Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Während die übrigen europäischen Mächte mit Erwägungen Beschäftigt todten, toie sie dieser neuen und unerwarteten Phase begegnen und vielleicht auf diese angeblichen Verhandlungen, deren Natur und Gegenstand niemand ahnen konnte, einen versöhnenden und vermittelnden Einfluß üben sollten, hat die französische Regierung es für gut befunden, durch eine öffentliche und feierliche Erklärung, welche den Drohungen vom 6. d. Mts. unter Entstellungen bekannter Tatsachen neue ^Beleidigungen hinzufügte, die Verhältnisse ans eine Spitze zu treiben, too jeder Ausgleich unmöglich werden und, indem den befreundeten Mächten jede Handhabe der Einwirkung entzogen wurde, der Bruch unvermeidlich werden sollte.
Schon seit einer Woche konnte es für uns keinem Zweifel mehr unterworfen fein, daß der Kaiser Napoleon rücksichtslos entschlossen sei, uns in eine Lage zu bringen, in der uns nur die Wahl zwischen Krieg oder einer Demütigung bliebe, welche das Ehrgefühl keiner Nation ertragen kann. Hätten, wir noch Zweifel hegen können, so hätte uns der Bericht des Königlichen Botschafters über seine erste Unterredung mit dem Herzog von Gra-mont und Herrn Ollivier nach seiner Rückkehr aus Ems, tn welcher ersterer den Verzicht des Erbprinzen als Nebensache bezeichnete und beide Minister die Zumutung aufsprachen, Seine Majestät der König solle einen entschuldigenden Brief an den Kaiser Napoleon schreiben, dessen Publikation die aufgeregten Gemüter in Frankreich beschwichtigen könne, belehren müssen. Abschrift dieses Berichts füge ich bei; es Bedarf keines Kommentars.
Der Hohn der französischen Regierungspresse antizipierte den erstrebten Triumph; die Regierung scheint gefürchtet zu haben, daß ihr der Krieg dennoch entgehen könnte, und Beeilte sich, durch ihre amtlichen Erklärungen vom 15. d. Mts. die Sache auf ein Feld zu verlegen, auf dem es keine Vermittlung mehr gibt, und uns und aller Welt zu beweisen, daß keine Nachgiebigkeit, welche
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TM Hauptwörter (200): [T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
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Erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts.
Vater aus Laune besten beabsichtigte Vermahlung mit einer englischen Prinzessin,
oder, wie es in andern Nachrichten heißt, mit Maria Theresia von Oestreich,
nicht gestattete, mit einigen jungen Freunden den Plan faßte, sich durch die
Flucht der väterlichen Gewalt zu entziehen. Eine Reise des Königs in die Rhein-
gegenden schien eine günstige Gelegenheit zu bieten. Aber ein ausgefangener Brief
Friedrichs an seinen Vertrauten, den Lieutenant von Katte, brachte das Ge-
heimniß an den Tag. Der König schäumte vor Wuth. Er ließ den durch ein
Kriegsgericht als Ausreißer zum Tode verurtheilten Kronprinzen auf die Festung
Küstrin bringen und Katte vor besten Fenstern hinrichten; alle, von denen
der König nur den leisesten Verdacht eines Einverständnisses mit seinem Sohne
hatte, wurden von dem über die Verletzung seiner hausvnterlichen Autorität auf-
gebrachten Monarchen schwer gezüchtigt. Friedrichs Schwester (die durch ihre
Denkwürdigkeiten bekannte nachmalige Markgräsin von Bayreuth) erhielt als
Mitwisserin Faustschläge ins Gesicht. Erst als Friedrich reumüthig des Vaters
Vergebung anflehte und sich der Kaiser von Oestreich für ihn verwendete, wurde
er aus der Festung entlasten, mußte aber noch einige Zeit auf der Domänen-
kammer in Küstrin arbeiten, ehe ihm Uniform und Degen zurückgegeben wurden.
Bald darauf erfolgte Friedrichs Vermählung mit einer Fürstentochter von
Braunschweig - Bevern, allein sein Geist fand wenig Gefallen an den engen
Schranken der Häuslichkeit; er sah seine Gemahlin selten, besonders seitdem ihm
der Vater das Städtchen R Heinsberg überlassen, wo er fortan im Kreise
geistreicher, gebildeter und freidenkender Freunde (wie Kaiserling, Jordan, Cha-
zot, Fouquet u. A.) ein von Witz, Scherz und munterer Unterhaltung erheitertes
und von ernsten und vielseitigen Studien gehobenes Leben führte. Er las die
Werke der Alten in französischen Uebersetzungen und schöpfte daraus die edle
Ruhmbegierde, an Großthaten und Geistesbildung den griechischen und römischen
Helden nachzustreben; er bewunderte die französische Literatur und faßte für
Voltaire eine solche Verehrung, daß er ihm die schmeichelhaftesten Briefe
schrieb und den persönlichen Umgang eines so großen Geistes als das höchste
Glück prieß; mit den bedeutendsten Gelehrten und Schriftstellern des In- und
Auslandes trat er in brieflichen Verkehr. Kein Wunder, daß seine Thron-
besteigung in ganz Europa als ein wichtiges Ereigniß angesehen ward, zumal
da gleich seine ersten Handlungen den grom und freisinnigen Regenten beur-
kundeten.
Des Vaters kostspielige Riesengarde wurde abgeschafft und das Geld besser angewcn-
det. Der Philosoph Wolf ward von Marburg nach Halle zurückberufen, weil in Fried-
richs Staaten „Jeder nach seiner Fayon selig werden könne." V o ltaire besuchte den Kö-
nig und nahm später sogar auf längere Zeit seinen Aufenthalt in Berlin; aber der persön-
liche Umgang, der die eigennützige, selbstsüchtige und eitle Natur des Franzosen, so wie
sein von Neid und Bosheit erfülltes Herz an's Licht brachte, benahm dem König viel von
seiner frühern Bewunderung. Ein so spottsüchtigcr Mann wie Voltaire, der nie einen
Witz oder eine» pikanten Einfall, wie verletzend sie auch sein mochten, unterdrücken konnte,
war nicht zum Umgang mit einem Fürsten von ähnlicher Natur geschaffen. Besser eigneten
sich dazu minder bedeutende Geister, wie der wegen seiner freigeistigen Denkungsart aus
Frankreich verwiesene witzige Spötter Lamettrie und der materialistische Philosoph
d'ar ge ns. Der französische Mathematiker Maupertuis wurde zum Präsidenten der
von Friedrich wieder begünstigten Berliner Akademie der Wissenschaften ernannt.
§. 655. Kirchliches. — a) Verfolgungen. Religio nswechsel.
Vereinigungsversuche. — Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens
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Extrahierte Personennamen: Maria_Theresia_von_Oestreich Maria Theresia Friedrichs Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Oestreich Friedrichs Jordan Wolf Maupertuis Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Rhein- Bayreuth Friedrichs Heinsberg Europa Marburg Berlin Frankreich
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2. Er forderte eine stndische Verfassung mit legislativen Rechten *).
3. Er sprach von den Rechten der Unterchanen"2).
4. Er mahnte den König in einem Briefe von seinen gottlosen B. tiaitbtttt4). - Eroberungskriegen ab8).
1. Er forderte: Gleiche Verteilung der Steuern, Aufhebung der
Exemtionen, Schonung des niederen, arbeitenden Volkes.
2. Er hat die Statistik geschaffen, einer weisen Finanzpolitik die Wege vorgezeichnet, das allgemeine Wohl als Ziel der Staats-knnst aufgestellt.
3. Urquell alles bels war ihm: das verrottete und ungerechte
4. Er prophezeite die Revolution 5). Steuersystem.
Ii. Ausschwung der Naturwissenschaften6).
A. Bacou von Verulam^).
1. Auf Experiment gegrndete Erfahrungstheorie wurde Mode-fache.
2. Emanzipation der Naturwissenschaften von der Ansicht der alten Philosophen.
B. Befrderung des Naturstudiums durch Akademieen.
1. Royal Society in London. 1703 Newton) Prsident.
2. Academie des sciences in Paris ^).
3. Societt der Wissenschaften in Berlin 10).
C. Die groen Philosophen der Zeit Eartesius, Spinoza"), Hobbes, Locke 12), Leibnizl0) zogen die Naturwissenschast mehr oder weniger in den Kreis ihrer Forschungen.
1) In jedem Bezirke ein Mann des hohen Adels und einer aus dem dritten
Stande". Soupirs de la France. , , , m .
2) Der tyrannische Despotismus der Fürsten ist em Attentat auf die Rechte der menschlichen Brderlichkeit". Direction pour la conscience dun Koi.
3) Der König denkt nur au sein Vergngen und seinen Vorteil, wahrend Frankreich verarmt. Er soll sich endlich einmal vor Gott erniedrigen und seine unge-
rechten Srob^ru^en^u^ck^st^tten ^ ^ Festungen gebaut, 300 alte hergestellt,
53 Velaaerunaeu geleitet, 140 Schlachten teils geliefert, teils mitgemacht. 1707 Projet d'une Dirne royale. Der Lohnarbeiter kann nicht leben, lerne Existenz ist
ein Ruel oe^t ^st noch nicht gekommen, das arme leidende Volk den Hnden jenes Otterngezchtes zu entreien, das zu nichts gut ist als die Galeeren zu fllen, und das doch in Paris so herausfordernd einherfchreitet, als habe es den Staat Bereitet.
6) Val Friedrich d. Gr. hist. d. m. t. I. p. 3440. Grn a. a. L>. P- ^
7) S p. 144. 8) S. p. 24. Gegrndet 1662. 9) Gegrndet 1666.
12] Er fordet wie Bacon praktische Belehrung auf Grund einer genaueren Beob-
achtung und Erkenntnis der Natur".
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Extrahierte Personennamen: A. Bacou Newton Hobbes Friedrich_d Friedrich Bacon
Extrahierte Ortsnamen: London Paris Berlin Locke Frankreich Paris
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Zweite Periode der neueren Geschichte.
werden. Die schändlichsten Frevel wurden begangen; kein Alter, kein
Stand, kein Geschlecht konnte sich der gröbsten Mißhandlungen er-
wehren. Wie das Wild wurden die Reformirten gehetzt und einge-
fangen, in die Kirche geführt und zum Altar geschleppt, um das heilige
Abendmahl nach katholischer Weise zu empfangen. Wer standhaft bei
seinem Glauben verharrte, kam ins Gefängniß oder an den Galgen.
Damit aber Niemand entfliehen könne, hatte man die Grenzen besetzt,
und Jeder, der sich nicht mit einem bischöflichen Zeugnisse ausweisen
konnte, ward als Staatsverbrecher behandelt. So minderten sich aller-
dings die Reihen der Protestanten; die geistlichen Rathgeber des Königs
erwirkten aber in kurzem die Aufhebung des Ediktes von Nantes durch
das von Nimes (1685), wodurch den Reformirten jede kirchliche Zu-
sammenkunft bei Gefängnißstrafe und Verlust des Vermögens untersagt
wurde. Jeder Resormirte, welcher auswandern, und jeder Prediger,
welcher innerhalb vierzehn Tagen nicht auswandern würde, sollte zu
den Galeeren verdammt werden. Jetzt singen die Dragonaden aber
erst recht an; die Verzweiflung der verfolgten Reformirten stieg aufs
höchste. So sorgfältig auch der Kriegsminister Louvois die Grenzen
hatte besetzen lassen, so fanden doch an 50,000 Familien Mittel und
Wege ins Ausland zu entkommen, welches sie freudig aufnahm.
Die Rath- Ludwigs Regierung wird demungeachtet und nicht ganz mit Un-
geber und
Minister recht düs goldene Zeitalter Frankreichs genannt. Nie lebten daselbst
Ludwigs: f0 viele große Männer zugleich, deren Verdienste Ludwig Xiv. ver-
(Solbett und
Sem. herrlichten, als damals. An Mazarins Stelle hatte Colbert die Ver-
waltung des Innern übernommen. Dieser ordnende und schaffende
Geist belebte den Handel, beförderte Fabriken, legte Canäle an, gründete
Handelsgesellschaften für Ost- und Westindien, Colonien in Afrika und
Amerika. Der Kriegsminister Louvois hob das Kriegswesen und ver-
mehrte das stehende Heer. Der große Baumeister und Ingenieur
Der Inge- Vauban umgab Frankreich mit einer doppelten Reihe von Festungen.
dluch die Marine hob sich durch den Eifer des Königs zu einer k-
Festungen, wundernswerthen Höhe und flößte dem Ausland Achtung gegen die
französische Flagge ein. Im Innern ward eine halbrichterliche, halb
Die Polizei, militärische Gewalt, die Polizei, begründet, welche einestheils gegen
Mord und Eigenthumsverletzung Schutz gewähren, anderntheils durch
geheime Spione und Verletzung des Briefgeheimnisses alle Nachstellungen
gegen die öffentliche Sicherheit unmöglich machen sollte.
Die klassische Auch die Künste und Wissenschaften erreichten unter Ludwig ihren
französischen ^ödjsten Flor; er ehrte sie, weil sie ihn ehren und verherrlichen sollten.
Literatur. Jedes ausgezeichnete Talent wurde an den Hos berufen und unterstützt.
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Extrahierte Personennamen: Louvois Ludwigs Ludwigs Ludwigs Ludwig_Xiv Ludwig Mazarins Louvois Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Nantes Nimes Frankreichs Westindien Afrika Amerika Frankreich
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317
schüft. Der Vater des Lieutenants Katte sah sich zur Marschalls-
würde und in den Grafenstand erhoben. Den Präsident Münchow
nannte der König stets seinen Wohlthäter und verlieh ihm das
eben erledigte Erbtruchseßamt der Churmark, und auch alle vier
Söhne desselben hatten sich der seltensten Auszeichnung zu erfreuen.
Der vormalige Lieutenant Keith glaubte sich als Stallmeister,
Oberstlieutenant bei der Armee und Curator der Akademie der
Wissenschaften nicht belohnt genug. Der Lieutenant Spaen
blieb in holländischen Diensten. Die unglückliche Doris Ritter
allein, die nachmals in Berlin verheirathet ward, lebte in großer
Dürftigkeit, ohne sich der Erinnerung des Königs, oder irgend
einer Vergeltung zu getrösten.
Im August trat Friedrich eine Reise an, auf welcher er
mehrere Zwecke vereinigen wollte. Wahrscheinlich war der haupt-
sächlichste ein kleiner Streifzug incognito nach Paris, um einige
Gelehrte, mit denen er bisher im Briefwechsel gestanden, persön-
lich kennen zu lernen und unter der Hand politische Verbindun-
gen anzuknüpfen» Zuerst besuchte er seine geliebte Schwester in
Baireuth; von da ging er nach Straß bürg, wo er im
strengsten Incognito, unter dem Namen eines Grafen von F ou r,
auftrat, das Schauspiel und die Wachtparade besuchte und
einige französische Ofizicrc, die ihm besonders gefielen, zur Tafel
zog. Allein hier ward er von einem preußischen Deserteur
erkannt, und nun verbreitete sich das Gerücht von seiner Anwe-
senheit wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Der Stadtcomman-
dant ließ bei dem Besuche, den ihm Friedrich machte, verschiedene
Mal das Wort Majestät fallen; des Abends waren mehrere Stra-
ßen erleuchtet, das Volk rief ihm ein Vivat, und sogar ter
Schneider, der dem Könige seine neuen französischen Kleider
gemacht hatte, wollte keine Bezahlung annehmen und erklärte,
daß ihm die Ehre, für den König von Preußen gearbeitet zu
haben, hinlängliche Belohnung sey. Diese Entdeckung machte
den König so verdrießlich, daß er schon am dritten Tage tie
Rückreise antrat. Er blieb bis zum il. September in Wesel,
wo er mit Voltaire persönliche Bekanntschaft machte und den-
selben noch mehr liebgewann, als früher schon durch den Brief-
wechsel geschehen war. Am 23. September traf er zu Pots-
dam wieder ein, und schon im nächsten Monate rief ihn der
Hintritt Kaiser Karls Vi. zu willkommener Thatigkcit auf. —
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Extrahierte Personennamen: Keith Doris_Ritter August Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Schneider Karls
Extrahierte Ortsnamen: Churmark Berlin Paris Baireuth Wesel Karls
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Jh*" '
— 347 —
Napoleon Bonaparte trat im Marz 1779 in die Kriegsschule
als ein königlicher Pensionnaire ein, in welcher nach Art jener Zeit
Mönche die Lehrer waren. Kalt, zurückhaltend, fast immer allein
und schweigsam, gab er gewöhnlich nur einsylbige Antworten
und behielt unter seinen Mitschülern lange den Namen des
Spartaners; er nabm selten an den Erholungen seiner Kame-
raden Tbeil, hielt sich am liebsten für sich und abgeschieden, um
ein ernsthaftes, aber belehrendes Buch zu lesen; er beobachtete
einen Mitschüler lange, ehe er sich in die entfernteste Verbindung
mit ihm einließ, und schien in seinem Gespielen eine ihm ver-
wandte Seele zu suchen. Der Erste derselben, mit welchem Bo-
naparte eine engere Freundschaft knüpfte, war Fauvelet von
Bourienne, ein Zögling von guten Sitten, der mit Bonaparte
in den Studien der Mathematik wetteiferte; Letzterer, den diese
Wissenschaft vor allen übrigen besonders anzog, galt bald für den
besten Mathematiker der Schule; daher gewann er an dem Pater
Patrault, dem Lehrer der Mathematik, einen Gönner und
Beschützer. Dagegen entspann sich kein freundliches Verhältniß
zwischen dem, freilich älteren, Repetitor Patrault's, Pichegru,
und dem Zögling Bonaparte, was auf ihr beiderseitiges späteres
Verhängniß nicht ohne Einfluß blieb. —
Bonaparte äußerte von seiner Kindheit an eine hcfrige Leiden-
schaft für Unabhängigkeit und Freiheit; sein Abgott war Paoli,
und seine Vaterlandsliebe gab unter den Zöglingen häufig Anlaß
zu Zänkereien. Man konnte ihn nicht mehr erbittern, als durch
den Vorwurf, er fty kein Franzose, sondern nur ein Vasall Frank-
reichs; er erhob dann bittere Schmähreden gegen die Genueser,
welche Korsika an Frankreich verkauft hätten. „Sollte auch
Paoli — pflegte er dann zu sagen — nicht die unwürdigen
Ketten zu sprengen vermögen, die mein Vaterland belasten, so
werde ich, sobald ich das Alter dazu erreicht habe, ihm beistehen,
und vielleicht wird unfern vereinten Bemühungen seine Befreiung
gelingen." —
Schon in seiner frühsten Jugend zeigte er eine entschiedene
Neigung zur Befestigungs- und Kriegswissenschaft und suchte
häufig den Spielen mit seinen Kameraden eine antike und praclischs
militairische Richtung zu geben. Als in dem kalten Winter von
1783 viel Schnee gefallen war, bestimmte er seine Milzöglinge,
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Fauvelet_von
Bourienne Pichegru
3o6
Systems und diesen Begünstigern des englischen
Einflusses, ward auch Washington gerechnet,
vorzüglich als er 1794 den berühmten Hand-
lungsvertrag schloß mit England, und einem
Kriege mit diesem Lande dadurch widerstand,
dem französischen Gesandten Gen et aber, der
mit den Lehren der Freiheit auftrat, und des-
sen Einwirkungen sich widersehte. Wac-Hington
sah in dieser Freiheit nur eine Zernichtung der
Ordnung und des Eigenthums. Wie konnte er
die Revolution lieben, die den edlen Fayette,
seinen Freund, dessen Gesundheit zu trinken er
bei keinem seiner Mittagömale unterließ, über-
wältigend zerstörte, und die in ihrer Bewegung
keine Spur von dem common sense +) (gemeinem
Menschenverstand) trug der der Karakter der nord-
amerikanischen Revolution, ihrer Beförderer und
auch Washingtons gewesen, dessen Physiogno-
mie sogar, nach dem Urtheil aller die ihn gesehn,
nichts hervorstechendes, wohl aber .viel regel-
mäßiges zeigte.
Zeht trat nun der Haß der amerikanischen
Jakobiner, welche der alten Freiheit überdrüssig
waren, und der Royalisten, in welcher die
Sehnsucht nach der vorigen Verfassung noch
nicht erstorben war, gegen ihn auf, und fan-
den auch an der Wuth derer eine Unter-
*) Diesen Titel führte auch das Buch von Paine, das zur
Revolution so viel beigerrage« hat.
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Robesplerre und die Schreckenszcit. 259
ten, am selben Tage die Verfertigung von Elementar-
büchern, den 15. Fcbr., daß, wer nicht lesen und schrei-
den könne, nie solle Offizier werden können. Freilich
klebt auch an dem Zweckmäßigen, was damals geschah,
irgend ein schiefer, verzerrter Zug, der ans Irrenhaus
erinnert. Um das Volk zu bilden, sollte der Unterrichts-
ausschuß dafür sorgen, daß täglich moralische Vorschrif-
ten gedruckt, und an die Straßenecken geheftet werden.
Im Namen dieses Ausscl/lsses stellte den 4. Juni 94
Gregoire die Frage an den Convent: „ob es nicht mög-
lich sey, der französischen Saybildung und Prosodie ein
stärkeres, entschiedneres Gepräge aufzudrücken?" und so-
gleich verlangten die Gesetzgeber nicht nur Bericht über
eine neue Grammatik und ein neues Wörterbuch, son-
dern auch Vorschläge von Veränderungen, die geeignet
seyn würden, dem Französischen einen Karakter mitzu-
theilen, „ welcher sich für die Sprache der Freiheit
schicke."
Je durchgreifender das Schreckenssystem herrschte,
desto gebieterischer wurde der Einfluß Robespierres, der
den Convent mit Reden füllte, den Wvhlfarthsausschuß
leitete, und gleichwohl keinen Tag bei den Jakobinern
fehlte: rastlos thätig, Egoist ohne Geldgier, argwöhnisch
und vernünftelnd, schien er von Natur eben das in sich
zu vereinigen, was jene Zeit bewegte, und ihr als Tu-
gend galt. Ganz anders Danton: die Lüste, denen er
Millionen geraubten Gutes aufopferte, hatten ihn er-
schöpft; dann lebte er Monate lang in einem Landsitze
bei seiner Vaterstadt Arcis sur Aube, wurde nicht mehr
in den Wvhlfarthsausschuß gewählt, mußte sich, wenn
er je wieder unter den Jakobinern erschien, immer nur
entschuldigen, verlor daher seine Macht über den Con-
vent und die pariser Gemeinde, und erhob, als es zu
spat war, vergeblich seine Donnerstimme wider den De-
spotismus der Wohlfarthsmänner. Auch der seit Kur-
zem mit einer schönen, reichen Frau vermählte Camille-
Desmoulins stimmte in der Zeitschrift „der alte Corde-
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148 Viertes Kap. Der Nationalkonvent.
welche auf die Entzweiung der Machthaber die Hoffnung eigener Große
bauten.
Also wurden jene drei furchtbaren Demagogen, deren Schändlichkeit Ca-
mille Desmoulins und Phelippeaux in geißelnden Schriften enthüllt
hatten, unter dem Vorwände einer Verschwörung mit dem Auslande, auf
Geheiß des Wohlfahrtsausschusses verhaftet (24. März 1794) und mit scchs-
zehn Anderen ihres Anhangs hingerichtet. Wenige Tage darauf folgten ihnen
im Tode (3. April) ihre ergrimmtesten Gegner, die Cordeliers Danton,
Desmoulins, Phelippeaux, Herault de Sechelles, Lacroix und
der tapfere General Westermann, welchem die Republik einige Hanptsiege
wider die Vendee verdankte.
Gleiches Loos traf noch andere steggekrönte Feldherren. Die Wuth der
Schreckensmänner forderte solche Opfer, theils zur Befriedigung persönlichen
Hasses, theils zur Schaustellung ihrer Macht auch über die Kriegshäupter,
deren Eifer und Gehorsam dadurch gesicherter wurden. Also bluteten unter
der Guillotine Custine, der Eroberer von Mainz (28. Aug. 1793), und
Houchard, der Sieger bei Hondschooten, Luckner, Bcauharnois,
Beyßer u. A. Die meisten derselben fielen als Anhänger der Gironde dem
Nacheschwcrte des Berges anheim.
Die Scenen der Wuth wechselten ab mit jenen des Aberwizes und der
Brutalität. Gegen Künste und Wissenschaften erhoben die Sansculotten
Krieg, als gegen Verbündete der Aristokratie. Alle Akademien und gelehrten
Gesellschaften wurden aufgehoben, die kostbarsten Denkmale des Alterthums —
weil an die Monarchie erinnernd — zerstört, die llnterrichtsanstalteu der Ver-
wilderung überlassen. Der „Vandalismus" bemächtigte sich des schönen
Frankreichs. Der feine Ton der Gesellschaft wich der rohesten Sitte. Auch
die Besseren beflissen sich derselben, um nicht verdächtigt zu werden. Selbst
der Weiber bemächtigte sich solcher Geist! Eine Schaar derselben bezog die
Wache vor dem Saale des Konvents. Sie wetteiferten mit den Männern
in exaltirten oder unsinnigen Adressen.
Endlich ward auch die Religion angegriffen, als Erbstück einer ver-
haßten Vergangenheit und als eine Feste der wider die Freiheit verschworenen
Priester. Die Abschaffung des christlichen Kalenders, an dessen
Stelle der neue republikanische trat (s. Einleitung §. 8), bahnte dazu den
Weg (6. Okt. 1793), eine an und für sich wohl besonnene Maßregel, um
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
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Revolution, überall aber als unfreiwilliger Diener des Höchsten,
die Strafe über das gottvergessene Volk der Franzosen und auch
über andere in ihrer Treue und in ihrem Glauben wankend gewor-
denen Völker zu vollziehen. Von diesem Helden handelt das fol-
gende und letzte Lebensbild.
50.
Napoleon Bonaparte.
Eine neue Gottesgeißel kam Napoleon über die Franzosen und
die übrigen Völker Europa's, ein großer Held, aber voll Selbstsucht
und Niederträchtigkeit, dessenungeachtet eine Zuchtruthe in der Hand
Gottes zur Strafe für begangene Untreue und zur Erweckung zu neuer
Gottesfurcht und innigerer Heilandsliebe. Die Franzosen waren
in den tiefsten Abgrund sittlichen Verderbens versunken; kaum daß
sie die selbstsüchtige und sündhafte Begierde nach Ruhm wieder äu-
ßerlich erheben konnte. Aber auch anderwärts waren die Völker in
dem Abfalle von dem lebendigen Gotte und damit von allen höhe-
ren Tugenden, wie wahrer Vaterlandsliebe, echtem Gemeinsinne rc.
schon weit genug vorgeschritten, als daß nicht bei Gefahr des Ver-
lustes aller edleren Güter des Lebens ein mächtiges Halt ihnen
hätte zugerufen werden müssen.
Napoleon Bonaparte, den 15. Aug. 1769 zu Ajaccio
auf Korsika geboren, war der Sohn eines Rechtsanwalts und
stammte aus altem Adel. Als Knabe trotzig, herrisch und boshaft,
kam er im 19. Jahre in das Collegium zu Autun und lernte hier
Französisch; danach in die Militairschule zu Brienne, wo er beson-
ders^Mathematik und Geschichte studirte, Plutarchs Lebensbeschrei-
bungen am liebsten las; endlich in die Militärschule zu Paris. *)
’) Ein Zeugniß aus Brr'cnne über ihn lautet: ,,Korse von Geburt und Cha-
rakter; ein eigener junger Mensch, eifrig im Studiren, die Arbeit dem Ver-
gnügen verziehend, ein Freund wichtiger und ernster Lektüre, den exakten
Wissenschaften ergeben, weniger den andern Fächern, stark in der Mathema-
tik, ein guter Geograph; verschlossen, die Einsamkeit suchend, seltsam, gc-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Ajaccio Korsika Paris