Karl der Große.
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Sein Reich war ein Weltreich; er gebot über Germanen und Romanen.
Er war der Schirmherr der abendländischen Kirche, der Beschützer des abendländischen Christentums. Unter diesen Umständen erwachte der Gedanke, das abendländische Kaisertum, das im Jahre 476 sein Ende gefunden hatte, wieder zu erneuern. Im Jahre 800 weilte Karl in Rom, um die römischen Verhältnisse zu ordnen; denn der Papst Leo Hi. war im vorigen Jahre durch eine Gegenpartei aus der Stadt vertrieben worden und hatte nur unter dem Schutze eines fränkischen, von Karl abgesandten Grafen zurückkehren können. Damals setzte ihm am Weihnachtstage der Papst am Altar Katserder Peterskirche die Kaiserkrone auf das Haupt, und das Volk begrüßte Wänazt. ihn unter lautem Jubel als römischen Kaiser. So war ein Germane Nach- 800' folger der Cäsaren geworden. Nicht an Macht, wohl aber an äußerem Glanz erfuhr die Stellung Karls durch die Kaiserkrönung einen gewaltigen Zuwachs;
Rom aber zu erobern und die Kaiserkrone zu gewinnen, ist seitdem Jahrhunderte hindurch das Ziel der Sehnsucht für die deutschen Könige gewesen.
Karls Regententätigkeit.
§ 27. Karls Persönlichkeit. Karl war ein Herrscher, der mit genialer Per M. Einsicht und gewaltiger Tatkraft den verschiedensten Aufgaben, die ihm die twett‘ Regierung seines weiten Reiches stellte, gerecht wurde. Von seiner Persönlichkeit hat uns sein jüngerer Freund und Biograph Einhard ein Bild hinterlassen. Er war ein Mann von mächtigem Körperbau, festem Gang, schönem, grauem Haar und heiterem, gütigem Antlitz. Er erfreute sich bis in sein hohes Alter einer guten Gesundheit; durch Reiten, Jagen und Schwimmen härtete er den Körper ab; in Speise und Trank war er mäßig.
Er kleidete sich nach fränkischer Weise und konnte kaum je dazu vermocht werden, römische Kleidung anzulegen; seine Gewänder ließ er sich von den Frauen seiner Familie anfertigen. Er war ein Mann von gewaltiger Willenskraft und konnte in seinem Zorne furchtbar sein. Aber in ihm wohnte auch ein tiefes, inniges, deutsches Gemüt; er war ein zärtlicher Vater seiner Söhne und Töchter, die er ungern von sich ließ, ein guter Geselle seiner Freunde, freigebig und gütig gegen Fremde. Er war hochbegabt und konnte gut reden. Auch erfüllte ihn ein starker Drang nach Bildung; noch in höheren Jahren wünschte er nachzuholen, was man früher an ihm versäumt hatte, versuchte das Schreiben zu lernen und ließ sich in der Grammatik unterrichten. Mit seinen Freunden besprach er sich über gelehrte Dinge; selbst beim Mahle ließ er sich gern vorlesen. Dabei hatte er auch Sinn für die Heldensagen des deutschen Volkes und ließ sie sammeln; leider ist diese Sammlung unserer Zeit nicht erhalten geblieben.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Leo_Hi Leo Karl Karl Karls Karls Karls_Persönlichkeit Karls Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rom Altar_Katserder_Peterskirche Karls Karls
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die anderen. (Sr trug einen Elenskoller und einen grauen Hui mit grüner Feder. Sein Haar war blond, und ein starker Schnurrbart und spitzer Kinnbart zierten sein Gesicht. Freundlich blickten seine blauen Augen umher, und deutsche Grußesworte kamen aus seinem Munde. Man sah, er freute sich herzlich über den warmen Empfang der Erfurter, die mit Hüteschwenken, Tücherwehen und Kränzewerfen sich nicht genug tun konnten.
Aufenthalt in Erfurt: Vor seinem Absteigequartier wurde
er vom Erfurter Rate aufs ehrerbietigste begrüßt. Dann begab sich der König in seine Gemächer. Doch er rastete nicht lange. Schon nach kurzer Zeit erschien er wieder im Sattel. Er stattete dem Petersberg einen Besuch ab. An der Schwelle des Klosters begrüßten ihn knieend die frommen Brüder mit ihrem Abte. Freundlich hieß er sie ausstehen, entblößte selbst sein Haupt und setzte sich mit ihnen zur Tafel, zwanglos sich unterhaltend.
Noch drei Tage verweilte Gustav Adolf in der Stadt. In
dieser Zeit umritt er einmal den Stadtwall und besichtigte die
Eyriaksbnrg. Mancherlei Gedanken über eine stärkere Befestigung der Stadt sollen ihm dabei durch den Kops gegangen sein. Bevor er dann abreiste, mußte der Rat versprechen, solange der
Religionskrieg dauern würde, ihm treu und untertänig zu sein.
Weitermarsch: Am Montag wurde zum Ausbruch geblasen.
Vormittags zwischen 8 und 9 gings mit klingendem Spiel zum Brühlertor hinaus durch den Treienbrunnen nach Süden. Der
Weg führte über Molsdorf, Arnstadt, Ilmenau und Schlensingen ins Werratal und von da an den Main. (Nach Pros. Als. Kirchhofs.)
4-9. Gustav Adolfs Leutseligkeit.
Heute noch bewahrt die Riemer-Jnnnng in Erfurt ein Andenken auf, das Zeugnis von Gustav Adolfs Leutseligkeit gibt.
Als der König sich einmal von der „hohen Lilie" in den nahe gelegenen Gasthof „zum Propheten" (heute „Thüringer Hof") begab, um nach einem feiner Pferde zu sehen, hörte er aus einem Zimmer lautes Stimmengewirr. Er trat ein und erfuhr von den Versammelten, daß die Riemer-Innung soeben einen der Ihren zum Ritter schlage, d. h. nach bestandener Lehrzeit seierlich in die Gesellenschast ausnehme. Gustav Adols sragte, ob er zusehen dürste. Da dies aber nicht erlaubt war, wurde ihm bedeutet, daß er beiwohnen könne, wenn er selbst vorher zum Ritter geschlagen wäre. Der König willigte sreudig ein und wurde unter dem üblichen Gebrauch zum Ritter geschlagen. Er leerte auch den großen, tbm dargereichten Zinnpokal, den Willkommenbecher, und loste sich mit dem herkömmlichen Geschenk.
Noch zur Stunde hängt am „Willkommen" der Erfurter Riemer das ovale, vergoldete Schaustück, welches damals die Innung wohl aus des Königs Hand erhalten hat. Es zeigt auf der einen
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Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Molsdorf Arnstadt Ilmenau Werratal Main Erfurt
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währte er den neuen Landeskinder eine zehnjährige Steuerfreiheit. Seinem Rufe folgten wohl 20 000 Familien ans Schwaben,
Franken, Niedersachsen und der Schweiz. Den größten Zufluß
hatte das preußische Land aber aus Salzburg.
Not der Salzburger: Dort hatte der Erzbischof seinen evangelischen Untertanen besohlen, katholisch zu werden oder auszuwandern. Doch nur wenige bekehrten sich, die anderen wurden mitten im Winter ausgewiesen und lagerten einen Monat lang an der Grenze Bayerns aus freiem Felde. Sie wandten sich in ihrer Not an den König Friedrich Wilhelm, und dieser wurde ihnen ein treuer Helfer und Beschützer. In einer öffentlichen Bekanntmachung erklärte er sie für seine Schützlinge und bot ihnen
sein Königreich Preußen als Zufluchtsort und neue Heimat an.
Zug der Salzburger nach Preußen: Im Frühling 1732 machten sie sich mit Sack und Pack und Weib und Kind auf den Weg. Friedrich Wilhelm schickte ihnen Bevollmächtigte entgegen, welche ihnen täglich für den Mann 4, sür die Frau 3, sür ein Kind 2 Groschen Reisegeld zahlen und sie leiten mußten. Die Hauptzüge gingen, die Richtung auf Berlin hallend, ans verschiedenen Wegen durch Schwaben, Hessen, Sachsen und Thüringen.
Die Salzburger im Erfurter Gebiet: Hierbei berührten
einige Haufen das Erfurter Gebiet, und am 8. August 1732 zogen mehr als 800 Salzburger an der Stadt selbst vorüber. Sie kamen vom Steiger her über Daberstedt nach dem Schmidtstedtertor und gingen von da außerhalb des Krämpser- und Johannestores nach Ilversgehofen auf das Ried, wo sie sich lagerten.
Die Auswanderer, die meist zu Fuß kamen und Stäbe in den Händen hatten, sangen, während sie einherzogen, sromme Lieder, vor allem ihr Lieblingslied:
„Ich bin ein armer Exulant,
Also tu ich mich schreiben.
Man tut mich ans dem Vaterland Um Gottes Wort vertreiben."
Etliche der Salzburger trugen Kinder und kleine Wiegen auf dem Rücken. Die Männer waren mit kurzen Tuchjacken, weilen, unten zugebundenen Hofen und dickbesohlten Riemenschuhen bekleidet, die Frauen mit großen Strohhüten, kurzen Röcken und wollenen Miedern. Auf Wagen, die zum Teil mit ihren eigenen, großen und starken Pferden bespannt waren, führten sie Kranke, Altersschwache und Kinder nach. Keinen hörte man über die erduldeten Bedrückungen klagen, und die Bürger, die ihnen zum Empfang entgegengeeilt waren und sie begleiteten, konnten sich nicht genug über das „sehr gelassene, stille Wesen" der Salzburger wundern. Sie schenkten ihnen viel Geld, Bücher, Kleider, Schuhe und Strümpfe und brachten ihnen eine Sammlung von 570 Reichstalern, zu welcher die Geistlichen von der Kanzel herab aufgefordert hatten, nach Weißensee nach.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm August Steiger
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Niedersachsen Schweiz Salzburg Bayerns Berlin Schwaben Hessen Sachsen Johannestores Ried Gottes Weißensee
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galtst hielt gute Kameradschaft mit studierenden adeligen ^unfern die Geld hatten, und trieb viele und mancherlei Kurzweil zu' ihrer und des Volkes Belustigung. Durch das engste Gcißchen Ersnrts, dergleichen man nur in Venedig sieht, snhr er mit einem zweispännigen Fuder Heu, wodurch dieses Gaßchen fm alle Seiten den Namen „Doktor Fausts Gäßcheu" erhielt l'^chloiier-straße». Einst kam Faust aus einem Pserde geritten, das sort und fort sratz und nicht zu sättigen war, ein anderes Mal zapfte er allerlei Weine aus einem hölzernen Tische und gaukelte den trunkenen Sechgesellen Trauben vor, die sie abschneiden wollten, uu Faust aber die Blendung schwinden ließ, hatte einer des anderen Nase statt der Weintraube in den Fingern. Ein Han^ in der Schlössergasse soll oben im Dache immer noch eine Oefsnung haben, die nie mit Ziegeln zugelegt werden kann, weil Faust durch dieselbe seine Mantelsahrten zu richten pflegte.
Solche Künste weckten freilich manches Mißtrauen. Man witterte etwas teuflischen Schwefelduft um den Magus (Zauberer) und sandte ihm einen gelehrten Mönch, Dr. Klinge genannt, aus den Hals, mit dem er sich unterredete und der ihn so in Harnisch brachte, t,af? er ausrief: „Wenn einem der Teufel das Wort halt, 10
muß man auch dem Teufel das Wort halten!" Da verwünschte Dr. Klinge Fausten und bewog Stadtrat und Universität, den gefährlichen Mann auszuweifen. Bei der Ausweisung selbst spielte Faust aber dem Rat noch einen Streich, indem er sich hartnäckig weigerte, die Stadt zu verlassen. Als man ihn darauf fangen und mit Gewalt aus der Stadt bringen wollte, ritt Faust auf einem feurigen Rappen über die Köpfe feiner Bedränger hinweg und fetzte dabei über das verschlossene Sckmidtstedtertor. Seitdem soll nie wieder zu Erfurt ein Herenmeister aufgekommen
W. Bechstein.
lern.
47. Das Erfurter liand im Dreißigjährigen Krieg.
Wie feiten eine Stadt hat Erfurt unter den Plagen des
Großen Krieges zu leiden gehabt. Die Fruchtbarkeit feiner Umgebung, der ausgedehnte Handel feiner Kaufleute, kurz der
Ruf feines Reichtums lockte immer wieder neue Kriegsscharen zur Einlagerung herbei.
Böhmische Ausreißer im Erfurter Gebiet: Kaum war
der böhmische Aufstand vorüber, da erschienen auchjehon Ausreißer und Abgelohnte von dort im Erfurter Gebiet. Sie machten die Landstraßen unsicher, brandschatzten die Wanderer und raubten dem Bauern das Pserd vom Pfluge. Der Rat sah sich daher ge-
zwungen, seine Reisigen gegen sie auszusenden. Ltnrmgelänt von den Türmen der Dorskirchen und Notschüsse von weit ins Land schauenden Bergeshöhen mußten ihr Nahen verkünden.
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Rückgang der Bevölkerung: Gleich schlimm war es um
die Einwohnerzahl bestellt. Von den 286 Seelen des Dorfes Dachwig im Jahre 1640 waren drei Jahre später nur noch 109 am Leben. Pfarrer Ludwig, der Chronist, fügt seinem Berichte die ernsten Worte bei: „Da hieß es recht, wir sind fast dünne worden." Ein einziger Schulknabe war im Ort, der bei Begräbnissen vor dem Geistlichen und Lehrer hergehen, das Kreuz tragen und singen mußte, was er nur konnte, denn „das war die ganze Reihe". — In der Stadt selbst sah es nicht besser aus. Ihre Einwohnerzahl betrug beim Ausbruch des Krieges wohl gegen 20000, von denen 1632 noch 13 593 am Leben waren, wie die damalige „Volkszählung" ergab. In den Jahren 1635—1639 hatte bei einer Geburtenzahl von 3026 die Totenziffer eine Höhe von 8307. Der Tod hatte eine reiche und leichte Ernte gehalten in dem kurzen Zeitraum von vier Jahren; dazu war die Stadt noch mit Kranken, Elenden und Obdachlosen überfüllt. Ueber die Hälfte der Gestorbenen hatte kein eigenes Heim; im Armenhaus stand für sie die Totenbahre.
Grotze Not der Bevölkerung: Von Jahr zu Jahr hatte
sich die Not gesteigert. Der obengenannte Chronist singt uns sein eigenes Klagelied: „Mir ging's über dem gar elendiglich, und
habe ich manche Predigt getan, habe aber keinen Bissen Brot gewußt, auch wohl bis gegen Abend mit den Meinigen auf Brot warten müssen." Kornbrot war eine Seltenheit. Statt dessen wurde Hafer- und Gerstenbrot gebacken, und froh war über die Matzen der, welcher allzeit satt und genug daran hatte. Viele mußten sogar mit Hirseustaub, Kleie und Leinkuchen sürlieb nehmen. Fleisch war zuletzt ganz unbekannt, nachdem auch die Katzen und Hunde ausgezehrt waren. Das letzte Pferd wurde zu Dachwig im Jahre 1639 verzehrt; ein Schönheitsfehler — es war „krumb-halsig" — hatte es bisher vor der Mitnahme durch die Soldaten bewahrt. Als es starb, konnte der Abdecker kaum Ruhe haben, bis die Haut herunterkam. Noch in seinem Beisein wurde das Fleisch gekocht und gebraten und dann gegessen.
Verwüstung der Fluren: Die üppigen Fluren der Erfurter Dörfer lagen vollständig verwüstet da. Schon im Jahre 1639 waren von der ganzen Dachwiger Dorfflur nur noch 72 Acker bestellt. Ihre Fruchtbarkeit neu zu erschließen, gebrach es an Menschenhänden und an Vieh. Statt daheim hungern zu müssen, zeitweise wohl gar Gras oder Laub zu zehren, hatte die halbwüchsige Dorfjugend die heimatliche Scholle verlafsen und war der Werbetrommel gefolgt. Selbst die Alten wurden noch ihrem Grund und Boden, auf dem der Anbau mehr kostete, als die Ernte einbrachte, untreu; auch sie dachten:
„Frisch gewagt, beherzt und wacker,
Der scharfe Säbel ist mein Acker,
Und Beutemachen ist mein Pflug,
Damit gewinn ich Geld genug."
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fam vor der Abfahrt der kurfürstliche Koadjutor (hoher Geistlicher, der dem Erzbischof beigegeben ist) von Erfurt unvermutet zum Besuche. Der Koch, welcher zu einem Mittagsmahle nichts angeschafft hatte, war in größter Verlegenheit. Götter aber ließ ihm sagen, so lange noch ein Kalb sich finden lasse, dürfe man nicht ängstlich sein; seine Erfindungsgabe werde schon die nötige Anzahl Gerichte daraus zu bereiten wissen. Der Koch ließ das einzige im Stall vorhandene Kalb schlachten und brachte davon nicht weniger als zwanzig Gerichte aus die Tasel, während ein reitender Bote beim Herzog in Gotha eiligst den Besuch absagen mußte. — Bald zog eine Jagdgesellschaft unter Hörnerklang zum Tor hinaus, bald hallte der Park wieder von der derben Fröhlichkeit zusammengerufener Dorfbewohner, an deren Treiben sich die Schloßgefellfchaft ergötzte. Bei solch ausgelassener Freude wurde mancher unsinnige Scherz getrieben. So wurde einmal gewettet, daß ein Molsdorser Danerlänser den Weg nach dem 50 Stunden entfernten Hannover in 36 Stunden hin- und zurückkaufen werde. Die Wette wurde gewonnen, aber der Läufer brach bei der Rückkehr vor dem Dorfe tot zusammen.
Der Einsiedler-Orden: Manches würden uns die alten
Bäume, wenn sie plaudern könnten, noch zuflüstern von nächtlichen Sommergelagen und Göttersesten, vom Spiele der Reisröcke und Edelleute, der Schäfer und Schäferinnen, sie würden uns auch berichten, von den Versammlungen der Mitglieder des Einsiedleroder Eremiten-Ordens. Die feingebildete und sittlich reine Fürstin Luise Dorothea von Sachsen-Gotha veranlaßte ihren Gemahl, den „Ordre Bes Hermites de bonne humeur“ zu gründen. „Weil die Freude am meisten zur Gesundheit beiträgt", sollte in dieser Vereinigung nach dem Wunsche der Fürstin nur die Freude gepflegt werden, die reine Freude, die ungetrübtes Glück bringt und frohe Erinnerung zurückläßt. Mit dem Rufe „Vive la joie“, dem Wabl-fprnch des Ordens, begrüßten sich seine Mitglieder auch in Mols-dors, dessen Besitzer ihm angehörte. Im braunen Seideugewande mit Gürtel, den Strohhul mit rosa Bändern geschmückt, aus der Brust das Ordenszeichen mit der Devise (Wahlspruch) „Vive la joie“ und in der Hand einen rosasarbig gebänderten Schäserstab, so erschienen Damen und Herren als Schwestern und Brüder ohne Rangunterschied zur verschwiegenen Freudenfeier bei Schmaus, Spiel, Gesang und Tanz. Die Unterhaltung wurde in französischer Sprache geführt, und jedes Mitglied erhielt einen sein Wesen bezeichnenden, französischen Namen. Götter war „Frere tourbillon“ «Bruder Sausewind). Mit dem Ausbruche des siebenjährigen Krieges erlosch dieser lustige Orden. Seine Devise aber und manche wunderliche Erzählungen über das Treiben seiner Mitglieder leben noch im Volke, und unter den Frauenbildnissen, die dem Damenzimmer im Molsdorser Schlosse den Namen gegeben, ist heute noch das Bildnis der Herzogin Luise Dorothea in der Tracht des
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Die 1 Lchreckeusnacht: Die dem Einzug folgende Nacht
war eine der schrecklichsten, welche die Bürger Erfurts erlebten. Kein Schlaf kam in ihre Augen. Die meisten von ihnen halten mit den einquartierten Kriegern, die sich wie die Herren gebärdeten, richtige Kämpfe zu bestehen. Man hörte nichts wie Jammergeschrei und lautes Wehklagen der Hauseigentümer, die von ihren unwillkommenen Güsten gequält und mißhandelt wurden. Der Rat blieb die Nacht über auf dem Rathause versammelt, um die Forderungen, die von den sranzösischenbefehlshabern gestellt wurden, zu erledigen. Zuletzt erschien noch ein General und verlangte binnen 12 Stunden 40 000 Reichstaler, widrigenfalls er die Stadt an allen 4 Ecken anzünden lassen würde. Sogleich wurden die Pfarr-hauptleute (Pfarrgemeindevorstände) und Nachtwächter aufs Rat> haus befohlen und dort beauftragt, die neue Schreckenspost von Haus zu Haus zu verkündigen und jeden aufzufordern, alles bare Geld zusammenzupacken und aufs Rathaus zu schaffen. Mit bleichen, verstörten Gesichtern, in denen die Angst aus allen Zügen blickte, eilten bald darauf aus allen Straßen und Gassen die Bürger mit ihren Geldvorräten anss Rathaus, um damit die Habsucht der übermütigen Sieger zu besriedigen. Jeder erhielt für sein Geld eine Bescheinigung. Mancher Arme brachte schon in dieser Nacht den letzten Notpfennig, den er für schwere Zeilen zurückgelegt hatte, und opferte ihn auf dem Altar des Vaterlandes. Da zugleich eine beträchtliche Anzahl Schuhe und Strümpfe gefordert worden war, so sah man auch die Schuhmacher und Strumpfwirker von allen Seiten mit ihren Vorräten herbeikommen. Am Mittag des folgenden Tages war die verlangte Summe zum größten Teil beisammen: da kam zum Glück sür die Stadt der vom Kaiser Napoleon ernannte Stadtkommandant an und erklärte die Forderung für unstatthaft. Er empsing die Behörden der Stadt äußerst gnädig und versprach, so viel als möglich die unumgänglichen Lasten des Krieges erträglich zu machen.
Erfurt unter französischem Schutze: Am 30. Oktober,
abends gegen 6 Uhr, wurde dann unter Trompeten- und Paukenschall in Gegenwart des neuen Kommandanten und der versammelten französischen Behörden vor dem Rathaus der Bürgerschaft bekannt gemacht, daß der Kaiser die Stadt und das Gebiet Ersurt, sowie das Fürstentum Eichsseld und die Grasschast Hobenstein unter seinen Schutz genommen habe. Zugleich wurde den Untertanen Sicherheit ihrer Person und ihres Eigentums durch das französische Militär verheißen. In der folgenden Nacht wurden alle preußischen Adler von den öffentlichen Gebäuden und Plätzen entfernt. Doch erst ein Jahr später, nach dem Frieden von Tilsit, legte der König von Preußen seine Rechte über die Stadt und ihr Gebiet nieder. Am 30. September 1807 verabschiedete er sich von seinen Erfurtern mit herzbewegenden Worten.
(Nach Eonst. Beyer.)
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in demselben Augenblicke erweckte das Signal „Das Ganze avancieren" alles zu neuem Leben. Das entsetzliche Ausharren im Hola-Walde hatte ein Ende. Mit Hurra stürzten die Kompanien vor und nahmen an der Verfolgung des Feindes teil.
Dank des Königs: Es mochte gegen 5 Uhr nachmittags sein, als der König an die Bataillone Bose herangesprengt kam und ihnen „Guten Abend" bot. In diesem Augenblicke brach bei allem der Jubel durch, und Freudentränen stürzten aus manchem Auge, als der König ries: „Kinder, das war ein schöner Sieg! Ich danke Euch!"
Die Nacht nach der Schlacht: Gegen 6 Uhr abends wurde aus den Höhen von Lipa Biwak bezogen. Wohl kamen nach fast 20stündiger Anspannung aller Kräfte die müden Leiber zur Ruhe, die Gemüter aber waren zu erregt, um erquickenden Schlaf zu finden. Die empfangenen grausigen Eindrücke waren zu frisch und das Biwak auf dem weiten, von Leichen und Verwundeten übersäten und von 13 brennenden Ortschaften erleuchteten Schlachtfelde gar zu schrecklich. Manches Auge schloß sich nicht in der Sorge um liebe Kameraden und Verwandte, von deren Schicksal man nichts wußte. Auch fehlte es an jeder Verpflegung. Wer nicht selbst einen Bissen Brot oder Zwieback in der Tasche hatte oder von mitleidigen Kameraden erhielt, mußte sich mit leerem Magen auf die feuchte Erde legen.
So war denn im Biwak, trotz aller Siegesfreude, die Stimmung eine recht ernste, als in später Stunde von Ehlurn her die ewig herrliche Weise: „Nun danket alle Gott" ertönte. Von Lager Zu Lager getragen, beruhigte sie die Gemüter und erfüllte sie mit Dank und Demut gegen Gott, den Lenker der Schlachten und Geschicke. (Nach den Neg.-Gesch. d. 31. u. 71. Jnf.-Reg.)
88. Das Treffen von Blumenau-Prefjburg.
22. 3uli 1866.
Vormarsch auf Pretzburg: Bei der Verfolgung der Völlig geschlagenen österreichischen Armee stießen unsere Erfurter Regimenter erst in Ungarn wieder auf den Feind. Auf den Hohen von Blumenau-Preßburg, im waldigen Gelände der Kleinen Karpathen, zeigte er den Unseren abermals die Stirn.
General v. Bose versuchte es dort, mit seinen 31ern und 71ern auf getrennten Wegen die feindliche Stellung zu umgehen. Die Führer waren Slowaken, Holzhackcr in weißen Mänteln, die mit Stricken gebunden vorn an der Spitze geführt wurden. Ihnen zur Seite schritt ein Unteroffizier, der den Befehl hatte, sie sofort niederzuschießen, wenn sie einen Fluchtversuch machen oder die Reihen in einen Hinterhalt führen würden. Der Marsch führte durch dichtes Waldesdunkel. In häufigen Biegungen ging es beständig bergauf und bergab, über steile Hohen und tiefe Schluch-
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tränkchen an. Da war ein Zauberer, der die Kunst verstand, ganz neue Erfurter Pfennige aus der Luft zu holen. Trotzdem er das Kunststück unzählige Male wiederholte, verschmähte er es nicht, sich an die Gaffer heranzudrängen und um einen Scherf (Münze für den Kleinhandel statt der früher halbierten Grofchen) zu betteln. Daneben stand ein fahrender Geistlicher aus einem Gerüst und sang feine weltlichen Lieder zur Leier, daß die Leute, die ringsum standen, sich anstießen und schier vergehen wollten vor Entzücken. Das Spaßmachen aber hatte nur den Zweck, die Leute anzulocken. Sobald der würdige Mann genügend Volk um sich versammelt sah, hub er an, seine Wundersalbe gar gewaltig zu preisen. Das war eine Salbe, die Blinde sehend machen konnte, auch solche, die zwar helle Augen hatten, Verrat und Untreue jedoch nicht wahrzunehmen vermochten. Sie sollten, wenn sie daheim die Salbe sich auf die Augen schmierten, wirkliche Wunderdinge erleben. Mit solch einer Salbe konnte man in die Erde sehen und verborgene Schätze entdecken, ganz so, als stünde überall ein Laternlein, daß man sie ja sinde. Man konnte durch Mauern und Wälle, man konnte sogar in den Himmel sehen und sich davon überzeugen, wo die lieben Verstorbenen eigentlich saßen. Waren sie oben, dann konnte man Opfer und Messen als nutzlos sparen. Freilich: das zeigte sich alles erst nach vierundzwanzig Stunden, und dann war der Wundermann aus den Toren.
Die Leute kauften, obgleich einer, der nebenan auf einem andern Gerüst stand, weidlich über den Geistlichen schimpfte und dringend empfahl, nicht die Salbe, sondern sein Fläschlein zu kaufen. Ein paar Tropfen aus ihm wandelten jedes Metall in echtes Gold. Der redliche Mann gab nur aus reiner Menschenliebe dem, der's haben wollte, ein Fläschlein ab. Denn das mußte doch jeder einsehen: ein Mann, der solch einen Schatz sein eigen nannte, hatte nicht notwendig auf dem Markte zu stehen und sich den Hals auszufchreieu. Er schrie sich aber trotzdem heiser nach Kräften und drängte Bauern, Bürgern und Edelleuten den besagten Schatz auf. Nahe dabei war in einem Zelt ein Wundertier zu sehen: ein Kalb, das zwei Leiber mit acht Beinen hatte, von denen zwei aus dem Rücken gewachsen waren und höchst zwecklos in der Luft baumelten. Die beiden Leiber aber hatten nur einen Kopf und ein Maul, dafür aber zwei Zungen. Schade nur, daß das Kalb tot war. Man hatte den Teufel gesehen, wie er dem Tier gleich nach der Geburt zum Halse herausgefahren war. Darauf hatte das Tierlein sich hingelegt und war stracks wieder aus der Welt geschieden. Es war also nur des Teufels Wohnstatt gewesen, und aus diesem klaren Grunde durfte man nicht zu nahe herankommen, solch eine Höllengebnrt mußte man hübsch aus der Ferne und mit Schaudern sehen. —
Solcher Herrlichkeiten gab es noch viele. Dazwischen trieb sich allerlei Bettelvolk umher, das sich durch die Nähe des Henker*
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Hauses nicht schrecken ließ. Auch Dudelsackpfeifer und Fiedler, Ringer und Klopffechter (gewerbsmäßige Fechter) waren da, und unter all dem Volk suchten die Leute ein Vergnügen, die ihre Geschäfte erledigt hatten oder sonst nichts Besseres zu tun wußten.
(Nach L. Rohmann.)
34. Erfurt als Markt- und ßandelsstadt.
Vor der Stadt: Auf der breiten Landstraße, die von Erfurt aus nach dem norddeutschen Tiefland läuft, bewegte sich an einem Spätsommertage des Jahres 1522 ein stattlicher Warenzug. Nicht weniger als 27 zweiräderige Karren zählen wir, die von 54 kräftigen Gäulen gezogen und von rüstigen Knechten geleitet werden. Die Güter wurden in Hamburg für Rechnung einiger Nürnberger Handelsherren verfrachtet.
Menschen und Pferde sind müde von der weilen, heute zurückgelegten Strecke längs der sumpfigen Geraaue (Bett der Schmalen Gera); doch müssen alle Kräfte angespannt werden, um noch bei Tageslicht die Erfurter Stadtmauer zu erreichen. Schon steht die Sonne tief am Himmel; sie glänzt auf dem Dache von „Unserer lieben Frauen" (Dom) und von Skt. Sever, die sich scharf vom südwestlichen Himmel abheben. Ringsum dehnen sich reifende Getreidefelder aus, dazwischen sind weite Strecken mit den grünen Blattrosetten des Waids bedeckt. Die Ausläufer der Fahnerschen Höhe, die nahe an der Stadtmauer nach der Gera zu abfallen, und die Abhänge des Petersberges umgrünen üppige Weinberge. Jetzt hebt sich das mehrtürmige Johannestor deutlich vom Mauerring. Von Nordwesten her mündet die Nordhäuser Straße ein in unsern Weg; sie führt manchen Kaufmannszug — einzelne Karren und ganze Gesellschaften — dem gleichen Ziele zu: der vieltürmigen, weitberühmten Thüringer Handelsstadt Erfurt. Dicht vor dem Tore wird das Gedränge noch merkbarer; ein Trupp Gewappneter, die den Erzbischof von Magdeburg über den Thüringer Wald geleiten wollen, hat uns überholt. Voraus reitet der sächsische Obergeleitsmann mit dem weißen Stabe im Namen seines Herren, des Kurfürsten. Sie dürfen zuerst das Tor passieren. Dann muß der Hauptmann unseres Zuges die „Politen" (s. S. 95) vom letzten Geleitsort vorweisen, und endlich rollen die schwerfälligen Karren durch das mächtige Torgebäude.
Auf der Krämerbrücke und im Kaufhaus: Aber noch ist
den müden Reisenden keine Ruhe gegönnt. Zwar ziehen die Pferde, die wohl wissen, daß ihrer ein warmer Stall wartet, nach Kräften vorwärts, fast zu rasch für unser Verlangen, die Auslagen der Kaufmannsgaden: Tuch und Leinen. Schuhwerk und „essende Ware", vor allem aber die tausenderlei Arten fremdländischer Kostbarkeiten der Krämerbrücke in Augenschein zu nehmen; wir aber müssen uns schleunigst nach dem Ueberschreiten dieses
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Extrahierte Personennamen: Fiedler L._Rohmann
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Erfurt Hamburg Gera Magdeburg