182
gelobte ihnen einen jährlichen Tribut. Dafür sollten sie
dann nicht mehr nach Deutschland kommen und das Vieh
wegtreiben. Sie waren das auch zufrieden. Die Zeit der
Ruhe benutzte Heinrich aufs beste. Er legte eine gute
Anzahl Städte an und liess dieselben mit Mauern und
Wassergräben umgeben. Solch eine ummauerte Stadt nannte
man Burg und ihre Bewohner Bürger. Aber es hielt
schwer, Leute zu finden, die in diesen Städten wohnen
mochten. Denn die Deutschen hebten von alters her das
Wohnen auf dem Lande und sagten: „Sollen wir uns ins
Gefängnis setzen? Die Städte mit ihren engen Mauern
sind nichts anderes als Gefängnisse.“ Da befahl Heinrich,
die Leute sollten losen und je der neunte Mann vom
Lande in die Stadt ziehen. In der Stadt aber wurde ein
Teil des Ertrages der Felder in Vorratskammern aufbe-
wahrt, und dem Landmanne in Kriegszeiten eine sichere
Zuflucht gewährt. Allmählich blühten diese Städte empor.
Die Bürger, welche im Kriege die Waffen zu führen
hatten, trieben im Frieden Handel und allerlei Gewerbe,
und so fanden sie hinter ihren Stadtmauern nicht nur
Schutz vor Gefahr, sondern gelangten auch nach und nach
zu erhöhtem Wohlstände.
Heinrich wollte aber sein Land nicht bloss durch
Festungen vor den Räubereien der Ungarn schützen; er
wollte den wilden Feinden auch eine wohlgerüstete Kriegs-
macht entgegenstellen. Daher verbesserte er das Heer-
wesen und übte seine Scharen aufs eifrigste in den Waffen.
Namentlich schuf er eine tüchtige Reiterei. Denn gerade
durch ihre raschen Pferde waren die Ungarn am meisten
gefährlich.
Als nun der neunjährige Waffenstillstand zuende war,
da kamen ungarische Gesandte und forderten wieder den
alten Zins. Aber Heinrich wies sie zurück. Ja man er-
zählt, er habe ihnen einen räudigen, an Schwanz und Ohren
verstümmelten Hund reichen lassen, um die Übermütigen
recht zu verhöhnen. Alsbald brachen nun die räuberischen
Feinde in zahlloser Menge, gleich einem Heuschrecken-
schwarm, alles verheerend ins Land ein. Aber es ging
nicht mehr wie früher. Die Bauern konnten jetzt ihr Vieh
und ihre sonstigen Habseligkeiten in die ummauerten Städte
flüchten, wo die Ungarn nicht einzudringen vermochten.
König Heinrich aber sammelte seine mutigen Krieger um
sich und schlug die Ungarn bei Merseburg so aufs
Haupt, dass sie Zeit seines Lebens nicht wiederkamen.
Nach Kappe.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Ungarn Ungarn Merseburg
184
lassen? Auf, gegen die Feinde des christlichen Namens kehret die
Schwerter! Als Sieger werdet ihr heimkehren oder die Märtyrer-
krone erlangen." Und alles Volk rief: „Gott will es, Gott will
es!" Wer an dem Heerzuge teilnehmen wollte, heftete sich ein
rotes Kreuz auf die Schulter. Davon wurden die Mitziehenden
Kreuzfahrer und die Kriege Kreuzzüge genannt. Im Herbste
des nächsten Jahres setzte sich ein gewaltiges Heer von Kreuz-
fahrern in Bewegung: mehr als eine halbe Million Menschen,
darunter viele Fürsten, Grafen und Ritter, zog gegen Morgen.
An der Spitze des Zuges stand der fromme und tapfere deutsche
Herzog Gottfried von Bouillon (spr. Buljong). Bis Kon-
stantinopel ging alles glücklich. Aber sobald das Heer von dort
nach Asien übergesetzt war, begann eine Zeit der Not und Trübsal.
Die Kreuzfahrer fanden an den Türken einen ebenso tapferen,
als listigen Feind: sie mußten monatelang einzelne Städte bela-
gern und litten durch die ungewohnte Sonnenglut des südlichen
Landes, durch Hunger und Seuchen ungeheure Verluste.
„Endlich, im dritten Jahre nach dem Aufbruch, näherten sich
die Übriggebliebenen dem Ziele. Als sie von einer Anhöhe die
heilige Stadt vor sich liegen sahen, sanken alle auf die Kniee,
und der tausendstimmige Freudenruf: Jerusalem! Jerusalem!
erschütterte die Luft. Allein die Eroberung der Stadt kostete
noch einen langen, heißen Kampf. Denn ihre festen Mauern wurden
durch ein starkes Türkeuheer verteidigt. Die Zahl der Kreuz-
fahrer aber war auf 20,000 Mann zusammengeschmolzen. Doch
ihre Begeisterung gewann den Sieg. Nach fünfwöchentlicher
mühevoller Belagerung erstürmten sie unter furchtbarem Blut-
vergießen die Stadt. Dann wählten sie Gottfried zum Könige.
Aber der demütige Held sprach: „Ich will nicht da die Königs-
krone tragen, wo mein Heiland unter der Dornenkrone geblutet
hat," und nannte sich nur Beschützer des heiligen Grabes.
Schon im folgenden Jahre starb er, und sein Bruder Balduin
wurde nun König von Jerusalem.
Das Königreich Jerusalem hatte unaufhörliche Kämpfe mit
den Türken zu bestehen. Zwar kamen ihm von Zeit zu Zeit
neue christliche Heere zu Hülfe; aber die Not der Christen in
Palästina wurde immer größer. Endlich eroberte der Sultan
Sa lad in die heilige Stadt und machte der christlichen Herrschaft
ein Ende, nachdem sie 88 Jahre bestanden hatte. Nun rüsteten
sich die mächtigsten Könige in Europa, um das gelobte Land
wieder zu gewinnen. Es erfolgte noch eine ganze Reihe von
Kreuzzügen; allein dieselben hatten keinen dauernden Erfolg.
Nach und nach kamen alle christlichen Besitzungen in Palästina
wieder in die Hände der Türken. Das war der Ausgang der
Kreuzzüge, die beinahe 200 Jahre dauerten. Andrä.
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Bouillon Gottfried Balduin
Extrahierte Ortsnamen: Asien Jerusalem Jerusalem Jerusalem Jerusalem Palästina Europa Palästina
360
Papste getheilt. Rudolf wurde in der Schlacht bei Merseburg tödtlich ver-
wundet und verlor seine Hand. Da rief er aus: „Dies ist die Hand, mit
welcher ich einst Heinrich, meinem Herrn, den Eid der Treue geschworen
habe." Nachdem der Kaiser in Deutschland gesiegt hatte, machte er sich ans
nach Italien und belagerte den Papst in der Engelsburg. Dieser floh nach
Salerno und starb mit den Worten: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt
und das Unrecht gehaßt; darum sterbe ich in der Verbannung." Seine
beiden Nachfolger erneuerten den Bann, und Heinrich mußte es erleben,
daß seine Söhne sich gegen ihn empörten. Dem Kummer erliegend, starb
er zu Lüttich 1106. Erst nach fünf Jahren löste der Papst den Bann,
und da erst fand die Leiche des unglücklichen Kaisers Ruhe im Kaisergrabe
zu Speier.
19. Die Eroberung Jerusalems.
Im Jahre 1094 erschien in Frankreich und Italien ein Mann in
bloßem Haupte, barfüßig, auf einem Esel reitend. Er nannte sich Peter
und war von Amiens in Frankreich. Ein langes Pilgergewand, von einem
Strick zusammengehalten, umwallte den hagern Leib. Die dürren Hände
hielten ein Kruzifix. Seine großen, dunklen Augen glühten in unheim-
lichem Feuer. Wohin er kam, lief alt und jung zusammen, um den
wundersamen Mann zu sehen und um den Worten zu lauschen, die wie
ein Strom aus seinem Munde flössen. Er kam aus dem heiligen Lande.
Mit grellen Farben malte er die Not, welche die christlichen Pilger dort
von den Ungläubigen zu ertragen hätten. Es sei der Christen Pflicht,
sprach er, in den heiligen Kampf zu ziehen und das Grab, darin der Herr
gelegen, denen zu entreißen, die den Namen des Sohnes Gottes höhnten.
Gewaltig waren die Wirkungen solcher begeisterten Rede.
Der Papst hielt zwei große Kirchenversammlungen ab, auf denen er
die Christen anfeuerte, in den heiligen Kampf zu ziehen. „Gott will es!
Gott will es!" riefen Tausende und aber Tausende. Fürsten, Ritter, freie
Männer und Knechte hefteten sich ein rotes Kreuz auf die Schulter, zum
Zeichen, daß sie zum Zuge ins heilige Land bereit seien. Von allen
Seiten sammelten sich die Kreuzfahrer, während die Fürsten ernstlich
rüsteten.
Schon im Frühling des Jahres 1096 brachen zwei ungeduldige Haufen,
meist zusammengelaufenes Gesindel, nach Palästina aus; aber Hunger,
Seuchen und das Schwert der Türken rieben sie auf, ehe sie das heilige
Land erreichten. — Im Herbste nach der Ernte machte sich der Hauptzug,
ein wohlgeordnetes, gut ausgerüstetes Heer unter Führung Gottfrieds
von Bouillon auf den Weg. Über 100 000 gepanzerte Reiter und
200000 streitbare Männer hatten sich zusammengefunden. Zweimal
wurden die Türken geschlagen. Antiochia wurde nach mouatelanger Be-
lagerung mit Sturm genommen. Nach drei Jahren unermeßlicher Müh-
seligkeiten, welche Hunger, Hitze und Verrat der Griechen herbeigeführt
hatten, erreichten die Kreuzfahrer Jerusalem. Nur 20 Ooo streitbare
Männer begrüßten die Stadt, aber alle Mühsale waren vergessen, Namcu-
lose Wonne ergriff sie; sie weinten vor Freude und küßten den Erdboden
und wären gern gleich eingezogen. Aber die Stadt war ^befestigt und von
60 000 Muhamedanern besetzt. Man schickte sich zum Sturme au; aber
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Peter Palästina Gottfrieds
Extrahierte Ortsnamen: Merseburg Deutschland Italien Engelsburg Salerno Jerusalems Frankreich Italien Amiens Frankreich Gottes Antiochia Jerusalem
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
12. Die Eroberung Jerusalems.
235
land gehe und sich aller königlichen Gewalt entschlage, bis aus einem Reichstage
entschieden sei, ob er König bleiben solle oder nicht. — Einen so harten Bescheid
hatte Heinrich doch nicht erwartet. Mit Unwillen und Zorn im Herzen schied er
von Gregor, nach der günstigen Stunde sich sehnend, wo er sich rächen könnte.
Bald brach er daher den mit ihm geschlossenen Vertrag, aber dies veran-
laßte die deutschen Fürsten, den Herzog Rudolf von Schwaben zum König
zu wählen. Heinrich kehrte nach Deutschland zurück und besiegte zwar seinen
Gegenkönig, aber das Reich litt furchtbar durch diese inneren Unruhen, und das
kaiserliche Ansehen sank immer tiefer. Da sich endlich sogar seine eigenen Söhne
gegen ihn empörten, endete er, der mit so schönen und edlen Gaben ausge-
rüstete Kaiser, voll Gram sein verlorenes Leben in Lüttich 1106.
Keck.
12. Die Eroberung Jerusalems.
3m Jahre 1094 erschien in Frankreich und Italien ein Mann, der barhaupt
und barfuß aus einem Esel ritt. Er nannte sich Peter und war von
Amiens in Frankreich. Eui langes Pilgergewand, von einem Strick zusammen-
gehalten, umwallte den hageren Leib. Die dürren Hände hielten ein Kruzifix.
Seine großen, dunklen Augen glühten in unheimlichem Feuer. Wohin er kam,
lief alt und jung zusammen, um den wundersamen Mann zu sehen und um den
Worten zu lauschen, die wie ein Strom aus seinem Munde flössen. Er kani aus
dem heiligen Lande. Mit grellen Farben malte er die Not, welche die christlichen
Pilger dort von den Ungläubigen zu ertragen hätten. Es sei der Christen Pflicht,
sprach er, in den heiligen Kampf zu ziehen und das Grab, darin der Herr gele-
gen, denen zu entreißen, die den Namen des Sohnes Gottes höhnten. Die Wir-
kungen solcher Reden waren um so gewaltiger, da eine begeisterte Frömmigkeit
damals alle Schichten des Volkes durchdrang und die Unruhe und Not der
Zeit aller Blicke aus das Ewige und Himmlische richteten.
Der Papst hielt zwei große Kirchenversammlungen ab, auf denen er die
Christen anfeuerte, in den heiligen Kampf zu ziehen. „Gott will es! Gott will
es!" riefen Tausende und aber Tausende. Fürsten, Ritter, freie Männer und
Knechte hefteten sich ein Kreuz auf die Schulter, zum Zeichen, daß sie zum Zuge
ins heilige Land bereit seien. Von allen Seiten sammelten sich die Kreuz-
fahrer, während die Fürsten sich ernstlich rüsteten.
Schon im Frühling des Jahres 1096 brachen zwei ungeduldige Hausen,
Meist zusammengelaufenes Gesindel, nach Palästina aus; aber Hunger, Seuchen
und das Schwert der Türken rieben sie auf, ehe sie das heilige Land erreich-
ten. — Im Herbste, nach der Ernte, machte sich der Hauptzug, ein wohlgeord-
netes, gut ausgerüstetes Heer, unter Führung Gottfrieds von Bouillon aus
den Weg. Über 100 000 gepanzerte Reiter und 200 000 streitbare Männer
hatten sich zusammengefunden. Zweimal wurden die Türken geschlagen. Antiochia
wurde nach monatelanger Belagerung mit Sturm genommen. Nach drei Jahren
unermeßlicher Mühseligkeiten, welche Hunger, Hille und Verrat der Griechen
herbeigeführt hatten, erreichten die Kreuzfahrer Jerusalem. Nur 20 000 streit-
bare Männer begrüßten die Stadt, aber alle Mühsale waren vergessen. Namen-
lose Wonne ergriff sie; sie weinten vor Freude und küßten den Erdboden und
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Gregor Gregor Rudolf_von_Schwaben Rudolf Heinrich Heinrich Peter Palästina Gottfrieds Hille
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalems Deutschland Lüttich Jerusalems Frankreich Italien Amiens Frankreich Gottes Antiochia Jerusalem
Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 9
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
12. Die Eroberung Jerusalems.
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ruhig nach Deutschland gehe und sich aller königlichen Gewalt entschlage, bis
auf einem Reichstage entschieden sei, ob er König bleiben solle oder nicht. —
Einen so harten Bescheid hatte Heinrich doch nicht erwartet. Mit Unwillen
und Zorn im Herzen schied er von Gregor, nach der günstigen Stunde sich
sehnend, wo er sich rächen könnte.
Bald brach er daher den mit ihm geschlossenen Vertrag, aber dies veran-
laßte die deutschen Fürsten, den Herzog Rudolf von Schwaben zum König
zu wählen. Heinrich kehrte nach Deutschland zurück und besiegte zwar seinen
Gegenkönig, aber das Reich litt furchtbar durch diese inneren Unruhen, und das
kaiserliche Ansehen sank immer tiefer. Da sich endlich sogar seine eigenen
Söhne gegen ihn empörten, endete er, der mit so schönen und edlen Gaben
ausgerüstete Kaiser, voll Gram sein verlorenes Leben in Lüttich 1106.
Keck.
12. Die Eroberung Jerusalems.
3m Jahre 1094 erschien in Frankreich und Italien ein Mann, der bar-
haupt und barfuß auf einem Esel ritt. Er nannte sich Peter und war
von Amiens in Frankreich. Ein langes Pilgergewand, von einem Strick
zusammengehalten, umwallte den hageren Leib. Die dürreü Hände hielten
ein Krneifip. Seine großen, dunklen Augen glühten in unheimlichem Feuer.
Wohin er kam, lief alt und jung zusammen, um den wundersamen Mann
zu sehen und um den Worten zu lauschen, die wie ein Strom aus seinem
Munde flössen. Er kam aus dem heiligen Lande. Mit grellen Farben
malte er die Not, welche die christlichen Pilger dort von den Ungläubigen zu
ertragen hätten. Es sei der Christen Pflicht, sprach er, in den heiligen Kamps
zu ziehen und das Grab, darin der Herr gelegen, denen zu entreißen, die den
Namen des Sohnes Gottes höhnten. Die Wirkungen solcher Reden waren um
so gewaltiger, da eine begeisterte Frömmigkeit damals alle Schichten des Volkes
durchdrang und die Unruhe und Not der Zeit aller Blicke auf das Ewige und
Himmlische richteten.
Der Papst hielt zwei große Kirchenversammlungen ab, ans denen er die
Christen anfeuerte, in den heiligen Kampf zu ziehen. „Gott will es! Gott
will es!" riefen Tausende und aber Tausende. Fürsten, Ritter, freie Männer
und Knechte hefteten sich ein Kreuz auf die Schulter, zum Zeichen, daß sie zum
Zuge ins heilige Land bereit seien. Von allen Seiten sammelten sich die
Kreuzfahrer, während die Fürsten ernstlich rüsteten.
Schon im Frühling des Jahres 1096 brachen zwei ungeduldige Haufen,
meist zusammengelaufenes Gesindel, nach Palästina auf; aber Hunger, Seuchen
und das Schwert der Türken rieben sie auf, ehe sie das heilige Land erreich-
ten. — Im Herbste. nach der Ernte, machte sich der Hcmptzug, ein wohl-
geordnetes, gut ausgerüstetes Heer, unter Führung Gottfrieds von Bouillon
auf den Weg. Über 100 0o0 gepanzerte Reiter und 200 000 streitbare Männer
hatten sich zusammengefunden. Zweimal wurden die Türken geschlagen. An-
tiochia wurde nach monatelanger Belagerung mit Sturm genommen. Nach drei
Jahren unenneßlicher Mühseligkeiten, welche Hunger, Hitze und Verrat der
Griechen herbeigeführt hatten, erreichten die Kreuzfahrer Jerusalem. Nur 20 000
streitbare Männer begrüßten die Stadt, aber alle Mühsale waren vergessen.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Gregor Gregor Rudolf_von_Schwaben Rudolf Heinrich Heinrich Peter Gottfrieds
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalems Deutschland Deutschland Lüttich Jerusalems Frankreich Italien Amiens Frankreich Gottes Palästina Jerusalem
124. Der erste Kreuzzug.
595
regt, gelobten Tausende, sich aufzumachen und die heiligen
Orte den Händen der Ungläubigen zu entreißen. Da berief
im März des folgenden Jahres (1095) der Papst Urban Ii.
eine Kirchenversammlung nach Piacenza, wo von der
versammelten Menge der beschlossene Kriegszug gegen die
Feinde des Kreuzes gebilligt wurde.
Acht Monate darauf, im November, hielt der Papst
eine zweite Versammlung zu Clermont im südlichen Frank-
reich. Die ganze weite Ebene war mit Menschen angefüllt,
die sich mit dem lauten Ruf: „Gott will es! Gott will es!"
zum Kriegszuge nach Palästina verpflichteten und sich durch
Anheften eines roten Kreuzes auf die rechte Schulter zu
diesem Zuge weihen ließen. Davon kommt ihr Name
Kreuzfahrer; denn „fahren" heißt so viel als reisen oder
ziehen. — In ganz Italien und Frankreich entstand eine
allgemeine Bewegung, welche sich auch dem westlichen Deutsch-
land mitteilte; überall rüstete man, alles drängte sich herbei,
das Kreuz zu nehmen. Bis zur Mitte August 1096 sollten
die Rüstungen beendet sein; allein viele Ungeduldige mochten
diesen Zeitpunkt nicht abwarten. Daher brachen schon im
Mai der Mönch Peter von Amiens und der Ritter Walter
von Habenichts an der Spitze ungeordneter und schlecht-
bewehrter Scharen auf. 80000 waren ausgezogen, von
denen aber kaum einer Jerusalem sah; denn da sie wie
Räuber in den Ländern, die sie durchzogen, hausten, wurden
sie wie Räuber erschlagen.
An die Spitze des Hauptzuges trat Gottfried von
Bouillon, Herzog von Niederlothringen, der sich in den
inneren Kriegen Deutschlands als treuer Anhänger des vierten
Heinrich ausgezeichnet und den Gegenkaiser Rudolf ge-
tötet hatte. Er brach am 15. August 1096 mit einem
trefflich gerüsteten Heere (80000 Mann zu Fuß und
10000 Reiter) von den Ufern der Maas auf, durchzog,
die strengste Mannszucht beobachtend, ohne Unfall Deutsch-
land, Ungarn, Bulgarien und das griechische Reich. Unter
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Extrahierte Personennamen: Urban August Peter_von_Amiens Walter
von_Habenichts Gottfried_von
Bouillon Heinrich Heinrich Rudolf Rudolf August
138
chnen überlegen und dabei vortreffliche Bogenschützen waren.
Daher hatten die deutschen Fürsten, um vor den furchtbar
wilden Ungarn Ruhe zu haben, ihnen einen jährlichen Tri-
but zu zahlen versprochen, den auch Heinrich eine Zeit
lang bewilligte.
Heinrichs Hauptsorge war nun darauf gerichtet, die
Grenzen seines Reichs gegen diese verderblichen Anfälle der
Barbaren sicher zu stellen, und seiner Klugheit und Tapfer-
keit gelang es, sie von den deutschen Grenzen entfernt zu
halten. Einst führte ihm der Zufall bei einem solchen ver-
heerenden Zuge der Ungarn einen ihrer Anführer in seine
Gewalt, den sie sehr liebten und für dessen Befreiung sie
große Summen boten. Heinrich gab ihn aber nicht eher
frei, bis die Ungarn einen neunjährigen Waffenstillstand
eingingen, jedoch unter der Bedingung, daß nach Endigung
desselben ihnen der zeitherige Tribut von Neuem gezahlt
werden sollte.
Diesen neunjährigen Waffenstillstand benutzte nun Hein-
rich dazu, die ganze schwerfällige Kriegsart der Deutschen
umzuschaffen, diese an leichtere Bewegung mit Pferd und
Waffen zu gewöhnen, und ließ dann seine Truppen im
Kampfe mit den Slaven sich üben und bewähren. Auch
das offene Land sicherte er dadurch, daß er nicht nur allent-
halben Schanzen, sondern auch Städte anlegte, die er mit
Wällen und Gräben umgab, in welche theils Truppen, theils
der neunte Mann vom Lande gelegt, und wohin in Kriegs-
zeiten alles Getraide, Hab und Gut der Landleute geschafft
wurde. So entstanden viele neue Städte in Sachsen und
Thüringen, z. B. Gotha, Nordhausen, Duderstadt, Goslar,
Merseburg, Quedlinburg, Bremen und andere, welche stark
mit Wällen, Mauern und Gräben befestigt wurden. Solche
feste Plätze hießen Burgen und ihre Bewohner Bürger, die-
jenigen aber, welche auf dem Lande wohnten und das Feld
baueten, hießen und heißen noch Bauern. So konnten
die stürmischen Reiterschaaren der Hunnen, der Belage-
rung unkundig, den Städten nichts anhaben, und im
offenen Land fanden sie wenig, weil bei einem neuen
Einfalle Alles in die Städte flüchtete und Hab und Gut
dahin schaffte.
Als unter diesen guten Anstalten der neunjährige
Waffenstillstand zu Ende gehen wollte, berief König Hein-
rich der ungarischen Angelegenheiten wegen die Vor-
nehmsten des Reichs zu sich und sprach zu ihnen also:
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Heinrich B._Gotha König_Hein-
214
kam den 22. August in Braunau an. Der Prozeß wurde
sogleich eingeleitet und schon am 26. August, nachdem Palm
in zwei Verhören seine Unschuld dargethan zu haben glaubte
und seine Lossagung erwartete, sein Todesurtheil gefällt
und sofort vollzogen.
Napoleon hatte seinen Tod im Voraus befohlen und
das in dieser Sache niedergesetzte außerordentliche Kriegs-
gericht war nur ein militärisches Puppenspiel. Für den
unglücklichen Palm hatte, ungeachtet das Urtheil dieß be-
hauptete, kein Vertheidiger gesprochen, da der von ihm er-
betene nicht erschienen war und das Kriegsgericht ihm einen
zu geben nicht für nöthig gefunden hatte. Ein Dolmetscher
leitete die Verhöre. Palm war bei seiner ersten Behauptung
standhaft geblieben; auch fand sich in der ihm zur Last ge-
legten Schrift kein Aufruf zum Aufruhr oder Meuchelmorde.
Er glaubte daher, als man am 26. halb 11 Uhr Mittags
seinen Kerker öffnete und ihn in den Hof des Gefängnisses
führte, man werde ihm seine Freilassung ankündigen. Statt
dessen ward ihm das. Todesurtheil vorgelesen, welches nicht
nach 24 Stunden, sondern denselben Tag um 2 Uhr voll-
zogen werden sollte. Vergebens ward der General St. Hi-
laire von Braunauer Frauen und Kindern um Aufschub
angefleht. Der Kaiser allein, hieß es, könne begnadigen,
wenn er zugegen wäre. Dieser habe das Todesurtheil aus-
gesprochen und die unaufschiebbare Vollziehung anbefohlen.
Palm starb als ein Märtyrer der guten Sache. Der Britte
steuerte milde Beiträge für die unglückliche Familie des Ge-
mordeten; in Petersburg trug der Kaiser Alexander und die
Kaiserin Mutter großmüthig zu einer Sammlung bei; ein-
zelne Städte in Deutschland, Berlin, Leipzig, Dresden, Ham-
burg und Dorpat thaten dasselbe. Der Name Palm ent-
flammte den Zorn der deutschen Krieger.
89. Andreas Hofer.
Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war,
In Mantua zum Tode
Führt' ihn der Feinde Schaar;
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland ach in Schmach und Schmerz!
Mit ihm das Land Tyrol.
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: August August Napoleon Palm Palm Alexander Alexander Andreas_Hofer
Extrahierte Ortsnamen: Braunau Petersburg Deutschland Berlin Leipzig Dresden Dorpat Mantua Mantua Deutschland Tyrol
232
Nun schwur der Kaiser, er werde die Krone nicht wieder aufsetzen,
bis er solch frechen Trotz gebrochen habe. Er bezwang ihn durch
Schwert und Hunger. Barfuß und barhaupt, in zerrissenen
Kleidern, ein bloßes Schwert oder einen Strick am Halse und
Asche auf dem Haupte, das Kreuz voran, kamen sie hinaus in
sein Lager und baten um Frieden und Gnade. Er aber ließ die
Mauern der Stadt niederreißen und die Bewohner mußten sich
in offenen Flecken ansiedeln. Aber bald entstand an einer anderen
Stelle eine neue, gegen Friedrich feindliche Stadt, Alessandria,
so genannt nach dem Papst Alexander Iii., welcher der lombar-
dischen Städte Freund und Helfer war. So dauerte der Kampf
noch lange fort. Der Kaiser kam selbst oft in Lebensgefahr: bei
der Etschklause hatte der Feind in einem engen Paß zwischen
Fels und Fluß das Heer umzingelt und nur der Tapferkeit
Ottos von Wittelsbach verdankte Friedrich seine Rettung; in Susa
hatten Bürger sich verschworen ihn im Schlafe zu ermorden;
aber der treue Hartmann von Siebeneichen half dem Kaiser zur
Flucht, indem er sich selbst in dessen Bett legte; die Feinde ehrten
diese Treue und schenkten ihm das Leben.
Ganz besonders hinderlich war es für Friedrich bei diesen
Kämpfen, daß er sich auf die Unterstützung der deutschen Fürsten
nicht verlassen konnte. Die Ordnung im deutschen Reiche war
nämlich diese: der König überließ einen Teil des ihm gehörigen
Landes an Edelleute auf unbestimmte Zeit. Eine solche Besitzung
hieß Lehen, der Geber Lehnsherr, der Inhaber Lehnsmann oder
Vasall. Dieser mußte seinen Lehnsherrn mit Leib und Leben,
Gut und Ehre verteidigen und ihm in seine Kriege folgen. Nun
wurden aber die Vasallen übermächtig und übermütig und Her-
zoge, Fürsten und Grafen führten oft Krieg auf eigene Hand,
auch gegen ihren König, oder sie weigerten sich ihm mit ihren
Leuten im Kriege zu Dienste zu sein. Der mächtigste unter diesen
Vasallen war zu Friedrichs Zeit der Herzog Heinrich der Löwe
aus dem Geschlechte der Welfen; ihm gehörten Braunschweig und
Lüneburg, Bayern und Sachsen. Dieser stolze Mann weigerte
sich dem Kaiser Heerfolge gegen die lombardischen Städte zu leisten.
Der Kaiser bat ihn, ja er fiel ihm zu Füßen. Alles umsonst.
Da nahte die Kaiserin ihrem Gemahl und sprach: „Stehet auf,
lieber Herr; Gott wird Euch helfen, wenn Ihr einst dieses Tages
und Hochmutes gedenket!" Dieser Abfall Heinrichs des Löwen
war hauptsächlich schuld an der Niederlage, welche Friedrich
bei Legnano durch die Italiener erlitt. Wie oft hat doch die
Uneinigkeit der Deutschen ihren Feinden zum Siege geholfen!
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Alexander_Iii Alexander Ottos_von_Wittelsbach Ottos Friedrich Friedrich Hartmann Friedrich Friedrich Friedrichs Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrichs Friedrich
bei_Legnano Friedrich
414
Waffen. Hofer, in den heißesten Tagen bewährt durch Klugheit
und Entschlossenheit, wurde zum Oberkommandanten des
Landes erwählt. Sogleich trat das alte Recht wieder ln Geltung
und die Verwaltung des Landes wurde auf gut österreichisch
eingerichtet. Er mußte zwar ein Schloß bewohnen, aber mit
dreißig Kreuzern ließ er sein Mittagsmahl bestreiten. Auch ließ
er sich in seiner frommen Hausordnung niemals stören. Wenn
Gäste da waren, pflegte er zu sagen: „Habt mit gegessen, könnt
auch mit beten!" Und mit den Soldaten im Hofe hielt er täg-
lich seine Andacht, wie er es daheim mit seinen Kindern gewohnt
war. Endlich mußte doch das tapfere Land der Übermacht er-
liegen. Durch Verrat fiel auch Hofer in Feindeshand; zugleich
mit ihm Weib und Kind und sein Schreiber. Es war am
30. Januar 1810. Die Gefangenen wurden gebunden und mit
nackten, blutenden Füßen über Eis und scharfes Gestein nach
Botzen geführt. Hofer selbst wurde mit entsetzlicher Roheit
mißhandelt. Man raufte ihm seinen Bart, bis das Blut heraus-
quoll, welches dann in der scharfen Kälte auf den Wunden so-
gleich gefror. Dennoch ermahnte er seine Frau, als sie ver-
zweifeln wollte: „Bete, sei standhaft, leide mit Geduld!" Von
Botzen, wo man ihn menschlicher zu behandeln anfing, wurde er
nach Mantua in Oberitalien geschleppt. Hier sollte er auf
Napoleons Befehl erschossen werden. Es war ein überwältigender
Anblick, als der kräftige Tirolerheld mit dem ernsten, aber milden
Angesichte und dem schwarzen Barte, die breite, treue Brust
entblößt, seinen letzten Gang antrat (20. Februar). Mail wollte
ihm die Augen verbinden und hieß ihn niederknien. Er aber
verweigerte beides. „Ich stehe hier," rief er, „vor dem, der mich
erschaffen hat, und stehend will ich ihm meinen unsterblichen
Geist wiedergeben!"
Und von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal.
Und Sandwirt Hofer betet
Allhier zum letzten Mal;
Dann ruft er: „Nun, so trefft mich recht!
Gebt Feuer! — Ach, wie schießt ihr schlecht! —
Ade, mein Land Tirol!" Fix.
-j-326. Fürst Blücher und sein Jugendfreund.
Held Blücher reiste nach seiner Erhebung in den Fürsten-
stand nach seiner Vaterstadt Rostock, wo er seit vielen Jahren
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief]]