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1. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 2

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 2 — Es ist der alte sächsische Lohengau, in welchem wir uns hier befinden. Der Name, welcher in unserer jetzigen Sprache etwa jo viel wie „Waldgau" bedeutet, weist darauf hin, daß die Gegend hier früher sehr waldreich gewesen sein muß. Und in der That finden sich bis auf den heutigen Tag noch Spuren des früheren Waldreichtums vor. An den Ufern der Böhme und Soltau dehnten sich aber auch wohl schon damals liebliche Wiesengründe aus, den Anwohnern Futter bietend für ihre Schaf- und Rinderherden. ------- Es war im Jahre 919. Sieghaft stieg die Frühlingssonne am Himmel empor, vergoldete mit ihren Strahlen die braune Heide und spiegelte sich in den Wellen des Flüßleins, das die Neuern einer noch im Bau begriffenen Burg bespülte. Dort, wo die Soltau sich mit der Böhme vereinigt, erhob sich das Mauerwerk; über die Umfassungsmauer ragte das Dach eines Kirchleins empor, an dessen First noch die Werkleute beschäftigt waren. Auch das Wohnhaus harrte noch der Vollendung, und nur notdürftig waren erst die Räume hergestellt, in denen der Burgvogt mit seinen Knechten einstweilen ein Unterkommen gefunden hatte. Aber auch in das Gesicht eines Sachsenjünglings schien die helle Frühlingssonne, welcher, auf seinen Stab gelehnt, dem murmelnden Bache zuschaute, an dessen Ufern seine Herde weidete. Es war eine hohe, reckenhafte Gestalt. Dichtes, blondes Haar, durch ein Stirnband aus dem Gesichte zurückgehalten, fiel in natürlichen Wellen über die breiten Schultern herab; die Brust war in ein Lederwams gehüllt, welches jedoch die Arme bloß ließ, so daß der kräftige Muskelbau des Oberarms deutlich zu sehen war; die Schenkel waren mit Beinkleidern aus dunkelm Leinenstoff, mit roten Bändern eingefaßt, bekleidet, und die Füße staken in Schuhen aus ungegerbten Ochsenfellen. Unter der hohen, freien Stirn glänzten zwei feurige, blaue Augen, die Nase war etwas gebogen und um Mund und Kinn sproßte der erste Flaum. Wer den Jüngling so dort stehen sah, der konnte ihm gleich an der ganzen Haltung anmerken, daß er nicht ein Leibeigener,

2. Der Erbe von Stübeckshorn - S. 6

1889 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 6 — Bruder und Freund. Noch sollst Du wissen, daß ich eine Wallfahrt nach Rom in Welschland gemacht zum Grabe des heiligen Peter; wertvolle Reliquien habe ich von dort heimgebracht; da ich aber glaube, daß dieselben sich besser für Dich als für mich schicken, so will ich Dir dieselben zum Geschenk für Dein neues Kirchlein geben, zu deiner Freude und zur Erbauung für die Gläubigen."" Mit keinem Worte hatte der Jüngling den Greis unterbrochen; als aber dieser nun bedächtig das Pergament wieder zusammenrollte und in den Falten seines Gewandes verbarg, da sprang er auf, ergriff die Hand des Paters und sagte: „Ehrwürdiger Vater, noch nie habe ich es so. wie heute gefühlt, daß ich ein Billnng bin! Ich weiß. Du gehst hin zum Hause meines Vaters, nach Stübeckshorn, um auch ihm den Inhalt deines Briefes zu verkünden; o bitte den Vater für mich, daß er mich mitziehen lasse nach Fritzlar zur Königswahl. Ich bin nicht mehr ein Knabe; ich verstehe ein Pferd zu tummeln und das Schwert zu führen; ich will ein Krieger werden, ein Krieger, wie es meine Vorfahren gewesen sind. Gehe hinauf nach Stübeckshorn, ehrwürdiger Vater; ich will die Herde zusammentreiben, denn nicht mehr habe ich heute die Ruhe, ihrer zu warten, und ich folge Dir auf dem Fuße nach, um meine Bitten mit den Deinigen zu vereinen. Schon zu lange habe ich unthätig hier im fernen Lohengau gesessen, wärend andere Jünglinge meines Alters einen Eisenharnisch tragen und ein Schwert um die Lenden gürten". Der Mönch sah den erregten Jüngling mit wohlgefälligem Lächeln an und sagte: „Siehe, mein lieber Sohn, ich habe dasselbe gedacht, was Du soeben aussprichst, und auch schon meines Bruders Sohn Altmann habe ich es anvertraut, daß Du wohl die Rückreise mit ihm gemeinschaftlich antreten möchtest. Ja, es ist Zeit, daß Du aus der Verborgenheit hinaustrittst in die Welt und ein Krieger werdest, der es versteht, mit den Waffen in der Hand gegen die Feinde des Reiches und des Evangeliums zu streiten, und wohl will ich Deinen Vater bitten, daß er Dich ziehen lasse. Vielleicht ziehe auch ich

3. Die Supplingenburger - S. 109

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 109 — von solchem seltsamen Gebaren des Fräuleins denken sollte. Als sie so einst wiederum von der Turmgalerie in die Ferne spähte, sah sie, daß drei Reiter um die Waldecke bogen und auf das Schloß zukamen. Fast hörbar klopfte ihr das Herz in der Brust; sollte es der so sehnlichst Erwartete sein? Doch nein, er war es nicht; er kam nicht mit so geringem Gefolge; und als nun die Zugbrücke sich senkte und die Reiter auf den Hof ritten, sah sie an dem sonderbaren Aufputz derselben, daß es fahrende Sänger waren, welche kamen, um auf dem Schlosse ihre Kunst zu zeigen. Der eine war ein bejahrter Mann mit weißem, wallendem Bart und weißem Haupthaar; seine Begleiter waren jüngere Männer. Ihre Kleidung war eine auffallende; der ältere trug einen langen, weißen Mantel mit Gold- und Silberstickerei verziert und durch einen breiten, roten Gürtel zusammengehalten; die jüngeren Männer dagegen trugen schwarze Kleidung, mit Pelz verbrämt. Auf dem Haupte trugen alle drei ein rotes Samtbarett mit wallender Feder, und an den Füßen hatten sie Schuhe von rotem Leder. Auch das Zaumzeug ihrer Pferde war auffallend, mit bunten Bändern und glänzenden Muscheln verziert. Alle trugen eine Harfe auf der Schulter, und an ihrer linken Seite hing ein kurzes, breites Schwert mit kunstvoll gearbeitetem Griss. In jener Zeit, wo die Verkehrsmittel der Menschen nur höchst dürftige waren, wo nur bisweilen die Ritter auf ihren Burgen zusammentrafen, um sich an den Turnieren zu vergnügen, war der fahrende Sänger ein überall gern gesehener Gast. In den Pfalzen des Kaisers, in den Burgen der Ritter, in den Palästen der Bischöfe, ja sogar _ in den Klöstern fand er Einlaß, und oft fürstlich waren die Belohnungen, welche ihm für seine Lieder, die er halb singend, halb sprechend zum Klange seiner Harfe vortrug, zuteil wurden. Das Land, wo zuerst die fahrenden Sänger auftraten, war das wildromantische Schottland. Hier verherrlichten die „Minstrels" durch ihren Gesang das sagenhafte Heldenzeitalter der tapfern, kerni-

4. Die Supplingenburger - S. 52

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 52 — Sechstes Kapitel: Die Beratung. Wer vermöchte den Eindruck, die Wirkung zu beschreiben, den die Erzählung Rodberts auf die ahnungslose Bertha machte? Geisterbleich starrte sie ihn eine Weile an; dann aber machte sich ihre gepreßte Brust in einem lauten Aufschrei Lust, und ohnmächtig sank sie zu Boden. Rodbert trug die Besinnungslose aus ihr Lager, lüftete ihre Kleider und rieb ihr Stirn und Schläsen mit stärkenden Tropfen; aber die Nacht verging, ehe sie wieder ihre Angen aufschlug. Ihr erster Blick traf den an ihrem Lager knieenden Köhler, und mit mattem Lächeln streckte sie ihm die Hand entgegen. Er benetzte sie mit heißen Thränen und flüsterte Bertha die süßesten Kosenamen zu; dann sagte er: „Verzeihe mir, meine Tochter, daß ich Dich so erschreckte; aber es mußte sein. Schon viel zu lange habe ich damit gewartet, Dir das Geheimnis Deiner Geburt mitzuteilen; schon längst hätte ich Dich nach Supplingenbnrg zu Deiueu Verwandten führen sollen. Ich hätte es Dir dann erspart, mit mir meine Armut und Niedrigkeit zu teilen; besonders aber wärest Du von den Greueln des gestrigen Übersalles, der Dir und mir die größte Gefahr brachte, verschont geblieben. Jetzt aber ist es meine Pflicht, zu verhüten, daß Dir nicht noch einmal etwas ähnliches, und vielleicht schlimmeres wiederfahre. Und nun sieh her, hier ist das Kästchen mit den Kleinodien, von denen ich Dir sagte; sie sind von nun an Dein Eigentum; hier ist die Urkunde, welche über Deine Eltern und Deine Taufe Auskunft giebt". ' Als Bertha diese teuren Gegenstände sah, da löste sich ihr Schmerz in linden Thränen auf. „Arme, arme Mutter," sagte sie, „o wie lieb, wie lieb wollte ich Dich haben, wenn Du noch lebtest!" Sie nahm ein Stück nach dem andern aus dem Kasten und drückte es an ihre Lippen; dann aber wandte sie sich an Rodbert und sprach bittend: „Liebster, bester Vater, habe Dank für alles Gute, was

5. Der Freischöffe von Berne - S. 15

1891 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
— 15 — der heilige Bernhard von Clairveaux ihnen dasselbe geschenkt und es gesegnet habe, und die Stedinger glaubten, daß der Sieg ihnen überall folge, wohin sie dieses Kren; trügen. Nach den Priestern folgte der Freischöffe inmitten der Aeltesten des Volkes; als Zeichen seiner richterlichen Würde wurde vor ihm her ein langes, breites Schwert getragen. Der ganze, lange Zug von Männern und Jünglingen schloß sich unmittelbar an; hoch ragten aus diesem Zuge die Fahnen und Banner und die weißen Segel der Schiffer hervor, die ebenfalls nach alter Sitte an demselben teilnahmen. Auch einen goldenen Halbmond mit Roßschweifen verziert, sah man auf langer Stange über der dahinschreitenden Menge im Sonnenschein blitzen; ihn hatten Stedinger Kreuzfahrer, die mit Kaiser Friedrich Barbarossa zuni heiligen Lande gezogen waren, im blutigen Gefecht den Sarazenen abgewonnen und ihn als Siegeszeichen in der Kirche zu Berne zum ewigen Gedächtnis aufbewahrt. Den Schluß des Zuges bildeten wiederum einige Priester, welche eine große Fahne mit dem Bilde des heiligen Aegidius, des Schutzheiligen des Stedingerlandes, in ihrer Mitte trugen. Während so die Menge, nicht laut jubelnd, wie sonst wohl bei der Deichschau, sondern im düstern Schweigen dahinzog, war es den Jünglingen, unbemerkt von den Alten, gelungen, näher an einander zu treten. Zwei kräftige Gestalten, die von den übrigen zu Anführern gewählt waren, Tammo von Hnntorp und Detmar vom Dieke, gingen geschäftig von einer Reihe zur andern, überall mit leiser Stimme fragend, ob alle bereit seien zu dem geplanten Handstreich, den sie auszuführen gedachten. Statt der Antwort deuteten die Jünglinge auf ihre Brust, wo wohlgeborgen unter dem Wams das scharfgeschliffene Beil getragen wurde. Sie hatten nichts Geringeres vor, als die Vollstreckung des Urteils an dem jungen Bolko zu verhindern; doch nur im Falle ernsthaften Widerstandes wollten sie von ihren Waffen Gebrauch machen. Diesen Plan hatten die Knechte des Freischöffen am Abend des verhängnisvollen Tages ausgesonnen, und

6. Der Freischöffe von Berne - S. 117

1891 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
- 117 — Menge von Strolchen und Vagabunden, die auch herbeigekommen waren, weil hier ihnen die Aussicht auf mühelosen Gewinn winkte. Jetzt verkündeten die dumpfen Klänge der Domglocken, daß das Hochamt beendet war, und bald darauf traten in feierlicher Prozession die Priester und Mönche aus dem Gotteshause. Voran schritten die Bettelmönche, in ihrer Mitte den Ketzerrichter führend. Er glich einer wandelnden Leiche; nur die blitzenden Augen verrieten, daß Leben in diesem blutlosen Körper war. Hinter ihnen schritten die Geißler, mit wahnsinnigem Geschrei die Luft füllend, und dann kam der Erzbischof in der Mitte der Bischöfe, Prälaten und Priester, alle in ihrem höchsten kirchlichen Schmuck. Der Erzbischof fchritt unter einem golddnrchwirkten Traghimmel einher, den vier Bischöfe trugen; auf seinem Haupte trug er die Mitra, in seiner Hand hielt er den Krummstab, das Zeichen seiner hohen Würde. Totenstille herrschte unter der soeben noch so lärmenden Menge, als die Prozession sich durch sie hindurch den Weg nach der Tribüne bahnte, welche an der Nordseite des Domes auf dem jetzt Domshof genannten freien Platze aufgebaut war. Mit schwankenden Schritten, von zwei Brüdern unterstützt, bestieg Konrad von Marburg die Rednerbühne; unterhalb derselben, auf einem erhöhten Raume, nahmen der Erzbischof und seine vornehmen Gäste auf bereitstehenden Sesseln Platz, und um sie herum standen die Bettelmöuche und die Flagellanten. Jetzt begannen die Mönche einen schauerlichen Gesang — einen Bußgesang, der zum Schlachtgesang wurde: „Media vita in morte sumus! Quem quaerimus adiutorem, nisi te, domine, Qtii pro peccatis nostris iuste irasceris! Sanete Deus! Sancte, sortis, sancte et e misericors salvator! Amarae morti ne tradas nos!“ etc. etc. Es ist dasselbe Lied, welches später von Luther ins Deutsche übertragen wurde und in unsern Kirchen-

7. Der Freischöffe von Berne - S. 114

1891 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
Fauchen und Miauen begleitet. Wenn die Lieder verklungen sind, erhebt sich der Meister, verneigt sich dreimal vor dem Tiere und spricht zu ihm: „Großer Asmodi, Du oberster der bösen Geister, wir wissen, daß Du allmächtig bist und der Zerstörer genannt wirst. Schone unser, denn wir sind bereit zu Deinem Dienst; nimm auch den an zu Deinem Knechte, welcher heute hier erschienen ist, um eingeweiht zu werden in die Geheimnisse der Unterwelt". Nachdem der Meister diese Worte gesprochen hat, tritt der Schüler herzu, verneigt sich ebenfalls und spricht: „Großer Asmodi, ich gelobe Dir, Dir fortan zu gehorchen in allen Stücken!" Kaum hat er diese Worte gesprochen, so verlöschen alle Lichter, und nun verüben die Gotteslästerer Werke der Nacht, die jeder Beschreibung spotten. Haben sie ausgeschwelgt, so werden die Lichter wieder angezündet; der Kater ist verschwunden, aber an seiner Stelle steht ein Mann, dessen Oberkörper ist heller als die Sonne, unten aber ist er rauh und zottig wie ein Bock, und er erleuchtet mit seinem Glanze das ganze Gebäude. Der Meister rupft nun ein Stück Zeug aus dem Kleide des Neulings, reicht es dem Unholde und spricht zu ihm: „Dies, was mir gegeben ist, gebe ich Dir". Dieser antwortet: „Du hast mir bisher gut gedient und wirst mir künftig noch besser dienen und mir noch mehr Jünger zuführen; ich gebe Dir wieder, was Du mir gegeben hast!" Hierauf verschwindet er; den Tuchlappen aber gebrauchen die Verruchten von jetzt an als wirksamstes Zaubermittel. Dann gehen sie auseinander und eilen ihren Wohnungen zu, der eine hierhin, der andere dorthin. An Stelle der vertriebenen, erschlagenen und gekreuzigten Priester haben sich die Stedinger andere Männer zu Bischöfen und Priestern gewählt, welche in gottlosen Freveln ihre Brüder überbieten. Jährlich am heiligen Ostertage feiern sie ihr höchstes Fest ihrem Gott, und dabei teilen sie auch ein höllisches Abendmahl aus, wobei auch den Laien der Kelch gereicht wird, wodurch sie das hochheilige Sakrament des Altars verspotten und ver-

8. Die Burgfrau von Ahlden - S. 32

1893 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
— 32 — blickte, war Frau Eleonore. Ihrem Scharfblicke war es nicht verborgen geblieben, daß nur ihrer Tochter großes Vermögen die Ursache war, wenn jetzt von Hannover ein anderer Wind wehte, daß aber im übrigen die Gesinnungen der Verwandten noch dieselben waren, wie ehedem. Aber es war vergeblich, daß sie ihre warnende Stimme erhob. Ihr Gemahl Georg Wilhelm war durch die Worte Platens und Berustorsfs ganz und gar überzeugt, daß nur Glück aus dieser Verbindung erblühen werde, und selbst ihre Tochter sah mit jugendlichem Leichtsinn darüber hinweg, daß der Bräutigam immer noch verzog, nach Celle zu kommen und die Braut zu begrüßen. Statt seiner kam nach einiger Zeit Graf Platen noch einmal im Auftrage seines Herrn mit der Meldung, daß der Kurprinz bereitwilligst seine Zustimmung zu dem Heiratsplane gegeben habe und daß selbst die Kurfürstin demselben nicht mehr abgeneigt sei. Alles, meldete er, sei bereit, die Braut zu empfangen; im Schlosse werde eine ganze Zimmerreihe neu eingerichtet, um ihr als Wohnung zu dienen, und die Bürgerschaft der guten Stadt Hannover sinne bereits darauf, wie man der neuen Herrin eine glänzende Huldigung bereiten könne. Zugleich brachte Graf Platen im Namen des Prinzen herrliche Geschenke für die jugendliche Braut, — und obgleich es ihr nicht an Schmucksachen und Geschmeide fehlte, so hatte sie doch eine kindliche Freude an den glänzenden Sachen, die ihr erstes Brautgeschenk bildeten. Stundenlang saß sie am Schmuck' kästchen und ließ die kostbaren Steine und Perlen durch ihre zarten Finger gleiten, befestigte dieselben in ihren üppigen blonden Haaren und beschaute sich im Spiegel, und sie stellte es sich vor, wie herrlich diese Kleinodien glänzen würden im Wiederschein der unzähligen Kerzen bei den prunkhaften Hoffesten im kurfürstlichen Schlosse zu Hannover, die ihr so feenhaft geschildert worden waren, denen sie aber niemals beigewohnt hatte. Jetzt aber, so träumte sie, sollte sie der Mittelpunkt dieser Feste werden, und noch mehr als aller Schmuck würde sie selbst strahlen im Glanze aufrichtigen Glückes an der Seite

9. Die Burgfrau von Ahlden - S. 92

1893 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
— 92 — zwischen denselben die reich betreßten Diener umher, jedes Winkes der hohen und höchsten Herrschaften gewärtig. In dem großen Empsangsaale stand der Kurfürst mit dem Kurprinzen und verschiedenen Herren des Hofes und des hohen Adels in lebhafter Unterhaltung. Dieselbe drehte sich um die neuesten Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze in Ungarn und am Rhein, wo auch kurhannoversche Truppen zusammen mit kurbraudeuburgischen und kaiserlichen gegen die gemeinsamen Feinde fochten. Graf Königsmark befand sich ebenfalls unter dieser Gruppe. Er war heute strahlender als jemals. Die knappe, stattliche Uniform mit der breiten gelb-weißen Schärpe stand vorzüglich zu dem jugendfrischen Gesichte; die linke Hand ruhte auf dem Degenknopfe, während er mit der rechten die Enden seines Schnurrbartes drehte. Ja, zweifellos, er war die herrlichste Erscheinung am ganzen Hofe, und es war kein Wunder, daß die Augen der Damen mit Wohlgefallen auf ihm ruhten. Ein heiterer Tusch verkündete jetzt die Ankunft der Kurfürstin und der Damen des Hofes. Galant ging der Kurfürst seiner Gemahlin entgegen, reichte ihr die Hand und geleitete sie zu ihrem Sitze, und dasselbe that der Kurprinz mit seiner Gemahlin. War Königsmark unter den Herren, so war gewiß Sophie Dorothea die glänzenbste Erscheinung unter den Frauen. Wunberbar herrlich kleibete sie das langschleppende Gewand aus hellblauer Seide; in ihren Haaren schimmerten, gleich Tautropfen, glänzende Diamanten, den schönen Hals schmückte eine Perlenschnur. Aber ihr Gesicht war, wie gewöhnlich, ernst, mit einem Zuge der Trauer, der nur verschwanb, wenn ihr Auge dem des stattlichen Offiziers begegnete, welcher wohl der einzige in dieser Gesellschaft war, der ein Verständnis hatte für ihren Kummer. Daun begannen die bei solchen Gelegenheiten üblichen Begrüßungen und Vorstellungen, während welcher Zeit die Musikanten ihre Instrumente stimmten, um gleich darauf die erste Polonaise zu beginnen.

10. Die Burgfrau von Ahlden - S. 99

1893 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
— 99 - schuh der Prinzessin in die Hände jener Dame kam, das, Hoheit, das weiß auch ich nicht". „Aber ich weiß es!" rief jetzt Eva, die ebenfalls hinzugetreten war. „Ihre erlauchte Gemahlin, mein Prinz, reichte in der Gesellschaft einen ihrer Handschuhe herum, weil die Damen die kunstvolle Stickerei desselben zu sehen wünschten. Der Handschuh ist der Prinzessin nicht wieder überliefert worden, wohl aber ein anderer, ähnlicher. Es liegt eine absichtliche Täuschung vor, man hat es gewagt, ein leichtfertiges, frevelhaftes Spiel zu treiben!" Mit einem Male wurde es Königsmark klar, daß die Platen den Handschuh entwendet und ihn absichtlich, als sie den Kurprinzen erkannte, in dem Gartenhause liegen ließ. „Großer Gott", dachte er, „so wäre ich fast das willenlose Werkzeug in der Hand einer abgefeimten Betrügerin geworden, um die völlig schuldlose, engelsreine Prinzessin zu verderben!" Ihn schwindelte bei dem Gedanken; er mußte sich an der Lehne eines Stuhles halten, um nicht umzusinken. „Kommen Sie mit mir, Hoheit", sagte er zu dem Prinzen; „Ihnen, aber auch nur Ihnen will ich es sagen, wer die Dame war, die Sie bei mir gesehen. Meine Ehre erheischt es, daß Sie es wissen. Wenn Sie wollen, mögen Sie vor sie hintreten und es ihr ins Gesicht sagen, daß ihr Betrug mißlungen ist; aber mißtrauen Sie niemals wieder Ihrer erlauchten Gemahlin!" Er verließ mit dem Prinzen das Gemach; als aber die Thür sich hinter ihnen geschloffen hatte, machte sich bei Sophie Dorothea das gepreßte Herz in lautem Schluchzen Luft, und halb ohnmächtig mußte sie ins Bett getragen werden. Noch an demselben Abend trat der Kurprinz zu der Gräfin Platen, und sagte ihr: „Ich habe die Ehre, Ihnen Ihren Handschuh wieder zuzustellen, den Sie verwechselten. Den echten habe ich selbst gefunden; Sie werden wohl wissen, wo, Sie werden auch wissen, wer ihn dorthin legte". Erbleichend hörte die Gräfin diese Worte. Sie wollte etwas erwidern, aber kein Wort kam über ihre 7*
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