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glückliche, sondern oft mich für ganze Städte u. Landschaften, welche unter har-
tein Drucke seufzten. Sie wandten mehr als einmal durch ihre Fürbitte bei
feindliche Feldherren von ihren Städten die Verwüstungen ab, welche über
dieselben verhängt waren. Sie allein wagten es oft, die Stimme der Wahr-
heit hören zu lassen, wo alle andere aus Menschenfurcht schwiegen, u. selbst
das Gewissen der Mächtigen zu wecken, welche von dem Glanze ihrer Macht
geblendet u. von feilen Schmeichlern bethört waren. So hatte einst der Kaiser
Theodosius I. in der Stadt Thessalouich ein fürchterliches Blutbad anrichten
lassen. Als er darauf nach Mailand kam, hielt ihm der Bischof Ambrosius in
einem Briefe seine Schuld u. das Beispiel des Buße thuenden Königs David
vor. Wirklich ging der Kaiser in sich, mied 8 Monate lang die Versammlung
der Gläubigen u. that dann öffentlich vor allein Volke Kirchenbuße. Und wie
wohlthätig wirkte diese Zucht, welche die Geistlicheil jener Zeit gegen Hohe u.
Niedrige ausübten! Denn damals war düs Recht des Einzelnen noch nicht so
durch Gesetze geschützt, wie jetzt. Und wo hätte dainals ein kräftigerer Schutz
gegen die Willkür ioeltlicher Macht haben gefunden werden können, als in
der Kirche Jesu? Hätten nur die Diener derselben ihren Einfluß nicht auch in
solchen Dingen gellend zu machen gcsiicht, welche in den Kreis ihrer Wirksam-
keit nicht gehörten! Allein bald wollten sie nicht mehr blos Hirten, sondern
Herren der ihilen anvertrauten Heerden seül. Und was das Schlimmste war —
auch unter ihnen selbst wollte Einer mehr gelten, als der Andere. Die Bischöfe
nahmen einen höheren Rang in Anspruch, als die Presbyter; über die Bischöfe
erhoben sich die ersten Geistlichen in den größerir Städten u. naimten sich Erz-
bischöfe ; über diese setzten sich die Bischöfe in den größten Städten u. nannten
sich Patriarchen. Unter dcil letzteren aber maßten sich hie höchste Stelle an
die Patriarchen von Aleyandria in Egypten, von Antivchia in Syrien, von
Jerusalem, von Konstantinopel u. von Rom. Weil aber die :» zuerst genannten
Städte frühzeitig in die Hände der Mohammedaner fielen: so blieben nur die 2
letzteren angesehen u. mächtig. Doch war die Macht des Patriarchen von Kon-
stantinopel dadurch inehr beschränkt, daß er unter dein Einflüsse des kaiserlichen
Hofes staiid. Dagegen trugen mancherlei Umstände dazu bei, das Ansehen
des römischen Bischofes zri erhöhen. Innocenz I. (er starb 417) erklärte, daß
den römischen Bischöfen die erste Stelle gebühre, weil Petrus der erste Bischof
in Rom gewesen sei, dem Petrus aber Jesus Christus die erste Stelle unter
den Aposteln angewiesen habe. Freilich läßt sich dies weder in der heiligen
Schrift, noch in der Geschichte glaubwürdig nachweisen. Vorzüglich kam es
den römischen Bischöfen zu Statten, daß die übrigen Bischöfe der abendländischen
Kirche sich in Streitigkeiten auf ihre Entscheidung beriefen. Dies benutzte man
in Rom dazu, zu immer größerem Einflüsse zu gelangen. Den Namen Papa
d. i. Vater (Papst) eigneten sich die Bischöfe dieser Stadt vorzugsweise zu.
Überdies waren sie besonders thätig für die Verbreitung des Christenthums
unter den deutschen Völkerschaften u. Wichten dieselben mit ihrer Kirche innig zu ver-
binden. Dies that namentlich Gregor I. Derselbe legte sich den demüthig
lautenden Titel: „Knecht der Knechte Gottes" bei. Seine Vorschriften über
den Gottesdienst, den er sehr glänzend einrichtete, erlangten fast in der ganzen
abendländischen Kirche Geltung. Auch hat er zuerst die Lehre vom Fegefeuer
vorgetragen, durch deren Benutzung die Geistlichkeit einen so bedeutenden Ein-
fluß auf die Gemüther u. die Schätze des Volkes sich errang. Außerdem be-
günstigte die Päpste vornämlich der Umstand, daß sie vom 6. bis 8. Jahrh,
von weltlichen Herrschern fast gar nicht abhingen. Denn die christlichen
Kaiser in Konstantinvpel hatten Italien zwar den Ostgothen wieder ab-
genommen, aber den größeren Theil wieder an die Longobarden verloren. Den
kaiserlichen Statthaltern versagten aber die römischen Bischöfe oft den Gehorsam
u. riefen deshalb die Langobarden zu Hilfe; wurden ihnen aber diese zu mächtig:
so unterwarfen sie sich zum Scheine wieder den Kaisern. Ebenso benutzten sie
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Extrahierte Personennamen: Theodosius_I. Ambrosius David David Aleyandria Antivchia Innocenz_I. Jesus_Christus Gregor_I.
Extrahierte Ortsnamen: Mailand Jesu Syrien Jerusalem Konstantinopel Rom Rom Rom Italien
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Zweiter Abschnitt.
Einiges aus der Geschichte der christlichen
Kirche.
Es ist euch bekannt, liebe Kinder, dass jetzt 1864 Jahre
seit der Geburt Jesus Christus, unsers Erlösers, verflossen
sind.
Die christliche Lehre fand anfangs bei Heiden und
Juden großen Widerstand, und die Bekenner derselben hat-
ten oft harte Drangsale zu bestehen.
Die Verfolgungen von den Juden hörten zwar nach
der Zerstörung Jerusalems und der gänzlichen Aufhebung
des jüdischen Staats auf; aber die Nachstellungen von den
Heiden dauerten noch drei ganze Jahrhunderte abwechselnd
fort. Unter diesen äußerlichen Bedrückungen aber gedieh
desto mehr der innere fromm-duldende, demüthige und men-
schenfreundliche Sinn der Christen selbst.
Als aber Kaiser Konstantin der Große, der Kon-
stantinopel erbaute und es statt Rom zu seiner Residenz
machte, im Jahre 312 das Christenthum öffentlich annahm;
erhielten unter seiner Regierung die Christen Schutz und
Ruhe. Nun breitete sich zwar die christliche Lehre schneller
aus, und die Anzahl der äußerlichen Bekenner derselben nahm
zu; aber die Unschuld und der lautere Sinn der Christen
fingen allmählig an sich zu verlieren, und sie wurden jetzt
sogar äußerst hart gegen Andersglaubende. Kaiser Konstan-
tin, und mehre nach ihm, vermehrten das Ansehen der
Lehrer und Bischöfe der Christen. Aber ihre erlangte Ehre
machte sie stolz und herrschsüchtig. Am unerträglichsten wurde
die Herrschsucht des Bischofs zu Rom, der jetzt Papst heißt.
Sein Stolz, wozu die Schwäche verschiedener Fürsten bei-
trug, wurde nach und nach so groß, dass er sich nicht nur für
das Haupt aller Bischöfe und Lehrer der ganzen Christen-
heit hielt, sondern auch, unter dem Namen eines Statt-
halters Christi, sich zum ersten Herrn und Richter des gan-
zen Erdbodens, in geistlichen und weltlichen Dingen, machte.
Er übte diese, auf so mannigfaltige Art erhaltene, Gewalt
zu Zeiten mit äußerster Härte, sogar an Kaisern, aus.
Die große Unwissenheit, in der damals alle christlichen
Völker versunken waren, und welche der Papst dadurch
zu erhalten suchte, dass er den Weltlichen die Bibel ent-
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große Kirchenversammlungen. Seit 746 leitete er die Glieder
seiner ausgebreiteten Gemeinden von Mainz aus und führte
seinen Plan, die Kirche in Deutschland unter Roms Schutz zu
stellen, mit Erfolg durch. Daher kommt es, daß die deutsche
Kirche sich nicht selbständig weiter entwickelte wie manche andere,
sondern ein Glied der römisch-katholischen Kirche blieb.
7. Wenn der evangelische Christ diese That des Bonisacius
auch demselben zum Vorwurf machen muß, sein Verdienst um
die Ausbreitung des Christentums steht doch unumstritten fest.
Noch als Greis von mehr als 70 Jahren wollte er noch einmal
zu den heidnischen Friesen ziehen, um dort zu predigen, wo er
seinen Missionsberuf begonnen hatte. Bei Dokkum aber an der
Borna wurde er von heidnischen Friesen, die in seinem Zelte
Schätze vermuteten, überfallen und mit 52 seiner Begleiter er-
schlagen. Er endete 755. Sein Leichnam wurde im Kloster zu
Fulda beigesetzt.
7. Die ersten Päpste.
1. Bei dem Wachstum des Christentums konnte es nicht
vermieden werden, daß verschiedene Leiter der Gemeinden an
den verschiedenen Orten gewählt wurden; denn die große Menge
der Gläubigen bedurfte der Führer. Es gab große und kleine
Gemeinden in Dörfern und Städten im Morgen- und Abend-
lande. Es konnte auch nicht anders kommen, als daß die
Bischöfe in den großen Städten mehr an Ansehen gewannen,
als die in den kleinen Gemeinden. Da nun Rom eine der größten
Städte war und da man außerdem ganz allgemein annahm, daß
die Gemeinde in Rom vom Apostel Petrus gegründet worden
sei, so wurde der Bischof in Rom ganz allmählich das Haupt
der christlichen Kirche.
2. Als erster Papst gilt Leo I., der Große, der von 440 an
Bischof tu Rom war. Durch seine Persönlichkeit verstand er
es, dem römischen Bischof eine solche mächtige Stellung zu
geben, daß man ihn in allen Gemeinden der kirchlichen Gesetz-
gebung und der kirchlichen Stätte als Schiedsrichter auffaßte.
3. 590 kam Gregor I., der Große, aus den päpstlichen Thron,
der durch Umsicht und Thatkraft viel zum Ansehen des päpst-
lichen Stuhles beitrug.
Von ihm kommt die Idee des Meßopfers, wonach im Gottes-
dienst das unblutige Opfer des Gottmenschen alltäglich zur
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Extrahierte Personennamen: Apostel Petrus Leo_I. Leo_I. Gregor_I. Gregor_I.
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Deutschland Bonisacius Dokkum Borna Fulda Rom Rom Rom Rom