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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 203

1911 - Erfurt : Keyser
— 203 - gen schien, ging rasch vorwärts. Er verwandte keinen Blick von der Bühne, hielt ein goldenes Taschenfernglas in der Hand, welches er aus und zu schob, und durch das er zuweilen sah; dann nahm er auch wohl eine Prise Tabak aus einer kleinen, ganz flachen Dose. Gesprochen ward gar nichts. Alexander lorgnettierte (Lorgnette = Handbrille) zuweilen die Logen, der Primas schlief zuletzt ein. Jerome konnte sein Uebelbefinden und seine schlechte Laune gar nicht verbergen, die übrigen faßen in steifer Förmlichkeit da. Alexander ist groß und hübsch und, wie man sagt, im Umgang höchst liebenswürdig. Sein Aeußeres hat nichts Geistreiches, auch fehlt es ihm an ruhigem Anstande, und der kahle, stark gepuderte Kopf entstellt ilm. Konstantin ist was kleiner, aber muskulöser gebaut, jedoch der Kalmückengesichtsausdruck (Kalmücken = ästat. Volksstamm) ist gar zu widrig. Nach beendigtem Schauspiel stand Napoleon zuerst auf, gab Alexander den Pas (Vortritt), brachte ihn in feinem Wagen zu Haus, und alle übrigen folgten nach ibrer Reihe. Ungeheuer ermüdet kamen wir selbst nach Haus. Ich kann sagen, in einem solchen Gedränge habe ich mich noch nie befunden; man mißhandelte sich, einer den anderen. (Nach dem bezgl. Briefe aus Fr. Schulze „Die Franzosenzeit usw.") e) Goethes Unterredung mit Dapoleon am 2. Oktober 1808 im Gouvernement zu Erfurt. (Gekürzt.) Ich wurde um 11 Uhr vormittags zu dem Kaiser bestellt. Ein dicker Kammerherr, Pole, kündigte mir an, zu verweilen. Die Menge entfernte sich. Ich werde hereingerufen. Trete ein. Der Kaiser sitzt an einem großen, runden Tische, srühstückend. Er winkt mir, heranzukommen. Ich bleibe in schicklicher Entsernung vor ihm stehen. Nachdem er mich ausmerksam angeblickt, sagte er: „Vous etes un homme.“ Ich verbeugte mich. Er fragt: „Wie alt seid Ihr?" Sechzig Jahre. „Ihr habt Euch gut erhalten. — Ihr habt Trauerspiele geschrieben." Ich antwortete das Notwendigste. Er wandte dann das Gespräch auf den „Werther", den er durch und durch mochte studiert haben. Nach verschiedenen, ganz richtigen Bemerkungen bezeichnete er eine gewisse Stelle und sagte: „Warum habt Ihr das getan? Es ist nicht naturgemäß." Welches er weitläufig und vollkommen richtig auseinandersetzte. Ich hörte ihm mit heiterem Gesichte zu und antwortete mit einem vergnügten Lächeln, daß ich zwar nicht wisse, ob mir irgend jemand denselben Vorwurf gemacht habe; aber ich finde ihn ganz richtig und gestehe, daß an dieser Stelle etwas Unwahres nachzuweisen sei. Allein, setzte ich hinzu, es wäre dem Dichter vielleicht zu verzeihen, wenn er sich eines nicht leicht zu entdeckenden Kunstgriffes bediene, um gewisse Wirkungen hervorzubringen, die er aus einem einfachen, natürlichen Wege nicht hätte erreichen können. Der Kaiser schien damit zufrieden. . . .

2. Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart - S. 6

1909 - Leipzig : Hirt
05 8. Zimmer im Zopfstil. Gerade Linien herrschen vor (vgl. Bild 4). Die blumigen Arabesken mit den Amoretten nähern sich mehr der Natur als die Verzierungen des Rokoko. Am meisten tritt der Unterschied in den Möbeln hervor, die vom Rokoko nur die Zierlichkeit, nicht aber die Formen beibehalten haben. •ua8un;(pi;mmdiuuu£

3. Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart - S. 8

1909 - Leipzig : Hirt
8 Industrie. i , 10. Webstuhl mit Futzbetrieb. Die Webkunst hatte in Ägypten schon etwa im Jahre 2000 v. Chr. eine hohe Entwicklungsstufe erreicht. Über Griechenland und Italien verbreitete sie sich nach dem übrigen Europa. — Der Weber wirft das Schiffchen, in dem sich die Spule mit den Ouerfäden befindet, nach rechts und links zwischen den Längsfäden hindurch, die er mittels Fußantriebs wechselweise öffnet und schließt. Den einfachen Webstuhl verdrängt allmählich der moderne Maschinenbetrieb. 11. Spinnrad. 12. Spihenklöppeln. Auf dem Spinnrade wußten unsere geschickten Urgroßmütter einen Faden herzustellen, dessen Feinheit und Gleichmäßigkeit von der Spinnmaschine kaum erreicht wird. Aber die sparsam arbeitende Klöpplerin des Sächsischen Erzgebirges, wo das Klöppeln seit dem 16. Jahrhundert heimisch ist, gibt doch dem billigen Maschinenfaden den Borzug.

4. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 141

1906 - München : Oldenbourg
29. Albrecht Dürer. 141 Holztüre ist es das getreue Abbild eines fränkischen Bauernhofes der damaligen Zeit, wie ihn Dürer und manche seiner Zeitgenossen oft dargestellt haben. Damit stehen wir bei einem anderen Punkte seines Schaffens: bei der Landschaft. Auch hier fußt Dürer auf seinen Vorgängern. Schon hundertfünfzig Jahre vor ihm brachte man, vor allem in Frankreich, Andeutungen einer Landschaft, wie einen Baum, einen Hügel, auf Heiligenbildern an. Achtzig Jahre vor ihm schufen dann Niederländer, wie Jan van Eyk, aber auch Deutsche auf ihren Bildern große landschaftliche Hintergründe. Aber allen bis zu Dürers Vorläufern herab fehlt die Einheit zwischen dem szenischen Vorgang und dem Hintergründe; das Bild zersällt in zwei Teile: die Figuren im Vordergründe und die Wiesen, Berge und Städte in der Ferne. Der Übergang zwischen beiden, der „Mittelgrund", ist mehr oder weniger geschickt verdeckt oder mit kulissenartigen Bauten verstellt. Erst Dürer gelingt es die Landschaft von vorne bis zum Horizont ununterbrochen durchzuführen. Folgen wir ihm ein wenig auf unserem Bilde! Da ist vorne hinter dem niederen Gemäuer ein Hof, in dem ein Faß und unbehauenes Holz liegt und Hühner picken. Dann kommt die vielgestaltige Ruine mit der vorgebauten Treppe, dem Brunnen, dem Holzgang und dem noch bewohnten Anbau. Darau schließt sich der erwähnte Bauernhof und weiter ein zerfallenes Tor. Und noch hinter diesem Tore, zum Teil durch dasselbe, sehen wir den Felskopf mit der Burg, eiu Tal und fernes Gebirge. So zwingt uns der Künstler, an hundert kleinen Zügen nach und nach die ganze Weite des Raumes bis zum Horizont zu durchmessen. Auffallen mag, ans welchen Teilen Dürer feine Landschaft zusammensetzt; besonders die in ihren Einzelheiten so reizvoll phantastische Ruine wird Erstaunen erregen, wenn sie auch anderseits an moderne Romantik erinnert. Gerade in ihr liegt aber ein echt deutscher Zug. Die Ruinenromantik war den Deutschen und Niederländern schon lange eigen und lieb geworden, besonders bei Darstellungen aus der Kindheit Christi; der Stall in Bethlehem ist fast immer in eine Ruine verwandelt. Auch die Burg im Hintergründe entspringt derselben Gefühlsrichtung. Während der Italiener gerne einen Phantasieban in strengen, vollendeten Renaissanceformen aus seinen Bildern anbringt, liegt es dem Deutschen viel näher den melancholischen Reiz zerfallenden Gemäuers oder die Vielgestaltigkeit seiner heimischen Burgen zu schildern. Betrachten wir nun noch die Mittel, mit denen Dürer den Eindruck dieser Raumweite erreicht. Ich muß hier kurz von Perspektive reden, wenigstens von einem Hanptgrnndsatz derselben. Parallele Linien, die vom Beschauer wegführen, scheinen zu konvergieren und würden sich, in ihrem scheinbaren Verlaufe bis außerhalb der Sehweite verlängert, alle in einem Punkte schneiden. Dieser auf der Zeichnung konstruierbare Punkt heißt der Augenpunkt. Beobachten wir nun Dürers Landschaft nach dieser Richtung! Da sehen wir ans der linken Bildseite eine Menge solcher Linien: die wagrechten Fugen der

5. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 142

1906 - München : Oldenbourg
142 29. Albrecht Dürer. Mauer und der Holzwand, die Dächer, die Tür- und Fensterstürze, sie laufen alle unter sich parallel und scheinen daher zu konvergieren. Legen wir ein Lineal an, so finden wir auch, daß sie sich schneiden würden in einem Punkte, der etwa im unteren Drittel der Toröffnung im Hintergründe liegt. Die Hohe dieses Augenpunktes im Bilde ist abhängig vom Standpunkt des Beschauers; je weiter dieser in der Wirklichkeit von der Linie entsernt ist, die der Künstler als vorderen Bildrand bestimmt hat, desto niederer liegt er. In unserem Falle stehen wir also ziemlich nah. Daher kommt es auch, daß wir z. B. in die Wiege hineinschauen, daß wir die Oberseite von Josephs Beil erblicken und auf die Engelkinder von oben herabsehen. Für Dürer lag eine so starke Betonung der perspektivischen Mittel sehr-nahe. Nicht immer waren sie nämlich bekannt. Dürers Vorgänger hatten nur eine schwache Ahnung von ihnen. Dagegen hatten die Italiener, gestützt auf ihre mathematischen Studien, sie schon hundert Jahre früher gefunden und gerade diese Kenntnis hatte der italienischen Kunst ihre große Überlegenheit über die des Nordens verliehen. Dürer nun hatte die Kenntnis der Perspektive von italienischen Künstlern und Theoretikern erlernt und sie zuerst in das deutsche Kuustlebeu eingeführt. Kein Wunder, daß er sich nun dieses neuen Könnens besonders freut und es dem Beschauer recht deutlich vor Augen führen will. Da sind wir nun bei einem wichtigen entwicklungsgeschichtlichen Moment angelangt, bei der Raumgestaltung Dürers. Denn hierin liegt die Stellung des einzelnen Künstlers zum Fortschritt der Gesamtkunst. Auffassung, Gedanken, Kraft der Darstellung wechseln nach Persönlichkeiten und Zeiteinflüssen; die Raumgestaltung aber schreitet ununterbrochen fort, von den ersten Anfängen der mittelalterlichen Malerei, wo einzelne Heiligengestalten als körperlose Fläche aus teppichartigem Grunde gezeichnet worden, bis zu den Deckenmalereien des Barock, die in unermeßlichen Weiten schwelgen. Bei Dürer sehen wir einen wichtigen Abschnitt vollendet: die Linearperspektive. Dürer ist imstande jeden Raum vollkommen einwandfrei zu zeichnen und die einzelnen Gegenstände und Personen in beliebiger Entfernung vom vorderen Bildrande richtig anzubringen. In diesem Punkte war über ihn hinaus kein Fortschritt mehr möglich. In anderer Hinsicht aber ist Dürer noch unfertig, tu der Luftperspektive. Durch die Brechung der Luft nämlich verschwimmen die Farben in einer gewissen Entfernung vom Beschauer und zwar manche früher als andere. Die Reihenfolge, nach der dies geschieht, entspricht genau der Farbenfolge des Sonnenspektrums: die roten Töne verschwimmen zuerst, die blauen zuletzt. Dies Gesetz ahnten wohl die Maler schon vor Dürer; sie malen die Berge des Horizontes blau und dämpfen lichte Tone, je weiter sie vom Vordergrund entfernt sind. Richtig erforscht wurde das Zusammenwirken der Farbe jedoch erst nach Dürers Zeit und deshalb muten uns seine Bilder viel altertümlicher an als alle seine schwarz-weißen Werke.

6. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 143

1906 - München : Oldenbourg
29. Albrecht Dürer. 143 Hand in Hand mit der Entwicklung der Raumdarstellung ging auch der Fortschritt in der Anatomie. Auch hier finden wir bei Dürer im Vergleich zu seinen Vorläufern den Übergang vom unsicheren Tasten zum bewußten Können. Dürer war der erste deutsche Künstler, der sich — wieder an der Hand italienischer Lehrer — eingehend mit dem Bau des menschlichen Körpers beschäftigt und hierzu eiue Reihe vou Studien gezeichnet hat. So gut wie der Körper-selbst beschäftigte ihn auch die Kleidung, wie uns ebenfalls eine große Zahl von Zeichnungen beweist. So war er von allen deutschen Künstlern zuerst imstande eine Figur richtig darzustellen, wenigstens so lange es sich um einfache, ruhige Stellungen handelte. Allzu erregte und verwickelte Bewegungen, wie sie spätere Virtuosen liebten, hätte er wohl noch nicht zuwege gebracht. Allein von diesen hielt ihn schon seine ganze Kunstweise fern. Überhaupt ist die Bewegung ein Gebiet, das besonders besprochen sein will; es fällt durchaus nicht immer mit der Anatomie zusammen. Hundertfünfzig Jahre vor Dürer zeichneten französische Miniatoren die überzierlichen, gesuchten Modebewegnngen der damaligen Stutzer und Damen mit fabelhaftem Geschick ohne jede Kenntnis der Anatomie. Die Art, wie ein Bein über das andere geschlagen, ein Handgelenk abgebogen, ein Finger ausgespreizt wird, ist charakteristisch wiedergegeben, das Bein aber oder die Hand selbst sehr oft verzeichnet. Später strebte man mehr nach richtiger Form, die Feinheit der Bewegung wurde darüber vergessen. So ist es auch bei Dürer: ich muß hier gerade auf den schwächsten Pnnkt unseres Künstlers hinweisen. Feinheiten der Bewegung konnte Dürer nie beobachten. Sehen wir die Hände Josephs an! Wohl sind sie trefflich gezeichnet, aber kein Zug deutet uns an, ob die Axt eben gehoben werden soll oder der Schlag gerade zu Eude ist; man glaubt, sie verharrten ruhig in dieser Stellung. Auch von den Händen Marias mit Faden und Spindel gilt dasselbe. Trefflich in dieser Hinsicht sind nur die Engel im Vordergründe, namentlich jener, der eben Holzabsülle am Boden zusammenrecht. Der Mangel in der Bewegung bei Dürer ist gerade die Ursache, warum so vielen seine Figuren steif und hölzeru erscheinen. Wollen wir einen Künstler kennen lernen, so müssen wir auch seine Fehler erkennen. Sind wir uns aber über dieselben einmal klar geworden, dann können wir über sie hinwegsehen, wir können dann hier trotz der mißlungenen Bewegungen die kraftvolle Zeichnung und den wundervollen Ausdruck der Gestalten vollauf würdigen und genießen. Zum Schluß muß ich noch ein Gebiet in Dürers Kunst erwähnen, ohne das ihr Bild nicht vollständig wäre: die Ornamentik. Denn auch hier war Dürer in gewissem Sinne ein Bahnbrecher; er war einer der ersten, der das Ornament der italienischen Renaissance in Deutschland eingeführt hat. Freilich hat er sich nie so eingehend damit beschäftigt wie seine Augsburger Zeitgenossen oder seine Nachfolger in Nürnberg. Es interessierte ihn nur gelegentlich zur Ausschmücknng seiner Darstellungen, vor allem der Gebäude; nur in

7. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 262

1906 - München : Oldenbourg
262 49. Elisabeth Charlotte. ist der Inhalt, der es erfüllt, das Wichtigste darin eine Galerie von Porträts und unter diesen ist eines, darauf steuern wir zu: ein kleines Mädchen mit vollwangigein Gesicht; aus diesem Gesicht herausblickend zwei Augen, leuchtend blau, aus denen das Leben hervorschießt wie ein Strahl — wahrhaftig — das Abbild des wundersamen Geschöpfes, das wir droben im Walde soeben gesehen. Und wenn noch ein Zweifel bliebe — unter dem Bilde steht ja der Name: „Liselotte". Liselotte, weiter nichts. Mehr braucht es auch nicht. Denn indem wir das Bild betrachten, fühlen wir, daß wir einem Stückchen Menschheit gegenüberstehen, das nicht erst durch Abstammung, Familie und Verhältnisse etwas wird und ist, nein, sondern einem Wesen, das ganz nur ans sich selbst, durch sich selbst ist, so nur lebend und webend in Fülle und Saft bet eigenen Persönlichkeit, so umwittert vom Erdgeruch des Bodens, aus dem es stammt, daß es wie ein Erzeugnis dieses Bodens, ein Gewächs daraus, eine Blume, ein Baum erscheint. Ein Vollblutmensch — diese Empfindung springt uns geradezu an — eine Persönlichkeit, die nie und unter keinen Umständen anders wird sein können als so, wie die Natur sie geprägt hat, eine geniale. Um sie her und über ihr die Bilder ihrer Angehörigen: dort neben ihr der Bruder Karl, dessen verträumt-vergrämtes Gesicht so aussieht, als ahnte der Knabe schou, daß er dereinst der letzte Mann seines Stammes, der letzte Kurfürst aus dem Hause Psalz-Simmern sein und daß sein Hingang das Signal zu unermeßlichem Greuel werden wird. Über ihr das Bild ihres Vaters, Karl Ludwigs des Kurfürsten. Neben diesem das Bild ihrer Mutter, Charlotte von Hessen, und neben dieser wieder die schöne Luise von Degenfeld, die ihr Vater zur Frau nahm, nachdem er sich von der Charlotte hatte scheiden lassen. So viel häuslicher Schatten über dem jungen, vom Licht umflossenen Haupt! Und dort zur Seite ein noch finsterer Schatten: die Bilder dort ihres Großvaters und ihrer Großmutter, der beiden Schicksalsmenschen, des Kurfürsten Friedrich V., des Winterkönigs, und seiner Gemahlin Elisabeth, der Tochter König Jakobs I. von England. Der Kurfürst in goldstrotzendem Prachtgewand, die Frau neben ihm von prachtvoller, kalter, furchtbarer Schönheit; zwei Augen in ihrem Kopfe, groß, rund wie Kugeln, ans denen der unsägliche, verachtungsvolle Hochmut blickt, mit dem die Engländerin auf alles Deutsche sieht, Augen, von denen man die Empfindung bekommt, als hätte der schwächliche Mann an ihrer Seite zerknicken müssen, wenn sie sich mit dumpfer Frage auf ihn wälzten: „Was? Nicht König von Böhmen werden wollen? Zu feige dazu, Euer Liebdeu?" — Und nachdem wir so ihre Verwandtschaft durchmustert, kehren wir zurück zu der, auf die allein es uns ankommt, bei der wir bleiben, zu der Elisabeth Charlotte, genannt Liselotte, zu dem Maienkinde Heidelbergs, das hier im Schlosse, vielleicht im Otto-Heinrich-Ban, vielleicht in dem Zimmer, wo heut ihr Bild hängt, das aber damals freilich, anders aussah, am 27. Mai 1652 geboren wurde. Kehren zurück zu ihrem Bilde und sagen uns, daß es gemalt worden ist in der Zeit, von der sie

8. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 274

1906 - München : Oldenbourg
274 51. Kurfürst Max Emanuel am Scheidewege. ein. Der Waffengang zwischen den beiden Mächten, die seit Generationen die Welt in zwei feindliche Lager schieden, zog Europa in Mitleidenschaft. „Zahlte uns die Krone Spanien die in die Niederlande gesteckten Millionen, wollten wir alsdann wohl wieder den Rückweg nach Bayern finden!" Diese Worte eines bayerischen Staatsmannes sind der Ausdruck der ersten Stimmung, die sich des Kursürsten oon Bayern und seiner Umgebung nach der Katastrophe vom 6. Februar bemächtigt hatte. Doch diese Resignation, wenn sie überhaupt jemals ernstlich existiert hat, war und mußte von kurzer Dauer sein. Bayern in die Mitte zwischen die beiden ringenden Weltmächte gestellt konnte jetzt ebensowenig wie früher eine wirkliche Neutralität aus eigenen Kräften aufrechterhalten; Bayern von dem umklammernden Österreich in seiner Existenz stetig beengt durfte nicht mit gefalteten Händen der Möglichkeit in das Auge sehen, daß der durch die Angliederung Ungarns zu einer Großmacht emporgewachsene habsburgische Nachbar sich neuerdings einseitig stärke; Bayern mußte im Interesse der eigenen Lebensfähigkeit die Gelegenheit zu einer Mehrung seiner Macht ebenso benutzen, wie es andere deutsche Reichsstände, wie es Hannover, Preußen, Sachsen taten. Das konnte nur geschehen in mehr oder minder offenem Anschluß an eine der beiden ringenden Großmächte. Den Ausschlag mußte nach den von den Vorfahren, nach den auch von Max Emanuel gemachten Erfahrungen nicht die Treue gegen das Haus Habsburg, sondern die größere oder geringere Aussicht auf Gewinn geben. Seit Dezember 1700 verhandelte ein Vertrauter Max Emanuels, Graf Monasterol, in Versailles, seit Ansang des Jahres 1701 ein Vertreter Frankreichs am Hofe des Kursürsten. Am 9. März 1701 führten diese Verhandlungen zu einem Vertrage zwischen Bayern und Frankreich. Gegen monatliche Snbsidien-gelder von 30000 Talern, gegen Garantierung der zu Gunsten der spanischen Niederlande verwandten bayerischen Gelder, gegen Eröffnung von Aussichten auf Erwerbung der römischen Kaiser- und Königswürde versprach der Kurfürst Aufrechthaltung einer Frankreich wohlwollenden Neutralität, Aufstellung einer Observationsarmee von 10000 Mann um den kaiserlichen Völkern den Durchzug zu verwehren, Werbung der südwestdeutschen Kreise für dieselbe bewaffnete Neutralität. Der Kurfürst hielt sich daneben den Weg zu einer Verständigung mit dem Kaiser noch immer offen. Im Frühjahr 1701 machte der Wiener Hof durch Sendung des Grafen Schlick den ersten Versuch Max Emanuel zum Anschluß an den Kaiser zu gewinnen. Anfangs Juni 1702 erschien Graf Schlick zum zweiten Male in Bayern. Er schieb mit Worten, die einen günstigen kaiserlichen Bescheid in kürzester Frist erhoffen ließen. Damals führte aber auch Frankreich mit dem Vertreter Max Emanuels in Versailles energische Verhandlungen, um den Kurfürsten über die Neutralität hinaus zum Waffenbündnis zu bringen. Gerade die Verhandlungen Bayerns mit Österreich und die Nähe der militärischen Entscheidung bewirkten, daß man französischerseits um den letzten Bundesgenossen zu erhalten, immer

9. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 384

1906 - München : Oldenbourg
384 71. Anteil hervorragendes Bayern an der Entwicklung der Technik. sich dieser oft in arbeitsfreien Tagesstunden auf stille Plätze flüchten um hinter Hecken oder unter Bäumen seinen Wissensdurst zu stillen. Eine Wiese vordem Karlstore, der jetzige Botanische Garten, war das Gymnasium, welches Fraunhofer, Klügels Lehrbuch der Optik unter dem Arme, besuchte. Vermögenslose Lehrlinge wie Fraunhofer mußten nach damaligem Brauch sechs Jahre lang auch die Dienste eines Lausburschen für Küche und Werkstätte verrichten. Als ihm aber sein Lehrmeister nachts Licht zu brennen verbot und ihm den Besuch der Feiertagschule verkümmerte, verwendete er den Rest vom Geschenke des Kurfürsten dazu dem Meister das letzte halbe Jahr der Lehrzeit abznkansen und sich eine Schleifmaschine anzuschaffen, mit der er eifrig arbeitete. Nebenbei verfertigte er Visitenkarten um etwas Geld zu verdienen. Sein Ideal war ein guter Brillenmacher zu werden. Als sich Utzschneider 1807 seines Schützlings wieder erinnerte und ihn den Teilhabern des Instituts vorstellen ließ, tat Reichenbach, von der Gabe aus scheinbar geringen Anzeichen das Talent zu erkennen erleuchtet, den entscheidenden Ausspruch: „Das ist der Mann, den wir suchen; der wird das leisten, was uns noch fehlt." Unter der wissenschaftlichen Leitung Schieggs und im Umgang mit Reichenbach und Liebherr entwickelte sich der neben dem geschickten Optiker Niggl arbeitende neue Gehilfe ungemein schnell und berechnete und schliff schon ein Jahr darauf allein und selbständig aus den von Gninand in Benediktbeuern geschmolzenen Glasstücken alle Linsen, deren das Institut für die von ihm verfertigten Meßgeräte bedurfte. Fraunhofers Talent mochte sich hiebei in so hohem Grade bemerkbar, daß Utzschneider und Reichenbach beschlossen den optischen Teil ihres mechanischen Instituts ganz nach Benediktbeuern zu verlegen und unter die Leitung des noch nicht 22 Jahre alten Fraunhofer zu stellen. Am 7. Februar 1809 wurde die Firma Utzschneider, Reichenbach und Fraunhofer gegründet und dem letzteren damit die Möglichkeit geschaffen seine volle Kraft ans höhere Ziele als die bisher von ihm und dem Institut verfolgten zu richten. In der Tat beginnt von diesem Zeitpunkt an Fraunhofers bahnbrechende Wirksamkeit im Gebiete der Optik und die Steigerung des Ansehens des von ihm geleiteten Instituts zu einem Weltruse. Zunächst ersann Fraunhofer nach einer Idee Liebherrs die heute noch im Gebrauch stehende Pendelschleifmaschine und ihr folgte alsbald die noch sinnreichere Konstruktion einer Poliermofchine, deren wesentliche Ausgabe es ist die durch das Schleifen gewonnene Grundform der Linse unverändert zu erhalten und doch mit der Glättung die unvermeidlichen kleineren Fehler des Schliffes zu beseitigen. Die Fraunhofer sehe Poliermaschine verhindert auch, daß der zu schleifenden Linse eine Unachtsamkeit des Arbeiters gefährlich werde; sie ist eine durchaus eigenartige Erfindung deshalb, weil sie die Übereinstimmung der ausgeführten Linsenfläche mit ihrem Ideal, der geometrischen Kugelgestalt, durch eine untrügliche optische Erscheinung, nämlich durch die Newtonschen Farbenringe,

10. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 479

1906 - München : Oldenbourg
100. Burg Hohenschwangau. 479 und so ist die schöne Landschaft gleichsam erfüllt von schönen Gestalten, von jenem Reichtum der Begebenheiten, der sie in vollem Maße zur historischen Lanbschast macht. Den feinen nnb nachhaltigen Reiz, bett dieser Umstand verleiht, wirb kein Gebildeter verkennen; dadurch allein gewinnt die Betrachtung immer wieder neue Seiten; die geistige Beleuchtung, in der wir eine Örtlichkeit erblicken, ist ja nicht minder wirksam als die Beleuchtung, die vom Himmel auf sie füllt. Wer zum erstenmal in jene Gebiete kommt, wirb überrascht bitrch die mächtigsten Gegensätze. Es ist die Grenze, wo bayerisches uttb schwäbisches Volkstum feit uralter Zeit ineinander greifen; alamamtische Art, die bedächtiger, kühler, berechnender ist, hat schon das rauhere, sühne Wesen des bayerischen Gebirgscharakters gedämpft. Und wie die Völkerstämme — grundverschieden — hier ineinandergreifen, so stößt ebenda die breite, volle Ebene an die gewaltige Bergeswildnis. Wer den Blick hinaussendet, sieht weit in niederes, fruchtschweres Land; wer ihn bergwärts wendet, sieht hart vor sich die himmel-ragenden Wände, grüne Tannenwälder und, zu ihren Füßen eingeschlossen, zwei blaue Seen, die den Burgselsen bespülen. Den eigentlichen Schlüssel der Landschaft aber, den mächtigen Angelpunkt derselben bildet der Durchbruch des Lech bei Füssen (Fauces Alpium), der einen der ältesten Wege und Engpässe zwischen Deutschlaub und Welschlanb bezeichnet. Seine Bebeutung war schon dem großen Gotenkönige Theodorich bewußt, der die strengste Bewachung besselben befahl; an bett Namen Füssen knüpfen sich auch die Taten des Mannes, der als geistiger Held dieses Land dem Christentum gewann. Es war der heilige Magnus, dessen Kelch und Stab noch heute daselbst verwahrt werden. Wie eine holde Idylle lag waldversteckt und abseits von dem mächtigen Heerwege die Burg Hohenschwangau. Es war nicht bloß eine, es waren mehrere Burgen, die übereinander standen, und es scheint kaum zweifelhaft, daß ehedem ein römischer und ein gotischer Wartturm daselbst gewesen. Aber mehr und mehr streift bald die Weltgeschichte das waldumsäumte Idyll; seine Schönheit mag der Pinsel des Malers schildern; wir aber wollen erzählen von den Taten, die sich unvergeßlich mit dieser Scholle verbinden. Ans ihrer dämmernden Einsamkeit treten uns bereits im 10. Jahrhundert die ersten Urkunden entgegen. Als Kaiser Otto Iii. im Jahre 997 nach Italien zog, hielt er hier seine Rast; auf Hohenschwangau empfing Anno 1004 Kaiser Heinrich Ii., der Heilige, die Gesandten des Ungarnkönigs Stephan. Als gebietender Name tritt uns in den vergilbten Pergamenten jener Zeit das uralte Welsenhans entgegen, das in diesen Gauen vor allem begütert war, und als Urkundszeugen finden wir die Schwangauer unterzeichnet, die den berühmten Bischof Wicterp von Augsburg (750) unter ihre Ahnherren zählten. Am berühmtesten unter ihnen aber ist wohl Hiltebold von Schwangau geworden, der gefeierte Minnesänger, dessen Siegel mit dem Schwane uns nicht
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