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1. Geschichte des Altertums - S. 297

1889 - Wiesbaden : Kunze
§. 56. Die Soldatenkaiser und die Flavier. 297 der Beobachtung dieses Ausbruches wurde der wißbegierige Naturforscher Plinius der Ältere durch den Qualm erstickt*). Auf Titus folgte sein ihm durchaus unähnlicher Bruder Domitian. *) Ein Augenzeuge, der jüngere Plinius und Neffe des vorgenannten, welcher mit seiner Mutter in Misenum war, beschreibt dieses furchtbare Ereignis in zwei uns erhaltenen Briefen. Der an den berühmten Geschichtschreiber Tacitus gerichtete lautet also: „Schon seit mehreren Tagen hatte man das Erdbeben gespürt und sich allmählich an das Wanken und Schwanken der Gebäude gewöhnt. Um 6 Uhr morgens war der Himmel ganz trübe und die Tageshelle noch matt. Da die Gebäude heftig schwankten und der Einsturz drohte, beschlossen die Mutter und ich die Stadt zu verlassen. Das Volk folgte uns scharenweise. Als wir die Häuser hinter uns hatten, machten wir Halt. Die Wagen, welche wir hatten hinausfahren lassen, wurden auf ganz ebenem Felde hin- und hergeworfen und blieben auch dann nicht auf der Stelle, wenn schon Steine untergelegt wurden. Es war, als ob das Meer sich selbst verschlinge und durch die Erderschütterungen gleichsam auf sich selbst zurückgeworfen werde. Wenigstens sahen wir das Ufer vorgerückt und viele auf dem trockenen Sande zurückgebliebene Seettere. Auf der entgegengesetzten Seite zerplatzte eine schreckliche schwarze Wolke, schoß und schleuderte schlangenförmige Feuermassen umher und entlud sich in länglichen Flammengestalten, die wie Blitze aussahen, aber größer waren. Bald ließ sie sich auf die Erde herab und bedeckte die See, umhüllte Eapreä (Capri) und das Vorgebirge von Misenum. Jetzt forderte mich die Mutter dringend zur Flucht auf: ich sei noch jung und werde leicht entrinnen; sie dagegen, durch Alter und Krankheit schwach, wolle gern sterben, wenn sie nur meinen Tod nicht verschulde. Der Mutter Hand ergreifend, ziehe ich sie, während sie laut klagt, daß sie mich aufhalte, nach. Schon fiel Asche auf uns, doch nicht in großer Menge. Ich sehe zurück. Ein dichter Dampf in unserm Rücken kam hinter uns her, wie ein auf die Erde gegossener Strom. Plötzlich wurde es finster, etwa wie wenn man in einem Zimmer das Licht auslöscht. Nun hörte man Frauen jammern, Kinder wimmern, Männer rufen, die einen nach ihren Eltern, andere nach ihren Kindern oder Gatten. Diese bejammerten ihr eignes Geschick, jene das ihrer Angehörigen, viele wünschten sich den Tod aus Furcht vor dem Tode. Falsche Gerüchte tauchten auf und mehrten den Jammer. Es wurde dann wieder ein wenig helle, was uns wie ein Zeichen fernen Feuers vorkam; denn die Finsternis kam wieder und mit ihr ein so heftiger und dichter Aschenregen, daß wir die Asche abschütteln mußten, um nicht erdrückt zu werden. Endlich löste sich die dichte Finsternis in Rauch und Nebel auf; die Sonne kam ganz trüb zum Vorschein, wie bei einer Sonnenfinsternis. Alle Gegenstände zeigten sich verändert, hoch mit Asche, wie mit Schnee bedeckt; das Erdbeben aber dauerte noch fort. Die Städte Herkulanum, Pompeji und Stabiä waren verschwunden." Als man 1711 in jener Gegend, wo Heriulanum einst gestanden

2. Geschichte des Mittelalters - S. 16

1888 - Wiesbaden : Kunze
16 Aus der deutschen Vorzeit. Beim Eintritt der Wintersonnenwende, wo Fro sich anschickt, die belebende Sonne der Erde wieder zu nähern, wurde ihm zu Ehren das Julsest an zwölf geweihten Nächten gefeiert. Für dieses Fest war in jedem Hause ein weißer Eber als Opfertier gezogen worden, dem man die Borsten vergoldete. Am Nachmittage des Hauptfestes löschte man das Feuer in den Wohnungen aus, zog hinaus auf eine Wiese, wo ein Eichenpfahl eingeschlagen wurde, in welchen man ein neues Rad mit seiner Achse einließ, das neun Speichen hatte- Das Rad war mit Stroh umwunden und wurde von neun Jünglingen und Jungfrauen mit Stricken von Osten nach Westen, dem Laus der Sonne entsprechend, gedreht, bis sich die Achse entzündete und das Stroh entflammte. Dann steckten die Versammelten unter lautem Jubel ihre Fackeln in Brand und trugen die geheiligten Flammen in die Häuser, wo der Julblock auf dem Herde für ein neues Jahr wieder entzündet wurde. Wie Menschenmacht ans dem toten Holze die Flammen hervorzubrechen zwang, so ruft sie, nach ihrem Glauben, auch Fro aus dem Tagesgestirn wieder hervor, damit die Sonne von neuem neun Monate siegreich strahle. Über dem brennendenjulblockwurde der'geweihte Eber gebraten, mit den vergoldeten Borsten wurden die Hausgenossen beschenkt. Die rechte Hand aus das Haupt des Ebers gelegt, schwuren die Hausgenossen einander Liebe, Treue und Gehorsam, worauf das bereitete Opfertier verzehrt wurde und der Metbecher zu Ehren des Gottes kreiste. Frigg aber (Frau Holde), Odins Gemahlin, besichtigte während des Festes der zwölf Nächte im Umzuge das Hauswesen, wo sie die fleißigen Frauen und Jungfrauen segnete, während sie den lässigen allerlei Ungemach zuschickte. Die heidnischen Feste sind in christliche umgewandelt oder verdrängt worden, aber manche der mit denselben verbundenen Gebräuche haben sich im Volke bis zur Gegenwart erhalten. §. 3. Die ecjlea äampfe zmslüm Germanen ntuf Kölnern. Cimbern und Teutonen. Die ersten germanischen Völkerschaften, welche mit den Römern feindlich zusammenstießen, waren die Cimbern und Teutonen. Die Cimbern waren vom Norden Deutschlands nach dem Süden ausgewandert, um sich in Italien neue Wohnsitze zu suchen. Sie waren bis zu den Ostalpen vorgedrungen, als sie in dem heutigen Kärnten auf die Römer trafen, welche von Süden her die daselbst wohnenden Kelten unterworfen hatten. Als sie von den Römern Wegweiser nach Italien verlangten, führten diese dieselben irre, um sie zu vernichten. Die Cimbern aber rächten die Treulosigkeit, indem sie die Römer unter ihrem Konsul Papirius Carbo bei Noreja in der Nähe von Klagensurt 113 v. Chr. vollständig besiegten. Doch anstatt jetzt geradeswegs nach Süden zu ziehen, wandten sie sich der Nordseite der Alpen entlang nach Westen und fielen in Gallien ein, wo sie nacheinander vier römische Heere schlugen. Von Gallien zogen sie nach Spanien, wurden dort aber zurückgewiesen

3. Römische Geschichte - S. 6

1881 - Leipzig : Teubner
6 Verschmelz. d. Römer u. Sabiner. Romulus' Tod. am folgenden Tage Romulus heranrückte, um sie ihnen wieder zu entreißen, gingen sie ihm zum Kampfe in die Niederung zwischen Capitolinus und Palatinus entgegen. Die Römer wurden geschlagen, und schon war Romulus, fortgerissen von der allgemeinen Flucht, bis zu dem Thore des Palatinus gelangt, da flehte er verzweifelnd mit erhobenen Händen zu Jupiter, daß er die Flucht seiner Krieger hemme, und gelobte ihm an dieser Stelle als dem „fluchthemmenden" Jupiter (I. Stator) einen Tempel. Sofort standen die Römer und wendeten sich aufs neue gegen den Feind, und nun entstand wieder ein furchtbarer Kampf, dem die geraubten Sabinerinnen ein glückliches Ende machten. Sie stürzten sich nämlich zwischen die Kämpfenden und baten hier ihre Männer, dort ihre Väter und Brüder, daß sie sie nicht zu Waisen, nicht zu Witwen machen sollten und den unseligen Kampf einstellten. Die Kämpfenden senkten die Arme, die Feldherrn traten vor und schlossen Frieden und Freundschaft. Die Sabiner ließen sich in Rom nieder und bildeten fortan mit den Römern eine Gemeinde, über welche Romulus und T. Tatius gemeinsam die Regierung führten. In den Senat, der bisher aus 100 Römern bestanden, wurden noch 100 Sabiner aufgenommen. Das Doppelkönigtum in Rom dauerte nicht lange. Tatius ward in Lavinium erschlagen, und Romulus war nun wieder allein König, und zwar über die latiuischen Römer und die Sabiner. Nachdem er noch mehrere glückliche Kriege geführt, wurde er auf wunderbare Weise nach 37jähriger Regierung der Erde enthoben. Während er nämlich eine Musterung des bewaffneten Volkes hielt, erhob sich plötzlich ein Sturm, und die Sonne verfinsterte sich, daß Dunkelheit auf der Erde lag; unter Donner und Blitz fuhr Mars hernieder und führte seinen Sohn auf feurigem Wagen gen Himmel. Als das Wetter gewichen war und das erschreckte Volk den Thron des Königs leer sah, versank es in Angst und in Trauer. Aber ein Mann von bewährter Glaubwürdigkeit, Julius Proeulus, trat vor das Volk und erklärte, Romulus sei ihm auf dem Wege von

4. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 106

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
iug Dritter Abschnitt. Gerechte von der Hand des Ungerechten fallen?' Der Cherub verstummte. — Adam aber fuhr fort in feinen Klagen und sprach: Was bleibt mir denn nun in meinem^ Jammer auf der blutbefleckten Er- de ? — Der Cherub antwortete und sprach: Der Blül gen Himmel! — Darauf verschwand er. Adam aber stand bis nach Sonnenuntergang. Und als die Sterne aufgegangen waren, da breitete er seine Arme empor gegen Orion und den Wagen, und rief: O ihr glanzenden Wächter an den Tho- ren des Himmels, warum wandelt ihr so schwei- gend ? Darf ein Sterblicher den Laut eurer Stimme vernehmen, o, so redet von dem Lande, das jenseits ist, und von Abel, dem Geliebten! -r- Da ward es noch stiller rings umher, und Adam warf sich auf sein Antlitz und betete an. Und er vernahm in seinem Herzen ein leises Wort! Siehe, Abel dein Sohn lebet! — Da ging er getröstet von dannen,, und seine Seele war still und voll Wehmuth. 19. Die Reue. Ein Landmann hatte mit eigenen Handen eine Reihe edler Obstbaumchen gezogen. Zu seiner groß- ßen Freude trugen sie die ersten Früchte, und er war begierig, zu sehen, von welcher Art sie seyn möchten. Da kam der Sohn des Nachbars, ein böser Bube, in den Garten, und lockte das Söhnlein des Landmanns, also daß sie hingingen, und die Bäum- chen allesiunmt ihrer Früchte beraubten, ehedenn sie völlig gereift waren. Als nun der Herr des Gar- tens herzutrat, und die kahlen Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: Ach, warum hat man mir das gethan? Böse Buben haben mir meine Freude verdorben! Diese Worte gingen dem Söhnlein des Landmanns sehr zu Herzen,^ und er lief zu dem Sohne des Nachbars und sprach: Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir verübt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr

5. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 174

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
174 Fünfter' Abschnitt.1 Dritter Auftritt. Der' Fürst. .Der Edelknabe. Der Edelknabe (miruhr und Licht.) Es ist um fünf, .gnädigster Herr. ^ Der Fürst. Alfa bald Morgen! Ich dacht es.— (die Uhr ihm abnehmend.) Aber ist denn das die Uhr, die ich dir sagte ? die Uhr, die zur Rech- ten hing? ' Der Ed elknabe. Nicht ? — Ich glaubte es doch. ' ' /- ' - . •: : ; Der Fürst. Und Ware sie's auch gewefen- Kleiner!. Hattest du deinen Vortheil verstanden; du hattest nach der andern gegriffen. Denn die hier- voll Brillanten — was wäre wohl die einem Kinde nütze? — Oder hast Du vielleicht deinen Vortheil zu gut verstanden? Ist dirs gegangen, wie man- chem, der alles verliert, weil er zu viel gewinnen will? — Sprich! • Der Edestknabe. Wie das? Ich verstehe Sie nicht. . : D e r Fürst. So muß ich deutlicher reden. — Du weißt doch, was Rechts und Links ist ? Der Edelknabe (sich besinnend, indem er auf seine Hände sieht.) Rechts und Links, gnä- digster Herr? — Der Fürst (die Hand auf seiner Schulter.) Geh, geh- guter Knabe! Du magst es noch eben so wenig, als Gutes und Böses, zu unterscheiden wissen. Und daß duden Unterschied nie erfahren möchtest! — Aber jetit lauf! Rufe mir deinen Vet- ter, den Hauptmann! Er soll hereinkommen. Hier herein vor mein Bette. Sage ihm das! Vierter Auftritt. Der Fürst, (wiederallein.) Sehr unschuldig! Sehr liebenswürdig! Um desto mehr soll er fort. ~~ Der-Hof, sagt man, ist der Ort der Verführung. Ich kann nicht zugeben,

6. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 7

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Die Herkunft der Langobarden. 7 den Sieg verleihen, die ich bei Sonnenaufgang zuerst erblicke." Zu derselben Zeit nun flehte Gambara mit ihren beiden Söhnen Wodans Gemahlin Fricka "(Frea steht im Text) an, daß sie den Winnilern zum Siege verhelfe. Fricka hatte Wodans Antwort an die Wandalen gehört; darum gab sie den Winnilern den Rat, ihre Frauen sollten sich das Haar auflösen und es um Schläfen und Kinn wie einen Bart hängen lassen; mit ihnen sollten sie selber sich gegen Morgen nach der Richtung, wo die Sonne aufgeht, aufstellen. Und sie thaten also. Wie nun Wodan zur Ruhe gegangen war, hatte er sein Bett so gestellt, daß er beim Erwachen das Antlitz den Wandalen zukehren mußte. Aber als es zu dämmern begann und die Sonne aufgehen wollte, ergriff Fricka das Lager ihres Gemahls, drehte es mit ihren starken Götterarmen nach der andern Seite herum, so daß sein Antlitz gen Morgen gerichtet war, und weckte den Gatten. Und im selben Augenblick ging die Sonne auf. Da schaute Wodau zur Erde hinab und erblickte zu seinem Staunen — nicht die Wandalen, sondern andre, fremdartige Gestalten und rief verwundert: „Wer sind diese Langbärte?" Da sprach Fricka zu Wodan: „Du gabst ihnen den Namen, so gieb ihnen denn auch den Sieg!" Denn wer einem Kinde den Namen verlieh, der durste ihm nach altgermanischem Brauch auch ein Geschenk nicht weigern. Und er gab ihnen wirklich den Sieg, indem er ihnen Rat erteilte, wie sie streiten sollten. Seit der Zeit wurden die Winniler Langobarden genannt. Nicht verschweigen wollen wir, daß diese volkstümliche Ableitung des Namens neuerdings angefochten worden ist. Besonders der Umstand, daß die Langobarden bei den Angelsachsen Hadubarden (Kriegs-Barden) hießen, stehe ihr entgegen; denn „Kriegsbärte" klänge doch gar zu wunderlich. Daher leitet man wohl auch das Wort nicht von „Bart", sondern von dem altdeutschen parta (in Hellebarde erhalten), d. i. Streitaxt, her. So hätten die Langobarden ihren Volksnamen nicht (wie Paulus Diakonus meint) von ihrer Sitte, den Bart besonders lang zu tragen, sondern von ihrer Hauptwaffe, wie die Sachsen, Cherusker, Heruler und Suardouen. Wie dem auch sei, das steht wohl fest, daß das Volk während feines Aufenthalts an der Niederelbe seinen ursprünglichen Namen — der nicht gerade Winniler gelautet haben muß*) — aufgegeben und den neuen dafür angenommen hat, wahrscheinlich als benachbarte Stämme, wie etwa die östlichen (Shauten und die Reste der Teutonen rechts der Elbe, sich ganz oder teilweise an das kleine, aber ausgezeichnet tapfere Völkchen anfchloffen und mit ihm verschmolzen; ähnlich wie die Markomannen sich nach Beitritt andrer Stämme Bajuwaren nannten. Die Besetzung des Bardengaues *) Da der erste Teil des historischen Namens schwankt (vgl. das angelsächsische Hadubarden), oder zuweilen ganz fehlt — so auch in Bardengau, Bardowiek —, so vermutet man, daß er ursprünglich einfach Barden geheißen habe.

7. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 40

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 40 — gearbeitet, bei Nacht aber wurden Posten ausgestellt, welche die Aufgabe hatten, Wache zu halten und sofort zu melden, wenn etwas Ungewöhnliches sich ereigne. Es waren die Jünglinge, welchen der Auftrag geworden war, den Wacht-dienst zu versehen; in einiger Entfernung vom Freihofe hatten sie sich eine Rasenhütte errichtet, wo diejenigen, welche nicht gerade wachen mußten, sich zu einer kurzen Ruhe niederlegen konnten. Aeltere Krieger führten abwechselnd den Oberbefehl über diese Wachmannschaften. So war es Freitag Abend geworden. Die Jünglinge waren wiederum hinausgezogen, um Wache zu halten; auch Hermann Billnng war unter ihnen. Die Nacht war finster, denn erst gegen Mitternacht war der Aus-gang des Mondes zu erwarten. Hermann stand allein ans einem kleinen Hügel auf der Wacht, den Blick dem Osten zugewendet; seine Kameraden lagen in der Hütte. Da hörte er, wie ein Mann durch die Nacht aus ihn zuschritt; doch er kam von Westen, es konnte also ein Feind nicht sein; vielleicht war es einer seiner Genossen, der ihn ablösen wollte. Da seine Augen sich schon an die ihn umgebende Dunkelheit gewöhnt hatten, so gewahrte er endlich in seiner unmittelbaren Nähe die Gestalt eines Mannes; in demselben Augenblicke erkannte er auch die Stimme des Paters Wichmauu, und die Hand ließ das Schwert wieder los, welches sie schon umfaßt hatte. „Bater Wichmann, wie Du mich erschreckt hast!" rief Hermann dem Freunde entgegen; „was führt Dich in dieser finstern Nacht hinaus in die Heide? warum bist Du nicht auf der Burg geblieben und pflegst der Ruhe?" „Mein lieber junger Freund", antwortete der Geistliche, „es ließ mir keine Ruhe in meiner Zelle. Ein böfes Traumbild hat mich geängstigt. Da bin ich aufgestanden, und weil ich glaubte, daß ich Dich bei der Wache treffen würde, bin ich hinausgegangen nach der Hütte, welche Ihr Euch erbaut habt; dort aber erfuhr ich von dem alten Konrad, daß Du hier auf dem Posten stehest, und so bin ich hinausgekommen, um mit Dir zu reden. Siehe, mein Sohn, ich weiß es, ich werde nicht lebend aus dem bevor-

8. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 43

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 43 — gut. Ein ganz gleiches Kreuz habe ich an dem Tage, als ich von meinem Kinde Abschied nahm, demselben um den Hals gehängt und seinen Pflegern gesagt, es ihm nie abzunehmen, auch ihm, wenn er größer geworden, mitzuteilen, daß es das letzte Andenken an seinen Vater sei; er solle es niemals ablegen, denn daran werde man ihn einst erkennen. Gewiß trägt mein Sohn, wenn er lebt, noch heute dieses Kreuz; und solltest Du ihn einst finden und an diesem Zeichen erkennen, so sei ihm ein Freund, wie ich Dir ein Freund gewesen bin. Adeldag ist um einige Jahre älter als Du; doch das wird nichts hindern, daß Ihr Euch in Freundschaft an einander schließet. Gott gebe nur, daß Du ihn findest, damit er erfahre, wie sein Vater ihn geliebt hat". Der Mönch schwieg; Thränen erstickten seine Stimme. Hermann ergriff seine Hand und sagte: „Ehrwürdiger Vater, wie ein heiliges Vermächtnis werde ich das, was Du mir hier einsam und allein in stiller Nacht auf der weiten Heide anvertraut hast, bewahren. Doch sprich, warum willst Du Dich der Gefahr des Lebens in dem bevorstehenden Kampfe aussetzen? Du bist ein^ alter Mann, und Dein Amt zwingt Dich nicht, das Schwert zu führen; bleibe dem Kampfe fern, keiner wird es Dir verargen". Aber Pater Wichmann erwiederte: „Niemand soll mir's wehren, dem Kampfe beizuwohnen. Schon längst habe ich nach einer Gelegenheit gedürstet, gegen den Feind, welcher unsägliches Leid über mich gebracht hat, kämpfen zu können; und kann ich auch nicht viel mehr thun, so soll es mir doch eine Genugthuung sein, auf dem Plane zu stehen, wertn es gilt, die Unbill heimzuzahlen, die er über uns gebracht hat. Suche deshalb nicht mich zu überreden, daß ich zurückbleibe; Deine Mühe würde erfolglos sein". Schweigend standen sie nun, der Greis und der Jüngling, auf dem Heidehügel, ein jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Ein schmaler Lichtstreifen im Osten bezeichnete den Ort, wo bald die Mondsichel aufsteigen mußte. Plötzlich sagte Hermann mit gedämpfter Stimme:

9. Wiben Peter - S. 100

1901 - Braunschweig : Appelhans
- 100 — tut Sattel, und so schnell die Pferde laufen konnten, eilten sie der nächsten Fähre zu, um sich über den Strom setzen zu lassen und alsdann ihrem Ziele auf dem nächsten Wege zuzustreben. Wollte es denn heute nimmer und nimmer Tag werden? Noch niemals war Wiben die Zeit so endlos lang erschienen als auf diesem Ritte durch die stürmische Herbstnacht. Ja wenn die Reise wenigstens noch schnell von statten gegangen wäre! Aber auf den morastigen Wegen war kein Fortkommen, und der schwere Marschboden hing den Pferden wie Pech an den Hufen. Stockfinster war die Nacht; nur daß hie und da einmal durch die zerrissenen Wolken ein Sternlein flimmerte, um sofort wieber zu verschwinden. Mit der Zeit freilich gewöhnte sich das Auge an die Finsternis; die Knicks*) an beiden Seiten des Weges waren im Umrisse sichtbar und dienten den Reiteru als Wegweiser; sonst hätten sie ihre Straße nimmer gefunden. Wortlos ritten sie neben oder hinter einander; die Gedanken Wibens waren ihm bereits vorangeeilt und weilten an dem Sterbelager seines geliebten Weibes. Denn daß es ein Sterbelager war, zu bet« er gerufen würde, hatte er nicht nur aus dem Briefe des Herrn von Ahlefelb ersehen, fonbern der Diener hatte es ihm auch bestätigt, daß an ein Auskommen nicht zu beuken sei. Und nun nagten sie an seinem Herzen, die Selbstanklagen und die Gewissensbisse! Hatte er, so fragte er sich jetzt, immer seine Pflicht den Seinen gegenüber erfüllt als Gatte und Vater? Hatte er nicht oft genug es fehlen lassen an Aufopferung und Liebe, die Weib und Kinder von ihm forbern und erwarten dursten? Wie oft hatte sein Weib ihn gebeten, abzulassen von seinem Rachewerk; hatte er jemals ihren flehenden Worten Gehör gegeben? Wie oft hatten sich seine Kinder an ihn geklammert und mit schmeichelnden Worten ihn gebeten, nicht wieder fort zu gehen, sondern bei ihnen zu bleiben; hatte er es jemals gezeigt, daß er auch nur ein Ver- *) mit Hecken bestandene Erdwälle.

10. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 3

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 3 — sondern der Sohn eines freien Sachsen war, der nicht die Herde eines Fremden, sondern seines Vaters Herde weidete. Sinnend blickte der junge Sachse in die Ferne, der aufsteigenden Sonne zu. Es waren wunderbare Gerüchte, welche seit einigen Tagen gleichsam in der Lust umherschwirrten und auch ihren Weg nach dem alten Freihofe Stübeckshorn, dem Hause seines Vaters, das durch eine Baumgruppe dem Blick entzogen wurde, gefunden hatten. Freilich fehlte noch die Bestätigung der Gerüchte, aber schon seit einigen Tagen wurde der Bote erwartet, der nähere Nachricht bringen sollte. Während so der Jüngling, kaum acht auf seine Herde gebend, seinen Gedanken nachhing, kam ein Mann, mit einem Mönchsgewande bekleidet, am Ufer des Baches dahergeschritten. Es war Wichmann, der alte Pater, welcher ans dem neuerbauten Schlosse Soltan das Amt eines Burggeistlichen versah. Als er des Jünglings ansichtig würde, glitt ein Lächeln über seine verwitterten Züge. „Ei, grüß Dich Gott, jung Hermann", rief er ihm schon aus einiger Entfernung zu; „hast Dich ja heute schon recht früh mit Deiner Herbe aufgemacht. Aber so ist's recht; früh mit der Sonne auf, mit der Sonne zur Rüste, das ist Sachsenbrauch. Aber wie siunenb schaust Du drein ? Ist vielleicht der Heuljäger heut Nacht über Euer Haus geflogen ober ist Dir sonst ein Mißgeschick wiberfahren?" „Ehrwürbiger Vater", sprach der Jüngling, inbem er beut Alten die Hand zum Morgengruße reichte, „das ist es nicht, was mich so gebankenvoll macht. Du weißt es ja auch, was für Gerüchte in den letzten Tagen über bte Heide zu uns gedrungen sind, und gerade jetzt dachte ich daran, was an denselben wahr sein möchte". „Hm! hm!" machte der Mönch, als der Jüngling schwieg; „freilich bist Dn noch ein junges Blut, welches sich um dergleichen Dinge nur wenig kümmern sollte; doch Du bist ein Billnng, und da ist es nicht zu verwundern, wenn Deine Gedanken oft, und gerade jetzt, in der Ferne weilen. So höre denn, was ich Dir erzähle; vorher aber gieb mir einen Schluck l*
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