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b) Vierzehn üage in slapoleons Diensten.
Reise nach Erfurt: Es war im September des Jahres 1808. Erfurt feierte die glanzvollen Tage des Kongresses. Der Kaiser Napoleon hatte bereits seinen Einzug gehalten und entfaltete, umgeben von vielen gekrönten Häuptern, eine Pracht, welche die Berichte nicht großartig genug schildern konnten. Auch zu uns herüber drang der Ruf von dem außerordentlichen Glanze und dem geräuschvollen Leben, und die Gelegenheit, den großen Mann des Jahrhunderts zu sehen, war so günstig und einladend, daß diele Rudolstädter sich ausmachten, Zeuge des seltenen Schauspiels in der alten Thüringer Stadt zu sein. Da die fürstliche Kapelle gerade wenig Dienst hatte — der Fürst weilte selbst in Erfurt (Anger 37) — so wurde es auch mir nicht schwer, 8 Tage Urlaub zu erhalten. An einem herrlichen, tausrischen Morgen wanderte ich mit einigen Bekannten Heiter und wohlgemut über die Berge nach Erfurt.
Besichtigung der Stadt: Mit gespannten Erwartungen langten wir nachmittags an unserem Ziele an, und in der Tat erkannte ich Erfurt kaum wieder, einen so festlichen Anstrich hatte die Stadt bekommen, ein so bewegtes Leben herrschte in ihr. Die Hauptstraßen, welche der Kaiser berührte, waren sogar fußhoch mit feinem Kies überstreut, weil der Allgebietende sich mißfällig über das schlechte Straßenpflaster geäußert hatte.
Da an demselben Tage gerade große Auffahrt war, so blieb ich nicht bei meinen Brüdern im Quartier, sondern schlenderte durch die Straßen, harrend der Dinge, die ich sehen und hören würde. Ich sollte auch reich belohnt werden. Der prächtige Staatswagen Napoleons sauste an mir vorüber. Eine Abteilung Reiterei sprengte voraus und hinterher. Tausende von Augenpaaren waren aus den Mann gerichtet, von dem damals Europas Herrscher abhängig waren. In ähnlicher Begleitung fuhr der Kaiser von Rußland, der hohe Verbündete, um deswillen vornehmlich die Fürstenversammlung von Napoleon veranstaltet worden war. Die Könige von Sachsen, Württemberg und Westfalen, der Prinz von Preußen (Futterstraße 2 u. 3) und andere hohe Herrschaften mit mehr oder minder glänzendem Gefolge schlossen sich an.
In kurzer Zeit hatte ich so eine ganze Galerie lebender Herrscher in vollem Glanze irdischer Macht und Herrlichkeit an meinem staunenden Auge vorüberfahren sehen. Ermüdet vom Schauen, aber höchst befriedigt von dem reichen Bilde, langte ich wieder in meinem Quartiere an, wo mich indessen eine sehr unangenehme Ueberraschung erwartete.
Eintritt ins Kaiserliche Orchester: Eben war ein kaiser-
licher Beauftragter bei meinem Bruder eingetreten und hatte ihm den Befehl gebracht, daß er während der Anwesenheit des Kaisers in dem Orchester des Theaters jeden Abend mitwirken müsse. Die
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Napoleon
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Karren, und mit lauter Stimme priesen die Händler ihre Ware an. — Mit großer Würde und Kennerblicken stolzierten die Waidhändler von Karre zu Karre und feilschten um die Waidballen. War endlich ein Verkauf zum Abschluß gekommen, dann ging's zum städtischen Kaufhaus in der Michaelisstraße, allwo in Gegenwart des Käufers der Waid gemessen und das Waidgeld, für jedes Waidmaß einen Groschen, entrichtet wurde.
An der Wechselbank und bei den Gewandschneidern: Aber auch sonst herrschte in der Stadt reges Leben. Die vielen Fremden, die zum Waidmarkt gekommen waren, da sie hier Ballenwaid kaufen durften^ und die Bauern, die ein gutes Geschäft gemacht hatten, suchten zugleich die anderen Erfurter Straßen und Plätze auf, auf denen ständig Markt abgehalten wurde. Besonders auf dem Mönchsmarkte (Weniger Markt)1) schoben sich die Einheimischen und Fremden zwischen den Gaden und Bänken hindurch. Hier waren zumeist die Münzer umlagert, die am Ausgange des Marktes nach der Futterergasse hin ihre Bänke ausgestellt hatten. Der Waidhändler, der Kaufmann, der Handwerker und der Bauer — alle brauchten heute mehr als sonst gutes Geld, und so wechselten die Münzer denn ohne Unterlaß Pfennige alter Prägung ein, um aus ihren unerschöpflichen Beuteln Münzen neuer Prägung dafür zu geben (vor 1354).2) Sie kauften die kleinen Gold- und Silberbarren, die von den Kaufleuten auf die Wechselbank gelegt wurden, damit sie den Gegenwert in ersurtischem Gelde bekämen. Die Pfennige hatten vollen Wert nur für ein Jahr und mußten dann gegen solche neuer Prägung eingewechselt werden. Der Münzmeister sah scharf zu und prüfte die Beutel, ob sie nicht etwa falfchlötige Pfennige enthielten, fanden sich auch nur zwölf im Besitze des Münzers, dann gings ihm an Leib und Leben und keine Macht der Welt konnte ihn retten.
Außerdem hatten die Gewandschneider-Gaden den meisten Zuspruch; nur hier durste Tuch vom Stück geschnitten und verkauft werden. An ihnen versorgten sich alle Stände, der Fürst und Graf nicht weniger als der Bauer, mit dem Gewandstoff, der ihnen taugte, und die Auswahl war überraschend groß. Der Gaden lief vom Ilgen- oder Aegidientor nach der Sülze hinüber, in deren Nähe die Kürschner ihre Pelzröcke und sonstigen Rauchwaren verkauften.
Fröhliches Leben und Treiben: Auf dem Platze vor den Graden (heute Friedrich Wilhelmsplatz) hatten sich die Gaukler und Quacksalber eingefunden. Sie hatten dem Marktmeister gezollt und zeigten nun ihre Künste und priesen ihre Salben und Wnnder-
!) Andere Deutungen: Wendischer Markt (s. S. 2) u. Forum parvum = Kleiner Markt, an Größe geringer oder weniger als die anderen Marktplatze.
2) Der Rat, der seit 1354 Besitzer der Münze war, lietz die Groschen und Pfennige in reinerer Mischung herstellen und nur noch umwechseln, wenn sie durch Abgreifen allzu dünn geworden waren.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelmsplatz Friedrich
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liehen, eisernen Gittertoren. Ein woblgcpslegier Laubgang führte nach der Windburg, dem Aussichtspunkte auf einer Anhöbe am Südwestende des Parkes. Behauene Hecken, regelmäßig geschnittene Tarnswände, Formbäume, Gebüfchgruppen und Wasserkünste vollendeten den damals in Deutschland beliebten französischen Parkstil. Den breiten Platz vor dem Schlosse schmückte im Sommer die reiche Orangerie (Gewüchshauspflanzen) des Grasen. Dahinter dehnte sich ein wohlgepflegter Rasengrund mit Prunkbeelen aus. Im Mittelpunkt des Gartens war ein großes Wasserbecken, in welchem sich das Standbild des Herkules erhob. Die Haut des nemei'fchen Löwen über die Schulter gehängt, die Keule zum tödlichen Schlage erhoben und unter dem Fuße die vielköpfige Hydra, aus deren einem Haupte ein starker Wasserstrahl emporstieg, so war der Held in seiner unüberwindlichen Stärke dargestellt. In den Anlagen waren fast alle Götter des Olymps versammelt. Auf hoben Sockeln standen in den Hauptgängen die obersten Gottheiten mit Ausnahme des häßlichen Vulkan. Dann folgten die neun Musen, von denen eine, die in Trümmer ging, durch einen Dudelsackspseiser ersetzt wurde, der jetzt im Ersurter Steigergarten den munteren Klängen der Sommerkonzerte lauscht. Wo ein stiller Winkel war, grüßte auch eine Flora oder Pomona (Göttin des Obstbaues), ein Standbild des Frühlings oder Herbstes. Spbinre lugten durch das Gebüsch, und Flußgötter und Nvmphen spendeten Wasser aus umgestürzten Urnen oder Mnfchelhörnern. Am Ende des Parkes war ein Teich, den fechs Wasserspeier umgaben, und aus dessen Flut ein Schwan aus dem Schnabel Fontänen steigen ließ. Ueber-all rauschte und plätscherte es, und zu all' den Wasserkünsten lieferten die Jchtershäuser Teiche ihren überflüssigen Inhalt.
Luftiges Leben: Aus diesem Landsitz, aus welchem sich der
ruhebedürftige Götter zu erholen gedachte, begann bald ein freudenreiches Leben. Aus der Ferne eilten die alten Freunde ber-bei, und fchöne Frauen erhöhten die Freude. Park und Schloß hallten wieder von dem Jubel der Gäste. Verlockend ertönte der Gesang der französischen Sängerinnen, und die graziösen -länze einer Varbcrina1) entzückten die Festteilnehmer. Und welche Genüsse bot die Gottersche Tasel! Neben den seltensten Speisen wurde eine Riesenpastete aufgetragen, der ein Zwerg entstieg, welcher der gefeiertsten Dame einen kostbaren Strauß überreichte. Schüsseln, gefüllt mit Uhren, Ringen, Ketten und anderen Schmucksachen, wurden ausgetragen, aus denen sich dann jeder ein Andenken an Molsdorf fischte. In großen Champagnergläsern ohne Fuß, die heute noch im Schlosse zu sehen sind, wurde der schäumende Wein geboten und mußte in einem Zuge getrunken werden. Eines Tages, als gerade der Graf nach Gotha zur Tafel geladen war,
!) Berühmte italienische Tänzerin, die auch einige Jahre an der Königl. Over zu Berlin als Prima Ballerina (erste Tänzerin) tätig war.
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Extrahierte Ortsnamen: Windburg Deutschland Molsdorf Gotha Berlin
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fam vor der Abfahrt der kurfürstliche Koadjutor (hoher Geistlicher, der dem Erzbischof beigegeben ist) von Erfurt unvermutet zum Besuche. Der Koch, welcher zu einem Mittagsmahle nichts angeschafft hatte, war in größter Verlegenheit. Götter aber ließ ihm sagen, so lange noch ein Kalb sich finden lasse, dürfe man nicht ängstlich sein; seine Erfindungsgabe werde schon die nötige Anzahl Gerichte daraus zu bereiten wissen. Der Koch ließ das einzige im Stall vorhandene Kalb schlachten und brachte davon nicht weniger als zwanzig Gerichte aus die Tasel, während ein reitender Bote beim Herzog in Gotha eiligst den Besuch absagen mußte. — Bald zog eine Jagdgesellschaft unter Hörnerklang zum Tor hinaus, bald hallte der Park wieder von der derben Fröhlichkeit zusammengerufener Dorfbewohner, an deren Treiben sich die Schloßgefellfchaft ergötzte. Bei solch ausgelassener Freude wurde mancher unsinnige Scherz getrieben. So wurde einmal gewettet, daß ein Molsdorser Danerlänser den Weg nach dem 50 Stunden entfernten Hannover in 36 Stunden hin- und zurückkaufen werde. Die Wette wurde gewonnen, aber der Läufer brach bei der Rückkehr vor dem Dorfe tot zusammen.
Der Einsiedler-Orden: Manches würden uns die alten
Bäume, wenn sie plaudern könnten, noch zuflüstern von nächtlichen Sommergelagen und Göttersesten, vom Spiele der Reisröcke und Edelleute, der Schäfer und Schäferinnen, sie würden uns auch berichten, von den Versammlungen der Mitglieder des Einsiedleroder Eremiten-Ordens. Die feingebildete und sittlich reine Fürstin Luise Dorothea von Sachsen-Gotha veranlaßte ihren Gemahl, den „Ordre Bes Hermites de bonne humeur“ zu gründen. „Weil die Freude am meisten zur Gesundheit beiträgt", sollte in dieser Vereinigung nach dem Wunsche der Fürstin nur die Freude gepflegt werden, die reine Freude, die ungetrübtes Glück bringt und frohe Erinnerung zurückläßt. Mit dem Rufe „Vive la joie“, dem Wabl-fprnch des Ordens, begrüßten sich seine Mitglieder auch in Mols-dors, dessen Besitzer ihm angehörte. Im braunen Seideugewande mit Gürtel, den Strohhul mit rosa Bändern geschmückt, aus der Brust das Ordenszeichen mit der Devise (Wahlspruch) „Vive la joie“ und in der Hand einen rosasarbig gebänderten Schäserstab, so erschienen Damen und Herren als Schwestern und Brüder ohne Rangunterschied zur verschwiegenen Freudenfeier bei Schmaus, Spiel, Gesang und Tanz. Die Unterhaltung wurde in französischer Sprache geführt, und jedes Mitglied erhielt einen sein Wesen bezeichnenden, französischen Namen. Götter war „Frere tourbillon“ «Bruder Sausewind). Mit dem Ausbruche des siebenjährigen Krieges erlosch dieser lustige Orden. Seine Devise aber und manche wunderliche Erzählungen über das Treiben seiner Mitglieder leben noch im Volke, und unter den Frauenbildnissen, die dem Damenzimmer im Molsdorser Schlosse den Namen gegeben, ist heute noch das Bildnis der Herzogin Luise Dorothea in der Tracht des
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gleiche Aufforderung hatte auch schon mein zweiter Bruder erhalten. Obwohl beide jetzt als Gastwirte tätig, so waren sie wie ich gelernte Musiker und wirkten noch zuweilen in Konzerten mit. Wohl versuchten sie nach Kräften, sich gegen die Uebernahme eines solchen regelmäßigen Dienstes zu wehren; doch ihr Sträuben war vergeblich. Achselzuckend erwiderte der kaiserliche Bote, daß es ausdrücklicher Befehl Sr. Majestät sei, und dagegen ließe sich durchaus nichts tun. Uebrigens, fügte er hinzu, habe er auch einen gleichen Befehl an den dritten Bruder, welcher sich bei ihnen auf Besuch befinden solle. Nun war die Reihe des ärgerlichen Erstaunens au mir. Auch meiner Einwendung, daß ich nur auf Urlaub fei, wurde mit demselben Achselzucken der Befehl des Allmächtigen entgegengestellt. Das ging mir doch zu weit. Ich versuchte darum ein letztes. Am andern Morgen ging ich zu einem Prinzen unseres fürstlichen Hauses und trug ihm mein Anliegen vor. Er hörte mich lächelnd an und sagte dann: „Lieber Freund, tun Sie nur dem Kaiser den Willen, wirken Sie im Theater mit, vier Wochen, zehn Wochen, so lange es ihm gefallen wird, hier zu weilen; für die Verlängerung Ihres Urlaubes werde ich sorgen; gebe nur der Himmel, daß Se. Majestät nicht erfährt, daß ich Cello spiele, sonst stehe ich nicht dafür, daß er auch mich ins Theater befiehlt."
Im Kaisersaal: Schon den nächsten Abend hatten wir drei Brüder unsere Plätze im Orchester (Tunnel des Kaisersaales in der Futterstraße) inne. Wir waren ausgesöhnt mit dem kaiserlichen Machtspruch, zumal der Dienst im Theater uns viel Genuß versprach. Zu tun hatten wir wenig. Der Kaiser war offenbar fein Freund der Musik. Einige Takte zur Einleitung waren genug. Dann flog der Vorhang auf, welcher bis zu Ende des Stückes nicht wieder niedergelassen wurde. Nach jedem Akte setzte bet offener Bühne das Orchester ein, wurde aber schon nach ein paar Minuten unterbrochen, und das Stück spielte weiter.
Um so ungestörter konnten wir uns dem doppelten Genusse hingeben, welchen das Haus bot. Auf der Bühne die vortrefflichen Leistungen der ersten Theatergrößen, welche Napoleon von Paris hierher geführt hatte, und in dem glänzend erleuchteten Zuschauerraum die Sterne erster Größe am europäischen Völkerhimmel, geschart um die stolze Tagessonne. Und dann die bunte Fülle und der Reichtum der Staatsuniformen und der Glanz in den ausgesuchten Damentoiletten — fürwahr, die Augen hatten vollauf zu tun, das aufzunehmen. Am zweiten Abend sollte uns diese Aligenarbeit erleichtert werden. Die für die Majestäten im Grunde des Theaters hergerichtete Loge (Abteil im Theater) war als zu entfernt von der Bühne befunden worden. Man hatte deshalb den hohen Gästen schnell einen andern Platz zurecht gemacht. Gleich hinter dem Orchester standen ans einer mit kostbaren Teppichen belegten Erhöhung die prachtvollen Samtsessel, auf
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Das Gefecht war beendet und mit ihm der Krieg. Der 15. Fn-fanteriebrigade aber war es vergönnt gewesen, in der Nacht vom 26. zum 27. Juni das erste, siegreiche Treffen bei Podol und jetzt,
fast vier Wochen später, das letzte, ebenfalls erfolgreiche bei Preß-
burg zu bestehen und die preußischen Waffen am weitesten in
Feindesland getragen zu haben.
Nachdem das beiderseitige Feuer eingestellt war, kamen österreichische Offiziere ins preußische Feldlager. Man verglich die
Uhren, tauschte Zigarren aus, reichte sich die Feldflaschen und setzte sich zu gemütlichem Gespräch auf eine Weinbergsmauer.
Im Lager: Gegen 3 Uhr ertönten von Blumeuau her die
Klänge einer raufchenden Musik. Alles eilte nach der Chaussee, auch General v. Bose stand dort. Es zogen einige österreichische Infanterie-Regimenter, eine Kavallerie-Brigade und einige Batterien vorüber. Die Bespannung der letzteren war sehr mitgenommen, nur wenige Pferde zogen die Geschütze. Ein Ulan schwang prahlerisch einen erbeuteten Husarenkarabiner über seinem Kopse, was aber nicht gerade niederdrückend auf die zuschauenden Preußen wirkte. Diese belustigten sich vielmehr über die von einem Hunde gezogene große Pauke einer Regimentsmusik. Da die preußischen Truppen unbewaffnet am Wege standen, mochten die Oesterreicher wohl glauben, daß sie Gefangene vor sich hätten. Doch die vergnügten Gesichter der Thüringer belehrten sie bald eines Besseren, und manch harmloses Scherzwort ging hin und her.
Das Lagerleben gestaltete sich am Nachmittage zu einem heiteren und, da es auch an Zuspruch aus Preßburg und Umgegend nicht fehlte, sogar zu einem sehr belebten. Gastwirte und Neugierige langten bald zu Fuß und zu Wagen an, um ihre Genüsse
feilzubieten und sich die Fremdlinge und ibr Treiben anzuschauen.
Die Mehrzahl der Gäste, besonders die den besseren Ständen angehörenden, machten kein Hehl aus ihrer Zuneigung sür die Preußen. Die Damen erschienen meist in Schwarz mit weißen
Abzeichen. In dem friedlichsten Lustlager konnte es nicht harm-
loser und fröhlicher zugehen als hier. Die Regimentsmusiken spielten, die Leute tanzten und sangen den aufmerksam lauschenden Ungarinnen ihre schönsten Lieder vor.
Dazu war die Verpflegung ganz vorzüglich, und ohne Murren ließ man die Wirte unsere guten preußischen Taler für einen Gulden österreichisch einstecken. Selbst der Zapfenstreich unterbrach nur auf kurze Zeit das lustige Treiben, das sich fast die ganze Nacht hindurch und auch am anderen Tage noch fortsetzte, bis um 1 Uhr mittags der Rückmarsch in die vertragsmäßigen Quartiere angetreten wurde. (Nach den Reg.-Gesch. d. 31. u. 71. Inf.-Reg.)
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89. Das Münchener Künstlerfest von 1840.
-Quf den Tisch gestellt, umgab sie mit kritischem Blick das Komitee" ttnb änderte unerbittlich alles nicht echt Erscheinenbe. Sorge machte vor allein die Wahl eines passenben Vertreters des Kaisers; aber währenb eben beraten würde, trat der kurz vorher nach München gekommene Lichtenhelb in den Saal, eine Verkörperung des ritterlichen Max — diese Sorge war gehoben. Auch die Wahl der attbereit Figuren gelang so gut, daß der Bericht stolz melben konnte: „Jeber war, der er sein sollte und wollte." Aus einem anberen Raume ertönten die Chöre, die Franz Lachner, Stuntz und Kunz für das Fest komponiert, und daneben exerzierten die 60 Lanbsknechte — es gestaltete sich eine originelle Welt im kleinen.
Endlich war alles fertig. Am Abenb des 17. Februar herrschte im Hoftheater reges Leben. Die Bühne und ein Teil des Zufchauerraumes waren in einen Saal verwanbelt, in den Gängen brängten sich die zum Zuge antretenben Künstler und Kunstgenossen. Die Logen und das Parterre waren
von einer schaulustigen Menge gefüllt. Trompeten und Pauken ertönen, der
Zug betritt den Saal.
Voran schritten die Zünfte in ihren kleibsamett, farbenreichen Trachten: zuerst die Zunft der Meistersänger mit dem in bunfelm Pelzmantel einher-schreitenben Hans Sachs, daran anschließend die Zunft der Bader mit Rosen-blüth und dem hageren Hans Foltz. Dann kamen die Schlosser, die Bnchbrncker und Formschneiber mit Hans Schünfelin und Kob erg er, dem größten Bnch-hänbler der bamaligeu Zeit, die Silber- und Goldschmiede als glänzendste Gruppe, jene in himmelblauen und roten Gewändern mit weißem Überwurf, diese hochrot und schwarz mit goldgestickten Mänteln. Als Meister der Orna-mentenschneiber schreitet im polnischen Rock Veit Stoß einher. Ein rührettber Anblick ist die Znnst der Gelb- und Rotgießer, bettn Peter Bischer und seine Söhne bilben sie allein; er ist ein Bild des Glücks, wie er im Arbeitskittel, mit Schurzfell und ruttber Filzkappe vorübergeht. Die hünenhaften Zimmerleute folgen; zuletzt kommt die Zunft der Maler und den Beschluß macht
Albrecht Dürer zwischen seinem Lehrer Michel Wohlgemnth und Abam Kraft.
Zwei Ebelknaben tragen ihm das Wappen vor, das Maximilian der Maler-zunft verliehen haben soll und das seitdem zum allgemeinen Künstlerwappen geworden ist.
Nun kommen die Vertreter der Stadt Nürnberg: der Stadthanptmann, Bürgermeister und Rat und endlich die festlichen Reihen der Geschlechter, die Männer in reichen Seidengewänbern und neben ihnen, von Golb und Ebel-steinen funkelnd, die Frauen und Töchter.
Eine zweite Reihe von Trompeten und Pauken zieht in den Saal, gefolgt von einem Haufen Landsknechte mit einem Wald von Spießen; dann wird es plötzlich feierlich still — der Kaiser naht. Das kaiserliche Panier wallt hoch über allen, die Leibwache mit Flambergen, eine Schar Edelknaben und Jäger gehen voran, dann schreitet in wundervoller Ruhe im goldenen
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35. Augsburger Studien.
darf. Man muß das im großen und ganzen nehmen wie der Teufel die Baueru. Auch in der Jakobervorstadt stehen vereinzelte Häuser, welche noch die Trümmerspur vou wahrhaft patrizischem Luxus zeigen, und gar nicht weit vom Blatternhaus lagen die Prunkgärten der Fugger im Banne dieses untersten Viertels. Auch die Hochstadt, das vornehme Plateau, ist nicht durchweg vornehm gewesen: aber das Zentrum war patrizisch, die Achse der Hochstadt gehörte entschieden der patrizischen Welt.
Geht man von der Maximilianstraße gegen die oberen Tore, so wird das Straßengepräge immer bürgerlicher, je mehr man sich der Stadtmauer nähert; an der Mauer selber wird es wohl gar ein bischen proletarisch, ja aus der Mauer standen einst die ganz kleinen Zwingerhäuschen *) der ehemaligen Stadtgardesoldaten. Nicht in der Peripherie, wie bei den Milliouärstraßen der modernen Städte, sondern im Zentrum, im Herzen des pulsierenden Verkehrs, lagen die Paläste der Reichen: dies zeigt an, daß aus dem Herzen des bürgerlichen Lebens der Adel der Geschlechter hervorgewachsen ist. Nicht draußen am Tore in halber Landschaft war der stolzeste Wohnsitz, sondern mitten im Staub und Gewühl des Handels und Wandels, der bürgerlichen Arbeit. Wo das Rathaus steht und das Weberhaus, da war die Palaststraße.
Übrigens begreift man erst bei solcher ständisch-organischen, nicht kastenhaft mathematischen Gliederung der Augsburger Straßen das Geheimnis der Fuggerei, der traulichen kleinen Stadt der arbeitsamen Armen innerhalb der großen Stadt. Wo der Grundplan der sozialen Gruppen schon in den architektonischen Stadtplan eingezeichnet war, da schämte sich auch der fleißige Arme nicht in einer eigenen Armenstadt zu wohnen. Wollte heute auch ein Menschenfreund so großartig verfahren wie die Brüder Ulrich, Georg und Jakob Fugger, da sie die Fuggerei erbauten, er fände höchstens noch Gesindel, aber nicht fleißige Arme, die ihm in seine Armenstadt einzogen. Denn der moderne arme Arbeiter will lieber für teuer Geld in einem Loche wohnen als gratis in einem hübschen Häuschen, welches die Touristen angaffen als ein
interessantes Armenhaus. Seiu Bier würde ihm abends sauer werden bei dem
Gedanken, daß sein Nachbar auf der Bierbank im stillen zu sich spräche: da neben mir sitzt auch einer, der wohnt in der Armenstadt.
Wie von einigen Nürnberger Tortürmen die Sage geht, daß Albrecht Dürer den Plan gezeichnet, so sind mehrere Augsburger Tore von dem größten Baumeister der Stadt, vou Elias Holl, erbaut. Denn das Tor soll nicht bloß verteidigen, es soll auch repräsentieren; es soll dem Fremden schon von fernher verkünden, was hinter der Stadt steckt. Darum schmückten die Alt-
i) Heute sind sie alle verschwunden, die letzten erst vor wenigen Jahren am Wertach-
brucker- und am Jakobertor. Es waren kleine Wohnhäuschen von je nur einem Geschoß, lauter selbständige Familienwohnungen. Diese „Zwingerhäuschen" waren einstens ein Dorf der kleinen Leute in der Stadt; die Soldaten, auf die Stadtmauer quartiert, mußten mit der Stadt zunächst ihren eigenen Herd verteidigen.
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Extrahierte Personennamen: Georg Jakob_Fugger Albrecht_Dürer Albrecht Elias_Holl
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50. Träume sind Schäume.
Antonia, des Erbprinzen Mutter, lag in ihrer Väter Gruft zu Wien begraben, in München war der künftige König Spaniens zumeist von fremden Menschen umgeben, besser also, wenn er vor der Abreise in sein Königreich noch an der Seite des Vaters in Brüssel lebte.
Das Ballfest im Palaste des Statthalters der Niederlande versprach einen glänzenden Verlauf zu nehmen. Die Botschafter und Gesandten der fremden Mächte sowie die Aristokratie der Hauptstadt hatten sich. strahlend von Gold und edlem Gesteine, in den Prachtsälen des hohen Gastgebers eingefunden um sich wieder einmal dem ganzen Zauber des Prunkes und Glanzes hinzugeben, wie er am Hofe des glücklichen Bayernherrschers in fast unerschöpflicher Fülle geboten wurde.
Und glücklich war ja Max Emannel, glücklich, wie nur ein Sterblicher sein konnte. Herrscher über ein Volk, auf dessen Liebe und Treue er bauen konnte, Statthalter in einem Land, dessen Reichtum groß und desseu Handel und Gewerbe blühend war, und Vater eines Sohnes, der zum Erben eines Weltreiches bestimmt wurde, in der Tat, die Götter, hätten sie noch wie ehedem die Welt regiert, mußten auf das Glück dieses Mannes neiderfüllte Blicke werfen!
Jetzt ließen sich in dem von vielen hundert Wachskerzen taghell erleuchteten Festsaal schmetternde Fanfaren vernehmen; sie verkündeten das Erscheinen des königlichen Statthalters und mit ihm den Beginn der Festlichkeiten.
Die Brust von blitzenden Ordenssternen bedeckt und am rotseidenen Bande das goldene Vließ, so zeigte sich die hohe und schlanke Gestalt des bayerischen Kurfürsten am Eingänge des Saales. Eine Reihe prächtig gekleideter Edelknaben, in der Rechten eine brennende Wachsfackel, schritt dem Statthalter mit seinem Gefolge voraus, eiue andere schloß den glanzvollen Zug.
Neuerdings ertönten die rauschenden Klänge der Festmusik. An die effektvolle Polonaise, bei der die Paare langsamen Schrittes den Saal durchmaßen, reihte sich erst eine gravitätische Sarabande, dann eine bewegte, heitere Gigue, ein zierliches Menuett. Zuletzt erklangen die gemessenen Töne einer Marche und der Oberstzeremonienmeister bat den Statthalter unter tiefer Verbeugung um die Erlaubnis das Zeichen zum Beginne eines „Festspieles" geben zu dürfen.
„Was für Überraschungen!" rief Max Emannel heiter lächelnd, indem er mit leichtem Kopfnicken die nachgesuchte Erlaubnis erteilte. Kaum hatte er den ihm bestimmten Ehrenplatz eingenommen, da teilte sich im Hintergründe des großen Saales ein Vorhang und die einzelnen Gruppen des Festzuges begannen sich unter den Klängen eines Kriegsmarsches zu entwickeln und langsamen Schrittes vor den Augen des Gefeierten und der Gäste desselben vorüberzuwandeln.
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Extrahierte Personennamen: Antonia Max_Emannel Max Max_Emannel Max
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