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noch erhalten. Er liegt in der Augustinerkirche unmittelbar vor den Stufen des Altars. Auf ihm empfing Luther feine ersten Weihen (f. Luthers Aufenthalt im Kloster, Nr. 38c). — Der Reichsversammlung in Konstanz wohnten mehrere Erfurter Ratsherren bei, doch haben sie sich nicht an den Sitzungen beteiligt. Ueber-hanpt war dem Rat wenig daran gelegen, Erfurt als Reichsstadt bezeichnet zu sehen. Er wollte nicht, daß die Stadt zu den großen Kriegsleistungen herangezogen wurde, und lehnte darum alle weiteren Einladungen zur Beschickung von Reichstagen mit folgender Begründung ab: „daz unser stait Erffurt keyn rych stait nicht en ist unde wir an daz riche auch nicht gehören, sundern an unsern gnedigen hern von Mencz unde sinen stifft, als daz kuntlich und uffenbar gnug ist.“ Dadurch freilich hat die Stadt selbst für die späteren Streitigkeiten mit dem Mainzer Stift bezüglich des Herrscherrechtes über Erfurt den Mainzer Rechtsgelehrten das beste Beweismittel in die Hand gegeben. — Wie hoch man die Macht der Stadt einsetzte, das beweisen am besten die Bündnisse, welche benachbarte Städte und Fürsten mit Ersurt zu schließen suchten; auch vertraute man ihr in dem drohenden Hussitenkriege die gemeinschaftliche Kriegskasse an. — Von ihrem Reichtum gab die Stadt oft öffentlich Zeugnis durch die glänzenden Feste, die sie feierte (s. 1. Die große Prozession, Nr. 35 n. 2. Schützenseste und Turniere, Nr. 36).
Beginnender Niedergang: Der sächsische Bruderkrieg, der
von der Stadt noch so rühmlich geführt wurde, war der Wendepunkt ihres Glückes. Es rächte sich jetzt, daß sie es versäumt hatte, Reichsstadt zu werden. In den Streitigkeiten um die gegenseitigen Rechte, welche Ersurt mit dem Erzbischos Dieter von Mainz auszusechten hatte, gelangte sie nicht zum Siege. Zwar vermochte sie den Einritt des Erzbischofs zu hindern (s. Das Einreiten der Erzbischöfe, Nr. 30), auch baute sie gegen den Willen desselben die Eyriaksburg. Aber der Schaden, welchen er der Stadt zufügte, war weit größer. Er schloß mit dem Kurfürsten Ernst von Sachsen ein Bündnis unter dem Versprechen, daß dessen Sohn Albert einst sein Nachfolger auf dem erzbischöflichen Stuhl werden sollte. Dafür begann der Kurfürst sofort, der Stadt den ausgedehnten Handel zu unterbinden. Er sperrte den Erfurtern feine eigenen Straßen und veranlaßte andere Fürsten, dasselbe zu tun. Als dann bald daraus Herzog Wilhelm von Thüringen starb und Kurfürst Ernst sich mit seinem Bruder Albert in die herzoglichen Länder teilte (1482), sperrte er auch die Thüringer Straßen, so daß die Zu- und Abfuhr gänzlich stockte. Noch ungünstiger wurde Erfurts Lage, als Erzbischof Dieter in demselben Jahr starb und Albert, des Kurfürsten Sohn, sein Nachfolger wurde. Ohne zu zögern, schickte sich jetzt Kurfürst Ernst an, aus dem heimlichen Krieg einen offenen zu machen, so daß dem Rat nichts weiter übrig blieb, als mit Mainz und Sachsen Frieden zu schließen
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Extrahierte Personennamen: Mencz Dieter_von_Mainz Ernst Albert Wilhelm Ernst Albert Dieter Albert Ernst
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oder Vierherren genannt, wurden alljährlich von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte gewählt. Sie hatten das 91 echt, sich im Rathaus aufzuhalten, die Klagen der Bürger anzuhören und vor den Rat zu bringen. Dieser mußte in einem solchen Falle sofort seine Verhandlungen unterbrechen, den Kläger hören und ihm ein Urteil geben. Doch schon wenige Jahre darauf wurden die Vierherren in den Rat ausgenommen. Sie erlangten in ihm eine solche Bedeutung, daß sie sich später als die eigentlichen Stadtregenten ansehen konnten. Zu dieser Zeit wurden sie wieder ans den ratsfähigen Familien gewählt. Mit der Ausnahme der Vierherren in den Rat hörten die inneren Zwistigkeiten aus (1322) und ruhten fast 200 Jahre.
Zu dieser Zeit bestand der Rat aus vier Ratsmeistern, vier Vierherren und zwanzig Ratsmannen, bei fünfjährigem Tranfitns also aus 140 Personen. Er hielt sich an die aufgezeichneten Vorschriften und vermied jede Parteilichkeit und den Mißbrauch städtischer Gelder. Er richtete vielmehr sein Augenmerk aus die Erhaltung des Landfriedens und den Straßenschutz, wovon die Macht der Stadt und der Wohlstand der Bürger abhing. Beide hoben sich darum auch zusehends trotz der mancherlei Unglücksschlüge. Häufige Mißernten riefen große Hungersnöte hervor (1315 und 1368), und mehrmals (1345, 1382 u. 1462) brach die Pest aus
(s. Der schwarze Tod in Erfurt und die Geißler, Nr. 26 u. das Pestkreuz in den Anlagen an der Nachoderstraße).
In diesem Zeitabschnitt wurde Erfurt zur „einzigen wirklichen Großstadt Mitteldeutschlands, die sich an Reichtum und Volkszahl mit Straßburg und Frankfurt und mit Nürnberg und Danzig messen konnte."
Erfurter Handel: Der Stadtsäckel wurde gefüllt aus den
reichen Einnahmen, die das Stapelrecht1) brachte. Die Bürger dagegen sammelten ihre Reichtümer aus dem Handel mit Waid, dem damals einzig vorhandenen Blau- und Grünsärbemittel und aus dem Handel mit den gegen den Waid eingetauschten Kolonial-
waren und den Erzeugnissen der heimischen Wollweberei und Gerberei (s. 1. Erfurter Handel und Handelsstraßen, Nr. 32, 2. Auf
i) Alle Kaufleute, die mit ihren Wagen in einem bestimmten Umkreis Thüringen durchfuhren, mußten nach Erfurt kommen und hier niederlegen, d.h. an die Bürger verkaufen. Diese besaßen das Vorkaufsrecht. Erst nach ihnen konnten auch Fremde kaufen. Das Niederlegen geschah im Kaufhaus
oder in der Wage, einem besonders dazu eingerichteten Gebäude mit großem
Hof und vielen Kammern, welche die Kaufleute pachten mußten^ Anfänglich diente wohl das untere Stockwerk des Rathauses diesem Zwecke. Im 14. Jahrhundert aber stand das Kaufhaus Michaelisstraße 7. Heute erinnert noch die Wagegasfe an dieses Gebäude. Später diente der Packhof, der auch Wage genannt wird, als Kaufhaus (Anger, Ecke Bahnhofstraße). — Auf jedes Geschäft mußte ein Zoll entrichtet werden, bald vom Verkäufer oder vom Käufer allein, oft aber auch von beiden zugleich. Die Einrichtung t>es_ Niederlegend war für die Kaufleute ein sehr häßlicher Zwang. Sie hörte im 16. Jahrhundert, als Leipzig durch Begünstigung der sächsischen Fürsten fast den ganzen thüringischen Handel an sich riß, allmählich auf.
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straße in erträglichem Zustande zu erhallen. In Thüringen waren die Landgrafen die Inhaber des Geleits; aber man kann nicht sagen, daß sie sich damit besondere Mühe gegeben hätten. Die Straßen waren meist in einem fürchterlichen Zustande, höchstens daß die Bauern einmal gezwungen wurden, die ganz unwegsam gewordenen Stellen mit Kies und Geröll auszufüllen. Auch von der Mitgabe bewaffneter Leute hört man wenig, umsomehr aber von dem geforderten Rechte der Geleitseinnahme. An günstig ge legenen Orten, die von allen durch das Land fahrenden Wagen berührt werden mußten, hatten die Landgrafen Geleitstellen errichtet und verlangten von jeder aufgeladenen Ware eine Art Chausseegeld. Eine derartige Geleitstelle war auch in Erfurt. Ihre Einnahmen waren meist an Erfurter Bürger verpachtet. Von Erfurt aus mußten die Fuhrleute daun die nächste Geleitstelle aufsuchen und hier den Beweis erbringen, daß sie in Erfurt bezahlt hatten. Wer auf Nebenwegen betroffen wurde, dem sollte Wagen, Gespann und Ladung verloren sein, ooch ließ man's beim vierten Teil bewenden. Erst im 16. Jahrhundert, als die Kurfürsten von Sachsen das Geleitsrecht besaßen, hörte dieser strenge Zwang allmählich auf. Damals war das Geleitshaus die heutige Gastwirtschaft „zum Vaterland" in der Regierungstraße. — Aber der Rat selbst sorgte mit allen Mitteln für die Sicherung der Straßen, war doch der fandet Erfurts Lebensader. Die meisten Bündnisverträge, besonders die mit den treuverknüpften Nachbarstädten Nordhausen und Mühlhausen, enthalten Abmachungen über die Sicherung der Straßen. So geloben die drei Städte, als sie sich im Jahre 1371 mit den Grafen von Gleichen, von Schwarzburg u. a. auf zehn Jahre zum Schutze des Landfriedens verbinden: „Ouch sollen wir . . . die strazze . . . schirmen, also, daz die nymand hindern sol oder verbieten.“ Außerdem hatte der Rat für sein gutes und sehr begehrtes Geld mehrere Burgen erworben, die zu jeder Zeit, vor allem aber in gefährlicher, den Erfurter Kaufleuten offenstanden. Auf ihnen saßen Amtleute, deren besondere Aufgabe die Sicherung der Straßen war. Auch hatte sich der Rat für die Handelswege außerhalb Thüringens von den betreffenden Landesherren Schutzbriefe ausstellen lassen; denn Erfurts Handel dehnte sich zur Zeit seines höchsten Glanzes nach allen Richtungen, selbst weit über die deutsche Grenze aus.
Erfurter Handel: Und doch war er nur zum kleinsten Teil
Ausfuhrhandel, da das einzige Ausfuhrerzeugnis der Waid war. Die waidgefüllteu, tauuenen Fässer gingen bis nach Italien, an
von ihnen, um zur Selbsthilfe schreiten zu können, verworfen wurde. Auch das Urteil des Erfurter Stadtgerichts fand nicht ihren Beifall. Wenn dann die höhere Instanz (Urteil des Land- oder Hofgerichts) nicht vom Erfurter Rat anerkannt wurde, so schickten sie wegen Rechtsverweigerung der Stadt ihren Fehdebrief, und die Kaufleute hatten es dann auf den Landstraßen zu büßen. Zbre Ladung war den Stadtfeinden eine willkommene Beute; außerdem mußten wohlhabende Gefangene noch ein hohes Lösegeld zahlen.
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3. Zustände der Gegenwart in Verwaltung u. Ordnung von Staat u. Gemeinde. 121
Der Umfang der Staatsverwaltung läßt sich erkennen aus der Benennung der neun Ministerien: 1. Ministerium des Innern, 2. Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, 3. Kriegsministerivm, 4. Finanzministerium, 5. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten,
6. Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten,
7. Justizministerium, 8. Ministerium für Handel und Gewerbe, 9. Ministerium der öffentlichen Arbeiten (wie Eisenbahn- und Bauwesen).
Der erste Beamte nach dem Minister ist der Unterstaatssekretär. Die Ministerien zerfallen in mehrere Abteilungen, deren Geschäfte ein Ministerialdirektor leitet. Manchmal bezeichnet schon der Name die Amtszweige, wie Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. Die Abteilung für Unterrichtsangelegenheiten zerfällt in drei Unterabteilungen: für Hochschulen, für Höhere Schulen, für Volksschulen.
Unabhängig von den Verwaltungsbehörden ist das Gerichtswesen. Die Gerichte zerfallen in Amtsgerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte. In einem Kreise sind ein oder mehrere Amtsgerichte, durchschnittlich kommt auf einen Regierungsbezirk ein Landgericht und auf eine Provinz ein Oberlandesgericht. Die Rheinprovinz hat wegen ihrer großen Einwohnerzahl zwei Oberlandesgerichte, eins in Cöln und eins in Düsseldorf. Höchstes Gericht ist das Reichsgericht in Leipzig.
Die Zugehörigkeit Preußens zu einem großem Staatsganzen, dem Deutschen Reiche, seine Rechte und Pflichten darin, ist in dem Abschnitt über die Reichsverfassung zum Ausdruck gekommen. (S. 98 f.)
Die Kosten der Gemeinde-, Staats- und Reichsverwaltung werden durch Steuern aufgebracht. Den Stadt- und Landgemeinden sind hauptsächlich die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuern, dem Staat die direkten Einkommensteuern, dem Reich die indirekten Steuern überwiesen. Manche Gemeinde erzielt Einnahmen ans Gas- oder Elektrizitätswerken, Wasserleitungen, Straßenbahnen; der Staat aus den eignen Bergwerken in Oberschlesien und im Saargebiet, aus Domänen und Forsten, aus dem Eisenbahnbetrieb, das Reich aus der Post- und Telegraphenverwaltung, der Eisenbahnverwaltung in Elsaß-Lothringen. Den Rest decken die Matrikulorbeiträge der Einzelstaaten.
Werden größere Anlagen ausgeführt, die aus den Steuern eines Jahres nicht gedeckt werden können, z. B. Bau eines Krankenhauses, einer Eisenbahn, eines Kanals, so wird eine Anleihe gemacht, die nach Ablauf eines großem Zeitraums durch erhöhte Zinszahlung zurückgezahlt wird. Solche Anleihen werden in der Reget nur gestattet, wenn es sich um Anlagen handelt, die auch der Nachwelt zugute kommen. Gemeinden, Staat und Reich können Anleihen machen; gleichzeitig muß aber festgesetzt werden, auf wieviel Jahre sich die Zurückzahlung erstreckt.
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24
6. Das Land unter der Herrschaft der Römer.
hier durch einen nach Römerart grausam geführten Krieg unterworfen und zum Teil ausgerottet worden war.
Unter Domitian ward, zugleich als Landesgrenze und Landeswehr Zwischen Germanien und Rätien, der Grenzwall (limes) vorgeschoben und die Gegend zwischen ihm und der Donau bis zur Alb mit Rätien verbunden. Eben dort hat sich im „Ries" der Name der römischen Provinz bis heute, erhalten, nachdem er noch im 16. Jahrhundert einen größeren, auch Augsburg umfassenden Bezirk bezeichnete. Seinen vollen Wert für die Verteidigung der Provinz erhielt der Grenzwall erst durch die dahinter liegende dichte Reihe von Kastellen. Er ging bei Eining von der Donau ab, setzte bei Kipfenberg über die Altmühl und bei Ellingen Über die Schwäbische Rezat. Das Volk nennt feine stellenweise noch sichtbaren Überreste die Teufelsmauer, wie es überhaupt Dinge, die ihm unerklärlich sind, gern mit dem Teufet in Verbindung bringt.
Noriknm warb westlich, wenigstens von der Gegend bei Rofenheim an, vom vsnn, nörblich von der Donau, östlich vom Dftabhange der Alpen begrenzt. Zollstätten begegnen in Boiodorum (Innstadt von Passau), in Trojana (Atrans bei St. Oswald in Krain) und in der statio Escensis (Ischl?). Ihrer vertragsmäßigen Unterwerfung verdankte diese Provinz eine glücklichere Sage als der westliche Nachbar, sie hatte zahlreichere Städte und nahm früher die lateinische Sprache und italienische Kultur au. Auch unter römischer Herrschaft warb sie wohl noch als Königreich bezeichnet. Beide Provinzen aber blieben wie eine Hausmacht in der Hand des Kaisers, der sie durch einen Hausbeamten unter dem Titel Prokurator verwalten ließ. Der von Rätien führte den Titel: Procurator et pro legato provinciae Baetiae et Vin-deliciae et vallis Poeninae. So lange dieses Verhältnis währte, standen tn beiden Provinzen nur Hilfstruppen, die, von den Untertanen gestellt, nach heimischer Sitte unter den Waffen dienten. Aus den Rättern wurden mindestens acht, aus den Vindelifern vier Kohorten ausgehoben, die zu den geschätztesten gruppen des Reiches gehörten, während die Noriker weniger Mannschaft stellten.
An Stelle der bisherigen Organisation nach Völkerschaften ober Gauen trat nun in römischer Weise die nach Städten mit eigener Verwaltung, benen das umliegenbe Lanbgeluet „fontribuiert" war. Kastelle und etanblager, Schanzen und Warttürme, die sich nahe genug stauben, um ihre Signale vom einen zum andern tragen zu können, beckten die Straßen, besonders aber die Donaulinie und den Grenzwall.
Bedeutsamen Aufschwung nahmen Handel und Gewerbe, deren Vertreter^ man oft zu Genossenschaften verbunden findet. Auch von dem Kunstlebert der Provinzen sind manche Zeugnisse, vornehmlich Skulpturen und Mosaiken, bewahrt; Schönheit und gute Erhaltung zeichnen besonders einen in Westerhofen bei Ingolstadt gefundenen Fnßboben aus.
Vor allen Schöpfungen der römischen Herrschaft aber beansprucht das Straßennetz unsere Aufmerksamkeit, weil auf ihm sicher noch in der bayerischen
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508 105. König Maximilian Ii. von Bayern und die Wissenschaft.
Monumenta Germaniae, also seit etwa 30 Jahren, genommen hat, machte die zahlreichen Lücken, an denen sie noch litt, erst recht fühlbar. Es war, wie wenn ein dunkler Saal plötzlich durch ein Licht erleuchtet wird und man nun eist wahrnimmt, wie nackt die Wände, wie spärlich noch das Geräte in diesem Raume sei. Man erkannte, dajg wir Deutsche noch weit davon entsernt seien unserer gioßcn Vergangenheit auch nur die notdürftigste Gerechtigkeit erwiesen Zu haben, daß noch eine große Menge von vorbereitenden Arbeiten, von monographischen Leistungen not tue, bis nur einmal daran gedacht werden könne, eine der Nation würdige deutsche Geschichte zu schreiben. Der König nahm mit vollem Siechte an, daß die geistigen Kräfte, die in diesem Gebiete mit glücklichem Erfolge verwendet werden könnten, in Deutschland reichlich vorhanden seien, daß sie aber der Ermutigung, der Leitung und in vielen Fällen auch einer Remuneration bedürften, wie sie der Verleger nicht gewähren kann.
Er ries daher die historische Kommission ins Leben, welche unter ihrem Vorstande Leopold Ranke die angesehensten Historiker Deutschlands umfaßt und in ihren jedes Jahr wiederkehrenden Sitzungen über eine Dotation von jährlich 15000 Gulden zu verfügen hat. Es ist bemerkenswert, wie der König hier und auch sonst ganz anders verfuhr, als Monarchen zu verfahren gewohnt sind. Diese Pflegen ihre Gaben ganz dem eigenen Ermessen vorzubehalten, damit sie rein als persönliche Gunst und Gnadenbezeugung erscheinen möchten und ihnen allein der Dauk dafür zuteil werde. Maximilian hingegen gab die Verwendung der ansehnlichen Summen, die er bewilligt hatte, ganz aus der Hand; er setzte einen wissenschaftlichen Gerichtshof ein, der rein im Interesse der Sache darüber entscheiden sollte, und selbst die Bezeichnung der ferner hinzutretenden Mitglieder dieses Tribunals überließ er deu Männern, die nun einmal sein volles Vertrauen besaßen. Und doch, wenn er dann in seiner huldreichen, freundlich ausdrucksvollen Weise dem Empfänger seine Be-sriediguug über das Geleistete oder seine Hoffnungen bezüglich eines gewünschten und erwarteten Werkes aussprach, wenn er eine ihm vorgelegte Schrift so aufnahm, als sei damit ihm Persönlich ein dankenswerter Dienst erwiesen worden, dann hatte wohl jeder die Empfindung, daß es nicht bloß der Wahrspruch eines wissenschaftlichen Gerichtshofes, daß es mehr noch die Güte, das Wohlgefallen des trefflichen Monarchen sei, worin sein schönster Lohn liege, und daß für solche Gunst und Billigung kein Preis zu hoch, keine Austreugnng zu groß sei.
Damit noch besser erkannt werde, wie ersprießlich das Eingreisen des Königs in deu Gaug unserer geschichtlichen Tätigkeit gewesen, so sei die Bemerkung mir hier gestattet, daß große wissenschaftliche Werke historischen Inhaltes in der Regel ohne fürstliche oder staatliche Unterstützung heutzutage nicht mehr zustande gebracht werden können. Früher war dies teilweise anders. Die zahlreichen Klosterbibliotheken im südlichen Europa machten das Erscheinen
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Ii Maximilian Leopold_Ranke Leopold Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Europa
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flle werden von den Schffengerichten, die aus einem Richter als Vor-sitzenden und zwei Laien als Schffen bestehen, schwerere von den Straf-kammern, die aus fnf Berufsrichtern zusammengesetzt sind, bestimmte Gruppen von Verbrechen von den Schwurgerichten abgeurteilt, bei denen das Urteil der die Schuld 12 Laien als Geschworenen obliegt, während der die Strafe drei Berufsrichter entscheiden. Die deutsche Rechtseinheit ist abgeschlossen worden durch die Einfhrung des brgerlichen Ge-s e tz b u ch e s, dessen Entwurf von Rechtsgelehrten im Auftrage der Re-gierung fertiggestellt und vom Reichstag angenommen worden ist, und das seit dem Jahre 1900 Geltung hat.
wwschast deutsche Reich ist endlich eine Wirtschaftseinheit. Ein
einheitliches Mnzwesen, das auf der Goldwhrung begrndet ist, trat an die Stelle der Zersplitterung, die frher auf diesem Gebiete herrschte. Ebenso wurde ein einheitliches Ma und Gewicht geschaffen. Von be-sonderer Bedeutung fr den Aufschwung des Verkehrs war die Schpfung der R e i ch s p o st, deren langjhriger, verdienstvoller Leiter von Stephan zugleich der Grnder des Weltpostvereins war, der heute alle Kulturstaaten der Welt umfat.
Schutzzlle. Die Zollpolitik des Reiches beruhte zunchst auf den Grund-stzen des Freihandels; die Zlle, welche, z.b. von Kolonialwaren, er-hoben wurden, hatten nur den Zweck, als Finanzzlle dem Reiche gewisse Einnahmen zu verschaffen. Da leitete Bismarck seit 1879 auf dem Gebiete der Zollpolitik einen Umschwung ein. Er hatte dabei zweierlei im Auge: erstens wollte er dem Reiche, das fr seine Finanzen bis jetzt vor-nehmlich auf die Beitrge der Einzelstaaten angewiesen war, eigene, reich-lich flieende Einnahmequellen erffnen; zweitens gedachte er der ein-heimischen Produktion, der nationalen Arbeit", die nach seinen Beob-achtungen durch die ungehinderte Einfuhr auslndischer Waren geschdigt wurde und sich nicht zu entwickeln vermochte, durch Schutzzlle aufzuhelfen. Trotz des heftigen Widerstandes, den diese Plne im Reichstage fanden, hat er sie grtenteils durchgefhrt. Es wurden Jndustriezlle und Getreidezlle eingefhrt, die ersteren zum Schutze des ein-heimischen Gewerbes gegen den Wettbewerb der englischen Industrie, die letzteren zum Schutze der einheimischen Landwirtschaft gegen die Verbilligung des Getreides durch die berseeische Getreideeinfuhr.
Reichs- Unter dem Schutze der Jndustriezlle blhte die deutsche Industrie
ftttamett. y , __ , ,, -
auerordentlich auf; die Absicht dagegen, dem Reiche eigene, genugende Einnahmen zu verschaffen, hat Bismarck nicht vllig erreichen knnen.
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TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Stephan Bismarck Bismarck
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der Gesetze ist Aufgabe des Magistrats. So hat er eine große und vielseitige
Aufgabe. Damit sie erfüllt werden kann, stehen dem Magistrat viele
Männer zur Verfügung, die alle im Dienste der Stadt stehen und auch
städtische Beamte sind. Sie alle arbeiten wie der Magistrat im Rathause.
Damit die ganze Arbeit geregelt wird und gut vom Magistrat und den
Stadtverordneten übersehen werden kann, hat man verschiedene Amter oder
Verwaltungen gemacht. So gibt es ein Meldeamt, ein Standesamt, ein
Stadtbauamt, ein Steueramt, die Polizeiverwaltuug, die Armen- und
Waisenverwaltung, die Stadtkasse, die Stadtsparkasse.
Jedes Amt oder jede Verwaltung hat ganz besondere Arbeiten zu
erledigen. Ziehen Leute von Gütersloh weg oder andre nach Gütersloh
hin, so müssen jene sich auf dem Meldeamt abmelden und diese sich anmelden.
Alle Geburten und Sterbefälle müssen aus dem Meldeamte eingetragen
werden. Wollen Leute heiraten, dann müssen sie zum Standesamt und
ihr Vorhaben dort kundgeben. Das Standesamt veröffentlicht es, indem
die Brautleute auf einem Schein im Kasten des Standesamtes allen Ein-
wohnern bekannt gegeben werden. Nach drei Wochen werden sie dann
auf dem Standesamte von dem Standesbeamten getraut. Dem Stadtbau-
amt unterstehen die städtischen Bauten. Die Oberaufsicht führt der Stadt-
baumeister. Die städtische Wasserleitung, die Straßenbeleuchtung, die Gas-
leitung in die Häuser, die Straßenreinigung, der Stadtpark, die städtischen
Anlagen, Bau und Pflasterung der Straßen, alles dies gehört zum Arbeits-
feld des Stadtbauamts. Die Sorge für die Armen und Waisen übernimmt
die Armen- und Waisenverwaltung. Die Armeupfleger und Waiseuräte
besuchen und unterstützen sie. Die Polizeiverwaltung hat die Aufgabe, für
Ruhe und Ordnung in der Stadt zu sorgen. Sie erläßt besondere Ver-
Ordnungen, die von den Bürgern beachtet werden müssen, z. B. über das
Reinigen der Straßen, das zu schnelle Fahren der Fuhrwerke auf den
belebten Straßen und iu der Nähe der Schuleu, über das Lärmen in der
Nacht, über das Reinigen der Schornsteine, die Instandhaltung der Feuer-
stellen, das Streuen bei Glatteis. Der Vorsitzende der Polizeiverwaltung
ist der Bürgermeister. Unter ihm stehen der Polizeikommissar, der Polizei-
Wachtmeister und die Polizeisergeanten. Sie haben darauf zu achteu, daß
die Gesetze, die für die Sicherheit, Ruhe und Gesundheit der Bürger erlassen
werden, von allen Einwohnern beachtet werden. Die Übertreter müssen
sie zur Anzeige bringen. Sie erhalten für ihre Übertretung die festgesetzten
Strafen, die man Polizeistrafen nennt. Die Polizeistrafen sind Geldstrafen;
wenn aber der Übertreter die Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, dann
bekommt er eine Freiheitstrafe. Die Polizeibeamten haben eine Uniform,
ebenso haben die städtischen Angestellten des Gaswerks und der Wasser-
leitung und der Ratsdiener eine besondere Kleidung. Die vielen städtischen
Beamten, die im Rathause arbeiten, der Standesbeamte, der Steuer-
einnehmer, die Buchhalter und Schreiber haben keine Uniform.
Die Gesundheitskommission achtet auf die Einrichtungen, die der
Gesundheit der Bürger dienen. Dazu gehören das Brausebad, die Krauken-
pflege, das Kraukenhaus, die Fleischbeschau und die Aufsicht über die
Lebensmittel.
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