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1. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 285

1902 - Karlsruhe : Lang
285 4. Zu Quedlinburg vom Tome ertönt die Mitternacht, Vom Priester ward das Opfer der Messe dargebracht. Es beugen sich die Kniee, es beugt sich jedes Herz; Gebet in heil'ger Stunde steigt brünstig himmelwärts. 5. Ta öffnen sich die Pforten, es tritt ein Mann herein; Es hüllt die starken Glieder ein Büßerhemde ein. Er schreitet auf den Kaiser, er wirft sich vor ihm hin; Tie Knie er ihm umfasset mit tiefgebeugtem Sinn. 6. „C Bruder, meine Fehle, sie lasten schwer auf mir; Hier liege ich zu Füßen, Verzeihung flehend, dir! Was ich mit Blut gesündigt, die Gnade macht es rein; Vergib, o strenger Kaiser, vergib, dn Bruder mein!" 7. Toch strenge blickt der Kaiser den sündigen Bruder an: „Zweimal hab' ich vergeben, nicht fürder mehr fortan! Tie Acht ist ausgesprochen, das Leben dir geraubt; Nach dreier Tage Wechsel, da süllt dein sündig Haupt!" 6. Bleich werden rings die Fürsten, der Herzog Heinrich bleich. Und Stille herrscht im Kreise, gleich wie im Totenreich. Man hätte mögen hören jetzt wohl ein sollend Laub; Tenn keiner wagt zu wehren dem Löwen seinen Raub. 9. Ta hat sich ernst zum Kaiser der fromme Abt gewandt; Tas ew'ge Buch der Bücher, das hält er in der Hand. Er liest mit lautem Munde der heil'gen Worte Klang, Taß es in aller Herzen wie Gottes Stimme drang: 10. „Und Petrus sprach zum Herreu: Nicht so genügt ich hab', Wenn ich dem sünd'gen Bruder schon siebenmal vergab? Toch Jesus ihm antwortet: Nicht siebenmal vergib, Nein, siebenzigmal sieben, das ist dem Vater lieb." 11. Ta schmilzt des Kaisers Strenge in Tränen unbewußt; Er hebt ihn auf, den Bruder, er drückt ihn an die Brust. Ein lauter Ruf der Freude ist jubelnd rings erwacht. — Nie schöner ward begangen die heil'ge Weihenacht. i Mühler. Der Kampf um Lotharingen. (978 n. Chr.) Beschisste Ströme schlingen eich eng um deinen Rand. 1. Tn altes Lotharingen, Tu reichbegabtes Land, 3. Einst trug Lothar, der Franke, Gelüsten nach dem Land Und brach in feine Schranke, Tas Schwert in frecher Hand. 2. Schön zieren schlanke Reben Tein sanftes Berggesild, Und deine Wälder geben Viel schmuckes Vieh und Wild. 4. Er saß beim Siegesmahle, Wo deutscher Wein chm floß, Zu Aachen in dem Saale Aus Karls des Großen Schloß.

2. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 56

1875 - Harburg a. d. Elbe : Elkan
56 Stolzes Muthes brach Varus mit drei erprobten Legionen gegen die Em-jwter auf. Sem Weg führte durch die Tiefen des rauhen Teutoburger s. : m ?Ct Sturmwind brauste in den hohen Wipfeln der Eichen f f1 Jdn metem Negen ganz durchweicht. Da kamen ^ ^ ^ fce§ ^^es, von allen Höhen und aus allen Schluchten die Scharen der Deutschen, die solcher Wege und solches Wetters gewohnt waren, hervor und schleuderten ihre scharfen Wurfspeere gegen die erschrockenen Römer. Diese wollten sich vertheidigen; aber ihre Waffen waren durch den anhaltenden Regen großenteils verborben auch konnten sie m ihren schweren Harnischen auf dem schlüpfrigen Boden keinen festen Fuß fassen und daher den Deutschen wenig Schaden zufügen. Viele von ihnen sanken ermattet und verwundet zu Boden. Es wurde vrr r?te ‘^omer machten sich ein Lager und warfen Wall und Grab n um dasselbe auf, bamit sie einige Stunden ausruhen könnten. Am andern Morgen verbrannten sie alles überflüssige Gepäck und zogen weiter. Sie zogen m ^ue freie , ebene Gegend, wo sie sich besser ordnen und wehren konnten. Doch bald gieng ihr Weg wieder in den schrecklichen Wald, durch em dichtbelaubtes, sumpfiges Thal, in dessen Nähe die Tentoburq raqte. l T die ®erutf^en noch heftiger an, und immer mehr Römer sielen. Noch einmal suchten sie ein Lager aufzuschlagen; aber die Deutschen Keßen ihnen nicht Zeit dazu. Mit hellem Schlachtgefange stürmten sie von allen Zeiten heran. Da, als ihnen Himmel und Erde entgegen und ^enbs Rettung zu finden war, entfiel auch den Tapfersten der Muth Der Feldherr Varus stürzte sich, nachdem er schon mehrere Wunden empfangen hatte, m fern eigenes Schwert; die übrigen flohen, noch weithin verfolgt von den Deutschen. Nur wenigen Römern gelang es, in der Dunkelheit der Nacht zu entkommen, um ihren Landsleuten die traurige Botschaft zu verkündigen. Die Deutschen feierten große Freudenfeste dankten ihren Göttern und vertheilten die reiche Beute unter sich. Die vornehmsten Gefangenen wurden den Göttern geopfert, die übrigen als Sklaven gebraucht. Besonders erbittert zeigte sich das Volk gegen die römischen Beamten, die ihnen ihr altes Recht genommen hatten. Einem dieser Sachwalter riß man die Zunge aus und ries ihm zu: „Nun höre aus zu zischen, Natter!" ' ' 3. Hermann aber ruhte noch nicht; er eroberte und zerstörte erst alle römischen Festen, die auf vaterländischem Boden standen, bis zum Rhein. Dann kehrten alle ruhig in ihre Wälder und Hütten zurück. In Rom glaubte man sie schon auf dem Wege nach Italien, und der alte schrecken vor den Cimbern und Teutonen erneute sich. Der Kaiser Augustus lief in Verzweiflung mit dem Kopfe gegen die Wand und rief: „Varus, Varus, gieb mir meine Legionen wieder!". 4. Nachher unternahm Germanikus, der Sohn des Drufus, noch drei Feldzüge zur Eroberung Deutschlands- Leider waren die Römer dabei nicht immer ohne deutsche Hülsstrnppen. Am schändlichsten benahm sich der schon erwähnte Segest, der ein erbitterter Feind Hermanns

3. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 102

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
102 Mittlere Geschichte. tätlichen Religionshaß gegen die Griechen hegten, und nun sich gerne den Arabern, deren erste Herrschaft mild war, in die Arme warfen. Auch Alexandrien ward genommen. Hier war eine Bibliothek, in welcher feit 800 Jahren alle Werke des Alterthums sich aufgehäuft hatten. Omar, heißt's, that über sie den Spruch: „Entweder sind die Bücher dem Koran angemessen, also überflüssig; oder sie sind wider ihn, also schädlich;" und so dienten sie Monate lang den Bädern zur Heizung. So wurde der Grund zum großen arabischen Reich gelegt. Es sollen 36,000 Städte und Schlösser eingenommen und 4000 Kirchen und Tempel zerstört worden sein. Unzählige Christen fielen ab, theils aus Furcht, theils aus Unwissenheit; und weitn die Uebrigen auch Christen Bleiben bürsten, so waren sie boch fortan verachtet, aller Willkür und Grausamkeit preisgegeben. Bis auf biefen Tag werben sie Christenhunbe genannt; und ihr Christenthum ist unter dem Druck nur noch mehr entartet. 3. Die Ommajadcn rc. § 42. Durch Empörung wiber Ast, der in Kufa resibirte, erhob sich das Geschlecht der Ommajaben zur Chaliseiiwürbe. Dasselbe herrschte (661 bis 750) zu Damaskus, und verwanbelte die Verfassung in eine grausame Despotie. Es setzte bett heiligen Krieg fort und eroberte Cypern, Rhobus ltttb Kleinasien. Aber der Angriff auf Constantinopel (668) durch die erste arabische Flotte mißlang, sie wurde durch das griechische Feuer, das auch unter dem Wasser fortbrannte, vernichtet. Ein Heer drang ferner (665) durch ganz Nordafrika vor. Der Feldherr spornte sein Roß in die Wellen des atlantischen Oceans und rief: „Großer Gott, würde mein Vermögen nicht durch diese See begrenzt, so würde ich immer > weiter nach Westen fortgehen, die Einigkeit Deines heiligen Namens zu predigen und die rebellischen Völker, welche irgend andere Götter verehren, mit dem Schwerte

4. Geschichte des Mittelalters - S. 122

1888 - Wiesbaden : Kunze
122 Zweite Periode des Mittelalters. Heinrichs It. Gang nach Canossa. Da beschloß Heinrich nach Italien zu reisen, um sich mit Gregor auszusöhnen und dann den gegen ihn geschlossenen Fürstenbund zu sprengen. In strenger Winterkälte brach er kurz vor Weihnachten 1076 auf, nur von seiner treuen Gemahlin Bertha, seinem Söhnchen und einigen treuen Dienern begleitet. Seine Feinde hatten ihm die deutschen Alpenpässe verlegt, damit er bis zum festgesetzten Tage (2. Februar 1077) sich nicht vom Banne lösen könne. Darum mußte Heinrich durch Burgund und Savoyen über den Mont Cenis nach Italien zu gelangen suchen. Der ungewöhnlich strenge Winter (der Rhein war vom 11. November bis zum 15. März zugefroren) hatte auf den Alpen eine bedeutende Masse Schnee angehäuft, die Pfade verweht und Abgründe zugedeckt. Jeder Schritt war mit Lebensgefahr verknüpft. Auf Händen und Füßen kroch die königliche Familie die gefährlichsten Stellen hinauf, an steilen, glatten Abhängen mußte die Königin mit ihren Frauen in Ochfenhäute genäht und an Seilen hinunter gelassen werden. Doch geschah kein Unfall. Als die Ankunft des Königs in Italien bekannt wurde, eilten ihm die lombardischen Großen mit Heeresmacht entgegen, um ihn zu unterstützen, und hofften, Heinrich werde den Papst absetzen. Der König aber suchte Befreiung vom Banne, und als er hörte, daß Gregor bereits auf dem Wege nach Augsburg begriffen fei und bei der Gräfin Mathilde von Toskana (§. 23, 8), einer Base Heinrichs Iv., auf dem Schlosse Canossa bei Parma weile, eilte er dahin und erlangte endlich, daß der Papst ihn vor sich lassen wollte. Nachdem Heinrich sich gedemütigt und alle Zeichen seiner Würde abgelegt hatte, wurde er barfuß, im Büßergewande, in die zweite Ringmauer des Schlosses eingelassen. Hier mußte der deutsche König vom 26. bis 28. Januar 1077 in der grimmigsten Kälte vom Morgen bis Abend stehen. Am 29. Januar endlich ließ ihn Gregor vor sich kommen und sprach ihn des Bannes ledig, wenn er in Augsburg erscheinen, bis dahin aller königlichen Handlungen sich enthalten und dem Papste gehorsam sein wolle. Dann las Gregor in Heinrichs Gegenwart eine heilige Messe. Als er die Hostie geweiht hatte, brach er dieselbe, nahm die eine Hälfte und sprach: „Deine Freunde, meine Feinde, beschuldigen mich vieler Ungerechtigkeiten und Laster. Siehe hier ist der Leib des Herrn. Bin ich schuldig, so möge er mich auf der Stelle töten." Nach diesen Worten aß Gregor die eine Hälfte der Hostie, und als er gesund und unverletzt blieb, reichte er die andere dem König und sprach: I

5. Ausgewählte Uebungsstücke aus deutschen Musterdichtern für die Declamationsübungen in höheren Bürgerschulen und in den unteren Klassen der Gymnasien - S. 87

1822 - Berlin : Reimer
L7 Zabeln. 25. Das Pferd. Ein aufgezäumter Gaul stand länger, als zwei Stunden, An einer Hausthür angebunden; Die Fliegen stachen ihn. Bei diesem Ungemach Dächtt er der Härte seines Schicksals nach. „Bor allen Thieren hat das Pferd die meisten Plagen: „Bald muß es feinen Herrn sammt dem Gepäcke tragen, „Bald schwer beladne Wagen ziehn, „Und will es seines Wüthrichs Peitsch' enfliehn, „Stets über fein Vermögen sich bemühn, „Sogar mit einem Trunk sich seinen Durst zu stillen, „Läßt ihm sein Treiber oft nicht Zeit.- „Es thut nicht Einen Schritt, als nach des Meisters Willen; „Der Jugendkraft verfliegt in steter Dienstbarkeit. „Was ist sein Lohn dafür ? kaum Ruh' im Stalle, „Ein wenig Hafer, Heu und Stroh. „Nein! so wird man des Lebens nimmer froh." Dies Selbstgespräch erhitzt des Pferdes Galle; Es reißt im Grimm den Zaum entzwei, Schwimmt durch den Kluß, und eilt mit schnellen Füßen Dem dicken Walde zu. Nun war es endlich frei. Doch Morgens fand man es von Wölfen schon zer- rissen. Der Knechtschaft Stand ist hart, Doch besser jederzeit, Als Freiheit ohne Sicherheit» 24. Das Geheul der Wölft; Die Gegend lag gehüllt im Flor der Mitternacht, Da stürzt in wilder Eile Aus seinem Lager in des Sumpfes dichtem Rohr Ein Rudel Wölf', entbrannt von Blutbegier, hervor, .......................................Und

6. Ausgewählte Uebungsstücke aus deutschen Musterdichtern für die Declamationsübungen in höheren Bürgerschulen und in den unteren Klassen der Gymnasien - S. 129

1822 - Berlin : Reimer
Natur - Schilderungen. 229 15. Das Schneeglöckchen. Wie? jetzt schon wagst du dich hervor, .-Du kleines Silbedglöckchen? - ; Hebst uder'n Schnee dein Haupt empor, Umiaubl vom grünen Stöachen? Wagst's, da oft mit der strengsten Wuth Noch Wind uno Froste wüthen, Mil uncrschrock'nem, freiem Muth Doch ihnen Trotz zu bieten? . Und ob sie auch durch manches Weh Zu todten dich bestreben; So steigst du unter Eis und Schnee Sanft lächelnd, ohne Beben; Und siegst, und Überlebst, und siehst Sie oft zu deinen Füßen, Im Sonneublick, indem du blühst Beschämt im Schlamm zerstießen. So tritt die Unschuld angeklagt Mit glanzendem Gesichte, Das ihre reine Seele sagt, 4lor ein furchtbar Gerichte. Kühn suchen Mißgunst, Schmähsucht, Nft'd Sie in den Staub zu beugen; Sie hat des Herzens Reinigkeit Und Gott allein zum Zeugen. Man sieht ünv hört, und braucht sie bloß Zu hören und zu sehen; Und jeder Richter spricht sie los Und Neid und Haß vergehen. l6. Sommerlich . Die Thaler und die Höben, Die Sommer-Anmuth schmückt, <3 cv

7. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 67

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
Fabeln. 67 fcett Haufen, daß der Esel nie nichts mit der That bewiesen hätte, und möchte das Kreuz sie wohl be- trogen haben; und konnten doch mit der Wahl nicht zurücken. Endlich da der Hund auf die That und den Schein des Kreuzes so hart drang, ward durch seinen Vorschlag bewilliget, daß der Esel sollte mit dem Löwen um das Reich kämpfen, welcher gewön- ne, der sollte König seyn, sie könntenö jetzt nicht anders machen, weil die Wahl im Reich geschehen wäre. Da kriegte der junge Löwe wieder ein Herz, und alle fromme Unterthanen große Hoffnung. Aber der Fuchs hing den Schwanz mit seinen Gesellen, versahen sich nicht viel ritterliches Kampfes zu ih- rem neuen Könige, es wollte denn Schreiens gelten oder Disielfressens. Der Kampftag ward bestimmt, und kamen alle Thiere auf den Platz: der Fuchs hielt fest bei dem Esel, der Hund bei dem Löwen. Den Kampf ließ der Esel den Löwen wählen. Der Löwe sprach: wohlan, .es gilt, wer über diesen Bach spriüget, daß er keinen Fuß naß macht, der soll gewonnen haben. Es war aber ein großer Bach. Der Löwe holte aus, sprang überhin, wie ein Vo- gel überhin flöge. Der Esel und Fuchs dachten: wohlan! wir sind vorher auch nicht Könige gewest, Wagen gewinnt, Wagen verliert; er mußte sprin- gen, und sprang platsch mitten nein in den Bach, wie ein Block hineinfällt. Da sprang der Löwe herum am Ufer und sprach: ich meine ja, der Fluß sey naß. Aber nun siehe doch, was Glück und List vermag. Dem Esel hatte sich ein klein Fischlein im Ohre unter dem Wasser verwirret und gefangen; als nun der Esel aus dem Bache kroch, und die Thiere sich des Sprungs wohl zulacht hatten, siehet der Fuchs,.daß der Esel den Fisch aus dem Ohre schüttelt, und hebt an, und spricht: nun schweiget und höret ! »i Wo sind sie nun, die das Kreuz verachten, daß <s keine That könne beweisen? Mein Herr König Esel spricht» er hatte auch wohl wollen über den Bach springen,, aber das wäre ihm eine schlechte Kunst gewest, seines Kreuzes Tugend zu beweisen, E 2

8. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 107

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
Erzählungen. 107 in meinem Gemüthe. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdient habe. — Da antwortete jener: Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht, und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorgfältig ver- hehlen, und auf deiner Hut seyn. — Als aber Gotthold, — denn so hieß der Knabe — zu Haufe kam, und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hin- aufzusehen. Denn er dachte, wie sollte ich ihn fröh- lich ansehen können, den ich betrübt habe? Kann ich doch mich selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. — Jetzo trat der Vater herzu, und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold desgleichen. Da hüpften die Kindlein herbei und freuten sich sehr, und aßen. Gotthold aber verbarg sein Antlitz und weinete bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach : Mein Kind, was weinest du?— Und Gotthold antwortete: Ach! ich bin nicht werth, daß ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht langer tragen, daß ich vor dir ein anderer erscheine, als ich bin, und mich selbst erkenne. Lie- der Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, son- dern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf, und aufhöre mein eigner Quäler zu seyn. Laß mich nur hart büßen für mein Vergehen! Denn stehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt. — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz, und sprach: Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, daß dieses das erste und letzte Mal sey, daß du etwas zu verhehlen hast. Dann soll es mir Nicht leid seyn um die Bäumchen. 20. C a r n s Klagen. Alf Cain in dem Lande Nod wohnete jenseits Eden gegen den Morgen, saß er eines Tages unter einer Terebinthe, und hielt sein Haupt auf seine

9. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 52

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
bleiben konnten, die zogen nach Münster und versammelten sich da." (Gresbeck). Schon begannen die begüterten Bürger der Stadt für Besitz und Leben zu fürchten; sie brachten ihre Werthabe und auch sich selbst in Sicherheit. Solche Furcht und solche Flucht erleichterten den Täufern Sieg und Herrschaft. Schon am 21. Februar besetzten sie bei einer Neuwahl die erledigten Stellen des Rates aus ihrer Mitte. Knipperdolling, einer der Brüder, ward Bürgermeister; die Täufer beherrschten seitdem die Stadt. Nun war ihnen das Feld freigegeben zum Aufbau ihrer neuen staatlichen Ordnung. Die Herrschaft der Täufer indes wurde zum Mißbrauch der Gewalt, die ihnen anheimgefallen. Das Bewußtsein der Macht ertötete in ihnen das Gefühl für das Recht anderer. Die bis zur Raserei gesteigerte Begeisterung kannte keine Regung des Mitleids und des Erbarmens. Die Kirchen wurden geplündert; die heiligen Gefäße geschändet; die Kirchen wurden abgeschafft; selbst der Name „Kirche" sollte verschwinden. Gottesdienst wurde seitdem auf öffentlichem Platze, „dem Berge Zion" abgehalten. Die Schöpfungen der Kunst und der Wissenschaft wurden der Vernichtung geweiht; die Bildwerke der westfälischen Malerschule, die an Bedeutung der berühmten Kölner Schule nicht weit nachstand, sind hier zumeist zerstört worden; unersetzliche Bücherschätze, die der Fleiß vieler Jahre zusammengetragen hatte, wurden den Flammen überliefert; acht Tage lang nährte man die Feuer mit Urkunden, Handschriften, Büchern. Darüber brach der 27. Februar an. Es war ein stürmischer Wintertag; der Schnee, welcher fußhoch umherlag, fing an zu schmelzen; Regen mit Schnee vermischt stürzte in Schauern nieder; schneidender Wind durchfegte die Gassen. Am Morgen fanden sich die Führer der Täufer bewaffnet auf dem Rathause zur Beratung ein. Jan Matthys, der Prophet, der Henoch des neuen Jerusalem, weilte geraume Zeit unter ihnen, schweigend, bewegungslos, gleichsam in Betrachtung versunken. Plötzlich sprang er auf mit dem Rufe: „Hinweg mit den Kindern Es aus, die Erbschaft gehört den Kindern Jakobs." Seine Ge- nossen stürzten, den Ruf wiederholend, durch die Straßen, und allenthalben erklang wildgellend ihr Schrei: „Hinaus, ihr Gottlosen! Gott will erwachen und euch strafen." Allen, die noch nicht Täufer geworden, wurde die Wahl gestellt, sich taufen zu lassen oder unter Verlust der ganzen Habe ohne Verzug die Stadt zu räumen. Auf dem Markte standen die Prediger der Täufer neben großen Wafserkübeln,

10. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 168

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
168 Auch nicht alle, welche geflohen waren, kamen zurück. Die Wohlhabenderen suchten sich und ihre Habe in den Städten zu bergen, wo doch die Kriegszucht ein wenig straffer und die Gefahr geringer war. Biele auch flüchteten in ein anderes Land, und wenn dort Feinde drohten, wieder in ein anderes. Die meisten hat sicher das Elend dort nicht weniger hart geschlagen. Aber auch die im Lande blieben, kehrten nicht alle zur heimischen Flur. Das wilde Leben im Versteck und Walde, die rohe Freude an Gewaltthat und Beute machte die Trotzigsten zu Räubern. Mit rostigen Waffen versehen, die sie vielleicht getöteten Marodeuren abgenommen hatten, führten sie unter den Fichten der Berge ein gesetzloses Leben, als Gefährten des Wolfes und der Krähe, als Wilddiebe und Wegelagerer. Zu den zerstörenden Dämonen des Schwertes kamen andere nicht weniger furchtbare und noch gefräßigere. Das Land war wenig bebaut worden und hatte schlechte Ernten gegeben. Eine unerhörte Teurung entstand, Hungersnot folgte, und in den Jahren 1635 und 1636 ergriff eine Seuche, so schrecklich, wie sie seit fast hundert Jahren in Deutschland nicht gewütet hatte, die kraftlosen Leiber. Sie breitete ihr Leichentuch langsam über das ganze deutsche Land, über den Soldaten wie über den Bauer; die Heere fielen auseinander unter ihrem sengenden Hauch, viele Örter verloren die Hälfte ihrer Bewohner, in manchen Dörfern Frankens und Thüringens blieben nur einzelne übrig. Was noch von Kraft in einer Ecke des Landes gedauert hatte, jetzt wurde es zerbrochen. Der Krieg aber wütete von dieser Schreckenszeit ab noch zwölf lange Jahre. Das Volk erreichte die letzte Tiefe des Unglücks, ein dumpfes, empfindungsloses Brüten wurde allgemein. Von den Landleuten ist aus dieser letzten Zeit wenig zu berichten. Sie vegetieren verwildert und hoffnungslos, aber nur geringe Nachrichten sind in Dorfurkunden, Pfarrbüchern und kleinen Chroniken zu finden. Man hatte in den Dörfern das Schreiben, ja fast die laute Klage verlernt. Gustav Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit. 3. Bd. Leipzig 1882. — Oskar Schwebe!: Deutsches Bürgertum. Berlin 1883.
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