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druck überwältigend. Unter den Gotteshäusern ragt besonders hervor
die Achmedsmoschee, die auch von 6 Minarets umgeben ist, während
sonst gemeinhin nur 4 erscheinen. Hier verrichtet der Hos und der
Sultan seine Andachtsübungen, und es klingt recht feierlich, wenn
die Muezzine auf die Galerieen der Minarets treten und weithin
schallend die Mahnung zum Gebet ertönen lassen. Fünfmal am Tage
ergeht der Ruf, und tiefes Schweigen lagert sich über der Stadt,
wenn die Worte gehört werden: Allah ist groß, es giebt nur einen
Allah, und Muhammed ist Allahs Prophet! Dem Christen wird es
ganz eigen ums Herz, wenn er bedenkt, daß auch die altberühmte
Kuppelkirche der göttlichen Weisheit jetzt zur Moschee umgewandelt
ist, und daß es ihm bei Todesstrafe verboten wird, sie zu betreten.
Fährt man von Konstantinopel westwärts an der Küste zurück,
etwa wie es die Perser bei ihrem ersten Zuge gegen die Griechen
thaten, so kommt man an das Hagion Oros, den Athos, also die
östlichste Spitze der Halbinsel Chalcidice. Die Alten verglichen diese
ganze südliche Landzunge, auf der der Athos liegt, mit einem schwim-
Menden Manne. Während die Landzunge selbst also flach ist und
wenig über das Meer emporragt, liegt an der südlichsten Spitze der
Kopf des Mannes, der Berg Athos mit 2000 m Erhebung, so daß
sein Schatten noch auf der Insel Lemnos wahrzunehmen ist. Diese
markante Erdstelle gehört zwar dem Großherrn in Konstantinopel, ist
in Wahrheit aber eine Mönchsrepublik, erfüllt mit den Klöstern der
griechischen Kirche. Und diese Erwähnung der orthodoxen Kirche
leitet uns über zu dem Staate der Balkanhalbinsel, der dem griechischen
Bekenntnis solgt, also dem Königreiche Griechenland. Diesem erst
seit 70 Jahren bestehenden Staatswesen kommen wesentlich die Er-
innerungen an eine große und glänzende Vergangenheit zu Hilfe;
aber wo in Portugal und Spanien diese Rückerinnerungen nur zum
maßlosen Stolze und unfruchtbaren Hochmute verführt haben, will
man in Griechenland doch bemerken, daß Königtum und Volk einiger-
maßen dem Goetheschen Grundsatz huldigen: erwirb es, um es zu be-
sitzen.1 Die Bahnen freilich sind in dem Lande noch schwach ent-
wickelt — nur die beiden bedeutendsten Handelsstädte sind durch
einen Schienenstrang verbunden, Athen und Patras —; und wenn
man an den Ausspruch denken wollte, daß die Anzahl der Verkehrs-
wege das Antlitz eines Landes repräsentieren, so sieht dies Antlitz
ziemlich trübselig aus. Aber eine zweite Errungenschaft der modernen
Zeit verbessert doch gleich das Urteil über die merkantile Bedeutung
des Ländchens, es ist der Kanal von Korinth, der den Schiffen die
nicht ungefährliche Fahrt um das Kap Matapan erspart. Die Aus-
1 Dazu kommt die Anspruchslosigkeit des griechischen Volkes, über die der
Türke verächtlich sich äußert: wo ein Esel verhungert, wird ein Grieche noch fett.
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Drittes Buch. 241
sich am Hofe und in der Hauptstadt immer mehr. Am meisten
muß noch auf den religiösen Glauben des Volkes Rücksicht
genommen werden. An der Spitze der muhamedauischeu Geist-
lichkeit steht der Mufti, der den Sultan bei der Thron-
besteignng mit dem Schwerte Muhämeds umgürtet, und dessen
Gutachten von großer Bedeutung sind. Jmame heißen die
Vorsteher der einzelnen Gotteshäuser oder Moscheen; von
ihren schlanken Thürmen, den Minarehs, rufen die Muez-
zins, Ausrufer, die Gläubigen zu dem fünfmaligen täglichen
Gebet. Der heilige Wochentag ist der Freitag, das höchste
Fest das Beiram fest, das auf den Fastenmonat Rama-
dan folgt. Derwische sind die muhamedanischen Mönche,
welche auch in verschiedene Gesellschaften oder Orden zerfallen.
Da übrigens das heilige Buch der Moslemin, der Kor«.n,
nicht bloß die Quelle der Religion, sondern auch des Rechts
ist: (die Ulemas erklären ihn) — da der Sultan als Aach-
folger der Kalifen (S. 79) als weltlicher und geistlicher
Beherrscher der Gläubigen gilt, so ist weltliches und geistliches
Regiment bei den Türken auf eigeuthümliche Weise verflochten.
Die im türkischen Gebiete lebenden Juden und Christen, znsam-
men Rajahs [räbschahs] genannt, waren sonst in einem
fast rechtlosen Zustande, sind aber in neuester Zeit in Bezug
auf Rechte und Lasten den Türken gleichgestellt.
1. Länder der Balkan-Halbinsel unter türkischer
Hoheit (Rumänien ausgeschlossen), 7200 Dm., 12 Mill. E.
a) Der Theil des Mittelmeeres zwischen der Balkan-Halbinsel und
Kleinasien heißt bei uns entweder Aegäisches Meer oder (griechischer)
Archipslagus. Mit dem letzteren Namen belegen ihn auch die
Türken. Im No. dieses Meeres tritt eine Landzunge der Balkan-
Halbinsel, bei den Alten Thracischer Chersonßs genannt, so dicht
an die vorspringende kleinasiatische Küste, daß eine 6 M. lange, an
der engsten Stelle nur 800™ (2500') breite Meerenge entsteht. Die
Alten nannten sie Hellespont; auf europäischer Seite lag Sestos,
ans asiatischer Ab^dus (Brücke des ^erxes, Hero und Leander); auch
der Ziegenfluß (Aegos Potamos) floß hier, wo Lys ander am Ende
des peloponnestschen Krieges die Athener gänzlich besiegte. Jcht heißt
die Enge Straße der Dardanellen. Die alten Dardanellen-
schlösser liegen ziemlich an der Stelle der genannten alten Städte: durch
eine Kette kann hier die Meerstraße gesperrt werden. Die neuen liegen
am südlichen Eingange. n
Da, wo der Hellespont, bei der Hafenstadt Gallipoli, 50,000 E.,
aushört, läuft das europäische Ufer gegen No. weiter, das asiatische aber
zieht eine Strecke entschieden nach O., dann erst nach N., wo es zum
zweiten Mal mit Europa zusammentrifft. Hierdurch entsteht das kleine
Daniel's Lehrb. b. Geogr. 1873. 16
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
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Extrahierte Personennamen: Gotteshäuser Leander)
Extrahierte Ortsnamen: Schwerte Balkan-Halbinsel Balkan-Halbinsel Kleinasien Gallipoli Europa
Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
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gegliedert (Busen von Ägina, Korinth re.) und durchweg Gebirgs-
land mit kleinen Tiefebenen (der doppelgipflige Parnaß; der
Öta mit dem Paß von Thermopylä,; das Klima ist mild
und schön. Naturerzeugnisse: Wein (Rosinen, Korinthen), Baumöl,
Tabak rc. Die alten Griechen waren ein hochgebildetes und
mächtiges Volk; die jetzigen Bewohner stehen noch auf niedrigerer
Bildungsstufe. Im Innern des Landes sind Ackerbau und Vieh-
zucht, an den Küsten und auf den Inseln Handel und Schiffahrt
die Haupterwerbszweige.
Nordgriechenland umfaßt das fruchtbare Thessalien und den südlichen
Teil von Epirus, beide durch den Pindus getrennt. — In Mittelgriechen-
land (Hellas) liegt die Hauptstadt At h en, 108000 E., durch eine Eilenbahn
mir dem Hafen Piräus verbunden. (Insel Sulamis). In Morea
(Peloponnes) ist Patràs die wichtigste Handelsstadt; Korinth, am Isthmus
gelegen (Kanal!), das „Paris des Altertums", ist jetzt ein unbedeutendes
Städtchen; das neue Sparta, in der Nähe des alten, hat nur 4000 E.
Im Westen Morsas lag im schönen Heine Olympia. — Inseln: Euböa.
(Negroponte), fruchtbar, aber wenig bebaut. Die Kykladen sind größtenteils
vulkanisch, fruchtbar und gut bevölkert (Schiffahrt): Delos, Paros, Syra (mit
der wichtigen Dampferstation H er m üp o lis). Die Ionischen Inseln, gebirgig
und fruchtbar: Korfu, Kephalonia, Jthaka.
b) Die europäische Türkei, mit den Vasallenstaaten noch
kleiner als Preußen, etwa 10 Mill. E. Die Türken oder
Os manen sind das herrschende Volk, aber zahlreicher sind die
Völker anderer Stamme (Griechen, Bulgaren. Albanesen). Staats-
religion ist der Islam, dem etwa 'die Hälfte der Bewohner
angehört; die Nichtmohammedaner bekennen sich meist zur
griechisch-katholischen Kirche. Die Christen werden Ungläubige
und Rajah, d. i. Herde, genannt; bisher waren sie sehr gedrückt,
jetzt sind ihnen gleiche Rechte mit den Mohammedanern zugesagt.
Die Volksbildung ist sehr gering, der Boden sehr fruchtbar, aber
schlecht angebaut. Der Herrscher hat den Titel Sultan oder
Padischah, d. i. Großherr: als oberster Kalif ist er der Be-
schützer der mohammedanischen Religion. Die einzelnen Landes-
teile werden durch Paschas verwaltet.
Unter der unmittelbaren Herrschaft des Sultans steht nur noch der
mittlere Teil der Balkan-H., kaum 110 000 qkm mit etwa 5*/? Mill. E. Die
Haupt- und Residenzstadt Ko nst an t in op e l (Stambul), 810 000 (?) E., an
der Grenze des Abend- und Morgenlandes, hat eine sehr günstige, gesunde
und prachtvolle Lage. Vom Bosporus aus dringt zwischen der eigentlichen
Stadt und den Vorstädten Gula ta und Pera eine tiefe Bucht, das „Goldene
Horn", an 0 km weit ins Land. Das Häusergewirr, die sich in den Fluten
spiegelnden Paläste, die vielen Moscheeen mit ihren stolzen Kuppeln und
schlanken Minarets (d. s. säulenartige Türme) geben ein wundervolles Land-
schaftsbild. Im Innern der Stadt findet man aber meist enge, schmutzige
Straßen und elende Häuser. Das Residenzschloß ist das Serai, in dessen
Nähe die „Hohe Pforte", die Wohnung des ersten Ministers, liegt. Adria-
nopel, 10000 E., Fabrik-und Handelsstadt im alten Thracien. Gallipoli,
Hafenstadt am Hellespont. Saloniki (das alte Thessalonich in Mace-
donien, an dessen Gemeinde Paulus zwei Briefe geschrieben hat), 150 000 E.,
ist zweite Handelsstadt in der Türkei. Im Westen Albanien, ein Gebirgs-
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