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tfricöricf) und Diezmann auf den Gaffen, bemerkten aber weniger den wackeren Burggrafen Friedrich von Nürnberg, der damals als erster Hoheuzoller in Erfurt einkehrte, und dessen spätere Nach, kommen besser über Thüringen walten sollten, als der entartete Albrecht es getan hatte. Viele bedeutende Steichserlaffe1) sind auf diesem Reichstage vom König und feinen fürstlichen Ratgebern ausgegangen. Ueberall findet man noch die Pergamente mit dem riesigen Rnndfiegel aus rotem Wachs an bunter Seiden-schnür in den Archiven mit dem Dalum Erfurt. Rudolfs Bild, wie er mit den Reichsinfignien (Abzeichen der königlichen Würde) auf dem Throne fitzt und feines Amtes wartet, ist sauber in das Wachs eingedrückt.
Aufenthalt im Kloster und frohe Feste: König Rudolf
wohnte im Peterskloster hoch über der Stadt. Hier ließ er zum fröhlichen Gastmahle die Tische im sommerlichen Speifesaal und im Kreuzgang zusammenrücken. Mitunter blieb den Mönchen, wenn hohe Gaste beim König einkehrten, nichts als der Schlaffaal und das Winter-Refektorium (Speifefaal) zur Wohnung übrig.
Die Chronik des Klosters meldet von manchem großen Fest-gelage. So veranstaltete der König am Tage nach der Kirchen-
weihe von Skt. Peter (Sonntag nach Ostern) feinen Töchtern, der Königin Jutta von Böhmen und der Herzogin von Sachsen, samt ihren Rittern und Edeldamen zwischen den Beeten des Kloster-gartens, die im ersten Schmucke des Frühlings prangten, allerlei
Lustbarkeiten. Am Sonntag nach Pfingsten folgte dann ein Ritter-fest. Zuerst wurde feierlich Messe gehalten, dann schlug Landgraf Albrecht auf dem Petersberge 16 Knappen zu Rittern und im
Beisein einer farbenreich geschmückten Ritterfchar gürtete der König
den jungen Degen eigenhändig das Schwert um. Am großartigsten fielen die beiden letzten Freudenfeste aus: die Hochzeit der
Nichte des Königs, der Gräfin Margarete von Habsburg, mit dem Grafen von Kleve und das prunkvolle Mahl, welches Herzog Albrecht von Oestreich, König Rudolfs Sohn, gab. — Am unvergeßlichsten aber hat sich den Erfurtern für alle Zeiten der luftige Auftritt des Königs als Bierrufer eingeprägt. Rudolf, offenbar ein Freund der schwarzen Schlunze, trat in schlichtem Wams auf die Gasse und rief, den Bierkrng in die Höhe haltend, mit lauter Stimme: „Hol' in, hol' in! ein gut Bier hat Er Sifrid von Bnt-ftefcie2) ufgelau!"
Trübe Stunden: Doch gab es für den König auf der freien Höhe des alten Merwigsberges auch manche sorgenvolle Stunde. So erfuhr er, daß fein Sohn, Herzog Rudolf, den er mit Erfolg den Fürsten des Reiches zu feinem Nachfolger vorzuschlagen
!) Verleihung der erledigten Ungarnkrone; Entscheidung über Recht und Unrecht durch Waffenkampf der Parteien nur noch bei Hochverrat usw.
2) Ein Biereige — Brauer, das Braurecht haftet auf dem Hause.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Nürnberg Friedrich Albrecht Rudolfs Rudolf Rudolf Peter Jutta_von_Böhmen Albrecht Albrecht Margarete_von_Habsburg Albrecht_von_Oestreich Albrecht Rudolfs Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf
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sandle sofort eine ansehnliche Summe an Schillers Gattin, wobei er freilich bemerkte, daß er sich aus eine bestimmte Erhöhung der Pension „alleweile" nicht einlassen könne.
Rückkehr: Obwohl Schiller und seiner Gemahlin die Tage
in Erfurt angenehm verflossen, suhlten sich beide doch nicht ganz wohl hier. Sie sehnten sich nach der eigenen Häuslichkeit und kürzten deshalb den noch auf längere Zeit berechneten Aufenthalt ab. — Ihre Abreise erfolgte am 1. Oktober. (Nach Albert Pick.)
64. Französische Emigranten in Erfurt.
Ihre Ankunft: Die französischen Ausgewanderten, die in
den Rheinstädten eine Zuflucht gefunden halten, flohen bei Au-nährnng der Franzosen weiter ins deutsche Land hinein. Dabei wählten viele Erfurt als neuen Wobnsitz, da man ihnen von befreundeter Seite die Stadt vorteilhaft geschildert hatte.
Seit Anfang 1795 kamen sie in großer Zahl hier an. Unter ihnen waren viele, die einst eine glänzende Rolle gespielt Hatten. Ehemalige Erzbischöse, Bischöfe, Aebte und dergleichen kamen zum Brühlertor hereingepilgert, und säst alle boten einen herzzerreißenden Anblick dar. Mit Bündelchen auf dem Rücken und mit zerrissenen und zerlumpten Kleidern hielten sie ihren Einzug. Einer von ihnen erzählte mit heilerer Miene, daß er nichts anderes gerettet habe als die Bibel, die er unter dem Arm trug. Tatsächlich hatten viele nicht einen roten Heller mehr in der Tasche; sie wußten nicht, wo sie einen Bissen Brot hernehmen, womit sie ihr Schlasgeld bezahlen sollten. Piele gingen barsuß, und dabei war es mitten im Winter. Sie erzählten auch, daß manche unterwegs liegen geblieben und erfroren wären.
Ihre Lebensweise: Mitte Februar waren, wie durch Be-
auftragte des Rates festgestellt wurde, schau über 1000 Vertriebene in der Stadt. Man räumte ihnen die Schottenkirche zum Gottesdienst ein. In ihr wurde von jetzt ab französisch gepredigt. Besonders ernst und streng begingen sie die heilige Woche. Viele speisten die ganze Zeit hindurch kein Fleisch. Alle Speisen, die sie genossen, mußten mit Cel geschmelzt sein, weil ihnen selbst die Butter verboten war. Auch erschienen viele in schwarzen Kleidern, die sie in den letzten Tagen gar nicht mehr ablegten.
Gezwungene Beschäftigung: Mancher von den Emigranten, der einst bessere Tage gesehen halte, war gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt durch Anfertigung kleiner Handarbeiten zu verdienen. So verkaufte bei der Feier der Peterkirmfe (Sonntag nach Ostern) auf dem Roßmcirkle (Herrmannsplatz) ein ehemaliger französischer Herzog Handkörbchen, Schächtelchen und Kästchen, die er selbst aus Pappe angefertigt hatte. Von seinem Stand aus rief er den Vorübergehenden sorlwäbrend zu: „Achetez des corbeilles
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bunter Abwechslung. Schwere Lastwagen, von 4 und mehr Pferden gezogen, bewegen sich gemächlich der Stadt zu; leichtere Karren der Wäldler eilen an uns vorüber; kleine Händler bringen ihre selbstgearbeiteten Waren, geschnitzte Löffel, Mulden it. bergt., aus Schiebekarren ober Reffen zum Markt. Steil steigt die Hohle an zur Seite des Berges, der das Kloster St. Cyriaki trägt. Dann geht's leichter bergab bis Schmira, wo wir die hohe Lanbstraße verlassen nnb süblich abbiegen, bett Walbbergen zu. —
Bald heißt es die Apselstäbt bnrchschreiten! Nach dem aus-trocknenben Wetter der letzten Wochen ist bies nicht allzu schwierig. Unser nächstes Ziel sinb die beiben stolzen Burgen; zunächst das Haus Gleichen, dann die ersnrtische Feste Mühlberg. Im Kretscham unter der Gleichenschen Burg wirb gerastet, und manches Stübchen Wein bringt die Wirtin in die kühle Schenkstnbe.
Weiterhin wenbet sich der Weg in tief ansgefahrenen Gleisen um den Berg. Die Gäule schreiten tapfer aus; das reiche Dorf Mühlberg ist balb burchsahren. Trotzig schaut der feste Bergfrit zu uns hernieber nnb ebenso stolz gesichert hebt sich weiter im Osten der Kegel heraus, der die Wassenburg trägt.
(Nach L. Gerbing.)
35. Zckützenkelte und Turniere in Erfurt.
In bett mittelalterlichen Städten würden mancherlei prunkvolle, weltliche und geistliche Feste gefeiert. Zu den ersteren zählen die Schützenfeste und Turniere, zu den letzteren die Prozessionen. Stolle1) beschreibt in feiner Chronik das Erfurter Schützenfest von 1477 und das Erfurter Turnier von 1496.
Das Schützenfest: Das Schützenfest würde fünf Tage lang, vom 28. Juli bis zum 2. August 1477, gefeiert. Es war eine
Erwiderung auf die Einladung, welche die Erfurter Armbrust-und Büchsenschützen von den sächsischen Fürsten zu einem „Schützen-hose" (Schützenfeste) nach Weimar erhalten hatten und auf welchem sie sehr freundlich aufgenommen worden waren. Das damalige
Erfurter Schützenhaus stand vor dem Löbertore in der sogenannten „Lehmgrube", also auf dem Gelände vor Mangolds Felsenkeller.
Als Gäste waren anwesend Herzog Wilhelm von Weimar,
Graf Heinrich von Schwarzburg mit feinen Söhnen, Gras Ernst von Gleichen und andere Grasen, auch Vertreter aus mehreren thüringischen Städten. Die Gäste beteiligten sich drei Tage lang am Preisfchießen. Die Preise selbst bestanden in 16 Kleinodien, silbernen Schalen und silbernen Bechern; der Hauptgewinn dar-
unter war 30 Gulden, (s. S. 112) wert, welchen ein Schützen-meister aus Erfurt erwarb. Andere Preise bestanden in Tuch zu
’) Thüringische Chronik von Konrad Stolle (1502), Vikar an der Severi-kirche, in der er auch bestattet ist.
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Extrahierte Personennamen: L._Gerbing August Wilhelm Heinrich_von_Schwarzburg Heinrich Ernst Konrad_Stolle Konrad
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Gewändern, und solches erhielt unter allgemeinem Jubel der Weimarer Herzog.
Der Glückstopf: Daneben stellte der Rat einen sogenannten „Glückslops" aus dem Fischmarkte in einer eigens dazu gebauten Bude auf. Der Glückstopf war ein bauchiges Tongefäß, in welches die Lose hineingeworfen wurden. Es hatte einen fo engen Hals, daß man nur hineingreifen konnte, um die Lose herauszuholen, ohne sie sehen zu können. Das Los kostete einen neuen Groschen (9 Psg.), und manche hitzige Spieler setzten so viele Lose, daß sie bis zu 10 Gulden ausgaben. Der Erfurter Rat machte daher mit dem Glückstopfe ein gutes Geschäft, und er konnte es wagen, für „700 bis 800 Schock Groschen" Lose (Zettel) auszugeben. Dabei hatte ma« nur 16 Hauptgewinne gemacht, silberne Becher, deren kostbarster 12 Schock Groschen wert war. Als weitere Gewinne werden silberne Schalen, goldene Ringe, seidene Borden, Tuch und Buckskin, sogar Barchent zu Gewändern erwähnt, auch Gänse, Gewürze u. a. Die Spielwut war allgemein. Von den Fürsten und Grafen an fetzten alle Ritter und Knechte, Bürger und Bauern, Männer und Frauen, Jünglinge und Jungfrauen, reich und arm, selbst Bettler, Schüler und allerlei „sahrendes Volk". Alle Zettel, jeder mit dem Namen des Lösenden beschrieben, tat man in den oben beschriebenen Topf, daneben stand ein zweiter Behälter, in welchen die Zettel mit den daraus geschriebenen Gewinnen und die Nietenzettel getan wurden. Ein Knecht, der nicht lesen konnte, der „ungelehrt" war, stand zwischen den zwei Töpfen und zur Seite jedes Topfes ein Justizbeamter, ein öffentlicher Notar oder Schreiber; diese beiden hießen Herbert von der Maritte und Hermann Bruckfchlegel. Aus jedem Topfe nahm nun der Knecht ein Los und gab es dem Beamten, der daneben stand. Derjenige, welcher die Namenzettel bekam, las den Namen laut vor, der andere sah in den ihm gegebenen Zettel. War es ein Nietenzettel, so rief er „nichts", war aber ein Gewinn darauf verzeichnet, so blies man einen Trompetentusch. Der erste gezogene Gewinn waren zwei Gänse und ein Psuud Ingwer, der letzte war ein Gulden. Ihn gewann ein Stubenheizer, welcher vor der Langen Brücke wohnte. Er hatte nur ein Los genommen, während andere, welche viele Lose hatten, nichts gewannen. Zu diesen gehörten auch der Herzog von Weimar und die Schwarzburger Grasen. Der Ueberschuß, den der Rat aus der Lotterie zog, war so groß, daß er mehr betrug, als die Summe, die ihm die Beköstigung der sremden Schützen, besonders des Herzogs Wilhelm von Weimar, gekostet hatte. Letzterer machte darum über die Klugheit des Rates seine Scherze.
Vorbereitung zum Turnier: Hoch ging es auch beim Tur-
nier am 6. Juli 1496 her. Von Weimar kamen dazu herüber Kurfürst Friedrich der Weise und der spätere Kurfürst Johann der Beständige, dazu noch viele Grafen und Ritter. Der Schauplatz war
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Extrahierte Personennamen: Herbert_von_der_Maritte Hermann_Bruckfchlegel Wilhelm Friedrich Friedrich Johann
schöpft, die aus rauher Kieselerde geformt und am offenen Feuer-hart gebrannt sind. Das Mahl schmeckt allen ausgezeichnet. Die Männer trinken dazu Es brauner Trinkschale, die gleich den übrigen Tongeschirren nur mit der Hand und nicht aus der Drehscheibe geformt und geglättet ist, einen Labetrunk aus gebrauter Gerste. Die Kinder verzehren am Schluß des Mahles noch einige Waldfrüchte, wie sie gerade der Herbst bietet: Aepfel, Birnen, Brombeeren, Haselnüsse und dergleichen. Die Speisereste und Abfälle wandern dann hinein in die Herdgrube des Hauses. Durch Zufall muß aber auch manchmal ein gutes Stück des Hausrates mit hineingeraten sein, denn neben Tierknochen fand man bei der Aufdeckung mancherlei wohlerhcütene Dinge. Wenn eine solche Grube sich allmählich zu stark anfüllte, wurde sie wohl ausgeleert und der Inhalt neben dem Hause auf die Erde geschüttet. Daraus erklärt sich, daß man in den Erdschichten zwischen den Wohnungen ebenfalls allerhand Ueberbleibfel fand.
Nach der Mahlzeit: Nach dem Mahle Pflegen die Männer
der Ruhe und erzählen sich von der Jagd. Der Künstler der Sippe aber, ein junger, brauner Bursche, zieht sein scharfes Feuersteinmesser hervor und schnitzt in ein Hirschhorn allerlei Figuren. Neugierig lugen die Kinder über seine Schultern und jubeln laut auf, als sie in dem Bilde ihren Spitz erkennen. Heute ist es überhaupt ein lustiger Tag. Die größeren Knaben brauchen nicht wie sonst unter der Anleitung eines erfahrenen Mannes Steine zu Waffen und Werkzeug zu schleifen, sie dürfen ihre Trommeln Zur Hand nehmen und fleißig rühren; als solche glaubt man in der Mitte eingezogene, oben und unten offene Gefäße deuten zu müssen.
Zur Nachtzeit: Nach und nach ist die Dämmerung über das Flußtal hereingebrochen, und damit ist die Stunde gekommen, zu welcher der Steinzeitmensch seine Schlafstätte aufsuchte. Die Eltern und jüngsten Kinder verbringen die Nacht auf dem Laublager in der Hütte, die andern aber betten sich draußen. Hier wird noch schnell ein Feuer angezündet, und einige gewaltige Scheite geben ihm Nahrung für die Nacht. Es gewährt genügend Schutz gegen herumschleichendes Raubzeug und wärmt auch in der kühlen und feuchten Herbstnacht. Bald herrscht überall tiefe Stille. Kaum aber treffen die ersten Strahlen der ausgehenden Sonne die Schläfer, so erheben sie sich von ihrem Lager, um ihrer Tagesarbeit, Jagd, Viehzucht und Ackerbau, nachzugehen.
So mag es damals am Abhang unserer Gera ausgesehen haben. Und wie hier, so noch an manchen anderen Stellen der heutigen thüringischen Lande. Daraus deuten die Funde, die bald hier, bald da gemacht worden sind, hin. Wann war aber jenes Damals? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Begnügen wir uns mit der ungefähren Zeitangabe: Nicht nach 1500 v. Chr.,
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von Stolle kuhmaulartig genannten Schuhe; sie hießen: knemuler oder kowemuler.
Damals muß auch eine ziemlich große Verschwendung in der gesamten Kleidung eingetreten sein. Die Männer trugen Hemden, die vorn mit köstlichen Litzen und Schnürwerk versehen waren, dazu eine offene joppenartige Aermeljacke, ebenfalls mit seidenem Schnürwerk oder Einfransung versehen, darüber einen kurzen Mantel, Tappert genannt, mit Schnürwerk und Knöpfen in dichtesten Reihen, zur Zierde geschlitzt und kostbar gefüttert, so daß der Rock fast in einzelne Streifen zerfiel. Dazu trug man lange Beinkleider, die nach Farbe, Form und Stoff in zwei Hälften zerfielen, z. B. rot und blau. Manche trugen sogar drei und noch mehr Farben. Als Kopfbedeckung diente ein kleiner Hut oder ein Barett mit Ohrenklappen, sogar Hauben nach Frauenart. Bei der Frauenkleidung blieb der Halsausschnitt weit, ja er vertiefte sich noch und nahm das kostbare und feine Vorstecktuch auf, das die Gestalt eines Kragens oder Brustlatzes hatte, darunter das kollerartige Leibchen. Die Frauenschuhe hatten lange Spitzen und weiße oder rote Schäfte. Die früher getragenen, einfachen Frauenhauben verschwanden, dafür kamen langzipflige auf, die mit Goldsternchen bestickt waren. Die Zipfel wurden um den Kopf geschlungen. Der entrüstete Stolle nennt dieses ein „Narrenspiel".
Speise und Trank: Den Freuden der Tafel war niemand
abhold. Man aß und trank reichlich, je vornehmer, um so größer die Zahl der Gänge und die Pracht des Gerätes. In den silbernen und vergoldeten Kannen, Bechern und Pokalen steckte ein ganzes Vermögen. Sie legten aber auch Zeugnis ab von der Geschicklichkeit der Erfurter Goldschmiede. Für gewöhnlich aßen die Leute von Zinntellern; Gabeln waren unbekannt, die Finger vertraten ihre Stelle, weshalb öfter Wafchwafser herumgereicht wurde. Knochen und Abfälle warf man unter den Tisch für die Hunde, die in weit größerer Zahl als heute gehalten wurden. Fleischkost war viel häufiger als in der Gegenwart. Fleisch aller Art
konnten die Frauen täglich auf dem Markte kaufen, und sie waren stets sicher, gute Waren zu erhalten, weil die Vormunde des Handwerks den Verkauf übelriechenden und ungesunden Fleisches verhindern mußten. Faule und finnige Stücke wurden feilgeboten auf Bänken, über denen ein Judenhut hing. Sie waren am Be-nidiktiplatz dicht neben der Krämerbrücke. Wildbret konnte auf den Wochenmärkten gekauft werden, ebenso Rebhühner, die mit
der Schlinge gefangen, in langen Reihen an den Buden der
Händler hingen. Zahmes Geflügel fand sich in jedem Hause. Es
war gekocht und gebraten sehr beliebt, namentlich die Gänse, deren Leidenszeit um Martini begann. Selten fehlten auf einer vollbesetzten Tafel Fische, die als Fastenspeise und auch sonst in großen Mengen gegessen wurden. Der Hering fand Liebhaber vorwiegend bei den ärmeren Bürgern, die besser gestellten zogen den Fluß-
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Extrahierte Personennamen: Stolle Tappert Stolle Martini
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27. Eine Festschule der Meistersinger.
durfte auch den andern aufforbern um Gelb ober Gelbeswert zu fingen. Der den Kranz gewonnen hatte, mußte aufwarten und fürtragen; sonnte er es allein nicht bestreiten, so hatte ihm der, so auf vorhergegangener Schule den Kranz bavongetragen, babei zu helfen. Wer die Kette ober den Kranz gewonnen ober glatt gesungen, erhielt zwanzig Groschen, ein Merker zwanzig Kreuzer. Die Zeche warb von dem Gelbe bezahlt, das man auf der Schule erhoben; war nicht genug zusammengekommen, so warb das fehlenbe aus der gemeinen Büchse entnommen.
Die Meistersinger, mehr als zwanzig an der Zahl, gingen über die Gasse paarweise hintereinander von der Kirche bis zur Trinkstube. Der bekränzte Konrab Nachtigall eröffnete den Zug, hinter ihm her schritt würbig Hans Sachs, mit der Kette geziert. Die geputzten Gaste stachen fonberbar genug von der Stube ab, die von außen und innen gleich beräuchert erschien. In dem langen Zimmer ftanben hölzerne Tische und Bänke, einige mit geschnitzten Tierköpfen versehen. An den Wänben war Getäfel angebracht; auch fehlten daran nicht allerlei Sprüche, die auf die Kunst der Genossen Bezug hatten. Tisch an Tisch warb zusammengeschoben, das „Gewehr" der Sitte gemäß zur Seite gefegt und zu betben Seiten setzten sich die Singer; nur die Merker hielten sich gefonbert, bamit sie nicht gestört würden. Niemanb bürste sich unaufgefordert an ihren Tisch setzen. Oben nahm Hans Sachs Platz. Würbig sah er aus in seiner festlichen Tracht. Die Jacke war von meergrünem Zeuge mit mehreren Schlitzen auf der Brust, bitrch die das Hemb hinburchschimmcrte, dessen faltiger Kragen den Hals scheibenförmig umschloß. Die Ärmel, mit Fischbeinstäbchen gesteift und von schwarzem Atlas, worin zackige Einschnitte in bestimmten Linien künstlich eingesetzt waren, ließen überall das helle Unter-zeug hinburchblicken.
Mitten auf der Tafel staub ein Weinfäßchen und einer der Meister hatte das Geschäft des Zapfens. Als alle Becher gefüllt waren, erhob Hans Sachs die Frage, wer außer ihm singen wolle. Zwei Meister reckten die Hand empor, es waren Georg Wachter, ein Zimmermann, und Subwig Binder, ein Stein-metz, die nach der Ehre strebten mit dem Altmeister der Kunst zu wetteifern. Hans Sachs sollte eine Streitfrage auswerfen und hob an:
Ihr Freunde, saget mir, wenn ihr wißt,
Wer wohl der künstlichste Werkmann ist?
Zuerst erwiberte Georg Wachter:
Das ist fürwahr der Jimmermann;
Wer hat es ihm jemals gleichgetan?
Durch Schnur und Richtscheit ward ihm kund
Die höchste Zinn' und der tiefste Grund;
Ihn loben stattliche Lustgemächer,
Hoch strebet sein Ruhm wie seine Dächer.
Reich an Erfindungen ist sein Geist,
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248 45. Der Bucintoro auf dem Starnberger See.
auf dem Vorderteile des Schiffes stand Neptun auf einem Delphin mit der Flagge statt des Dreizackes in der Hand. Hinter dieser Galerie befanden sich in der nämlichen zweiten Etage ein großer Saal und zwei Kabinette, nach außen durch runde Scheibenfenster verschlossen, die auf der Außenseite' durch weibliche Karyatiden abgeteilt waren, die hinwiederum das Gesimse der dritten Etage trugen. Der <^aal befand sich ans dem Vorder-, die beiden Kabinette auf dem Hinterteile des Schiffes; dazwischen war ein Vorraum oder ein Vorzimmer. Unter dem Eingang zum großen Saale war das bayerische und das savoyische Wappen abgebildet mit einer entsprechenden vergoldeten Inschrift darunter und der Jahreszahl 1663.
Der Saal war 45 Schuh lang und 9 Schuh hoch. Beim Eintritt, wo der erste Mastbaum angebracht war, stand die Statue des Herkules und in der des Saales, auf einem Delphin reitend, Neptun in einer großen,
von vier Najaden getragenen Muschel. Der Gott goß mit der hocherhobenen Linken ans einem Krug Wasser in eine mit der gesenkten Rechten gehaltene Schale; aus dieser floß plätschernd das Naß in die große Muschel. Dieser eigenartige Springbrunnen wurde in späterer Zeit vom Kurfürsten benutzt, um daraus alle diejenigen, welche den Bucintoro zum ersten Male betraten! mit Wasser zu bespritzen. Saal und Vorzimmer und beide Kabinette, von denen jedes 15 Schuh, das Vorzimmer 20 Schuh lang war, waren mit kunstvollen Malereien von Spilberger und Kaspar Amort reich und prüchtia verziert.
Von dieser zweiten Etage führten zwei Stiegen, die sich am Vorderteile des Schiffes befanden, nach der obersten Galerie oder dem dritten Verdecke, welches offen, unbedeckt, aber von einer Balnftrade eingefaßt war, an welcher man Wasserspeier für das ablaufende Wasser angebracht hatte. Sie war rings mit kleinen Laternen und kleinen Fahnen geschmückt, während die beiden Mastbäume, an deren Wipfeln ebenfalls die bayerischen Fahnen lustig in den Lüften flatterten, mit den daran befindlichen Segeln sich darüber stolz erhoben. Die Galerie war vorzugsweise für die Trompeter und Pauker und andere Musici bestimmt. Außerdem hatte hier der Steuermann seinen Platz, der von da aus das mächtige, vergoldete Steuerruder am Hinterteil des Schiffes leiten mußte. Die dritte Etage, speziell das Hinterteil des Schiffes, frönte ein giebelförmiger Aufbau, an dessen Spitze sich zwei vergoldete Löwen befanden, welche eine große, aber dabei sehr zierliche, vergoldete Laterne trugen. Cben beim Schnabel des Schiffes standen vier Kanonen und deren zwölf weitere befanden sich im untersten Verdeck — nicht bloß zur Zierde und zu anderen Zwecken sondern besonders auch um dem Schiffe das nötige Schwergewicht zu verleihen. Sie schauten aus Öffnungen dicht über dem Wasserspiegel hervor.
Hier im untersten Verdeck befand sich ferner die Rudermannschast, welche wie bei dem venezianischen Bucintoro nicht sichtbar war. An den vergoldeten
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50. Träume sind Schäume.
Antonia, des Erbprinzen Mutter, lag in ihrer Väter Gruft zu Wien begraben, in München war der künftige König Spaniens zumeist von fremden Menschen umgeben, besser also, wenn er vor der Abreise in sein Königreich noch an der Seite des Vaters in Brüssel lebte.
Das Ballfest im Palaste des Statthalters der Niederlande versprach einen glänzenden Verlauf zu nehmen. Die Botschafter und Gesandten der fremden Mächte sowie die Aristokratie der Hauptstadt hatten sich. strahlend von Gold und edlem Gesteine, in den Prachtsälen des hohen Gastgebers eingefunden um sich wieder einmal dem ganzen Zauber des Prunkes und Glanzes hinzugeben, wie er am Hofe des glücklichen Bayernherrschers in fast unerschöpflicher Fülle geboten wurde.
Und glücklich war ja Max Emannel, glücklich, wie nur ein Sterblicher sein konnte. Herrscher über ein Volk, auf dessen Liebe und Treue er bauen konnte, Statthalter in einem Land, dessen Reichtum groß und desseu Handel und Gewerbe blühend war, und Vater eines Sohnes, der zum Erben eines Weltreiches bestimmt wurde, in der Tat, die Götter, hätten sie noch wie ehedem die Welt regiert, mußten auf das Glück dieses Mannes neiderfüllte Blicke werfen!
Jetzt ließen sich in dem von vielen hundert Wachskerzen taghell erleuchteten Festsaal schmetternde Fanfaren vernehmen; sie verkündeten das Erscheinen des königlichen Statthalters und mit ihm den Beginn der Festlichkeiten.
Die Brust von blitzenden Ordenssternen bedeckt und am rotseidenen Bande das goldene Vließ, so zeigte sich die hohe und schlanke Gestalt des bayerischen Kurfürsten am Eingänge des Saales. Eine Reihe prächtig gekleideter Edelknaben, in der Rechten eine brennende Wachsfackel, schritt dem Statthalter mit seinem Gefolge voraus, eiue andere schloß den glanzvollen Zug.
Neuerdings ertönten die rauschenden Klänge der Festmusik. An die effektvolle Polonaise, bei der die Paare langsamen Schrittes den Saal durchmaßen, reihte sich erst eine gravitätische Sarabande, dann eine bewegte, heitere Gigue, ein zierliches Menuett. Zuletzt erklangen die gemessenen Töne einer Marche und der Oberstzeremonienmeister bat den Statthalter unter tiefer Verbeugung um die Erlaubnis das Zeichen zum Beginne eines „Festspieles" geben zu dürfen.
„Was für Überraschungen!" rief Max Emannel heiter lächelnd, indem er mit leichtem Kopfnicken die nachgesuchte Erlaubnis erteilte. Kaum hatte er den ihm bestimmten Ehrenplatz eingenommen, da teilte sich im Hintergründe des großen Saales ein Vorhang und die einzelnen Gruppen des Festzuges begannen sich unter den Klängen eines Kriegsmarsches zu entwickeln und langsamen Schrittes vor den Augen des Gefeierten und der Gäste desselben vorüberzuwandeln.
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Extrahierte Personennamen: Antonia Max_Emannel Max Max_Emannel Max
Extrahierte Ortsnamen: Wien München Spaniens Brüssel Niederlande
356 67. Johann Konrad Grübel als Chronist des Lüneviller Friedens.
Schnürchen." Der Herzog von Birkenfeld ließ unverzüglich alle Hofbeamten, Minister und Generale dem rechtmäßigen Nachfolger Treue schwören, die Garnison stellte sich aus den Plätzen der Stadt in Reih und Glied und wurde vereidigt. Ein Hofbeamter von einer Reitertruppe begleitet fuhr dem neuen Landesherrn mit der amtlichen Nachricht vom Ableben des Oheims entgegen. Die Papiere des Grafen Zeschwitz und des Kabinettssekretärs von Lippert, den Westenrieder in seinem Tagebuch mit wunderlicher Übertreibung den „bayerischen Robespierre" nennt, wurden versiegelt, dem Fürsten von Bretzenheim, Karl Theodors natürlichem Sohn, die Auslösung der bayerischen Ritterloge vom Malteserorden angezeigt.
Die Bevölkerung machte Feiertag. Trotz der Februarkälte und dem Schnee auf den Straßen war es allenthalben lebendig. Zahlreiche Flugblätter erschienen, gedruckt und geschrieben, alle siegesfrohen, aber nicht alle reinlichen Inhalts. Geschmacklose Gesellen begeiferten mit Hohn und Spott den Mann, der doch für immer die Waffen gestreckt, der München den Englischen Garten geschenkt hatte.
Am 20. Februar traf Max Joseph in München ein, vom Herzog von Birkenseld und von den städtischen und ständischen Würdenträgern empfangen, mit frohem Zuruf von den dichtgedrängten Massen auf Straßen und Plätzen und aus den Fenstern der geschmückten Häuser begrüßt.
Der Jubel des Volkes war der Ausdruck seiner zuversichtlichen Erwartung: „es wird jetzt besser werden im Bayernland!"-----------------
Dankbar bestätigt nach hundert Jahren die Geschichte, daß dieser Hoff-mmg eine glückliche Erfüllung beschießen war.
67. Johann Konrad (Brübel als Chronist des Lüneviller
Friedens.
Don Hans Probst.*
Der ersten Gedichtsammlung, die Johann Konrad Grübel als angehender Sechziger im Jahre 1798 herausgab, spendete namentlich Goethe freundlichen Beifall; er hob hervor, es zeige sich darin „ein Mann von fröhlichem Gemüt und heiterer Laune, der die Welt mit einem glücklichen, gefunden Auge sieht." Als nach einigen Jahren neuerdings Wetschen des Stadtfläschners erschienen, fand Goethe es besonders merkwürdig, „wie er in schlimmen Tagen Vch in gleichem Humor erhielt." - In der Tat war es in den schlimmen Tagen, die es um die Wende des Jahrhunderts wie überall so auch in Nürnberg gab, für den alternden Volksdichter ein Kunststück die gute Laune nicht völlig zu verlieren. Die Drangsale, die seine Vaterstadt vom Dezember 1800 an auszustehen hatte, schildert er frisch und anschaulich in einer kleinen Reimchronik.
Wöi Mancher haut's niht überlebt!
Ich bin, Gott Lob! noh dau.
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Extrahierte Ortsnamen: Reih Bretzenheim München Bayernland Nürnberg