I. Aus der Heimat.
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80 schützte Offa sein Land gegen die Holsteiner und hat es später
ebenso gethan gegen einen König der Dänen, der Alewig hiess, und der
damals für den trefflichsten aller Männer galt. Karl Müllenhoff.
3. Des kleinen Volkes Überfahrt.
3n den Hüttener Bergen wohnten vor Zeiten eine große Menge Unter-
irdische. Als aber die Glocken aufkamen, sind sie alle mit einander fort-
gezogen. Da zogen sie nach der Marsch zu und kamen in der Nacht an die
Hohner Fähre und wollten sich übersetzen lassen. Sie weckten den Fährmann.
Als aber der herauskam, sah er nichts, ging wieder ins Haus und wollte zu
Bett. Da klopften sie noch einmal und zum drittenmal an, und als der Fähr-
mann nun wieder herauskam, sah er, wie es vor dem Hause grimmelte und
wimmelte von lauter kleinen grauen Leuten. Da war da einer unter ihnen
mit einem langen Bart, der sagte zum Fährmann, er solle sie über die Eider
setzen, sie könnten die Glocken und den Kirchengesang nicht länger ertragen
und wollten anderswo hin. Der Fährmann machte die Fähre los und stellte
seinen Hut, wie der mit dem Bart ihm sagte, ans Ufer. Und nun kamen sie
alle in den Prahm hinein, Männer und Weiber und Kinder, und zwar so
viele, daß sie sich drängten und der Prahm zum Sinken voll ward. So ging
es jedesmal, wenn der Fährmann wieder zurückkam, und er hatte die ganze
Nacht nichts anderes zu thun, als immer hin und her zu fahren, und immer
war die Fähre gleich voll. Als er endlich die letzten hinübergebracht hatte,
sah er, wie das ganze Feld auf der andern Seite von vielen Lichtern flimmerte,
die immer durcheinander hüpften; da hatten sie alle kleine Laternen angezündet.
Am Ufer aber vor seinem Hause fand er seinen Htck ganz aufgehäuft voll von
kleinen Goldpfennigen; denn jeder hatte beim Einsteigen einen hineingeworfen.
Dadurch ward der Fährmann zeit seines Lebens ein steinreicher Mann.
Karl Müllenhoff.
4 Ansgar in Hamburg.
Hls im Jahre 831 Kaiser Ludwig der Fromme die Stadt Hamburg zum
Sitz eines Erzbistums gemacht hatte, wurde Ansgar, ein junger dreißig-
jähriger Mönch, der bereits als Missionar die Länder des Nordens durchzogen
hatte, zum Erzbischof von Hamburg erkoren. Außer vielen Reliquien und
'Heiligtümern brachte er ebenso viel frommen Eifer zur Erfüllung seines Be-
rufs mit.
Hamburg war damals noch ein kleiner Ort. Ein Kastell, eine Kirche,
einige Wohnungen der Geistlichen, einige Gassen ringsumher: das war alles.
Ansgar vergrößerte sogleich die Kirche und schmückte sie herrlich aus, errichtete
daneben ein Kloster, das er mit gelehrten Mönchen aus Corvey besetzte, und
gründete eine Schule, der der Kaiser eine kostbare Bibliothek schenkte. Dies
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Extrahierte Personennamen: Karl_Müllenhoff Karl Karl_Müllenhoff Karl Ansgar Ludwig Ludwig Ansgar Ansgar
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meinetwegen. Nimm deine Diener mit dir; wer weiß, ob du nicht ihrer
Dienste bedürfen möchtest." Danach begab sich der Erzbischof nach Radulfs-
rode unweit Quedlinburg. Hier ereilte ihn, der zu einer Sterbenden geeilt
war, unerwartet selbst ein plötzlicher Tod. Lange zögerte man, der ster-
benden Königin die Trauerbotschaft zu vermelden. Als sie aber an den
bestürzten Mienen ihrer Umgebung sah, daß ein großes Unglück geschehen
sein müsse, und als sie selbst die Ahnung aussprach, daß ihrem Enkel,
dem Erzbischof, ein Unheil zugestoßen sein möchte, da erzählte man ihr,
was geschehen war. Gefaßter, als man es erwartet hatte, sprach sie:
„Lasset die Glocken läuten und öffnet die Pforten der Kirche, betet alle vor
dem Altare und gebet Almosen den Armen, daß auch sie beten für die Seele
des Heimgegangnen."
9. Noch in derselben Woche ging auch sie heim, an einem Sonn-
abend wie ihr Gatte, an demselben Tage, den sie als den Todestag ihres
Gatten stets mit besondern geistlichen Übungen und mit demütigen Hilfe-
leistungen für Arme und Kranke gefeiert hatte. Unter dem Gesänge von
Psalmen und unter Verlesung evangelischer Abschnitte hatte sie mit gefalteten
Händen ihr Stündlein erwartet.
Ihre Leiche wurde in der Kirche zu St. Servatius in Quedlinburg
an der Seite ihres Gemahls beigesetzt. Albert Richters
49. Die Hunnen im Kloster Reichenau.
(Gekürzt.)
1. Auf der Insel Reichenau war's still und öde, nachdem des Klosters
Insassen abgezogen waren. Der blödsinnige Heribald war Herr und Meister
des Eilands.
Die Sonne stund hoch am Himmel, da wandelte er vergnüglich vor dem
Kloster auf und nieder. Da wirbelte drüben am weißsandigen Ufer eine
Staubwolke auf, Gestalten von Roß und Reitern wurden sichtbar. „Seid
ihr schon da?" sprach der Mönch und schlug ein Kreuz, seine Lippen bewegten
sich zu einem hastigen Gebete. Drüben am nahen Seeufer hielt ein Trupp
Reiter, die Zügel in Arm geschlungen, den Pfeil auf der Bogensehne,
waren sie spähend herangesprengt, der hunnischen Heerschar Vortrab. Wie
kein Hinterhalt aus dem weidenumbuschten Ufer vorbrach, hielten sie die
Rosse eine Weile an zum Verschnaufen; der Pfeil ward in den Köcher
gelegt, der krumme Säbel mit den Zähnen gefaßt, die Sporen ein-
gepreßt, — so ging's in den See. Hurtig arbeiteten sich die Rosse durch
die blauen Wogen, jetzt war der vorderste an Land und sprang vom
Gaule und schüttelte sich dreimal wie ein Pudel, der vom kühlen Bade zurück-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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lade ich heut zu mir, willst du noch einmal des Führer meiner Reise
sein?"
„Ich will, Herr," antwortete Ingram aufstehend mit leuchtendem
Blick.
„So nimm Abschied von Weib und Kind; denn du sollst für den
Herrn unter Schilde gehen."
Unten im Hofe wogte das Volk wie Wellen des Meeres. Da der
Erzbischof heraustrat, fiel alles auf die Knie, und die Arme aufhebend,
ging er langsam hindurch zum Schiffe. Dort wandte er sich noch ein-
mal, grüßte und segnete und lachte freundlich den Kindern zu, welche
von den weinenden Müttern aufgehoben wurden, damit sie den Mann
Gottes schauten.------Die Schiffer lösten die Seile, und rheinabwärts
schwebte das Schiff; am Ufer lag das Volk auf den Knien und sah
dem Fahrzeug nach, bis es hinter einer Biegung des Stromes verschwand.
4. Es war eine sonnige Fahrt, gleich einer langen Festreise. Wo
eine Kapelle stand auf den Höhen oder ein Kirchlein unten am Strom,
da drängten sich die Leute und läuteten die Glocken, wenn das Schiff
kam und abfuhr. Jeden Abend legten die Reisenden an, wo fromme
Christen wohnten. Herr Winfried stieg an das Land, begrüßte die
Gemeinden und ruhte unter dem Dach derer, die ihm vertraut waren,
während Ingram am Maste unter dem Kreuzbanner lag und die Schiffs-
wache hielt. So fuhren die Reisenden den Rhein abwärts bis dahin,
wo er zum See wird, sie legten vor Utrecht an und nahmen den
Bischof von Friesland, welchen Winfried eingesetzt hatte, zu sich
in das Schiff. Dann fuhren sie ostwärts bis zur Grenze der heidnischen
Friesen. Dorthin hatte Herr Winfried im voraus das neubekehrte Volk
geladen, damit er den Getauften die Hand auflege und sie, im Glauben
befestige; seine Boten waren durch das ganze Friesenland gegangen
und hatten seine Ankunft verkündet. An der Mündung des kleinen
Flusses Borne, welcher die christlichen und heidnischen Friesen trennt,
landeten die Fahrenden kurz vor dem bestimmten Tage in einer
Bucht, wo die Flut einen Wall von zugetriebnen Stämmen aufgehäuft
hatte. Der Erzbischof stieg an das Land, wählte die Lagerstelle
und umschritt weihend den Raum; Ingram ließ die Zelte aufschlagen,
den Graben schütten und das angeschwemmte Holz zum Walle schichten.
5. Als er bei dem Walle stand, die Richtung maß und selbst die
Pfähle schlug, ging Herr Winfried bei ihm vorüber und sprach: „Du
mühest dich emsig, uns mit Holz und Erde zu umschanzen, hast du
auch darum gesorgt, Einen über uns nach seinem Willen zu fragen?
Denn er zieht die Schildburgen und verwirft sie ganz nach seinem
Gefallen."
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gelangten. Sein ganzes Leben der Verkündigung der christlichen Lehre
zu widmen, das war das Streben, welches den Jüngling erfüllte.
Im Alter von zwanzig Jahren kam Ansgar nach Deutschland,
wo ihn die Klostermauern von Corvey aufnahmen. Sein reiches Wissen
und die Reinheit seines Wandels machten ihn besonders geschickt
zum Lehrer der Jugend. Er trat daher als Vorsteher an die Spitze
der Klosterschule. Doch bereits nach einigen Jahren wurde er auf
ein größeres Wirkungsfeld berufen.
2. An den Hof Ludwigs des Frommen kam um diese Zeit der aus
seinem Reiche vertriebene Dänenkönig Harald, um Schutz zu suchen.
Ludwig gewährte ihm seinen Beistand, bat ihn aber, dem Heidentume
zu entsagen und ein Christ zu werden. Harald ließ sich taufen und
versprach, nach seiner Rückkehr in die Heimat dem Evangelium auch
dort Eingang zu verschaffen; zugleich bat er den König, ihm einen
Mann mitzugeben, der den heidnischen Dänen die Lehre Christi ver-
kündige. Dem Abte Walo von Corvey schien zu diesem Berufe keiner
geeigneter zu sein als Ansgar. Er sandte ihn daher an den Hof des
Königs, wo ihm bedeutet wurde, wozu er ausersehen sei. Mit Freuden
willigte Ansgar ein. Von einem treuen Klosterbruder begleitet, machte
er sich auf, um im Gefolge des Königs nach dem fernen Dänemark
zu ziehen. Sie fuhren den Rhein hinunter bis Köln, wo ihnen der
ehrwürdige Erzbischof Hadebold sein bestes Schiff zum Geschenk
machte. Darauf setzten sie ihre Reise fort, bis sie in die Nähe des
heutigen Utrecht kamen. Hier verließen sie das Schiff, zogen zu Lande
an der Meeresküste hin und gelangten nach Schleswig. In festem
Vertrauen auf Gott begann Ansgar nunmehr sein Werk, und siehe,
die Saat fiel auf guten Boden. An der Schlei wurde die erste Kirche
erbaut, der bald andere folgten. Viele der Heiden entsagten ihren
Göttern und ließen sich taufen.
3. Einige Jahre waren vergangen, da kamen aus Schweden Boten
an den Hof Ludwigs und erzählten, wie auch in ihrem Lande viele ein
Verlangen nach dem Evangelium trügen. Auf den Rat des Abtes
Walo von Corvey wurde Ansgar aus Dänemark nach dem benachbarten
Schweden gesandt. Unterwegs wurde er von Seeräubern ausgeplün-
dert und ging seiner ganzen Habe verlustig. Ansgar ließ sich dadurch
nicht entmutigen. Nach vielen Beschwerden gelangte er mit seinen
Begleitern endlich an den Ort, wo König Bern sich aufhielt. Derselbe
nahm die Fremdlinge freundlich auf und erlaubte ihnen, die christ-
liche Lehre zu verkündigen. Auch hier trug ihre Arbeit reichen
Segen. Gefangene Christen erhielten die Freiheit, Kirchen entstanden,
und viele aus dem Volke wurden gläubig.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod]]
Extrahierte Personennamen: Ansgar Ludwigs Harald Ludwig Harald Ansgar Ansgar Hadebold Gott Ansgar Ludwigs Ansgar Ansgar
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Corvey Christi Corvey Rhein Schleswig Schweden Corvey Dänemark Schweden
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kleide nahe der Schwelle kniete. Er hielt an und sprach feierlich:
„Dich, Ingram, lade ich heut zu mir; willst du noch einmal der Führer
meiner Reise sein?"
„Ich will, Herr," antwortete Ingram aufstehend mit leuchtendem Blick.
„So nimm Abschied von Weib und Kind, denn du sollst für den
Herrn unter Schilde gehen."
Unten im Hause wogte das Volk wie Wellen des Meeres. Da der
Erzbischof heraustrat, fiel alles auf die Knie, und die Arme aufhebend,
ging er langsam hindurch zum Schiffe. Dort wandte er sich noch einmal,
grüßte und segnete und lachte freundlich den Kindern zu, welche von den
weinenden Müttern aufgehoben wurden, damit sie den Mann Gottes
schauten. Ingram aber hielt seine Frau, welche stolz ohne Tränen neben
ihm schritt, die Augen fest auf ihn gerichtet, und mit der andern Hand
hielt er die Hände feiner drei Söhne. Und als er sich am Ufer von den
Seinen löste, faßte er die Schwnrhand seines ältesten Sohnes, legte die
Hand des Wolfram hinein und sprach zu diesem: „Sei du ihm treu, wie
du dem Vater warst!"
Die Schiffer lösten die Seile, und rheinabwärts schwebte das Schiff;
am Ufer lag das Volk auf den Knien und sah dem Fahrzeug nach, bis
es hinter einer Biegung des Stromes verschwand.
Es war eine sonnige Fahrt gleich einer langen Festreise. Wo eine
Kapelle stand auf den Höhen oder ein Kirchlein unten am Strom, da
drängten sich die Leute und läuteten die Glocken, wenn das Schiff kam
und abfuhr. Jeden Abend legten die Reifenden an, wo fromine Christen
wohnten. Herr Winfried stieg an das Land, begrüßte die Gemeinden
imb ruhte unter dem Dach derer, die ihm vertraut waren, während Ingram
am Maste unter dem Kreuzbanner lag und die Schiffswache hielt. Sv
fuhren die Reisenden den Rhein abwärts bis dahin, wo er zuin See
wird, sie legten vor Utrecht an und nahmen den Bischof von Friesland,
welchen Winfried eingesetzt hatte, zu sich in das Schiff. Dann fuhren
sie ostwärts bis zur Grenze der heidnischen Friesen. Dorthin hatte Herr-
Winfried im voraus das neubekehrte Volk geladen, damit er den Getauften
die Hand auflege und sie im Glauben befestige; seine Boten waren durch
das ganze Friesland gegangen und hatten seine Ankunft verkündet. An
der Mündung des kleinen Flusses Borne, welcher die christlichen und
heidnischen Friesen trennt, landeten die Fahrenden kurz vor dem bestimmten
Tage in einer Bucht, wo die Flut einen Wall von zugetriebenen Baum-
stämmen aufgehäuft hatte. Der Erzbischof stieg an das Land, wählte
die Lagerstelle und umfchritt weihend den Raum; Ingram ließ die Zelte
aufschlagen, den Graben schütten und das angeschwemmte Holz zum Walle
schichten.
Als er bei dem Walle stand, die Richtung maß und selbst die Pfähle
schlug, ging Herr Winfried bei ihm vorüber und sprach: „Du mühst dich
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Himmels seinen Getreuen. Bereitet ist uns der Hochsitz in himmlischer
Halle, die Scharen der Heiligen geleiten uns vor den Thron des
Himmelsherrn." Da warf Ingram sein Schwert den einbrechenden
Heiden entgegen, er trat mit ausgebreiteten Armen vor den Herrn
Winfried, rief laut den Namen des Jünglings, der einst sein Reise-
geselle gewesen war, und empfing die Todeswunde. Nach ihm der Erz-
bischof und darauf die übrigen, Geistliche und Laien. Nur wenige ans
dem Gefolge retteten sich über das Wasser und berichteten von dem Ende
der frommen Helden.
Mit großem Gefolge fuhr der Häuptling des Christengottes zu der
Halle seines himmlischen Königs.
Die Gebeine Winfrieds führten fromme Bäter den Rhein hinauf,
dem Thüring Ingram aber schütteten christliche Friesen am Strande den
Totenhügel und umschritten die Stelle mit Gebet. Nicht die Raben des
Waldes flogen darüber, sondern weißbeschwingte Möwen, und statt der
Baumwipfel rauschten in seiner Nähe die Wogen des Meeres, wie der
Sturmwind sie trieb ein Jahrhundert nach dem andern.
3. vw Hunnen im Kloster Keicbenau. (924 n. Chr,)
Von Viktor von Scheffel.
Ekkehard. 226. Auflage. Stuttgart 1908. S. 183. Gekürzt.
ns der Insel Reichenau war's still und öde, nachdem
des Klosters Insassen abgezogen waren. Der blöd-
sinnige Heribald war Herr und Meister des Eilands.
Er gefiel sich in seiner Einsamkeit. Stundenlang saß
er am Seeufer und warf flache Kieselsteine über die
Wellen, daß sie drauf tanzten. Wenn sie gleich anfangs
untersanken, schalt er sie.
Da wirbelte drüben ant weißsandigen Ufer eine Staubwolke auf;
Gestalten von Roß und Reitern wurden sichtbar. „Seid ihr schon da?"
sprach der Mönch und schlug ein Kreuz, seine Lippen bewegten sich zu
einem hastigen Gebete; aber bald lag die gewohnte Miene zufriedenen
Lächelns wieder auf seinem Antlitz. „Fremden Wanderern und Pilgers-
münnern soll am Tor des Gotteshauses ein christlicher Bescheid erteilt
werden," murmelte er; „ich werde sie erwarten." Heribald schob einen
mächtigen Eichstamm an die Pforte, die in den Hof führte, setzte sich ge-
lassen auf den Block und wartete der Dinge, die da kommen sollten.
Drüben am nahen Seenser hielt ein Trupp Reiter. Die Zügel um
den Arm geschlungen, den Pfeil auf der Bogensehne, waren sie spähend
herangesprengt, der hunnischen Heerschar Bortrab. Wie kein Hinterhalt
aus dem weidenumbuschten Ufer hervorbrach, hielten sie die Rosse eine
Weile an znm Verschnaufen; der Pfeil ward in den Köcher gelegt, der
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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374
während der Erzbischof mit erhobenen Händen langsam an ihnen
vorüberschritt. Nachdem seine hohe Gestalt aus dem Gemache ver-
schwunden war, brach der Schmerz der Zurückgelassenen laut und
heftig hervor. Und wie die Freunde weinten, so weinte auch das
zahlreiche Volk, das von der Pfalz bis zu der Stelle am Ufer, wo
das Schiff des Erzbischofs vor Anker lag, Spalier bildete. Männer
und Greise, Frauen und Kinder drängten sich heran, um noch ein-
mal von dem geliebten Hirten gesegnet zu werden. Bevor Boni-
fatius das Schiss bestieg, sank Lullus noch einmal an seine Brust.
Lange hielten sich Meister und Schüler umfangen, bis der Greis
endlich nach dem Himmel deutete und mit leiser Stimme sprach:
„In der Halle des himmlischen Königs sehen wir uns wieder!"
Der Wind schwellte die Segel, und ruhig glitt das Schiff mit
den Wellen des Rheines stromabwärts. Überall wo sich Kapellen
am Ufer erhoben, läuteten die Glocken zu Ehren des scheidenden
Bonifatius. Er aber stand mitten auf dem Verdeck des Schisses,
und immer wieder von neuem erhob er seine segnenden Hände.
Nach langer glücklicher Reise fuhr das Schiff der Missionare
liber den Zuidersee und wandte sich ostwärts der Grenze der Heid
nischen Friesen zu. Unweit des Ortes Dokkum wurde gelandet, ltub
nachdem Bonifatius einen geeigneten Platz ausgesucht hatte, ließ er
das Lager errichten. Bald nachher erhob sich ein aus angeschwemm-
ten Baumstämmen und Erde erbauter Wall, der mehrere Zelte um-
schloß, welche die frommen Männer vor den Unbilden der Witte-
rung schützen sollten; denn es begann rauh zu werden im Lande
der Friesen, und heftige Stürme entkleideten Blische und Bäume
des herbstlichen Schmuckes. Von diesem Lager zog Bonifatius hin-
aus zu den ringsum wohnenden Friesen, um sie zu taufen, wie es
der Heiland seinen Jüngern anbefohlen hatte. Bonifatius suchte
durch liebevolle Zurede und freundlich ermahnendes Wort die Hei-
den auf den rechten Weg zu führen. Er überhäufte die Irrenden
mit Wohltaten und gewann sich ihre Zuneigung. Sie fühlten sich
zu dem Greise hingezogen und lauschten gern seiner Rede. So zog
Bonifatius im Lande der heidnischen Friesen von Ort zu Ort, nicht
achtend der Stürme des Winters und seines eisigen Grußes. Als
der Frühling wieder ins Land kam, waren schon mehr als vier
tausend Friesen von dem eifrigen Missionar für den christlichen
Glauben gewonnen worden. Bonifatius ließ die jungen Christen
durch seine Begleiter benachrichtigen, daß sie sich am fünften Tage
des Monats, in welchem die Sonne der Erde am nächsten stehe,
gemeinsam in dein Lager bei Dokkum einfinden sollten, um dort
von ihm die heilige Firmung zu empfangen.
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353
in den Raum und erweckte den Herzog zum Bewußtsein. „Wo bin
ich?" rief er. Aus einer fernen Ecke ward ihm Antwort; denn mehrere
seiner Leute befanden sich in dem dunkeln Raume.
In diesem Augenblicke legte sich das Schiff noch mehr herum, so
daß es kieloben auf dem Wasser schwamm. Jetzt war der mutige Kom-
mandant verloren. Ruhig und gefaßt rief er seinen Leuten zu: „Es
ist alles verloren, Jungens, jetzt wollen wir noch beten: Vater, nimm
unsre Seelen zu dir und gib uns einen schnellen und gelinden Tod!"
Wohl befanden sich in dem Mannschaftsraume steine, runde Luken,
durch die zur Not ein Mann hindurchkriechen konnte; aber wie sollte
sich der todgeweihte Herzog seines schweren Ölanzuges und seiner großen
Seestiefel entledigen, da der Raum schon zum größten Teil mit Wasser
angefüllt war! Dennoch versuchte er, sich von seinen Fesseln zu befreien,
aber völlig erschöpft mußte er bald das Vergebliche seines Ringens
einsehen.
Da rief er dem Heizer Leckebusch zu, der nur mit Hemd und
Hose bekleidet war: „Ich habe keine Hoffnung auf Rettung; aber sehen
Sie doch zu, daß Sie sich retten!" Während nun der Heizer sich mit
Mühe seiner leichten Kleidung entledigte und sich mit großer Anstrengung
ganz nackt durch die enge Luke zwängte, hörte er seinen treuen Kom-
mandanten laut das Vaterunser beten. Leckebusch wurde aus den tosenden
Wellen aufgefischt. Als er Kunde brachte von dem Heldentode des
tapfern Herzogs, blieb kein Auge tränenleer; denn bei seinen Kameraden
und Untergebenen war er gleich verehrt und beliebt gewesen.
Wohl eine Stunde noch schwamm das Torpedoboot kieloben auf
den Wassern, dann sank es mit sieben Mann der Besatzung und feinern
Kommandanten in das tiefe Grab. Unter mühevollen Taucherarbeiten
wurden acht Tage später die Toten geborgen, und am 3. Oktober wurde
die Leiche des Herzogs in der Blutskapelle des Schweriner Domes
beigesetzt.
Lesebuch von Plümer, Haupt, Bach mann.
Kappet, u. Koch. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. Iv.
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TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche]]