Die Prov'uy Posen.
Lage.
Die Provinz Posen ist eine der zwölf Provinzen des prenßi-
schen Staates und liegt in dem östlichen Teile desselben.
Grenzen.
Sie grenzt im Norden an die Provinz Westpreußen (Regiernngs-
bezirk Marienwerder), im Osten an Rußland, im Süden an die
.Provinz Schlesien, im Westen an die Provinz Brandenburg (Regie-
rungsbezirk Frankfurt a. d. Oder). Im Nordosten bildet auf eine
kurze Strecke die Weichsel, im Osten die Prosna, im Süden der
Landgraben und im Nordwesten die Drage die natürliche Grenze.
Größe.
Die Provinz Posen umfaßt eine Größe von 28 956 qkm
und hat eine Bevölkerung von 1 828 653 Einwohner. Der Größe
nach nimmt sie die 6., der Einwohnerzahl nach die 8. Stelle
unter den Provinzen des preußischen Staates ein. Die größte
Ausdehnung von Norden nach Süden (vom Eintritt des Zempel-
burger Wassers in die Brahe bis in die Südspitze des Kreises Kempen)
beträgt etwa 260 km und die größte Entfernung von Osten nach
Westen (in der Richtung von Jnowrazlaw und Schwerin a. W.)
etwa 222 km. Die nördlichste Stadt ist Krone a. Br., die süd-
lichste Kempen, die östlichste Argenau und die westlichste Blesen.
Bodengestalt.
Die Provinz, ein wellenförmiges Flachland, liegt im nord-
deutschen Tieflande, und zwar zwischen den beiden Landrücken des-
selben. Der norddeutsche Landrücken tritt mit ziemlich hohem
Abfall von Norden her an das Thal der Netze heran, während der
schlesisch-polnische Landrücken aus Schlesien einige Höhenzüge nach
dem südlichen Teile der Provinz hineinsendet, unter denen der in
der südöstlichen Spitze (Kreis Schildberg) bis über 200 m ansteigt.
Der innere Teil der Provinz ist eine Ebene von durchschnittlich
80 bis 120 m Höhe. Sie wird von dem Flnßlaufe der Warthe,
Netze und Obra in einer tieferen Einsenkung durchzogen. Die
Wasserscheide zwischen der Oder (Netze) und der Weichsel bildet
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ein niedriger Landrücken, der von den Krakauer Höhen ausgeht
und schon auf russischem Gebiete die Wasserläufe dieser beiden Ströme
trennt. An der westpreußischen Grenze tritt er als eine bewaldete
Sandhügelreihe in die Provinz über, geht hier nördlich an Argenau
vorüber, dann fast gleichlaufend mit der Netze und verliert sich zuletzt in
dem pommernschen Landrücken. Der höchste Punkt dieser Hügelkette
erreicht indes bei dem nördlich von Bromberg gelegenen Bahnhof
Klarheim kaum 100m, während ein das rechte Wartheufer begleiten-
der Höhenzug in dem Annaberge bei Owinsk (nördlich von Posen)
bis gegen 330 m ansteigt.
Bewässerung.
Die Provinz Posen ist reich an fließenden und stehenden Ge-
wässern. Alles fließende Wasser wird teils durch die Oder, teils
durch die Weichsel der Ostsee zugeführt.
A. Zum Stromgebiete der Oder, die auf dem Liesel-
berge in Mähren entspringt, in nordwestlicher Richtung die Provinzen
Schlesien, Brandenburg und Pommern durchfließt, bei Stettin
in das Stettiner Haff und aus diesem in drei Armen, der Peene,
Swine und Divenow, in die Ostsee sich ergießt, gehören:
1) Die Warthe, der bedeutendste Nebenfluß der Oder und
zugleich auch der Hauptfluß der Provinz. Sie entspringt in zwei
Quellflüssen. Der eine derselben, die eigentliche Warthe, kommt von
dem nördlichen Abhänge der Krakauer Höhen und vereinigt sich bei
dem Dorfe Kilow mit der Lißwarthe, die von den Tarnowitzer Höhen
kommt. Der vereinigte Fluß fließt in mehrfachen Krümmungen bei
Czenstochau vorüber und dann in nördlicher Richtung bis Kolo;
von hier aus wendet er sich westwärts und tritt bei Empfang der
Prosna, unterhalb der russischen Stadt Peisern, in die Provinz
ein. Hier setzt er zunächst seinen westlich gerichteten Lauf bis
Schrimm fort, geht dann, nach Nordwesten abbiegend, über Posen
nach Obornik, worauf er wiederum einen nach Westen gerichteten
Lauf annimmt; nachdem er sich von Schwerin ab wiederum nord-
wärts wendet, tritt er in die Provinz Brandenburg ein, nimmt bei
Zantoch die Netze auf, fließt in der Richtung der letzteren weiter
und mündet bei Küstrin in die Oder, der er an Wasserfülle fast
gleichkommt. Der Lauf der Warthe beträgt 712 km, wovon 370 km,
also mehr als die Hälfte, zu preußischem Gebiete gehören. Die
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Warthe fließt fast durchgehends zwischen flachen Ufern und bildet
zwischen Landsberg und Küstrin das sogenannte Warthebruch. Von
Konin ab ist sie schiffbar; der Haupt-Schiffsverkehr auf ihr aber
erstreckt sich nur bis Posen. Ihre bedeutendsten Nebenflüsse inner-
halb der Provinz sind:
a. rechts:
aa. Die Welna. Sie entspringt zwischen Gnesen und Tremesfen,
bildet auf ihrem Laufe mehrere Seen, fließt an Wongrowitz
und Rogasen vorüber und mündet bei Oboruik in die Warthe.
Auf eine kurze Strecke ist sie flößbar.
dd. Die Netze. Sie entsteht aus zwei Quellflüssen, der Netze
und Montwy, die sich in dem langgestreckten Trlongsee ver-
einigen. Der eine der beiden Quellflüsse kommt aus dem
Skorschentschinersee, der andre ist der Abfluß des Goplosees.
Bei der Stadt Pakosch tritt der vereinigte Fluß (die Netze)
aus dem Trlongsee und fließt zwischen niedrigen, sumpfigen
Ufern in nördlicher Hauptrichtung bis Nakel; von hier aus
nimmt er eine westliche Hauptrichtung an, fließt an den
Städten Usch, Czarnikau und Filehne vorüber, tritt bei Em-
pfang der Drage in die Neumark ein und mündet bei dem
schon genannten Dorfe Zantoch in die Warthe. Die Netze
ist schon seit länger als 100 Jahren bis Nakel schiffbar ge-
macht worden; in neuerer Zeit kann sie auch, indem man
ihr Bett auf künstliche Weise vertiefte und die Ufer eindeichte,
auf ihrem oberen Laufe bis zum Goplosee befahren werden.
Ihr fließen vom pommernschen Landrücken zu:
«. Die Küddow, welche dem Vilmsee bei Neu-Stettiu ent-
fließt und der Stadt Usch gegenüber mündet;
ß. Die Drage, welche aus dem Drazigsee bei Tempelburg
in Pommern kommt, auf ihrem südlichen Laufe drei Meilen
weit die Grenze zwischen der Provinz Posen und Branden-
bürg bildet und unterhalb des Bahnhofes Kreuz in die
Netze mündet.
d. links:
aa. Die Prosna. Sie entspringt im Kreise Rosenberg in
Oberschlesien und bildet von ihrem Eintritt in die Provinz
ab mit Ausnahme einer kurzen Strecke bei Kalisch, wo das
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russische Gebiet über das linke Ufer derselben hinaustritt, die
Grenze gegen Rußland; ihre Mündung liegt da, wo die
Warthe in die Provinz eintritt,
dd. Die Obra. Ihre Quelle liegt nördlich von Koschmin.
Nachdem sie an Kriewen und Kosten vorbeigeflossen, bildet
sie das 82 km lange und durchschnittlich 8 km breite Obra-
bruch, welches nach früheren vergeblichen Versuchen vom
Jahre 1356 bis 1860 entwässert und fruchtbar gemacht
worden ist. Von Kiebel aus, wo das Wasser des Bruches
dem ursprünglichen Flußlaufe zugeführt wird, fließt die Obra
an Kopnitz, Bentschen, Tirschtiegel, Meseritz und Blesen
vorüber und mündet bei Schwerin in die Warthe. Bei
Meseritz fließt ihr der von Paradies kommende Jordan, auch
Paklitz genannt, zu.
2) Die Bartsch. Sie entspringt auf dem Höhenzuge, den
der schlesische Landrücken nach der Provinz entsendet, südlich von
Ostrowo, fließt an Schildberg vorüber und tritt bald in die Provinz
Schlesien ein, wo sie als ein Wasser- und fischreicher Nebenfluß der
Oder oberhalb Glogau mündet. Ihre Zuflüsse sind:
a. Die Orla, welche südlich von Koschmin entspringt und bei
Herrnstadt mündet, und
b. Der Land graben, welcher zwischen Gostyn und Kröben ent-
springt und sich unterhalb Reisen in den polnischen und schle-
fischen Landgraben teilt, von denen jener fast bis zur Mündung
in die Bartsch die Grenze zwischen Posen und Schlesien bildet.
3. Die Faule Obra. Sie kommt unter dem Namen „Bohlen-
flnß" aus dem Kreise Meseritz (Waldbach bei Brätz), erhält als
erste Verstärkung das Schwiebuser Wasser, fließt an Bomst vorüber
und zeigt vor der Mündung einen unentschiedenen Lauf. Durch
einen Kanal, der bei Kopnitz beginnt, wird ihr ein Teil des Ab-
zugswaffers des Obrabruches zugeführt. Sie fließt bei Tfchicherzig
in die Oder.
B. Die Weichsel gehört nur auf eine kurze Strecke der
Provinz an, und zwar dort, wo sie die Kreise Jnowrazlaw und
Bromberg von den westpreußischen Kreisen Thorn und Kulm trennt.
Sie entspringt aus der nördlichen Abdachung der Beskiden, durch-
fließt, nachdem sie auf einer kurzen Strecke die Grenze zwischen
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Schlesien und österreichischem Gebiete gebildet hat, in einem weiten,
gegen Westen geöffneten Bogen Russisch-Polen und tritt oberhalb
Thorn in preußisches Gebiet. Hier hat sie zunächst bis zum
Eintritt der Brahe einen nordwestlichen, dann einen nordöstlichen
Lauf, durchbricht den preußisch-pommernschen Landrücken und teilt
sich 50 km vor ihrer Mündung in zwei Arme, die Weichsel und
Nogat. Die letztere geht nach Nordosten und ergießt sich in
das Frische Haff; der Hauptstrom der Weichsel hingegen fließt
nordwärts an Dirschan vorüber und mündet durch einen neuen
Durchstich bei Schiewenhorst in die Danziger Bucht. Die Weichsel
empfängt aus der Provinz Posen die durch die Kanalverbindung
wichtige
Brahe. Ihr Ursprung liegt bei dem Dorfe Altbrahe an der
westpreußisch-pommernschen Grenze. Sie durchfließt die großen
Waldungen der Tucheler Heide und tritt dort, wo sie das
Zempelbnrger Wasser aufnimmt, in die Provinz Posen ein.
Hier fließt sie, von hohen Uferrändern begleitet, in südlicher
Richtung an Krone vorüber bis Bromberg, wendet sich plötzlich
nach Osten und mündet bei Fordon in die Weichsel. Sie hat
ein bedeutendes Gefälle und daher auch einen raschen Laus, treibt
zahlreiche Mühlen und wird im oberen Laufe zur Flößerei benutzt.
Von Bromberg aus bis zur Mündung ist sie im Jahre 1772
schiffbar gemacht worden.
Die Provinz enthält viele Hunderte von Seen, die teils
einzeln, teils in Gruppen beisammen liegen. Der größte von ihnen
ist der rund 30 km lange und durchschnittlich 3 km breite Goplo-
see, dessen südliches Ende in russisches Gebiet hineinragt. Am
linken Ufer seines nördlichen Ausgangs liegt das Städtchen Krusch-
witz (Sage vom Mäuseturm). Andre größere Seen sind der
Trlongsee bei Pakosch, der Powidzer, der Skorschentschiner, der
Bentschener See u. v. a.
Unter den künstlichen Wasserstraßen verdient der Bromberger
oder Brahe-Netze-Kanal erwähnt zu werden, welcher durch Friedrich
den Großen im Jahre 1773 angelegt wurde; derselbe verbindet
die Brahe mit der Netze unmittelbar und die Weichsel mit der
öder mittelbar. Er ist 27 km lang und sührt von Bromberg bis
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Nakel, indem er die Wasserscheide zwischen dem Gebiete der Weichsel
und Oder bei Bromberg durchschneidet. Da aber der Wasserspiegel
der Netze bei Nakel gegen 20 vi höher liegt als der der Brahe bei
Bromberg, mußten eine Anzahl Schleusen (10) gebaut werden, der-
mittelst welcher die Schiffe und Flöße auf- und abwärts steigen
können. In die aus Mauerwerk hergestellten Schleusen führen je
zwei Thore, und zwar das eine nach der höher gelegenen und das
andre nach der tiefer gelegenen Strecke des Kanals. Ein bei Rohr-
bruch aus der Netze abgeleiteter Speisekanal versieht die Schleusen
mit dem nötigen Wasser.
Eine zweite Kanalverbindung ist im Jahre 1885 zwischen dem
Trlongsee und dem südlich davon gelegenen Bronislawer See her-
gestellt worden, wodurch letzterer in den Bereich der öffentlichen
Wasserstraßen getreten ist.
Die Obrakanäle dienen nur zur Trockenlegung des Obrabruches.
Das Wasser des letzteren wird teilweise dem ursprünglichen Fluß-
laufe der Obra, teilweise der Warthe bei Moschin direkt zugeführt.
Durch diese Entwässerungsweise des Obrabruches sind große Flächen
fruchtbaren Acker- und Wiesenlandes gewonnen worden. Auch andre
Bruchländer der Provinz sind durch Abzugskanäle fruchtbar gemacht
worden, so das Netzebruch, welches sich von Nakel bis Filehne er-
streckt, das Bachorzebruch bei Kruschwitz und das Parchaniebruch,
südlich von Argenau. Das Wasser des letzteren wird zur Weichsel
abgeleitet.
Klima.
Das Klima der Provinz Posen ist im allgemeinen ein ge-
mäßigtes, d. h. die Provinz liegt in einem Erdgürtel, auf welchem
die vier Jahreszeiten regelmäßig miteinander abwechseln, und in
welchem die Niederschläge aus der Luft bald Regen, bald Schnee
sind. Es gleicht dem Klima des ganzen nördlichen Deutschlands.
Die Witterung ist veränderlich und die Luft gesund. Südost- und
Nordwestwinde sind vorherrschend; erstere bringen im Sommer
Regen, im Winter Schnee, letztere im Sommer Trockenheit, im
Winter eine schneidende Kälte.
Bodenbeschaffenheit.
Die Bodenbeschaffenheit der Provinz ist eine sehr mannigfaltige.
Es wechselt oft fruchtbarer Lehm- und Thonboden in rascher Folge
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mit leichtem Sandboden bis zu so geringer Beschaffenheit ab, daß
er nur noch notdürftig mit Nadelholz bepflanzt werden kann. Einen
sehr fruchtbaren Boden (Weizenboden) finden wir in dem söge-
nannten Kujawien, in den wellenförmigen Ebenen der Kreise Schroda,
Vreschen, Witkowo, Gnesen, Jarotschin, Pieschen, Ostrowo, Kroto-
schin, Gostyn, Schmiegel und Kosten. Die geringsten Ackerflächen
besitzen die nördlichen und westlichen Grenzkreise; hier ist Sandboden
vorherrschend, der aber nicht so unfruchtbar ist, als daß er, wo es
der Mensch insbesondere an Fleiß nicht fehlen läßt, nicht immer
noch lohnende Erträge liefern würde. Die Thäler der Warthe
und Netze enthalten, namentlich in ihren unteren Teilen, ausge-
dehnte Wiesenflächen.
Bodenerzeugnisse.
Entsprechend der Bodenbeschaffenheit, nimmt der Ackerbau iu
der Provinz eine hervorragende Stelle ein. Weizen und Gerste
werden vorzugsweise in Kujawien, im Schrodaer, Kostener und Schmie-
geler Kreise angebaut. Roggen und Haser gedeihen überall, auch
auf dem leichtesten Boden. Sehr ausgebreitet ist der Kartoffelbau;
die Knollen werden in dem leichten Sandboden recht mehlreich und
sind von besonderem Wohlgeschmack. Ein großer Teil der ange-
bauten Kartoffeln wird in andre Provinzen ausgeführt oder in
den zahlreichen Spiritusbreunereien zu Alkohol verarbeitet. Außer-
dem gedeihen Hülsenfrüchte, Tabak und Flachs. In neuerer Zeit
ist durch die Anlage zahlreicher Zuckerfabriken der Anbau von Zucker-
rüben in Blüte gekommen. Heu liefern in großen Mengen die
entwässerten Bruchgegenden. Von hervorragender Wichtigkeit ist der
Anbau des Hopfens, dem im weiten Umkreise von Nentomischel
herum große Landstriche gewidmet sind. Der gewonnene Hopfen
übersteigt bei weitem den Bedarf in der Provinz und kann in
großen Mengen ausgeführt werden. Der Obstbau hat durch die
Förderung, welche die königliche Regierung ihm angedeihen läßt,
einen bedeutenden Aufschwung genommen und wird dadurch, daß
die Volksschullehrer gehalten sind, Obstbaumschulen anzulegen und
den Knaben praktische Unterweisungen in der Pflege, Behandlung
und Veredelung der Obstbäume zu erteilen, in immer weitere Kreise
hineingetragen. Trotzdem stehen wir in dieser Beziehung anderen
Provinzen unsres preußischen Vaterlandes noch weit nach. Auch
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der Anbau von Gemüse wird von Jahr zu Jahr allgemeiner.
Ebenso erfreulich ist der Fortschritt, welchen die Landwirtschaft im
Anbau der Futterkräuter gemacht hat. Weinbau wird seit langer
Zeit in der Gegend von Bomst und Wollstein getrieben.
Fast der fünfte Teil der Provinz ist mit Wald bedeckt. Die
größten Waldungen finden sich um die Brahe, südlich von der
Netze, zwischen der Warthe und Netze und in den Kreisen Birn-
bäum, Meseritz, Schildberg und Kempen. Es sind dies meist
Kiefernwaldungen; Laubwälder sind nur in geringer Zahl und Aus-
dehnung vorhanden. In Bezug auf die wildwachsende Pflanzenwelt
weist unsre Provinz nichts Eigentümliches auf.
Aus dem Tierreich kommen die gewöhnlichen Haustiere vor:
Pferde, Rinder, Schafe, Schweine und Ziegen. Pferde und Rinder
sind durch Einführung besserer Rassen aus anderen Gegenden ver-
edelt worden. Zur Pflege der Pferdezucht besteht das königliche
Landgestüt zu Zirke. Schönes Rindvieh giebt es namentlich in der
Netzeniederung. Die Schase liefern eine sehr gesuchte Wolle, die
sich durch ihre Feinheit auszeichnet. Schweine werden in großer
Menge gezüchtet, und sie werden in Mengen von hier nach den
Provinzen Schlesien und Brandenburg ausgeführt. Federvieh und
Wildbret gibt es in übermäßiger Zahl. Sehr ergiebig ist die
Fischerei in den Flüssen und Seen; außer den gewöhnlichen Fischen
werden Lachse, Aale und zuweilen auch Störe in der Warthe,
Netze und Brahe gefangen; in einzelnen Seen ist der Zander und
die Maräne einheimisch. Auch die Bienenzucht ist nicht unbedeutend,
obgleich der gewonnene Honig noch lange nicht für die einheimischen
Bedürfnisse ausreicht.
Das Mineralreich liefert im Verhältnis zu anderen Provinzen
geringe Erzeugnisse. Metalle werden mit Ausnahme von kaum
nennenswerten Mengen von Thoneisenstein und Raseneisenerz, deren
hüttenmännische Verarbeitung sich nicht lohnt, gar nicht gefunden.
Ein großes Steinsalzlager befindet sich bei Jnowrazlaw. Gips
wird bei Jnowrazlaw und dem Dorfe Wapno in der Nähe von
Exin gefunden. Das letztere Lager ist durch einen Tagbau in einer
Ausdehnung von ungefähr 15 ha aufgedeckt. Der gewonnene Gips
findet teils in rohem Zustande für landwirtschaftliche Zwecke Ver-
Wendung, teils wird er in eigens dazu hergestellten Öfen gebrannt.
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Ein ausgedehntes Kalklager erstreckt sich in der Richtung von Pa-
kosch und Bartschin bis nach Schubin. Bisher ist es in zwei
größeren Brüchen, Wapienno bei Bartschin und Hansdorf bei Pa-
kosch, aufgedeckt; bei Wapienno befindet sich auch ein Kalkbrennofen.
Braunkohlen finden sich längs der Warthe von Obornik bis Schwerin,
bei Fordon und Krone a. Br. und in den Thälern zwischen Reisen
und Gostyn; in letzter Zeit ist auch in unmittelbarer Nähe von
Posen ein mächtiges Braunkohlenlager entdeckt worden. Torf ent-
halten die Niederungen in unerschöpflichen Lagern. Bernstein, den
man sonst nur an der oft- und westpreußischen Küste findet, kommt
in kleinen Stücken in den Gegenden zwischen Weichsel und Netze
beim Graben nicht selten vor. An Bausteinen fehlt es in der
Provinz nicht. Gewaltige Blöcke (erratische), auch Findlinge genannt,
die hauptsächlich aus Granit, seltener aus Gneis oder Glimmer-
schiefer und noch seltener aus Basalt bestehen, sind in manchen
Gegenden nicht selten. Kleinere Steine dieser Art sind auf den
Feldern oft so zahlreich, daß sie dem Anbau hinderlich werden;
sie finden ihre Verwendung bei dem Bau der Kunststraßen. Alle
Wandersteine sind auf Eis aus den Gebirgen Schwedens und Nor-
wegens zu uns herübergekommen zu einer Zeit, als die Erdober-
fläche anders beschaffen war als jetzt. Das Eis schmolz und die
Steine blieben auf dem Boden liegen.
Bewohner.
Die Bewohner der Provinz Posen sind ihrer Abstammung
nach zur Hälfte deutsch, zur Hälfte polnisch. Die Deutschen wohnen
in überwiegender Zahl in den Städten und im Norden und Westen
der Provinz; im Süden und Osten ist die Bevölkerung meist pol-
nischer Herkunft. Die Deutschen sind schon frühzeitig in die Pro-
vinz eingewandert. Die ersten deutschen Einwanderer kamen schon
im 12. und 13. Jahrhundert zur Zeit der Piasten, welche große
Vorliebe für deutsches Wesen zeigten, aus den zunächst gelegenen
Ländern hierher. Noch größer war der Zuzug von deutschen Ein-
Wanderern in dem Zeitalter der Reformation, in welcher Zeit viele
Deutsche der Religion wegen in ihrem Vaterlande bedrängt wurden.
Hier wurden sie von dem Adel infolge ihrer Arbeitsamkeit und
ihres Gewerbfleißes gern aufgenommen, und durch sie entstanden
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die zahlreichen Hauländereien, welche in allen Teilen der Provinz
zerstreut liegen; auch viele Städte und Dörfer, namentlich längs
der schleichen Grenze, verdanken ihnen ihre Entstehung. Zu süd-
preußischen Zeiten begann ein dritter Abschnitt deutscher Einwände-
rung, der bis auf die heutige Zeit fortdauert. Damals rief die
preußische Behörde deutsche Kolonisten aus Württemberg und Bayern
ins Land, um den vernachlässigten Ackerbau zu heben und entwässerte
Bruchgegenden urbar zu machen. Ihre Nachkommen leben heute
noch als sogenannte „Bamberger" unter uns; sie haben bis jetzt
ihre eigentümliche Tracht und ihre Sprache beibehalten. In letzter
Zeit sind auf Veranstaltung unsres fürsorglichen Staates eine An-
zahl bisher im polnischen Besitz gewesene größere Rittergüter durch
eine staatliche Behörde, die Ansiedelungskommission, angekauft und
in kleinere Bauerngüter zerstückelt worden. Es ist dadurch vielen
Landleuten aus den westlichen Provinzen unsres Vaterlandes Ge-
legenheit geboten, sich unter sehr günstigen Bedingungen hier Grund
und Boden zu erwerben und einen dauernden Familiensitz zu gründen.
Die Bewerbungsgesuche um derartige Liegenschaften bei der „An-
siedelungskommission" gehen so zahlreich ein, daß bei weitem nur
ein kleiner Teil Berücksichtigung finden kann.
In Bezug aus das religiöse Bekenntnis gehört fast 1/3 der
Bewohner der evangelischen Landeskirche an; rund 2/3 sind katho-
lisch, mehr als 50 000 sind jüdisch und etwas über 1000 gehören
anderen Bekenntnissen an. Die inneren Angelegenheiten der evan-
gelischen Kirche der Provinz werden von dem königlichen evange-
tischen Konsistorium zu Posen geleitet; die Katholiken gehören zum
Erzbistum Gnesen-Posen, an dessen Spitze der Erzbischof von Posen
steht, mit Ausnahme des Dekanats Fordon, das dem Bistum Kulm
unterstellt ist.
Die Hauptmasse der Bevölkerung beschäftigt sich mit Acker-
bau. In den Teilen der Provinz, welche vorwiegend deutsche Be-
völkerung haben, wohnen in einzelnen Dörfern recht wohlhabende
Bauern. In den Dörfern mit polnischer Bevölkerung ist seit
preußischer Zeit ein großer Fortschritt wahrnehmbar. Die früher
leicht gebauten, aus Lehm und Fachwerk hergestellten und mit Stroh
gedeckten Wohn- und Wirtschaftsgebäude haben einfachen, aber festen
Bauten Platz gemacht; die ehemals planlos und zerstreut liegenden
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