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1. Deutsche Sozialgeschichte - S. 112

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
112 1790 — 1792. Umgestaltungen im Westen Deutschlands, wesen war. Gelehrte und Schriftsteller traten immer mehr mit ihren revolutionsfreundlichen Ansichten hervor, der Adelshaß trieb üppige Blüten. „Giebt's eine Revolution, so geht's hauptsächlich gegen den Adel" — wurde offen verkündet, und manche hofften auf Umsturz, z.b. Klopstock, der bei einer großen Feier in Hamburg (14. Juli 1790) — sie begann, als die Sonne den Meridian von Paris passierte — mit französischer Freiheitsmütze und Kokarde geschmückt erschien. Aber von wo hätte eine allgemeine Bewegung ihren Ursprung nehmen sollen? Deutschland war ja in übermäßig viele Kleinstaaten zersplittert. Ferner hielt sich die Masse der niederen Volksschichten von aufrührerischer Stimmung ziemlich unberührt, unter dem Adel aber gab es nur einzelne Revolutionsfreunde. So fehlte es an der nötigen Leitung für eine allgemeine Bewegung, und es blieb bei einzelnen lärmenden, aber ungefährlichen Ausschreitungen im Westen. Gerade hier, in der Welt der willkürlich regierten geistlichen Staaten (vgl. S. 107), mußte z. B. die Aufhebung aller Feudallasten im benachbarten Frankreich einen gewaltigen Eindruck machen. Die Bürger dachten sofort an Beseitigung aller Standesvorrechte. Die geistlichen Fürsten hingegen gewährten den französischen Adligen, die ausgewandert waren, nicht nur bereitwillig Aufnahme, sondern gestatteten ihnen auch, sich gegen die Republik für das Königtum zu erklären und Truppen zu sammeln. Zum Danke dafür gaben sich diese „Emigranten" einem unsittlichen Treiben hin, dessen Kosten die deutschen Fürsten — d. H. ihre heillos bedrückten Unterthanen — trugen. Nachdem in dem „Kreuzzuge für Thron und Altar" — sehr bald wurde er zu einem reinen Eroberungskriege — das Heer Friedrichs des Großen den Ruf seiner Unüberwindlichkeit zuerst etwas eingebüßt hatte, drangen die Franzosen ins deutsche Gebiet ein. Den Angriff abzuwehren waren die geistlichen Regierungen ganz außer stände: die Fürsten und die meisten Beamten flohen. Oktober

2. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 292

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
292 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. Da erhoben sie sich wütend gegen den König, zerrissen sein Zelt, verfolgten ihn mit Schmähungen, ergriffen ihn mit Gewalt und drohten ihn zu töten, wenn er sich noch länger weigere, mit ihnen zu ziehen. Unwillig mußte Chlothar nachgeben. Doch als es zur Schlacht kam, wurden die Franken von den Feinden unter gewaltigem Blutvergießen aufs Haupt geschlagen. Darauf bat der König die Sachsen sehr beschämt um Frieden, indem er beteuerte, daß er nicht mit seinem Willen gegen sie gezogen sei; und als er den Frieden erhalten hatte, zog er heim. So erzählt Gregor; auffallend ist es aber allerdings, daß, wie eine andere zuverlässige Duette berichtet, Chlothar den Sachsen einen jährlichen Tribut von achthundert Kühen auferlegte, den erst König Dagobert im Jahre 631 ihnen erließ. Mag daher wohl auch Gregor die Niederlage Chlothars mindestens stark übertreiben, so ist doch sein Bericht von höchstem Wert, „insofern er zeigt, daß, nach Auffassung eines Zeitgenossen, das Volksheer der Franken (wie einst dem Theuderich gegenüber, als er nicht nach Burgund ziehen wollte) so grimmig auf Kampf besteht, aus Kriegslust und Rachsucht, zumal aber aus Beutegier, daß es jedes andere Anerbieten ausschlägt; es ist die fortreißende, alles überwiegende Leidenschaft, die herrschende, des fränkischen Nationalcharakters. Zweitens aber ist lehrreich, daß ein Zeitgenosse daran glaubt, der König sei dem in seinen Waffen gescharten Volksheer gegenüber völlig unfähig, seinen Willen durchzusetzen; nicht der König entscheidet über Krieg und Frieden, vielmehr der Wille des Volksheers, und jener wird unter äußerster Demütigung und unter Androhung des Todes zum Nachgeben gezwungen." Als Chlothar seinen Umritt antrat, hatte er seinen Sohn Chramm nach der Auvergne geschickt, da ihm diese Provinz seines neuen Reiches sehr unzuverlässig erschien. In Clermont hielt nun der junge, leichtsinnige Prinz seinen Hof. „Er that," wie Gregor sagt, „viele Dinge wider Vernunft und Recht, weshalb er auch vor der Zeit aus der Welt geschafft wurde. Das Volk fluchte ihm. Keinen Menschen liebte er, von dem er ersprießlichen Rat hätte hören sönnen, nur schlechte, lockere junge Leute scharte er um sich, hielt sie wert und hörte auf ihren Rat, so daß selbst Mädchen aus vornehmen römischen Familien auf feinen Befehl ihren Eltern entrissen wurden." Den Firminus, den königlichen Grafen der Stadt, entsetzte er ohne weiteres seines Amtes, verurteilte ihn zur Verbannung und ließ seine Güter einziehen, nur um einen seiner Günstlinge, den Satust i u s, an dessen Stelle zu bringen. Der Bischof Canti uns, den er auch zu beseitigen strebte, wußte sich vor seinem Verfolger nur durch Flucht in die Kirche zu retten. Infolge feines ausschweifenden Lebenswandels verfiel Chramm bald in eine hitzige Krankheit und verlor sein Haupthaar. Nach seiner Genesung begab er sich nach Poitiers, um hier seinen Oheim Childe-

3. Parricida - S. 29

1905 - Braunschweig : Appelhans
die Wirren im Reiche, im Trüben zu fischen und sich zu bereichern mit fremden Gut, hauptsächlich wohl auf Kosten der Bischöfe von Osnabrück, so daß sie den Bischöfen Dithard und Udo manche schlaflose Nacht machten. Aber in der richtigen Voraussicht, daß eine Zeit kommen werde, wo die Bischöfe Vergeltung üben würden, versäumten sie nichts, ihre Burg zu einer schier unüberwindlichen Bergfeste zu machen. Die Brustwehren, Mauern und Zwinger-waren von ungemeiner Stärke, der Schloßgraben war so tief, wie es nur bei wenigen Burgen der Fall war, und obwohl sie denselben nicht mit Wasser füllen konnten, so schützte er doch durch seine Breite und Tiefe vor einem feindlichen Angriff. Damit es ihnen bei einer etwaigen Belagerung aber niemals an Wasser fehlen möchte, legten sie im Schloßhofe einen tiefen Brunnen an, der in feinem untern Teile ganz in Felsen gehauen war. Ans diese Weise glaubten die Gebrüder Egbert und Engelbert von Holte, die ums Jahr 1140 die Inhaber der Bergfeste waren, jedem feindlichen Angriffe trotzen zu können. Lebensrnittel hatten sie reichlich in der Burg, und an Mannschaften fehlte es ihnen auch nicht, da sie dafür bekannt waren, daß sie guten Sold zahlten und nicht knauserten, wenn es ans Verteilen der Beute ging. Auch taten sie sich nicht wenig zugute auf ihre vornehme Verwandtschaft, bei der sie im Notfälle Rückhalt und Hilfe zu fiudeu hoffteu. War doch ums Jahr 1090 ein Herr Bnrchard von Holte Bischof von Münster gewesen, und bekleidete doch zu ihren Zeiten, etwa seit 1130, ein anderer naher Verwandter, Ludwig von Holte, dieselbe hohe Stellung. Als aber nach dem Tode des Bischofs Udo von Osnabrück, 1141, der bisherige Propst von Deventer, Philipp, ans dem edlen Geschlechte der Grasen von Katzenellenbogen, auf den erledigten Bischofssitz an der Hase erhoben wurde, zeigte es sich, daß dieser durchaus nicht gewillt war, sich das Gut des Hochstifts schmälern zu lassen. Er sandte deshalb bald nach seinem Einzuge in Osnabrück den Herren Egbert und Engelbert eine Botschaft mit der Aufforderung, alles dem Hochstifte ge-

4. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 639

1858 - Weimar : Böhlau
639 theile bevorzugter Familien und Personell. Die durch Ausdehnung deß Adels auf die jüngeren Söhne entstandene Menge güterloser Ade. ligen machte diese Vorrechte noch lästiger. Friedrich Ii. gab den Stalldesunterschieden, im Widersprüche mit den philosophischen Grund- sätzen seiner Schriften, in seiner Gesetzgebung noch stärkere Geltung, als sie in älteren Zeiten gehabt hatten. Der ganze Mittelstand war daher von Abneigung gegen den Adel erfüllt. Am stärksten war die Erbitterung in Frankreich, wo eine mehr ausgebildete Geselligkeit den Bücgerstand mit den höheren Klaffen ver- mischte, diese aber ihre Vorrechte zu Zeiten sehr empfindlich für das ge- sellige Gleichheitsgefühl geltend machten. Vornehmlich that dieses der Theil des Adels, der sich an den Hof angeschlossen und fast alle höhe- ren Stellen in der Verwaltung und in der Armee in Besitz genommen hatte. Der Hofadel sah selbst auf den Laildadel mit Verachtung herab, sowie auf den Dienstadel, der sich durch den beinahe erblich gewordenen Besitz der Parlamentsstellen gebildet hatte. Durch die vom Könige abhängige Vergebung der hohen geist- lichen Stellen waren dieselben größtentheils an Glieder des Hof- adels gekommen, welche am Hose um Gunst und um die ersten Staats- ämter buhlten und ihre reichen Pfründen in weltlicher Lebensweise und in weltlichen Geschäften verzehrten. Unter den in ihren Sprengeln le- benden Bischöfen gab es treffliche Männer; aber das Urtheil der Haupt- stadt, und das war gleichbedeutend mit der öffentlichen Meinung von Frankreich, bildete sich nach den sogenannten politischen Bischöfen. Die niedere Geistlichkeit lebte in Armuth und blickte mit Neid zu den hoch bepfründeten Prälaten hinauf. Aber auch die würdigeren Männer dieses Standes waren unvermögend, der Geringachtung kirchlicher Dinge, die sich von den höheren Ständen aus über die ganze Nation verbreitete, Einhalt zu thun. Seit dem gewaltigen Einflüsse, den Vol- taire und die Encyklopädisten geübt hatten, war Verachtung und Verspottung der Religion Ton der guten Gesellschaft geworden. Die dem Autoritätsglauben feindliche Richtung griff aber nicht bloß die Lehren und Formen der Kirche an, sondern auch die Einrichtungen des Staates. Voltaire und die Encyklopädisten hatten nur vereinzelte und versteckte Angriffe gegen das bestehende Staatswesen gemacht. Dage-gen erklärte Rousseau den Grundverhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft offen den Krieg, indem er einen ursprünglichen Zustand der Gleichheit und Glückseligkeit schilderte, welcher durch die Entstehung des Eigenthums und durch die von den Eigenthümern bewerkstelligte Einsetzung der Obrig- keilen zerstört worden sei, und dies als einen Act der Täuschung, als einen an der Menschheit verübten Frevel darstellte. Die Theilnahme, welche Rousseau bei allen Klassen der Gesellschaft erregte, verschaffte sei- nen Ideen um so schnellere Verbreitung, als dieselben eigentlich nur die offen ausgesprochenen Folgerungen aus den herrschenden Grundsätzen waren. So bildete sich gerade in den unterrichtetsten Klassen der Nation eine politische Ueberzeugung, welche mit dem Interesse dieser Klassen wie mit dem Wesen der monarchischen Verfassung im Widersprüche stand. Für die Staatscegierung war der in der Nation gegen sie hervor- gerufene Widerwille um so gefährlicher, als die schrankenlose Macht, welche ihr von ganz Europa beigelegt und die in Frankreich als Tyrannei

5. Griechische Geschichte - S. 191

1882 - Nördlingen : Beck
Kleon. 191 wußte und ebendadurch das Volk gewann, war in Athen der erste Mann und stand in seiner Wirksamkeit höher, als die Archonten und andere Staatsbeamten. Aber die Redner, welche die von Perikles leer gelassene Stelle einnahmen, dachten nicht von ferne daran, durch ihre Reden das Volk besser und einsichtsvoller zu machen; sie vergaßen über ihren eigenen Wünschen das Gemeinwesen, behandelten das Volk rote ein Kind, das man zu bereden sucht, und strebten nur sich demselben persönlich angenehm zu machen. Es war jetzt eine Empfehlung bei dem großen Haufen, wenn einer vou mederer Herkunft und gemeinen Sitten, ungebildet und frech, sich ans die Rednerbühne drängte und da tobend und lärmend ohne Ordnung der Gedanken der Versammlung vorschwatzte. Mochte ein Redner noch so wenig dnrch sittliches Handeln sich ausgezeichnet haben: er fand dennoch das Volk bereit ihn zu hören und ihm zu folgen, wenn er nur die rechten Worte fand seine Vaterlandsliebe herauszustreichen und dreist genug roar, sich als den einzigen redlichen Berater der Stadt darzustellen. Und roertu zwei Redner auftraten, der eine mit dem Antrage, die Kriegs-rüstnngen ernstlich zu betreiben und die Staatseinkünfte für diesen Zweck §11 verwenden, der andere aber mit dem Vorschlag, die Taggelder zu erhöhen, welche der Bürger für allerlei öffentliche Geschäfte bezog, so konnte der zweite daraus rechnen, den ersten überstimmt und seinen Antrag als den des wahren Vaterlandsfreundes mit rauschendem Beifall aufgenommen zu sehen. Ein Flachshändler Enkrates, ein Viehhändler Lrmles, roetcher die verwitwete Aspasia heiratete, lenkten nach dem Tode des Perikles zuerst die Angelegenheiten von Athen. Noch mächtiger als diese wurde der Gerber und Lederhändler Kleon, ein von Haus aus armer Mann, der zunächst durch Betriebsamkeit in seinem Geschäfte den für eine politische Rolle damals notwendigen Reichtum sich erworben hatte, zur Macht gelangt es aber auch nicht verschmähte, denselben durch die unsittlichste 23c-nütznng seiner Stellung zu vermehren. Ohne Bildung und plunlp in seinem Aussehen war er ein gewaltiger Schreier und gefiel auf derselben Rednerbühne, von der eben noch die edle und gemessene Sprache des Perikles ertönt hatte, dem leichtfertigen Volke durch sein tolles und wildes Gebaren, feine Prahlerei, sein Poltern gegen die gebildeten und besseren Mitbürger. Sieben Jahre lang waren diesem Manne die wichtigsten Geschäfte im Innern der Stadt und gegenüber den andern Staaten preisgegeben ; er erhielt sich in dieser Macht durch die rücksichtsloseste Kriegspolitik, wie sie dem Pöbel durch die ihm in Aussicht gestellten Vorteile angenehm war. Das war das schlimmste Zeichen von dem nahenden Wfwjk Wiultf ,4 Wu .

6. Griechische Geschichte - S. 227

1882 - Nördlingen : Beck
Herrschaft der Dreißig in Athen. 227 sie allerlei bösartige Menschen, die während der Demokratie von Angeberei und Verfolgung der bessern Bürger gelebt und dadurch den allgemeinen Haß auf sich geladen hatten, vor Gericht zogen. Der neue Seuat erkannte unter williger Zustimmung des übrigen Volks diesen die Todesstrafe zu _ denn man sah darin nur eine gerechte Vergeltung —; aber dies sollte bloß die Einleitung zu anderen und zahlreicheren Blutgerichten sein, die einen ganz andern Zweck hatten als die Ausübung des Rechts. Die Dreißig erbaten sich von Sparta eine Sicherheitswache, um für die Gewaltthätigkeiten, die sie im Schilde führten, einen Rückhalt zu haben: und Lysander schickte ihnen eine spartanische Besatzung für die Burg und einen Statthalter, Kallibius. Auf diese Besatzung gestützt legten sie jetzt Hand an die thatkräftigsten Männer der Stadt, denen sie die meiste Fähigkeit zutrauten eine Partei gegen sie zu bildeu. Uud um noch sicherer zu gehen, wählten sie aus der gesamten Einwohnerschaft dreitausend ihnen ergebene Bürger ans, welche allein das Recht haben sollten Waffen zu tragen, und entwaffneten alle andern. Diese Dreitausend, die in ein besonderes Verzeichniß eingetragen waren, sollten im Falle einer Anklage nur durch einen Richterspruch des gesamten Senats verurteilt werden können; die andern in das Verzeichnis nicht aufgenommenen Bürger aber sollten durch die Dreißig ohne vorhergehende gerichtliche Verhandlung zur Hinrichtung bestimmt werden dürfen. So der Furcht vor ernstlichem Widerstände entledigt ließen sie ihrer Habsucht und allen gehässigen Leidenschaften freien Lauf: viele Einwohner der Stadt wurden hingerichtet, weil der eine oder der andere der Dreißig sie haßte; viele auch, weil sie reich waren. Und um ihre Sicherheitswache durch Geschenke bei guter Laune erhalten zu können, beschlossen sie, jeder von ihnen solle einen wohlhabenden Hintersassen der Stadt sich ausersehen, der hingerichtet und dessen Vermögen eingezogen werden solle. Unter diesen dreißig Männern war einer, namens Theramenes, der am Umstürze der Demokratie mitgearbeitet, aber den Ungerechtigkeiten seiner Amtsgenossen auch bisher sich schon widersetzt hatte. Aufgefordert, sich auch sein Opfer unter den Hintersassen auszuwählen, wies er die frevelhafte Zumutung unwillig von sich. Wir wollen, sagte er, die besten unter unsern Mitbürgern sein und machen es ärger, als die Sykophanten, die von uns zum Tode verurteilt worden sind. Denn diese plünderten die Leute aus und ließen sie leben; wir aber wollen unschuldige Menschen hinschlachten, um ihr Geld zu rauben. Diese Sprache entzündete bei seinen Amtsgenossen um so mehr bittern Haß, als jeder ihre Wahrheit anerkennen mußte, und sie beschlossen sich

7. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 410

1858 - Weimar : Böhlau
410 Reichsstädte. Bettlern. Die Zahl der begangenen Verbrechen war erstaunlich groß. Neunhundert Jesuiten hielten sich in Baiern auf und hatten Schulen, Hof und Volk in ihrer Gewalt. Die Schulen befanden sich im trau- rigsten Zustande, und auf der Landesuniversität Ingolstadt herrschten Aberglaube, Unwissenheit und das unsittlichste Schlemmerleben. Zwar zeigte sich auch in Baiern das Verlangen nach einer neuen und besseren Ordnung, aber die Geistlichkeit und der Adel waren zu mächtig und verhinderten in Verbindung mit den verknöcherten Juristen, daß das Licht der neuen Zeit auch Baiern erleuchtete. Der Kurfürst Maximi- lian Joseph (1745— 1777) hatte die besten Absichten, aber er und seine Räthe suchten überall durch bloße Verordnungen zu beffern und mischten sich in alles. Man beachtete nicht die Natur des Landes und den Charakter der Bewohner und suchte Fremdartiges und Fernliegendes zu erzwingen, statt das den Verhältnissen Angemessene zu pflegen. Man suchte die Fabrikation von Luxus-Waren zu Stande zu bringen und die Seidenzucht einzuführen, während es dem Lande noch an den nö- thigsten Handwerkern fehlte. Man bemühte sich dem Landbau durch allerlei Maßregeln aufzuhelfen und ließ die strengen Jagdgesetze bestehen, welche das zahlreiche Wild schützten. Man wollte den häufigen Ver- brechen Einhalt thun, aber daß von Kceitmayer, einem um die Ver- waltung verdienten Juristen, verfaßte Kriminal-Gesetzbuch vermehrte durch seine Strenge, durch Folter und Hinrichrungen die Zahl der Ver- brechen. Die geistlichen Fürsten suchten es an Prunk den weltlichen Höfen gleich zu thun. An ihren Tafeln wurde sehr gut gegessen und sehr viel getrunken. Der Erzbischof Joseph Clemens von Köln hatte anderthalbhundert Kammerherrn. Der Graf von Schönborn, welcher um 1731 Bischof von Wüczburg war, hatte in Würzburg und in Bam- berg einen vollständigen Hofstaat und an letzterem Orte wenigstens drei- ßig Kammerherrn. Sein Minister konnte zehn Maß Burgunder an einem Tage trinken. Daß Verhältniß der Reichsstädte zum Reich hatte sich nicht ver- ändert; in ihnen war alles fest und starr geworden, ohne Möglichkeit der Weitecentwickelung. Aus dem Reichstage thaten sich die Städte mehr hervor durch die kleinliche und argwöhnische Vertretung ihrer particula- ristischen Stellung, als durch Bereitwilligkeit, auch nur das kleinste Opfer zum Wohle des Reiches, etwa zur Vertheidigung desselben gegen die Franzosen, freiwillig zu bringen. Im Innern der Reichsstädte be- wirkte die streng abgeschlossene aristokratische Regierung für alle nicht regierenden denselben starren Zwang wie in den fürstlichen Territorien. Daß Verhältniß der städtischen Unterthanen gestaltete sich meist noch schlimmer, weil Verwaltung und Rechtspflege noch nach altem Zuschnitte geübt wurden, und die regierende Körperschaft jeder Verbesserung wider- stand. Der ganze Staat erschien als eine bloße Versorgungsanstalt für die politisch berechtigte Körperschaft, und die in diesem Sinne geleitete Verwaltung hatte es auch so weit gebracht, daß die reichen Einkünfte vieler Reichsstädte nicht mehr zur Bestreitung des Staatshaushaltes hin- reichten.

8. Das Mittelalter - S. 70

1896 - Bamberg : Buchner
Iii. Zeitraum. Geschichte der deutschen Kaiserzeit, uoit Heinrich I. bis zum Erlschen des staufischen Hauses. I. Jeit der schsischen und der beiden ersten frnkischen Kaiser, 919 1056. Aus der Auflsung des karoliugischeu Reiches entwickelt sich das ostfrnkische oder deutsche Knigtum zur fhrenden Macht des Abendlandes. Rettung der christlich-germanischen Kultur durch das rmische Kaisertum deutscher Nation. 1- Grndung des deutschen Reiches unter Heinrich I. 919-936. bersicht. Das Knigtum Heinrichs I. beruhte ursprnglich nur auf der Wahl der Franken und Sachsen. Indem aber der König den einseitigen Bund seines Vorgngers mit den geistlichen Fürsten aufgab, indem er gegenber den Herzgen sich wesentlich begngte mit der ueren An-erkennnng seiner berordnung und auch von den wenigen Rechten, die ihm zugestanden wurden, mglichst selten Gebrauch machte, hat er nicht blo die vllige Trennung der Stmme hintangehalten, sondern auch die Grund lge geschaffen fr ein knftiges deutsches Reich. Wie der König wirk-liche Macht nur in Sachsen besa, so war auch seine uere Politik nicht eigentlich eine deutsche, sondern eine schsische, bezweckte zunchst nur, sein Herzogtum Sachsen im Kampfe gegen Slaven und Ungarn zu sichern und

9. Geschichte des Mittelalters - S. 76

1884 - Leipzig : Teubner
giltig war. Herzog Albrecht aber zog indes von Straburg aus durch die feindliche Pfalz, bestrmte unterwegs Alzei und lagerte um die Mitte des Juni in der Nhe von Mainz?) Der 15. Juni erschien, aber die kurfrstliche Versammlung konnte nicht erffnet werden, wir wissen nicht aus welchen Grnden; denn wenn auch der Mainzer als Grund der Ansehung eines neuen Tages (23. Juni2) die Abwesenheit des Knigs angab, so ist doch klar, da das Ausbleiben Adolfs nur den Vorwand hergeben mute. Vermutlich handelte es sich darum, den Verschworenen auch die Mitwirkung des Klner Erzbischoss und des jungen Pfalzgrafen Ludwig, den persnliche Abneigung gegen den herrschschtigen Bruder in das Lager des sterreichers gefhrt hatte, zu sichern. Jener bertrug seine Stimme dem Mainzer, dieser dem Herzog von ochsen.3) Gerhard verfgte also der drei Stimmen. Am 23. Juni versammelten sich im Tiergarten von Mainz4) Gerhard, drei Markgrafen von Branden-brg5) und Herzog Albrecht von Sachsen. Die Verhandlungen, der deren Gang im einzelnen wir nicht gengend unterrichtet sind, endeten mit der Verlesung der Absetzungsurkunde durch den Mainzer Erzbischoss) Die Anklagen, die man gegen Adolf erhob, sind ziemlich allgemeiner Natur und treffen zum grten Teil weniger ihn als seine ruberische Soldateska. Man wirft ihm und den Seinen Schndung der Hostien, Ermordung von Priestern, Entweihung, Beraubung und Zerstrung von Kirchen, Entehrung von Frauen und Jungfrauen und andere unzhlige Miffethaten vor, beschuldigt ihn, den Landfrieden zum fteren gebrochen, die kirchliche Freiheit bedroht und mit verwerflicher Simonie von Bischsen und Prlaten ansehnliche Geschenke er-pret zu haben. Insonderheit gedenkt die Erklrung der Vergehungen gegen die Mainzer Kirche, deren Rechte der König zwar beschworen, aber miachtet habe. Gleicherweise htten auch die andern kirchlichen und weltlichen Fürsten unter dieser Willkr zu leiden gehabt: durch List und Betrug habe er sie ohne gerechten Grund ihrer Wrden, Gter, Ehren und Rechte beraubt. Zudem sei er zur Fhrung des Reiches untauglich, wie die schweren Kriegs-strungen bewiesen, die gerade durch ihn und'die Seinen in allen Teilen des deutschen Reiches berhand genommen htten.7) Nach dem Rate und Beschlu der Fürsten sei er, als des Knigtums unwrdig und von Gott verworfen, des Reichs beraubt, alle aber, die ihm den Treueid geleistet, dieses Schwurs 1) Chr. Golm. 1. c. Ann. Worm. 1. c. 2) Ellenh. 137. 3) Die Vollmacht des Klners erhellt aus der Proklamation bei Kopp I, 907; die des Pfalz- grafen Ludwig s. bei Chmel, Formelbuch K. Atbr., a. a. >. . 231. 4) Nach Ottokar Reimchron. Kap. 675; Ckron. Golm. 266flg. wurde die Absetzung tut Dome ausgesprochen, nach den Ann. Magunt. (M. G. Ss. Xvii, 3) in orto fera-rum. Lorenz Ii, 650 vereinigt beide Nachrichten, indem er vermutet, die mit der Absetzung endigende Beratung habe im Dome, die Verffentlichung des Spruches im Tiergarten stattgefunden. 5) Otto Iv. mit dem Pfeile, sein Bruder Heinrich und ihr Vetter Hermann. 6) Abgedruckt bei Kopp I, 905908. Vgl. chltephafe Iii, 444flg., Kopp Iii, l, 264flg., Lorenz Ii, 650, Roth 350. Mit Recht weist Lorenz ausdrcklich darauf hin, da die Absetzuugsurkuude durchaus nichts von dem Vorwurf englischen Solddienstes enthlt, den Ottokar Kap. 674 und nach ihm titele Geschichtsschreiber bis auf unsere Zeit von den Wahlfrsten erhbe werden lat. 7) Insuper rex predictus tanto regimini tanteque potestati mventus est in-sufficiens et inutilis, prout dura gwerrarum turbacio, que in diversis regni Alemannie partibus miserabiliter invaluit per ipsum et suos, per quos sedari pociua debuerat, detestabiliter excitata, docuit manifeste.

10. Geschichte des Mittelalters - S. 267

1884 - Leipzig : Teubner
I 267 seinem Freunde entgegen, der seinen Traum von einer Erneuerung der r-mischen Gre zur Wahrheit zu machen berufen schien: wie ein dritter Brutus, ein neuer Romulus erschien er ihm, und berallhin verbreitete er den Ruhm des Mannes, der das goldne Zeitalter herausgefhrt habe.1) Die schnellen Erfolge nahmen dem Tribunen, was ihm von ruhiger berlegung noch geblieben war. Es wurde bei ihm zur Wahnvorstellung, da der heilige Geist in ihm wirke, und die Teilnahme, die ihm das Volk ent-gegenbrachte, bestrkte ihn in seiner Meinung von sich selbst und von der Bedeutsamkeit seines Werkes. Mehr und mehr kam in ihm der eitle, rhm-begierige Narr zum Vorschein. Er fhlte sich, seit das Volk ihn berufen, als Herrn der Rmer, wenn er sich auch nur deren Tribunen nannte und den Papst als Herrn der Stadt anerkannte. Er kleidete sich demgem in prchtige Gewnder, hielt pomphafte Umzge und entfaltete bei Tafel einen Prunk und verschwenderischen Luxus, der zu der frheren rmlichkeit und Einfachheit in grellem Widerspruch stand. Pagen und edle Jungsranen be-gleiteten seine Gemahlin, wenn sie ffentlich sich zeigte, seine Verwandten brachte er in einflureiche mter. Wie ein Herrscher empfing er die Barone sitzend, forderte aber von ihnen Demut und Unterwrfigkeit.^) Seine Eitel-feit trieb ihn, die ritterliche Wrde sich bertragen zu lassen. Den 1. August, zu dem er Gesandte aus ganz Italien geladen, hatte er zur Feier ausersehen. Von 26 Orten Italiens waren an zweihundert Boten erschienen, die edelsten Geschlechter Italiens waren in ihnen vertreten. Nachdem er am Tage zuvor in dem Taufbecken Konstantins ein Bad genommen und in der Taufkapelle die Nacht verbracht hatte, lie er sich am 1. August vor dem versammelten Volke mit dem Ritterschwert umgrten und die Rittersporen sich anlegen. Darauf lie er ein Gesetz verknden, zu dem er bereits am 26. Juli die Zu-stimmuug des Volkes eingeholt hatte. Er erklrte darin, da die heilige Stadt Rom selbst das Haupt des Erdkreises und die Grundlage des christ-lichen Glaubens, alle Städte Italiens frei, ihre Bewohner rmische Brger und der Vorrechte derselben teilhaftig seien. Aus Krast Gottes und des heiligen Geistes sowie des rmischen Volkes nahm er die Wahl des rmischen Kaisers, die Gerichtsbarkeit und die Herrschaft der das ganze heilige Reich fr Rom und Italien wieder in Anspruch und lud alle Prlaten, erwhlte Kaiser und Kurfrsten, Könige, Herzge, Fürsten, Grafen und Markgrafen zc., welche widersprechen wollten, und namentlich Ludwig von Bayern und Karl von Bhmen, welche sich fr wirkliche oder fr erwhlte Kaiser ausgeben", die Herzge von Bayern, sterreich und Sachsen, den Markgrafen von Brandenburg, die Erzbischse von Mainz, Trier und Kln sr das nchste Pfingstsest nach Rom, um vor ihm und den anderen Beamten des Papstes sowie dem rmischen Volke ihre Rechtsansprche zu vertreten.3) audita, cum quaque libera reatitutione civitatum et castrorum omnium facta ab expoliatoribus omnibus ad expoliatos de possessionibus etiam quibuscun-que, et quot et quanta fuerunt in tarn arto tempore consummata" desisto de-scribere, nam laudabilius certe relinquitur laus propria, ne sordescat, linguis et calamis alienis. 1) Vgl. Voigt, Die Wiederbelebung des klass. Altertums I, 52 flg. 2) Papen- cordt 116 118. 3) Papencordt 125 128. Urk. p. Xii flg., no. 7. Cola nannte sich nun: Candidatus (wegen des weien Gewandes) Spiritus Sancti miles Nico- laus severus et clemens, liberator urbis, zelator Italie, amator orbis, tri-bunus augustus. I
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TM Hauptwörter (200)200

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