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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 1

1911 - Erfurt : Keyser
I. Erfurts Entstehung und keine Geschichte bis zum 3ahre 1000. Erfurts Entstehung: Erfurt, die Stadl „einst heidnischer Bauern", wie Bouifacius sie nannte, war bereits im 6. Jahrhundert bewohnt?) Aber schon lange vorher war die Gegend besiedelt. 4000 Jahre vor der heutigen Zeit erkannten Hirten, deren Rassezugehörigkeit uns unbekannt ist, die Vorzüge der Landschaft: einen trockenen Berg zu guter Wohnslatt, ein klares Gebirgswasser zu frischem Trunk, einen dichten Wald mit schmackhaften Früchten und einen zu Viehzucht und Ackerbau geeigneten Boden. Sie bauten sich deshalb hier an und zwar südwestlich vom Petersberge, in der Gegend der heutigen Rudolf- und Heinrichstratze und am Nordfuße des Steigers bei Villa Stürcke (f. Erfurt in der Steinzeit, Nr. 1). Aus unbekannten Gründen verließen die ersten Bewohner aber die Gegend. Doch zur Bronzezeit (nach 1500 v. Chr.) wurde sie von neuem durch Kelten besiedelt (s. In der Bronzezeit, Nr. 2). Sie errichteten ihre Wohnstätten wohl an den alten Dorfftätten. Ein Jahrtaufend später traten an ihre Stelle Germanen, die damals von Thüringen Besitz nähmen. Auch sie hatten ihre Herd-stätten zunächst an der Stelle der alten Siedlungen, doch ließen sie sich später mehr nordwärts vom Petersberge und in der Gegend des neuen städtischen Krankenhauses nieder. Letztere heißt heute noch im Flurbuche die „hohe Stadt". Die neuen Ansiedler hatten ihre Wallburgen, die Zufluchtsstätten in Zeilen der Not und Gefahr, auf dem Petersberge und im Steiger oberhalb des Bachstelzenweges, nahe dem Jdablick. Letztere ist heute noch vorhanden. Den germanischen Thüringern war das Eisen bekannt, auch benutzten sie die Töpferscheibe. Die Erfurter Gegend blieb von da für immer bewohnt. Um den Anfang der christlichen Zeitrechnung wurden die hiesigen Ansiedler mit den Römern bekannt und befreundet und standen mit ihnen in regem Handelsverkehr. Bald kam auch von außen Zuwachs. Neue germanische Stämme siedelten sich an, und slawische Familien ließen sich nieder (s. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 5). Die Siedlung griff allmählich auf die !) Bewiesen durch Gräberfunde aus der Merowingerzeit, z. B- auf dem Anger (nahe Nr. 64).

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 9

1911 - Erfurt : Keyser
— 9 — weil man zu diesem Zeitpunkt das Ende der Steinzeit ansetzt. (Nach Dr. K. Th. Zingeler u. Dr. Zschiesche.) 2. 3n der Bronzezeit. Die neuen Bewohner: Mehr als sechshundert Jahre sind verflossen seit der Zeit, wo jene von uns besuchte Familie der Steinzeit am hohen Flußufer der Gera ihr einfaches, aber wohl glückliches Dasein sührte. Noch ist unsere Gegend bewohnt, wie wir durch Funde beweisen können; aber die Bevölkerung hat an Zahl eingebüßt. Die Lebensweise der neuen Bewohner ist keine wesentlich andere als die der Steinzeitmenschen; nur in einer Hinsicht sind sie gegen die früheren im Vorteil. Die Metallzeit ist angebrochen. Die Bronze, ein Gemisch von Kupser und Zinn, hat den Stein verdrängt, und an die Stelle der früheren steinernen Waffen und Gerate find schön geformte Schwerter, Dolche, Lanzen, Armringe. Gewandnadeln (Fibeln) und sonstiger Schmuck aus Bronze getreten. Lage ihrer Wohnstätten: Die genaue Lage der Wohnstätten jener alten Ansiedler vermögen wir für unsere Gegend nicht sicher anzugeben. Vermutlich aber haben sie ebenso wie die stein- zeitlichen unweit des Wassers gelegen. Dort hat man die Grabstätten aus der Bronzezeit gefunden, und wo die Menschen damals ihre Toten verbrannten oder begruben, da haben sie sicher auch ihre Wohnungen gehabt. Eine Hauptfundstelle ist das Gräberfeld am „toten Mann" bei Waltersleben. Einige Gräber sind auch dicht bei Erfurt am Wege nach Bindersleben bei der Abzweigung von der verlängerten Heinrichstraße, in den Kiesgruben des Johannesseldes, in der Nähe des Bahnhofes von Ilversgehofen und an einigen anderen Stellen in Erfurts Umgebung aufgedeckt worden. Auf dem zuerst genannten Friedhofe (Nekropole) aus der Bronzezeit wurden mit nur einer Ausnahme Skelette gefunden, während die Graburnen auf den übrigen Fundstätten mit Leichenbrand gefüllt waren. Das Gräberfeld am „toten Mann": Suchen wir nun einmal die Nekropole am „toten Mann" aus und wohnen im Geiste der Beisetzung eines angesehenen Mannes jener Zeit bei. Das Gräberfeld liegt da, wo der von Egstedt kommende Miesenbach dicht hinter Waltersleben die nach Möbisburg führende Straße begleitet. Damals zog sich wobl das Wallersleber Holz bis zum Wasser herab, während auf der Südseite offenes Feld weithin sich ausbreitete. Hier lagen vielleicht die Gehöfte der Bewohner jener Gegend, und es ist nicht unmöglich, daß der Edelhof des Mannes, an dessen Beisetzung wir jetzt teilnehmen wollen, auf dem heute noch „Burgfeld" genannten Ackerplan, wenig westlich von Rockhausen, stand.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 11

1911 - Erfurt : Keyser
Dann tritt die Trauernde selbst heran, nimmt aus den Händen der Diener zuerst den Schild und legt ihn dem Gatten aus die Brust, sodann das Schwert und bettet es an seine Seite. So kann der Tote im Jenseits würdig auftreten. Aber noch sind die Beigaben nicht erschöpft. Alle die Gesäße, die zum Friedhos getragen wurden, werden rund um den Toten gestellt. Mehrere von ihnen sind mit Speise und Trank gefüllt; denn die Reise in das Jenseits denken sich diese Menschen weit und beschwerlich. Nachdem so der Liebe genug getan, treten die Männer herzu und füllen die Grust mit Erde. Das ist der letzte Liebesdienst der Verwandten, Freunde und Untergebenen, und schon in kurzer Zeit wölbt sich ein ganz flacher Hügel, über dem Grabe des Häuptlings. Das Totenmahl: Mittlerweile ward an einer entfernteren Stelle des Rockhäuser Berges ein mächtiges Feuer entzündet. Am Spieße werden gewaltige Fleischstücke gebraten und in bauchigen Urnen wird Met und gebrauter Gerstentrank, Honig und Brot herbeigetragen zum reichlichen Totenmahle, das die Witwe jenen spendet, die ihrem Gemahle die letzte Ehre erwiesen. So haben wir uns ein Begräbnis zur Bronzezeit, also vor ungefähr 2500—2800 Jahren zu denken. Leider ist aber die Ausbeute an Funden aus jener Zeit in unserer Erfurter Gegend, wie überhaupt in Thüringen, sehr gering. Wir müssen uns deshalb aus dcu Bronzegegenständen, die an anderen Orten, zumal in den Hügel- und Steinkistengräbern Nord- und Süddeutschlands gefunden worden sind, ein Bild jener Zeit entwerfen. Bei uns, wo man die Toten aus Mangel an dem nötigen Steinmaterial zur Schichtung des Grabhügels in flachen Gräbern beisetzte, ist durch die reiche Kultur des Bodens im Laufe der Jahrhunderte viel vernichtet worden. Vieles ist auch durch die Unkenntnis des hohen Wertes der Gegenstände für die Deutung der Kultur jener vorgeschichtlichen Zeiten sogar in den Schmelztiegel gewandert, anderes wieder ist durch planloses Ausgraben verloren gegangen. (Nach Dr. K. Th. Zingeler u. Dr. Zschiesche.) 3. Was die Sage von den alten ühüringern berichtet. Deutung des Namens: Ueber die Herkunft der Thüringer vermag die Geschichte nichts Sicheres zu berichten, desto mehr aber die Sage. Nach ihr wohnten unsere Ururgroßväter als fleißige Ackerbauer und Viehzüchter da am Ostseestrande, wo jetzt die Städte Lübeck und Rostock liegen. Einst landeten daselbst zwölf fremde Schiffe. Sie waren mit stattlichen Helden bemannt, die den Namen Kesselinge führten, weil sie im Kampfe fo hart wie Kieselsteine waren. Sie stammten aus dem Heere Alexanders des Großen und hatten nach dem frühen Tode des Königs ihre alte Heimat verlassen. Auf der weiten Meerfahrt hatten Viele das Leben ver-

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 15

1911 - Erfurt : Keyser
— 15 — Zum Andenken wurden die Köpfe der Unglücklichen oben am Gesims der Kirche in Stein ausgehauen und ein Zeichen daneben angebracht. Es sind auch wirklich oben am östlichen Teile des Kirchenschiffes vier Köpfe zu sehen. Neben dem einen ist eine Schere, neben dem zweiten ein Messer und neben dem dritten ein Schäferstab (?) angebracht, der vierte hat kein Zeichen. Auch an dieser Stätte können wir wie auf unserm Petersberge ein Heiligtum des Donar vermuten, denn in dem Manne im roten Kleide auf dem mit Böcken bespannten Wagen ist Donar unverkennbar gezeichnet. (Nach Dr. Zschiesche.) 5. 'Was die Geschichte von den alten Uhüringern weih. (Geschichte Chüringens bis zum Ucihre 1000.) Besiedlung Thüringens und Deutung des Namens: Mehrere Jahrhunderte v. Chr. war Thüringen von Germanen, vielleicht von Hermunduren bewohnt, deren Reich sich von der Donau bis zum Harz erstreckte. Ihr Narrte wird aber erst zu Beginn unserer Zeitrechnung erwähnt. Sie waren ein kriegerisches Volk und standen mit den ihnen befreundeten Römern in lebhaftem Handelsverkehr. Das Wort Hermunduren bedeutet, wie allgemein angenommen wird, Groß- oder Gefamt-Thnren. Zum letztenmale werden sie gegen Ende des 2. Jahrhunderts u. Chr. erwähnt. Dann schweigt die Geschichte von ihnen zwei Jahrhunderte hindurch. Die Römer, die damaligen Geschichtsschreiber, hatten mit sich selbst zu schassen, und unser Volk machte noch keine Aufzeichnungen. Erst um 400 tritt wieder ein Name auf, der mit dem der Hermunduren wohl verwandt ist, der Narrte „Thüringer". Sie werden als treffliche Pferdezüchter gerühmt. 50 Jahre später zählt man die Thüringer mit bei den Heerhaufen aus, die dem Hunueuköuige Attila Heeresfolge leisteten. Von da ab begegnet man dem Namen häufiger. Der Name Thüringer umfaßt nicht einen einzigen Volksstamm, sondern ein Volk, das aus der Verschmelzung mehrerer Stämme hervorgegangen ist. Der Titel eines alten Volksrechtes „Gesetz der Angeln und Weriner, das ist der Thüringer" beweist aufs bestimmteste, daß sie ein Mischvolk sind. Beide, Angeln und Warnen, sind aus Norden, aus Jütland und Schleswig-Holstein, nach Thüringen gezogen (vgl. Was die Sage usw., Nr. 3) und sind dort Nachbarn der Hermunduren geworden. Mit ihnen verschmolzen, bildeten sie das neue Volk der Thüringer. Diesen Standpunkt vertritt ein Teil der Geschichtsforscher. Andere aber sagen, nicht die Hermunduren haben einst Thüringen bewohnt, sondern die Cherusker. Nach ihnen sollen die Hermunduren niemals über die Saale ostwärts oder über den Main nordwärts vorgedrungen sein. Aber auch sie nehmen ein Vor-

5. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 168

1916 - Erfurt : Keyser
— 168 — esel, das Ziesel usw. In der Waldzeit waren der Altelefant, die Wild- katze. der Luchs, der braune Bär u. a. weit verbreitet. Die den Eiszeiten folgende Nacheiszeit, die den Übergang zur Jetztzeit bildete, sah an Sänge- tieren den Höhlenbären, den Höhlenlöwen, die Höhlenhyäne, das Mammut, den Riesenhirsch n. a. Es waren kälteliebende Tiere. Sie lebten aber nicht etwa ausschließlich in Höhlen, sondern man hat nur Mengen ihrer Knochen dort gefunden. Viele der zur Eiszeit und in den Zwischeneis- zeiten lebenden Tiere sind ausgestordeu, andere aber sind nach Norden gewandert, z. B. das Renntier, der Schneehase und der Lemming, andere wieder haben sich in die Steppen des Ostens zurückgezogen, z. B. das Wildpferd und der Wildesel, noch andere haben sich den Alpen angepaßt, z. B. der Steinbock und das Murmeltier. — Ein Zenge des ganzen Zeit- abschnittes war der Urmensch. Er allein war unabhängig von den Ver- ändernngen in der ihn umgebenden Natur. Er lebte am Rande der Gletscher, fristete seiu Lebeu in der Steppe und bewohnte damt den Wald, um ihn wieder mit der Steppe und der Eiswüste zu vertauschen. Immer aber war er ein eifriger Jäger, der mit Geschick alle Tiere erlegte. An den Wohnstätten der Eiszeitmenschen finden wir die Knochen fast aller Eiszeit- tiere. Wir sind so glücklich, ganz in der Nähe eine solche Wohnstätte zu besitzen, es sind die Steinbrüche von Tanbach bei Weimar. Hier hat man die Herdstellen des Urmenschen von Thüringen gefunden. Die auf- gefundenen Reste bestanden ans Holzkohle, Asche, zerschlagenen und angebraunten Tierknochen und in kleinen Werkzeugen aus Feuerstein. Selbst Schädelstücke eines Urmenschen hat man gefunden und so sicher und gewiß sein Dasein für Thüringen bewiesen. Von Ackerbau und Vieh- zncht wußte der Altthüringer nichts. Er jagte an den Ufern der Ilm nach dem riesigen Altelefanten, dem Höhlenbären, dem starken Wisent und dem Auerochsen. Die Jagd war sicher sehr schwierig. Sie gelang ihm nur dadurch, daß er die Tiere in Fallgruben fing, oder daß er sie steilen Abhängen zutrieb, von denen sie in die Tiefe stürzten. Die Herstellung von Geschirr aus Ton war ihm noch unbekannt. Man nimmt an, daß die Funde aus der Zwischeneiszeit stammen, die der letzten Eiszeit voranging. Die Erdkundigen sagen nun, daß die letzte Eiszeit wohl 24000 Jahre vor der Jetztzeit lag und daß die Zwischeneiszeit 76000 Jahre gedauert habe. Demnach lebten die Ur- thüringer iu einer Zeit, die fast 100000 Jahre zurückliegt. Nach „Der diluviale Mensch und seine Zeitgenossen usw." von Dr. K. H. Jacob. Voigtländer's Quellenbücher, Band 28 und einem Vortragsbericht von A. Reichardt im Allgemeinen Anzeiger Nr. 82 vom 23. März 1909 über „Die Kultur des Diluvialmenschen usw." von Dr. Götze, Berlin.

6. Lehrbuch der Geschichte des preußischen Staates für Schulen und den Selbstunterricht - S. 13

1826 - Erfurt : Müller
i3 Ii. Abschnitt. D i e Gründung. (S3on 1142 b{ê 1417, oder von Alhrccht dem Bär aus dem Haus? Askanien dis auf Friedrich Vi, Burggrafen von Nürnberg und Kurfürsten non Brandenburg aus dem Hause Hohcnzollern, den Stammvater des preu- ßischen Königshauses.) Sobald Heinrich der Löwe durch den Vergleich zu Frankfurt vom Kaiser in sein väterliches Herzogthum Sachsen wieder eingesetzt war, erhob dieser die abge- tcennte Nordmark zu einem vom Herzogthum unab- hängigen Fürstenthume, und gab es Alb recht dem Bären als Reichslehen. Als Bundsgenoß Heinrichs des Löwen wider den Obotritenfürsten Niklot über- schritt er die Eibe, half zuerst jenem bedeutende Er- oberungen von den Wenden zwischen der Elbe und Oder längs der baltischen Meerküste machen, wandte sich dann gegen die Wilzen und Heveller, eroberte Brandenburg, die mittlere Mark und das um den Uckersee gelegene Land bis an die südliche Prieg- v. 1147 nitz, und gab sich zuerst den Titel: Markgraf von bis 1162 Brandenburg. Er legte, seinen neuen uncivili- sirten Unterthanen für Gehorsam einen Anfang von Cultur gebend, den Grund zu mehreren Städten; am Zusammenflüsse der Havel mit der Spree entstand Spandau, am letzteren Flusse, unweit jener, eine andre Stadt, bedeutungsvoll schon vom Gründer die Perle (das Perlin, Berlin) genannt, ihr gegen- über Köln (G0i0è), gleich der erstern durch deut- sche Colonisten (Holländer, Seelander, Frieslander, Rheinländer) bevölkert. Nach dem Beispiele großer Staatenstifter der Vorzeit, zog Albrecht mit den Fremd- lingen, welche zugleich die während des verheerenden Krieges schwach gewordene Bevölkerung mehrten, germanischen Bildungsstoff, Landbau und Gewerbe in sein Land, und gab also den ersten Anstoß zu einer Maßregel, die spätere Regenten wiederholten und der Preußen noch jetzt einen großen Theil seines bessern

7. Lehrbuch der Geschichte des preußischen Staates für Schulen und den Selbstunterricht - S. 65

1826 - Erfurt : Müller
65 das Verbot alles Handels und kaufmännischen Ge- schäfts für Adel, Geistlichkeit und Bauerstand und der Befehl gegen unerlaubten Wucher aus. Bemerkenswerth ist es für den Geist damaliger Zeit im Gegensatz mit dem, was sich gegenwärtig in den sogenannten konstitutionellen Staaten zeigt, daß, — obgleich die Stande dort nach altherkömmlichem Recht gebildete Körperschaften, nicht wie hier neugeborne Machwerke waren, ihre Beschwerden und Forderungen denmach eine gewisse Legitimität hatten, — deren Verhandlungen sich niemals um den Hauptzankapfel in den heutigen Reprascntantenkammern gedreht haben: um Rechnungslegung nämlich, Verantwort- lichkeit des Landesherrn und seiner Räthe gegen die Stände, und um die Civilliste für den Hofhalt. Wenn aber auch die damaligen Stände bescheidner, also dem Fürsten erträglicher waren, so mußten sie dennoch, bei der entschiedenen Richtung, welche das System der europäischen Politik nahm, bei dem bereits ausgesprochenen monarchischen Cha- rakter des Staatenwefens, in Brandenburg nothwen- dig verschwinden, damit sich hier die souveraine Fürstenmacht geltend machen konnte, welche allein im Stande ist, mächtige Staaten auf die Dauer zu schaffen. In der Neumark hatte das Heermeisterthum des Johanniterordens sich bisher in einer beinahe voll- ständigen Unabhängigkeit erhalten. Kurfürst Johann Georg, dem das Unstatthafte eines solchen Verhält- nisses wohl einleuchtete, der aber Bedenken trug, gegen eine Körperschaft gewaltsam zu verfahren, welcher ein bedeutender Theil der von ihm als Hauptparthei seiner Zeit anerkannten Ritterschaft angehörte, machte einen gütlichen Versuch, seiner Familie einen Ein- fluß auf den Orden und dadurch Gelegenheit zu fer- neren zeitgemäßen Maßregeln zu verschaffen. Er ge- wann den Heermeistcr zu Sonncnburg dahin, daß selbiger auf einem Wahlkapitel seinen zweiten Sohn dritter Ehe, Markgrafen Joachim Ernst, zum Coad- jutor und künftigen Heermeister ernennen ließ; wo- gegen dem Orden mehrere Forderungen von geringem Werths bewilligt, den Unterthamn desselben Zollfrei- 5 »57* »575 »594

8. Lehrbuch der Geschichte des preußischen Staates für Schulen und den Selbstunterricht - S. 169

1826 - Erfurt : Müller
ì69 Daß König Friedrich Wilhelm es übrigens ernstlich mit seinem Soldatenwesen gemeint habe, geht aus der großen Sorgfalt hervor, mit der er über die Ein- übung, Zucht, Bewaffnung, Kleidung und Verpfle- gung des Heeres wachte. Sein scharfes Auge über- sah nichts, seine Strenge duldete weder Schwachen noch Mißgriffe, seine Ordnungsliebe litt keinen Wi- derspruch in Wort und That und sein frommer Sinn sorgte für nothdürftige religiöse und sittliche Bildung im Heer. In dem Ofsizieckorps hielt er das Ehr- gefühl und die Ritterlichkeit lebendig, und so gelang cs ihm, seinem Nachfolger eine Kriegsmacht von 76,000 Mann zu hinterlassen, die an Kunstfertigkeit, Dienstlüchtigkeit und Mannszucht jedem europäischen Heere damaliger Zeit vyranstand. Durch die Verbin- dung der Kadettenanstalten zu Kelberg und Mag- deburg mit der zu Berlin, brachte er eine för- dernde Einheit in den Bildungsgang der jungen Ossi- ziere; die Stiftung deö Mrlitair- Waisenhauses zeugt für seine väterliche Sorgfalt eben so sehr, a!S dis Versorgung der Invaliden. — Außerdem ließ der König durch den Ingenieurobersten Walrave Wesel, Magdeburg, Spandau, Stettin, Küstrin und Kolberg zu Festungen erstes Ranges umschaf- fen, Pulvermühlen, Stückgießereren und Gewchrfabri- ken anlegen oder verbessern, und mit den Erzeugnissen derselben seine Zeughäuser füllen. Die von ihm sorg- fältig gestreute Saat stand bei seinem Tode herrlich da und harrte des Ernters. Handel und Gewerbe mußten nothwendktz unter einem Monarchen emporkommcn, dessen Zweck und Ziel die Nützlichkeit war. Er selbst ward dev erste Handelsmann seines Reichs, um den Erwerbsinn der Kaufmannschaft und ihren Wetteifer zu beleben» Das Nahe und Gewisse jedoch zog! ihn mehr an als die weitaussehende Spekulation; deßhalb verkaufte ee die Niederlassung auf der Guineaküste, hob das Ma- rine - Collegium in Emden auf, und errichtete dafür eine russische Handelsgesellschaft, durch de- ren Betriebsamkeit die preußischen Fabrikate großen Absatz in jenem Lande fanden, dessen Bedürfnisse mit der Bildung zugleich täglich anwuchsen. 716 bis *7‘9 3722

9. Lehrbuch der Geschichte des preußischen Staates für Schulen und den Selbstunterricht - S. 232

1826 - Erfurt : Müller
Lzr ringsum siegreichen Republikaner hielten Holland und Italien besetzt, und des Kaisers Demüthigung ließ ihnen den Gewinn des linken Rheknusers hoffen, des letzten Schirmes der Unabhängigkeit des kaum noch athmenden deutschen Reiches, Oesterreichs Hilfs- quellen waren in dem mehr geistig als körperlich un- gleichen Kampf erschöpft; dieser Staat blutete aus tausend zum Theil selbst geschlagenen Wunden, die Heilung forderten. Im Osten stand das russische Reich unverletzt, vergrößert, dem Westen naher ge- »7. Nor« rückt. Mit Katharinens Tode war das System ,796 der Mäßigung verworfen worden, und als Paul I. sich in launenvoller Heftigkeit gegen Frankreich er- klärte, sank auch die letzte Scheidewand zwischen dem Norden und Süden Europa's zusammen, ward dem Slaventhum ein freier Paß *n und durch das Herz des Welttheils, durch Deutschland, vollständig ge- öffnet Immitten dieser drei Mächte stand Preußen, als deren unmittelbarer Nachbar, mit offener Granze gegen Rußland und Frankreich, ohne Seemacht jedem Angriffe von der Meerseite preisgegeben, mit bc« droheter Handelsschiffahrt, nicht ohne gegründete Be- sorgniß einer Umwandlung der Politik entweder durch Englands Geld in Petersburg, oder durch den Sie- gestaumel der Volksparthei und der Freiheitsprediger in Paris. Anschließung an Frankreich war unmög- lich; ein Erbe der Ehre und des Namens Fried- richs des Einzigen konnte nimmer Bundsgenosse der Revolution sein, die sich ihr eignes Recht, ihre eigne Politik erschaff.n, und alles, was Staatenlenker von Usurpationen, unrechtlichen Angriffen, Verachtung deö Urtheils der Zeitgenossen und der Nachwelt billig zurückhalten muß, durch ihr gewaltsames Erschüttern jeder Grundlage der Gesellschaft sammt deren Neckten zertrümmert und in die Luft gesprengt hatte. Eben so unthunlich war eine Verbindung mit Rußland. Sekt dem Frieden von Hubertsburg ist Preußen der Schirmherr deutsches Lebens und deutscher Bildung wider das Slaventhum, das, aufgeregt von dem großen Czar, zu einem furchtbar rcic!)en Dasein erwacht ist, und gleich den astatischen Bölkci.schwärmen im ptcn

10. Lehrbuch der Geschichte des preußischen Staates für Schulen und den Selbstunterricht - S. 2

1826 - Erfurt : Müller
2 Irrwege verlockt, ihn hmekngetrkeben in das Reich des Wahns, ihn Großes und Herrliches ahnen lassen im Umstürze der gött- lichen Weltordnung, der Menschheit Glück^im offenbaren Ver- kennen der Lehre vom gesellschaftlichen Vertrage, de« ren einfache und vernunftgemäße Auslegung eben so gewiß die Gesellschaft befestigt als jenes Verkennen sie auflößt. Zu den vielen in unserer Zeit und durch dieselbe verwirr- ten Begriffen gehören vorzugsweise die vom Staat und Va- terlande. Nirgends wohl— in der Religion vielleicht aus- genommen — hat sich die Sucht des Zeitgeistes, Lehrgebäude der sittlichen, geistigen oder bürgerlichen Ordnung auf eigne Hand und ohne höheren Beistand gründen zu wollen, so klar ausgesprochen als bei diesen Begriffen. Zwei solcher Ausle- gungen jener vielbedeutenden Wörter sind vorherrschend gewor- den; sie mögen kürzlich einer dritten Auslegung vorangehn, welche gegenwärtigem Lehrbuche der Geschichte des vater- ländischen Staates'zum Grunde gelegt worden ist. Die Anhänger des Systems der unbedingten Ein- heit behaupten: das Vaterland befinde sich im Volke; der Mensch, oder eine Mehrheit von Menschen erfinde und stifte den Staat, mit ihm das Gesetz, die Sprache, kurz al- les, was sich in den Begriff vom Vaterlande hineintragen läßt. Wo das Volk ist, sprechen sie, da ist auch das Vater- land. — Die Jünger des Z w e i f ä l-tig ke its - S ystem s da- gegen erklären den Boden und das Volk für die ausschließ- lichen Bestandtheile des Vaterlandes. Sie binden das Volk an den Boden; der Staat ist ihnen ein Kampfplatz, auf dem beide sich so lange feindlich mit einander tummeln müs- sen, bis die streitenden Interessen von selbst, ohne Dazwi- schenkunft eines höher» Dritten, sich in das Gleichgewicht stellen. Daß beide Systeme falsch sind und zum Werk allge-
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