173
Aber von Kapern«um, „die bis in den Himmel erhoben
war," von Chorazin und Betsaida, den Städten, in welchen die
„meisten seiner Thaten geschehen, und die sich doch nicht gebessert
hatten," ist keine Spur mehr zu finden, als wären sie „bis in
die Hölle hinunter gestoßen." Die Wälder- und Weingärten sind
von den Hügeln verschwunden; Palmen-, Feigen- und Oliven-
bäume stehen nur noch vereinzelt umher.
Von dem Südende des Sees Tiberias beginnt das Jordan-
thal, welches sich 25 Stunden weit bis zum toten Meere hin
absenkt. Zu beiden Seiten wird es von felsigen Kalkgebirgen
begleitet. Die hohen Wände des Thales drängen die Sonnen-
hitze in ihm zusammen und wehren den kühlenden Westwinden
den Zutritt. Das Wasser des Flusses wird trübe und geht in
rascher aber geräuschloser Strömung. Im Sommer ist der Fluß
seicht; aber im Frühling wächst er an Tiefe und reißender
Schnelle. Seine Ufer sind dicht mit Buschwerk besetzt, mit
Weiden, Pappeln, Schlingpflanzen, reiterhohem Schilfrohr. In
diesem Dickicht Hausen Vögel, Hasen, wilde Schweine, Schakale,
Luchse, Leoparden, vormals auch wohl Löwen. Der Jordan er-
gießt sich in das tote Meer. Im alten Testamente wird es
das Salzmeer genannt. Das Wasser hat einen schönen, grün-
lichen Schein und ist ziemlich klar, hat aber einen widerlichen,
salzigen Geschmack. Es hat eine außerordentliche Tragkraft, so
daß man sich, auch ohne schwimmen zu können, mit Leichtigkeit
auf der Oberfläche des Sees erhält. Die starke Ausdünstung
aus dem Meere macht, daß seine Salze, besonders in der Sommer-
zeit, an verschiedenen Teilen des Ufers sich ansetzen. Sand-
bänke, Inseln und Ufersteine sind mit einer Salzkruste über-
zogen. Jähe Kalksteinfelsen umschließen das Meer. Eine
drückende Gewitterschwüle liegt über dem toten Meere; mindestens
200 Pieter unter dem Meeresspiegel gelegen, von Felsenketten
fast rings umschlossen, ohne den Schatten einer Waldung, ohne
den Zutritt kühlender Winde ist dieser See sieben bis acht Mo-
nate lang den brennenden Strahlen einer unumwölkten Sonne
ausgesetzt. _ Kein Fisch laßt sich in seiner Flut entdecken. Kein
schiff, kein Wasfervogel durchrudert den See; keine Muschel
liegt am Gestade; kein Gebüsch, kein Gras begrünt die Ufer und
Felsen. Totenstille ruht auf der weiten Einöde; hier ist die
Einsamkeit des Friedhofes! — Nach Bw-r.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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184
die dem Harze treu bleibt. Wenig Obst gedeiht in diesem Klima, desto
mehr stehen Blumen, Wald und Wiesen in Flor. An Preißel- und Blau-
beeren ist Überfluß: sie werden gesammelt und verkauft. Die Baumarten
des Unterharzes sind Ahorn, Esche, Ulme, Birke, Rotbuche; an den mildesten
Punkten stehen Roßkastanien. Bei Wernigerode und Blankenburg findet
man aber auch die echte Kastanie. In den Oberharz folgt der Tanne nur
die Birke eine Strecke weit, und noch etwas weiter die „Quitsche," deren
rote Vogelbeeren dem Oberharzer zu seiner Lieblingsbeschäftigung, dem
Vogelfänge, gute Dienste leisten. In der Hohe von 900 Meter schwindet
am Brocken schon der Baumwuchs, nachdem er zuvor niedrig und krüppelig
geworden; nur das heilsame isländische Moos, die Berganemone und einige
Alpenkrüuter fühlen sich aus dem kahlen Scheitel des nebelumfluteten Vater
Brocken wohl.
Im Thierreiche sind die Vogel am zahlreichsten vertreten, und der
Spottvogel, der Zaunkönig, der Bergfinke, das Goldhähnchen, die Meise,
der Zeisig, der Staar, das Rotkehlchen, der Falke und die Drossel, welche
Heinrich I. den Harz so lieb machten, sind noch jetzt sehr laut in diesen
Waldungen. Die Jagd liefert noch Eber, Hirsche, besonders viel Rehe;
auch wilde Katzen finden sich noch hin und wieder. Von Hausthieren sind
im Harz Ziegen und Schafe, mehr noch Schweine, besonders aber Rind-
vieh zu nennen.
Die größten Reichtümer des Harzes aber bestehen in Metallen,
welche durch den Bergbau zu Tage gefördert, in Schmelzhütten geschieden,
in Hammerwerken und Fabriken verarbeitet werden: Silber, Eisen, Kupfer,
Blei, Zink, Schwefel, Vitriol ist reichlich vorhanden. Silber gewinnt man
noch 46 000 Mark jährlich, Eisen 220 000 Zentner, Kupfer 17 000 Zentner.
Die bedeutendste Silbergrube ist bei Andreasb erg in der Berghauptmann-
schaft Clausthal. Trotzdem werden die Bergleute und das Volk des Ge-
birges nicht reich. Die Bergwerke gehören den Regierungen von Preußen,
Brannschweig und Anhalt oder reichen Privatleuten. Wer mit eigenen
Händen Erzadcrn sprengt, schmelzt, hämmert, der hat die Blühe und nicht
den Ertrag. Doch freut den Harzer die gute Ausbeute, als wäre sic sein;
denn er ist arm, aber zufrieden, und der Zufriedene ist am Ende doch der
Reichste.
Andere Beschäftigungen der Harzbewohner neben dem Bergbau sind
das Beerenlesen, das Holzhanen, die Kohlenbrennerei und die Vogelstellerei.
Die Beerenleser suchen sich die gelichteten Stellen des Waldes auf, wo sic
Erd- und Himbeeren in Menge finden, die sie dann zum Verkauf aus-
tragen. — Die Vogelsteller verfolgen die armen Vögel mit Leimruten,
Vogelherden und Schlingen. Der Vogelherd besteht aus Netzen, die man
in Rahmen spannt und so an einem offenen Kasten befestigt, daß sie von
zwei Seiten wie ein getheilter Deckel auf den an der Erde stehenden
Kasten fallen können. Eine Schnur zum Zuziehen der Netzdeckel geht nach
einem Häuschen, in welchem der Vogelsteller sitzt. Mit den gefangenen
Dompfaffen, Zeisigen und Hänflingen wird ein bedeutender Handel getrieben.
Kühner.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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229
und an ihren Mündungen breit, und die Meeresflut dringt weit in sie
hinein, was auch zur Förderung der Schiffahrt gereicht. ....................
Die Ebenen, Thäler und niederen Hügel in England sind sorgfältig
angebaut, und aus den fetten Wiesengründen grasen Herden von Pferden
und Rindern, auf den Hügeln Schafe und Ziegen. Große Städte, zahl-
reiche Dörfer und einzeln liegende Schlösser und Meierhöfe sind durchhin-
gestreut. Die großen Waldungen sind durch den Ackerbau verdrängt; doch
findet man nirgend ganz baumlose Gegenden. Wo nur der Schatten er-
wünscht sein kann, hat der Engländer Bäume stehen lassen, so daß^ das
Land einern gelichteten Haine gleicht. Überall in Park und Wiesen zerstreut
mischen sich Hirsche, Rehe und Kaninchen zutraulich unter das Getümmel
der Rinder und Schafe. Alle Flüsse, Bäche und Meeresnfer sind mit
Gärten, Parks und Schlössern umsäumt, und Landsitz reiht sich an Land-
sitz. An Holz ist sehr fühlbarer Mangel; doch helfen als Brennmaterial
die Steinkohlenschätze reichlich ans. Das gute Stammholz gebraucht man
zum Schiffsbau. — In Irland ist der Boden nicht so reich angebaut als
in England; an manchen Stellen hindern weite Moräste daran. Schott-
land hat noch spärlicheren Anbau. Selbst die Gebirge, ehemals dicht be-
waldet, stehen in Schottland meist kahl, nur mit Gestrüpp und Heide be-
deckt; um die malerischen Bergseen erheben sich noch schöne Hochwaldungen.
Bei der großen Einwohnerzahl von 33 Millionen reicht das Getreide
nicht aus, das im Lande selber gebaut wird. Aber der Boden Englands
birgt in seinem Innern unermeßliche Mineralschätze: 12/i3 alles Zinnes,
die Hälfte alles Kupfers und ein Drittel alles Eisens, das überhaupt in
Europa gewonnen wird, wird aus den englischen Bergwerken gewonnen,
und aus seinen gewaltigen Steinkohlenlagern versorgt es zum Theil
noch andere Länder. Wo die Fundorte der Kohlen und Erze sind, wimmelt
es von Hütten- und Hammerwerken, von Dainpfmaschincn und Fabriken,
und von Städten, die aus kleinem Anfange zu großer Bevölkerung und
großem Reichtum gekommen sind. Die hier verfertigten Metall-, Baum-
wollen-, Leder- und Seidcnwaaren werden aus den Eisenbahnen, Kanälen
und Flüssen durch das ganze Land befördert, in den Küstenstädten ans
Seeschiffe geladen und nach allen Erdtheilen ausgeführt, wogegen deren
Erzeugnisse zurückgebracht werden. So sind viele Einwohner dieser Länder
durch Gewerbfleiß und Handel überaus reich geworden; aber daneben
gibffs auch eine bittere Armut, namentlich in den großen Städten. Am
meisten ist dies der Fall in der gewaltigen 4 Millionen Menschen bergen-
den Hauptstadt London.
Durch seine Lage ist Großbritannien auf die Schiffahrt angewiesen;
sie steht von hier aus nach allen Ländern der Erde hin offen. Das
haben^ die Engländer zu benutzen verstanden. Sie haben die stärkste Kriegs-
und Handelsflotte, und ihre Niederlassungen erstrecken sich über die ganze
Erde. Aber ihr Verkehr ist auch der Verbreitung des Evangeliums viel-
fach zu gute gekommen. Wie schon in alten Zeiten Missionare von diesen
Ländern ausgingen und auch unsern Vätern das Evangelium predigten, so
sind auch bis auf den heutigen Tag viele Missionare von dort ans zu den
Heiden in allen fremden Erdtheilen gegangen, und durch die große englische
Bibelgesellschaft ist die heilige Schrift in unzählige Familien gekommen,
d:e sonst ihrer wohl entbehrt hätten. Flügge.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
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Extrahierte Personennamen: Dainpfmaschincn
Extrahierte Ortsnamen: England Irland England Schottland Englands Europa London
243
Jahreszeit sumpfig wird. In diesem Hausen zahlreiche Herden von Elephanten
und Nashörnern, welche oft in die benachbarten Reisfelder einbrechen und
sie verheeren. Auch Füchse, Eber, Bären und anderes Wild lebt hier in
Menge. Der Abhang des Gebirges hat ebenfalls dichte Waldungen von
Kastanien, Walnußbäumen, Lorbeeren, Birken und Nadelhölzern nebst
vielen einheimischen Bäumen mit köstlich duftenden Rinden, Ölen und den
schönsten Holzarten. Die Thäler sind schön und fruchtbar, stark bevölkert
und gut bebaut, meist mit Reis und Baumwolle, aber auch mit Korn,
Mais, Zuckerrohr und Reben. Aus den höchsten grünen Halden finden
sich der Wachholderstrauch, die indische Birke, Alpenrosen und viele Berg-
kräuter. Hier leben das Moschusthier und das wilde Schaf, und Reb-
hühner und Fasanen brüten bis nahe unter die Schneegrenze. Viel höher
noch, als das Pflanzenleben geht, thürmen sich die majestätischen silber-
reinen Schneegipfel empor, und zwischen ihnen liegen die ungeheuren
Gletscher und Schneefelder, aus denen die indischen Flüsse kommen. Der
Himmel ist hier meist rein, tief schwarzblau, und die Sterne leuchten nachts
im hellsten Glanze.
Indien ist ein wunderreiches Land! Wo die Luft feucht genug ist,
wie z. B. auf Malabar, winken dem Wanderer aus der Ferne stundenlange,
dunkle Wälder von Kokospalmen, deren schlanker Stamm an 26 Meter
hoch wird. In den trockenen Gegenden wächst die aus Arabien eingeführte
Dattelpalme. Die Sagopalme und der Brotbaum gewähren reichliche
'Nahrungsmittel. Muskatnüsse, Zimmt, Gewürznelken, Ingwer und Pfeffer
kommen aus Indien. In den Schlammniederungen gewährt der Reis
jährlich eine zwei- bis viermalige Ernte. Man findet Gräser, deren Halme
an 15 Meter hoch werden (Bambus). Das Ebenholz Indiens war schon
bei den Alten berühmt. — Reich ist auch die Thierwelt. In den Flüssen
lauern Krokodile; in den Büschen schleichen giftige Schlangen; in den
Wäldern hausen Löwen, Tiger, Panther, Elephanten, Nashörner und eine
Menge prachtvoll gefärbter Vögel. — Die Erde bringt Gold, Diamanten
und andere Edelsteine, und bei Ceylon werden Perlen gefunden.
Die eingebornen Einwohner dieses schönen Landes, Hindus genannt,
sind Heiden und suchen ihre Hilfe bei den stummen Götzen. Nun mühen
sie sich mit allerlei selbsterfundenem Götzendienst und mit Quälereien ihrer
Leiber ab, um Ruhe für ihre Seele zu finden, und alles ist doch umsonst.
Dazu kommt allerlei Plage und Not von außen. Ihr Land ist in den
Händen der Engländer, welche von dem Gute und der sauern Arbeit der
Inder reich werden wollen. So sind sie durch eigene und fremde Schuld
geistlich und leiblich verkommen, dennoch aber immer noch ein Volk mit
reichen Anlagen. — Im Jahre 1705 wurden von Dänemark aus zwei
Missionare, welche im Waisenhause zu Halle durch August Hermann Francke
gebildet waren, nach Ostindien geschickt. Es waren Bartholomäus
Ziegen balg und Plütschau; später folgte ihnen der treue Schwarz
und mehrere andere. Aus den fünf ersten Hindus, welche 1707 in der
Kirche zu Tranquebar auf der Küste Koromandel getauft wurden, sind jetzt
viele Tausende geworden, welche aus der Finsternis zum Licht hindurch-
gedrungen sind. Missionsgesellschaften in England, Schottland und Deutsch-
land schicken fort und fort neue Sendboten nach Indien. Auf 200 Stationen
wird gepredigt, und weit und breit durchreisen die Missionare das Land.
Wie gering auch die Zahl der Bekehrten ist, wenn man sie mit den vielen
16*
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt]]
Extrahierte Personennamen: Dänemark August Hermann_Francke Schwarz
Extrahierte Ortsnamen: Indien Indien Indiens Ceylon Ostindien England Schottland Indien
257
der Orinoko, der Amazonenstrom und der La Plata. An allen
diesen Flüssen ziehen sich unabsehbare Llanos oder Wiesenebenen hin. Die
Orinokoebene ist größer als Deutschland, aber ohne Quellen und Bäume.
In der trockenen Jahreszeit ist sie eine von der Sonne verbrannte, dürre
Flüche; der Boden klafft in Spalten, und Staubwolken steigen in die
brennend heiße Luft. In der Regenzeit dagegen bedeckt sie sich schnell mit
dem prächtigsten Graswuchse. Tritt der Orinoko über die User, so ver-
wandelt sich die Steppe in einen Wasserspiegel. Nur vereinzelte Hügel
ragen empor. Hierher flüchten sich Pferde, Maulthiere und Rinder, die,
von kühnen Hirten bewacht, frei umherstreifen. — Der Amazonen ström
ist der größte Strom der Erde; in einer 40 Meilen breiten Mündung
wälzt er seine Fluten in den atlantischen Ozean. So gewaltig fällt seine
Wassermasse ins Meer, daß man die Kraft seiner Wogen noch 60 Meilen
weit im Meere verspürt. In der Ebene des Amazonenstroms breitet sich
ein zusammenhängendes Waldgcbiet ans, das 6 mal größer ist als Deutsch-
land. Dieser Urwald ist für den Menschen meist unzugänglich, oder man
muß sich den Weg mühsam durch das üppige Unterholz und durch das
Gewirre von Schlinggewächsen mit der Apt bahnen. Der Hauptschmuck
dieser Wälder sind die Farrenkräuter, die dort so groß werden wie die
Bäume in unsern Fichtenwaldnngen, und die Palmen. Astlos erheben sich
unzählige Säulen derselben, dicht an einander gedrängt; 20 bis 30 Meter
über der Erde wird von ihren gewaltigen Blätterkronen ein dichtes, grünes
Dach gebildet. Nur selten dringt ein Strahl der Sonne durch dasselbe
hindurch, so daß selbst am Mittag der Wald in tiefes Dunkel gehüllt ist.
— Auch am La Platastrom dehnen sich ungeheure, theils sumpfige,
theils kalkige, dürre Flächen aus. Auf letzteren wachsen aber doch einzelne
Bäume und Gesträucher; besonders gedeihen hohe Disteln und prachtvoll
blühende Kaktuspflanzen, die durch ihre Stacheln dem Wanderer den Weg
versperren.
An den seichten Stellen der großen Flüsse Südamerikas liegen mit
offenem Rachen, unbeweglich wie Felsstücke hingestreckt, die nngeschlachten
Körper der Krokodile. In den Lachen wälzen sich die Zitteraale mit ihrem
elektrischen Leibe. Den Schwanz um einen Baumstamm befestigt, lauert
am Ufer, ihrer Beute gewiß, die tigerflcckige Boaschlange. Schnell schießt
sie auf den unter dem Baume hinlaufenden Stier oder aus das schwächere
Wildbret; sie überzieht den Raub mit Geifer und zwängt ihn mühsam
durch den stark anschwellenden Hals. Der Urwald widerhallt von dem
Gebrüll der Jaguare und von dem dumpfen, Regen verkündenden Gebrüll
bärtiger Affen. Die grün, blau und rot gefärbten Papageien erfüllen auf
den Gipfeln der Bäume die Luft mit ihrem krächzenden Geschrei, während
das Faulthier träge am Stamme hängt. Schlangen, noch schöner als die
Blumen, winden sich im Grase und haschen nach Insekten und Vögeln.
Bunte, mit den Regenbogenfarben wetteifernde Schmetterlinge umgaukeln
die großen, prächtigen Blumen. Käfer leuchten wie Edelgestein in wunder-
barem Glanze. Kolibris, deren Gefieder den Smaragden und Rubinen
nichts nachgibt, flattern von Blume zu Blume. Zahllose Herden von ver-
wilderten Pferden und Rindern schweifen in den Steppen umher; tausende
von ihnen werden jährlich mit Schlingen gefangen. Häute und Hörner
der Rinder werden in großer Menge nach Europa versendet, während man
den größten Theil des Fleisches den Raubthieren überläßt,
Helmrich, Vaterland. Lesebuch.
17
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Extrahierte Ortsnamen: La_Plata Deutschland La_Platastrom Edelgestein Europa
259
Magelhaens 1510 den Welttheil entdeckt hatte, waren es vornehmlich
Holländer, welche später die Entdeckungen erweiterten. Aber erst seit 1770
sind durch den berühmten Weltumsegler Cook diese Inseln bekannter ge-
worden, und noch immer entdecken Seefahrer in dem ungeheuren stillen
Meere bisher unbekannte Inseln.
Neu Holland, die größte Insel der Erde, ist nicht viel kleiner als
Europa, aber in seinem Innern ein noch wenig bekanntes Land; an den
Küsten erschweren Untiefen und heftige Brandungen das Landen. Nur
die Ostküste, seit 1788 von den Engländern in Besitz genommen und Neu-
südwales benannt, ist hinreichend bekannt durch ihre Verbrechercolonien und
zahlreiche andere Niederlassungen. Dort sind seit 1851 große Goldlager
entdeckt, und seitdem sind viele Europäer dorthin gezogen. Einförmig wie
das Land ist auch die Pflanzen- und Thierwelt. Die Bäume sind niedrig,
die Wälder von düsterem Ansehen; weite Flüchen von hohem Grase
bedecken den Boden. Das größte Säugethier ist das Känguruh. Es
ist an Größe dem Hirsche, an Gestalt dem Eichhörnchen ähnlich und hat
sehr kurze Vorder- und sehr lange Hinterfüße, so daß es sehr weit springen
kann. Die Vögel haben ein sehr schönes Gefieder, aber wenige sind Sing-
vögel. Doch gedeihen europäische Getreidearten und Hausthiere sehr gut.
Einige hundert Meilen weit nach Südosten liegt Neuseeland, eine
Doppelinsel mit schönen Ufern, hohen Bergen, dichten Wäldern, rauschenden
Wasserfällen und lieblichen Seen. In den Wäldern findet man eine Art
Eiche, welche erst in einer Höhe von 30 Meter eine Krone bildet und
einen Durchmesser von 4 Meter hat. Sie wird besonders zum Schiffsbau
gebraucht. In dem Boden gedeihen alle Getreidearten und Feldfrüchte
vortrefflich. Berühmt ist auch der neuseeländische Flachs, der in sumpfigen
Gegenden wild wächst. Die Eingeborenen verfertigen daraus Kleider und
Stricke, die alles übertreffen, was bei uns aus Hanf bereitet wird. Wilde
Thiere und Schlangen gibt es nicht; aber die Wälder werden von Vögeln
aller Gattungen durchflattert, deren Farbenspiel und Gesang gleich an-
ziehend ist.
Die übrigen Inseln sind meist von kleinem Umfange. Häufig liegen
ihrer mehrere beisammen und haben dann einen gemeinschaftlichen Namen.
So liegt etwa 300 Meilen nordöstlich von Neuseeland eine Anzahl Inseln,
die unter dem Namen Gesellschaftsinseln sehr bekannt geworden sind.
Die größte und berühmteste unter ihnen heißt Tahiti. Der Himmel ist
dort fast immer blau und rein, die Luft gesund und angenehm, daß man
kaum einer Strohhütte bedarf. Der Boden ist überaus fruchtbar. Es
wachsen die schönsten Fruchtbäume, besonders der nützliche Brotfruchtbaum;
Berg und Thal prangt in dem schönsten Blumenschmucke. Die Wälder
sind voller Singvögel; Schweine und Hühner sind im Überfluß vorhanden;
das Meer liefert Fische in Menge. Die Einwohner sind große, starke
Leute, von brauner Farbe, mit dunklen Augen und glänzend schwarzen
Haaren. Sie schienen den Fremden fröhlich und gutmütig zu sein, man
sah sie häufig lachen und spielen, aber glücklich waren sie doch nicht; denn
Diebstahl, Lüge, Wollust, Krieg und Mord war unter ihnen recht zu Hause.
Als man in England von ihnen hörte, regte sich in vielen frommen
Herzen der Wunsch, diesen armen Menschen das Evangelium zu senden.
Reiche Geschenke flössen zusammen, so daß man ein eigenes Schiff aus-
rüsten konnte. Im August 1796 segelte das Missionsschisf mit 30 Missionaren
17*
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
Extrahierte Personennamen: Weltumsegler_Cook August
Extrahierte Ortsnamen: Holland Europa Neuseeland Neuseeland England
97
^rn, das Geißblatt, der Epheu, der Ginster, das Heidekraut; die
Erdbeere, der Waldmeister, das Farrenkraut, das Labkraut, der Storch-
ichnabcl, die wilde Balsamine oder das Springkraut oder das Kräut-
Rührmichnichtan, das Weidenröslein, die Klette, das Maiblümchen,
Us Veilchen, der rothe Fingerhut, der gefleckte Schierling, der kletternde
^»chtschatten, das Bilsenkraut, die Tollkirsche, der Stechapfel; das
^oos, der Pilz oder der Schwamm; das Gras, das Schilf oder das
^ohr, die Segge oder das Riedgras, die Binse, der Schachtelhalm;
Klee, das Gänseblümchen oder die Masliebe, der Ehrenpreis, das
^ergißmeinnicht, der Löwenzahn, der Hahnenfuß, die Dotterblume, der
Wegerich, die Malve, die Bärenklaue, die Brennneflel, der Kalmus;
7~° der Hirsch, das Reh, der Hase, das Kaninchen, der Fuchs, der
^achs, das Eichhörnchen, das wilde Schwein, der Wolf, der Igel,
Ratte, die Maus; die Nachtigall, der Gimpel oder Blutfink, der
^uchfink, der Stieglitz oder der Distelfink, der Hänfling, die Amsel,
Rothkehlchen, das Rothschwänzchen, die Bachstelze, die Grasmücke,
Kohlmeise, der Zaunkönig, der Goldammer, der Specht, der Kukuk,
:*[e Taube, die Schnepfe, der Rabe, die Krähe, die Elster, der Eich
!>aher, der Staar, die Drossel, die Wachholderdrossel oder der Kramets-
^ogel, der Kiebitz, der Habicht, der Sperber, der Reiher, der Storch,
^ Enlc; der Frosch, die Kröte, die Eidechse, die Blindschleiche; der
Maikäfer, der Schmetterling, die Raupe, der Hirschkäfer, der Todten-
3säber, das Johanniswürmchen, die Heuschrecke, die Fliege, die Mücke,
Biene, die Bremse, die Hummel, die Wespe, die Hornifle, die
spinne, die Ameise; der Regenwurm, die Schnecke.
u. Deschreitrung und Vergleichung dieser Dinge.
1. Die Ci che.
Wachsen, blühen, sich beblättern oder belauben, sich entblättern oder
entlauben, tragen, welken, verdorren, beschatten, sich beugen, brechen,
nutzen, schaden, stehen, fallen, krachen.
Da? Wachsen, daö Wachsthum, der Wuchs; das Blühen, die Blüthe,
die Blume u. s. w.
Das Wachsen des Baumes, das Wachsthum der Pflanze, der Wuchs
des Mannes u. s. w.
Die Eiche ist hoch. Die Eichen sind hoch. Ist die Eiche hoch? Sind
die Eichen hoch? U. s. w.
Die Eiche ist ein Waldbaum. Die Eichen sind Waldbäume. J>'t
die Eicbe ein Waldbaum? Sind die Eichen Waldbäume? U. si w.
Die Eiche wächst. Die Eichen wachsen. Wächst die Eiche? Wachsen
die Eichen? U. s. w.
Die Eiche rst ein großer Baum. Die Eiche wächst im Walde
'w h^t daher ein Waldbaum. Sie hat sehr starke Wurzeln,
^^lche sich tn der Erde weit verbreiten. Ihr Stamm ist hoch
fjk dick. An dem Stamme sitzen viele krumme Aste. An den Ästen
ddn die Zweige, und an diesen die Blätter,
Harster,' Lesebuch für Mitteln. l-th. völkisch.
Blüthen und
7
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
250
großartiger Unternehmungsgeist. Alles, was die Amerikaner an öffentlichen Bau-
werken schaffen, trägt den Stempel der Großartigkeit, vom Capitol in Washing-
ton an bis zur Pacific-Eisen bahn, dieser größten Bahn der Erde, welche
New-York mit San-Franzisko, den atlantischen mit dem großen Ocean verbindet.
Der Osten der vereinigten Staaten und theilweise auch der Süden, die
Küstenländer am atlantischen Ocean und am Golf von Mexiko sind schon lange
dicht bevölkertes Land mit großen und volkreichen Städten. Anders verhält es
sich mit dem Innern des Landes nach dem Missisippi und dem Felsen-Gebirge
hin. Hier giebt es noch große unangebaute Strecken, bedeckt mit Urwald, dessen
Riesenbäume wahrhaftes Staunen erregen. Hierhin, wo für wenig Geld noch
große Flüchen Landes anzukaufen sind, zieht sich der Hauptstrom der europäi-
schen Auswanderung. Die Axt räumt unter den Riesen des Waldes auf; ein
Blockhaus wird gebaut, der Boden umher zur Saat zugerichtet, und die Farm
(der Bauernhof) ist fertig. Durch die Niederlassung mehrerer Farmer entsteht
eine Ortschaft, ein Dorf u. dgl. Hat die Ortschaft eine für Handel und Verkehr
besonders günstige Lage, so ziehen Handwerker, Fabrikanten, Kaufleute und an-
dere herbei; es entsteht eine Stadt, die oft so fabelhaft schnell wächst, daß in
wenigen Jahrzehnten daraus eine Großstadt mit mehreren Hunderttausend Ein-
wohnern hervorgeht. So sind z. B. die großen Städte St. Franzisko (160,000 E.),
Chicago (300,000 E.) u. a. entstanden und angewachsen.
112. Die Urwälder Süd-Amerikas.
Die Urwälder Süd-Amerikas, namentlich des unermesslichen Tieflan-
des am Amazonenstrome, vermag grösstentheils des Menschen Fuss
nicht einmal zu durchwandeln. Astlos erheben sich hier bis zur höchsten
Höhe dicht gedrängt die unzähligen Säulen von Palmen der verschieden-
sten Art. Deren gewaltige Blattkronen bilden ein dichtes, grünes, thurm-
hohes Dach, oft mehr als 100 Fuss hoch über dem Haupte des Wanderers.
Nur hie und da ist durch dasselbe ein Streifchen des blauen Himmels zu
erblicken. Fast nirgends vermag die senkrecht darüber stehende Sonne
ihre Strahlen hindurch zu senden. Selbst am Mittage ist daher alles in
ein tiefes, abendliches Dunkel gehüllt. Mächtige Schlingpflanzen,
oft mit den herrlichsten, schönduftenden Blüthen geziert, laufen die schlan-
ken Stämme hinauf bis zur Blattkrone hin. Oft sind dieselben so unter-
einander verschlungen, dass sie ein undurchdringliches Gewinde bilden.
Zahllose Affen aller Art, buntgefiederte Papageien und andere Thiere
erfüllen zu gewissen Tageszeiten die dunkle Wildniss mit betäubendem
Geschrei, während zu andern Tageszeiten lautlose Stille herrscht, oder
nur das Klopfen der Spechte sich hören lässt. Goldglänzende Koli-
bris, prächtig gezeichnete Schmetterlinge und Käfer umfliegen die
blühenden Schlingpflanzen; hoch oben auf den Blattkronen sammeln sich
Schaaren von schneeweissen Fischreihern. Nirgends aber ist auch nur
ein einziges grünes Rasenplätzchen aufzufinden, auf dem der Wanderer sich
lagern könnte. Faulende Blätter, unzählige Arten bunter Pilze bedecken
den meist schwammigen, vom Wasser durchdrungenen Boden. Dazwischen
stehen nur rauhhaarige, sperrige und dornige Pflanzen. Gewürme und
Schlangen aller Art haben hier ihren Aufenthalt, und grosse Ameisen
richten ihre Baue auf. Schwärme stechender Insekten belästigen
und peinigen den Wanderer bei Tage, und grosse Fledermäuse, Vam-
pyre, saugen des Nachts dem Schlafenden das Blut aus den Zehen oder
andern unbedeckten Körpertheilen. Grosse Heerden wilder Schweine,
Pekaris genannt, zerstampfen und zerwühlen den Boden. Ein Schrecken
aber aller Bewohner des Waldes ist der amerikanische Tiger, Jaguar
genannt, welcher die Affen selbst auf die furchtbar stachligen Palmen-
stämme verfolgt und die scheuen Rehe vor sich her treibt. Gefrässige
Raubvögel bemächtigen sich der kleineren Affen, die ihnen nur schwer ent-
rinnen können. Am Rande des Urwalds, am Ufer der Flüsse, liegen oft
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1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
252
Schnabelthier.
langen Hinterfüßen, auf welchen es mei-
stens in aufrechter Stellung forthüpft;
das Schnabellhier, dessen Schnauze wie
ein Entenschnabel gestaltet ist, und dessen
Zehen durch eine Schwimmhaut verbunden
sind; ferner behaarte Vögel, wie der
Kasuar, schwarze Schwäne, weiße
Adker, Paradiesvögel u. s. w. Auch das
Pflanzenreich hat sonderbare Erzeugnisse
aufzuweisen, z. B. Bäume mit lederartigen
Blättern, die nicht ihr Laub, wohl aber die Rmde wechseln; Kirschen, deren
Stein an der Außenseite wächst rc.
Die Bewohner des Festlandes von Australien und der größeren umliegen-
den Inseln gleichen in ihrer Körperbildung und Hautfarbe den Negern, wes-
halb man sic Austral-Neger nennt. Die Bewohner der im großen Ocean
zerstreut liegenden Inseln sind schöner, aber von weit roherer Gemüthsart.
Bei ihnen herrscht noch jetzt der Gebrauch, die gefangenen Feinde zu schlachten
und zu essen. Nur wo das Christenthum eingeführt ist, hat dieser unter vie-
len Heiden in allen Erdtheilen verbreitete Gräuel aufgehört. Unter keinem
Volke hat aber das Christenthum so rasche Verbreitung gefunden, als unter den
Südseeinsulanern. (Brotbaum.)
114. Tahiti.
Die gepriesenste aller Südsee-Inseln, die Königin des stillen Oceans,
ist Tahiti, auch Otaheiti genannt. Sie gehört zu den Gesellschafts-
Inseln und ist vulkanischen Ursprungs. In ihrer Mitte starrt ein kegel-
förmiges Felsengebirge gen Himmel, mit tiefen Schluchten und wilden
Zacken. Ein dunkelgrüner Waldesmantel hüllt dasselbe vom Scheitel bis
zum Fusse ein und breitet sich von da mit frischem Grün bis zur Küste
aus, die das Gebirge mit einer schmalen Ebene umsäumt. Zahlreiche
Flüsse mit krystallhellem Wasser und schäumenden Fällen strömen von
den Bergabhängen nach allen Richtungen dem Meere zu. In den Thälern
und auf der Küstenebene lebt ein schlanker, kräftiger Menschenschlag,
von schönem Gliederbau und brauner Hautfarbe. Einzeln, über die Ebene
zerstreut, liegen die Hütten, umgeben mit wohlriechendem Gebüsch. Ein
einfaches Schirmdach von Palmblättern genügt, gegen Regen und Nacht-
thau zu schützen. Keine Wand von Stein oder Holz ist nöthig, um sich
gegen das Wetter zu sichern. Matten, welche durch Schnüre herab- und
hinaufgelassen werden, reichen aus, die offenen Seiten bei einem Unwetter
zu verschliessen. Der Fussboden der Wohnung ist mit Heu bedeckt,
worüber Matten liegen, auf denen man bei Tage sitzt und des Nachts
schläft. Nur bei Regenwetter hält man sich in der Wohnung auf; selbst
die Mahlzeiten werden im Schatten des nächsten Baumes eingenommen,
nach dem man nicht weit zu gehen braucht, da für jedes Haus nur eben
so viele Bäume niedergeschlagen werden, als erforderlich sind, zu verhin-
dern, dass die Tropfen von den zunächst stehenden Bäumen auf das Dach
fallen und es in Gefahr bringen, zu verfaulen. Von einem Hause zum
andern schlängeln sich Pfade im frischen, dunkeln Schatten der dicht-
belaubten Bäume, und nichts kann angenehmer sein, als dieser Schatten,
und nichts unmuthiger, als diese Laubgänge, durch welche die kühlende
Seeluft ungehindert hindurch geht. Der Boden liefert die meisten Nah-
rungsmittel fast ohne Arbeit, und mehr zum Ueberfluss, als zum Bedürf-
niss, findet man vor der Wohnung ein kleines Feld eingezäunt, auf wel-
chem die Besitzer die Yamswurzel, die süsse Batate u. dgl. bauen.
Die Luft ist sehr gesund, und obgleich die Insel nur 17 Grad vom Aequa-
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ist im Osten die portugiesische, im Westen die spanische. Sämtliche Staaten in
Südamerika sind Republiken, das weitaus größte Land ist Brasilien. In dem
heißen Klima gedeihen Zuckerrohr, Kakao, Baumwolle und ganz besonders Kaffee.
Man erntet in Brasilien fast allein so viel Kaffee als in allen andern Ländern der
Welt zusammen. Die Wälder liefern Kautschuk, Vanille und kostbare Nutzhölzer wie
Mahagoni, Jakaranda, Brasilholz u. s. w. Die Hauptstadt des Landes ist Rio
de Janeiro (janern). In dem weiten Gebiet südlich vom La-Plata (3 mal so lang
als der Rhein) herrschen die Westwinde vor. Die Wolken geben daher beit
Regen meist an die Anden ab, und das Land im Osten ist zur endlosen Gras-
steppe geworden. Hier weiden Millionen von Pferden, Rindern und Schafen.
Nächst Australien liefert die Republik Argentinien die meiste Wolle auf den Welt-
markt. In Fray-Bentos ist die berühmte Liebigsche Fleischextrakt-Fabrik. Die
bedeutendsten Küstenstädte sind hier Montevideo und Buenos-Ayres (d. h. gute
Lüfte). Die wichtigsten Staaten an der Westküste sind Chile (mit der Hauptstadt
Santiago und der Hafenstadt Valparaiso, d. h. Paradiesthal) und Peru mit
der Hauptstadt Lima. An der Küste von Peru liegen kleine, regenlose Inseln,
die uns den Guano (— Vogelmist) liefern. Nach Rüge.
350. Australien.
1. Australien ist etwas kleiner als Europa. Es liegt teils in der heißen,
teils in der südlichen gemäßigten Zone. Es ist das flachste aller Festländer. Das
Innere besteht aus weiten, niedrigen Ebenen. An den Küsten steigt der Boden
höher an. Die Ostküste trägt den höchsten Gebirgszug. Zu ihnen gehören die
blauen Berge (6—800 m) und die Australalpen (2000—2200 in). Diese
Lage des Gebirges ist für die klimatischen Verhältnisse sehr ungünstig. Die Berg-
länder fangen nämlich den andauernden Südostwind ab. Die heranziehenden Regen-
wolken regnen daher meistens in den Gebirgen ab, und das Innere geht fast ganz
leer ans. Hier herrscht daher Regenarmut, die sich manchmal zur gänzlichen Regen-
losigkeit steigert. Ans diesem Grunde besteht denn auch das Binnenland aus wüsten-
artigen Wildnissen.
2. Die meisten Niederschläge weist der Süden und Südosten auf. Hier hat
sich daher der einzige größere Fluß, der Murray (mörre), entwickelt. Da sich
hier die Pflanzenwelt und Tierwelt am reichhaltigsten zeigt, so ist hier auch vor-
wiegend das Kulturland Australiens. Förmliche Wälder finden sich nur selten;
aber auf blumenreichem Grasboden stehen einzelne Bäume ohne Unterholz, nach
Art eines lichten Parks. Da sieht man Grasbäume, Akazien und himmelhohe
Gummibäume. Die Blätter vieler Bäume find immergrün und lederartig. Stellen-
weise dehnen sich endlose Grassteppen aus. Die Tierwelt war bis vor etwa
hundert Jahren hauptsächlich durch Beuteltiere (Känguruh, Dingo u. a.), weiße
Adler, schwarze Schwäne, Papageien u. s. w. vertreten. Jetzt sind alle unsere
Singvögel und Haustiere dort eingeführt.
3. Die Bewohner des Festlandes scheiden sich in Ureinwohner und Einwanderer.
Erstere sind die dunkelfarbigen, häßlichen Australneger. Es giebt deren etwa
nur noch 50000. Sie wohnen in Höhlen und im Busch und ernähren sich von
der Jagd und vom Fischfang. Auch Wurzeln, Raupen, Eidechsen und Würmer
verspeisen sie mit dem größten Appetit. Ta das Festland im englischen Besitz steht,
so sind die Engländer unter den Einwanderern am zahlreichsten vertreten; doch
findet man auch viele Teutsche und Franzosen, ja, sogar Chinesen. Die Bewohner
treiben vielfach Viehzucht. In keinem Lande der Welt giebt es so große Schaf-
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TM Hauptwörter (200): [T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima]]
Extrahierte Personennamen: Murray
Extrahierte Ortsnamen: Südamerika Brasilien Brasilien Jakaranda Brasilholz Rio
de_Janeiro Rhein Argentinien Fray-Bentos Montevideo Chile Valparaiso Peru Lima Peru Australien Europa Australiens