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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 62

1911 - Erfurt : Keyser
— 62 — Bald offenbarte sich an der frommen Landgräfin mehr und mehr eine göttliche Kraft. Sie heilte Kranke durch das Auflegen ihrer Hände, machte Blinde fehend und richtete gekrümmte Glieder wieder gerade. Ein Heilmittel, von ihrer Hand gereicht, verfehlte nie seine Wirkung. Daher begann das Volk sie als einen auserwählten Liebling Gottes zu verehren und an ihre Wunder zu glauben. Es fehlte nur noch das Märtyrertum, um sie als Heilige anzubeten, und auch das blieb nicht aus. Nach dem Tode ihres Gemahls wurde Elisabeth von ihrem Schwager, dem Landgrafen Heinrich Raspe, vertrieben und mußte die Wartburg verlassen. Sie wandte sich nach Marburg und wohnte zunächst in einer armseligen Bauernhütte. Später gründete sie von ihrer Mitgift ein Armen- und Krankenhaus und übte in ihm alle Werke der Barmherzigkeit. Auch ertrug sie mit himmlischer Geduld alle Qualen und Peinigungen, welche ihr der Beichtvater Konrad von Marburg auferlegte. Erst 24 Jabre alt, verschied sie am 19. November 1231, laut beklagt von allem Volke. Da sich aber bald die Kunde von allerlei Wundern verbreitete, die während der Leichenfeier und an ihrem Grabe geschehen sein sollten, so erfolgte am Psingsttage 1234 durch Papst Gregor Ix. die Heiligsprechung Elisabeths. (Nach L. Sechstem.) 19. Die Sage von der (31eichenfchen Doppelehe. Ludwig (andere nennen ihn Ernst), Graf von Gleichen, nahm teil an dem Kreuzzuge, dem sich Ludwig der Heilige, Landgraf von Thüringen, unter dem Banner Kaiser Friedrichs Ii. angeschlossen hatte. Graf Ludwig war am Thüringer Landgrafenbofe ritterlich erzogen worden und soll mit einer Gräfin von Orlamünde vermählt gewesen sein, die ihm zwei Kinder geboren. Nachdem Landgraf Ludwig feinen frommen Eifer mit dem Tode gebüßt, folgte Graf Ludwig dem Kaiser nach Accon und blieb zum Schutze der Stadt Ptolemäus zurück. Der Kaiser aber schiffte sich zur Rückkehr ein. Gefangenschaft: Bei einem Ausfalle oder Streifzuge gegen die Ptolemäus umlagernden Sarazenen geriet Graf Ludwig in die Gefangenschaft der Araber. Er wurde an den Sultan Aegyptens verkauft und nach Alcair gebracht. Dort mußte der Graf Harte Sklavenarbeit verrichten. Neun Jahre schmachtete er schon in der Gefangenschaft, als die Tochter des Sultans, welcher Melech-Sala hieß, das ist König des Heils oder Friedens, lebhaft von ihm eingenommen wurde. Aus großer Liebe trug sie ihm an, gemeinschaftlich zu entfliehen, wenn er sie zum Weibe nehmen wolle. Graf Ludwig von Gleichen war aufrichtig genug, der schönen Sarazenin seinen Stand und seine Herkunft zu entdecken und ihr zu sagen, daß er bereits eine Frau und zwei Kinder habe. Daran fand nun die Jungfrau gar keinen Anstoß, da der mohamedanische

2. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 414

1906 - München : Oldenbourg
414 76. König Ludwigs I. Jugendzeit und Lehrjahre. stimmend darin, daß sie eine liebenswürdige Erscheinung und von überaus milder und gütiger Sinnesart gewesen sei. Sie war eine warme Freundin der Kunst; ein von ihr gemaltes Aquarell wird im Münchener Nationalmuseum aufbewahrt. Die trefflichen Eigenschaften von Ludwigs Vater sind bekannt; sie bildeten, als er später den bayerischen Thron bestieg, das Glück seines Volkes und der Jurist Feuerbach, der wahrlich keiu blinder Bewunderer der bayerischen Zustände jener Periode war, gab nur der Wahrheit die Ehre, da er Maximilian Bayerns Heinrich Iv. nannte. Zu Straßburg war er wegen seines jovialen Charakters, seiner Freigebigkeit und Leutseligkeit der allgemeine Liebling, und wie seine Soldaten an ihm hingen, zeigt eine heitere Episode aus den Tagen kurz nach der Geburt des Erbprinzen. Bei einer Musterung seiner Grenadiere bemerkte er mit Erstaunen, daß alle Knebelbärte verschwunden waren. Auf seine Frage wurde ihm statt der Antwort ein Wiegenkissen präsentiert, das mit den Bärten der Soldaten gepolstert war. Ein seltsames Wiegengeschenk, aber das Opfer war jedenfalls manchem schwer geworden. Der heranwachsende Prinz erhielt eine durchaus militärische Erziehung; das Pateugescheuk Ludwigs Xvi. war ein französisches Oberstenpatent gewesen. Die Anschauungsweise des Vaters blieb immer der französischen verwandter als der deutschen; aber der Sohn bewahrte sich bis an sein Lebensende, das ihn, wi-e der Zufall wunderlich spielt, ebenfalls auf französischem Boden überraschte, die wärmste deutsch-patriotische Gesinnung. Dem Aufenthalt der herzoglichen Familie in Straßburg wurde ein unerwartetes Ende gesetzt. Auch dort bildete sich im ereignisschweren Jahre 1789 ein Jakobinerklub, dessen Initiative bald Willige und Unwillige zum Kampf gegen das Bestehende rief; das Rathaus wurde gestürmt, die rote Fahne aufgesteckt und das Martialgesetz proklamiert. Max Joseph mußte Straßburg verlassen. Nach vorübergehendem Aufenthalt in Darmstadt und Rohrbach ließ er sich mit den Seinen in Mannheim nieder. Sein Hans war allen Emigranten, von denen damals die Rheingegenden überfüllt waren, gastlich geöffnet. Hier in Mannheim, dem ein wahres Eden, der Schwetzinger Park, angrenzt, verlebte Prinz Ludwig seine Knabenjahre. In einem 1809 geschriebenen Gedichte gibt er der Erinnerung an jene sonnigen Tage Ausdruck: „Dich vergesse ich nie, die du Aufenthalt warst meiner Kindheit, Pfalz! und auch, Pfälzer, euch nie; liebe euch, die ihr mich liebt! . . . Wiederum sehe ich mich in Schwetzingens Garten mit meiner Mutter, der besten, die's gab, die unvergeßlich mir ist. Liebliche Stelle, woselbst das Mahl wir, das ländliche, nahmen, Vor dem Hügel, auf dem raget der Tempel Apolls . . . O Erinnerung jener zu eilig entschwundenen Tage, Freundliches Andenken du, immerfort bist du mir frisch!" ...

3. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 413

1906 - München : Oldenbourg
76. König Ludwigs I. Jugendzeit und Lehrjahre. 413 Und zürnst du noch, wenn trunken ein Dichter dir Ausgießt des Lobes Weihungen? Zwar es sind Nur Tropfen Taus, doch deine Sonne Macht sie zu farbigen Regenbogen. Vergib, o Herr, dem Dichter, der ohne dich Verlassen stünde, fremd in der Zeit und stumm: Dein fürstlich Dasein löst den Knoten Seiner verworrenen Lebensrätsel. 76. König Ludwigs I. Jugendzeit und Lehrjahre. Von Karl Theodor von Heigel.j) „Das sollte mir die teuerste Siegesfeier sein, wenn diese Stadt, in der ich geboren bin, wieder eine deutsche Stadt sein würde!" Dies patriotische Wort wurde von dem bayerischen Kurprinzen Ludwig im Jahre 1805 zu Straßburg gesprochen, als dort Kaiserin Josephine ihr Hoflager hielt und die französischen Erfolge in Süddeutschland durch glänzende Feste feierte. Sein Wunsch aber galt dem schönen Straßburg und schmerzlich ist's, daß der Fürst den Tag nicht mehr sah, an welchem jener Traum seiner Jugend in Erfüllung ging und wieder deutsche Fahnen vom Münster wehten. Es steht szu Straßburg ein stattlicher Palast im Renaissancestil, der Zweibrücker Hof genannt, mit feinen Fassaden nach der Promenade le Broglie und der Brandgasfe gekehrt. Hier wohnte Herzog Maximilian von Pfalz-Zweibrücken, während er als Oberst des Regiments d'alsace sich in Straßburg aushielt, und in diesem Hanse erblickte sein erstgeborner Sohn Ludwig Karl August am 25. August 1786 das Licht der Welt. König Ludwig Xvi. von Frankreich und der regierende Herzog von Zweibrücken Karl August waren seine Paten. Die Geburt des Prinzen wurde um so freudiger in der Pfalz wie in Bayern begrüßt, als sie die Zukunft des Fürstenhauses sicherte; denn Karl Theodor wie der regierende Herzog von Zweibrücken waren kinderlos. Allenthalben wurden Festlichkeiten veranstaltet und herzlich gemeinte Jubelreden gehalten. Einer der Festredner in Heidelberg war Jung-Stilling. Die Stadt München entsandte eine Bürgerdeputation an den glücklichen Vater. Der nahm die Segenswünsche sehr gnädig entgegen, hob den Prinzen selbst aus der Wiege und legte ihn einem der Bürger in die Arme. „Sagt den Euern zu Hause," sprach er, „daß ich sie nicht minder liebe wie diesen meinen Sohn!" Die Nachrichten über Ludwigs Mutter, Augusta, jüngste Tochter des Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt, sind nur spärlich, aber überein- 1) „Ludwig I., König von Bayern", S. 1 ff. Leipzig 1872, Dunker & Humblot.

4. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 645

1906 - München : Oldenbourg
141. König Ludwigs Ii. Persönlichkeit. 645 er ist der Pionier einer neuen Kunst geworden, die wir heute mit ihrer bestimmten Stilrichtung besser schon ahnen können, als es noch bei Ludwigs Lebzeiten der Fall war. Das Naturgröße, das Erhabene, das Naturschöne durch die Kunst zu idealisieren hat Ludwig selbst einmal als eine seiner billigen Privataufgaben bezeichnet, wo ihn weder Neid noch Falschheit stören könne. Für seine Kunstrichtung und seinen Geschmack bezeichnend ist nicht allein die getreue Kopie von dem Versailles Ludwigs Xiv. in Herrenchiemsee oder die bizarre und barocke Stilklitterung in Linderhof, wo Kleintrianon Pate gestanden hat: Neuschwanstein ist int reinsten romanischen Stile gebaut. Das Landhaus auf dem Schachen ist auch in der inneren Einrichtung zum Teil sehr einfach gehalten; in der schlichten Behaglichkeit des Schlosses Berg, das sein Lieblingsaufenthalt während feines ganzen Lebens geblieben ist, hat der König nicht viele Veränderungen vorgenommen. So hat er auch einmal in der Schweiz auf dem Axenftein die für ihn bestimmten Gemächer verschmäht und die einfacheren Zimmer bezogen. Nicht der feenhafte Zauber der Wasserkünste und Grotten, die überladene Pracht der reich ausgestatteten Wohnräume, die romantische Verkörperung der Ideen eines exzentrischen Geistes ist es, was der Kunstkenner in den Königs-schlöffern am meisten bewundert, sondern die stilistische Reinheit, mit der die einmal gehegten Gedanken von Anfang bis zu Ende festgehalten und zumeist zu klarem Ausdruck gebracht worden sind. Und vielleicht nur die wenigsten, die da sehen und staunen, kennen die engsten Beziehungen, in denen alles zu dem königliche« Bauherrn stand. „Jedes Detail, ja jede Linie der Muster, jeden künstlerischen Gebrauchsgegenstand prüfte der König nach. Sein Scharfsinn, seine Erfindungsgabe, sein Sachverständnis, seine aufreibende Tätigkeit hierbei sind bewunderungswert." Es ist anzunehmen, daß Ludwig bei längerer Gesundheit auch von feiner Verehrung für den Stil Ludwigs Xiv. wieder zurückgefunden hätte zur Verkörperung echt deutscher Muster. Dazu berechtigt der Plan zur Burg Falkenstein, und sein byzantinisches Schloß, das ebenfalls unausgeführt blieb, hätte sich wohl berührt mit den archaisierenden Tendenzen - der jüngsten Vergangenheit. Auch wurden die Bauten durchaus nicht unverhältnismäßig teuer ausgeführt. Heute, wo die Schulden zumeist getilgt sind, hat das Land tu der Tat allgemeinen Nutzen von dem Fremdenverkehr, den alljährlich die Königsschlösser in das Gebirge ziehen. Schon als 18 jähriger Jüngling zeigte Ludwig jene liebenswürdige Freude ant Geldausgeben, die ihm später so verhängnisvoll geworden ist; als er das erste Portemonnaie erhielt, eilte er zu einem Juwelier, dem er den Preis für ein der zärtlich geliebten Mutter zugedachtes Medaillon selbst entnehmen ließ. Wenn die Schlösser ihren Platz am Saunte des Gebirges oder inmitten der Alpenlandschaft fanden, so erklärt sich das aus der Vorliebe Ludwigs für die bayerischen Berge, die er mit allen unseren Königen teilte. Größere Reifen hat er während feiner Regierung nicht gemacht. Abgesehen von zwei Ans-

5. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 217

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
Iii. Die Zeiten der Politik. 217 nannt wird. Seine Schriften, die mit der frechsten Zügellosigkeit alles Heilige eintasteten, wnrden begierig gelesen, uni) machten einen entsetzlichen Spottgeist unter dem Volle rege. Andere Philosophen, wie Rousseau, hoben das Recht des Menschen hervor, und weckten einen Freiheitssinn , der unter den gegebenen Umständen in einen grausen Empörungsgeist ausarten mußte. So gährte und rumorte es allenthalben; und nur das Grauenvollste konnte man für die Zukunft ahnen. Ludwig Xv. starb endlich (1774), an den Pocken, die der 64jährige Greis von einer Müllerstochter erbte. Er mußte es sehen, wie sein ganzer Leib, mit den entsetzlichsten Geschwüren und Eiterbeulen überdeckt, teilweise in Fänlniß übergieng, Arme und Beine noch im Bette verwesten, andere Theile gar in Stücke zerfielen. Er glaubte sich von bösen Geistern umschwärmt, und die Gewissensangst ließ ihn nur von dem Feuerpfuhl reden, der ihn erwarte. Seine Leiche wollten die Aerzte vor Ekel nicht einbalsamiren; so eilte man mit dem Sarge in einer Jagdkutsche nach St. Denis ohne alle Begräbnis feierlichfeit. Der Kutscher fuhr lustig über Stock und Stein, und die Bauern in den Dörfern und Wirthshäusern, wo man vorbeikam, schrieen ihm die gräßlichsten Verwünschungen nach. Was war doch nach Heinrich Iv. unter 3 Königen in 164 Jahren aus Frankreich geworden! und was sollte noch daraus werden? Das Wehe brach bald mit unerhörter Furchtbarkeit aus; der arme Ludwig Xvi., ein guter, schwacher Jüngling, mußte das traurige Opfer für die Sünde seiner Vorväter werden! 2 Schweden (Karl Xii.) § 86. Im Norden spielte seit dem dreißigjährigen Kriege Schweden die Hauptrolle. Es besaß große Läu-derstrecken um die Ostsee her, und war in seinem Innern wohlgeordnet. Leider betrug sich Gustavs Tochter, Christine, ihres großen Vaters nicht würdig. Sie legte aus Hang nach gelehrten Studien 1654 die Krone nieder, Handbüchl. d. Weltgesch. (7. 21.) l(j

6. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 215

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
Iii. Die Zeiten der Politik. 215 Krieg, auch Koalitionskrieg genannt (1689 -97) eröffnete fein Kriegsminister Lo uvo is mit schauerlicher Verwüstung der Pfalz. Alle Städte und Dörfer von Pforzheim bis nach Oppenheim, wohl 1200 Ortschaften wurden eingeäschert ; besonders traurig war das Schicksal der Städte Heidelberg, Mannheim, Speyer und Worms. Daneben drangen Mordbrenner wie Melac tiefer nach Deutschland herein und verübten schändliche Frevelthaten. Ludwigs Landheere erfochten auch sonst viele Siege; aber feine Flotte zerstörten die Engländer und fein Land wurde durch die ungeheure Kraftanstrengung so erschöpft, daß er am Ende doch auf Frieden antragen mußte. Dieser erfolgte zu Ryßwick und ließ im Grunde Alles beim Alten, da Ludwig die meisten in biefem Kriege gemachten Eroberungen zurückgab. Und boch schloß Ludwig biefen Frieden nur mit der Aussicht auf einen noch größeren Kampf, der balb ausbrach und der spanische Erbfolgekrieg genannt wirb (1701—14). Spanien nämlich, von dem feit 1640 Portugal wieder losgetrennt war, hatte nach dem Tode Carls 11. keine geraden Erben, allein Seitenerben in Menge, unter denen Ludwig und der deutsche Kaiser Leopold 1. die vornehmsten waren. So entstand ein allgemeiner Krieg, in welchem 7 Mächte, Oesterreich, England, Holland, Preußen, das deutsche Reich, Portugal und Savoyen wider Frankreich aufstanden; denn eine Vergrößerung Frankreichs wurde allgemein gefürchtet. Dieß-mal erfochten Prinz Eugen, österreichischer Oberbefehlshaber, und der englische Feldherr Marlborough die entfcheibenbsten Siege; und der greife König mußte nach und nach alle feine Macht hinsinken sehen. Doch würde zuletzt fein Enkel Philipp König von Spanien; Oesterreich bekam Belgien, Mailanb, Neapel und Sarbinien, und den Englänbern blieb Gibraltar. So nach dem Frieden von Utrecht (1713) und Rastatt (1714). § 85. Nun 1715 starb Ludwig Xiv. Er hatte sich in den letzten Jahren, angeregt durch Frau von Main-tenon, die er heimlich heirathete, einem frömmelnben

7. Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte für höhere Bildungsanstalten und Gymnasien - S. 410

1833 - Meissen Pesth : Wigand Goedsche
410 Neunter Zeitraum. bens, dessen Feldherren nur zweiten Ranges, Villeroi, Vil- lars, Tallard, Vendome, dem überlegenen Genie eines Eu- gen und Marlborough nicht gewachsen waren. Schmerzlich erfuhr nun Ludwig das Wiedervergeltuugsrecht von seinen siegreichen Gegnern, sein Stolz mußte sich zur Bitte und Nachgiebigkeit beu- gen, bis ihn die Gunst der Umstande rettete; England schloß zu »m 11. Utrecht einen Separatfrieden, und der Rasta d ter, den 7. Marz und Badener Frieden, den 7. Sept. 1714 legten auch die 1715 Feindseligkeiten mit den übrigen streitenden Machten bei. Ludwig sah seinen Wunsch, in seinem Enkel Philipp von Anjou ei- nen Sproßling des Hauses Bourbon auf den spanischen Thron verpflanzt zu haben, befriedigt, allein mit schweren, blutigen Opfern hatte er ihn erkauft. Frankreich war in allen Beziehungen er- schöpft, doch erreichte die französische Literatur damals die höchste Blüte. Peter Corneille (st 1684) schrieb mit wahrhaft anti- kem Griffel seine Trauerspiele, und Racine (st 16--'9) erreichte in demselben Fache Meisterschaft durch einen wohlklingenden, abge- rundeten Versbau, Moliere (st 167.4) geißelte in seinen Lust- spielen mit treffendem Witze die Thorheiten seiner Zeit; la Fon- taine (st 1695) ward durch seine Fabeln das Muster einer kindlichen Naivität; Boileau (st 17! 1) übte eine heilsame Kritik zur Läuterung des Geschmacks; Bayle (st 1706) schrieb sein historisch-kritisches Wörterbuch (Dictionnair© historique et critique); Fenelon (st 1757) seinen klassischen Telemach; Fontenelle (st 1757) entfaltete einen seltenen Scharfsinn in seinen „Unterhaltungen über die Mehrheit der Welten," und eine Reihe trefflicher Kanzelredner, B o u r d a l o u e (st 1704), Bossuet (st l704),Flechier (st >710), Massillon (st 1742), Saurin, von der reformirten Kirche (st 1750), glanzten in der geistlichen Be- redsamkeit. Durch die, seit 1666 zu Paris errichtete Akade- mie der Wissenschaften erhielt die französische Sprache die Bestimmtheit und Reinheit, wodurch sie sich für diplomatische Un- terhandlungen empfahl; der Glanz von Ludwigs Hofe und das lange Glück seiner Waffen erhoben sie zur Hof- und Umgangs- sprache der Völker Europa's. Eine beispiellose Sterblichkeit ma- hete die zahlreiche Nachkommenschaft Ludwigs Xiv. bis auf wenige Glieder hinweg. Von sechs Kindern starben fünf m zar- tem Alter; der Dauphin Ludwig vermahlte sich mit Maria An- na von Baiern, hatte drei Söhne, den Herzog von Burgund, Philipp von Anjou, nachmaligen König von Spanien, und Karl, Herzog von Berry, und starb 1711, wie man meinte, durch Vergiftung. Der Herzog von Burgund ward jetzt Dauphin, be- rechtigte zu den schönsten Hoffnungen und für ihn hatte Fenelo n den Telemach geschrieben. Allein auch er starb sechs Tage nach seiner liebenswürdigen Gemahlin Maria Adel hei de von Sa- »oim, den 18. Febr. 1712, mit Hinterlaffung zweier Söhne, wo-

8. Geschichte der Neuzeit - S. 149

1887 - Wiesbaden : Kunze
§. 10, 5. Die Türken vor Wien. Ungarn. 149 vermählten Schwester, den Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern, bestimmt. Als dieser aber 1699 starb, und die Mächte einen Teilungsvertrag versuchten, überredete der französische Gesandte den König, den 2. Enkel Ludwigs Xiv., Philipp von Anjou, zum Erben seines Reiches zu ernennen. Aber sowohl Ludwigs Xix. Mutter, eine Schwester Philipps Iv. von Spanien, wie seine Gemahlin, die ältere Schwester Karls Ii., hatten bei ihrer Verheiratung für sich und ihre Nachkommen auf den spanischen Thron Verzicht geleistet. Deshalb erhob Kaiser Leopold I. als Sohn der jüngeren Schwester Philipps Iv. und Gemahl der jüngeren Schwester Karls Ii. für seinen zweiten Sohn Karl Ansprüche auf die spanische Monarchie, zu der außer Spanien Belgien, Neapel, Sicilien und die Besitzungen in Amerika gehörten. Aus Furcht vor Frankreichs Übermacht traten die Seemächte England und Holland auf die Seite des Kaisers; Preußen und das deutsche Reich schlossen sich ihnen an. Mit Ludwig Xiv. verband sich der Kurfürst Max Emanuel von Bayern und sein Bruder, der Erzbischof Joseph Klemens von Köln. In Spanien waren Aragonien, Katalonien und Valencia für Östreich, das übrige Land stand zu Frankreich. Nach Karls Ableben schickte Ludwig Xiv. seinen Enkel nach Madrid und äußerte beim Abschiede: „Von jetzt an, mein Sohn, giebt es für Frankreich keine Pyrenäen mehr." Dadurch entbrannte der spanische Erbfolgekrieg von 1701 —1714. Die Franzosen hielten schon 1701 ihren Eintritt in die Hauptstadt Spaniens, und Philipp von Anjou ward mit lautem Jubel von dem Volke und den Kortes zum Könige ausgerufen. Der Erzherzog Karl, der zweite Sohn Kaiser Leopolds, landete 1704, betrieb den Krieg aber höchst saumselig. Der Entscheidungskampf wurde in Italien, Deutschland und den Niederlanden geführt. An der Spitze der kaiserlichen Truppen stand Prinz Eugen von Savoyen, ein kleiner, unansehnlicher Mann, der wegen seines schwächlichen Körpers zum geistlichen Stande bestimmt und von Ludwig Xiv. im Scherz oft das Äbtlein genannt morden war. Allein die theologischen Bücher hatten dem Prinzen nicht gefallen; er hatte lieber in den Schriften des Plutarch und Julius Cäsar als in den Kirchenvätern gelesen und es vorgezogen, die kriegerische Laufbahn zu betreten. Als er sich aber bei Ludwig Xiv. um das Kommando einer Reiterkompagnie bewarb, erhielt er eine abschlägige Antwort, weil er zu klein und schwächlich sei. Eugen ward heftig hierüber aufgebracht,

9. Geschichte der Neuzeit - S. 152

1887 - Wiesbaden : Kunze
152 Zweite Periode der Neuzeit. Turm 1706, der ganz Italien von den Franzosen reinigte und den landerlosen Herzog von Savoyen wieder in seine Staaten einsetzte. ^te .gemeine Begeisterung für den kleinen Kapuziner äußerte sich zuweilen höchst seltsam. Eine Dame in London vermachte ihm aus ihrem Sterbebette 30000 Gulden, ein armer Gärtner 1200. „Prinz Eugen, der edle Ritter" wurde in deutschen und italienischen Liedern besungen, die im Munde des Volkes teilweise noch fortleben Ebenso feierten die Briten ihren glücklichen Führer. Auch der Feldzug von 1708 ging für die Franzosen verlorenr sie wurden von Marlborough und Prinz Eugen in der Schlacht bei ^udenarde in den Niederlanden so vollständig geschlagen, daß Ludwig Xiv. jegliche Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang des Krieges aufgeben mußte. Ja, bei der immer höher steigenden Verzweiflung fernes Volkes und bei der gänzlichen Erschöpfung seines Staatsschatzes erbot er sich, obwohl sein Enkel in Spanien sich glücklich gegen Karl Iii. behauptet hatte, er wolle auf Spanien, Indien, and und btc Niederlande verzichten, wenn sein Enkel nur Neapel und Sizilien behalten könne. „Auch nicht ein Dorf von der ganzen spanischen Monarchie darf dem Hause Habsburg entzogen werden" gaben ihm die Verbündeten zur Antwort. Ludwig willigte ein und versprach sogar, das Elsaß und mehrere Festungen an der nieder-ländischen und savoyischen Grenze zurückzugeben, sowie die beiden Kurfürsten der Gnade des Reiches zu überlassen. Als ihm aber die Verbündeten noch die gewaltsame Vertreibung seines Enkels in Spanien zumuteten, versuchte Ludwig noch einmal das Kriegsglück. Aber es blieb ihm abhold: bei Malplaquet wurde auch das letzte französische Heer von Eugen und Marlborough 1709 gänzlich besiegt. roai; Frankreichs Not aufs höchste gestiegen und Ludwig Xiv. so gedemütigt, daß er bereit war, selbst die härtesten Bedingungen einzugehen, als die göttliche Strafgerechtigkeit den Übermut der . Gegner ebenfalls traf: im Jahre 1711 starb Kaiser Joseph I.-tn England wurde das Whig-Ministerium durch die Tories verdrängt und der Herzog von Marlborough gestürzt. Die Herzogin von Marlborough war die Vertraute der Königin Anna von England; durch sie war des Herzogs Wille bisher in ollen Angelegenheiten durchgesetzt worden. Allein der Stolz, die Herrschsucht und Leidenschaftlichkeit der Herzogin stifteten Unfrieden bet Hose und zogen ihren Sturz herbei. Eines Tages hatte die Herzogin ein Paar schöne Handschuhe, welche die Königin zu besitzen wünschte. Die Herzogin schlug die Bitte ab. Sie trug daraus ein

10. Geschichte der Neuzeit - S. 232

1887 - Wiesbaden : Kunze
232 Zweite Periode der Neuzeit. gestorben war, so vermählte er sich 1685 heimlich mit ihr. Frau von Maintenon erlangte nun eine unbegrenzte Macht über den König. Sie setzte es durch, daß bei den Hoffesten Sitte und Anstand gewahrt wurden, und veranlaßte den König zur Frömmigkeit und zu 9berfen der Änldthätigkeit. So entwarf sie den Plan zu einer An-stalt für unbegüterte Mädchen der höheren Stände. Auf ihre Bitten stiftete Ludwig Xiv. in der Abtei von St. 69r unweit Versailles ein Institut, in welchem 250 Mädchen von 36 Nonnen und 20 Laienschwestern unentgeltlich erzogen und beim Austritte mit 3000 Mark ausgestattet wurden. Wie auf den König, so übte sie auch auf die Politik des Staates großen Einfluß aus, der jedoch dem Lande nicht zum Segen gereichte. Sie besetzte alle Ämter und wußte dabei den König in dem Wahne zu erhalten, als entscheide er selbst über alles. Ihre Günstlinge empfingen hohe Pensionen, die den Staat belasteten, oder stiegen zu Ministern und Generalen auf, die ihrem Winke gehorchten. Im Verein mit der Hofgeistlichkeit bewog sie den König zu der gewaltsamen Bekehrung der Hugenotten und zur Aufhebung des Ediktes von Nantes (1685). Aber sie konnte nicht erreichen, daß der König seine Vermählung mit ihr veröffentlichte. Daher war sie inmitten des Glanzes und der Pracht, die sie umgab, unglücklich. Die Männer, welche sie zu den höchsten Ehrenstellen empor gehoben hatte, waren ihren Stellungen nicht gewachsen; das Reich war erschöpft und entvölkert, sein Ansehen geschwunden. Sie fühlte den Haß des Volkes, das ihr das Unglück des Landes zuschrieb, und empfand die abhängige Stellung, in der sie lebte. Je älter der König wurde, desto schwieriger ward es ihr, einen Mann zu unterhalten, welcher der Unterhaltung nicht mehr sähig war. Oft sehnte sie sich in ihre frühere Dürftigkeit zurück und rief aus: „Wenn ich doch dies Land verlassen könnte!" Als Ludwig Xiv. auf dem Sterbebette ihr das letzte Lebewohl sagte, sprach er weinend: „Nur Sie verlasse ich ungern; ich habe Sie nicht glücklich machen können; aber alle Empfindungen der Hochachtung und Freundschaft, die Sie verdienen, habe ich stets gegen Sie gehegt. Was mich bei unserer Trennung tröstet, ist die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung in der Ewigkeit." Bald darauf starb er. Frau von Maintenon empfing die Todesbotschaft in St. Cyr, wohin sie sich auf feinen Wunsch zurückgezogen hatte. Sie schaffte nun ihre Hofhaltung ab und widmete ihre Einnahme den Armen. „Das Vergnügen zu geben ist das einzige, was mir noch übrig bleibt", pflegte sie zu sagen.
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