstüdter See, wieder zusammen. Dieses
Mal brachte Jeder zehn bewährte Freunde mit. Das Gefühl
der gemeinsamen Noth und die schöne hehre Nacht in einer der
wildesten und doch reizendsten Gegenden öffnete ihr Herz. Hier,
umschlossen vom ehrwürdigen Kranze hundertjähriger Buchen
und Linden, erhoben alle gerührt ihre Hand zum gestirnten Him-
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Melch- Heinrich Arnold Landenberg Arnold_von_Melchthal Werner_Siauffacher
168
Zeichnung wurde auf die Platte gebracht; die Stellen, die weiß bleiben
sollten, wurden ausgegraben; die stehengebliebenen Stellen geschwärzt
und abgedruckt. Die zweite Gattung des Bilddrucks ist der Holz-
schnitt. Die Technik ist dieselbe wie bei dem Metallschnitt; nur ist
man wohl erst später zu ihr übergegangen, weil man dem Holz nicht
hinlängliche Dauerhaftigkeit zugetraut hat. Dann aber hat die leichtere
Behandlung des Holzes den Metallschnitt bald und für immer beseitigt.
Der Metall- oder Kupferstich beruht auf der dem Metall- und Holz-
schnitt entgegengesetzten Methode, die in die Platte gemachten Einschnitte
zu schwärzen und abzudrucken. Die Erfindung des Metallschnittß scheint
nicht von einem wirklichen Künstler, sondern von einem Stempelschnei-
der ausgegangen zu sein. Die meisten Bilder dieser Art sind Zweckbilder,
bei denen es dem Verfertiger auf den Gegenstand, nicht auf künstlerische
Darstellung ankam. Dagegen beurkunden die ältesten Kupferstiche wirk-
liche Künstlerhände; der Kupferstecher copirte lange Zeit nicht fremde
Werke, sondern nur seine eigenen Zeichnungen. Die ältesten Metall-
und Holzschnitte weisen auf Deutschland als das Vaterland der Erfindung
hin, und zwar scheinen die Anfänge gleichzeitig an mehreren Orten ge-
macht worden zu sein, in Ulm, Augsburg, in dem Benedictinerkloster
Tegernsee, in Köln, im ersten Jahrzehent des fünfzehnten Jahrhunderts.
Gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts wurde der Holzschnitt
zu größerer Vollkommenheit ausgebildet, besonders durch Albrecht
Dürer und Hans Holbein.
Die Kupferstecheckunst scheint in den Niederlanden erfunden worden
zu sein. Von den Niederlanden hat sie sich auf demselben Wege wie die
iriederländische Malerei nach dem Niederrhein, von da nach Oberdeutsch-
land, nach Schwaben und dem Oberrhein, nach Franken, Baiern und
Oestreich verbreitet. Während aber die Malerei auf diesem Wege an ur-
sprünglicher Kraft und Fähigkeit verlor, hat die Kunst des Kupferstechens
mit jedem Schritte, den sie nach Süden vorwärts that, an Vollkommen-
heit gewonnen, am meisten in Colmar durch Martin Schongauer
und in Nürnberg durch Albrecht Dürer. In der zweiten Hälfte des
sechzehnten Jahrhunderts führte die Werthschätzung technischer Fertigkeit
die Kupferstecherkunst zu einer einseitigen Ausbildung; sie trennte sich
von der Malerei und bildete sich zu einer selbständigen Kunst aus. Zur
Führung des Grabstichels gehörte nun ein besonderes Talent und Studium
und dadurch wurde den Malern, die sich bisher zur Vervielfältigung ihrer
Werke auch auf das Kupferstechen gelegt hatten, der Grabstichel aus der
Hand gewunden. Dagegen bedienten sie sich der von Albrecht Dürer
erfundenen Kunst des Radirens, durch welche die mit der Nadel auf
eine mit Deckfirniß überzogene Kupferplatte eingeritzte Zeichnung mittelst
Scheidewasser eingeätzt wird, und bildeten dieselbe zu einer großen Voll-
kommenheit aus.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Albrecht
Dürer Albrecht Hans_Holbein Martin_Schongauer Albrecht_Dürer Albrecht Albrecht_Dürer Albrecht
124
lange, als könnte und dürfte er um Alles in der Welt nicht das
wichtige Geheimniß mit dem Pferde verrathen. „Nein, ich bitte
euch, — schrie er, — tödtet mich nur lieber aus der Stelle."
Um so neugieriger wurden die Trojaner. Mit Bitten ünd Ver-
sprechungen drangen sie in ihn. Endlich schien es ihm der geeig-
nete Zeitpunkt zu sein, und er fing seine lügenhafte Erzählung an.
„Hört, — sprach er, — die Griechen schissen jetzt, wie ihr wisset,
nach Hause. Für eine glückliche Heimkehr ist aus Befehl des
Priesters dieses Pferd gezimmert als Sühnungsgeschenk für die
beleidigte Schutzgöttin eurer Stadt, deren Bildniß Ulysses und
Diomödes einst frevelmüthig euch entwendet haben. Kommt das
Pferd unverletzt in eure Stadt, so wird sie nach dem Ausspruche
des Priesters unüberwindlich sein und ringsum die Völker be-
herrschen. Das eben wollten eure Feinde verhindern und baueten
es absichtlich so groß, damit es nicht durch die Thore gehe." So
und noch Mehres sprach der listige Grieche. Die Trojaner glaubten
seinen gleißenden Worten und ließen vor geschäftiger Eile ihn kaum
ausreden. Eiligst werden Räder unter dem Pferde angebracht, über-
all Stricke an demselben befestigt, und nun spannet sich Alles da-
vor. Männer, Weiber, Kinder, Alle wollen ziehen helfen. Wer
nicht so glücklich ist, die Stricke mit anzufassen, schließt sich an
die langen Reihen der Knaben und Mädchen, die schön geschmückt
zu beiden Seiten gehen und feierliche Lieder singen. Das Pferd
kann nicht durch's Thor kommen! Und augenblicklich sind Einige
bei der Hand, die dieses sammt einem Theile der Stadtmauer
niederreißen. Jubelnd und frohlockend geht nun der lange Zug
durch die Straßen nach der Burg hin. Hier, vor dem Tempel
der Göttin, wird das Wnnderthier feierlich ausgestellt, damit es
Jeder sehen und sich desselben erfreuen könne.
Fröhlich war der Tag, aber schrecklich die darauf folgende
Nacht. Während Alles im tiefen Schlafe lag, schlich Sinon zu
dem Pferde, öffnete leise die Thüre, und die geharnischten Männer
stiegen aus dem Bauche hervor. Sie gehen nach den Stadtthoren.
Die Wächter schlafen. Diese werden niedergehauen, die Thore
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