Karl der Große.
27
Sein Reich war ein Weltreich; er gebot über Germanen und Romanen.
Er war der Schirmherr der abendländischen Kirche, der Beschützer des abendländischen Christentums. Unter diesen Umständen erwachte der Gedanke, das abendländische Kaisertum, das im Jahre 476 sein Ende gefunden hatte, wieder zu erneuern. Im Jahre 800 weilte Karl in Rom, um die römischen Verhältnisse zu ordnen; denn der Papst Leo Hi. war im vorigen Jahre durch eine Gegenpartei aus der Stadt vertrieben worden und hatte nur unter dem Schutze eines fränkischen, von Karl abgesandten Grafen zurückkehren können. Damals setzte ihm am Weihnachtstage der Papst am Altar Katserder Peterskirche die Kaiserkrone auf das Haupt, und das Volk begrüßte Wänazt. ihn unter lautem Jubel als römischen Kaiser. So war ein Germane Nach- 800' folger der Cäsaren geworden. Nicht an Macht, wohl aber an äußerem Glanz erfuhr die Stellung Karls durch die Kaiserkrönung einen gewaltigen Zuwachs;
Rom aber zu erobern und die Kaiserkrone zu gewinnen, ist seitdem Jahrhunderte hindurch das Ziel der Sehnsucht für die deutschen Könige gewesen.
Karls Regententätigkeit.
§ 27. Karls Persönlichkeit. Karl war ein Herrscher, der mit genialer Per M. Einsicht und gewaltiger Tatkraft den verschiedensten Aufgaben, die ihm die twett‘ Regierung seines weiten Reiches stellte, gerecht wurde. Von seiner Persönlichkeit hat uns sein jüngerer Freund und Biograph Einhard ein Bild hinterlassen. Er war ein Mann von mächtigem Körperbau, festem Gang, schönem, grauem Haar und heiterem, gütigem Antlitz. Er erfreute sich bis in sein hohes Alter einer guten Gesundheit; durch Reiten, Jagen und Schwimmen härtete er den Körper ab; in Speise und Trank war er mäßig.
Er kleidete sich nach fränkischer Weise und konnte kaum je dazu vermocht werden, römische Kleidung anzulegen; seine Gewänder ließ er sich von den Frauen seiner Familie anfertigen. Er war ein Mann von gewaltiger Willenskraft und konnte in seinem Zorne furchtbar sein. Aber in ihm wohnte auch ein tiefes, inniges, deutsches Gemüt; er war ein zärtlicher Vater seiner Söhne und Töchter, die er ungern von sich ließ, ein guter Geselle seiner Freunde, freigebig und gütig gegen Fremde. Er war hochbegabt und konnte gut reden. Auch erfüllte ihn ein starker Drang nach Bildung; noch in höheren Jahren wünschte er nachzuholen, was man früher an ihm versäumt hatte, versuchte das Schreiben zu lernen und ließ sich in der Grammatik unterrichten. Mit seinen Freunden besprach er sich über gelehrte Dinge; selbst beim Mahle ließ er sich gern vorlesen. Dabei hatte er auch Sinn für die Heldensagen des deutschen Volkes und ließ sie sammeln; leider ist diese Sammlung unserer Zeit nicht erhalten geblieben.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Leo_Hi Leo Karl Karl Karls Karls Karls_Persönlichkeit Karls Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rom Altar_Katserder_Peterskirche Karls Karls
Geschichtliches Lehrbuch
für
öhere Mädchenschulen
von
Dr. Friedrich Neubauer,
Direktor des Lessing-Gymnasiums in Frankfurt a. M.
Ausgabe B.
m. Feil.
Deutsche Hefchichte im 'gxxuetatiex. Mit 30 Abbildungen.
Sechste, nach den Lehrplänen vom 13. Dezember 1908 umgestaltete Auslage.
(16. bis 20. Tausend. ,
Halle a. d. S.
Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses.
1909.
Georg-Eckert-Instltut
für internation'le Schu’buchf orschun9
Braunschweig Inventarisiert unter
vssbibuothek" Isb! - Rr ti 7 H-5~
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Neubauer Friedrich
— 181 —
nutzt, teils als Ruinen ba.1) — Das vor Jahrhunderten berühmte Erfurt war zu einer bescheibenen Mittelstabt herabgesunken.
(Nach Dr. Alfreb Overmann n. a.)
63. Schiller in Erfurt.
Zugult und September 1791.
1. Aufenthalt in Erfurt: Schon zu Ansang 1791(31. Dez. 1790 bis 11. Jan. 1791) hatte Schiller mit seiner Gemahlin von Jena aus für kurze Zeit in Erfurt geweilt. Leiber knüpften sich für den Dichter an biesen Besuch sehr trübe Erinnerungen, ba ihn ein heftiges Katarrhfieber zwang, für einige Zeit Bett und Zimmer zu hüten. Doch suchten ihm seine Erfurter Frennbe die Lei-benszeit so erträglich wie möglich zu machen, und auch der Koab-jutor Karl Theobor v. Dalberg besuchte ihn mehrmals.
Rückkehr nach Jena: Bereits am 11. Januar kehrte Schiller nach Jena zurück, die Tage bebauernb, die er in Erfurt durch feine Krankheit verloren hatte. Gegen Frau v. Stein, die innigen Anteil an feinem Leiben nahm, hat er sich später bcchin geäußert, daß er bei dem Anfall geglaubt Hätte, sterben zu müssen. Die Kräfte stellten sich nur langsam wieber ein, ja, es fehlte sogar nicht an Rückfällen. Schon acht Tage nach feiner Rückkehr erkrankte Schiller von neuem, und ein starkes Fieber entkräftete ihn so, daß die geringste körperliche Anstrengung ihm eine Ohnmacht zuzog. Doch gelang es der liebevollen Pflege seiner Gattin und den sorgsamen Bemühungen zweier Aerzte, das Gespenst des Knochenmannes abermals zu bannen, und mit der erneuten Lebenslust erwachte in Schiller auch von neuem der Wunsch, sür zwei bis brei Monate zu seinen Frennben nach Erfurt zurückzukehren.
Vorbereitungen für den 2. Aufenthalt: Er beauftragte
darum unterm 21. Mai brieflich den Professor Dominikus, ihm eine passenbe Wohnung von einigen Zimmern und etwa 3 Kammern in einem Privathause zu besorgen, weil ihm ein so langer Ausenthalt im Gasthofe zu teuer käme. Doch bürste das Logis nicht zu weit von der Hofstatt (b. i. der Statthalterei, dem heutigen Re-gieruugsgebäube) entfernt liegen. Als Mietspreis bestimmte Schiller monatlich 7—8 Taler; im ganzen wollte er, wenn er brei Monate bliebe, bafür 4—5 Louisbor (Golbstück = 20 Frank) anlegen.
Abermaliger Aufenthalt: Zunächst freilich nutzte Schiller
nach Karlsbab zur Kur, so batz er erst im August mit seiner Gemahlin zur Nachkur in Erfurt eintreffen konnte. Beibe haben dann
i) Heute ftnb von diesen nur noch die Aegidienkirche und die Türme bet Bartholomäus- (Anger), der Johannis- (Johannesstraße), Nikolai- (Augustiner* strafte', Georgs- (Geotqsgctffe) und Paulskirche (T'aulstraße) vorhanden.
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Extrahierte Personennamen: Alfreb_Overmann Schiller Schiller Karl_Theobor Karl Dalberg Schiller Schiller Dominikus Schiller Frank) Schiller August
— 137 —
die Fahrt im Lenzessonnenschein. Am 2. Mai langte er abends in Eisenach an, von wo er 20 Jahre zuvor als fröhlicher Student gen Erfurt gewandert war. Ausgestoßen aus der Kirche und gebannt vom Papste, doch umjubelt vom deutschen Volke, kehrte er zurück.
Von Eisenach ging die Fahrt weiter durch den Thüringer Wald. Nichts lag da näher, als daß er einen Abstecher nach Möhra, der elterlichen Heimat, unternahm, um die Verwandtschaft zu besuchen. Er war Gast bei Heinz Luther, dem Bruder seines Vaters, und verkündete in der Dorfkirche das Wort Gottes, wie er es auch in Eisenach getan hatte. Bei seiner Abreise gaben ihm Verwandte und Freunde das Geleit bis Allenstein und nahmen beim Anbruch der Nacht innigen Abschied.
Ueberfall bei Altenstein: Nun gings in den tiefen, dun-
keln Wald. Zu beiden Seiten des engen, tiefen Hohlweges ragten hohe, dichtbewaldete Hügel empor. Dumpf rauschten die Wipfel der Tannen, und über krachendes Gezweig stob flüchtiges Rot-wild. Es war schier unheimlich; der schreckhafte Ordensbruder fuhr bei jedem Geräusch zusammen. Auf einmal vernahm man das Schnauben von Rossen und das Klirren von Harnischen. Da sprengten auch schon in höchster Eile gepanzerte Reiter mit geschlossenem Visier (Helmgitter) daher. Bei einer großen Buche in der Nähe eines Brunnens stießen sie aufeinander und umringten die Wagen. Der Ordensbruder schrie Mordio und ergriff eilends die Flucht. Amsdorf, in den Plan eingeweiht, erging sich, um den Fuhrmann zu täuschen, in lauten Schmähungen über die frechen Straßenränder. Diese aber bedrohten mit gespannter Armbrust den zitternden Wagenlenker, ihnen zu sagen, welcher der ruchlose Ketzer sei. Scheltend und fluchend rissen sie dann Luther aus dem Wagen und eilten mit ihm tiefer in den Wald. Amsdorf aber schrie immer lauter über die angetane Gewalt, indes die Reiter verschwanden.
Anfangs mußte Luther zu Fuß folgen, dann aber setzten sie ihn aufs Pferd. Um falsche Fährte zu hinterlassen, sprengten sie zuerst gen Morgen und kreuz und quer durch den Wald, bis sie nordwärts die Richtung nahmen. Außer Hörweite des Fuhrmanns behandelten die fluchenden Gesellen ihren Gefangenen überaus fein und höflich und ritten mit ibm gegen 11 Uhr in der Nacht durch das Tor der Wartburg.
Auf der Wartburg: Der Schloßhauptmann Hans von Berlepsch zog das Barett und begrüßte den Gast sehr ehrerbietig als Herrn Junker Georg. Sorgsam wachte er auch darüber, daß das Geheimnis der Person des fremden Ritters gewahrt blieb. — Eine goldene Kette schmückte nun Luthers Brust, und bald umrahmte ein stattlicher Vollbart sein Antlitz. Bei Wanderungen in die Umgebung, beim Ausritt in die Wälder und auf dem Wege nach der Stadt begleitete ibn, der dann wie ein Ritter das Schwert
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Extrahierte Personennamen: Heinz_Luther Altenstein Fuhrmann Schloßhauptmann_Hans_von_Berlepsch Georg
— 147 —
konnten, das wurde von den Frauen und Kindern für spätere Zeiten in Zubern nach Haufe geschafft.
Leider find damals viele wertvolle Schriften vernichtet worden. Der Chronist berichtet: „Unnd über das alles, so zerrissen die baur und die mit inen waren uf sankt Walpurgen tagk in der Lauwengassen mehr dan zwene wagen soll bucher und wurffens auss den heussern auff die gassen; die trugen der burger gesynnde in grossen korben heym. Als dieselben am besten die zerrissenen bucher auffluden unnd in die korbe tratten unnd an die seyle wie man strau byndent, da erhübe sich ein wynndt wirbell unnd füret die zerryssene bucher, brieffe und bappire auff in die hohe über alle heuser hynwegk, das mans eyn theyll in den wyngartte an den pfehlen hernach gefunden.“
Erfurt erklärt sich für unabhängig von Mainz: In dieser Zeit des Aufruhrs hörte die amtliche Tätigkeit des Rates auf. Viele der Ratsherren blieben aus Furcht vor der aufgeregten Menge dem Rathaufe fern, einige ergriffen sogar die Flucht. Das Wahrzeichen der mainzifchen Landeshoheit, das steinerne Bild des heiligen Martin vor dem Rathaufe, wurde zerschlagen und auch die sonstigen Hoheitszeichen des Erzbifchofs entfernt. Die Stelle des Rates vertraten jetzt zwei Ausschüsse: einer für die Bürgerschaft auf dem Rathause, der andere sür die Bauern auf dem Petersberge. Auch das alte Ratsfiegel wurde durch ein neues ersetzt. Man wollte nicht mehr „die getreue Tochter des Mainzer Stifts" fein (f. S. 5 und Nr. 16) und fetzte an die Stelle des heiligen Martin den Heiland, thronend auf dem Regenbogen, und dazu die Umschrift: Recte iudicate filii hominum ut non
iudicemini“. Das Vorbild dazu hatte man im Rathaus selbst gefunden, wo über der Tür zum Sitzungszimmer des Rates Christus als Weltenrichter auf dem Regenbogen zu schauen war. Das Gemälde zeigte dieselbe lateinische Umschrift. Der Ansicht der aufgeregten Volksmenge entsprach es vollständig, daß die Leiter der Bewegung jenes Gemälde als Sinnbild für das neue Siegel der Stadt wählten. Der Rat sollte immer an die strenge Ausübung einer unparteiischen Gerichtspflege erinnert werden: „Richtet recht Menschenkinder, daß ihr nicht gerichtet werdet." — Ferner wurde die neue Lehre eingeführt. In sämtlichen Kirchen der Stadt, von denen man die kleinsten schloß, wurde evangelischer Gottesdienst gehalten; katholischer dagegen war bei Strase selbst in Klöstern und Stiftern verboten (f. Nr. 41).
Rückschlag: Nach acht Tagen kehrten die Bauern an den
heimischen Herd zurück, hoffend, daß ihre Forderungen erfüllt werden würden. Und der Rat tat auch, was er konnte. Aber schon nach Monatsfrist wurde das alte Regiment wieder eingesetzt. Da kam auch der hinkende Bote für die Bauern nach. Sie mußten die Zeche bezahlen: jeder, der beteiligt gewesen war, hatte für den angerichteten Schaden 10 Gulden Strafe zu entrichten.
io*
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I. Europa. — 2. Das Deutsche Reich.
73
§ 112. Durch die Thüringische Pforte, die Lücke zwischen Hainich
und Thüringer Wald, geht die Eisenbahn über Gotha—erfurt—weimar
nach Leipzig. Hier trifft auch die von Franken (Bamberg—hof) kommende
Verkehrsstraße mit ihr zusammen; deshalb ist es erklärlich, daß diese Gegend
mit Schlachtfeldern übersät ist: Merseburg (933), Breitenfeld (1631),
Lützen (1632 und 1813), Roßbach (1757), Leipzig (1813).
Zeichnung: Das Flußgebiet der Saale.
Rudelsburg.
46. Saale-Landschaft zwischen Kösen und Großheringen.
Das Tal der Saale ist unterhalb Saalfeld in die Buntsandsteinschichten des Hügellandes ziemlich gleichmäßig
eingeschnitten. In der Gegend von Kosen drängen sich stellenweise schroffe Muschelkalkberge hervor und engen
das Tal ein. Auf ihnen wie auf den steilen Felsenbändern der Talwände „an der Saale hellem Strande
stehen Burgen stolz und kühn", umgeben von Obst- und Weingärten oder von Wald.
Politische Übersicht.
§ 113. Staatlich ist Thüringen die zerrissenste Landschaft des Deutschen
Reiches. Außer Preußen und Bayern haben daran noch acht kleinere
Bundesstaaten, „die Thüringische Staatengruppe", Anteil.
a) Das preußische Gebiet bildet im W der zerrissene Regierungs-
bezirk Erfurt, im 0 der Regierungsbezirk Merseburg, der jedoch noch
weit ins Tiefland reicht (Provinz Sachsen).
Aufgabe. Suche auf der Karte die zu Preußen gehörenden Städte!
b) Die Thüringischen Staaten, die ihren Ursprung zahlreichen Erb-
teilnngen verdanken, sind folgende:
1. Das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach mit den drei Haupt-
teilen an der Saale, der Werra und der Elster.
Aufgabe. In welchem Teile liegen Eisenach, Weimar, Jena?
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132
Das Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519 — 1648.
stehung der norddeutschen Großmacht vor, die einst den Kern bilden sollte für ein neuerstehendes deutsches Reich.
Jssht. § 141. Das wirtschaftliche und soziale Leben. Der deutschen Volkswirtschaft hatte der Krieg die schwersten Wunden geschlagen. Die deutschen Länder waren verwüstet; viele Dörfer und Flecken waren niedergebrannt und zu Wüstungen geworden; durch den Krieg, durch Seuchen und Hungersnot war die Bevölkerung im Durchschnitt auf die Hälfte, in manchen Gegenden noch mehr zurückgegangen; der Viehstand war in weiten Landschaften fast ganz vernichtet. Auch in den Städten sah es vielfach schlimm aus; viele Häuser waren zerfallen, die Mauern halb zerstört, die Bewohner verarmt. Wie reich war Deutschland im sechzehnten Jahrhundert gewesen! Wie blühte die Landwirtschaft, das Handwerk, der Handel! Damals hatte die Wohlhabenheit vielfach ein üppiges Leben hervorgerufen, wogegen die Behörden vergeblich durch Kleiderordnungen und andere Luxusgesetze eingeschritten waren. Jetzt hatten sich die Erwerbsverhältnisse völlig verändert. Die Bauern konnten sich nur mühsam aus dem Elend und aus der sittlichen Verwilderung, in die sie der Krieg gestürzt hatte, emporarbeiten. Die deutschen Handwerker, die einst so behäbig gehaust hatten, waren arme, gedrückte, mutlose Leute geworden; einst waren die Erzeugnisse des deutschen Gewerbes ins Ausland gegangen, jetzt wurden englische, holländische und französische Waren in Menge eingeführt. Der deutsche Handel lag danieder, denn die Mündungen der großen Ströme waren in den Händen ver Fremden, die dort hohe Zölle erhoben. Am Welthandel nahm Deutschland keinen Anteil; während sich Holland, Frankreich und England zu Handelsund Kolonialvölkern ersten Ranges entwickelten, mußte Deutschland, dessen Handelsschiffe zur Zeit der Hanse die nördlichen Meere beherrscht hatten, mühsam um die ersten Anfänge des Wohlstandes ringen.
Die Auch die sozialen Verhältnisse machten in jenen Zeiten eine
Verhalt-Wandlung durch. Am schlechtesten ging es dem Stande der Bauern, die fast allenthalben unter dem Drucke der Gutsherren standen, ihnen untertänig und zu Frondiensten verpflichtet und nicht einmal selbständige Besitzer ihrer Höfe waren. Aber auch das Bürgertum besaß nicht mehr die Bedeutung und das stolze Selbstgefühl früherer Zeiten; ein demütiges und unterwürfiges, zugleich aber geziertes und förmliches Wesen nahm überhand, und von nationalem Sinn und Selbstbewußtsein war an vielen Orten keine Spur mehr vorhanden. Auch der Adel stand nicht mehr so selbständig und trotzig da, wie vorzeiten; er hatte sich der Macht der Fürsten beugen müssen und bildete sich eben damals vielfach zu einem Hofadel oder, wie in Branden-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Holland Frankreich England Deutschland
— 160 —
Nachdem sich der Kaiser der ersten Sorgen im Reiche ent. ledigt hatte, richtete er seine Blicke weiter und besuchte säst alle Herrscher der Staaten Europas. Zum erstenmal trugen die Wellen der Ostsee einen deutschen Kaiser ans ihrem Rücken. Der eherne Mund von 51 russischen Kriegsschiffen begrüßte Wilhelm Ii. in Petersburg; dann besuchte er die Könige von Schweden und von Dänemark. Bald eilte der Friedensfürst an die deutschen Höfe, darauf nach Wien, nach Rom, nach London, nach Athen, nach Konstantinopel, überall umrauscht von den Jubelrufen der Bevölkerung.
Nicht weniger tätig ist der Kaiser im Innern des Reiches. Vor allem sucht er die Wehrkraft des Volkes zu heben und begibt sich selbst in die entferntesten Garnisonen, um sich vom Zustand der Regimenter zu unterrichten. Ein großer Freund des Seewesens war Kaiser Wilhelm von jeher. Deshalb sorgt er aufs angelegentlichste für die Reichsflotte. Über diesen Sorgen vergißt er aber auch, getreu den Versprechungen bei seinem Regierungsantritt, die Armen des Volkes nicht; tausend Tränen werden durch Einführung der Jnvaliditäts- und Altersversicherung getrocknet. Wie bedeutungsvoll ein richtig erteilter Schulunterricht ist, weiß unser Kaiser recht wohl. Deshalb befahl er, daß die Jugend vornehmlich mit vaterländischer Dichtung, mit deutscher Geschichte und Sage bekannt gemacht werde.
Auch ein Mehrer des Reiches ist Kaiser Wilhelm geworden; die Insel Helgoland haben die Engländer an Deutschland abgetreten, und im fernen Afrika weht über weite Gebietsteile die deutsche Flagge, in Asien wurde das große Pachtgebiet Kiautschou erworben.
Im Jahre 1900 sandte der Kaiser Truppen nach China, um die Chinesen zu bestrasen für die Ermordung des deutschen Gesandten und vieler anderer Christen. Unter dem deutschen Generalfeldmarschall Grafen von Walderfee kämpften in China die Truppen aller gesitteten Völker gegen die chinesischen Barbaren. Angesehen und geachtet stehen Kaiser und Volk da vor den Augen der ganzen Welt. Gebe Gott, daß es so bleiben möge aus viele Jahre!
Gott segne, Gott schütze unseren Kaiser und Herrn Wilhelm Ii.!
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Europas Petersburg Schweden Wien Rom London Athen Konstantinopel Helgoland Deutschland Afrika Asien China China
13
Vom Globus und der Karte.
8
nur eine sanfte Neigung ist, zeichnet man die Schraffen zart und weit auseinander.
Der sächsische Major Lehmann (1796) hat für Spezialkarten eine genaue
Schrasfeuskala aufgestellt, mittels der man bei genügender Übung den Bö-
schungswiukel ablesen kann. Für Übersichtskarten gilt nur der allgemeine
Grundsatz: je dunkler, desto steiler. Auf Übersichtskarten, auf denen man
doch nicht den Böschungswinkel ablesen kann, ersetzt man die Schrafsen auch
wohl durch die billiger herzustellende Schummerung. 3. Als Höhenfarben
nimmt man für das Tiefland (bis 200 in) jetzt allgemein Grün und für die Höhen
über 500 m eine bräunliche Farbe1). — Eine größere Plastik sucht man in die
Karten hineinzubringen durch die sogenannte schräge Beleuchtung. Man zeich-
net dabei die gegen das Licht gekehrten Abhänge hell, die von ihm abgekehrten
dunkel, und erzielt dadurch eine reliefartige Wirkung. So sind z. B. die Kuhnert-
scheu Wandkarten gezeichnet. Harms verbindet mit der Reliefzeichnung die
farbigen Höhenschichten und nennt seine Terrainmanier farbige Reliefzeich-
nungen.
4. Die Symbole der Karte. Wie stellt man auf Karten Flüsse, Eisen-
bahnen, Kanäle, Sümpfe und Ortschaften dar?
Harms hat für die Ortschaften eine mnemonische (d. i. das Gedächtnis unterstützende)
Skala ausgestellt, mittels der man an der Form des Zeichens ohne weiteres (die abgerundete)
Einwohnerzahl erkennt (z. B. ein Hunderttausend — ein Kreis, #; zwei Hunderttausend =
zwei Kreise, #; drei Hunderttausend ein Dreieck,^; vier Hunderttausend ein Viereck, W.
Im übrigen s. die Innenseite des Deckels.) Diese Zeichen prägen sich beim Studieren der Karte
von selbst ein, so daß das lästige und unzuverlässige Auswendiglernen der Einwohnerzahlen aus-
geschaltet wird.
*) Ganz neuerdings hält man sich nach einem Vorschlage des Geographen Peuker in Wien
bei der Farbenwahl an die Farbenreihe des Spektrums, verwendet also für die höchste Schicht
Rot, weil Rot dem Auge am nächsten erscheint.
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Abb, 3, § 43. Das Rheintal bei Bingen.
<Als großes farbiges Anschauungsbild bei F. E. Wachsmuth, Leipzig, erschienen.)
or t k rvvyc m. Abb. 4, § 43. Schloß Rheinstein.
.lus dem Bilde von Bingen (s.o.) ganz hinten als weißer Fleck noch eben erkennbar. Blick rhein-
abwärts auf das stolze Schloß, das 80 m über dem Fluß am Hunsrückabhang hängt. Unten
Fahrstraße und Eisenbahn. Rheinstein gehört dem Prinzen Heinrich von Preußen.
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Extrahierte Personennamen: Wachsmuth Heinrich_von_Preußen Heinrich