102
V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I.
sich mannhaft. Der Krieg wurde zugleich in Armenien und Bulgarien geführt. Als die Russen Plewna in Bulgarien genommen und deu Durchzug ' durch den Schipkapaß des Balkangebirges erzwungen hatten, stand ihnen der Weg nach Konstantinopel offen. Nun mischten sich die Engländer ein. Sie erschienen mit einer starken Flotte an den Dardanellen und erklärten, sobald ein russisches Kreuz auf der Hagia Sophia erscheine, würden sie auf die Russen schießen. Auch Österreich erhob Einspruch. Dadurch kam ein vorläufiger Friede zu San Stefano (südlich von Konstantinopel am Marmara-Meer) zustande; aber die Entscheidung wurde einem Kongreß der europäischen Großmächte vorbehalten. In Berlin trat er zusammen. Fürst Bismarck führte den Vorsitz. Rumänien und Bulgarien wurden als unabhängige Staaten zwischen Rußland und die Türkei gestellt. Bulgarien blieb der Türkei vorläufig tributpflichtig. ,Das armenische Erserum, das die Russen erobert hatten, wurde den Türken zurückgegeben, dagegen verblieb Kars im Kaukasus den Russen, die daraus eine starke Festung schufen. Montenegro und Serbien wurden ebenfalls unabhängig von der Türkei. Bosnien und die Herzegowina wurden österreichischer Verwaltung übergeben, Thessalien und Epirus an das Königreich Griechenland abgetreten. Der Türkei verblieben in Europa nur noch die Provinzen Albanien, Rnmelien und Mazedonien, das Stammland Alexanders des Großen. England ließ sich die Insel Cypern gegen eine Geldentschädigung von der Türkei abtreten und versprach dafür Schutz gegen etwaige russische Eroberungsversuche. Die Fürsten von Rumänien, Serbien und Bulgarien haben später den Königstitel angenommen, Ostrumelien steht unter bulgarischer Verwaltung, , Bosnien und die Herzegowina hat Österreich seinem Staatsgebiete vollständig einverleibt (1908).
Der Berliner Kongreß hatte verhindert, daß Rußland Länderzuwachs auf der Balkanhalbinsel erhielt. Die russische Mißstimmung richtete sich gegen den Vorsitzenden des Kongresses, obschon das Deutsche Reich von der türkischen Beute weder etwas beansprucht noch erhalten, sondern als neutrale Macht die Gegensätze nur auszugleichen gesucht hatte. Der russische Zar zog sich vom Dreikaiserbund zurück; darauf schloß das Deutsche Reich mit Österreich und Italien den Dreibund. Bismarck hat es trotzdem verstanden, auch das Verhältnis zu Rußland wieder freundlicher zu gestalten und 1884 den sogenannten Rückversicherungsvertrag auf sechs Jahre zu schließen. Die Vereinbarung lautete dahin, daß Rußland neutral bleiben solle, wenn das Deutsche Reich von Frankreich angegriffen werde, dafür würde das Deutsche Reich bei einem Angriff Österreichs auf Rußland nicht eingreifen. Nach Ablauf der sechs Jahre wurde der Vertrag nicht erneuert; Rußland näherte sich der Französischen Republik, mit der am Schluß des Jahrhunderts ein festes Bündnis zustande kam, das der Zweibund genannt wird.
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Die äußere Politik des deutschen Reichs.
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dem Jahre 1875 entstanden Aufstände der unter türkischer Herrschaft lebenden Christen in Bosnien, der Herzegowina und Bulgarien. Als diese von den Türken in greuelvoller Weise bekämpft wurden, mischte sich Rußland ein und erklärte an die Hohe Pforte den Krieg. Derrussisch - türkische Krieg, der von 1877 bis 1878 dauerte, führte nach mancherlei Wechs'elfällen zur Besiegung der Türkei, die zu einem sehr ungünstigen Frieden gezwungen wurde. Da trat England für sie ein. Ein Weltkrieg drohte auszubrechen und wurde nur dadurch abgewandt, daß die Gesandten der Großmächte zu einem Kongreß zusammentraten, der in B e r l i n abgehalten wurde; den ggj« Vorsitz führte der deutsche Reichskanzler, der, wie er selbst sagte, als „ehr- 1878-licher Makler" sein Amt verwaltete. Auf dem Kongreß wurden die politischen Verhältnisse der B a l k a n h a l b i n s e l neu geordnet, ein neues, von der Türkei abhängiges Fürstentum Bulgarien geschaffen, Bosnien der österreichischen, Eypern der englischen Verwaltung unterstellt. Die Russen aber, welche sich durch die Bestimmungen des Kongresses benachteiligt fühlten, schoben die Schuld dafür ohne jede Berechtigung Deutschland zu. Seitdem trat eine Erkaltung in den gegenseitigen Beziehungen beider Mächte ein.
Diese Wahrnehmung brachte Bismarck zu dem Entschlüsse, ein engeres Bündnis mit O st e r r e i ch einzugehen, und er erhielt dazu die Genehmigung Jgjjf seines Kaisers. Der Zweibund, der 1879 abgeschlossen wurde, verwandelte 1879-sich vier Jahre später durch den Beitritt Italiens in einen Dreibund.
Die Italiener hatten sich den Umstand zu nutze gemacht, daß des deutschfranzösischen Krieges wegen die französische Besatzung, die bisher zum Schutze des Papstes in Rom gestanden hatte, abgezogen war. Im September 1870 hatten sie Rom besetzt; jetzt erst war die Einheit Italiens vollendet. Aber der junge Staat litt unter der Mißgunst Frankreichs; und als Frankreich die Schutzherrschaft über das Algerien benachbarte Tunis übernahm, welches die italienischen Staatsmänner einst für ihr Vaterland zu erwerben gehofft hatten, schloß sich Italien, wo im Jahre 1878 auf Viktor Emanuel sein Sohn H u m b e r t gefolgt war, im Jahre 1883 an das deutsch-österreichische $r®”nbi Bündnis an. Der Dreibund ist seitdem regelmäßig verlängert worden. 1883-
Einige Jahre später, im Jahre 1887, schien es wirklich zu dem Kriege zwischen Frankreich und Deutschland, der so lange gedroht hatte, kommen zu sollen; es war die Zeit, wo der General Boulanger französischer Kriegsminister war. Doch blieb auch dieses Mal der Friede erhalten.
In Rußland wurde Alexander Ii., derselbe Kaiser, dem die russischen Bauern ihre Befreiung von der Leibeigenschaft verdanken, 1881 das Opfer eines Dynamit-Attentats. Ihm folgte Alexander Iii., zu Alexander!., dem Bismarck ein leidliches Verhältnis zu erhalten wußte, obwohl er kein
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230
Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reichs-
Jhjatu Franzjoseph. Kurz vorher hatte ein sehr tatkräftiger und entschlossener Staatsmann, Fürst Schwarzenberg, die Leitung des Ministeriums übernommen.
Italienischer Der Ausstand, der in den italienischen Provinzen Österreichs aus-
ffrtc8' gebrochen war, wurde, obwohl die Sardinier den Ausständischen zu Hilse ge-
kommen waren, von dem Feldmarschall Radetzky 1849 niedergeworfen. Minder glücklich waren die österreichischen Truppen in ihren Kämpfen gegen Aufstand der bte Ungarn, welche sich in offener Empörung befanden und das Haus Habsburg vom Throne ausgeschlossen hatten. Franz Joseph sah sich endlich genötigt, die Hilfe anzunehmen, welche ihm Kaiser Nikolaus I. von Rußland zur Bekämpfung des Aufstandes anbot. So rückte denn ein russisches Heer im Sommer 1849 in Ungarn ein. Jetzt erst konnte der Aufstand unterdrückt werden; es folgten blutige Standgerichte.
§ 234. Das Frankfurter Parlament. Im Mai des Jahres 1848 war in der Paulskirche zu Frankfurt zum ersten Male ein deutsches Parlament zusammengetreten. Zu , ihm gehörten viele durch Begabung und Charakter hervorragende, sür die Macht und Größe Deutschlands begeisterte Männer. Sie sahen ihre Aufgabe darin, Deutschland eine Verfassung zu geben; über die Art der Ausführung waren freilich sehr verschiedene Meinungen ver-Die^r^ubli- treten. Hs gab eine Partei, welche in Deutschland die Republik be-Partet, gründen wollte und der Hoffnung lebte, die deutschen Fürsten ohne wesentliche Skwierigketten von.ihren. Thronen .stürzen zu können. Eine starke Partei im Parlamente gedachte Deutschland durch Wiederherstellung des Kaisertums einheitlicher zusammenzufassen, als es in den letzten Jahrzehnten der Fall gewesen war. Da es aber klar war, daß, solange es in Deutschland zwei Großmächte gab, eine straffere politische Einheit undurchführbar war, so schlug sie vor, sämtliche deutsche Staaten mit Ausnahme Österreichs zu einem Bundesstaate zusammenzufassen; dessen Führung sollte Preußen übernehmen und dem König von Preußen die deutsche Kaiserwürde übertragen werden. Dieser engerebund sollte dann mit Österreich durch einen weiteren, unlösbaren Bund vereinigt werden. Man nannte diese ^eindeutschepartei die Erbkaiserpartei oder die kleindentsche Partei.
Partei ^hr standen verschiedene Gruppen gegenüber, die man als die g r o ß -grcißdeutsche deutsche Partei zusammenfaßte und die unter sich nur insofern einig Partei, waren, als sie erstens in dem Ausschluß Österreichs eine Verkleinerung Deutschlands sahen, die sie nicht zugeben wollten, und zweitens aus Abneigung gegen Preußen Gegner eines preußischen Kaisertums waren. gemalt™1* Eine der ersten Maßnahmen des Parlaments war, daß es eine vor-
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— 137 —
ihre Heere unter Preußens Führung zu stellen, falls Preußen in einen Krieg verwickelt werde. Diese Bestimmung wurde vorerst noch geheim gehalten. In dem Kriege von 1866 zeigte sich die innere Tüchtigkeit des preußischen Staates und Heeres im schönsten Lichte. Obgleich zwischen Regierung und Volksvertretung ein mehrjähriger Zwist bestand, kannte jeder preußische Wehrmann, sobald der Krieg erklärt war, nur noch einen Gedanken, daß sein Vaterland in Gefahr und daß er verpflichtet sei, den letzten Tropfen Blut für dasselbe einzusetzen. Damals wurde es offenbar, daß es für Deutschland uur ein Heil gebe, die Einigung unter Preußens Führung. Der Kaiser Napoleon Iii. hatte den inneren Krieg in Deutschland gerne gesehen. Er hoffte, daß beide deutschen Großmächte durch denselben so geschwächt würden, daß er den alten Plan, das linke Rheinufer an Frankreich zu bringen, werde ausführen können. Allein während der Friedensverhandlungen zu Nikolsburg konnte er sich überzeugen, daß die noch im Kampfe mit Preußen stehenden süddeutschen Staaten sosort die Waffen gegen ihn kehren würden, sobald erden Versuch wagen sollte, deutsches Land an sich zu reißen.
Am 24. Februar 1867 trat der norddeutsche Reichstag zusammen. Der erste und schwerste Schritt zur Einigung unseres Vaterlandes war geschehen.
3. Der Krieg gegen Frankreich 1870 und 1871.
Schon vor dem Kriege zwischen Österreich und Preußen waren die Franzosen mit der Regierung ihres Kaisers sehr unzufrieden. Eine zahlreiche Partei machte gar kein Hehl daraus, daß sie die Abschaffung des Kaisertums und die Herstellung der republikanischen (Staatsform wünsche und anstrebe. Die Siege Preußens im Jahre 1866 betrachteten sonderbarerweise die Franzosen als eine Beleidigung für den französischen Kriegsruhm; die Ausbreitung des preußischen Einflusses auf das nicht preußische Deutschland und die Anfänge der Einigung Deutschlands unter Preußens Führung erschien als eine Bedrohung der Machtstellung Frankreichs. Nach der Auslösung des Deutschen Bundes fiel das Großherzogtum Luxemburg an das Königreich Holland; Napoleon Iii. versuchte, es durch Unterhandlungen zu Frankreich zu bringen, wurde aber daran durch die preußische Regierung verhindert. Dadurch wurde in Frankreich die Mißstimmung gegen Napoleon Iii. gesteigert.
Napoleon hoffte, die Unzufriedenheit zum Schweigen zu bringen, wenn er durch einen glücklichen Krieg Preußen demütige, den französischen Kriegsruhm erhöhe und das deutsche Gebiet auf dem linken Rheinufer erobere. Er bereitete sich darum auf einen Krieg vor, indem er die Heereseinrichtungen verbesserte.
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117.
Volkserhebungen in auerdeutschen Lndern.
37
Knigs. Meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott." Die letzte Ruhesttte fand er neben seiner Luise im Charlottenburger Mausoleum.
Nie war der Staat in grerer Not gewesen als unter seiner Regierung, nie hatte er sich mit solcher Kraft wieder emporgearbeitet.
117. Volkserhebungen in auerdeutschen Lndern.
Kriegerische Verwicklungen unter den Hauptmchten wurden durch das Zusammenhalten der Heiligen Allianz, namentlich durch das freund-schaftliche Verhltnis zwischen sterreich, Preußen und Rußland ver-mieden. Dagegen riefen die nationalen und freiheitlichen Bestrebungen in mehreren Lndern bewaffnete Volkserhebungen hervor.
1. Der Befreiungskampf der Griechen, 18211829. Zuerst erreichte der nationale Gedanke sein Ziel in Griechenland. Die Griechen, von jeher kluge Handelsleute, waren unter der im allgemeinen nicht harten trkischen Herrschaft wohlhabend geworden, und die westeuropische Bil-dung war ihnen nicht fremd geblieben. Schiller in Jena weckte in seinen griechischen Zuhrern das Verstndnis fr die Zeit des Leonidas und Themistokles und damit die Begeisterung fr ihr Vaterland. Es ent-stand ein Bund, der sich die Befreiung Griechenlands zur Aufgabe machte und weite Verbreitung fand. Das Haupt des Bundes war der Fürst Alexander Ipsilanti, ein Offizier in russischen Diensten.
Im Vertrauen ans die Hilfe des Zaren Alexander erregte er 1821 1821. in der Moldau einen Aufstand gegen die Trken. Aber der Zar blieb teilnahmlos, die heilige Schar", die Ipsilanti gebildet hatte, wurde auf-gerieben, und er selber floh nach Ungarn, wo er gefangen gehalten wurde.
Ein allgemeiner Aufstand der Griechen war die Folge. Sie kmpften mit groer Tapferkeit und erhielten aus allen Lndern Europas Unter-sttzung durch Freiwillige (unter denen auch der englische Dichter Lord Byron war). Aber ihnen fehlte eine einheitliche Leitung und militrische Ausbildung. Nach dem Falle der heldenmtig verteidigten Festung Missolunghi war ihre Lage hoffnungslos.
Da vereinigte sich England mit Frankreich und Rußland (wo 1825 Nikolaus I. den Thron bestiegen hatte), um den Griechen zu helfen,
trotz Metternichs Gegenbemhungen, der auch hier alles beim alten lassen wollte. Die vereinigte Flotte der drei Mchte und ein von Norden ein-rckendes russisches Landheer besiegten die Trken, und der Sultan sah sich 1829 im Frieden zu Adrianopel gezwungen, die Griechen frei- 1829. zugeben.
1832 setzten die Mchte Otto von Bayern, einen Sohn Ludwigs I., 1832. der sich als Griechenfreund hervorgetan hatte, als König ein. Nur lang-sam wich unter seiner Regierung die Verwilderung und Verwstung, die'
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9. Der Sturz Tassilos.
35
rückgewonnen, was die bösen Menschen Oatilo und Tassilo dem Reiche der Franken zeitweise entfremdet hätten.
Bereits ist der Widerstand Aquitaniens endgültig gebrochen. Karlmann ist gestorben und damit in der Person Karls des Großen die Einheit des fränkischen Reiches wieder hergestellt. Bereits ist auch das Langobardenreich der Frankenherrschast einverleibt und die römische Kurie in das engste Verhältnis zu Karl dem Großen getreten. Selbst der Widerstand der bisher freien Sachsen ist so weit zurückgedämmt, daß man an die Einteilung des Landes in Missionsbezirke wie an die Einführung der fränkischen Grafschasts-versassnng denken kann. Nunmehr erachtet Karl den Zeitpunkt gekommen um an die Lösung der bayerischen Frage heranzutreten. Damit war dem bayerischen Herzogtum das Schicksal gesprochen, der Herzog konnte es durch sein Verhalten wohl beschleunigen, aber — bei der größten Befähigung — nicht aushalten.
Ostern 781 weilte Karl am päpstlichen Hofe. Eben hatte er dem lango-bardischen Reiche in seinem Sohne Pippin einen König gegeben und er suchte diese Neuordnung zu sichern gegen Angriffe im Norden wie im Süden. Das Ergebnis der in Rom zwischen König und Papst gepflogenen Verhandlungen war die Abordnung einer gemeinsamen Gesandtschaft an Tassilo, um den Herzog an den Eid zu erinnern, den er Pippin, dessen Söhnen und den Franken im Jahre 757 zu Eompiegne geschworen habe.
Völlig isoliert, jedes Rückhalts beraubt, kann Tassilo gegenüber dem päpstlich-fränkischen Bündnis an einen bewaffneten Widerstand nicht denken; hatte er ja wenige Jahre vorher den stärkeren Langobarden dieser Koalition erliegen sehen. Wohl aber fordert der Herzog, dem schon damals das Schicksal seines langobardischen Schwiegervaters vorschweben mochte, Geiseln für seine persönliche Sicherheit. Er erscheint dann ans einer Reichsversammlnng zu Worms, erneuert hier den Vasalleneid und stellt zwölf auserlesene Geiseln als Unterpfand dafür, „daß er alles halte, was er dem König Pippin eidlich gelobt, in Sachen des Königs Karl und seiner Getreuen". Mit den „Getreuen" des Frankenkönigs sind die königlichen Vasallen in Bayern gemeint, die eine dem Herzogtum gefährliche Zwitterstellung einnahmen; trotz der Selbständigkeit Tassilos hatten noch 778 königliche Vasallen aus Bayern am fränkischen Feldzug teilgenommen.
In Bayern herrschte nach dem Tage von Worms Stille; es war die Stille vor dem Gewitter. Einzelne Vorgänge zeugten von der zunehmenden Spannung. 785 kam es im Süden, bei Bozen, zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen Bayern und Franken. Es findet sich kein Beleg, daß den Herzog eine Schuld traf; es hat eher den Anschein, daß der Befehlshaber der Franken, Hrodbert, den Kampf auf eigene Faust unternahm. Ebenso wenig findet sich ein Beleg, daß der Herzog der Auflehnung seines Schwagers Arichs von Benevent gegen den Frankenkönig näherstand; jedenfalls hat er
3*
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Extrahierte Personennamen: Tassilos Tassilo Tassilo Karlmann Karlmann Karls Karl Karl Karl Karl Karl Pippin Tassilo Tassilo Pippin Tassilo Tassilo Pippin Karl Karl Tassilos Arichs_von_Benevent
121. Die Waffenstreckung bei Sedan.
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Infanterie besetzt, als König Wilhelm, der auf der Höhe hinter Fre-nois auf dem linken Maasufer, östlich von Don-chery, die Oberleitung der Schlacht Leichenfeld auf den Höhen von Illy.
geführt hatte, um
4 Uhr deu Befehl gab , die ganze auf dem linken Maasufer verfügbare Artillerie solle ihr Feuer auf die Stadt Sedan vereinigen um dadurch eine Waffenstreckung zu erzwingen, die dem deutschen Heere fernere Opfer ersparen würde. Zu dem Zwecke wurden auch die Württembergischen Batterien aus Douchery herangezogen und zu beiden Seiten der großen Straße, östlich von Frenois, in Stellung gebracht.
Nach den ersten Schüssen des nunmehr verstärkten Geschützfeuers schlugeu in Sedan an mehreren Stellen die Flammen in die Höhe. Die Spitzen des 5. bayerischen Jügerbataillons näherten sich dem westlichen Festungstore, fanden dort nur wenig Widerstand und waren eben im Begriffe die Palisaden zu übersteigen, als über der Stadt die weiße Fahne sichtbar ward und ans feindlicher Seite das Feuer verstummte, ein Beispiel, das alsbald auf deutscher Seite allgemein Nachahmung fand. Um 6 Uhr war der Kampf zu Ende und seine Beendigung durch das Aufhissen der weißen Flagge war das persönliche Werk des Kaisers Napoleon gewesen, dem die Generale Ducrot, Lebrun, Douay vorgestellt hatten, jeder Widerstand sei vergeblich, die Truppen, seit zwöls Stunden im Feuer, ohne Ruhe und ohne Speise, seien vollkommen entmutigt, alle
die, die nicht in die brennende Stadt zurückgekonnt, seien in den Grüben und
an den Mauern des Platzes angehäuft: alles in allem eine Lage, die schleunige Lösung forderte.
Indem er diese Entschließung traf, begriff Napoleon Iii. die ganze
Schwere der Verantwortung, die er ans sich nahm, und hörte in Gedanken all die Anklagen, deren Gegenstand er sein wurde. Die Lage erschien ihm in ihrem ganzen Ernste und die Erinnerung einer ruhmvollen Vergangenheit vermehrte ihre Schmerzlichkeit durch den Widerspruch mit der Gegenwart. Der Ruhmesglanz, den die französische Armee mit Recht genossen, sollte also an einem Tage erlöschen und angesichts eines Unheils ohnegleichen der Kaiser, obwohl den gefaßten Entschließungen fremd, vor den Augen der Welt allein verantwortlich bleiben für alles Leid, das der Krieg im Gefolge haben mußte? Und wie wenn in dieser Schreckensstunde nichts fehlen sollte um das Maß des Unheils voll zu machen, sandte nun auch der General Wimpffen dem
Kaiser seine Bitte um Entlassung ein, so daß diese ungezügelte Armee sich
37*
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135. Die feierliche Verkündigung des deutschen Kaiserreichs. 621
Welch gewaltige, weltumgestaltende Ereignisse hatten geschehen müssen, daß diese glänzende deutsche Versammlung in diesen Räumen zu solchem Zwecke tagen konnte! Es war ein Zug großartiger Jrouie der Geschichte, daß sich König Wilhelm im Versailler Königsschlosse zum Deutschen Kaiser ausrufen ließ, an derselben Stätte, wo seit den Tagen Richeliens so viele Pläne zum Verderben Deutschlauds gefaßt worden waren, wo so viele bildliche Darstellungen an die Zeiten der Schmach und der Zerrissenheit des deutschen Volkes und an die ehemaligen Gewalttaten Frankreichs erinnerten.
Nach dem Chorgesange wurde die Liturgie in der für den Militärgottesdienst üblichen Weise ausgeführt. Es folgten a capella-Gesmtg, Choräle von Posaunen geblasen, Gebet und Predigt.
Nach Beendigung der religiösen Feierlichkeit trat der 74 jährige König frisch und rüstig wie ein Jüngling durch die Reihen der Versammlung auf die erhöhte Estrade zu. Hier, auf der teppichbedeckteu Estrade, standen die Fahnen-nnd Standartenträger im Halbkreise geordnet; jeder Träger in voller Ausrüstung mit helmbedecktem Haupte, den gerollten Mantel über Schulter und Brnst. Unter Vortritt der Hofmarschälle betrat König Wilhelm mit den Fürsten und den Prinzen die Estrade, wo die letzteren in leicht gekrümmter Reihe ihren Stand nahmen. Nahe vor der Fahnengruppe stand in der Mitte der König und zwar in voller Generalsuniform. So hielt er folgende Ansprache:
„Durchlauchtigste Fürsten und Bundesgenossen I In Gemeinschaft mit der Gesamtheit der deutschen Fürsten und freien Städte haben Sie sich der von des Königs von Bayern Majestät an Mich gerichteten Aufforderung angeschlossen, mit Wiederherstellung des Deutschen Reiches die deutsche Kaiserwürde für Mich und Meine Nachfolger an der Krone Preußen zu übernehmen. Ich habe Ihnen, durchlauchtigste Fürsten, und Meinen anderen hohen Bundesgenossen bereits schriftlich Meinen Dank für das Mir kundgegebene Vertrauen und Meinen Entschluß ausgesprochen Ihrer Aussorberung Folge zu leisten. Diesen Entschluß habe Ich gefaßt in der Hoffnung, daß es Mir unter Gottes Beistand gelingen werde die mit der kaiserlichen Würde verbundenen Pflichten zum Segen Deutschlands zu erfüllen. Dem deutschen Volke gebe Ich Meinen Entschluß durch eine heute von Mir erlassene Proklamation kund, zu deren Verlesung Ich Meinen Kanzler auffordere."
Hieraus verlas der Bundeskanzler Gras Bismarck die ewig benfttmrbtge Proklamation. Gras Bismarck staub im Saale an der unteren Eftrabenstufe als der erste der versammelten Minister und Generale im blauen Waffenrock feiner Kürassiere und in hohen, schweren Reiterstiefeln. Er hielt das ausgerollte, inhaltschwere Dokument an beiden Kanten mit der rechten und der linken Hand; an der linken hing zugleich der Stahlhelm am Riemen. So baftehenb las er zum König gewenbet bei lautloser Stille der Versammlung diese Proklamation:
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92
Das Zeitalter der Zerstrung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
wurde nach deutschem Muster organisiert und die allgemeine Wehrpflicht eingefhrt.
Demgegenber war es die erste Ausgabe der deutschen Staatsmnner, das Vaterland so verteidigungsshig zu machen, da es im Notsall jeden feindlichen Angriff allein zurckzuweisen imstande wre. Ein groes Volk besteht nur durch sich selbst und aus eigener Kraft", erklrte Graf M o l t k e 1874 im Reichstage, als er eine weitere Verstrkung des Heeres befrwortete; und Fr st Bismarck sagte in der berhmten Reichstags-rede, die er im Februar 1888 hielt, und in welcher er einen berblick der Deutschlands auswrtige Politik gab: Wir Deutsche frchten Gott, aber sonst nichts in der Welt!" Doch hielt es der groe Staatsmann von vorn-herein fr seine Pflicht, durch Bndnisse mit anderen Mchten die Macht-stellung Deutschlands zu verstrken und den Frieden zu sichern. Zunchst war es ebenso fr Kaiser Wilhelm wie fr seinen Kanzler ausgemacht, da Deutschland in erster Linie mit Rußland ein gutes Verhltnis zu wahren habe, bessert Kaiser Alexander Ii., der Neffe des deutschen Kaisers, auch seinerseits zu Deutschland hinneigte. Da es Bismarcks kluger und vershnlicher Staatskunst gelang, auch mit st e r r e i ch wieder gute Be-ndnis^ Ziehungen anzuknpfen, entstand im Jahre 1872 das Dreikaiser -bndnis, das, solange es bestand, als ein Bollwerk des Friedens wirkte; in ihm nahm Deutschland die fhrende Stellung ein.
Da trat infolge der orientalischen Verwickelungen eine Ver-schlechterung der Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland ein. Seit dem Jahre 1875 entstanden Ausstnde der unter trkischer Herrschast leben-den Christen in Bosnien, der Herzegowina und Bulgarien. Als diese von den Trken in greuelvoller Weise bekmpft wurden, mischte sich Rußland ein und erklrte an die hohe Pforte den Krieg. Der russisch-trkische Krieg, der von 1877 bis 1878 dauerte, fhrte nach mancherlei Wechselfllen zur Besiegung der Trkei, die zu einem sehr ungnstigen Frieden gezwungen wurde. Da trat England fr sie ein. Ein Weltkrieg drohte auszubrechen und wurde nur dadurch abgewandt, da die Ko?gngesandten der Gromchte zu einem Kongre zusammentraten, der in 1878. Berlin abgehalten wurde; den Vorsitz fhrte der deutsche Reichskanzler, der, wie er selbst sagte, als ehrlicher Makler" sein Amt verwaltete. Auf dem Kongre wurden die politischen Verhltnisse der Balkanhalbinsel neu geordnet, ein neues, von der Trkei abhngiges Frstentum Bulgarien ge-schassen, Bosnien der sterreichischen, Cypern der englischen Verwaltung unterstellt. Die Russen aber, welche sich durch die Bestimmungen des Kon-gresses benachteiligt fhlten, schoben die Schuld dafr ohne jede Berechtigung
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Extrahierte Personennamen: Bismarck Wilhelm Alexander_Ii Alexander Bismarcks
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschlands Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Bosnien Bulgarien England Berlin Bulgarien Bosnien Cypern
Kaiser Wilhelm Ii.
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Von nicht geringerer Bedeutung war es, da es 1908 der jungtrkischen Trkei. Partei, die sich besonders auf das Offizierkorps sttzte, gelang, einen vlligen Umschwung in der Trkei herbeizufhren; der Sultan Abdul Hamio wurde gentigt eine Verfassung zu geben und ein Parlament zu berufen. Ein militrischer Putsch der Gegenpartei (1909) hatte keinen dauernden Erfolg; das Armeekorps von Saloniki zog, befehligt von jungtrkisch ge-sinnten Offizieren, gegen Konstantinopel, besetzte die Stadt nach kurzem Straenkampf, und Abdul Hamid wurde gezwungen der Herrschast zu ent-sagen. An seiner Stelle bestieg sein Bruder Mohamed V. den Thron.
Im Verlauf der trkischen Wirren hatte sich Bulgarien, bisher Baikan-nach den Bestimmungen des Berliner Kongresses von 1878 ein tributpflichtiger mn" Schutzstaat der Trkei, fr unabhngig erklrt, und Fürst Ferdinand, ein Prinz von Koburg, hatte den Knigstitel angenommen. Gleichzeitig hatte sterreich-Ungarndie Provinzen Bosnien und Herzegowina, deren Verwaltung es auf Grund der Abmachungen des Berliner Kongresses ber-nommen hatte, die aber dem Namen nach Teile des trkischen Reiches ge-blieben waren, annektiert. Dieser Schritt ries in Serbien und berhaupt in weiten Kreisen des Slawentums heftige Erregung hervor. Die Serben rsteten auf das eifrigste und hofften auf Rulands Untersttzung; die Spannung, die im Verhltnis der europischen Staaten seit mehreren Jahren eingetreten und immer strker geworden war, schien sich in einem Weltkrieg entladen zu wollen. Da erwies sich das deutsch-sterreichische Bndnis als eine starke Sttze des Friedens; gegenber dem festen Ent-schlu der deutschen Reichsregierung, im Falle einer russischen Kriegs-erklrung mit ganzer Heeresmacht dem verbndeten sterreich zu Hilfe zu kommen, gab Rußland seine drohende Haltung auf; die europischen Mchte stimmten der Annexion Bosniens und der Herzegowina durch Osterreich-Ungarn zu.
Dennoch ist die europische Lage nicht ohne Gefahren. Das politisch und wirtschaftlich ausstrebende Deutsche Reich hat zahlreiche Gegner: neben Frankreich, das aus die 1871 verlorenen Provinzen noch immer nicht ver-zichten mag, einerseits das Slawentum, das dem germanischen Wesen teil-weise mit Erbitterung gegenbersteht, insbesondere in sterreich gegen das Deutschtum einen haerfllten Kampf fhrt, andererseits England, das sich durch die wachsende deutsche Flotte in der bisher behaupteten Herrschaft der die Meere und zugleich durch die steigende Bedeutung des deutschen Handels in seiner Welthandelsstellung bedroht fhlt. Anspannung unserer nationalen Krfte, Strkung unseres Vaterlandsgefhls, Treue zu Kaiser und Reich mu unsere Losung sein, wenn unser Volk groß und mchtig bleiben soll.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Abdul_Hamio Abdul_Hamid Mohamed_V. Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Saloniki Konstantinopel Bulgarien Bosnien Serbien Bosniens Frankreich England