Die Alpen. 93
Unter den 28 Staaten Europas sind 24 Monarchien und 4 Frei-
staaten (Schweiz, Frankreich, Andorra und San Marino). Zwei Staaten
(Österreich-Uugarn) sind durch Real-Union, 2 (Rußland mit Finnland) durch
Personal-Union miteinander verbunden, 4 sind Schutzstaaten (Bulgarien,
Monaco, Andorra und San Marino). Die wichtigsten Staaten Europas
werden Großmächte genannt. Es sind deren 6: Deutsches Reich,
Frankreich, Großbritannien, Österreich-Ungarn, Rußland
und Italien. Die übrigen sind Mittel-, Klein- oder Zwergstaaten.
Weltstellung. Obwohl nächst Australien der kleinste Erdteil, nimmt
Europa doch in bezug auf die Kulturentwicklung seiner Bewohner die erste
Stelle rat. Zwar ist der dichtbevölkerte Erdteil nicht mehr imstande, seine
Bevölkerung durch eigene Erzeugnisse des Bodenbaues und der Viehzucht zu
befriedigen; zwar haben auch manche Länder anderer Erdteile, vor allem die
Union, einen überraschenden Aufschwung in ihrer Entwicklung gezeigt; allein
an geistiger Bildung, gewerblichen Erzeugnissen und kriegerischer Tüchtigkeit
steht Europa voran. Es ist der Hauptträger der Weltgeschichte
und der Mittelpunkt des Weltverkehrs, und die europäische
Kultur hat begonnen, sich zur Weltkultur zu entwickeln. Europa
und die Siedelungen der Europäer machen die Hälfte alles festen Landes mit
der Hälfte aller Bewohner der Erde aus.
A. Mitteleuropa.
1. Die Alpen.
1. Die Alpen (= die Weißen) sind zwar nicht hinsichtlich ihrer Aus-
dehnnng, wohl aber nach ihrer Höhe das gewaltig st e Gebirge
Europas. In Gestalt eines Füllhorns ziehen sie sich vom Mittelmeer bis
zu den Ebenen der mittlereren Donau hin und bilden so den K e r n von
Mitteleuropa. Mit der Verbreiterung nach O. nimmt ihre Höhe ab,
ihre Gliederung zu. Die höchsten Erhebungen liegen demnach im W. Hier
der 4810 m hohe Montblanc (= weißer Berg), der höchste Berg
Europas. Der bedeutendste Hochgebirgsgipfel auf italienischem Gebiet
ist der Monte Biso, 3840 in, auf Schweizer Gebiet der Monte
Rosa, 4640 in, in den deutschen Alpen die Zugspitze, 3000 in, und
in den österreichischen Ländern der Ortler, 3900 in. Die mittlere
Kammhöhe beträgt in den Schweizer Alpen 2600 in, während sie sich in den
Ostalpen allmählich bis zu 1000 in erniedrigt.
Nach ihrem Aufbau zerfallen die Alpen in West- und Ostalpen, die
durch die Linie Bodensee, Rhein, Hinterrhein, Splügen
und C o m o s e e getrennt werden. Die Westalpen bilden einen nach 80.
offenen Bogen um Piemont, die Ostalpen einen gleichen um Venetien.
Diese werden im N. und S. von Kalkalpen begleitet, jene nur im X.,
während im 8. die Uralpen oder Mittelalpen unvermittelt aus dem
piemontesischen Tieslaud aufragen. Die Westalpen umfassen die Schweizer-
alpen und die französisch-italienischen Alpen.
2. Die Bewässerung der Alpen ist sehr reich. Welche drei großen
Ströme entwässern den Außenrand (W. und N.), welcher Strom wird vor-
zugsweise vom Juueuraud (im 8.) gespeist?
Als Flüsse eines Hochgebirges haben die Alpenflüsse großes Gefälle
und daher eine große Abtragnngsfähigkeit. Infolgedessen verändern die
Alpenflüsse ihr Bett fortwährend; auch können zur Flößerei nur die
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Europas Rhein Venetien
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Extrahierte Personennamen: Königsberg Kristiania
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Süddeutschland Donau Osterreich Wien Ungarn Budapest Bukarest Frankreich Paris Niederlande Amsterdam Belgien Luxemburg Kopenhagen Island Stockholm Schweden Norwegen Irland Berlin Moskau Petersburg Warschau Spanien Madrid Portugal Lissabon Italien Rom Neapel Italien Sizilien Sardinien Kreta Bulgarien Griechenland Athen Griechenland Serbien Belgrad Montenegro Asien Europa Mit-Afrika
26 Aus der Länderkunde der Erdteile.
das Volk das Staatsoberhaupt auf gewisse Zeit, so ist dieser Staat eiu
Freistaat oder eine Republik (Schweiz). — Die Hauptstadt eines Staates
ist gewöhnlich auch die Residenz des Staatsoberhauptes und der Hauptsitz
der Regierung. — Festungen sind mit Wall, Mauer und Graben umgeben
und dienen zum Schutz des Landes. — Eine Großstadt hat über 100 000 E. —
Große Teestädte liegen an der Meeresküste oder an der Mündung eines
Hauptslusses und haben einen sichern Hafen, wo die Schiffe gut ankern und
landen können.
A.
1. Das Deutsche Reich ist ein Bundesstaat von 26 Einzelstaaten
und steht unter dem Kaiser. Hst. Berlin mit 2 Mill. E. In Nord-
deutschlaud außerdem: die Seehäfen Hamburg, Bremeu, Stettin.
Im Binnenlande Breslau, Dresden, Leipzig; in welchem Lande
liegen die beiden letzten Städte? — Im Rheingebiet: Straßburg,
Frankfurt am Main, Köln. — In Süddeutschland München, in?
Stuttgart, in?
2. Österreich - Ungarn, zu beiden Seiten der Donau, es besteht aus
dem Kaisertum Österreich mit der Hst. Wien und dem Königreich
Ungarn, Hst. Ofen-Pest. Beide Staaten stehen unter einem Kaiser.
3. Königreich Rumänien, Hst. Bukarest.
4. Tie Schweiz, Hst. Bern.
5. Republik Frankreich, Hst. Paris, über 2 Mill. E.
6. Königreich der Niederlande, Hst. Amsterdam.
7. Königreich Belgien, Hst. Brüssel.
8. Groszherzogtum Luxemburg, mit gleichnamiger Hst.
B.
9. Königreich Dänemark, Hst. Kopenhagen. Zu Dänemark
gehört die Insel Island.
Ii). Schweden-Norwegen, Königreiche unter einem Herrscher. Stock-
Holm, Hst. von Schweden, Kristiania, Hst. von Norwegen.
11. Königreich Großbritannien und Irland, Hst. London, an?
größte Stadt der Erde, dreimal so groß wie Berlin.
C.
12. Kaisertum Rußland, umfaßt mehr als die Hälfte des Erdteils.
Alte Hst. Moskau, neue Hst. St. Petersburg. Im früheren polnischen
Reiche Warschau.
D.
13. Königreich Spanien, Hst. Madrid.
14. Königreich Portugal, Hst Lissabon.
15. Königreich Italien, Hst. Rom. — Neapel am Vesuv.
Zu Italien die Inseln Sizilien und Sardinien.
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— 10 —
•untern Wolga nnb der Manytsch-Niederung) gehören zu den eigent-
lichen Mongolen.
Der Religion nach gehören 96,8°/g aller Europäer dem Christen-
tum an. Nnr 12,4 Mill. bekennen sich zu anderen Religionen. Mit
Recht hat man daher Enropa den „christlichen Erdteil" genannt. Den
Südwesten Enropas beherrscht die römisch-katholische Kirche mit
166 Mill. Bekennern, den N. die protestantische oder evan-
gelische Kirche mit ihren zahlreichen Sekten, im ganzen mit 99,4 Mill.
Anhängern, und den O. nnb So. die griechische (nicht uuierte)
Kirche mit 98,5 Mill. Glaubensgenossen. — 6,3 Mill. Iuben leben
zerstrent in Europa und bekeuueu sich zur mosaischen Lehre. Die
Anzahl der Mohammedauer aus der Balkanhalbinsel und im sö.
Rußland ist etwa ebeuso groß.
Die Staateubilduug zeigt in Europa iusoseru einen einheit-
lichen Charakter, als die monarchische Staatsform vorherrscht.
Unter den 27 Staaten Enropas sinb 23 Monarchien nnb 4 Repnbliken
'Schweiz, Frankreich, Anborra und San Marino). 2 Staaten l Österreich
und Ungarn) sinb bnrch Real Union, 4 (Rußlaub mit Finlaub, Schweden
und Norwegen) bnrch Personal-Union miteinanber verbnnben, 4 sinb
Schntzstaaten (Bulgarien, Monaco, Anborra nnb Sau Marino). Eine
Despotie ist das türkische Reich; absolute Monarchien siub
Rußlaub, Montenegro nnb Monaco. Alle andern monarchischen Staaten
haben eine Versassnng (Konstitution). Die wichtigsten Staaten
Europas werben Großmächte genannt. Es sinb beren 6: Deutsches
Reich, Frankreich, Großbritannien, Österreich -Ungarn,
Rußlaub und Italien. Die übrigen sinb Staaten 2. ober 3.
Ranges oder Kleinstaaten. Die kleinsten Staaten sinb Liechtenstein,
San Marino nnb Monaco.
„Noch bemerken wir, daß das osmanische Kaisertum (unter
Den gegenwärtigen Staaten) das älteste Kaisertum in Europa ist, weil
sein Urspruug bis zu der Eroberung von Koustautiuopel im Jahre 1453
zurückgeht, währeub das russische Kaisertum vom Jahre 1731
und das österreichische vom Jahre 1804 batieren; serner, daß
.Frankreich bis 1870, mit Unterbrechungen, die älteste Monarchie
war, inbem sie bis aus das Jahr 843 zurückgeht, und daß Spanien,
Dänemark und England in Hinsicht des Alters unmittelbar baraus
folgen; daß Braunschweig unter den Herzogtümern das älteste ist;
daß San Marino nicht allein die älteste Republik, souberu auch zu-
gleich eiuer der ältesteu europäischen Staaten ist." (Heiberich).
7. Weltstellung. Obwohl nächst Australien der kleinste Erb-
teil, nimmt Enropa boch bei seinen günstigen Natnrverhältnissen hin-
sichtlich der Kultur seiner Bewohner die 1. Stelle ein. Zwar ist der
bichtbevölferte Erbteil nicht mehr imstanbe, seine Bevölkernng bnrch
eigene Erzengnisse des Bobenbaus nnb der Viehzucht zu beliebigen;
zwar haben auch manche Länber auberer Erbteile, vor allem die Union,
einen überraschenben Ansschwnng in ihren Kultur Verhältnissen gezeigt:
allein an geistiger Entwickelnng, gewerblichen Erzeugnissen und kriegerischer
Tüchtigkeit steht Europa voran. Europa und die Kolonien der
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Extrahierte Personennamen: Enropa
Extrahierte Ortsnamen: Wolga Europa Balkanhalbinsel Europa Frankreich San_Marino Ungarn Schweden Norwegen Bulgarien Monaco Montenegro Monaco Europas Frankreich Italien Liechtenstein San_Marino Monaco Europa Spanien Dänemark England Europa Europa
— 106 —
Stapelplatz des Handels zwischen Rhein- und Rhonegebiet. — Belfort
(beför), starke Feste am Eingang der Burgunder Pforte.
4. Die Insel Corsika, das Geburtsland Napoleons I.,
gehört ihrer Natur nach zu Italien Durch Kauf kam sie (1768) von
Genua an Frankreich. Die Insel ist durchweg gebirgig und rauher
als ihre s. Lage erwarten läßt. Der Kulm des Eilandes steigt bis
2 710 in empor. Nur 1 3 des Bodens ist angebaut, und die Industrie
beschränkt sich ans die nächsten Bedürfnisse. — Die leidenschaftlichen
Corsen haben in Sprache und Sitte noch manches Altertümliche be-
wahrt. Die wichtigsten Wohnplätze sind die Küstenstädte Ajaccjo
(ajätscho) und Bastia.
5. Auswärtige Besitzungen^ Frankreichs auswärtige Besitzungen
und Nebenländer nehmen eine Fläche von 6x/8 Mill, qkm ein und werden Un-
gefähr von 451/,, Mill. Menschen bewohnt. In Afrika gehören zu Frankreich
Algerien, Tunis, Senegal, Sudan, Guinea, Elfenbeinküste, Dahome, Congo
und Somaliküste, in Asien einige Punkte auf Vorderindien (Pondichery n. a.)
und Jndochina ^Kambodscha. Cochinchina Annam und Tonkiu), in Amerika
einige Inseln im N. lst. Pierre u. a.). Westindien lmartinique, Guadeloupe)
und Guayana, im indischen Ozean und iu der Südsee Rcuuion, Mada-
gaskar, Komoren^ Kergnelen-, St^ Paul-, Neu-Amsterdam-Jnseln, Neukaledonien,
Loyalty-Jnseln und Tahiti und kleinere Gebiete.
Das kleiue Fürstentum Monaco, mit gleichnamiger Hst., ö. von
Nizza gelegen, steht unter Frankreichs Schutzherrschaft. „Spielhölle
Europas."
2. Die Niederlande, Belgien und Knremburg.
Diese kleinen Staaten breiten sich im wesentlichen um das Delta
aus, mit welchem Rhein und Schelde die Nordsee erreichen. Die
beiden erstgenannten Staaten heißen daher auch wohl ,,Rhein-Delta-
staaten", während Luxemburg durchweg im Gebiet der waldigen Berg-
landschaft der Ardennen liegt. — Als Herzogtum Nieder-Lothringen gehörten
diese Gebiete lange zum deutschen Reich, wurden im Resormationszeitalter an
Spanien vererbt und spalteten sich in den evangelischen Norden, der sich als
„Niederlande" von Spanien losriß, und den katholischen Süden, der später an
Österreich fiel und 1830 als „Belgien" ebenfalls ein selbständiger Staat wurde.
Luxemburg war noch bis 1890 durch Personalunion mit den Niederlanden
verknüpft.
I. Königreich der Niederlande.
(33 000 qkm, 5,1 Mill. E., 154,7 auf 1 qkm).
1. Das Land. Holland erstreckt sich vom Dollart quer über das
Mündungsgebiet von Rhein, Maas und Schelde. Es grenzt im O. an
Deutschland, im S. au Belgien, im W. und N. an die Nordsee.
Die Küste gliedert sich iu 3 voneinander verschiedene Abteilungen.
Die s. umfaßt das M ü u d u n g s g e b i e t von Schelde und Rhein
und stellt eine Gruppe von Inseln dar (Seeland), die nach dem Binnen-
lande flach und durch feste Dämme geschützt, nach dem Meere zu von
kleinen, halbmondförmigen Dünenreihen eingefaßt sind. Der mittlere
Küstenabschnitt erstreckt sich in einfacher Linie als ein ununterbrochener
Dünenzug mit platter Küste von den großen Strommündungen nach
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Extrahierte Personennamen: Nikolaus März
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Donau Odessa Frankreichs Sewastopol Galizien Paris
— 104 —
wirtschaftlichen Einflußsphäre Deutschlands und Österreichs lagen, wie Belgien, Holland, die Schweiz, Serbien und Rumänien, zu einem zentraleuropäischen Handelsverband zusammenzuschließen. So konnte man hoffen, den Gefahren, die dem Handel von Frankreich, Rußland und auch von Nordamerika drohten, wirksam zu begegnen.
7) So kamen im Jahre 1891 die Handelsverträge mit Österreich, Italien, auch mit der Schweiz und Belgien zustande, durch welche die Einfuhrzölle durchschnittlich um 25 % ermäßigt wurden; der Kornzoll wurde sogar von 5 M. für den Doppelzentner auf 3,50 M. herabgesetzt. Die 1891 begonnene Politik der Handelsverträge wurde im Jahre 1893 fortgesetzt, indem auch mit Rumänien, Serbien und Spanien abgeschlossen wurde. Nach einem längeren Zollkrieg, der besonders die deutsche Industrie schwer schädigte, kam auch im März 1894 der Handelsvertrag mit Rußland zustande. Diese Politik der Handelsverträge wurde von der deutschen Landwirtschaft grundsätzlich bekämpft, weil es ihr nicht möglich war, denjenigen Staaten gegenüber, die nach Deutschland Getreide einführten, konkurrenzfähig zu bleiben. Die Führung in diesem Kampfe übernahm der im Jahre 1893 zum Schutze der bedrohten Landwirtschaft in Berlin gegründete Bund der Landwirte.
3. Die weitere koloniale Entwickelung Deutschlands und seine Stellung zur Weltpolitik.
a) Verträge Deutschlands über seine Besitzungen in Afrika.
In dem Bestreben, die noch herrenlosen afrikanischen Ländermassen dem schon erworbenen Kolonialbesitz einzuverleiben, begegneten sich drei Großmächte als Rivalen: Frankreich, England und Deutschland.
a) Die republikanischen Staatsmänner Frankreichs gingen mit großer Beharrlichkeit an die Verwirklichung der Idee, ein großes afrikanisches Kolonialreich zu schaffen und Bismarck hatte sie in dieser Politik unterstützt, weil er glaubte, dadurch ihre Blicke von Elsaß-Lothringen abzuwenden. Sieht man ab von dem Erwerb Madagaskars, so entfaltete es seine Macht namentlich im Westen des nördlichen Afrikas. Von Algier sowie im Süden von feinen Kongobesitzungen aus drang es in die von Europäern noch unbesetzten Gebiete ein und schuf sich ein territorial völlig geschlossenes Besitztum von ungeheurer Ausdehnung; nur Marokko fehlte noch. ß) In England war die kurze Periode der Kolonialmüdigkeit längst überwunden; es fetzte bald mit verstärkter Kraft
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— 106 —
7z) Aus Anlaß des Burenkrieges (1899—1902) wurde durch einen deutsch-englisch-amerikanischen Vertrag (1899) auch die Samoafrage geregelt. England zog sich ganz von der Gruppe zurück; die Hauptinseln blieben Deutschland, das dafür die beiden südöstlichen Salomoninseln und seine Ansprüche auf die Tongagruppe an Großbritannien überließ. Kurz vorher hatte es Spanien die Karolinen und Marianen abgekauft.
6) Die politischen Folgen der Annäherung zwischen Deutschland und England. c.a) Schon bevor die deutsche Regierung mit England die Grenzverträge über die afrikanischen Befitzver-hättniffe abgeschlossen hatte, war Kaiser Wilhelm für ein Zusammengehen mit der britischen Weltmacht eingetreten. Er hatte gelegentlich eines Besuches in England (1889), sowie bei dem Gegenbesuche des Prinzen von Wales in Berlin (1890) in feinen Ansprachen den bestimmten Wunsch ausgesprochen, daß beide Länder mit ihrer Macht zu Lande und zu Wasser einstehen möchten für den Frieden Europas.
Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, war jener Vertrag vom 1. Juli 1880 nicht aus kolonialen Interessen geschlossen worden, sondern es schien vielmehr die Absicht maßgebend gewesen zu sein, beide Reiche in engere Bundesbeziehungen zu bringen. ßß) Diese Stellung Deutschlands betrachtete nun die Petersburger Regierung als gegen Rußland gerichtet. In dieser Auffaffurtg wurden die russischen Staatsmänner noch dadurch bestärkt, daß der Reichskanzler Caprivi weder das alte „Dreikaiserverhältnis von 1884", noch den Rückversicherungsvertrag von 1887 erneuerte. Dazu kam noch, daß Rußland die Polenpolitik des Reichskanzlers als eine unfreundliche Maßnahme gegen feine eigenen Interessen in Polen aufnahm.
Während Bismarck in den polnischen Fragen mit Rußland Hand in Hand gegangen war, in dem großen Ausstände von 1863 dem Nachbar durch militärische Vorkehrungen an der Grenze das Rückgrat gestärkt hatte, während er seit 1886 aus nationaler Notwendigkeit heraus das polnische Element in den Provinzen Posen und Westpreußen zurückdrängte und zur Stärkung des Deutschtums
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Caprivi
Extrahierte Ortsnamen: England Deutschland Spanien Deutschland England England England Wales Berlin Europas Deutschlands Polen Posen
— 110 —
Der Vertrag, der das „herzliche Einvernehmen" die entente cordiale, begründete, beseitigte zwar auch die seit Jahrhunderten bestehenden Streitpunkte beider Staaten, war aber doch in erster Linie gegen Deutschland gerichtet.
e) Obgleich der französisch-englische Vertrag von 1904 auch andere handeltreibenden Nationen die sogenannte Politik der offenen Tür zubilligte, also den Grundsatz der Handelsfreiheit in Marokko aussprach, so schien es der deutschen Regierung doch fraglich, ob Frankreich bei fortgesetzter Tunisierung Marokkos auch künftig sein Versprechen halten werde, und da jener Vertrag zustande gekommen war unter völliger absichtlicher Beiseiteschiebung Deutschlands, so sah sich dieses gezwungen, für sein verletztes Recht und seine Ehre einzutreten.
ad) Deutschland griff in dem Augenblick ein, als Rußland durch seinen Krieg mit Japan festgelegt und infolge seiner schweren Niederlagen unfähig war, noch in europäische Angelegenheiten sich zu verwickeln.
Kaiser Wilhelm landete anläßlich einer Reise in das Mittelmeer in Tanger und der Sultan Abdul Asis ließ ihn dort in feierlicher Weise begrüßen; zu den Vertretern der deutschen Kolonien aber sprach der Kaiser die bedeutsamen Worte: „Ich freue mich, in Ihnen die ergebenen Pioniere der deutschen Industrie und des deutschen Handels zu begrüßen, die mir bei dem Versuch helfen, alle Zeit in einem freien Lande die Jntereffen des Mutterlandes hoch zu halten.
Über seine Interessen aber verhandelte Deutschland mit dem Sultan als einem unabhängigen Herrscher direkt, ohne jede Beachtung des englisch-französischen Vertrages. Nun lenkte Frankreich ein und entließ den Minister Delcasse. ßß) Nun verlangte der Sultan unter Zustimmung des Reichskanzlers Bülow die Regelung der marokkanischen Angelegenheiten durch eine internationale Konferenz, die auch in der spanischen Stadt Algeciras (gegenüber von Gibraltar) im Januar 1906 zusammentrat.
Diese Algecirasakte bestimmte, daß Frankreich und Spanien in acht marokkanischen Häfen die Polizei organisieren sollten und daß Frankreich bei der Einrichtung der Staatsbank ein größerer Einfluß
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Abdul_Asis Bülow
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