Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Lehrmittel
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
2. Der kursächsische Bauer im 17. und 18. Jahrhundert.
Auch in Sachsen war der Bauernstand im 17. und 18. Jahrhundert gar übel daran. In der persönlichen Freiheit äußerst beschränkt, mit Pflichten gegen seinen Herrn überladen, in der Wirtschaftsweise allenthalben beengt, führte der Bauer ein mühseliges Leben. Seine Vorfahren hatten es um vieles besser gehabt. Wie war es gekommen, daß sich der Zustand des Landmannes so sehr verschlimmert hatte?
Nach altem Brauche galt der Grund und Boden eines unterworfenen Gebietes als verfallen. Als nun Kaiser Otto der Große (936—73) die Mark Meißen eroberte und organisierte, überwies er ein Dritteil des Landes als Lehen seinem Statthalter, dem Markgrafen; mit dem zweiten Drittel belehnte er die Kriegsleute, die das Land mit unterworfen hatten (Rittergutsbesitzer), und der Rest wurde der Kirche zugeteilt. Da nun um 1100 die Lehen erblich wurden, zogen die Grund-Herren — Markgraf, Adel und Kirche —, um ihre Liegenschaften auszunützen und dadurch ihre Einkünfte zu erhöhen, deutsche Bauern aus Thüringen, Franken, Sachsen, Schwaben und Holland herbei, die neue Dörfer in unserem Vaterlande gründeten. Die dem Landesherrn, dem Markgrafen, gehörigen Siedelungen hießen Amtsdörfer oder unmittelbare Ortschaften,
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Extrahierte Personennamen: Otto
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Sachsen Schwaben Holland
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freie Eigentümer und konnten ihr Anwesen vererben oder verkaufen. Genau so standen sich auch die deutschen Kolonisten der Oberlausitz, die im 11. Jahrhundert unter deutsche Herrschaft gekommen war.
Die Belastung des bäuerlichen Besitzes war damals also ganz erträglich und wurde auch nicht größer, als die Rittergutsbesitzer im Laufe der Zeit manche Rechte erwarben, die seither dem Markgrafen oder der Kirche zustanden, wie die Einziehung des Wachkorns (Getreide, das an die Stelle von Wachdiensten getreten war, die auf Grenzburgen oder Fürstensitzen zu leisten gewesen: für jedes Dorf 1/2 bis 6 Scheffel Hafer und ebensoviel Schock Groschen, dazu halb so viel Korn wie Hafer), der Landabgabe (für Sicherung der öffentlichen Wege durch Berittene des Landesherrn) und die Ausführung von Baufuhren (zur Herstellung befestigter Plätze, landesherrlicher Gebäude und von Kirchen). Diese Lasten hatten ja die Bauern schon getragen und durften sie, wie bisher, unter sich verteilen. Manchem kam der Wechsel sogar insofern zu statten, als jetzt der Ort, wo Geld oder Arbeit fällig waren, näher lag als seither.
Aber im 14. und 15. Jahrhundert, in den unruhigen und gewalttätigen Zeiten des Faustrechts, verschlimmerte sich die Lage der meißnischen Bauern. Wenn auch dank der Macht des Landesherrn die öffentliche Unsicherheit in Meißen nicht gar weit um sich griff, so gab es doch auch in unserem Vaterlande einzelne Ritter, die vom Stegreife lebten. Im Jahre 1382 wurde das Vorwerk Ottenhain, das damals einem Geit-hainer Ratsherrn gehörte, von Strauchdieben überfallen und ausgeplündert. Die Räuber führten ihre Beute bis an die Weiße Elster bei Prödel. Der Geitharner Rat nahm die Verfolgung auf und brachte nicht nur die geraubten Rinder zurück, sondern griff auch einen der Raubritter auf, Heinrich von Etzoldtshain. Er wurde an den Galgen geschmiedet und fein Hos abgebrannt1). Jeschke von Dohna überfiel reifende Kauf-
*) Wagner, Aus Geithains vergangenen Tagen, 1910.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Etzoldtshain Heinrich Jeschke Wagner
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die Gewalt der Fürsten stieg und die Macht und der Reichtum der Städte wuchs, desto weniger wollten auch sie zurückbleiben, um ihre Lage zu bessern. Da wußten sie sich sehr wohl zu helfen, was ihnen um so leichter fiel, als sie Gerichtsherren waren, also die Gerichtsbarkeit über ihre Hüsner ausübten (Patrimonialgerichtsbarkeit). Sie hatten zwar, als sie Kolonisten ansetzten, deren Führer, dem Lokator, welcher den Platz für die neue Gemeinde ausgewählt und begrenzt hatte, außer 2 Hufen Landes als erbliches Lehen die Polizeigewalt verliehen, also das Recht, über gewöhnliche Vergehen, wie Grenzstreitigkeiten, Sachbeschädigungen, Diebstahl, Be-leidigungen usw., zu entscheiden — sie nannten ihn Erb- oder Lehnrichter —; aber er handelte nur in ihrem Aufträge, war also bloß ihr Stellvertreter und ganz von ihnen abhängig. Seit dem 14. Jahrhundert verfuhren die Ritter nach dem Grundsätze: Macht geht vor Recht! Feldarbeit und Zinsleistungen nahmen daher immer größeren Umfang an, so daß sich der Landmann fast nur noch für den Grundherrn plagte und zusehen konnte, wie er seine eigene Wirtschaft besorgte. Auch wälzte der Adel alle Steuern, die der Landesherr für Kriegszwecke der ganzen Landschaft auferlegt hatte, auf die ländliche Bevölkerung ab.
Zu Luthers Zetten war der Bauer der geplagteste Mann im Lande. In Süd- und Mitteldeutschland griff er im 15. und 16. Jahrhunderte aus Verzweiflung zur Gewalt (Bauernkrieg), aber vergebens: der auf ihm lastende Druck wurde nur noch härter.
Wie schwer die Hand des Ritters die ländliche Bevölkerung auch in Sachsen drückte, zeigt die Kriebsteiner Gerichtsordnung vom Jahre 1573. Der Erb-, Lehn- und Gerichtsherr forderte nicht nur die früher üblichen Abgaben, sondern auch das Lehngeld (die Lehnware), wenn das bäuerliche Gehöft in andere Hände überging, gewöhnlich 5 Prozent des Taxwertes, ferner den Abzugs) und den Teilschilling2), den
1) 1 Prozent der Kaufsumme.
2) 27a Prozent des ausgezahlten Erbgeldes.
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Hufenhafer, die Hufeneier, oft auch Hühner, wenn schon teilweise gegen Entschädigung. Sobald die Kinder des Herrn heirateten, hatten die Bauern ohne Bezahlung Hühner, Eier und Getreide zu liefern, in Schweikershain auf jede Hufe einen Scheffel Hafer, eine Henne und eine Mandel Eier. Im Dorfwirtshaus mußte das Bier der herrschaftlichen Brauerei geschenkt und in der Kriebsteiner Mühle das Getreide gemahlen werden, soweit dieser Zwang nicht gegen eine Mahlsteuer abgelöst wurde. Für Versäumnisse, Übertretungen und Ungehörigfeiten belegte der Gutsherr die Untertanen mit Strafgeldern, die in seine Tasche flössen. Dazu kamen j)ie drückenden Fronen. Die Obercroffener mußten 1589 auf dem Schweikershainer Rittergute jährlich 10 Tage Spanndienste und 5 Tage Handdienste leisten. Die Bauern von Schweikershain hatten 1595 ihrem Herrn 16 Tage mit den Pferden und 16 Tage mit der Hand zu dienen und erhielten dafür täglich Brot im Werte von 2 Pfennigen. Die Feldarbeit dauerte im Sommerhalbjahre (von Mitfasten bis Michaelis) von 5—11 vormittags und 1—7 nachmittags, im Winterhalbjahre von 7—11 und 1—5. Durch Handschlag mußten die Fröner geloben, ihren Pflichten getreulich nachzukommen. Für nicht geleistete (weil nicht gebrauchte) Fronen waren für einen Tag Spanndienst 7 Groschen, für einen Tag Handdienst 2 Groschen an die Herrschaft zu zahlen.
Die Bauernkinder waren angewiesen, auf dem Gutshofe zu dienen oder ihre Dienste doch wenigstens anzubieten. Sie erhielten für ihre Arbeit einen zur damaligen Zeit sehr dürftigen Lohn: ein Großknecht 6 Gulden, ein Kleinknecht 4, eine Viehmagd ebenfalls 4 Gulden, ein Viehhirt 2 Gulden 6 Groschen und eine Gänsemagd 1 Gulden 9 Groschen jährlich.
Kein Bauer durfte Mietsleute ohne Vorwissen der Herrschaft in sein Gehöft aufnehmen. Alle Häusler und Hausgenossen hatten auf dem Rittergute gegen Tagelohn zu arbeiten ; die von Schweikershain, Butterberg, Holzhausen, Arras und Obercrossen erhielten täglich 2 Groschen, eine Frau 18 Pfennig zum Lohne. Auch gab es Botschaft zu laufen, die Meile um
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waren Landesfronen auszuführen, wie Festungs- und Schanzarbeiten, Ausbesserung von Heeresstraßen und Brücken, Vorspanndienste und Fuhren in Feldzügen, die den Pflichtigen oft monatelang von seinem Gehöfte fernhielten, und wobei er weder für sich noch für seine Pferde eine Verpflegung erhielt. Die Gemeinde verlangte Kommunalfronen: es waren die Dorfwege zu bessern, Gräben zu reinigen, die Kirchen in gutem Zustande zu erhalten, Botengänge zu verrichten, Nachtwachen auszuführen, kurz, es war alles zu tun, was in der Gemeinde im Laufe des Jahres nötig war. Der Grundherr beanspruchte Privatfronen: der Bauer mußte ihm den Acker düngen, pflügen und besäen, Getreide, Heu und Grumt mähen und ernten, das Getreide ausdreschen und in die Mühle fahren, das Vieh hüten, die Schafe waschen und scheren, den Wald lichten, Fronholz fällen, anfahren und zerkleinern, den Teich schlämmen, den Mühlgraben fegen, die herrschaftlichen Gebäude ausbessern, Bier brauen helfen, Botendienste verrichten, bei der Jagd als Treiber dienen usw. Manche Gutsverwalter teilten die Frontage in Halb- und Viertelsfronen, wenn etwa ungünstige Witterung eintrat, so daß die Pflichtigen immer weniger Zeit für die eigene Wirtschaft übrig hatten. „Wie traurig ist es, wenn der Bauer eine fremde, vorige Ernte über Land fahren muß, indes die jetzige, eigene dringend seine Gegenwart fordert; wenn er ein Prunkgebäude aufführen helfen muß, indes seine nutzbare Hütte zerfällt; wenn er oft eines leeren Höflichkeitsbriefes wegen als Bote ausgeschickt wird, indes vielleicht seine sterbende Mutter nach ihm verlangt; wenn er mit zwei, mit vier Pferden stundenweit kommen muß, um ein paar tausend Schritte weit zu fahren, was ein Pferd ziehen könnte; wenn er meilenweit kommen muß, um einige Heller Zins zu entrichten, die ihm auf immer kein Mensch erlassen kann; wenn er nach vollbrachtem Erntetage seines Herrn Hof die Nacht über bewachen muß; wenn er acht Meilen fahren muß, um einige Scheffel Magazinkorn noch vier Meilen weiter zu schaffen! So leistet der Vater zeitlebens und vermacht die drückende
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dann weiter die Aufzählung der Beköstigung bei der Heu-und Grumternte, bei Ackerdiensten, beim Fronholzhauen, Meilenfahren usw.
Zu den Fronen gesellten sich allerhand Abgaben und Geldzinsen. Der Landesherr verlangte von allen Landwirten die Landschock-, Pfennig-, Personen-, Fleisch-, Mahlgroschensteuer, das Milizgeld, die Kavallerieverpfleguugsgebühren, das Magazingetreide, die Brandkasse x) und die Einnehmergebühren; der Grundherr forderte den Erbzins, das Zinsgetreide, Geflügel und Eier, die peinlichen Kosten?), das Sehn-3) und Siegel-geld^) ; die Gemeinde erhob die Beiträge zur Verzinsung der Kommun- und Kreisschulden und die Ausgaben für die allgemeinen Bedürfnisse des Dorfes; der Ortsgeistliche beanspruchte den Korndezem, den Zinsflachs und den Fleischzins (Kuhzinsen); der Schulmeister bekam Qnartalgcld, Orgelgeld, den Maipfennig5), das Holzgeld, den Michaelisgroschen, Singumgangsgeld 6), Heiligenchristgeld, Getreide und Eier, wenn auch alles in kleinen Beträgen.
Alle diese Abgaben standen in keinem Verhältnis zu dem Reingewinn aus den Erträgnissen des Gutes. Ein Hüfner im Amte Großenhain zahlte z. B. bei einer Reineinnahme von 52 Talern 15 Groschen die jährliche Gesamtsteuer von 35 Talern und außerdem 4 Scheffel Hafer.
Die im jetzigen Amtsgerichtsbezirk Geithain liegenden Dörfer Ebersbach und Tautenhain zinsten und frönten dem Amte Colditz; Nauenhain der Herrschaft Wechselburg; Nieder-gräsenhain, Syhra und Wenigossa dem Rittergut Syhra; Ossa dem von Ossa; Ottenhain dem von Ottenhain; Altdorf teilweise der Stadt und teilweise der Kirche Geithain, ein Grundstück dem Rittergut Syhra; Frauendorf teils Königsfeld, teils dem Amte
x) 1729 wurde von August dem Starken die allgem. Brandkasse errichtet.
2) Für Ausübung der Gerichtsbarkeit.
8) Lehngeld Seite 27.
*) Siegelgeld für Beglaubigung des Lehnbriefes.
6) Für Altarschmuck zu Pfingsten (Maibäume).
e) Am Gregoriustage (12. März).
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Extrahierte Personennamen: Colditz Wenigossa August
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Colditz; Kolka teils Ossa, teils der Kirche zu Geithain; Nars-dorf teils der Stadt Geithain, teils Königsfeld und teils dem Amte Penig; Niederfrankenhain teils Syhra, teils Geithain; Niederpickenhain teils Ossa, teils dem Amte Kohren; Oberfrankenhain teils Königsfeld, teils Syhra, ein Grundstück der Stadt Geithain; Oberpickenhain teils Geithain, teils der Kirche zu Geithain, teils dem Amte Kohren, ein Grundstück dem Amte Rochlitz; Seifersdorf teils Ossa, teils Syhra, ein Gut der Geithaiuer Kirche und die unbebauten Grundstücke Königsfeld; Wickershain zum größten Teile dem Amte Rochlitz, zum kleinen Teile der Geithainer Kirche und ein Gut Königsfeld.
Zur Zeit der Besiedelung unseres Vaterlandes durch deutsche Kolonisten hatte jede Dorfgemeinde aus Vollbauern (Hüfnern) bestanden. So war's aber nicht geblieben. Wohl gelang es einigen wenigen Besitzern, den Umfang ihrer Feldmark zu erweitern, so daß sie 2 und mehr Hufen bewirtschafteten; aber bei den meisten hatte sich der Besitz verringert.
Vollbauern gab es daher nur noch wenige in jedem Dorfe. Vielmehr waren durch Erbteilung, Kauf, Tausch, Abtretungen und Kriegszeiten aus ehemaligen Hufengütern Halb-, Viertel- und fogar Achtelhufengüter entstanden. Neben diesen Teilhüfnern entwickelte sich eine zweite Klasse der ländlichen Bevölkerung, die Gärtner. Sie besaßen ursprünglich nur einen am Hause gelegenen Garten, also eingezäuntes, dem Flurzwange (s. S. 40) nicht unterworfenes Land. Dazu kam später teilweise ein bei der Kolonisation uuverteilt gebliebener Rest von Waldboden, sogenanntes Oberland, was später gerodet oder über die Ackerflur hinaus urbar gemacht worden war. Da die Gärtner ihren Besitz durch erworbene Hufenparzellen und wüstes Land immer noch vermehrten, konnten sie vom Ertrage ihrer Wirtschaft leben und wurden Kleinbauern, die man oft auch als Hintersassen bezeichnete.
Die Gliederung der ländlichen Bevölkerung schritt aber noch weiter vor. Jüngere Söhne von Teilhüfnern und Gärtnern bauten sich ein kleines Haus auf fremdem Boden mit
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seit 1786 die Gewinnung von Runkelrübenzucker betrieb. Er hatte 1801 in Schlesien die erste Zuckerfabrik errichtet. Die Stelle des Kaffees vertraten Zichorien und gebrannter Roggen, auch Eichelkaffee wurde getrunken. Viele Familien gewöhnten sich wieder daran, statt des Frühkaffees eine Mehl-, Bieroder Milchsuppe einzunehmen. Leider nahm infolge des hohen Kaffeepreises auch der Schnapsverbrauch zu.
Am wenigsten wurde die bäuerliche Bevölkerung Sachsens von der Sperre betroffen. Sie brauchte weder für die Ausübung der Landwirtschaft, noch für ihre Lebenshaltung ausländische Produkte, höchstens Kaffee und Zucker. Der Bauer litt auch nicht durch die Unterbindung des Handels mit England. Was er erzeugte, diente ihm zur Bestreitung seiner Abgaben und Leistungen an den Grundherrn (s. S. 34) und zum eigenen Verbrauch. Zum Verkauf blieb ihm demnach herzlich wenig übrig. Die Abnahme der Kaufkraft anderer Stände, besonders der Kaufleute, beeinflußte also seine wirtschaftliche Lage gar nicht. Nur ein Umstand war es, der ihn am Verdienste schädigte: in den Bauernhöfen wurde viel gespornten* Flachs und Baumwolle. Da nun die Sperre die Ausfuhr von Leinenwaren lähmte und die überseeische Baumwolle zu manchen Zeiten, besonders seit 1811, selten war, so mußten oft viele fleißige Hände feiern, was auch vom Landmann schmerzlich empfunden werden mußte.
Eher schon konnten die Rittergutsbesitzer unzufrieden mit der Sperre sein, da sie für den Absatz ihrer Erzeugnisse fürchten mußten. Wenn die Ausfuhr von Getreide erlaubt war, hatten sie Körnerfrüchte nach Hamburg verkauft, das englischer Stapelplatz für Getreide geworden war. Infolge der Sperre ging kein Körnchen mehr saal- und elbabwärts. Darum fielen seit Ende 1806 die Getreidepreise allgemein, sie zogen auch in den folgenden Jahren nicht wieder an. Der Wert der Grundstücke sank, und manche Besitzer, die infolge der früher hohen Getreidepreise Güter gekauft hatten, verarmten und wurden zahlungsunfähig. Doch wußte sich auch mancher Grundherr andere Einnahmequellen zu offnen: da
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3. Die Bauernunruhen in Kursachsen im Jahre 1790.
Der sächsische Bauer hat trotz seiner sehr mißlichen Lage zu allen Zeiten sein Vaterland lieb gehabt und seinem Fürsten die Treue bewahrt. Gegen Ausgang des 18. Jahrhunderts ist er aber doch, von Verzweiflung erfaßt, ein Empörer geworden. Gleichwohl ist es ihm auch hierbei nicht eingefallen, seinen Landesherrn zu beleidigen, gegen den sich die Bewegung gar nicht richtete, wie auch der Aufruhr nur einen Teil Sachsens ergriff, merkwürdigerweise gerade ein Gebiet, wo der Landmann in verhältnismäßigem Wohlstand lebte.
Das Jahr 1789 hatte eine ungünstige Ernte gebracht. Die Getreidepreise stiegen daher vom Frühjahre 1790 an stetig. In der Gegend um Schneeberg zahlte man im Juli für den Scheffel Korn über 4 Taler, also viermal soviel wie sonst. Wenn nun auch die neue Ernte das (betreibe verbilligte, so bauerte biefer Zustanb boch nur kurze Zeit. Dazu kam, daß bic Saat sehr durch das Wilb zu leiben hatte, das sich in den Forsten stark vermehrte. Zwar würde jeber Felbschaben gerichtlich abgeschätzt und vergütet, aber das Verfahren war so langwierig und teuer, daß für den Kläger nicht viel babei herauskam. Wollten die Bauern ihre Felber nicht einfriebigen, so mußten sie nachts wachen, um die Felbfrucht zu schützen.
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Nun geschah es, daß int Dorfe Wehlen ein Landmann feinen Wildzaun niedergelegt und einen Teil seines Feldes verwüstet fand. Darüber erregte sich die ganze Gemeinde. Mit Dreschflegeln und Stangen bewaffnet, trieben die Männer Pfingsten 1790 unter großem Geschrei alles Wild aus ihren Fluren. Die Nachbardörfer jagten das Wild weiter; die Verfolgung nahm immer größeren Umfang an, und einige Bauern würden so kühn, die Tiere des Walbes zu töten und in ihrem Nutzen zu verwenben.
Der Vorgang rief viel Aufsehen im Lanbe hervor, und Kurfürst Friedrich August Iii. beauftragte einige unparteiische Männer mit der Untersuchung des Falles. Die Beamten fanben, nachbent sie sich von dem üblen Zustanbe der Felber überzeugt hatten, die Klagen der Bauern berechtigt. Daraufhin orbnete der Lanbesherr an, daß die Forstleute das Wilb sofort abschössen, und die Gemeinden würden aufgeforbert, ihren Wilbfchaben beim nächsten Gericht anzuzeigen. Die Übeltäter blieben straflos, was im Laube große Freube erweckte.
Der Sommer des Jahres 1790 war sehr trocken. Im Juni schon hatte große Warnte eingesetzt, die sich in den folgenden Monaten noch steigerte, so daß Wassermangel und Dürre überhanb nahmen. Der Wasserstanb der Elbe war so gering, daß Schiffahrt und Handel großen Schaden erlitten, und int Erzgebirge mußten die meisten Hammerwerke (s. S. 62) und Hütten feiern. Die Wiesen sahen ganz verbrannt ans und lieferten wenig Futter. Viele Sanbleute sahen sich genötigt, ihren Viehstanb bis auf die Hälfte zu verminbern. Die teure Zeit und der Futtermangel erfüllten das Herz des Laub-mannes mit großer Sorge. Und babei sollte er, genau wie in besseren Jahren, dem Gutsherrn Abgaben und Zinsen zahlen und Frondienste leisten. Nur wenige Gutsbesitzer waren nämlich so verstänbig und mitjuhlenb, ihren Bauern in Anbetracht der Not entgegenzukommen; die meisten verlangten die schulbigen Dienste wie früher, ließen auch rücksichtslos ihr Vieh auf die Wiesen und Stoppelfelder der Bauern treiben, was den Mißmut der Lanbleute gewaltig steigerte.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich August