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1. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 79

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 79 — lästige?" Und Satan: „Ei ja wohl Hab' ich es gesehen; wenn du es mir aber gäbest, dann sollte es dir nicht mehr zur Last fallen !" „Nun, ich geb' es dir, doch unter der Bedingung, daß du es aus der Welt hinausschaffest." Da ging Satan vergnügt und froh hinweg und richtete einen großen Sack her, in den er alle Westfalen steckte und dann in die Lnft flog, um dieselben aus der Welt fortzuschaffen. Als aber diesen die Sache verdächtig vor- kam, begannen sie zu knurren und bereiteten ihrem Träger so viel Last, daß er vor Müdigkeit auf einem Berge den Sack niedersetzen mußte. Kaum fühlten dieselben sich wieder auf festem Boden, als sie alsbald den Sack zerrissen und davon flohen, daß keiner seines Nächsten mehr gedachte, und so ist es gekommen, daß sie in alle Welt zerstreut wurden. Als aber Satan wieder zum Herrn kam, machte dieser ihm Vorwürfe und fprach: „Nun, was hast du thun wollen? Ich hatte dir die Westfalen gegeben, damit du sie aus der Welt sortschaffen solltest, und du hast sie im Gegenteil über die ganze Welt zerstreut!" Jener aber: „Halt es mir zugute, Herr! Du kennst ja das Volk, wie hartnäckig es ist, weder auf mich, noch auf dich wollen sie hören. Sieh, ich geb' sie zurück in deine Hände; mache mit ihnen, was dir gut dünkt." Legende. Der niedcrsächsische Volksstamm. Innerhalb des norddeutschen Tieflands westlich von der Elbe an wohnen die Nachkommen des niedersächsischen Stammes, der südlich bis in die zunächst angrenzenden Gebirgslandschaften, nörd- lich bis zu dem Küstensaum der Friesen, nordöstlich bis zu der Eider und dem Tannewerk, den alten Grenzen der Dänen gegen die Deutschen, und westlich bis nahe an den Rhein in der Ebene, seinem Lieblingsaufenthalte, ausgebreitet faß. Kenntlich als ein Stamm durch die niederdeutsche Sprache, wenngleich sie in mehrere Mundarten zerfällt, hat er zugleich mancherlei eigentümliche Sitten und Einrichtungen bewahrt. So erinnert uns zugleich bei dem Eintritte in diese Gegenden noch heute das westfälische Bauernhaus daran, daß wir uns in dem alten Sachsenlande befinden — ein

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1. Westfälische Heimatgeschichte - S. 4

1913 - Münster (Westf.) : Coppenrath
— 4 — Seite Die westfälischen Lande unter den Kurfürsten Brandenburgs.....................................55 Der Fürstbischof von Münster Christoph Bernhard von Galen..............................56 Westfalen unter Friedrich Wilhelm 1..........................................58 Westfalen im 7jährigen Kriege..........................................................60 Die Schlacht bei Minden......................................................................61 Die Schlacht bei Vellinghausen...............................................................61 Die Sorge Friedrichs des Großen für Westfalen^..............................................63 Freiherr Franz von Fürstenberg.........................................................65 Wie kamen die Bistümer Paderborn und Münster an Preußen?...........................67 Der Friede zu Tilsit................................................................................68 Das Königreich Westfalen............................................................................69 Westfalen in den Freiheitskriegen......................................................70 Die Huldigung der Provinz Westfalen.................................................................72 Der westfälische Bauernstand vor 1807 .................................................. 73 Westfalen im Jahre 1848 75 Die Westfalen im Kriege 1864 ...................................................................... 76 Die Westfalen im Kriege 1866 .... 77 Unser 1. Westfälisches Infanterie-Regiment Nr. 13 im Kriege 1870/71 .... 77 Westfalen in neuerer Zeit................................................ .... 79 Literatur...............................................................................84 Zeittafel und Notizen.................................................................85—88

2. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 83

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 83 — Zeit umschließen. Die weit von einander liegenden, meist in Baum- gruppen versteckten Höfe der Bauern, sowie der Mangel an größeren Städten tragen auch zur Eigentümlichkeit des Landes bei. Be- sonders ansprechend aber sind die alten Eichenwälder, die von kleinen Bächen durchrieselt werden. Gar malerisch sehen die oft dicht mit Epheu umrankten riesigen Eichenstämme und Buchen aus, in deren Zweigen Hunderte von Finken, Kreuzschnäbeln und andern Wald- vögeln nisten. Ein Fichtenbaum ist eine Seltenheit in Westfalen. Die Bevölkerung Westfalens teilt sich eigentlich in drei Klassen, in Adel, Geistlichkeit und Bauern. Ter Bürgerstand ist so zu sagen nur aus letzteren hervorgegangen. Ter Bauer ist das eigentliche Grundelement der Bevölkerung. Auf seinem von Vorfahr auf Vorfahr fortgeerbten Grundstück dünkt er sich ebenso viel, als der Nachbar Edelmann auf seinem Stamm- schloß. Mancher soll sehr bedeutendes Vermögen haben, obgleich die Häuslichkeit deshalb um nichts vornehmer ist als die der minder reichen; nur die Gebäude sind größer, der Viehstand umfangreicher. Auf Leiuenzeng hält der westfälische Bauer und Bürger besonders viel. Es ist eine Ehrensache, nicht öfter als im Frühjahr und im Herbst Hanswäfche zu halten und dann sechs Monate mit dem Vor- rat ausreichen zu können. Ter Westfale ist von stämmigem Körperbau, hat frische Farbe, mattblaue Augen, blonde Haare, ist schweigsam, ruhig, kaltblütig, streng, sittlich. Ter Grundzug im Charakter der Westfalen aber ist das Beharren beim Alten. Sie zeigten dies schon damals, als sie unter Hermann die Römer bekämpften. Tie Liebe zum Fremden, die sonst den Deutschen eigen ist, findet man bei den Westfalen nicht. Nirgends giebt es eine größere Anhänglichkeit an die Scholle, nirgends eine kräftigere Absperrung gegen das Neue und Fremde als gerade hier. Nirgends hielten die altdeutschen Rechtseinrich-- tnngen länger aus als in Westfalen, nirgends behauptete sich die Schöffengerichtsverfassung länger als hier. Eine Folge der Liebe zum Bestehenden ist auch der Rechtssinn. Eine andere Eigentümlichkeit der Westfalen ist der Hang zur Ab- sonderung, der Mangel an Sinn für das Allgemeine. Ter Land- 6*

3. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 30

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 30 — Seine Majestät der König dankte dem Redner in folgenden, mit Bewegung gesprochenen Worten: „Mit Dank gegen die Vorsehung nehme Ich die erneuerten Ge- löbnisse der Treue und Ergebenheit der Provinz Westfalen entgegen, wie sie Mir soeben dargebracht worden sind. Die Gelöbnisse wurzeln in dem Gefühle der Dankbarkeit für die Segnungen, welche die väterlichen Regierungen Meines königlichen Vaters und Bruders über diesen Landesteil ergossen haben. Diesen Dank an deren Statt entgegennehmen zu sollen, gewährt Mir eine hohe Genngthuuug. Tie heutige Feier reihet sich an die gleiche dreier anderer Provinzen, die, wie Westfalen, nach einer verhängnisvollen Trennung mit Preußen wieder vereinigt wurden oder neu hinzutraten. So schließt denn mit heute an einem in so vieler Hinsicht bedeutungsvollen Tage die Jubelfeier fast der Hälfte der Monarchie für die Wohl- fahrt, das Gedeihen und Aufblühen dieser Landesteile nach einer fünfzigjährigen Vereinigung unter Preußens Scepter. Der Blick auf Westfalens Gefilde giebt Zeugnis von den Fortschritten, die ein fünfzigjähriger Friede ermöglichte. Und da, wo dieser Friede auf kurze Zeit unterbrochen wurde, gaben Westfalens Söhne Zeugnis, daß sie in Heldenmut und Hingebung ihren Voreltern gleich waren, und hefteten durch glorreichen Sieg neuen Ruhm an Preußens Fahnen. Möge die Gesinnung, die sich Mir heute kuudgiebt, eine glückliche Vorbedeutung sein, daß nach einem abermaligen halben Jahrhundert gleiche Wohlfahrt und gleiche Treue iu Westfalen angetroffen werde! Das walte Gott!" Der älteste brandenburg-preußische Besitz in Westfalen ist das frühere Bistum und Fürstentum Minden, das infolge des west- fälischen Friedens 1648 dem großen Kurfürsten zufiel. Im Jahre 1666 erhielt er endgültig dazu die Grafschaften Ravensberg und Mark, die als Teile des jülich-clevischen Erbes schon vorläufig seit 1609 von Johann Sigismund und dessen Nachfolger Georg Wilhelm verwaltet waren. 1702 vereinigte Friedrich I., der erste König in Preußen, die Grafschaft Lingen im Norden von Westfalen mit seinen Landen, und zwar wegen seiner Verwandtschaft mit den Oraniern, welche dieselbe früher besessen hatten, jetzt aber in der

4. Bd. 1 - S. 818

1883 - Leipzig : Engelmann
818 Das Mittelaker. §. 448. j ernannt, bald einen besonderen Stand bildeten. Mit der Auflösung der alten Gauverfassung und der Ausbildung der Territorialhoheit wurden die alten königlichen Gerichtshöfe mehr und inehr durch die fürstlichen Hofgerichte verdrängt und die schöffenbaren Geschlechter, in denen die Richterwürde nicht selten erblich ward, nahmen bald den Charakter einer geschlossenen Genossenschaft an; doch dauerten im Ganzen die herkömmlichen Gerichtsformen mit Mündlichkeit, Oeffentlichkeit und persönlichem Erscheinen der Parteien, mit Eid und Eideshelfern, mit Urkundenbeweis und Zeugenverhör bei den Dingstühlen in alter Weise fort. Nur in Westfalen erhielt sich neben den herrschaftlichen Gerichten noch ein Stück der alten Volks- und Grafengerichte in den „Freistühlen", wo ein Ding- oder Freigraf mit den zum Freistuhl gehörenden Schöffen über die demselben unterworfenen Freien und deren Freihöfe unter Königsbann Recht sprach. In dem abgeschlossenen Westfalen, wo Anhänglichkeit an die überlieferten Rechtsordnungen und an die alte Freiheit zum Volkscharakter gehören, behaupteten sich also die alten Volksgerichte in unmittelbarer Unterordnung unter den Kaiser. Im dreizehnten Jahrhundert, als mit dem Verfall der höchsten Gewalten in Staat und Kirche überall in den unteren Schichten der Nation neues Leben sich regte, erhielten auch die westfälischen Volksgerichte neuen Aufschwung und neue Lebenskraft. Die Sage knüpfte diese Veränderung an den durch seine strenge Gerechttgkeirspflege bekannten Erzbischof Engelbert von Köln, der, seitdem das Herzogthum in Engern und Westfalen im I. 1180 an den Erzstuhl gekommen, zu den alten Freigerichten in nähere Beziehung getreten war. Von der Zeit an streiften die Gerichte der heil. Fehme den Charakter blos territorialer Gerichtshöfe ab und dehnten als allgemeine Landes- und Reichsgerichte, bei denen der Erzbischof von Köln und Herzog von West- j salen die Würde eines Oberstuhlherrn und kaiserlichen Stellvertreters inne hatte, ihre Gerichts- j barkeit über die Grenzen Westfalens aus; zugleich wendeten sie sich ausschließlich der Pflege res j peinlichen Rechts zu und nahmen, begünstigt durch die allgemeine Rechtsunsicherheit in der „kaiser- j losen schrecklichen Zeit", die Bestrafung einer bestimmten Classe von Verbrechen „gegen Gott, Ehre j und Recht" als besonderes Vorrecht, als „Fehmwroge" für sich in Anspruch. Und um ihren richterlichen Urtheilen Nachdruck zu verleihen und die Vollstreckung zu ermöglichen, umgaben sie ‘ sich mit den Schreckmitteln eines geheimen Justizverfahrens. Neben den öffentlichen Sitzungen, ] wo jeder freie Mann Zutritt hatte, wurden andere eingerichtet, woran nur Freischöffen unter dem Vorsitz des Freigrafen Theil nehmen konnten. In diesen „Stillgerichten" wurde die Anklage untersucht, und bei erwiesener Schuld im Geheimen die Acht über den Frevler ausgesprochen. ' Eine vorhergehende „Ladung" vor die Fehme wurde erst in der Folge allgemein gebräuchlich. War die Acht erkannt, so lag jedem Schöffen die Pflicht ob, den Spruch des heimlichen Gerichts I an dem Verurtheilten, wo er nur immer dessen mächtig werden konnte, zu vollstrecken. Heimlich, j wie die Verurtheilung, erfolgte auch die Vollstreckung des Urtheils. Zu dem Zweck wurden, je mehr daö Fehmschöffenthnm auch außerhalb Westfalens sich über ganz Deutschland verbreitete, i eine Vermehrung der Mittvirfendeii und eine strengere Ordnung und Gliederung des Ganzen j eintrat und somit eine gegenseitige Unterstützung und Handreichung zur Nothwendigkeit ward, geheime Erkennungszeichen eingeführt, die bei der Aufnahme als Freischöffe unter der Verpflichtung zur unverbrüchlichsten Verschwiegenheit mitgetheilt wurden. Dieses Verfahren war vom Reiche als durchaus gesetzlich anerkannt, und davon wurden die Schöffen die „Wissenden", im Gegensatz zu den „Unwissenden" oder „Nichtnussenden" genannt. Der Act der Ausnahme war sehr feierlich, ! und konnte nur an einem Stuhle in Westfalen in der heiligen Acht geschehen. Knieend, mit entblößtem Haupte legte der Aufzunehmende den Schöffeneid ab, „daß er die Fehme heimlich halten und hüten wolle vor Sonne und Mond, vor Wasser und Feuer, vor aller Lreatur, vor Vater und Mutter, vor Schwester und Bruder, vor Mann und Weib, vor Weib und Kind, vor Sand und Wind, außer vor dem, der ein Freischöffe sei, daß er Alles, was vor die Fehme gehöre, vor diesen ober einen andern Freistuhl bringen, und dies nicht lassen wolle um Lieb noch Leid, weder um Silber noch um Gold, noch um irgend eines Dinges willen, das Gott geschaffen habe". Nachdem er diese vorgeschriebene Eidesformel gesprochen, theilte ihm der Freigraf die heimliche Losung mit, die rätselhaften vier Worte: „Strick, Stein, Gras, Grein," nebst beigefügter Erklärung. Auf j Verrath des Geheimnisses stand Todesstrafe. Fähig zum Freischöffen war jeder erprobte treue j verständige Mann vom freien Landmann bis zum Kaiser. Sobald der Aufgenommene mit den Privilegien und Gebräuchen des Gerichts bekannt gemacht war, galt er als „echter, rechter Schöffe der heiligen Acht"; er hatte Zutritt zu allen heimlichen Gerichten der rothen Erde und stand gleich- j satu unter dem Schutz der Fehme. „Er konnte jederzeit als Kläger auftreten, durch seinen Eid

5. Teil 3 - S. 509

1906 - Berlin : Klinkhardt
— 509 — 33et dem Dorfe Harsleben mußten wir von den Fuhrwerken herunter, und es wurde angetreten. Der Herzog war ganz vorn und ordnete den Angriff auf eine Abteilung Westfalen an, die zwischen dem charsleber und Aühlinger Tore uns zu erwarten schien. Tine Schwadron unserer Husaren mußte im Trabe vorgehen und ein Geschütz verdecken, welches unmittelbar hinter den Reitern herfuhr und in dem Augenblick abprotzte, wo die Husaren links und rechts abschwenkten. Tin paar Lagen von Aartätschkugeln, die ab- gefeuert wurden, schienen den Westfalen, die man in ihren weißen Röcken deutlich sehen konnte, sehr überraschend zu kommen. Tie schossen, ohne Schaden anzurichten, in einer Salve ihre Gewehre ab und machten dann, so schnell sie konnten, daß sie in das nahe Tor der Stadt kamen. Major Aorfes wollte mit uns gleich hinter den Westfalen in die Stadt hinein, aber diese hatten das Tor so stx verrammelt, daß es nicht möglich war, hineinzukommen. Zu gleicher Zeit erkletterten ste den ziemlich hohen Torturm und besetzten die Stadtmauer, die etwa zwanzig Fuß hoch war, so daß wir nir- gends herankonnten. Tinige versuchten nun Feuer an die hölzernen Torflügel zu legen. Wir konnten aber den Trsolg nicht mehr ab- warten, weil wir uns sofort nach rechts hinwenden mußten, unr gegen das Aühlinger Tor vorzugehen. Da ich hier überall Bescheid wußte, so mußte ich immer in der Nähe des Hauptmanns bleiben, um ihn auf den nächsten Weg zu führen. (Obgleich wir sozusagen unter den Mauern entlang marschierten, über welche wir die Aöpse und Gewehre der Westfalen hervorgucken sahen, und obgleich diese vielfach aus uns schoflen, so hatten wir aus diesem Wege von einem Tor zum anderen doch nur wenig Verluste, da uns die Bäume in den Anlagen guten Schutz gewährten.^ f}kr vor dem Aühlinger Tore war es ganz ebenso wie vor dem Harsleber Tore. Die Torflügel waren fest verrammelt, und der Turm, der eine mit Schiefer bedeckte Spitze hatte, war ebenso wie die Mauern dicht von Westfalen besetzt, hinter einem Zoll- einnehmerhäuschen, das nahe vor dem Tore lag, traten wir zum Tturm an; aber obgleich nun alle mit Hurrageschrei gegen die Stadt vorstürzten und einige auch Beile zur Hand hatten, um das Tor einzuschlagen, so war es doch vergeblich und verhängnisvoll. Tine Anzahl unserer Leute wurde von den Äugeln der Westfalen niedergeworfen. Den Torflügeln, die außen nur Bohlen zeigten, inwendig aber starkes eichenes Balkenwerk hatten, war mit den Beilen nicht beizukommen. Wir mußten so schnell wie möglich

6. Bd. 3, Abt. 1 - S. 59

1891 - Cöthen : Schulze
— 59 — weit über die ursprünglichen Grenzen auszudehnen strebten, so auch die westfälischen Vemegerichte. In Westfalen hatte sich nämlich der Brauch erhalten, daß der Besitzer der alten echten Dingstätten, der sog. Stuhlherr, dem von ihm eingesetzten Richter (Freigrafen) den Bann nicht selber verlieh. Vielmehr empfing der Freigraf den Königsbann noch immer vom Könige unmittelbar. Das alte Grafengericht, als dessen Überbleibsel das Veme- oder Freigrasengericht zu betrachten ist, hatte seine vormalige Bedeutung fast gänzlich eingebüßt. Einen Freienstand gab es in Westfalen noch weniger als anderswo. Die als Schöffen zur Wahrnehmung der Gerichtssitzungen verpflichteten Männer führten den Namen „Freie". Ihre Güter aber standen im Abhängigkeitsverhältnisse zu einem Stuhlherrn und waren mit der Schöffenpflicht belastet, wie andere Güter mit sonstigen Fronden und Diensten. Das zum Schatten herabgesunkene Gericht erhielt in: 14. Jahrhundert eine neue Belebung. Die oben erwähnte Beziehung zum Könige diente als Handhabe. Namentlich einige Erzbischöfe von Köln versuchten mit Hülse der Freigrafengerichte eine Territorialgewalt in Westfalen zu begründen. Hießen sie doch seit dem Sturze Heinrichs des Löwen Herzoge von Westfalen. Sie brachten es dahin, daß wenigstens ein Teil der Stuhlherren ihre Freigrafen zur Beleihung mit dem Königsbanne ihnen und nicht mehr dem Könige unmittelbar präsentierten. Von Karl Iv., besonders aber von Sigmund unterstützt, wußten sie die Vemegerichte als Reichsgerichte in Aufnahme zu bringen. Diese seltsamen Reichsgerichte erhoben dann den Anspruch, über das gesamte Reich hin ihre Gerichtsbarkeit zu erstrecken. Da die einzelnen Stuhle nicht immer über eine ausreichende Zahl von Schöffen verfügten, so bildete sich die unerhörte Sitte, daß jeder Schöffe (Freischöffe) an jedem Stuhle Urteil finden konnte. Die mancherlei Vorteile, welche mit der Stellung dieser Freifchöffen verbunden waren, lockten viele auch nichtwestfälifche Männer an. Die Aufnahme unter die Zahl der Schöffen beruhte nicht wie vordem auf der Wahl durch die Gerichtsgemeinde, sondern auf der Empfehlung durch Freifchössen. fco stellten diese eine ordensähnliche Gemeinschaft dar, welche sich selber ergänzte. Es konnte nicht fehlen, daß unwürdige Personen eindrangen. Jeder der etwa 50 Vemestühle nahm für sich die gleiche Zuständigkeit in Anspruch. Das mußte zu unleidlicher Verwirrung führen, sobald der an einem Stuhle Verklagte seinen Kläger vor einem anderen Stuhle belangte. Dazu kam bald eine arge Bestechlichkeit. Endlich fehlte es an einer Obrigkeit, welche den

7. Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland - S. 136

1883 - Leipzig : Spamer
136 Land und Leute in Westfalen. alten Sitten und Bräuchen. Daher kam es denn auch, daß sich die Femgerichte so lange in Westfalen erhielten. So erscheint dem Fremden oft das Wesen der Westfalen verschlossen, unzugänglich, wenig mitteilsam, gegen Neuerungen und Luxus abwehrend und mißtrauisch. Ein Sprichwort sagt, „man müsse mit einem Westfalen erst einen Scheffel Salz gegessen haben, ehe man mit ihm warm werde." Man kann sich oft die Zunge lahm schwätzen und bekommt von ihnen keine andre Antwort als: „Nu eben" oder: „Das soll wohl sein!" — Ihr derbes, oft ungeschlachtes, an die Hünen der Vorzeit erinnerndes Äußere hat die launige Anekdote veranlaßt, daß einst Jesus mit Petrus beim Spaziergange mit dem Fuße an knorrige, auf der Erde liegende Eichstämme angestoßen wären, worauf sich diese plötzlich belebt und als Westfalen vorgestellt hätten. Andre Anekdoten und Sprichwörter über westfälischen Volkscharakter haben wir im vorigen Bande in den beiden vorletzten Kapiteln mitgeteilt. Ihr offenes, ehr- liches Wesen, fern von aller Glätte und Heuchelei, vermöge dessen sie alles un- geniert heraussagen, hat sie wohl auch bei aalglatten Handschuhgecken in den Verruf der Grobheit gebracht. Am ungünstigsten urteilen deshalb die verwöhnten Franzosen über sie. Besonders hat der boshafte Voltaire es die Westfalen entgelten lassen, daß sie ihn zu Brackwede bei Bielefeld für den großen „Apen" (Leibaffen) Friedrichs des Großen gehalten und ihm sogar mit Stöcken auf seine knöcherigen Finger schlugen, die er zum Kutschenschlag herausstreckte. Er nennt ihre Wohnungen „große Hütten, darinnen „Tiere" leben, die man Nienschen nenne, vermischt und traulich mit andern Haustieren zusammen", und ein an- drer Franzose sagt, wenn man von Westfalen nach Holland komme, sei es einem, als ob man „aus einem Schweinestalle in einen niedlichen Garten trete." Damit nun der Leser einen richtigen Begriff von dem Aussehen eines echten westfälischen Bauernhauses und dem Leben darin erhalte, wollen wir es versuchen, nach eigner Anschauung ein Bild davon zu entwerfen, das die Mitte halten soll zwischen boshafter Entstellung und voreingenommener Übertreibung wie Idealisierung und Verschönerung. Bei uuserm Besuche passierte uns aller- dings etwas Komisches, das aber wohl jedem Städter in einem Bauernhause begegnen kann. Aus unser neugieriges Fragen nach allen Räumen öffnete uns die mißtrauische Eigentümerin, die wohl in uns so etwas wie einen „Steuer- boten" gewittert haben mag, mit einiger Bosheit auch einen unnennbaren Raum, begleitet von einer nicht zu wiederholenden Einladung. Hin westfälischer Bauernhof. Wir stehen vor einem großen ein- stöckigen (bisweilen auch zweistöckigen), aus weiß und gelb angestrichenen Wänden von Fachwerk bestehenden, nur mit Stroh gedeckten Wohnhaus, von dessen Giebel zwei Pferdeköpfe in Holz geschnitzt herabschauen. Die ziemlich bedeutende Länge ist in drei Teile geteilt. In der Mitte der Giebelseite befindet sich die Haupt- öffnnng, zugleich die Einfahrt, welche zunächst auf die Tenne führt. Zu beiden Seiten, rechts und links von der Tenne, sind die Pferde- und Kuhställe, über ihnen die Speicherräume zur Aufbewahrung des Futters. Wenn wir also durch den Haupteingang in das Wohnhaus eintreten, kann es uns allerdings passieren, daß uns zuerst das liebe Vieh „Guten Tag" zubrummt und uns dazu noch umgekehrt mit den wedelnden Schwänzen empfängt. Wir überschreiten die durchaus nicht schmutzige, sondern glattgefegte Tenne und kommen zu dem zweiten

8. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 89

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 89 — Kartoffeln, welche bei ihnen häufig nicht nur das Fleisch, sondern selbst das Brot ersetzen müssen, für den Speck und den Pumpernickel der Westfalen hergeben, und gehörig gefetteter Kohl mundet am Ende besser, als Kohl ohne Fett. Mit einem Worte: der Genuß ist hier nicht verfeinert, aber man hat zu leben; und wenn auch der Pumpernickel nicht so berühmt geworden ist, wie der Schinken, den man in Westfalen vortrefflich zu räuchern versteht, so schmeckt dieser doch gewiß nie besser, als wenn er vom Pumpernickel begleitet wird. Seit wann das eigentümliche Schwarzbrot in Westfalen gebacken worden ist, meldet die Geschichte nicht; aber wenn es, wie einige meinen, bereits bei den alten Sachsen bekannt war, so läßt sich ihr kräftiger Widerstand gegen die Römer und Franken erklären. Tenn der Pumpernickel ist ein Brot zum Totschlagen, ist ein derbes Roggen- brot, zu welchem das ganze Korn gemahlen wird, weshalb es die ungeminderte Fülle der Kornkräfte besitzt; nicht bloß den Corpus, sondern auch den Spiritus. Man muß ihn allerdings verdauen können, um ihn vollständig zu würdigen; aber daß es im Lande an den guten Magen nicht fehlt, beweist die kernige Gesundheit der Leute. Ter Pumpernickel wird in ungeheuren Laiben bis zu dreißig und vierzig Pfund Gewicht gebacken und gewinnt gleich dem Weine durch das Alter an Wohlgeschmack und Kraft. Was aber die Nahr- haftigkeit betrifft, so darf man annehmen, daß ein Pfund Pumper- nickel mehrere Psund Weißbrot ersetzt. Übrigens ist derselbe, gut ausgebacken und mehrere Tage alt, nicht ganz so schwer zu ver- dauen, wie man gewöhnlich glaubt. Dabei ist er das beste Zahn- Pulver, da er die Zähne weiß und gesund macht, wie er den Magen schleift und schärft. Wie wert aber dieses Brot gehalten wird, ersieht man am besten aus dem Heimweh der Westfalen nach ihrem Pumpernickel. Studierende lassen sich ihn nach der Hochschule schicken, und weuu solch ein Leckerbissen angekommen ist, so kann man sicher sein, daß Westfalen, Osnabrücker und Ostfriesen einander zu Gaste laden. Also darf man den Gegnern des Gebäcks durchaus nur in so weit Glauben schenken, als es nicht für zarte und an sitzende Lebensart gewöhnte Körper geeignet ist. Nennt man es doch im Lande selbst ,,dat growe Brand".

9. Kleine Heimatkunde der Provinz Westfalen - S. uncounted

1913 - Minden i.W. : Hufeland
Vorwort. 3m Sommer vorigen Jahres erschien die „Heimatkunde der Provinz Westfalen" vom Regierungs- und Schulrat Schulze Hierselbst. Aus einem Herzen voll warmer Liebe zu seiner Hei- matprovinz hatte der hochverehrte Verfasser das Buch für alle Lehrer und Freunde Westfalens geschrieben und eben vollendet; da starb er unerwartet schnell. So ist es ihm nicht mehr ver- gönnt gewesen, auszuführen, was er sich noch weiter vorge- nommen und mit dem Verleger schon vereinbart hatte, nämlich auch eine Heimatkunde für die Hand der Schüler zu schaffen, gleichsam als Auszug aus dem größeren Werke. Auf Wunsch des Verlegers ist nun vom Unterzeichneten der Versuch ge- wagt worden, eine solche Schülerausgabe fertig zu stellen. Der Heimatkunde von Schulze schließt sie sich in ihrem In- halte, wie in der Anordnung an, in letzter Beziehung insoweit, als auch die vorliegende kleine Heimatkunde erst von ganz Westfalen, dann von den Bezirken Minden, Münster und Arnsberg redet. Während aber die größere Heimatkunde innerhalb der einzelnen Regierungsbezirke den Stoff nach der politischen Einteilung, und zwar der alten, historischen sowohl als der jetzigen ordnet, läßt diese kleine Ausgabe die physische Geographie in den Vordergrund treten und gruppiert, nach natürlichen, physischen Landschaftsgebieten. Und info- fern will das Büchlein „einem vorhandenen Bedürfnisse" abhelfen, als uns eine derartige Heimatkunde von Westfalen noch fehlt. Denn die Erkenntnis, daß die Behandlung des geographischen Stoffes in solchen Landschaftsbildern die bessere sei, bricht sich immer mehr Bahn. So hoffe ich denn, daß auch diese kleine Heimatkunde an ihrem Teil mit helfen möge, die Kenntnis der Heimat zu mehren und die Liebe zu ihr zu stärken. Die Bekanntschaft mit der engeren Heimat, also die^Erledigung des sogen. Heimat- kundlichen Unterrichts, setzt das Büchlein voraus, gibt auch weder Stosf noch Anweisung dazu, weil das außerhalb des Rahmens einer Heimatkunde von Westfalen liegt. Minden, im März 1901. Der Verfasser.

10. Kleine Heimatkunde der Provinz Westfalen - S. uncounted

1906 - Minden i.W. : Volkening
Jm Sommer vorigen Jahres erschien die „Heimatkunde der Provinz Westfalen" vom Regierungs- und Schulrat Schulze hierselbst. Aus einem Herzen voll warmer Liebe zu seiner Hei- matprovinz hatte der hochverehrte Verfasser das Buch für alle Lehrer und Freunde Westfalens geschrieben und eben vollendet; da starb er unerwartet schnell. So ist es ihm nicht mehr ver- gönnt gewesen, auszuführen, was er sich noch weiter vorge- nommen und mit dem Verleger schon vereinbart hatte, nämlich auch eine Heimatkunde für die Hand der Schüler 311 schaffen, gleichsam als Auszug aus dem größeren Werke. Auf Wunsch des Verlegers ist nun vorn Unterzeichneten der Versuch ge- wagt worden, eine solche Schülerausgabe fertig zu stellen. Sie berücksichtigt den Regierungsbezirk Nauden eingehender als die beiden andern Bezirke, ist also als eine Ausgabe für ersteren besonders gedacht. Der Heimatkunde von Schulze schließt sie sich iu ihrem Inhalte, wie in der Anordnung an, in letzter Beziehung insoweit, als auch die vorliegende kleine Heimatkunde erst von ganz Westfalen, dann von den Bezirken Minden, Münster und Arnsberg redet. Während aber die größere Heimatkunde inner- halb der einzelnen Regierungsbezirke den Stoff nach der politi- fchen Einteilung, und zwar der alten, historischen sowohl als der jetzigen ordnet, läßt diese kleine Ausgabe die physische Geo- graphie in den Vordergrund treten und gruppiert nach natür- lichen, physischen Landschaftsgebieten. Und insofern will das Büchlein „einem vorhandenen Bedürfnisse" abhelfen, als uns eine derartige Heinratkunde von Westfalen noch fehlt. Denn die Erkenntnis, daß die Behandlung des geographischen Stoffes in solchen Landschaftsbildern die bessere sei, bricht sich immer mehr Bahn. So hoffe^ ich denn, daß auch diese kleine Heimatkunde an ihrem Teil mit helfen möge, die Kenntnis der Heinrat zu nrehren und die Liebe zu ihr zu stärkerr. Die Bekanntschaft rnit der engeren Heimat, also die Erledigung des sogen, heimatkundlichen Unterrichts, setzt das Büchleiu voraus, gibt auch weder Stoff noch Anweisung dazu, weil das außerhalb des Rahmens einer Heimatkunde von Westfalen liegt. Minden, im März 1901. ver Verfasser.

11. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. uncounted

1894 - Breslau : Hirt
Vorwort des Verfassers. Die Heimatkunde Westfalens und der angrenzenden Fürstentümer Lippe und Waldeck ist so angelegt, daß sie zunächst zur Ergänzung der Schm- geographie von E. von Seydlitz dienen soll; sie kann aber auch als Ergänzung jedes anderen Lehrbuches der Geographie benutzt werden. Für die untere Stufe wird der Lehrer vielfach auswählend und erklärend einzutreten haben; Schüler der Mittel- und Oberklassen werden selbständig der Anlage folgen können. Von der Beigabe einer Karte ist vorläufig Abstand genommen, weil eine größere Wandkarte Westfalens in allen Elementar- und höheren Schulen vorhanden ist. und kleinere Provinzialkarten teils sehr billig zu haben, teils den meisten Atlanten beigegeben sind. Zugleich aber ist die Heimatkunde, was Bodengestaltung, Bodenerzeugnisse, kulturgeschichtliche Übersicht und politisch-statistisches Material anbetrifft, nicht nur als ein Ergänzungsbüchlein in Schuler- und'lehrerhand gedacht, sondern auch als ein kurz orientierender Wegweiser für Freunde der deutschen Landes- künde überhaupt, d?r westfälischen insbesondere. Es sei auch bemerkt, daß bei den. Abschnitten über die Bod:.lgestaltung, Bewässerung :c. Westfalens die Gebiete der Fürstentümer Lippe und Waldeck schon nut eingeschlossen sind, so daß bei dem besonderen Abschnitte über die letzteren die politisch-statistischen Nachweisungen genügen. Die beigegebenen, für Westfalen typischen Abbildungen dürften den Wert des Büchleins erhöhen. Für freundliche Mitteilung etwaiger Ausstellungen und Wünsche wird Verfasser dankbar sein. Vorbemerkungen des Verlegers. eydlitzsche Geographie hat bereits in mehr als 900000 Verbreitung gefunden, verhältnismäßig wenig bekannt ist dieselbe t in der Provinz Westfalen geblieben. Ich glaube indes der sdruck geben zu dürfen, daß die vorliegende Landeskunde*), deren begreiflicherweise große Opfer erfordert hat, die Aufmerksamkeit tn Lehrerkreise noch mehr auf den „Seydlitz" selbst hinlenken wird, rren Lehrern, welche dies Werk noch nicht kennen sollten, stelle Exemplar derjenigen Ausgabe mit Landeskunde unberechnet zur ne zu, welche zur etwaigen Einführung in Aussicht genommen Ausgabe A ist für untere, die Ausgaben B und C sind für höhere Klassen bestimmt. Über die neue Ausgabe Ii in 6 Heften eite 3 des Umschlags nachlesen. Landeskunde wird auf Verlangen mit den Ausgaben A und B des „Seydlitz" zusammengebunden geliefert; die Preise stellen sich alsdann wie folgt: Ausgabe A gebunden 1,45 Jl\ Ausgabe B gebunden 2,90 Jl. Einzelpreis der Landeskunde kartoniert 50

12. Landeskunde der Provinz Westfalen und der Fürstentümer Lippe, Schaumburg-Lippe und Waldeck - S. uncounted

1907 - Breslau : Hirt
J Borwort zur vierten Auslage. Die Heimatkunde Westfalens und der Fürstentümer Lippe und Waldeck, zunächst zur Ergänzung der Schulgeographie von E. von Seydlitz veröffentlicht, ist so angelegt, daß sie auch zur Ergänzung jedes andern Lehrbuchs der Geographie dienen kann. Für die untern Stufen wird der Lehrer vielfach auswählend und erklärend einzutreten haben; Schüler der Mittel- und Oberklassen höherer Lehranstalten sowie Semiuaristeu werden selbständig der Anlage folgen können. Zugleich aber ist die Heimatkunde, was Kultur und Geschichte, Boden- gestaltung, Bodenerzeugnisse und Politisch-statistisches Material anbetrifft, nicht bloß als geographisches Ergänzungsbüchlein in Schüler- und Lehrerhand ge- dacht, sondern auch als selbständiger, kurz und gründlich orientierender Weg- weiser für Freunde der deutschen Landeskunde überhaupt, der westfälischen insbesondere. Es sei noch bemerkt, daß bei den Abschnitten über die Bodengestaltung, Bewässerung usw. Westfalens die Fürstentümer Lippe und Waldeck schon mit eingeschlossen find, fo daß bei dem besonderen Abschnitte über die letzteren die politisch-statistischen Nachweisuugeu genügen. Die um einige Darstellungen vermehrten, und teilweise durch bessere ersetzte, typischen Abbildungen für Westfalen dürften den Wert des Büchleins erhöhen. Für freundliche Mitteilung einschlägiger Bemerkungen und Wünsche wird Verfasser stets dankbar sein. Münster, Ostern 1907. I. Wormstall. Bemerkungen des Verlegers. Meine Hoffnung, daß das vorliegende Heft*) in den Schulkreisen der Provinz Westfalen u. a. m. als eine erwünschte Ergänzung der in weit mehr als 2 Millionen Exemplaren verbreiteten von Seydlitzschen Geographie begrüßt werden und anderseits die Aufmerksamkeit der Schulkreise noch mehr ans den „Seydlitz" Wfift hinlenken würde, hat sich zu meiner Genugtuung erfüllt. :n Herren Lehrern, die den „Seydlitz" noch nicht kennen sollten, stelle :n ein Exemplar derjenigen Ausgabe, die zur etwaigeu Einführung in ){ genommen werd en kauu, mit der Landeskunde unberechnet zur nsuahme zu. Die Ausgabe A ist für untere, die Ausgaben B und C ir mittlere und höhere Klassen bestimmt; über die neuereu Hest-Aus- wolle man Seite 4 dieses Umschlages nachlesen. ) bitte aber dringend darum, daß die Herren Lehrer bei dem Gesuche t Prüfungsexemplar einer dieser Ausgaben bemerken, dies geschehe auf meines Anerbietens in vorliegender Landeskunde, denn die Zahl der ohne jede Begründung von mir verlangten Freiexemplare des Seydlitz zu groß. eslan. Ferdinand Hirt. fliese Landeskunde wird auf Verlangen mit den Ausgaben A und ß des „Seydlitz" zusammengebunden geliefert; die Preise stellen sich alsdann wie folgt: Ausgabe A gebunden 1.65 Jl~, Ausgabe B gebunden 3.65 Jl. Einzelpreis der Landeskunde kartoniert 70 3p. -X

13. Bilder aus dem westlichen Mitteldeutschland - S. 152

1883 - Leipzig : Spamer
152 Land und Leute iu Westfalen. Der Heidespuk, wie ihn der Hirte schaut Im Felde, wenn mit leisem Klagelaut Die mitternächt'gen Winde sich erheben — Du hast im Siebe ihm Gestalt gegeben!" — Hiermit hätten wir die bekanntesten und berühmtesten Namen westfälischer Dichter genannt. Andre, wie Viktor v. Strauß, Depenbrock, Löher, näher zu besprechen, würde uns zu weit führen. Auch hat es Dichter und Dichterinnen gegeben, die sich zeitweilig in Westfalen aufgehalten und die „rote Erde" in ihren Werken verherrlicht haben. Dahin gehört der von uns bereits im vorigen Bande erwähnte Dichter aus dem Wupperthale Emil Rittershaus, ferner Karl Jmmermann mit seiner meisterhaften Schilderung des „Oberhofes", und Luise Hensel, deren rührend fromme Gedichte: „Beim Lesen der heiligen Schrift" und „Müde bin ich, geh' zur Ruh'!" wohl jedermann bekannt sein werden. Endlich dürfen wir nicht den Verfasser des komischen Heldengedichtes „Die Jobsiade", nämlich K. A. Kortüm aus Bochum, vergessen. Neuerdings hat Weber mit seinem Epos „Dreizehnlinden", welches die Umgegend von Corvey besingt, großes Aufsehen erregt. Auch das westfälische Platt hat, ähnlich wie das Mecklenburger, seine Dialektdichter gefunden. Wir erinnern z. B. an Franz Essink von Landois (Pseudonym: „de Jsel mott", d. h. „der Esel muß", franz. L'äne doit), ferner an Franz Gieses und Zumbrocks Schriften. Wir konnten in Vorstehendem bei weitem nicht erschöpfen, was das Land Westfalen an landschaftlichen Schönheiten, an schätzenswerten Vorzügen seines Volkes in Charakter und Sitte, an hervorragenden Leistungen in Handel, Kunst und Industrie, an Männern der Wissenschaft (wie Clostermeier, Giesers u. a.) und Zierden der Litteratur darbietet; doch ist es uns vielleicht gelungen, die weitverbreiteten Vorurteile von dem sogenannten „Deutschen Böotien" zu wider- legen. Sonst müßten wir nnsern Lesern empfehlen, noch einmal das herrliche Widmnngsgedicht Freiligraths: „Freistuhl zu Dortmund" nachzulesen, worin der Dichter die ruhmreichen Vertreter der Geschichte Westfalens, einen Hermann und Wittekind, die Götter, Sagenhelden und Elfen, die in den Wäldern und Ruinen seines Heimatlandes weben, heraufbeschwört, die herrlichen Ströme Weser, Ruhr, Lenne, Ems und Lippe einladet, zu erscheinen mit den Förderern des Handels und der Industrie und vor allem das kernige und kräftige Landvolk mit den Versen: „Und du zuletzt, der alles inne hält: Wald und Gebirge, Strom und Ackerfeld, Aus deinen Häusern komm, aus deinen Hütten! Ob du verdienst des bösen Leumunds Schmach, Zeig es dem Stuhle, kräft'ger Menschenschlag, Einfach von Wesen, schlicht und derb von Sitten. Laß dich erschan'n, wie du die Hand mir drückst, Wie an den Herd du meinen Sessel rückst, Wie du mich bittest: Iß, als wär's dein Eigen! Wie du der Väter Brauch und Vorgang ehrst, Wie du den Stahl reckst und die Ernte fährst, Wie du dich schwingst im lnst'gen Schützenreigen."

14. Bilder aus der Geschichte der Provinz Westfalen - S. 166

1917 - Bielefeld : Velhagen & Klasing
166 Xv. Westfalen im 19. Jahrhundert. Haltung, die auch die größte Einnahme erschöpfen mußte, — kurz, er kam weiter tn der Kenntnis biefer Wirtschaft, als er sich gebacht hatte. Enblich trat das Gesmbe zusammen und trank Kaffee. „Gebt auch dem Alten bort eine Tasse" sagte der Bebieute; „dem ist's schon kalt genug geworben!" Der Oberpräsibent schlug's nicht aus. Da es ihm wirklich kalt geworben war, tat ihm der Kaffee recht wohl. Es schlug 9, ja es wurde 10. Da stanb er auf und sagte dem Bedienten, er solle ihn bei seinem Herrn melben. „Das werb' ich bleiben lassen! Soll ich mir Scheltworte holen, ober gar meinen Abschieb?" Jetzt war alle Gebnlb zu Ende. Mit seinem nachbrücklichen Wesen sagte er: „Auf der Stelle wecke beinen Herrn und sage ihm, der Oberpräsibent von Vincke aus Münster warte nun schon seit vielen Stunden aus fein Erwachen!" Wie versteinert stanb die Dienerschaft. Der Bebiente flog die Treppe tnnauf, und der Herr von Vincke folgte ihm auf dem Fuße. Da die Tür offen blieb, so vernahm er die Flut von Schimpfreben, welche sich über bett Gebienten ergoß, als er den gnäbigen Herrn aus dem Morgenschlafe weckte Als aber der gefürchtete Name „Vincke" erklang, da würde es still, und man konnte es deutlich vernehmen, wie der Baron in die Kleider fuhr. Als der Oberpräsident dachte, er könne angekleidet sein, trat er in das Gemach zum Schrecken des gnädigen Herrn. Die Bußpredigt, die er jetzt über die Pfltcht, dem Berufe treu zu sein, und über eine gute Hauswirtschaft hielt, muß recht wirksam gewesen sein. Man sagt, der Herr Rat habe sich an das Frühaufstehen gewöhnt und an manches anbere, was ihm ans Herz gelegt worben war. k. Der Tod des Oberpräsidenten. Vincke wurde von König Friedrich Wilhelm Iii. hochgeehrt, er stellte ihn den jüngeren Verwaltungsbeamten als ein Muster deutscher Pflichterfüllung hin. Seine Westfalen nannten ihn ihren Vater. Bis zu seinem Tode stand er an der Spitze der Verwaltung. Auf einer Dienstreise stürzte er mit seinem Reisewagen um und wurde schwer am Kopse verletzt Nach kurzem Schmerzenslager starb er am 2. Dezember 1844, fast 70 Jahre alt. Sein Tod erweckte allgemeine Trauer, verloren doch die Westfalen in ihm einen edlen Mann, der mit Selbstlosigkeit und unermüdlichem Eifer fast während seines ganzen Lebens für ihre Heimat gewirkt hatte. Die ganze Provinz trauerte um ihren Wohltäter, den „alten Vincke". Auf Haus Busch am Fuße der Hohensyburg liegt er begraben. Westfalen. Ungastlich hat man dich genannt, will deinen grünsten Kranz dir rauben, Volk mit der immer offnen Hand, mit deinem argwohnlosen Glauben; o, rege dich, daß nicht die Schmach auf deinem frommen Haupte laste, und redlich, wie das Herz es sprach, so sprich es nach zu deinem Gaste: wer unsres Landes Sitte ehrt, und auch dem seinen hält die Treue — hier ist der Sitz an unserm Herd! Hier unsres Bruderkusses Weihe!

15. Heimatkunde der Provinz Westfalen - S. 7

1901 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
6. Ludwig von Vincke, Westfalens erster Oberpräsident. 1. Die traurige Lage des Landes bei seinem Dienstantritt. Als der erste Oberpräsident von Westfalen sein Amt übernahm, da war Westfalen noch übel berüchtigt als „ein ödes, unwirtliches Land von großen Erinnerungen und armseliger Gegenwart". Die alten Hansastädte im Hellweg, durch Macht und Reichtum ihrer Bewohner einst weltberühmt, waren zu unansehnlichen Land- und Ackerstädtchen herabgesunken. Viele Gebiete der Provinz hatten in den letzten fünfzehn Jahren mehrfach ihre Herren gewechselt und waren dadurch und durch die Lasteu des Krieges außerordentlich heruntergekommen. Am traurigsten sah es wohl in den Gebieten aus, welche ehemals zum Bistum Paderborn gehört hatten. Nicht mit Unrecht konnte man damals jene Gebiete das Irland Westfalens nennen. Dort vermochte der kleine, vielverteilte Grundbesitz die zahlreiche Bevölkerung, die in rancherfüllten, baufälligen Hütten hauste, nicht zu ernähren. Dazu wurde die Bevölkerung durch ' Wucher gäuzlich ausgesogen. Durch die entsetzliche Not war das etwas leichtlebige aber gutartige Volk gauz verwildert. Tieftraurig sah es hier und in vielen andern Gebieten Westfalens um die Bildung des Volkes aus. Die Zahl der Volksschulen war unzureichend. Die anstrengende Arbeit des Lehrers in den überfüllten Klassen (ein Lehrer hatte oft bis 150 und mehr Schüler zu unterrichten) glaubte man mit 30 Thaler Jahreslohn reichlich bezahlt zu haben. 2. Das hohe Ziel des neuen Oberpräsidenten. Der traurige Zustaud des Laudes hätte Viucke leicht mutlos machen können. Allein Viucke, der schou in jnngen Jahren in den Verwaltnngs- dienst getreten war, dnrch mannigfache Reisen und eifriges Studium Staatslebeu und Volkswirtschaft nicht nur in Prenßen, sondern auch in fremden Ländern kennen gelernt hatte, wollte sein Heimatland aus der Zerrüttung zur Höhe bringen. „Mein Vaterland Westfalen soll dereinst das Bild der vollkommensten Einrichtungen geben," das siud feine eignen Worte, das Ziel feiner Arbeit. 3. Viucke, der geeignete Mann zur Erreichung des Zieles. Für die Erreichung des hohen Zieles hätte König Friedrich Wilhelm Iii. keinen geeignetem Mann finden können als gerade Vincke. Er war ge- boren er Westfale und kannte wie selten ein Verwaltungsbeamter die Eigenart der Bewohner der Provinz. Darum wußte er auch wie kein zweiter mit den etwas querköpfigen, derben, aber biedern Westfalen um- zugehen. Selbst sehen, um richtig beurteilen zu können, war sein Grundsatz. Im blauen Kittel, die Pfeife in der Hand, durchwanderte Vincke seine Provinz. Bald waren ihm die Heiden des Münsterlandes ebenso bekannt.

16. Bilder aus der Geschichte der Provinz Westfalen - S. IX

1917 - Bielefeld : Velhagen & Klasing
Inhalt. gegen den Seite 120 c. Lohnordnung d. Verordnungen Luxus.......................... 4. Der Große Kurfürst un‘ Bernhard von Galen . . a. Der streitbare Bischof . . b. Gegen Holland............... c. Vor Lütten.................. d. Münstersche Truppen in Ra vensberg ...................... e. Krieg gegen Frankreich . Ix. König Friedrich Wilhelm und die Provinz Westfalen. a. Vereinigung von Minden und Ravensberg........................ b. Kriegs- und Domänenkammern c. Andere Neuerungen .... d. Seine Sorge für die Landwirt fchaft . . . 6. Seine Sorge für die Volks bildung. . . X. Friedrich der Große und die Provinz Westfalen 1. Friedenstätigkeit a. Rechtspflege . . b. Heerwesen . . . c. Sorge für die Volksbildung d. Friedrich besucht Westfalen 2. Westfalen im Sieben jährigen Kriege................... a. Das Jahr 1757 .............. b. Die Schlacht bei Minden 1759 . . c. Die Schlacht bei Velling hausen 1761 d. Die Wirkungen des Krieges in Westfalen................... „Die Markaner bei Friedrich Ii. (Brunold) .«................... Xi. Franz von Fürstenberg . . Xii. Westfalen zur Zeit der Fremd Herrschaft......................... 1. Preußen erwirbt die Bistümer Münster und Paderborn ............................. 2. Nach dem Frieden zu Tilsit a. Westfalen wird von Preußen getrennt....................... b. Das Abschiedsschreiben des Königs......................... c. Die Antwort der Provinz Westfalen...................... d. Friedrich Möller.................143 „Trü Westfolen". (Prümer) . 144 120 121 121 121 123 123 124 124 124 125 126 126 127 127 127 127 127 129 129 129 129 130 134 135 135 136 139 139 141 141 142 142 Das Königreich Westfalen a. Einteilung................. b. Verwaltung.................. c. Aufhebung der Leibeigenschaft ....................... d. Fortgang dieser Befreiung e. Drückende Lasten .... f. Schill und Westfalen . . g. Böses und Gutes .... „Lied der Westfalen". (G Büren)................... Xiii. Freiherr vom Stein. . . Xiv. Westfalen in den Freiheits kriegen........................... a. Westfalens Befreiung . . . b. Westfalens Erhebung . . . c. Die Westfalen im Kampfe . Xv. Westfalen im 19. Jahrhundert 1. Die Bildung der Provinz Westfalen...................... a. Zusammensetzung der Gebiete . b. Die neue Verwaltung . . . 2. Oberpräsident von Vincke „Westfalen". (A. v. Droste- „Westfalenlied". (E. Rittershaus) .......................... 4. Die Unruhen von 1848 und 1849 .............................. 5. Die Westfalen in den Kriegen unter Wilhelm I.. . . a. Im Kriege gegen Dänemark 1864 ........................... b. Im Kriege gegen Österreich 1866............................ c. Im Kriege gegen Frankreich 1870/71 ....................... „Die Schläfer im Jahre 1870". (Otto Weddigen)................ 6. Die Westfalen im Weltkriege (Otto Weddigen) . . . „U 9". (O. Hartmaun) . . . 7. Annette von Droste-Hüls-hoff, die Dichterin der Roten Erde........................... „Westfalen". (A. von Droste-Hülshoss)....................... 8. Zwei Männer westfälischer Liebestätigkeit .................. a. Graf Adalbert von der Recke-Volmerstein ................... b. Friedrich von Bodelschwingh Meyer, Bilder aus der Geschichte der Provinz Westfalen. Ii 1 Ix Seite 144 144 145 146 146 147 148 149 149 150 156 156 157 158 160 160 160 160 161 166 167 171 171 175 , 175 175 177 179 179 184 185 i 189 191 191 192 .. v

17. Von der Bildung des Fränkischen Reiches bis zum Westfälischen Frieden - S. 84

1905 - Leipzig : Hirt
84 Das Deutsche Reich des Mittelalters. gegriffen hat. Die Sage hat sich dieses Gerichtes bemchtigt und uns ein schauriges Bild davon hinterlassen. In der Stille der Nacht sei es im Waldesdunkel, in Kellergewlben oder sonst an unheimlichen Orten zu-sammengetreten. Die Richter seien tiemummt gewesen, der Angeklagte, ob er sich schuldig oder unschuldig bekannte, sei in jedem Falle zum Tode tierurteilt und am nchsten Baume aufgehngt worden. Das Femgericht wurde in Wirklichkeit nicht in der Nacht, sondern am hellen Tage gehalten. Es war nur insofern ein heimliches Gericht, als nicht jedermann, sondern nur Freischffen daran teilnehmen durften. Ein Verbrecher, der auf offner Tat ertappt wurde, wurde allerdings sofort gehngt. Die Verbrechen, der welche die Feme urteilte, waren Raub und Gewalttat, Brandstiftung und Mord, Verrat, Falschmnzerei, Meineid und andre. Auch suchte vor dem Fem-gerichte Recht, wer es vor dem gewhnlichen Gerichte nicht finden konnte; dadurch wurde die Feme zu einem Ob er gerichte. Die Fehmrichter fhrten den Ursprung dieses Gerichtes auf Karl den Groen zurck. Dies ist nur insofern richtig, als Karl der Groe der Ordner der westflischen Gerichtsbarkeit gewesen ist. Er hat in Westfalen das altdeutsche Gerichts-tierfahren bestehen lassen, und die Westfalen haben mit der Zhigkeit, die ihnen eigen ist, dieses Gerichtsverfahren festgehalten und weiter aus-gebildet. An der Spitze des Femgerichtes stand der Frei gras, der vom Kaiser besttigt sein mute. Dieser brauchte kein Adliger zu sein, wie man aus dem Namen folgern knnte. Viele freie Bauern sind Freigrafen gewesen. Dem Freigrafen zur Seite standen die Freischffen. Frei-schffe konnte jeder freie Deutsche werden. Zur Zeit der Blte der Feme galt das Freischffenamt sr eine Ehre, und aus allen Teilen des Deutschen Reiches kamen angesehene Personen nach Westfalen, um sich dort in die Zahl der Freischffen aufnehmen zu lassen. Sogar Kaiser Sigismund hielt es nicht unter seiner Wrde, Freischffe der Feme zu werden. Unter diesem Kaiser hat das Femgericht seine hchste Blte erreicht. Die besondere kaiserliche Gunst, deren das Femgericht sich seitens Sigts-munde erfreute, fhrte zum Mibrauch. Die Freigrafen maten sich sogar an, dem Kaiser das Recht zu bestreiten, Rechtshndel von der Feme an das kaiserliche Hofgericht zu verweisen. Sie sprachen ihm ferner das Recht ab, Freigrafen abzusetzen. Deshalb schlug Sigismund gegen Ende seiner Regierung einen andern Ton gegen die Feme an; er beab-sichtigte, eine Luterung des heimlichen Gerichtes vorzunehmen, ist aber darber gestorben. Kaiser Friedrich Iii. verschmhte es, Schffe zu werden. Als das kaiserliche Hofgericht einen Urteilsspruch der Feme aufhob, unterstanden sich sogar die Freigrafen, den Kaiser selbst vor die Feme zu laden. Die Ladung wurde tatschlich dem Kaiser berbracht. Dieser beauftragte das Hofgericht mit der Bestrafung der Frechen.

18. Geschichte des Mittelalters - S. 141

1910 - Halle a.S. : Gesenius
— 141 — 3. Der Adlige wandte sich der Beamtenlaufbahn zu und bedurfte der Berufung durch den Staat. 4. Die Macht der Fürsten wuchs, da Bürger und Adlige gleicherweise von ihm a b h ä n g i g waren. 467. Auf welche Weise entstanden die Landsknechtheere? 1. Die Ritter und Bürger kauften sich immer zahlreicher vom Heeresdienste los: a) Die Kriegführenden mußten Bewaffnete gegen Sold (daher Soldaten) werben. b) Der Kriegsdienst wurde ein Handwerk. c) Die Söldnerheere traten an Stelle des Reichsaufgebotes. 2. Kaiser Maximilian befahl, Söldner nur aus kaiserlichen Landen (daher Lands knechte) zu werben: a) Sie verehrten ihn in ihren Liedern als den „Vater der Landsknecht e“. b) Sie erhielten durch Georg von Frundsberg eigentümliche Einrichtungen und ihre taktische Ausbildung. 468. Welches war das Wesen der Femgerichte? 1. Die Femgerichte waren ein Überrest der altgermanischen Volksgerichte: a) Sie entwickelten sich aus den Grafengerichten, die allein noch in Westfalen königlich geblieben waren. b) Sie entstanden auf der ,,roten (rauhen) Erde“ Westfalens an alten Malstätten [129]. 2. Die Femgerichte setzten sich aus Freien und Gemeinfreien zusammen und urteilten über die Freien der Grafschaft; deshalb hießen a) die bestehenden Gerichtsstätten: Freistühle, b) die urteilfällenden Gerichte: Freigerichte, c) die Vorsitzenden Grafen: Freigrafen, d) die beisitzenden Schöffen: Freischöffen. 3. Die Femgerichte Westfalens eigneten sich das Recht der Ur-teilsprechung über Angeklagte auch anderer Reichsländer an: a) Sie sicherten den Landfrieden in der Zeit des Fehde-und F austrechtes. b) Sie erhielten durch eine Verordnung Karls Iv. gegenüber Landfriedensbrechern das Recht der peinlichen Gerichtsbarkeit (Todesstrafe). c) Sie wurden durch Verleihung dieses Vorrechtes den Reichsgerichten an Bedeutung gleichgestellt. 4. Die Femgerichte brachten den Mitgliedern der Feme V orteile:

19. Heimatskunde der Provinz Westfalen - S. 98

1900 - Minden i. W. : Volkening
— 98 — hervorragend, Ausgezeichnetes durch ihre Persönlichkeit und Tüchtig- keit gewirkt haben. Einige von ihnen, deren Leistungen auf einen, enger umschlossenen Gebiete liegen, werden bei den einzelnen Teilen der Provinz Erwähnung finden. Zwei aber, die durch ganz West- falen schalteten und walteten und in ihm wohl nirgends ungenannt und unbekannt geblieben sind, dürfen wir schon hier nicht übergehen. Vor allem gilt's dem alten Vincke, wie ihn das Volk nannte, der, in Westfalen geboren und als Oberpräsident gestorben, während eines fünfzigjährigen Staatsdienstes vierzig Jahre in der Heimat- Provinz ihr zum Segen und zur Wohlfahrt thätig gewesen ist. Freiherr Friedrich Ludwig von Vincke ward am 23. Dezember 1774 in Minden geboren. Seine Familie gehörte zu den ältesten adeligen Familien Westfalens und war im Mindenschen, Ravens- bergschen und Osnabrückschen wohl begütert. Der Name „Vincke" hatte in Westfalen von jeher einen guten Klang. Mancher Träger desselben hatte im Lande hohe Ehrenstellen inne gehabt; alle hatten durch ihr Wirken gezeigt, daß sie „für uufer Volk ein Herz" be- saßen. Der Vater hatte unter den Fahnen Friedrichs des Großen gekämpft und sich auch später, als er der Kriegslaufbahn entsagte, die Huld des großen Preußenkönigs bewahrt; denn so oft der alte Fritz Minden besuchte, stets wohnte er im Vinckefchen Hause. Die Mutter war eine vortreffliche Frau, die dem Hauswesen wohl vor- stand und ihren Kiudern eine treue, fromme Mutter war. Von ihr heißt es: „Vor allem aber erfüllte sie die höchste Aufgabe der Frauen, indem sie durch ihr eigenes Beispiel und Wirken den Keim tieser, ungehenchefter Frömmigkeit und warmen Mitgefühls für fremde Not in die Herzen ihrer Kinder legte, welcher zur schönen Frucht festen und unerschütterlichen Gottvertrauens und echt christ- licher Nächstenliebe erwachsen, diese alle unter deu Wechselfällen mannigfach bewegten Lebens bis ans Ende desselben begleitete." Sie ist deshalb auch von großem Einflüsse auf ihren Ludwig gewesen. Tie von Vinckefche Familie war mit zehn Kindern gesegnet, von denen aber drei früh starben. Unter den sieben überlebenden war Ludwig der dritte Sohn. Seine Brüder traten früh in den Heeresdienst, für deu er jedoch keine Neigung hegte und auch nicht

20. Kleine Heimatkunde der Provinz Westfalen - S. 6

1913 - Minden i.W. : Hufeland
— 6 — einer Mauer eingeschlossen. In manchen Gegenden liegt jedes Gehöft für sich allein, mitten zwischen den dazu gehörigen Ackern, Wiesen und Waldungen, so daß man nicht selten eine Viertelstunde bis zum nächsten Nachbar hat; in anderen aber schließen sich mehrere derselben zu einem Dorfe zusammen. Der echte Westfale ist von stämmigem Körperbau, hat frische Farbe, mattblaue Augen und blondes Haar. Er ist schweigsam, ruhig, kaltblütig, streng, sittlich. Dabei hängt er am Alten und hält daran fest. An das Neue kann er sich nicht so leicht und schnell gewöhnen. Die Liebe zum Fremden, die sonst den Deutschen eigen ist, findet man bei dem Westfalen nicht. Nirgends gibt es eine größere Anhänglichkeit an die heimatliche Scholle wie bei ihm. Dabei sondert er sich gern ab, und es mangelt ihm der Sinn für das Allgemeine. Darum findet man hier nicht so viele zusammenhängende Dörfer, wie andere Provinzen sie haben. — b) Von jeher haben sich die Westfalen durch einen hohen Rechtssinn ausgezeichnet, der sich noch bis zu unseren Tagen erhalten hat. Vor mehr denn 600 Jahren galten im deutschen Vaterlande die obrigkeitlichen Gerichte wenig, und ein jeder tat, was ihm gefiel. Der Starke und Mächtige unterdrückte die Schwachen. In dieser Zeit des Faustrechts kamen in Westfalen die Femgerichte auf. Sie standen unmittelbar unter dem Kaiser und richteten in seinem Namen über alle schweren Verbrechen. Der oberste Richter eines solchen Gerichtes hieß der Freigraf, die andern nannte man Schöffen. Alle mußten freigeborene Männer sein. Nur auf roter Erde (d. i. roher, ungedielter Erde) sollten die Gerichte abgehalten werden. Die Schöffen hatten unter sich einen uralten Gruß und geheime Zeichen, woran sie sich erkannten; daher wurden sie auch Wissende genannt. Ein Eid verpflichtete sie, keinem Menschen etwas zu entdecken, selbst Vater, Mutter und Bruder nicht. Der Ort dieser Gerichte war auf einem Berge oder Hügel, unter dem Schatten einer Linde, an einer Quelle oder am Fuße einer uralten Eiche. Beim Beginn des Gerichts bestieg der Freigraf den Stuhl, vor sich das Schwert mit dem Kreuzesgriff, auf den Kläger und Verklagte schwuren, dazu die Weidenrute und den Strick als Zeichen des Rechtes über Tod und Leben. Er eröffnete das Gericht, und von dem Augenblicke an durften nur Wissende zugegen sein. Ein Nichtwissender, der es gewagt hätte, sich einzuschleichen, würde auf der Stelle an den nächsten Baum