Die Reformation.
133
gefährliche Macht. Es ist auch wohl gewiß, daß diese Umstande da-
zu beigetragen, die Reformation zu fördern, herbeigeführt aber ist
sie von ihnen nicht worden. Der Glaube hat sie herbeigeführt wie,
trotz des Reichthums der Kirche, der Glaube bei den Romanen die
Katholicitat erhalten hat. Gustav Erichson meint indessen sich mit
Vorsicht nehmen zu müssen; erst allmälig muß und kann der Glaube
zu den Menschen dringen. Zwei Brüder, Olaus und Laurentius
Petri, sind schon 1519 aus Wittenberg gekommen und haben die
Grundsätze und Lehren der Lutherischen Reformation auszubreiten
begonnen. Gustav laßt sie und ihre Freunde nach Möglichkeit schal-
ten, feiert zwar noch im Jahre 1525 das Jubeljahr des Pabftes, 1525
benutzt indessen seine Stellung als König, um die Kirchenmacht und
die alte Kirchenverfassung allmälig aufzulösen. Die Bibel wird
1526 in die schwedische Sprache, nachmals auch in die finnische über- 1526
setzt. Oftmals versuchen die Bischöffe durch Aufstände der Bauern
die Vorbereitungen zu durchbrechen, welche der König für die Refor-
mation trifft. Es stehen auch in einzelnen Theilen Schwedens die
Bauern oftmals, doch immer vergeblich, für das alte Kirchenthum
auf, da Glaube und Ueberzeugung erst allmälig bei ihnen Platz ge-
winnen können. Als Gustav das Meiste für vorbereitet erachtet, läßt
er auf dem Reichstage zu Westeräs 1527 entscheiden, daß das reine 1527
Wort Gottes verkündet und die Menschensatzungen abgethan, dem
König die Schlösser und Einkünfte der Bischöffe und die Klöster
überantwortet, dem Adel aber wieder gegeben werden solle, was seit
dem Jahre 1454 von seinem Gut an die Kirche gekommen sei. So
stürzte das katholische Kirchenthum in Schweden zusammen und das
Lutherthum trat durch die Kirchenversammlung von Oerebro 1529 1529
an seine Stelle. Sonst suchte Gustav das Königthum nach Möglich-
keit zu stärken. Er bewog den Reichstag von 1540 seiner Familie 1540
das Erbrecht zu gewähren. Dadurch gewann Schweden die innere
Kraft, welche sein nachmaliges Auftreten in den großen Weltereig-
nissen möglich machte. In seiner eigenen Familie wie in dem Rei-
che legte er indessen den Grund zu einer Spaltung dadurch, daß er
1556 seinem zweitgeborenen Sohne Johann Finnland als ein Her-
zogthum verlieh. Andere Theile des Reiches gab er vor seinem Tode
noch als Herzogthümer an Magnus und Karl. Erich, der Aelteste,
sollte ihm auf dem Throne folgen. Gustav Erichson starb 29. Scptbr.
1560 und die letzten Anordnungen, die er getroffen, wurden schwer 1560
und verhängnißvoll für Schweden.
Dänemark blieb in ungleich größerer Schwäche als Schweden.
Der hier auf den Reichstagen herrschende Adel ließ sich das Recht,
die Könige zu wählen, nicht entwinden. Der Adel blieb in Dane-
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Erichson Gustav Olaus Laurentius
Petri Gustav Gustav Gustav Gustav Oerebro Gustav Gustav Johann_Finnland Johann Magnus Magnus Erich Gustav_Erichson Gustav
339
Entstehen und Aufblühen geschützt worden, sondern sie
war (uui), weil man damals nun schon gedruckte Bücher
hatte, in andere Länder eingedrungen und hatte eine
größere Ausbreitung gewonnen. Wie in der Schweiz
und in Frgpkreich nach Luthers Beispiele besondere Re-
formatoren auftraten, dort Ulrich Zwingli und hier
Johann Calvin, welche die Glaubensreinigung auf ihre
Weise fortführten, so war von dem nördlichen Deutsch-
land aus die Lehre Luthers selbst nach Dänemark und
Schweden gekommen, wohin einige seiner Schüler als
Geistliche berufen wurden, und bei dem ernsten Charak-
ter, welchen diese nördlichen Völker mit den Deutschen
gemein haben, breitete sich die verbesserte Religionslehre
so schnell unter ihnen aus, daß sie dort gar bald die
Oberhand über die katholische Religion hatte. Dieses
Aufkommen der lutherischen Lehre war nun vorzüglich
in Schweden deshalb von großer Bedeutung, weil es
mit dem Bestreben dieses Landes, sich von der calmar-
schen Union und damit von der dänischen Herrschaft
wieder loszureißen, eng zusammenhing, denn die schwe-
dischen Reichsverweser aus der Familie Sture nahmen
sogleich die Lehre Luthers an und begünstigten sie unter
dem Volke auf alle Weise, um sich dasselbe bei ihrem
Streben nach dem schwedischen Thron selbst geneigt zu
machen. In Dänemark aber war nun im I. 1513
auf Johann Ii. Christian Ii. gefolgt, welcher ein König
von dem grausamsten Charakter war, und die Schweden,
wie schon sein Vater, durchaus zwingen wollte, bei der
Union und unter seiner Herrschaft zu bleiben. Und um
sich nun in Schweden auch einen Anhang zu verschaffen,
durch welchen er die Unterwerfung des Landes leichter
vollbringen könnte, so zeigte er sich als einen eifrigen
Freund der katholischen Religion und des römischen Pab-
stes, wodurch er denn die hohen katholischen Geistlichen
in Schweden gewann, welche durch die Reformation ihr
hohes Ansehen und ihre Reichthümer zu verlieren fürch-
teten, wie denn vorzüglich derchöchste Geistliche im Lande,
der Erzbischof von Upsala, Gustav Trolle, sein Freund
wurde, und seines eigenen Vortheils wegen an der Un-
terdrückung seines Vaterlandes recht eifrig mitarbeitete.
Und gar schrecklich wandte sich in diesen Jahren durch
22 *
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Extrahierte Personennamen: Ulrich_Zwingli Johann_Calvin Johann Johann_Ii Johann Christian_Ii Gustav_Trolle Gustav
— 57 —
Augsburg die Religionsangelegenheit vorläufig zu ordnen, indem er eigenmächtig unter erzwungener Genehmigung der Reichsstände den Protestanten Glauben und Einrichtungen vorschreibt: die protestantische Lehre von der Rechtfertigung unklar gelassen, der Laienkelch und die Priesterehe gestattet, der Begriff der Messe umgeformt und einige Feiertage abgeschafft, auch die Restitution der Kirchengüter nicht verlangt, jedoch trotz einiger Beschränkung der päpstlichen Macht die katholische Hierarchie als Kirche mit der Siebenzahl der Sakramente, der Anrufung der Heiligen, Processionen u. a. beibehalten:1) daher es überall Widerstand findet.2) Magdeburg allein nimmt das Interim nicht an und wird in die Acht erklärt, verteidigt sich aber tapfer gegen Moritz von Sachsen, der die Vollstreckung der Acht übernimmt. 3)
1549 Die Universität Jena, von den Söhnen Johann Friedrichs gegründet, wird gegen die von Moritz von Sachsen begünstigte Richtung Melanchthons, welcher auf eine Vereinigung der Lutheraner und Calvinisten hinarbeitet, die stärkste Stütze des strengen Luthertums, namentlich seit 1557 durch Flacius Illyricus,4) wodurch die Ernestinische Linie des Hauses Wettin in den Augen der Protestanten das Haupt der wahren evangelischen Lehre bleibt. Steigender Zwiespalt unter den Protestanten.
1551 Moritz von Sachsen, von dem allgemeinen Hasse der Protestanten getroffen und selbst die Macht und die Absichten des Kaisers fürchtend, beschliefst, ihm entgegen zu treten: er hält sein Heer durch Hinziehen der Belagerung von Magdeburg zusammen und gewinnt, im geheimen Bunde mit Johann von Cüstrin, den Söhnen Philipps von Hessen, dem Markgrafen Albrecht Alcibiades von
’) ‘Kaiserliche Interimsreligion’ hiefs es. ‘Die Pfaffen nannten das Interim ‘Interitum’. ‘Das Interim hat den Schalk hinter ihm’, hiefs es evangelischerseits neben einer Unzahl von Schmähgediehten und -Schriften. — Zur thatsächliehen Durchführung kam es nicht.
Des Kaisers Gedanke war ursprünglich, dafs das Interim auch für die Katholiken verbindlich sein sollte, was er gegen die katholische Mehrheit nicht durchsetzen konnte.
3) Auf Magdeburg waren damals aller Augen in Deutschland gerichtet.
4) Eigentlich Francovitz Blacich aus Illyrien, geb. 1520, 1557—61 in Jena, lebte nach seiner Absetzung unstät und + in Frankfurt a. M. 1575. Er verfafste eine wichtige Kirchengeschichte nach Jahrhunderten im Verein mit anderen Theologen in Magdeburg. (Magde 'burgische Centuriatoren.)
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Extrahierte Personennamen: Moritz_von_Sachsen Johann_Friedrichs Johann Friedrichs Moritz_von_Sachsen Moritz_von_Sachsen Johann_von_Cüstrin Johann Söhnen_Philipps_von_Hessen Philipps Albrecht_Alcibiades Albrecht Francovitz_Blacich
74 Heimatkunde von Pommern Ii.
In Stolp wirkten ttetelhot und Peter Suave zunächst für das Luthertum.
Im November 1524 erschien hier Johannes Amandus, der bisher in Königsberg
und vanzig tätig gewesen war. Seine feurige predigt fand so beifällige Aufnahme
in Stolp, daß man ihn als Prediger behalten wollte. Bald kam es aber zu ärger-
lichen Ausschreitungen in der Stadt, gegen die Herzog Georg einschritt. Die
Rädelsführer erlitten Strafen, und die Bürger mußten das geraubte Kirchengut
zurückgeben. Amandus verließ die Stadt, aber der Herzog gestattete den Bürgern
(1525), sich einen Prediger zu wählen, damit sie das lautere und reine Wort
Gottes hören konnten.
Auch der Bischof Erasmus von Rammin ging nicht mehr kräftig gegen die
Verbreiter des Luthertums vor. Seine Stadt ttolberg hätte sich am liebsten
ganz unabhängig von Bischof und Herzog gemacht. Daher mußte der Bischof
Milde walten lassen, so daß im Anfange des Iahres 1531 in Kolberg die evangelische
Lehre sicher gestellt war. Oie zweite größere Stiftsstadt ttöslin folgte bald nach.
Um 1532 war der Hauptsache nach in allen Städten die lutherische Lehre ange-
nommen und den Bürgern ein größerer Anteil an der Stadtverwaltung gewährt.
Oie landesherrliche Regelung der kirchlichen Verhältnisse erfolgte auf dem
Landtag zu Treptow (1534) unter Mitwirkung von Johann Bugenhagen.
6. Friedrich Wilhelm I.
a. Erwerbung Vorpommerns bis zur peene.
Wenn man von der hohenzollernstraße aus in die Altstadt Stettin gehen will,
kommt man an einem alten Festungstor vorüber, das durch seine künstlerische
Gestaltung besonders auffällt. Es ist das von König Friedrich Wilhelm I. erbaute
„Berliner Tor", das er nach dem Anfall Stettins an Preußen nebst dem Königstor
als Triumphtor errichten ließ. Oie lateinische Inschrift auf der Spitze oes Berliner
Tors lautet in deutscher Übersetzung: „Friedrich Wilhelm, König von Preußen,
hat das Herzogtum Stettin, welches den brandenburgischen Kurfürsten abge-
treten, den herzögen von Pommern zu Lehn wieder gegeben, durch besondere
Fügung an die Schweden gekommen war, kraft rechtmäßiger Verträge und
für einen richtigen preis bis an die Peene gekauft, erworben und für sich wieder
gewonnen im Jahre 1719 und hat dies Brandenburger Tor erbauen lassen."
Friedrich Wilhelm I. hat einen Teil Vorpommerns, das sein Ahnherr, der
Große Kurfürst, 1679 voll Ingrimm den Schweden hatte zurückgeben müssen,
durch kluge und energische Ausnutzung der politischen Verhältnisse für Preußen
gewonnen. Oer Schwedenkönig Karl Xii. hatte nach der unglücklichen Schlacht
von Pultawa (1709) sich nach der Türkei gewandt und hier in seinem Eigensinn
fünf Jahre zugebracht, da er hoffte, den Sultan zum Kriege gegen Rußland
bewegen zu können. In dieser Zeit des nutzlosen Wartens hatten seine Gegner,
Russen, Polen und Oänen, so große vorteile erlangt, daß Schweden dem Unglück
ganz zu erliegen schien. Preußen war nicht an dem nordischen Krieg beteiligt,
mußte aber doch gestatten, daß russische, sächsische und polnische Truppen nach
Pommern marschierten, um dieses Land den Schweden zu entreißen. Friedrich
Wilhelm I. suchte indessen zu verhüten, daß Pommern in andre Hände überging,
und schloß daher mit den Russen einen Vertrag, nach dem ihm in Gemeinschaft
mit dem Herzog von Holstein-Gottorp — dessen Neffe sollte der Nachfolger
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Extrahierte Personennamen: Peter_Suave Johannes_Amandus Georg Amandus Johann_Bugenhagen Johann Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I. Wilhelm Friedrich Wilhelm_I. Karl_Xii Karl Friedrich Wilhelm_I. Holstein-Gottorp
168
Mittlere Geschichte.
Verbren-
nung des
Huß 1415.
Hussiten-
krieg
1420 —36.
Konzil zu
Basel
1431 —48.
indem man die drei vorhandenen Päpste absetzte; der zweite aber scheiterte,
da der neu gewählte Papst (Martin Y.) durch geschickte Unterhandlung
mit einzelnen Nationen die Sache der Kirchenverbesserung dem Konzil zu
entwinden wußte. Doch hatte der Grundsatz Platz ergriffen, daß ein
Konzil über dem Papst stehe.
Vor dem Konzil war auch Johann Huß erschienen, um sich wegen
seiner Lehren, die er im Sinne Wikleffs gegen die bestehende Kirche rich-
tete, zu verantworten. Da er den Widerruf verweigerte, wurde er trotz
des kaiserlicheu Gelcitsbriefes am 6. Juli 1415 als Ketzer verbrannt. Und
ein Jahr darauf hatte sein Freund Hieronymus von Prag dasselbe Schick-
sal. Die Nachricht von dem schrecklichen Tode der beiden Männer erregte
bei den Böhmen erst Bestürzung und Trauer, dann Wuth und Raserei.
An Hustens Lehre hielten sie nun um so fester und verlangten mit Unge-
stüm, daß auch den Laien der Kelch, woher der Name Utraquisten oder
Kalixtiner entsprang, gereicht werde. Alle Priester und Mönche, welche
solchem Begehren nicht willfahrten, wurden grausam verfolgt. Umsonst
schleuderte der Papst den Bannstrahl über Hustens Anhänger — ihre Zahl
nahm täglich zu. Auf dem Berge Tabors, wo sie sich zu versammeln
pflegten, waren oft 40,000 anwesend. Bei einem feierlichen Umzug erstürm-
ten sie das Prager Rathhauö und ermordeten die Rathsherren, was den
alten Kaiser Wenzel in solche Wuth versetzte, daß er vom Schlage gerührt
wurde und starb. Jetzt sollte Sigismund auch König von Böhmen werden;
da griff aber das ganze Volk zu den Waffen, um den wortbrüchigen Kaiser
fern zu halten. Sv entbrannte ein 16jähriger Krieg (1420—1436), der
mit unmenschlicher Grausamkeit geführt wurde. Sigismund erschien wieder-
holt mit starken Reichsheeren in Böhmen, ward aber immer aus dem Lande
(bei Prag 1420, bei Deutsch-Brod 1422, bei Mies 1427 und bei Tachau
1431) hinausgcschlagen. Die Böhmen standen Anfangs unter Johann
Zis ka, einem kühnen und zur Beherrschung der Massen wunderbar begab-
ten Feldherrn, und nach dessen Tode (1424) unter Prokop dem Gro-
ßen und Prokop dem Kleinen. Trotz mehrerer Parteiungen — die
Kalixtiner wollten nur den Genuß des Kelches, die Taboriten hingegen
überhaupt Rückkehr zur apostolischen Einfachheit und Lauterkeit — hielten
sie gegen auswärtige Feinde stets zusammen. Ihre Tapferkeit war so groß,
daß ein panischer Schrecken vor ihnen herging; die sonst so kriegerischen
Deutschen entwichen mehrmals, ohne einen Kampf gewagt zu haben. Als
Böhmen verwüstet war und nicht Nahrung genug mehr bot, unternahmen
die Hussiten verheerende Streifzüge in die angrenzenden Staaten. So
durchzogen sie Baiern, Franken und Meißen, verbrannten Städte und
Dörfer und brachten unermeßliche Beute heim. Ganz Deutschland zitterte
vor den wüthenden Glaubensstreitern, und so blieb denn kein Ausweg mehr
übrig, als der einer gütlichen Uebereinkunft. Das Konzil zu Basel
(1431 —1448) bot dazu die Hand und wirklich gelang es (1433), die
Kalixtiner durch Gestattung des Kelches und der Predigt in der Landes-
sprache zu gewinnen. Die Taboriten, seit Ziska's Tod auch Waisen (Ver-
waiste) genannt, bcharrten jedoch im Widerstände und konnten erst durch *)
*) Tabor, Stadt 10 Meilen südlich von Prag.
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Extrahierte Personennamen: Martin_Y. Johann_Huß Johann Wenzel Sigismund Sigismund Johann Prokop Prokop
Extrahierte Ortsnamen: Basel Prag Prag Baiern Deutschland Basel Tabor Prag
Von der Reformation bis zum tvestfälischen Frieden. 51
Gustavs Regierung war eine gesegnete für Schweden, da der
König nur an das Wohl seines Landes dachte und keine Mühe scheute,
das zerrüttete Reich zu heben. Er vervollkommnete die Gesetzgebung,
bildete das Volk, förderte Gewerbsteiß und Wissenschaft und erweiterte
den Handel. Dafür war er gerade der richtige Mann. Denn er be-
saß die ausgezeichnetsten Geistesgaben, Muth, Unerschrockenheit, Sanft--
muth und eine seltene Sittenreinheit. Dabei war ihm ein treffender
Witz und eine hinreichende Beredtsamkeit eigen. Das größte Verdienst Gustav führt
erwarb er sich um sein Land durch die Einführung der Reformation, die 9ieferi
- , matten in
wobei er mit einer solchen Klugheit und Umsicht zu Werke ging, daß Schweden
die neue Lehre ohne alle Unruhen ins Leben trat.
Schon 1519 waren zwei Brüder, Olanf und Lorenz Peterson,
Söhne eines Schmiedes, von der Universität Wittenberg in ihre Hei-
math zurückgekehrt und hatten die neue Lehre nach Schweden gebracht.
Olauf, stürmisch und heftig wie Luther, Lorenz, mild und gemäßigt
wie Melanchthon, wirkten trotz Spott und Verachtung für die Aus-
breitung der lutherischen Lehre. Olauf übersetzte 1523 die Bibel ins
Schwedische und hielt bald darauf Messe in schwedischer Sprache. Der
König begünstigte diese Bestrebungen, welche allmählich große Erfolge
hatten. 1530 trat auch Gustav zur evangelischen Lehre über, da der
größere Theil seiner Unterthanen sich dazu bekannte, und 1540 erfolgte
auf dem Reichstage zu Oerebro, der Heimath der Brüder Peterson,
die Lossagung vom Papstthum.
Wie schon bemerkt, hatte sich Christian Ii. in Dänemark so ver- Christian n.
haßt gemacht, daß man ihn 1523 absetzte und seinen Oheim, den auchmdsne-
, , mar?
Herzog Friedrich von Holstein, zum König wählte. Dieser suchte der
Reformation aus eben so vorsichtige Weise, wie Gustav Wasa, in seinem
Reiche Eingang zu verschaffen. Die Stimmung des Volkes begünstigte
ihn in seinem Plane, und so gelang es ihm, daß ans dem Reichstage
zu Odensee den Protestanten bürgerliche Gleichheit mit den Katholiken
zugestanden, den Priestern die Ehe erlaubt und die Unabhängigkeit der
Bischofswahlen von Rom ausgesprochen wurde (1530). Dies benutzte der
flüchtige König Christian Ii., um sein Reich wieder zu erobern. Der-
selbe hatte mit seiner treuen Gemahlin Isabella, einer Schwester-
Karls V., in den Niederlanden eine Zufluchtsstätte gefunden und
später in Sachsen von Luther und Melanchthon in der neuen Lehre
Unterweisung erhalten. Isabella ward eine treue Anhängerin der
lutherischen Lehre. König Christian opferte seiner Herrschsucht seinen tritt zur ka-
Glauben. Von der evangelischen Partei in Dänemark hatte er keine thouschen
Hülfe mehr zu hoffeu, und um sich die altgläubige« Norweger, welche iulucf'
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Extrahierte Personennamen: Gustavs Muth Gustav Gustav Lorenz_Peterson Luther Lorenz Melanchthon Gustav Gustav Brüder_Peterson Christian_Ii Christian Friedrich_von_Holstein Friedrich Gustav_Wasa Gustav Christian_Ii Isabella Karls_V. Karls_V. Luther Melanchthon Isabella Christian
22y
Lis auf die jetzigen Zeiten.
mm Tode ward dem Reiche die Feindschaft der 1648,
Schweden noch verderblicher.
§. Io. Schweden ward unter dem letztenschwedh
Unionskönige auf die abscheulichste Art gemiß-iches Reich
handelt. Gustav Wasa befreit das Reich, das
sich nun anfängt zu erholen, und mit Gustav
Adolph die erste Macht lm ganzen Norden wird.
Gustav Wasa, dessen Hans den Thron 130 Jah-
re besitzt, verbindet mit dem Sturz der reichen 1*44.
und mächtigen Klerisei die Einführung der Evan-
gelisch - Lutherischen Lehre Aber seine Reichs-
theilung verursacht nach seinem Tode innere 1560.
Kriege. Den ältesten Sohn, Erich Xiv., ent-
setzt sein Bruder Johann Ii. des Throns, und 1568.
lätzr ihn hernach ermorden Aber Johanns Ii.
Sohn, Siegmund, der zur katholischen Kirche
übergeht, um König von Polen zu werden, ver,
iiert das väterliche Reich an seinen Oheim, Gu- 1604.
stavs Wasa dritten Sohn, Rarln Ix. Das
Reich mußte freilich bei diesen Unruhen Schaden
leiden, und ob es gleich auf der einen Seite ge-
gen die Russen glücklich kriegte, so verlor es
doch auf der andern Seite gegen Dänemark. 1611.
Aber Karls Ix, Sohn, Gustav Adolph, ein groß-
ßer und frommer König, giebt ihm daß Ueber-
gewicht in ganz Norden, und erhebt Schwedens
Macht zu einer fürchterlichen Größe. Den Rus-
sen zwingt er Ingerirían,stand und Rarelen ab 1617.
durch den Frieden vonsrolbowa; dem polni-
schen Siegmund, der ihm seine Krone streitig
macht, Tiefland durch den Srillestaud von Gm- :6r§
rygard, und durch Theilnehmung an dem drei-
ßigjährigen Kriege stellt er die verfattnen Ange-
legenheiten der Protestanten wieder her, setzt i6zs.
die Macht des Hauses Oesterreich herunter, und
bahnt seinen Schweden den Weg zu den großen
Besitzungen, die sie nachher im teutschen Reiche
erhielten. Zwar fällt er bald in der Schlacht r6;r.
bei
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Wasa Gustav Gustav
Adolph Gustav Gustav_Wasa Gustav Hans Erich_Xiv. Johann_Ii Johann Johanns Johanns Siegmund Wasa Karls Gustav_Adolph Gustav Schwedens Siegmund
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Polen Karls Oesterreich
— 84 —
gemeinen Krieg entzündete, trieb den Adel auf Christians Seite, so daß dieser schließlich die Oberhand gewann und nach Besiegung der hanseatischen Gegner als König von Dänemark und Norwegen anerkannt wurde. Hierauf vereinigte der letztere die adeligen, bürgerlichen und bäuerlichen Vertreter der Nation 1536 zu einem Reichstage in Kopenhagen, welcher neben anderen Beschlüssen die Macht der Bischöfe abschaffte, ihre Güter der Krone überwies und die evangelische Glaubensform zur Staatsreligion erhob. Ein Jahr später berief der König Johann Bugenhagen nach der Hauptstadt und ließ durch denselben eine Kirchenordnung auf lutherischer Grundlage abfassen, die den Fortbestand des Reformationswerkes für alle Zeiten sicherte Auch in dem mit Dänemark verbundenen Norwegen gelangte die gereinigte Lehre ohne weitere Schwierigkeiten zur Herrschaft, während in dem fernen Island noch anderthalb Jahrzehnte vergingen, ehe der Katholicismus völlig überwunden war.
In Schweden hatte Gustav Wasa das tyrannische Regiment des Dänenkönigs Christian Ii nach schweren Kämpfen gestürzt und mit Zustimmung des Volkes die Krone auf das eigene Haupt gesetzt. Nun galt es aber, seinem Herrscheramte auch das nötige Ansehen zu verleihen, die Nation wieder an geordnete Zustände zu gewöhnen und das Land wehrhaft zu machen gegen äußere Angriffe wie gegen innere Empörungsversuche. Dazu bedurfte es vor allem gesicherter Staatseinnahmen, wie sie nach den langen Wirren augenblicklich nicht vorhanden und auf dem gewöhnlichen Wege nicht zu beschaffen waren. Der König faßte deshalb den Entschluß, den reichbegüterten Klerus, der während des Befreiungskrieges auf dänischer Seite gestanden, seines Überflusses zu berauben und durch Einführung der Reformation die allzu große geistliche Gewalt zu brechen. In diesem Bestreben verschaffte er zunächst der evangelischen Lehre Raum zu ungehinderter Verbreitung, gestattete den beiden Brüdern P et er so n, welche in Wittenberg studiert, lutherische Predigten zu halten und ihre Ansichten in öffentlichen Disputationen zu verteidigen, und begünstigte die Übersetzung der heiligen Schrift in die Landessprache. Dann 1527 veranstaltete er einen Reichstag in Westeräs, zu welchem zum erstenmale außer dem Adel und Klerus auch Vertreter des Bürger- und Bauernstandes hinzugezogen wurden, und auf welchem mit Hilfe der letzteren seine wohlerwogenen Vorschläge trotz vielfachen Widerspruchs zur Annahme gelangten. Bezüglich des Kirchenwesens bestimmte man, daß dem König die geistlichen Güter zur freien Verfügung stehen und die Prediger und Lehrer das reine und lautere Gotteswort ungefährdet verkündigen sollten. Damit war der Sieg der Refor-
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Extrahierte Personennamen: Christians Johann Gustav_Wasa Gustav Christian_Ii
Extrahierte Ortsnamen: Norwegen Kopenhagen Norwegen Island Schweden Wittenberg Westeräs
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Zehntes Hauptstück.
seiner Minderjährigkeit die alte Kirche hcrzustellen hoff-
ten. Allein die Verfolgungen protestantischer Prcdi-
ger erregten solche Volksaufstände, daß es sehr zweifel-
haft erscheinen mußte, ob die eingedrungne Lehre sich
je wieder werde ausrotten lassen. Da faßte der un-
ternehmende Bürgermeister Georg Wullcnwever
von Lübeck mit einem andern angesehnen und gewand-
ten Manne, mit Marcus Meier, eiuem Hambur-
ger, der sich vom Huffchmidte bis zum Admiral der
lübeckifchen Seemacht c.ufgefchwungen hatte, den Plan,
die Zwistigkeit in Dänemark zur Erhebung eines Königs
zu benützen, der von ihnen abhängig wäre. Sie wollten
zuerst Friedrichs Sohn Christian Hi. unterstützen; als
dieser aber auf ihre Anträge nicht eingieng, sondern viel-
mehr den Beistand der Holländer suchte, kamen sie auf
den Gedanken, den gefangnen Christian Ii. zu befreien und
wiedereinzusetzen. Sie gewannen den Grafen Christoph
von Oldenburg, der die ganze Unternehmung leiten
sollte, durch Muth, Kriegsübung und gründliche Bildung
hcrvorstach, und ein eifriger Verehrer Luthers war. Ihm
stellten sie daher vor, daß es, nächst der Befreiung Chri-
stians, Hauptzweck ihres Unternehmens sey, den Pro-
testantismus in Dänemark zu schützen und zu begründen.
Da das niedre Volk dem abgesetzten Könige geneigt, die
Geistlichkeit verhaßt, der Adel uneinig und keine ordent-
liche Regierung vorhanden war, so machte Christoph mit
den Lübeckern ungemein schnelle Fortschritte, gewann meh-
rere bedeutende Punkte, einen großen Theil Jütlands und
ganz Seeland, und zog am 16. Juli 1534 feierlich in Kopen-
hagen ein. Jndeß hatte König Gustav von Schweden seinen
Schwager Christian Hi. nachdrücklich unterstützt und Lü-
beck belagert. Der jütische und finnische Adel, durch die
Stimmung des Volkes für Christian Ii. gereitzt, und durch
Christophs Fortschritte bedrängt, erwählte den 14. Juli
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Extrahierte Personennamen: Georg_Wullcnwever
von_Lübeck Marcus_Meier Friedrichs Christian_Hi Christian_Ii Christoph
von_Oldenburg Muth Christoph Gustav_von_Schweden Gustav Christian_Hi Christian_Ii Christophs
Unglück und Rettung der Protestanten. 143
als bei den Protestanten, und erregte überall, wo es
eingeführt wurde, große Unzufriedenheit. Selbst der dem
Kaiser so sehr ergebne Churfürst Moritz nahm es auf ein
Gutachten seiner Theologen hin nicht an, sondern ließ durch
Melanchthvn und Andre in Betreff der Lehre und Kirchen-
zucht einen neuen Entwurf, das leipziger Interim,
verfertigen, zu dessen Einführung er sich anheischig machte.
In den sogenannten Mitteldingen, die man ohne Ver-
letzung der h. Schrift halten könne, meinte Melanchthvn,
müsse dem Kaiser Gehorsam geleistet werden, und hatte
darnm Vieles, was sich auf den Kultus bezog, aner-
kannt. Ein Theil der Fürsten gieng auf das augsburger
Interim halb freiwillig ein, die Städte wurden, hie
und da unter gewaltsamen Eingriffen in ihre Verfassung,
dazu gezwungen. Magdeburg allein leistete hartnäckigen
Widerstand: alle Verbannten fanden hier Zuflucht; heftige
Schriften, Schmählieder und Schandmünzen auf das In-
terim wurden von hier aus durch ganz Deutschland vcr,
breitet, und Flacius, ein eifriger Lutheraner, der die Lehre
von der Verdcrbniß menschlicher Natur auf die Spitze
trieb, fanatisirte das Volk in Magdeburg auf jede Weise.
Diese ungehorsame Stadt als Anführer eines Belagerungs-
heeres zu züchtigen, trug der Kaiser seinem getreuen Chur,
fürsten Moritz auf, ein Befehl, welchem dieser aufs be-
reitwilligste entsprach; denn er fand in Vollstreckung des-
selben ein Mittel, andre große Plane zu bedecken.
Ein so treuer Anhänger des Kaisers Moritz zu scyn
schien, so war doch das Stteben nach Landeshoheit in
seinem ehr- und herrschbegierigen Geiste allzu vorherrschend,
als daß er es gleichgültig mitangesehen hätte, wenn des
Kaisers Macht bis zu einem Punkte wuchs, wo es ihm
einfallen konnte, die vollen Kaiserrechte zurückzufordcrn, und
die Reichsfürsten in dasselbe Verhältniß zu setzen, worin
die Herzoge und Grafen von Spanien, Frankreich und
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Extrahierte Personennamen: Moritz Melanchthvn Moritz Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburg Deutschland Magdeburg Spanien Frankreich