3. Zustände der Gegenwart in Verwaltung u. Ordnung von Staat u. Gemeinde. 121
Der Umfang der Staatsverwaltung läßt sich erkennen aus der Benennung der neun Ministerien: 1. Ministerium des Innern, 2. Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, 3. Kriegsministerivm, 4. Finanzministerium, 5. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten,
6. Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten,
7. Justizministerium, 8. Ministerium für Handel und Gewerbe, 9. Ministerium der öffentlichen Arbeiten (wie Eisenbahn- und Bauwesen).
Der erste Beamte nach dem Minister ist der Unterstaatssekretär. Die Ministerien zerfallen in mehrere Abteilungen, deren Geschäfte ein Ministerialdirektor leitet. Manchmal bezeichnet schon der Name die Amtszweige, wie Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. Die Abteilung für Unterrichtsangelegenheiten zerfällt in drei Unterabteilungen: für Hochschulen, für Höhere Schulen, für Volksschulen.
Unabhängig von den Verwaltungsbehörden ist das Gerichtswesen. Die Gerichte zerfallen in Amtsgerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte. In einem Kreise sind ein oder mehrere Amtsgerichte, durchschnittlich kommt auf einen Regierungsbezirk ein Landgericht und auf eine Provinz ein Oberlandesgericht. Die Rheinprovinz hat wegen ihrer großen Einwohnerzahl zwei Oberlandesgerichte, eins in Cöln und eins in Düsseldorf. Höchstes Gericht ist das Reichsgericht in Leipzig.
Die Zugehörigkeit Preußens zu einem großem Staatsganzen, dem Deutschen Reiche, seine Rechte und Pflichten darin, ist in dem Abschnitt über die Reichsverfassung zum Ausdruck gekommen. (S. 98 f.)
Die Kosten der Gemeinde-, Staats- und Reichsverwaltung werden durch Steuern aufgebracht. Den Stadt- und Landgemeinden sind hauptsächlich die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuern, dem Staat die direkten Einkommensteuern, dem Reich die indirekten Steuern überwiesen. Manche Gemeinde erzielt Einnahmen ans Gas- oder Elektrizitätswerken, Wasserleitungen, Straßenbahnen; der Staat aus den eignen Bergwerken in Oberschlesien und im Saargebiet, aus Domänen und Forsten, aus dem Eisenbahnbetrieb, das Reich aus der Post- und Telegraphenverwaltung, der Eisenbahnverwaltung in Elsaß-Lothringen. Den Rest decken die Matrikulorbeiträge der Einzelstaaten.
Werden größere Anlagen ausgeführt, die aus den Steuern eines Jahres nicht gedeckt werden können, z. B. Bau eines Krankenhauses, einer Eisenbahn, eines Kanals, so wird eine Anleihe gemacht, die nach Ablauf eines großem Zeitraums durch erhöhte Zinszahlung zurückgezahlt wird. Solche Anleihen werden in der Reget nur gestattet, wenn es sich um Anlagen handelt, die auch der Nachwelt zugute kommen. Gemeinden, Staat und Reich können Anleihen machen; gleichzeitig muß aber festgesetzt werden, auf wieviel Jahre sich die Zurückzahlung erstreckt.
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70 Iv. König Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen und seine Zeit.
Die gesetzgebende Gewalt. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und den Landtag der Monarchie ausgeübt. Der Landtag zerfällt in zwei Kammern; diese heißen das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten.
Das Herrenhaus. Das Herrenhaus besteht aus den volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses, aus Mitgliedern mit erblicher Berechtigung und aus gewählten Vertretern. Zu den erbberechtigten Mitgliedern gehören die Häupter der fürstlichen Familien von Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen, die ehemals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen, deren Länder an Preußen gekommen sind. Die gewählten Mitglieder vertreten die Domkapitel, die Universitäten und die großen Städte. Die gewählten Vertreter bedürfen der Bestätigung des Königs. Außerdem hat der König das Recht, einzelne Personen aus besondern: Vertrauen in das Herrenhaus zu berufen.
Das Abgeordnetenhaus. Das Haus der Abgeordneten besteht aus 443 freigewählten Vertretern des Volkes. Jeder Preuße, der das 24. Lebensjahr erreicht hat und die bürgerlichen Rechte besitzt, ist stimmberechtigter Urwähler. Die Urwähler eines Ortes werden nach Maßgabe ihrer Steuerzahlung in drei Klassen eingeteilt. Jede Klasse wählt gleichviel Wahlmänner. Die Wahlmänner treten im Hauptorte des Wahlbezirks zusammen und wählen die Abgeordneten. Eine königliche Bestätigung der so gewählten Abgeordneten ist nicht erforderlich.
Auf königliche Berufung versammeln sich die Mitglieder des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses alljährlich in Berlin zur Beratung und Beschlußfassung über die vorgelegten Gesetzentwürfe. Die Sitzungen beider Versammlungen sind öffentlich, d. h. die Bürger dürfen auf den Tribünen zuhören, soweit die Plätze reichert.1)
Das Recht, Gesetzesvorschläge zu machen, steht sowohl dem Ministerium in Vertretung des Königs als auch den Mitgliedern der beiden Kammern zu. Zur Gültigkeit eines Gesetzes ist erforderlich, daß es sowohl im Herrenhause wie im Abgeordnetenhause die Mehrzahl der Stimmen erlangt hat. Das so angenommene Gesetz bedarf der Bestätigung des Königs. Wird eine dieser drei Bedingungen nicht erfüllt, so kommt das Gesetz nicht zustande.
Die vollziehende Gewalt. Die vollziehende Gewalt steht allein dem Könige zu. Dazu gehören die Ernennung und Entlassung der Minister, die Bekanntmachung der Gesetze, der Oberbefehl über das Heer, das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, das Recht der Begnadigung und Strafmilderung, die Verleihung von Orden, das Münzrecht, die Berufung und Schließung des Landtages.
Das Richteramt. Der König ist nicht mehr, wie früher, oberster Richter. Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch
*) Die Platzkarten werden vom Portier unentgeltlich gegeben.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iv Friedrich Wilhelm
5. Die Deutsche Nationalversammlung.
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unabhängige und unabsetzbare Richter ausgeübt. Die Richter werden vom König ernannt.
Die Finanzen. Alle Einnahmen und Ausgaben des Staates müssen sür jedes Jahr im voraus veranschlagt und aus den Staatshaushaltsetat gebracht werden. Dieser wird jährlich durch ein Gesetz festgestellt.
5. Die Deutsche Nationalversammlung.
Gleichzeitig mit der Preußischen tagte in Frankfurt am Main die Deutsche Nationalversammlung. Auf Grund freier Wahlen in allen deutschen Staaten war sie zustande gekommen. Zu ihr gehörten die klangvollsten Namen aus ganz Deutschland: Ernst Moritz Arndt, Jakob Grimm, die Geschichtsforscher Dahlmann, Droysen, Raumer; ferner Ludwig Uhland, der hessische Minister Heinrich von Gagern, der preußische Rechtsgelehrte Eduard Simson.
In der Paulskirche wurden die Sitzungen abgehalten. Heinrich von Gagern war ihr erster Präsident. Als Aufgabe betrachtete sie, das Deutsche Reich wiederherzustellen und eine Verfassung dafür auszuarbeiten. Zunächst wurde Erzherzog Johann von Österreich, der aus den Befreiungskriegen her bekannt ist, zum Reichsverweser erwählt. Er nahm die Wahl an und hielt seinen Einzug in Frankfurt. Der Bundestag, die Vertretung des Deutschen Bundes, löste sich auf. Es wurden ein Reichsministerium gebildet, Reichssteuern ausgeschrieben, der Anfang zu einer Reichsflotte durch freiwillige Spenden gemacht. Die Hauptschwierigkeit lag in der Schaffung des Reichsheeres. Der Reichsverweser hatte kein Erbland, er war auf die Truppen der deutschen Fürsten angewiesen. König Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen erklärte, die preußischen Truppen würden dem Reichsverweser gehorchen, so oft ihr oberster Kriegsherr, der König, sie unter dessen Befehl stellen werde. Auch die übrigen großem Staaten Deutschlands wollten das Verfügungsrecht über ihre Heere behalten. Hier erwies sich, wie unpraktisch es gewesen war, einen Fürsten ohne eignen Länderbesitz an die Spitze des Reiches zu stellen. Deshalb wollte die Nationalversammlung jetzt einem regierenden deutschen Fürsten die erbliche Kaiserwürde antragen. Zwei Parteien traten gegenüber, die kleindeutsche und die großdeutsche. Diese wollte den Kaiser von Österreich als Reichsoberhaupt haben, jene den König von Preußen unter Ausschluß Österreichs. Die kleindeutsche Partei behielt die Oberhand. Friedrich Wilhelm Iv. wurde 1849 zum erblichen Deutschen Kaiser gewählt. Der König lehnte die Wahl ab, weil er die Versammlung nicht für zuständig hielt, die Kaiserwürde „ohne das freie Einverständnis der gekrönten Häupter, der Fürsten und Freien Städte Deutschlands"*) zu verleihen. In einer Proklamation an das preußische Volk wiederholte der
1) Aus der Antwort des Königs. Quellenbuch S. 877.
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Extrahierte Personennamen: Ernst_Moritz_Arndt Ernst Jakob_Grimm Dahlmann Ludwig_Uhland Ludwig Heinrich_von_Gagern Heinrich Eduard_Simson Eduard Heinrich_von_Gagern Heinrich Johann_von_Österreich Johann Friedrich_Wilhelm_Iv Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt_am_Main Deutschland Frankfurt Deutschlands
Der innere Ausbau des deutschen Reichs.
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gestorben und S e o Xiii. auf ihn gefolgt war, ist bnrch Nachgeben von beiben Seiten ein Friedenszustanb hergestellt worben. Währenb des Kulturkampfes würde das Reichsgefetz über die Ziv i l e h e erlassen; baburch ist die Eheschließung und die Beurkunbung der Geburten und Sterbefälle von den Geistlichen auf bürgerliche Beamte, die Stanbesbeamten, übertragen worben.
§261. Heer und Flotte, Recht, Volkswirtschaft und Reichsfinanzen. Der stärksten Grunblage des neuen Reichs, dem Heere, mtrbe*«««. von vornherein die größte Sorgfalt gewibmet. Es würde befonbers mit Rücksicht auf die mehrmaligen Verstärkungen der französischen Wehrkraft stetig vermehrt; heute beträgt feine Stärke im Frieden 500700 Mann, wozu 25000 Offiziere und fast 85000 Unteroffiziere kommen; im Kriege etwa 4 300 000. Die Armee zerfällt heute in 23 Armeekorps; bavon entfallen auf Württemberg, Baden und Hessen je eins, auf Sachsen zwei, auf Bayern brei, die übrigen auf Preußen und die kleineren Staaten. Die Armeekorps zerfallen in zwei Divisionen, die Divisionen in zwei Jnfanteriebrigaben, eine Kavalleriebrigabe, deren jebe zwei Regimenter umfaßt, und eine Felbartillerie-brigabe. Die Vorbereitung der Mobilmachung und der Entwurf der Pläne für etwaige künftige Kriege liegt dem General st ab ob.
Gleichzeitig würde eine beutfche Flotte geschaffen. Sie besteht aus gepanzerten Linienschiffen und Küstenpanzerfchiffen, großen und kleinen Kreuzern, Kanonenbooten, Avisos, Schulschiffen, Schiffen zu befonberm Zwecken, unter benen sich auch die kaiserliche Jacht „Hohenzollern" befinbet, und Torpebobooten. Sie untersteht dem kommanbierenben Abmirot.
Wie das neue deutsche Reich im Unterschiebe von dem beutfchen Bunbe mt. eine Wehreinheit ist, so ist es auch eine Rechtseinheit. Ein Strafgesetzbuch war schon zur Zeit des norbbeutfchen Bunbes geschaffen worben und würde von biefem übernommen. Es würde ferner eine einheitliche Gerichtsverfassung geschaffen. Die Gerichte zerfallen in Amtsgerichte, Lanbgerichte und Oberlanbesgerichte; die letzteren umfaffen gewöhnlich den Umfang einer Provinz. An der Spitze steht das Reichsgericht, bas feinen Sitz in Leipzig hat und in mehrere Senate geteilt ist. Leichte Straffälle werben von den Schöffengerichten, die aus einem Richter als Vorfitzenben und zwei Laien als Schöffen bestehen, schwerere von den Strafkammern, die nur aus Berufsrichtern zusammengesetzt finb, bestimmte Gruppen von Verbrechen von den Schwurgerichten, die aus je zwölf Laien als Geschworenen bestehen, abgeurteilt. Die beutfche Rechtseinheit ist abgeschlossen worben durch die Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs, das feit dem Jahre 1900 in Geltung ist.
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Friedlich Wilhelm I. 1713-1740.
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waren und die der König auf dem Schloßplätze in der Soldatenstadt Potsdam selbst zu kommandieren pflegte. Friedrich Wilhelm war der erste preußische König, der immer Uniform trug; er fühlte sich am liebsten als Kamerad seiner Offiziere. Um die Ausbildung des preußischen Offizier st andes hat er fsltr’ die größten Verdienste. Fast das ganze Offizierkorps entstammte dem Adel; von nun an wurde der brandenburgifch-preußifche Adel, der noch zur Zeit des Großen Kurfürsten sich so oft aufsässig gezeigt hatte, ein Offiziersadel und erfüllte sich mit treu monarchischer Gesinnung.
Die gemeinen Soldaten waren auch jetzt noch zum großen Teil ge- 2s”^n9 worbene Leute und viele von ihnen Ausländer; die preußischen Werber, Aushebung, die ihre Werbeplätze an vielen Orten im Reich hatten, waren berüchtigt durch ihre Verschlagenheit und Dreistigkeit. Indessen hat dieser König zum ersten Male den Grundsatz aufgestellt, daß die jungen Leute unter feinen Untertanen „schuldig und verpflichtet feien ihm mit Gut und Blut zu dienen", und den Regimentern erlaubt Rekruten auszuheben. Jedoch lastete die Wehrpflicht fast allein auf den Bauern; die Städter waren zumeist davon befreit, damit sie ihrem Gewerbe nachgehen könnten.
Das Heer stand unter einer fcharfen, ja grausamen M a n n s z u ch t. M-mnszucht Zumal die Desertion wurde auf das härteste, durch Spießrutenlaufen oder 9lus6llblin9-den Tod, bestraft; und doch kam sie häufig vor, da die Soldaten ja zum großen Teil nicht aus dem Lande stammten und kein Vaterlandsgefühl empfinden konnten. Die Ausbildung der Leute war vorzüglich. Hier stand Fürst L e o^I^runt Dessau d?m König als treuer und gleich-gesinnter Helfer zur Seite. In unbedingtem Gehorsam, mit der größten Genauigkeit machten die preußischen Regimenter ihre Übungen; bald sollten sie, was sie auf dem Paradefelde gelernt hatten, auf dem Schlachtfelde bewähren.
§ 173, Friedrich Wilhelms Landesverwaltung und Volkswirtschaft- Absoiutts-liche Fürsorge. Nicht geringer sind die Verdienste Friedrich Wilhelms I. mu?' um die Landesverwaltung. Davon zunächst war keine Rede, daß sich die Stände (vgl. § 162) seinen Anordnungen nicht gefügt hätten. Er war ein absoluter Herrscher, dem sie „Ordre parieren" mußten; aus eine Eingabe der ostpreußischen Stände schrieb er: „Ich stabilire die Souverainetö wie einen Koeher von Bronce". In seiner selbstherrlichen Art ging er sehr weit; er hielt es z. B. für sein königliches Recht, gerichtliche Urteile umzustoßen, nicht nur um sie zu mildern, sondern auch um sie zu verschärfen.
Derselbe König, der das preußische Heer fchuf und durch das eigene tie2eus,;g Vorbild erzog, hat auch einen anderen Grundpfeiler des preußischen Staats-wefens errichtet; er hat die preußische Verwaltung geschaffen und Stos
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Friedrich Wilhelms_I.
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Il Die Zeit der nationalen Staatenbildung.
119.
1847. das allgemeine Verlangen nicht unbercksichtigt zu lassen, berief er 1847 den Vereinigte u Landtag, der aus einer Vereinigung der Provinzial-stnde bestand, und erklrte sich zu weiterem Ausbau der Verfassung bereit. Aber das durch gewissenlose Schriftsteller ( 121,1) aufgewiegelte Volk verlangte strmisch, was der König nur schrittweise gewhren wollte. Als er in einer Bekanntmachung eine freiere Staatsverfassung in Aussicht gestellt und auerdem versprochen hatte, an der Verbesserung
1848. der Bundesverfassung mitzuwirken, zog am 18. Mrz 1848 eine lrmende Volksmenge vor das Schlo, um ihren Dank auszudrcken. Da ent-brannte durch ein Miverstndnis ein Straenkampf zwischen dem Volke und den Soldaten. Obgleich die Soldaten Sieger blieben, zog der fried-liebende König am Morgen des 19. die Truppen aus der Stadt zurck und suchte die aufgeregten Berliner zu beruhigen. Er berief Vertreter des Volkes, die sich mit den geplanten Einrichtungen zu beschftigen hatten.
1850. Nach langen Beratungen wurde im Januar 1850 die Verfassung eingefhrt.
5. Die wichtigsten Bestimmungen der preuischen Verfassung, a) Die Krone ist erblich im Mannesstamme der Hohenzollern. Der König leistet bei seinem Regierungsantritt den Eid auf die Verfassung. Er allein hat die vollziehende Gelvalt.
b) Der König ernennt und entlt die Minister. Seine Erlasse bedrfen der Gegenzeichnung eines Ministers, der dadurch die Verantwortung bernimmt. Jetzt bestehen im Staate folgende Ministerien: das des Krieges (Verwaltung militrischer Angelegenheiten), der Justiz (Verwaltung des Gerichtswesens), des Innern (allgemeine Verwaltungs-und Polizeiangelegenheiten), der Finanzen, des Kultus (der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten), der Landwirtschaft, des Handels und Gewerbes und das der ffentlichen Arbeiten (Eisen-bahn- und Bauwesen).
c) Der König beruft und schliet den Landtag, er kann ihn vertagen und auflsen. Der Landtag besteht aus zwei Kammern, dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhause. Die Mitglieder des Herren-Hauses sind teils durch die Verfassung bestimmt, teils werden sie vom König auf Lebenszeit ernannt. Das Abgeordnetenhaus geht alle fnf Jahre aus mittelbaren (indirekten) Wahlen des Volkes hervor: die Wahlberechtigten (Urwhler), nach der Besteuerung in drei Klaffen geteilt, whlen nur die Wahlmnner, diese den Abgeordneten. Jedes Gesetz, auch der jhrliche Staatshaushalt, bedarf der Zustimmung beider Kammern. Der König teilt also die gesetzgebende Gewalt mit dem Landtage.
d) Im Gerichtswesen hat der König das Recht der Strafmilde-rung und der Begnadigung.
e) Die Provinzen, an deren Spitze ein Oberprsident steht, waren schon frher in Regierungsbezirke und landrtliche Kreise (auer den greren Stdten) eingeteilt worden.
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Der innere Ausbau des deutschen Reicks.
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mittelnbe Stellung nahmen einerseits die nationalliberale Partei, die in den Siebziger Jahren sehr stark war, und unter beren Fhrern Bennigsen hervorragte, anbererseits die Freikonservativen (deutsche Reichspartei) ein. Zu allen brgerlichen Parteien stellte sich bte sozialbemokratische Partei in scharfen Gegensatz (vgl. 76).
73. Heer nttb Flotte, Recht, Volkswirtschaft und Reichsfinanzen.
Der strksten Grunblage des neuen Reichs, dem Heere, wrbe von vorn- Reichsheer, herein die grte Sorgfalt gewibmet. Es wrbe besonbers mit Rcksicht auf die mehrmaligen Verstrkungen der franzsischen Wehrkraft stetig ver-mehrt; 1908 betrug feine Strke im Frieden 619 000 Mann, babei 25 500 Offiziere und 85 000 Unteroffiziere; im Kriege vielleicht 4 300 000 Mann. An feiner Fortbilbung wrbe rastlos gearbeitet, die besten Waffen beschafft,
alle neuen, fr den Krieg nutzbaren Erfinbungen sorgfltig geprft und durch fortwhrende bung und schrfste Aufsicht die Kriegstchtigkeit der Armee erhalten. Sie zerfllt heute in 23 Armeekorps; bavon ent-fallen auf Wrttemberg und Baden je eins, auf Sachsen zwei, auf Bayern brei, die brigen auf Preußen und die kleineren Staaten. Die Armeekorps zerfallen in zwei Divisionen, bte Divisionen in zwei Jnsanteriebrigaben,
bereu jede zwei Regimenter umfat, eine Kavalleriebrigade und eine Feld-artilleriebrigabe. Die Vorbereitung der Mobilmachung und der Entwurf der Plne fr etwaige knftige Kriege liegt dem General st ab ob.
Gleichzeitig wurde eine deutsche Flotte geschaffen. Sie besteht aus Reichsflotte, gepanzerten Linienschiffen und Kstenpanzerschiffen, groen und kleinen Kreuzern, Kanonenbooten, Avisos, Schulschiffen, Schiffen zu besonderen Zwecken, unter benen sich auch die kaiserliche Jacht Hohenzollern" befindet, und Torpebobooten. Sie untersteht dem fommanbierenben Abmiral.
Wie das neue beutsche Reich im Unterschiebe von dem deutschen Bunbe Recht.
eine Wehreinheit ist, so ist es auch eine Rechtseinheit. Ein Strafgefetzbuch war schon zur Zeit des norbbeutschen Bunbes geschaffen werben und wrbe von biefem bernommen. Es wrbe ferner eine einheitliche Gerichtsverfassung geschaffen. Die Gerichte zerfallen in Amts-gerichte, Lanbgerichte und Oberlandesgerichte; die letzteren umfassen ge-whnlich den Umfang einer Provinz. Au der Spitze steht das Reichsgericht, das seinen Sitz in Leipzig hat und in mehrere Senate geteilt ist. Die Gerichte entscheiden entweder der Streitigkeiten, die zwischen einzelnen Personen entstanden sind (Zivilproze), oder sie verfolgen die durch die Gesetze mit Strafen bedrohten Handlungen (Strafproze). Leichte Straf-
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flle werden von den Schffengerichten, die aus einem Richter als Vor-sitzenden und zwei Laien als Schffen bestehen, schwerere von den Straf-kammern, die aus fnf Berufsrichtern zusammengesetzt sind, bestimmte Gruppen von Verbrechen von den Schwurgerichten abgeurteilt, bei denen das Urteil der die Schuld 12 Laien als Geschworenen obliegt, während der die Strafe drei Berufsrichter entscheiden. Die deutsche Rechtseinheit ist abgeschlossen worden durch die Einfhrung des brgerlichen Ge-s e tz b u ch e s, dessen Entwurf von Rechtsgelehrten im Auftrage der Re-gierung fertiggestellt und vom Reichstag angenommen worden ist, und das seit dem Jahre 1900 Geltung hat.
wwschast deutsche Reich ist endlich eine Wirtschaftseinheit. Ein
einheitliches Mnzwesen, das auf der Goldwhrung begrndet ist, trat an die Stelle der Zersplitterung, die frher auf diesem Gebiete herrschte. Ebenso wurde ein einheitliches Ma und Gewicht geschaffen. Von be-sonderer Bedeutung fr den Aufschwung des Verkehrs war die Schpfung der R e i ch s p o st, deren langjhriger, verdienstvoller Leiter von Stephan zugleich der Grnder des Weltpostvereins war, der heute alle Kulturstaaten der Welt umfat.
Schutzzlle. Die Zollpolitik des Reiches beruhte zunchst auf den Grund-stzen des Freihandels; die Zlle, welche, z.b. von Kolonialwaren, er-hoben wurden, hatten nur den Zweck, als Finanzzlle dem Reiche gewisse Einnahmen zu verschaffen. Da leitete Bismarck seit 1879 auf dem Gebiete der Zollpolitik einen Umschwung ein. Er hatte dabei zweierlei im Auge: erstens wollte er dem Reiche, das fr seine Finanzen bis jetzt vor-nehmlich auf die Beitrge der Einzelstaaten angewiesen war, eigene, reich-lich flieende Einnahmequellen erffnen; zweitens gedachte er der ein-heimischen Produktion, der nationalen Arbeit", die nach seinen Beob-achtungen durch die ungehinderte Einfuhr auslndischer Waren geschdigt wurde und sich nicht zu entwickeln vermochte, durch Schutzzlle aufzuhelfen. Trotz des heftigen Widerstandes, den diese Plne im Reichstage fanden, hat er sie grtenteils durchgefhrt. Es wurden Jndustriezlle und Getreidezlle eingefhrt, die ersteren zum Schutze des ein-heimischen Gewerbes gegen den Wettbewerb der englischen Industrie, die letzteren zum Schutze der einheimischen Landwirtschaft gegen die Verbilligung des Getreides durch die berseeische Getreideeinfuhr.
Reichs- Unter dem Schutze der Jndustriezlle blhte die deutsche Industrie
ftttamett. y , __ , ,, -
auerordentlich auf; die Absicht dagegen, dem Reiche eigene, genugende Einnahmen zu verschaffen, hat Bismarck nicht vllig erreichen knnen.
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Extrahierte Personennamen: Stephan Bismarck Bismarck
Friedrich Wilhelm I. 1713 1740.
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waren und die der König auf dem Schloplatze in der Soldatenstadt Potsdam selbst zu kommandieren pflegte. Friedrich Wilhelm war der erste preuische König, der immer Uniform trug; er fhlte sich am liebsten als Kamerad seiner -Offiziere. Um die Ausbildung des preuischen Offizier st andes hat et er die grten Verdienste. Fast das ganze Offizierkorps entstammte dem Adel;
von nun an wurde der brandenburgisch-preuische Adel, der noch zur Zeit des Groen Kurfrsten sich so oft aufsssig gezeigt hatte, ein Osfiziersadel und erfllte sich mit treu monarchischer Gesinnung.
Die gemeinen Soldaten waren auch jetzt noch zum groen Teil ge- ^ung worbeneleute und viele von ihnen Auslnder; die preuischen Werber, Aushebung die ihre Werbepltze an vielen Orten im Reich hatten, waren berchtigt durch ihre Verschlagenheit und Dreistigkeit. Indessen hat dieser König zum ersten Male den Grundsatz aufgestellt, da die jungen Leute unter seinen Untertanen schuldig und verpflichtet seien ihm mit Gut und Blut zu dienen",
und den Regimentern erlaubt Rekruten auszuheben. Jedoch lastete die Wehrpflicht fast allein auf den Bauern; die Stdter waren zumeist davon befreit, damit sie ihrem Gewerbe nachgehen knnten.
Das Heer stand unter einer scharfen, ja grausamen M a n n s z u ch t. Mannszucht Zumal die Desertion wurde auf das hrteste, durch Spierutenlaufen oder Ausbildung, den Tod, bestraft; und doch kam sie hufig vor, da die Soldaten ja zum groen Teil nicht aus dem Lande stammten und kein Vaterlandsgefhl empfinden konnten. Die Ausbildung der Leute war vorzglich. Hier stand Fürst Leopold von Dessau dem König als treuer und gleich-gesinnter Helfer zur Seite. In unbedingtem Gehorsam, mit der grten Genauigkeit machten die preuischen Regimenter ihre bungen; bald sollten sie, was sie auf dem Paradefelde gelernt hatten, auf dem Schlachtfelde be-whren.
173 Friedrich Wilhelms Landesverwaltung und Volkswirtschaft- Absowtis-liche Frsorge. Nicht geringer sind die Verdienste Friedrich Wilhelms I. mu; um die Landesverwaltung. Davon zunchst war keine Rede, da sich die Stnde (vgl. 162) seinen Anordnungen nicht gefgt htten. Er war ein absoluter Herrscher, dem sie Ordre parieren" muten; ans eine Eingabe der ostpreuischen Stnde schrieb er: Ich stabilire die Souverainet wie einen Rocher von Bronce". In seiner selbstherrlichen Art ging er sehr weit;
er hielt es z. B. fr sein knigliches Recht, gerichtliche Urteile umzustoen,
nicht nur um sie zu mildern, sondern auch um sie zu verschrfen.
Derselbe König, der das preuische Heer schuf und durch das eigene ^Andes-Vorbild erzog, hat auch einen anderen Grundpfeiler des preuischen Staats- toeironltu"fl wesens errichtet; er hat die preuische Verwaltung geschaffen und das
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Leopold_von_Dessau Leopold Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Friedrich Wilhelms_I.
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Das Zeitalter der Zerstrung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
Franzi. sein schwacher Sohn Ferdinand I. gefolgt; auch unter ihm war Sturz Fürst Metternich der leitende Staatsmann sterreichs geblieben. Da entstand in Wien ein Ausruhr, jditrch den Metternich gestrzt und zur Flucht ins Ausland gentigt wurde.xauch in Berlin erreichte die Erregung der Massen eine solche Hhe, da Friedrich Wilhelm Iv. den bisher festgehaltenen Standpunkt aufgab und am 18. Mrz dem Volke durch einen Revolution eine Verfassung versprach. Diese Nachricht erregte allgemeinen Jubel. i8.gtoai Als aber nunmehr Truppen den Befehl erhielten, die Volksmengen, welche das knigliche Schlo umlagerten, zurckzudrngen und dabei zwei Schsse fielen, schlug, obwohl niemand verletzt worden war, die Stimmung um; Agitatoren regten die Massen auf; Barrikaden wurden gebaut, und es ent-stand ein S t r a e n a u f st a n d. Zwar wurden noch an demselben Tage die meisten der Barrikaden von den Truppen genommen. Aber der König, welcher weiteres Blutvergieen zu verhindern wnschte, gab Befehl, die Truppen zurckzuziehen; infolge eines Miverstndnisses verlieen sie sogar die Hauptstadt. Prinz Wilhelm, der Bruder des Knigs, der als Thronsolger den Titel eines Prinzen von Preußen fhrte, mute, weil er fr einen Feind der Verfassung galt, aus Anordnung des Knigs auf einige Wochen nach England gehen; sein Palais konnte nur dadurch vor Plnde-rung behtet werden, da man es als Nationaleigentum" bezeichnete.
Die preuische 232. Die preuischen Verfassungskmpfc. Wie es der König ver-v^amml!mc.. sprachen hatte, trat daraus in Berlin eine preuischenationalver-s a m m l u n g zusammen, um mit der Regierung zusammen eine Verfassung zu schaffen. In dieser Versammlung aber berwog die demokratische Partei, welche darauf ausging, die Macht des Knigtums mglichst zu beschrnken und dem Parlament den magebenden politischen Einflu zu verschaffen. Gleichzeitig kam es in Berlin zu starken Ausschreitungen des Straenpbels. Da lie der König im Herbst d. I. Truppen unter dem General von W r a n g e l in Berlin einrcken und der die Stadt den Belagerungs-zustand verhngen. Den Sitz der Nationalversammlung verlegte er nach Brandenburg; als die demokratische Mehrheit sich diesem Befehle nicht fgen wollte, wurde die Versammlung ausgelst.
Die preuische Im Dezember 1848 aber verkndete der König aus eigener Macht-Verfassung, eine Berfas s u n g. Diese wurde von den beiden Kam-
mern des preuischen Landtages, die auf Grund des kniglichen Erlasses zusammentraten, revidiert und im Januar 1850 Gesetz. Sie besteht mit einigen nderungen noch heute.
Die preuische Verfassung enthlt u.a. folgende Bestimmungen:
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Franzi Ferdinand_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Wien Berlin England Berlin Berlin Berlin Brandenburg