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1. Schiller-Lesebuch - S. 186

1883 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
186 Johanna hatte den Mut nicht, ihren Eltern den Plan der Abreise ins königliche Lager zu entdecken, und wandte sich daher an einen Oheim, damit er ihr Verlangen unterstütze. Dieser brachte sie zuvor zum Gou- verneur von Vaucouleurs, dem Ritter Beaudricourt, hei welchem sie an- fangs kein Gehör fand. Als sie ihm aber den Verlust des Dauphins hei Rouvray voraussagte, entschied sich der Gouverneur für ihre Abreise. In männlicher Kleidung, mit einem Schwert umgürtet, trat sie in Begleitung mehrerer Ritter und ihres Bruders Peter die Reise zu Pferde an, den 13. Februar 1429. Uber St. Urbain, Auxerre, Gien kam sie nach Fier- bois, wo sie anhielt und den König um seine Befehle bat. Die Antwort des Monarchen liess nicht lange auf sich warten, und so langte sie denn nach einer elftägigen Reise, in welcher sie 150 Stunden zurückgelegt hatte, in Chinon an. Die Begeisterung, mit welcher sie überall von dem Volke aufgenommen wurde, teilten der König und seine Räte anfangs nicht. Karl erhob mehrere Bedenklichkeiten, ob er sie vor sich lassen sollte, und unterwarf sie vorher noch verschiedenen Prüfungen. Endlich nach drei Tagen des Wartens erhielt Johanna den Befehl, sich ins Schloss zu begeben. Sie fand den König, welcher sie noch in dem Momente der Vorstellung einer Probe unterwerfen wollte, unter seinen Hofleuten heraus, obschon sie ihn nie gesehen hatte, und teilte ihm mit Bescheidenheit und Freimütigkeit ihren Auftrag mit; auch soll sie bei dieser Gelegenheit dem Könige den Inhalt eines früher verrichteten Gebets eröffnet haben. Darauf unterwarf er die Jungfrau nochmaligen Prüfungen einer zahlreichen Ver- sammlung von Geistlichen, zuerst zu Chinon, dann zu Poitiers. Als die Entscheidung der Examinatoren von Poitiers sehr günstig für sie ausfiel, wurde endlich im Rate des Königs beschlossen, dass von nun an der König sich der Jungfrau in seinen Kriegen bedienen werde, indem sie ihm dazu gesandt sei. Infolgedessen beauftragte man sie, zuerst dem belagerten Or- leans zu Hilfe zu eilen. Der König gab ihr ein Pferd, liess ihr eine passende Rüstung machen und richtete ihr Hauswesen und ihre Dienerschaft wie die eines Generals ein. Sie verlangte ein Schwert, das hinter dem Altäre der Kirche der heil. Katharina zu Fierbois verborgen, mit fünf Kreuzen bezeichnet sei und von Karl Marteil noch herrühre. Auch liess sie sich eine Fahne machen, worauf das Bild des Erlösers dargestellt und deren weisser Grund ganz mit Lilien besät war. So ausgerüstet, brach sie von Poitiers auf und kam bald nach Blois, wo die Lebensmittel, welche den Belagerten von Orleans zugeführt werden sollten, erwartet wurden. Nach einigen Tagen, während derer noch an- dere Heeresabteilungen in Blois eintrafen, und die Johanna dazu be- nutzte, ein Banner für die Priester im Heere anfertigen und mehrmals Gottesdienst abhalten zu lassen, auch einen Brief an die englischen Heer- führer zu schicken, um sie zur Aufhebung der Belagerung zu ermahnen, war die Expedition in Bereitschaft, nach Orleans abzugehen, den 27. April 1429. Die Heerführer schlugen aber wider Johannas Rat und Willen einen Weg ein, der ihnen bald grosse Schwierigkeiten darbot und sie in Verlegenheit brachte. Die Jungfrau ermutigte die verzagten Marschälle,

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1. Charakterbilder aus der Geschichte der christlichen Reiche - S. 390

1909 - Regensburg : Manz
Johanna vor dem König. Sie zieht in Orleans ein. begab sie sich selbst, von Laxart begleitet, zu ihm; erst als sie zum drittenmal kam, entschloß er sich, sie an den Hof zu senden. In männlicher Kleidung, um vor der Roheit des Kriegsvolkes gesichert zu sein, in Begleitung zweier Edelleute, ihres dritteu Bruders Peter und zweier anderer Personen verließ sie am 23. Februar 1429 Vancouleurs, und obwohl der Weg meist durch Gegenden führte, welche in der Gewalt der Engländer und Burgunder waren, kam sie ohne Unfall am 24. Februar nach Chinon, wo Karl Vii. damals sich aufhielt. Erst nach einigem Zögern und der Erklärung, die sie einigen Prälaten auf ihre prüfenden Fragen gab, daß Gott ihr zwei Dmge auszuführen* befohlen habe, Orleans von der Belagerung zu befreien und Karl nach Reims znr Salbung und Krönung zu führen, ließ sie der König vor sich. Karl Xii. stellte sich, um den prophetischen Geist des Mädchens zu erproben, in schlichter Kleidung unter die 300 glänzenden Ritter und Herren, welche die Neugier im Saale versammelt hatte. Johanna schritt aber durch die Menge unbeirrt gerade auf den König zu. Als Karl sie au einen Höfling wies: „Dort ist der König," entgegnete sie: „Bei meinem Gott, edler Prinz, Ihr seib's und kein anderer." Die Zuversicht, mit welcher sie es im Namen des Herrn aussprach, daß er der wahre Erbe Frankreichs sei, und ihr gauzes Wesen machten lebhaften Eindruck auf ihn. Er befahl indes znerst einigen Geistlichen zu Chinon und dann mehreren Professoren der Theologie zu Poitiers, sich von ihrer Rechtgläubigkeit zu überzeugen. Diese erfanden sie als eine wahrhaft katholische Christin und ihre klugen und begeisterten Anworten, ihre Einfachheit und ihr tadelloser Lebenswandel be-Üimmten sie, dem König zu raten, daß er ihre Dienste annehme und sie der Stadt Orleans zu Hilfe sende. Er entschloß sich dazu, versah sie mit einer vollständigen Rüstung und gab ihr einige Begleiter zum Schutze und znr Bedienung. Nach dem Geheiß ihrer Stimmen ließ sie sich eine Fahne von weißer Leinwand machen, auf welcher der Erlöser dargestellt war, aus dem Richterstnhle in den Wolken des Himmels sitzend, ihm znr Rechten und zur Linken knieten zwei anbetende Engel, von denen der eine in der Hand eine Lilie hielt, auf der andern Seile stauben die Worte: Jesus, Mafia. Das Schwert, mit welchem sie sich waffnete, war hinter dem Altar der Kirche der heiligen Katharina zu Fierbois gesnnben worben, wie ihre Stimmen es versprochen hatten. Meist trug sie jeboch nicht das Schwert, sonbern ihre Fahne; nur in der äußersten Not bebieitte sie sich besselben; auch wenn sie in den Kampf hineingerissen würde, begnügte sie sich, die Feinde von sich abzuwehren. Nie hat sie einen der Feinde getötet. In dem Rate des Königs würde beschlossen, daß sie eine für Orleans bestimmte Sen-bung von Lebensrnitteln und Kiiegsbebürfniffen begleiten solle. Sie befahl die Entfernung aller unzüchtigen Frauen und ermahnte das Kriegsvolk, zu beichten nnb anf Gott zu vertrauen. Priester gingen unter Psalmengesang voran. In einiger Entfernung von der Stadt kam der Baftarb von Orleans dem Zuge, welcher den Weg auf dem linken Loireufer eingeschlagen hatte, entgegen; ohne daß die Englänber es zu uerhtnbern wagten, würden die Vorräte eingeschifft und Johanna zog am Abenb des 29. April in die Stadt ein, bereit Bewohner sie mit unaussprechlicher Freube begrüßten. Ebensowenig versuchten es die Englänber, das Kriegsvolk anzugreifen, welches am 4. Mai auf dem rechten Ufer nach Orleans geschickt würde. Noch an bemselben ge unternahmen einige französische Herren einen Sturm auf eines der festesten Bollwerke der Belagerer ohne Wissen Johannas; sie würden zurückgeschlagen; allein der Anblick der Jungfrau ermutigte sie wieber und nach breistünbigem hartnäckigen Kampfe würde das Bollwerk genommen und zerstört. Am 6. Mai ging Johanna mit 4000 Mann auf das jenseitige Ufer, um hier die Bollwerke der Englänber anzugreifen. Eines berfelben würde von biefen bei der Annäherung der Franzosen geräumt und in Asche gelegt, ein anberes von Johanna,

2. Teil 2, Oberstufe, Teil 1 - S. 208

1901 - Kiel : Lipsius & Tischer
208 Iv. Aus der weiten Welt. Oheim dem Hauptmann die Wünsche der Jungfrau mitteilte, wurde er übel empfangen: Baudrieourt riet ihm, das Mädchen zu ohrfeigen und zu ihrem Vater zurückzuschicken. Da machte sich Johanna selbst auf. Sie wurde vor- gelassen und erkannte den Hauptmann, den sie nie gesehen hatte, unter einer Schar von Edelleuten, die um ihn standen. Sie sagte ihm: „Mein Herr hat mir geboten, Orleans zu befreien und den Dauphin nach Reiins zu führen." Da fragte man sie, wer ihr Herr sei. Sie antwortete: „Der König des Himmels!" Baudrieourt, obwohl über die Festigkeit ihrer Antworten erstaunt, zögerte dennoch, ihren Bitten nachzugeben. Sie aber ließ sich nicht zurück- schrecken, hatte doch die Stimme ihr gesagt, daß man sie dreimal abweisen werde. Sie verdoppelte ihre Bitten und sprach unaufhörlich von ihrer gött- lichen Sendung; jeder Tag vermehrte ihren ungeduldigen Eifer. Endlich ge- lobten ihr zwei Ritter, sie zum Könige zu führen. Da ließ Johanna ihr langes Haar abschneiden, legte Männerkleidung an und ließ einen Brief schreiben, in dem sie ihre Eltern um Verzeihung bat. Als sie diese erhalten hatte, brach sie mit ihrer Begleitung auf und langte am 24. Februar 1429 im Lager des Königs zu Chinon an. Ihre Ankunft machte wenig Aufsehen; die obersten Führer waren sogar der Meinung, man müsse sie zurückschicken, ohne sie an- zuhören. Erst nach zweitägiger Beratung wurde sie beim Könige vorgelassen. Dieser hatte sich unter seine Höflinge gemischt, von denen mehrere prächtiger gekleidet waren als er. Johanna aber erkannte ihn dennoch und kniete huldigend vor ihm nieder. „Ich bin nicht der König," sagte Karl. Die Jungfrau aber sprach: „Edler Prinz, Ihr seid's und kein anderer. Ich bin von Gott gesandt, Euch und Eurem Reiche Hülse zu bringen; durch mich verkündet Euch der Herr des Himmels, daß man Euch in Reims salben und krönen wird als Statthalter des Himmelsfürsien, der auch Frankreichs König ist." Karl war aufs höchste überrascht; er nahm sie beiseite, um sie weiter auszuforschen. Als ihm nun Johanna Geheimnisse über seine eigene Person offenbarte, die nur ihm und seinem Gotte bekannt waren, da begann der Zweifel aus seinem Herzen zu schwinden. Dennoch berief er eine Anzahl von Theologen, die prüfen sollten, ob man ihren Worten Glauben beimessen dürfe. Nach mehreren Unterredungen und nachdem man sie längere Zeit Tag und Nacht überwacht hatte, erklärten die ehrwürdigen Väter, daß ihnen nichts Böses aufgefallen sei und daß der König die Hülfe des jungen Mädchens annehmen könne. Nun war alles Schwanken zu Ende; allen, den Führern wie dem Heere, teilte die Jungfrau ihren feurigen Eifer für die Sache des Königs und des Vaterlandes mit. Der Kriegsrat beschloß, unter ihrer Führung eine Hülfstruppe mit Vorräten nach Orleans zu schicken. Man gab ihr als Leibwache einen Knappen, zwei Edelknaben und zwei Wappeuherolde mit, außerdem einen Beichtvater. Der König ließ eine vollständige Rüstung für sie anfertigen. Auf ihren Wunsch erhielt sie auch ein eigenes Banner aus weißem Leinen mit seidenen Borten; auf dem weißen, mit eingewirkten Lilien geschmückten Felde erstrahlte die Gestalt des Weltheilandes, als Weltenrichter auf den Wolken

3. Von der Bildung des Fränkischen Reiches bis zum Westfälischen Frieden - S. 78

1905 - Leipzig : Hirt
78 Das Deutsche Reich des Mittelalters. Stimmen dringender sie an die Erfllung ihrer Sendung mahnten, der-traute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einem benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: Eile, Johanna, eile, geh nach Vaucouleurs, melde dich beim Hauptmann; zweimal wird er dich zurckweisen, zum dritten Male wird er dich zum Könige senden!" Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vaucouleurs. Frankreich", sagte sie zum Hauptmann, ging durch ein Weib zugrunde und wird durch eine Jungfrau gerettet werden; das Weib ist die Knigin Jsabeau, die Jungfrau bin ich!" Hhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein paar tchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie lie sich nicht beirren; sie blieb in Vaucouleurs bei der Frau eines Brgers und fand allmhlich Glauben. Als sie zum dritten Male zum Hauptmann ging, sagte dieser: Va donc, advienne que pourra" und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise an das knigliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chinon. Erst am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mdchens zu prfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, welche die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt gerades-wegs auf den König zu und begrte ihn. Als der König sie an einen Hfling wies und sagte: Dort ist der König", entgegnete sie: En nom de Dien, gentil prince, c'esfc vous et non autre!" Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitze des Knigs widerspiegelten, der dann feierlich erklrte, Johanna habe sein Vertrauen. Spter hat sie erzhlt, sie habe dem König ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. Sie legte nun mnnliche Kleidung und kriegerische Rstung an; sie verlangte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weie Fahne, best mit goldnen Lilien und dem Bilde des Heilandes auf der einen, dem der Gottesmutter auf der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gefechten voran; das Schwert hat sie nie-mals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht werden, eine Sendung Lebensmittel in die Stadt zu schaffen; die Einschlieung durch die Englnder war nicht so vollstndig, um dies ganz unmglich zu machen. Sie entsandte einen Herold mit einem von ihr diktierten Briefe, worin sie in derselben stolzen Sprache, die ihr Schiller in den Mund legt, den englischen Feldherren Frieden anbot unter der Bedingung, da sie aus Frankreich abzgen. Die Heerschar, die sie geleitete, gelangte glcklich durch die englischen Wachtposten hindurch auf Booten der die Loire in die Stadt, wo alt

4. Die Geschichte des Mittelalters - S. 604

1862 - Köln : DuMont-Schauberg
604 Vierter Zeitraum des Mittelalter«: 1273— 1492. Februar zog sie in Begleitung von zwei jungen Edelleuten und einigen Dienern quer durch Feindesland zum Dauphin nach Chinon. Bei der ersten Audienz erkannte sie mitten unter den vielen prächtig gekleideten Herren auf der Stelle den Fürsten, der sich in schlichter Tracht unter den Haufen gemischt hatte und redete ihn an: „Edler Dauphin! ich bin Johanna, die Jungfrau; der himmlische König thut Euch durch mich zu wissen, daß Ihr in Rheims sollt gekrönt und sein Statthalter auf Erden werden." In einem Gespräche, dem nur wenige Personen bei- gewohnt, soll sie dem Könige seine innersten Gedanken verrathen und so sein ganzes Vertrauen gewonnen haben. Nachdem sie noch vor einer geistlichen Commission eine strenge Prüfung über die Reinheit ihres Glaubens bestanden und alle arglistigen Fragen triumphirend beantwor- tet hatte, gab man ihr eine vollständige Rüstung und der Herzog von Alen^on schenkte ihr ein Roß. Nach ihrer eigenen Angabe ward die Standarte angefertigt, welche auf weißem Grunde, mit goldenen Lilien besäet, den Heiland auf der Erdkugel darstellte, zwei Engel betend zur Seite, darüber die Worte: Jesus, Maria. Von einem kleinen Hofstaate begleitet, zu welchem auch zwei ihrer Brüder gehörten, erschien sie in Mannestracht zu Blois, wo ein Heer von 6000—7000 Mann zusam- mengezogen worden, um damit den Entsatz von Orleans zu versuchen. Innerhalb einer Woche war der erste Auftrag ihrer himmlischen Sen- dung ausgesührt. Noch im Morgendunkel des 7. Mai griff sie von der Brücke aus das gewaltig befestigte Castell les Tournelles an und legte nach langem erbittertem Kampfe mit eigener Hand die erste Sturm- leiter an den Wall. Da streckte sie ein Pfeil zu Boden, der tief in die Schulter getroffen. Wohl weinte sie, als sie das erste Blut aus der Wunde fließen sah, aber dann feuerte sie die Kampfgenossen zu neuem Angriffe an und pflanzte mit eigener Hand ihre Standarte auf die Mauer. Das Castell ward genommen und so Orleans befreit, denn Tages darauf hoben die Engländer, die umsonst eine Feldschlacht an- boten, die Belagerung auf. Sobald Johanna mit dem Dauphin in Tours zusammentraf, be- stand sie darauf, nun auch den zweiten Theil ihrer Aufgabe auszuführen und ihn nach Rheims zur Krönung zu geleiten. Dazu war zunächst erforderlich, die Engländer von den Flußübergängen zu vertreiben, die sie noch inne hatten. Bei dem Sturme auf die Burg Jargeau wurde Johanna von einer gewaltigen Steinkugel getroffen und in den Graben zurückgeschleudert. Schou jubelte der Feind, aber sie war sogleich wie- der auf den Beinen und erstürmte an der Spitze der Franzosen den Wall. Die meisten Burgen, an welchen der weitere Marsch vorüber- führte, öffneten ihre Thore, Trohes und Chalons ergaben sich nach kur- zem Widerstande. Am Sonntage, den 17. Juli, wurde Karl Vii. an der heiligen Stätte, wo seine Ahnen seit Jahrhunderten Krone und Scepter empfangen hatten, gesalbt und gekrönt. Mit ihrer Stan- darte in der Hand, stand Johanna in ihrem vollen kriegerischen Schmucke in der Nähe des Fürsten. Es war der Tag ihres höch-

5. Epochen der französischen Geschichte - S. 89

1880 - Nördlingen : Beck
Ix. Das Auftreten der Jungfrau von Orleans. 89 dire qu'elle venait de loin son secours, et qu'elle savait beau-coup de bonnes choses pour lui. L'eghse de Sainte-Catherme etait un saint lieu de pelerinage; Jeanne s'y rendit, et y passa un long temps de la journee, entendant trois messes l'une apres l'autre. Bientt eile r.egut la permission de vemr Chinon. Elle - ^ar y prit gite en une htellerie, et. parut peu apres devant des conseillers du roi pour etre interrogee; eile refusa d'abord de repondre tout autre qu'au roi; cependant eile finit par dire les choses qu'elle venait accomplir par Vordre du roi des cieux \ Rien ne fut decide; beaucoup de conseillers croyaient ne fallait pas ecouter une fille insensee; d'autres disaient que regt Auf. le roi devait pour le moins l'entendre, et envoyer en Lorraine sehen pour avoir des informationsjlen attendant, eile fut logee au chteau du Coudray, sous la^prde du sire de Gaucourt, grand- maitre de la maison du roi1). La, comme Yaucouleurs, eile commenga etonner tous ceux qui la voyaiant, par ses paroles, par la saintete de sa vie, par la ferveur de ses prieres, durant lesquelles on la voyait sou-vent verser des larmes. Elle communiait frequemment, eile jeu-nait avec severite. Ses discours etaient toujours les meines, re-petant avec assurance les promesses de ses voix, au reste simples, douces, modestes et raisonnables. Les plus grands seigneurs etaient curieux de venir voir cette merveilleuse fille, et de la faire parier. _ 9. Apres trois jours de consultation, le roi consentit enfin la voir. Ii en avait peu d'envie; mais on lui representa que K5nig em. Dieu protegeait srement cette fille, puisqu'elle avait pu venir pfangen. jusqu' lui par un si long chemin i), travers tant de perils. Ce motif le toucha. D'ailleurs le btard d'orleans et les assieges avaient dej envoye Chinon pour eclaircir les bruits qui cou- raient touchant cette pucelle, d'o leur devait venir du secours. Le roi, pour l'eprouver, ne se montra point d'abord, et se tint un peu l'ecart. Le comte de Yendome2) amena Jeanne, qui 8 ') Einer der Grofsbeamten der Krone, der dritte im Rang (der erste war der Connetable, vgl. Viii, 1, 9., d. zweite der Chanceher) nach einer Yerordn. Heinrichs Iii. v. J. 1582. Er hatte die Oberaufsicht der den kgl. Haushalt, die Gerichtsbarkeit der die kgl Hausbeamten und die Entscheidung der im Palast des Knigs entstehenden Prozesse. Bei dem Leichenbegngnis des Knigs hatte er die Worte zu sprechen. Le roi est mort, vive le roi! 9 i) Die gerade Linie von Domremy nach Chinon betragt ungefhr 60 deutsche Meilen = 450 Kilom. = 100 lieues alten Stils. Vgl. Viii, 4, 4. Johanna hatte aber bedeutende Umwege machen mssen. 2) St, u. Grafsch. Vendome am Loir,

6. Teil 2, Oberstufe, Teil 1 - S. 207

1901 - Kiel : Lipsius & Tischer
Iv. Aus der weiten Welt. 207 konnten, ergingen sie sich gern in dem Schotten des segenbringenden Baumes und tranken aus dem heilenden Quell. Im Mai jedes Jahres zogen die jungen Bursche und Mädchen und die Kinder des Dorfes in frohen Scharen nach der heiligen Stätte. Sie schmückten die Zweige mit Blumengewinden uitd Kränzen und tanzten um den Baum. Auch Johanna besuchte den heiligen Baum oft mit den Mädchen ihres Alters, aber fciten nahm sie an dem Tanze teil; lieber sang sie auch an diesem Orte ihre frommen Lieder. — Niemals lag Frankreich so völlig danieder wie zu dieser Zeit. Das Heer, niedergeworfen in blutigen Schlachten, war nahe daran, vor den Fremden die Waffen zu strecken. Der schwachsinnige König überließ die Zügel des Staates, die er niemals in festen Händen gehalten hatte, einigen ehrgeizigen Prinzen, die sich die Herrschaft über das Land in blutigen Kriegen streitig machten. Die unnatürliche Mutter des Königs verschwor sich gegen ihr eigenes Fleisch und Blut; sie ächtete den König, den einzigen Sohn, der ihr geblieben war, und überlieferte das Reich den Engländern, die schon mehr als die Hälfte des Landes, dazu auch die Hauptstadt, in Besitz genommen hatten. Von der flandrischen Küste bis zu den Pyrenäen wurde das Land von Kriegs- scharen durchzogen, die in keines Herrn Pflicht standen und die Freund und Feind ohne Unterschied ausplünderten und erwürgten. Unterdessen belagerten die Engländer Orleans, das letzte Bollwerk der französischen Freiheit. Hier machte das sterbende Frankreich seine letzten An- strengungen; jeder Bürger war Soldat geworden, und selbst die Frauen wett- eiferten mit den unerschrockensten Kriegern an Tapferkeit. Als nun die Eng- länder noch fortwährend Verstärkungen erhielten, suchte das Heer des franzö- sischen Königs ihnen den Weg zu verlegeu. Dies gelang aber nicht. Die Franzosen wurden geschlagen, und die Nachricht von dem neuen Unglück rief in der belagerten Stadt die größte Bestürzung hervor. Der König schien unter der Last seiner Schande zu erliegen; er dachte sogar daran, Chinon, wo er seinen Hof hielt, zu verlassen und nach der Dauphine, dem äußersten Osten, zu entfliehen. Sicherlich hätten dann die Bewohner von Orleans sich nicht länger für einen König geopfert, der sie selbst im Stiche ließ. Die Engländer würden die Stadt erobert und binnen kurzer Zeit ganz Frankreich unterjocht haben. Vor dieser Schmach wurde es durch die unerwartete Ankunft der Heldeu- jungfrau im Lager des Königs bewahrt. Das war aber so zugegangen. Eines Tages um die Mittagszeit, als Johanna in ihres Vaters Garten stand, sah sie die Luft von einer überirdischen Klarheit erfüllt, und unbekannte Stimmen tönten an ihr Ohr. Ihr wurde befohlen, nach Frankreich zu gehen, Orleans zu befreien und den König Karl zur Salbung nach Reims zu führen. Zuvor aber sollte sie nach Vaucouleurs zum Hauptmann Baudrieourt gehen und ihn bitten, ihr einige tapfere Männer zur Bedeckung mitzugeben. Da sie zweifelte, daß sie von ihren Eltern die Erlaubnis dazu bekommen würde, begab sie sich zu ihrem Oheim und wußte ihn zum Glauben an ihre göttliche Sendung zu bewegen. Als nun aber der

7. Theil 2 - S. 267

1839 - Leipzig : Fleischer
267 nun an dachte sie darauf, wie sie zu ihm kommen könnte. Da hörte sie, daß ein Ritter Baudricourt in Vaucouleurs eine Reiterschaar für den König sammle. Zu ihm begab sie sich, und bat flehentlich, sie doch anzunehmen, indem sie ihm erzählte, sie habe himmlische Er- scheinungen gehabt, und sey fest überzeugt, daß sie zu seiner Retterin vom Himmel bestimmt sey. In jener Zeit, wo man an übernatürliche Erscheinungen glaubte, schien ihre Erzählung nicht unglaublich; indessen wollte sich der Ritter nicht darauf einlassen, sondern wies sie ab. Trau- rig wanderte sie zurück; aber sie hatte zu Hause keine Ruhe, und war bald wieder in Vaucouleurs, ihre Bitte noch dringender vortragend. Jetzt wurde Baudricourt aufmerksam auf das ritterliche Mädchen; er erlaubte ihr, sich zur Reise fertig zu machen. Wer war glücklicher wie sie! Karl hielt sich damals südlich von der Loire, unweit Orleans, in Chinon auf. Hierhin brachte sie der Ritter (1429), und erzählte dem hoch aufhorchenden Könige von dem sonderbaren Mädchen, welches ihn zu sprechen wünsche, und durchaus für ihn zu streiten begehre, weil sie von Gott zu seiner Retterin bestimmt sey. Er ließ sie kommen. Um sie aber auf die Probe zu stellen, ließ er einen seiner Ritter die königlichen Kleider anlegen, indem er sich selbst unter den Haufen der Krieger mischte. Sobald sie eingetreten war, fand sie ihn sogleich vor Allen heraus, obgleich sie versicherte, ihn noch nie gesehen zu haben. Dann erzählte sie ihm, zum Beweise ihrer göttlichen Sendung, den Traum, den er in der vergangenen Nacht gehabt, bat ihn, ihr aus einer nahe gelegenen Wallfahrtscapelle unter vielen alten Waffen ein von ihr ge, nau bezeichnetes Schwert holen zu lassen, und gab ihm die Versiche- rung, ihn nach Rheims zur Krönung zu führen. So gering auch der Anschein dazu war — denn alle Städte dahin waren von den Eng- ländern besetzt — so glaubte ihr doch der König, oder that wenigstens so, gab ihr eine Rüstung, ein Pferd, und — wie sie es wünschte — eine weiße Fahne, auf welche der Heiland mit einer Weltkugel gemalt war. Das Gerücht von der Ankunft einer vom Himmel gesandten Jungfrau hatte sich indessen im französischen, wie im englischen Lager verbreitet, und dort Freude und Vertrauen, hier aber Schrecken und Muthlosigkeit bewirkt. Das Heer des Königs jauchzte ihr, als sie zum ersten Male, die Fahne in der Hand, die Reihen hinabritt, freu- devoll entgegen, und verlangte dringend, gegen den Feind geführt zu werden. Zunächst kam es darauf an, Orleans zu entsetzen, und einen Transport mit Lebensmitteln, an welchen die Besatzung großen Mangel litt, hineinzubringen. Vorher führte Johanna im Lager Zucht und Ordnung ein, weil nur da, wo diese herrschen, der Segen des Him- mels erwartet werden kann. Jeder Soldat mußte beichten, und alles schlechte Gesindel wurde aus dem Lager getrieben. Dann brach der

8. Von der Zeit Karls des Großen bis zum Westfälischen Frieden - S. 69

1900 - Leipzig : Hirt
Die Jungfrau von Orleans. 69 Im Sommer 1425 vernahm sie im Garten ihres Vaters eine Stimme, die sprach: Ich komme zu dir und befehle dir im Namen des Herrn, da du nach Frankreich dem Könige zu Hilfe ziehst, damit er sein Knigreich wiedergewinne." So taucht ihr zum erstenmal der groe Gedanke ihres Lebens auf. Was sie gesehen und gehrt, und was sie von da an hufiger sah und hrte, wagte sie ihren Eltern nicht anzuvertrauen. Als aber die Stimmen dringender sie an die Erfllung ihrer Sendung mahnten, vertraute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einem benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: Eile, Johanna, eile, geh nach Vanconleurs, melde dich beim Hauptmann; zweimal wird er dich zurckweisen, zum drittenmal wird er dich zum Könige senden!" Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vau-couleurs. Frankreich," sagte sie zum Hauptmann, ging durch ein Weib zu Grunde und wird durch eine Jungfrau gerettet werden; das Weib ist die Knigin Jsabeau, die Jungfrau bin ich!" Hhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein Paar tchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie lie sich nicht beirren; sie blieb in Vancouleurs bei der Frau eines Brgers und fand allmhlich Glauben. Als sie zum drittenmal zum Hauptmann ging, sagte dieser: Va donc, advienne que pourra" und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise an das knigliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chinon. Erst am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mdchens zu prfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, welche die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt geradeswegs auf den König zu und begrte ihn. Als der König sie an einen Hfling wies und sagte: Dort ist der König," entgegnete sie: En noin de Dien, gentil piince, c'est vous et non autre!" Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitz des Knigs wiederspiegelten, der dann feierlich erklrte, Johanna habe fein Vertrauen. Spter hat sie erzhlt, sie habe dem Könige ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. Sie legte nun mnnliche Kleider und kriegerische Rstung an; sie verengte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weie Fahne, best mit goldenen Lilien und dem Bilde des Heilandes auf der einen, dem der Gottesmutter auf der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gefechten voran; das Schwert hat sie niemals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht werden, eine Sendung Lebensmittel in die Stadt zu schaffen; die Einschlieung durch die Englnder war nicht so vollstndig, um dies ganz unmglich zu machen. Sie entsandte einen Herold mit einem von ihr diktierten Briefe, worin sie in derselben stolzen Sprache, die ihr Schiller in den Mund legt, den englischen Feldherren Frieden anbot unter der Bedingung, da sie aus Frankreich abzgen.

9. Von der Zeit Karls des Großen bis zum Westfälischen Frieden - S. 69

1900 - Leipzig : Hirt
Die Jungfrau von Orleans. 69 Im Sommer 1425 vernahm sie im Garten ihres Vaters eine Stimme, die sprach: Ich komme zu dir und befehle dir im Namen des Herrn, da du nach Frankreich dem Könige zu Hilfe ziehst, damit er sein Knigreich wiedergewinne." So taucht ihr zum erstenmal der groe Gedanke ihres Lebens auf. Was sie gesehen und gehrt, und was sie von da an hufiger sah und hrte, wagte sie ihren Eltern nicht anzuvertrauen. Als aber die Stimmen dringender sie an die Erfllung ihrer Sendung mahnten, vertraute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einem benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: Eile, Johanna, eile, geh nach Vaueouleurs, melde dich beim Hauptmann; zweimal wird er dich zurckweisen, zum drittenmal wird er dich zum Könige senden!" Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vau-couleurs. Frankreich," sagte sie zum Hauptmann, ging durch ein Weib zu Grunde und wird durch eine Jungfrau gerettet werden; das Weib ist die Knigin Jsabeau, die Jungfrau bin ich!" Hhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein paar tchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie lie sich nicht beirren; sie blieb in Vaueouleurs bei der Frau eines Brgers und fand allmhlich Glauben. Als sie zum drittenmal zum Hauptmann ging, sagte dieser: Va donc, advienne que pourra" und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise cm das knigliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chinon. Erst am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mdchens zu prfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, welche die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt geradenwegs auf den König zu und begrte ihn. Als der König sie an einen Hfling wies und sagte: Dort ist der König," entgegnete sie: En nom de Dien, gentil prince, c'est vous et non autre!" Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitz des Knigs wiederspiegelten, der dann feierlich erklrte, Johanna habe sein Vertrauen. Spter hat sie erzhlt, sie habe dem Könige ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. Sie legte nun mnnliche Kleider und kriegerische Rstung an; sie ver-langte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weie Fahne, best mit goldenen Lilien und dem Bilde des Heilandes auf der einen, dem der Gottesmutter auf der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gefechten voran; das Schwert hat sie niemals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht werden, eine Sendung Lebensmittel in die Stadt zu schaffen; die Einschlieung durch die Englnder war nicht so vollstndig, um dies ganz unmglich zu machen. Sie entsandte einen Herold mit einem von ihr diktierten Briefe, worin sie in derselben stolzen Sprache, die ihr Schiller in den Mund legt, den englischen Feldherren Frieden anbot unter der Be-dingung, da sie aus Frankreich abzgen.

10. Der biographische Unterricht - S. 48

1859 - Berlin : Gaertner
48 Alles war für den unglücklichen König verloren. Da wurde ihm auf eine wunderbare Weise Hülfe und Rettung zu Theil. §. 52. Die ersten Thaten der Jungfrau von Orleans. An der Grenze von Lothringen im Dorfe Dom Remy lebte ein Bauer, Th ibaut d'arc, der eine Tochter, Johanna, hatte. Dieses Mäd- chen war still und zurückgezogen und zeichnete sich durch einen frommen und Gott ergebenen Sinn aus. Von dem Wunsche erfüllt, den un- glücklichen König gerettet zu sehen, wandte sich Johanna oft in in- brünstigem Gebete zu Gott. Dabei fühlte sie ein Verlangen, durch eigene Kraft und Kühnheit dem bedrängten Vaterlande zu helfen. Dies Verlangen stieg in ihr zur Begeisterung. Im Traume sah sie den Erzengel Michael und heilige Frauen, welche ihr verkündeten, daß sie zur Rettung des Königs berufen sei. Sie ging daher, ohne ihren Eltern etwas zu sagen, zu ihrem Oheime, der sie zum Ritter Baudricourt, dem Befehlshaber der nahe gelegenen Stadt Vau- eouleurs, führte. Dieser wies sie zurück. Da sie aber Niemand in ihrem Glauben irre machen konnte, so gaben die Bewohner der Stadt ihr ein Pferd, Waffen und männliche Kleidung. In Begleitung zweier Ritter begab sie sick auf sehr gefahrvollen Wegen nach dem Schlosse Chinon, wo der König sein Hoflager hielt. Sie erschien vor Karl Vii. und sagte ihm, daß sie berufen sei, die Stadt Orleans, welche von den Engländern belagert wurde, zu befreien und den König zur Krönung nach Rheims zu führen. Der König soll hierauf, uni sich von der Wahrheit ihrer Eingebungen zu überzeugen, sie man- nichfach auf die Probe gestellt haben. Da ihre Aussagen eintrafen, gab ihr Karl Vii. Soldaten, und mit einer weißen Fahne in der Hand schritt sie dem Heere voran. Sie ging nach Orleans, um die fast verhungerten Einwohner dieser Stadt mit Lebensmitteln zu ver- sehen. Unterwegs hielt sie strenge Zucht im Heere. Orleans wurde erreicht. Sie ließ den Engländern sagen, daß sie sich entfernen soll- ten. Diese spotteten der Jungfrau von Orleans — so wurde sie jetzt genannt — obgleich sie doch vor ihr, wie vor eineni wunderbaren Wesen, Furcht hatten. Dann verließ sie die Stadt und begann einen Angriff auf die Bollwerke und Verschanzungen der Engländer. Nack) eineni heftigen Kampfe, in welchem Johanna durch einen Pfeil ge- fährlich verwundet wurde, wichen die Engländer und die Jungfrau zog siegreich in die Stadt ein. §. 53. Johanna s fernere Thaten. Die Vertreibung der Engländer durch eine Jungfrau erregte das größte Aufsehen in Frank- reich. Man hielt Johanna für ein göttliches Wesen und man kam, ihre Kleider und die Füße ihres Pferdes zu küssen. Sie begab sick,

11. Das Mittelalter - S. 256

1877 - Leipzig : Brandstetter
256 dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach Vancouleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt, Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne. So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite mehrerer Ritter, an den französischen Hof. Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottesfurcht uno Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als sie in Chinon angekommen war, dauerte es eine lange Zeit, bis sie bei dem Könige vorgelassen wurde. Karl Vii. war lange ungewiß, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für teuflisches Blendwerk halten solle. Endlich ließ er sie vor sich kommen und die Jungfrau erkannte sogleich den König, obgleich sich dieser ohne alle Zeichen seiner Würde unter den Haufen der Hofleute gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm auch ein Geheimniß, das Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte großes Aussehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. 4. Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen, als einer göttlichen Prophetin, die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche zu Fierbois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, woraus Gott mit der Weltkugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Jesus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das Schwert nicht brauchen zu dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an, panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Streitroß. Mit dem Gefolge und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois gesendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sendung zog ihr voran. Als sie zu Blois angekommen war. drang sie vor Allem bei den Soldaten auf Religionsübung und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen sollten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle liederlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl ihnen im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Daraus traf sie Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese hart bedrängte Stadt zu werfen.

12. Das Mittelalter - S. 258

1866 - Leipzig : Brandstetter
256 dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach Banco nleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt, Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne. So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite meh- rer Ritter, an den französischen Hof. Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottes- furcht und Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als sie in Chinon angekommen war, dauerte cs eine lange Zeit, bis sie bei dem Könige vorgelassen wurde. Karl Vii. war lange ungewiß, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für teuflisches Blendwerk halten solle. Endlich ließ er sie vor sich kommen und die Jungfrau erkannte sogleich den König, obgleich sich dieser.ohne alle Zeichen seiner Würde unter den Haufen der Hoflente gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm auch ein Ge- heimniß, daß Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte großes Aufsehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. 4. Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen, als einer göttlichen Prophetin, die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche zu Fierbois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, worauf Gott mit der Welt- kugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Je- sus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das Schwert nicht brauchen zu dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an, panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Strcitroß. Mit dem Gefolge, und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois ge- sendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sen- dung zog ihr voran. Als sie zu Blois angekommen war, drang sie vor Allem bei den Soldaten auf Religionsübung und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen soll- ten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle lie- derlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl ihnen im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Darauf traf sie Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese hart bedrängte Stadt zu werfen.

13. Das Mittelalter - S. 225

1852 - Leipzig : Brandstetter
225 Von dieser Zuversicht getrieben, verließ sie ihre Eltern, denen sie bis dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach Vaucouleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt, Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne. So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite mehrerer Ritter, an den franzö- sischen Hof. Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottesfurcht und Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als sie in Chinon angekommen war, dauerte es eine Zeit lang, bis sie bei dem König vorgelassen wurde. Karl vil. war lange ungewiß, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für ein teuflisches Blendwerk halten sollte. Endlich ließ er sie vor sich kom- men und die Jungfrau erkannte sogleich den König, obgleich sich dieser ohne alle Zeichen seiner Würde unter den Haufen der Hofleute gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm noch ein Geheimniß, das Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte großes Aufsehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen als einer göttlichen Prophetin die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche zu Fier- bois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, worauf Gott mit der Weltkugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Jesus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das Schwert nicht brauchen zu -dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an, panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Streitroß. Mit dem Gefolge und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois gesendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sendung zog ihr voran. Als sie zu Blois angekommen war, drang sie vor Allem bei den Soldaten aus Religionsübungen und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen sollten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle liederlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl ihnen, im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Darauf traf sie Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese hart bedrängte Stadt zu werfen. Am 29. April 1429 langte sie vor Orleans an und während die franzö- sische Besatzung nach einer andern Seite hin einen Ausfall that, brachte sie auf der entgegengesetzten die Lebensmittel glücklich in die Stadt. In Orleans ward sie als eine himmlische Retterin empfangen. Am 4. Mai, als eine zweite Zufuhr vor Orleans erschien, rückte sie mit dem Grafen von Dünois aus und ungestört ging der Zug mitten zwischen zwei Schanzen der Engländer Hin- Grube, Geschichtsbilder. H. 15

14. Theil 2 - S. 165

1827 - Breslau : Max
-------- 165 -------------- kam von einer Seite, wo Niemand es geträumt hätte: durch ein Bauermädchen. Im Dorfe Domremi bei dem Städtchen Vaucouleurs in Lothringen lebte ein Bauer, Thibautd'arc, der eine Tochter hatte, die Johanna hieß. An dem Mädchen war bisher nichts Außerordentliches bemerkt worden. Sie war wie alle Bauermäd- chen, groß, stark, tüchtig zur Arbeit, ja man sah sie nicht selten die Pferde ungesattelt zur Tränke reiten, und andere männliche Arbeit verrichten. Jetzt aber, wo Aller Augen und Aufmerksam- keit auf die Stadt Orleans gerichtet waren, wo in allen Schenk- stuben von dem unglücklichen Könige Karl, seiner Bedrangniß, seiner unnatürlichen Mutter und den Fortschritten der Engländer gesprochen wurde, jetzt wurde sie immer stiller und stiller. Sie lauschte auf jede Nachricht, stand oft zerstreut und in sich gekehrt da, und alle ihre Gedanken waren nur auf ihren bedrängten rit- terlichen König gerichtet. Schlaflos lag sie oft auf ihrem Lager. „Wie?" dachte sie da, „wenn doch alle Franzosen, die es redlich mit ihm meinen, aufftänden, und für ihn stritten? Dann müßte ihm ja geholfen werden!" — Und wenn sie dann einschlief, so sah sie im Traume den König von lausend Gefahren umdrängt; sie aber rettete ihn von allen seinen Feinden. Beim Erwachen beklagte sie dann ihre Schwachheit, bis die unaufhörliche Be- schäftigung mit diesen Gedanken und die öfteren Träume von ihm sie endlich überzeugte, sie sey vom Himmel erkoren, ihn zu ret- ten. Von nun an hatte sie keine Ruhe und Rast mehr zu Hause. Sie ging in das benachbarte Städtchen Vaucouleurs, und zu dem Ritter Baudricourt. Den bat sie recht inständig, sie doch mit zum Könige zu nehmen, und ihre geringe Hülfe nicht zu verach- ten. Sie erzählte ihm ihre Erscheinungen und Eingebungen, und versicherte ihm, sie sey bestimmt, den König und Frankreich zu retten. Baudricourt sah sie erstaunt an, hielt sie für nicht recht gescheid, und wies sie verdrüßlich von sich. Aber nach einiger Zeit war sie schon wieder bei ihm, und drang so lange in ihn, bis er zuletzt ganz eingenommen von dem Mädchen war, und ihr versprach, sie mit zum Könige zu nehmen, dem er gerade einen Haufen Reiter (ein Fähnlein) zuführte. Der König Karl hielt sich gerade im Schlosse Chinon auf, nicht weit von Orleans. Er horchte hoch auf, als ihm der Ritter erzählte, wen er mit-

15. Mit einem Stahlstich - S. 641

1837 - Stuttgart : Belser
Sieg d. Pabstth. üb. d. Concile u. Erfind, d. Buchdruckerkunst. 641 chen in männlichem Gewände, begleitet von zwei Edcln, Jean de Novelampont und Bcrtrand de Poulengi, vor Karl und kündigte sich ihm als Befreierin Frankreichs an. Dieses ausserordentliche Wesen hieß Johanna d'arc, oder Day, geboren an der Maas, unfern der Eranze von Lothringen und Champagne, oberhalb Vau» couleurs, in dem Dorfe Dom Remy, welches von jeher zur Parthei der Armagnacguen und Karls gehalten hatte. In einem Wirthshause der kleinen Stadt Nenfchateau hatte Johanna als Magd gedient und mit wachsendem Unwillen die Schilderungen Reisender von der Frechheit der Engländer vernommen, als plötzlich die Ucbcrzeu» gung in ihr erwachte, sie sey vom Himmel gesandt, ihr Vaterland von seinen Drängern zu befreien. Den Un» glauben ihrer Eltern fürchtend, gieng sie nach Bngie zu einem Oheim: „die Heiligen Michael, Margaretha und Katharina scyen ihr erschienen, und von ihnen habe sie den Befehl empfangen, Orleans zu entsetzen und den König Karl zur Krönung nach Rheims zu führen.» Ihr Oheim begab sich zu dem Ritter Baudricourt, Befehls- haber von Vaucoulcurs, erhielt aber den Bescheid, daß man die Unsinnige mit Ohrfeigen zurcchtweisen solle. Nun erschien Johanna selbst vor Baudricourt, und blieb, trotz des schlechten Empfangs, den sie bei ibm fand, unter Fasten und Gebet zu Vaucoulcurs. Theils durch seine Umgebung beredet, theils wirklich von der Sittlichkeit des Mädchens und, wie man erzählt, durch eine Ahnung, die sie von der Häringsschlacht hatte, über- zeugt, gab der Befehlshaber endlich nach: die Stadt rüstete sie mit Pferd und Waffen aus, und zwischen feindlichen Schwärmen und Städten hindurch langte sie nach 11 Ta- gen zu Chinon an. Drei Tage rathschlagte der Hof, ob man sie vorlassen solle. Als sie dann, wie behauptet wird, den unter den Hofleuten sich verbergenden König sichern Blickes herausfand und ihm den Inhalt eines Gebets entdeckte, das er in seiner Noth zum Himmel geschickt hatte, ohne einem Menschen etwas davon zu vauer's Gesch. Iii. Bd. 41

16. Erzählungen aus der Geschichte des Mittelalters in biographischer Form - S. 229

1881 - Oldenburg : Stalling
sie selbst tief in den Graben strzte. Man glaubte sie tot; aber in demselben Augenblicke erhob sie sich und rief: Wohlauf, meine Freunde, der Herr hat sie in unsere Hand gegeben!" und alsbald wurden die Mauern erstiegen. Bald darauf berraschte sie die Englnder und schlug sie nach kurzem Gefecht aus dem Felde; selbst der englische Feldherr, der gefrchtete Talbot, wurde zum Gefangenen gemacht. Allenthalben Schrecken unter den Feinden verbreitend, zog die Jungfrau auf Rheims zu. Vergebens stellten die Feldherren die Gefahr des Zuges durch ein ganz von Feinden besetztes Gebiet vor: sie wies auf den ihr von Gott gegebenen Auftrag hin und niemand konnte widerstehen. Ihre bloe Erscheinung brachte Auxerre, Trohes, Chalons zur Unter-werfung, und am 16. Juli 1429 ffnete die alte Knigsstadt Rheims die Thore, durch welche der König mit Johanna und dem Heere einzog. Gleich am andern Tage erfolgte die feierliche Krnung Karls, wobei Johanna mit der Fahne in der Hand neben ihm stand. Nach der Feierlichkeit kniete sie vor dem König nieder und begehrte mit Thrnen in den Augen wieder heim zu den Ihren kehren zu drfen, da ihre Sendung vollendet sei. Allein der König bestand darauf, da sie noch bleiben und das Heer zu ferneren Siegen begleiten solle. Sie gehorchte gegen ihren Willen, handelte aber von diesem Augenblicke an nicht mehr mit der bisherigen Sicherheit und Selbstndigkeit, sondern folgte nur den Beschlssen der Feldherren. Dennoch wirkte ihre Gegenwart heilsam auf das Heer, indem sie dasselbe zur Tapferkeit anfeuerte und zur Sittlichkeit ermahnte. Bald gewann der König eine Stadt nach der anderen, bis er vor Paris stand. Nach der Einnahme des Vorwerks St. Denys leitete Johanna den Sturm auf die Stadt, kam aber in solches Gedrnge, da sie leicht verwundet wurde. Dennoch wre der Sturm noch gelungen, wenn der König nicht versumt htte, Hlfe zu senden. Betrbt um das Milingen, bat sie noch einmal um ihre Entlassung in die Heimat. Allein der König gab sie nicht, hob die Belagerung von Paris auf, und zog, anstatt den Feind rastlos zu verfolgen und aus dem Lande zu treiben, nach Chinon zurck, um den Winter in den weichlichen Genssen des Hoflebens hinzubringen. Johannas Familie erhob der König in den Adelstand. Als die Jungfrau im Frhling des Jahres 1430 sich in die Stadt Compiegne warf, um sie gegen

17. Geschichte des Mittelalters - S. 263

1861 - Münster : Coppenrath
263 riges Gemüth auf. Nirgends fand sie Ruhe mehr, Tag und Nacht beschäftigte sie das Schicksal ihres Vaterlandes; endlich glaubte sie, noch fei das Vaterland durch eines Weibes Arm zu retten. Sie bat und flehete inbrünstig zu Gott und sah im Traume Gott selbst und die Schutzheiligen des Landes sie aufmuntern zu dem glorreichen Unternehmen. Voll Begeiste- rung ihres neuen Berufes wandte sie sich an Vaudricourt, den Befehlshaber der benachbarten Stadt Vauconlenrs, und ward von ihm nach Chinon, unweit Orleans, der Residenz Karl's, gesendet. Und ohne Furcht trat sie hier vor den König und sprach in prophetischem Tone zu ihm: „Wohledler Dau- phin, ich bin Johanna die Magd. Mir ist vom Himmel der Auftrag geworden, Eure Feinde von Orleans zu vertreiben und Euch nach Rheims zu führen. Dort werdet Ihr, nehmet Ihr meine Dienste an, die Krone von Frankreich empfangen, die Euch gebührt." Obwohl sie nie vorher den König gesehen hatte, so soll sie ihn doch auf der Stelle aus den anwesenden Hofleuten herausgefunden und ihm Geheimnisse entdeckt haben, die auf natürliche Weise kein Mensch außer ihm wissen konnte. Auch soll sie ein in der St. Katharinenkirche zu Ficrbois be- findliches Schwert, welches seit vielen Jahren ganz in Ver- gessenheit gerathen war, genau beschrieben und dasselbe begehrt haben. Solche und ähnliche Gerüchte verbreiteten sich unter das Volk. Alle brannten vor Begierde, das Wundermädchen zu sehen, welches Gott sich zur Rettung Frankreichs auserkoren habe. Da erschien Johanna auf einem prachtvollen Streitrosse, im Angesichte einer ungeheuren Volksmenge, von der sie mit lautem Zurufe begrüßt ward. Vor ihr her ward ein Banner getragen, auf dem man den Allmächtigen, von unzähligen Lilien umgeben, in Gestalt eines ehrwürdigen Greises, mit der Weltkugel in der Hand, erblickte. Sie erschien den Zuschauern al§ ein überirdisches Wesen. Alle wurden begeistert, Alle hielten sich für unbesiegbar unter der Fahne der Jungfrau, Alle griffen freudig zu den Waffen.

18. Erzählungen aus der Geschichte des Mittelalters in biographischer Form - S. 226

1881 - Oldenburg : Stalling
lichen Beruf frchtete, entdeckte sie sich zuerst ihrem Oheim. Dieser ging nach der benachbarten Stadt Vaucouleurs zum Ritter Baudricourt, der ihm aber riet, das Mdchen durch Ohrfeigen von ihrem Wahne zu heilen. Auch als sie ihn selbst bat, sie nach Bourges zum König zu führen, erhielt sie keinen gnstigeren Bescheid. Nun blieb sie unter hufigem Fasten und Gebet so lange im Orte, bis andere auf ihre Aus-sagen aufmerksam wurden und an ihre Sendung glaubten. Von ihrer selsenfesten berzeugung berwunden, bot ihr nun selbst Baudricourt die Hand zur Erfllung ihres Wunsches, und die Stadt rstete sie mit einem Pferde und mit Waffen aus. So reiste sie in mnnlicher Kleidung, die sie nicht wieder ablegte, von zwei Rittern begleitet, elf Tage lang durch Ge-genden voll feindlicher Schwrme und Städte hindurch und langte gegen Ende Februars 1429 am Hoflager in Chinon an. Obgleich die Umgebung des Knigs ihren Aussagen bald Glauben schenkte, so wagte man es doch erst am dritten Tage, sie dem Könige vorzustellen. Um sie zu prfen, hatte er sich geflissentlich unter die Hofleute verborgen, aber die Jungfrau erkannte ihn, den sie noch nie gesehen, aus seiner zahlreichen und glnzenden Umgebung heraus. Auch soll sie ihm bei einer Unterredung ein nur ihm bekanntes Geheimnis entdeckt haben. Sie erklrte nun dem König, da Gott sie zu ihm gesendet, er solle ihr Leute geben, so werde sie die Belagerung von Orleans aufheben und ihn zur Krnung nach Rheims führen: denn es sei Gottes Wille, da seine Feinde, die Englnder, in ihr Land zurckkehrten. Hierauf legte der König ihre Aussagen einem Rate von Rechts- und Gottes-gelehrten vor, welche viele verfngliche Fragen an sie richteten, die sie aber alle mit Herzenseinfalt und Klarheit des Ver-standes beantwortete. Als einer fragte, in welcher Sprache denn ihre himmlischen Erscheinungen geredet htten, antwortete sie: In einer besseren, als Ihr da sprecht." Auf die uerung eines anderen, Gott verbiete solche Aussagen, wie die ihren, zu glauben, wenn sie nicht mit Zeichen und Wundern begleitet wren, entgegnete sie: Ich bin nicht gekommen, hier Zeichen zu thun; fhrt mich aber nach Orleans, dort will ich Euch zeigen, warum ich gesandt bin." Ein Mnch sragte sie, warum sie denn Bewaffnete fordere, um den Feind zu vertreiben, dazu bedrfe ja Gott keiner Kriegsleute. Aber Johanna entgegnete: Die Kriegsleute werden kmpfen und Gott wird den Sieg geben!" Im Vertrauen auf ihre hohe Berufung rstete man eine

19. Theil 2 - S. 124

1827 - Leipzig : Fleischer
124 Es kam ihm eine Hülfe, wo er sie am wenigsten erwarten konnte, durch ein Bauermädchen. Johanna d' Are war die Tochter Thibaut d' Ares, eines Landmanns in dem Dörfchen Domremi bei Vaucouleurs in Lothringen. Sie war unter den gewöhnlichen ländlichen Be- schäftigungen aufgewachsen, hatte Schafe gehütet, die Wirrhschaft besorgt, dann und wann auch wohl Pferde ungesattelr zur Tranke geritten; denn sie war groß und stark, aber man hatte bisher nichts Außerordentliches an ihr bemerkt. Jetzt schien sie plötzlich wie umgeandert- Die Erzählungen von der Noch des unglücklichen Königs Karl, von den Fortschritten der Englän- der, von dem Betragen der unnatürlichen Jsabeau drangen auch in das stille Dörfchen Domremi, und alle bedauerten innigft den verlassenen König. Keiner aber mehr als Johanna. Aufmerk- sam horchte sie auf jede Nachricht. „Ach!" dachte sie oft, „wärst du doch ein Mann, daß du zu ihm eilen und deinen Arm ihm leihen könntest!" Wenn sie dann über solchen Ge- danken einschlief, so sah sie im Traum den König in tausend Gefahren; sie aber stand ihm ritterlich bei, und rettete ihn. So war Karl und sein trauriges Schicksal ihr Gedanke bei Tage und bei Nacht. Kein Wunder, daß sie zuletzt glaubte, sie sey zu seiner Retterin vom Himmel ersehen. Von nun an dachte sie darauf, wie sie zu ihm kommen könnte. Da hörte sie, daß ein Ritter Baudricourt in Vaucouleurs eine Reiterschaar für den König sammle. Zu ihm begab sie sich, und bat flehentlich, 4ie doch auch anzunehmen, indem sie ihm erzählte, sie habe himmlische Erscheinungen gehabt, und sey fest überzeugt, daß sie zu seiner Retterin vom Himmel bestimmt sey. In jener Zeit, wo man an übernatürliche Erscheinungen glaubte, schien ihre Erzählung nicht unglaublich; indessen wollte sich der Ritter nicht darauf einlassen, sondern wies sie ab. Traurig wunderte sie zurück; aber sie hatte zu Hause keine Ruhe, und war bald wieder in Vaucouleurs, ihre Bitte noch dringender vortragend. Jetzt wurde Baudricourt aufmerksam auf das ritterliche Mäd- chen; er erlaubte ihr, sich zur Reise fertig zu machen. Wer war glücklicher wie sie! Karl hielt sich damals südlich von der Loire, unweit Orleans, in Chinon auf. Hierhin brachte sie der

20. (Der biographische Unterricht) - S. 42

1887 - Berlin : Gaertner
42 langen, durch eigne Kraft und Khnheit dem bedrngten Vaterlande zu helfen. Dies Verlangen stieg _ in ihr zur Begeisterung. Im Traume sah sie den Erz--engel Michael und heilige Frauen, welche ihr verkndeten, dass sie zur Rettung des Knigs berufen sei. Sie ging daher, ohne ihren Eltern etwas zu sagen, zu * ihrem Oheim, der sie zum Ritter Baudricourt, dem Befehlshaber der nahe gelegenen Stadt Vaucouleurs, fhrte. Dieser wies sie zurck. Da sie aber niemand in ihrem Glauben irre machen konnte, so gaben die Bewohner der Stadt ihr ein Pferd, Waffen und mnnliche Kleidung. In Begleitung zweier Ritter zog e sie auf sehr gefahrvollen Wegen nach dem Schlosse Chinon, wo der König sein Hoflager hielt. Sie erschien vor Karl Vii. und sagte ihm, dafs sie berufen sei, die Stadt Orleans, welche von den Englndern belagert wurde, zu befreien und den König zur Krnung nach Reims zu führen. Der König soll hierauf, um sich von der Wahrheit ihrer Eingebungen zu berzeugen, sie mannich-fach auf die Probe gestellt haben. Da ihre Aussagen eintrafen, gab ihr Karl Vii. Soldaten, und mit einer weien Fahne in der Hand schritt sie dem Heere voran. Sie richtete ihren Weg auf Orleans, um die fast verhungerten Einwohner dieser Stadt mit Lebensmitteln zu versehen. Unterwegs hielt sie strenge Zucht im Heere. Orleans wurde erreicht. Dann lie sie den Englndern sagen, dass sie sich entfernen sollten. Diese spotteten der Jungfrau von Orleans so wurde sie jetzt genannt obgleich sie doch vor ihr, wie vor einem wunderbaren Wesen, Furcht hatten. Darauf begann sie einen Angriff auf die Bollwerke und Verschanzungen der Englnder. Nach einem heftigen Kampfe, in welchem Johanna durch einen Pfeil gefhrlich verwundet wurde, wichen die Englnder, und die Jungfrau zog siegreich in die Stadt ein. ; 53. Johannis fernere Thaten. Die Vertreibung der Englnder durch eine Jungfrau erregte das grte Auffehn in Frankreich. Man hielt Johanna fr ein gttliches Wesen, und man kam, um ihre Kleider und die Fe ihres Pferdes zu kssen. Sie begab sich dann nach Tours, wo Karl Vii. war, kniete vor ihm nieder und sprach: Wohledler Dauphin, empfanget die heilige Salbung und Eure Knigliche Krone zu Reims. Ich habe das grte Verlangen, Euch hinziehen zu sehen; darum eilet/' Die Städte und Schlsser, welche zwischen Tours und Reims lagen, waren alle von den Englndern besetzt. Dennoch folgte der König dem Rate der Jungfrau. Mehrere feste Pltze ergaben sich, andre wurden durch Sturm genommen. Johanna zeigte berall Mut und Unerschrocken-heit. Der Helm wurde ihr einmal zerschmettert, und sie selbst strzte in einen tiefen Graben. Trotz dieser Gefahren fhrte sie den König glcklich nach Reims. Am 17. Juli (1429) wurde er gekrnt. Johanna stand am Altare neben ihm, mit ihrer Fahne in der Hand, umfaffte nach der Krnung feine Kniee und sprach: Edler König! jetzt ist Gottes Wille erfllt, der verlangte, dass ich Orleans ent-setzen und Euch nach der Stadt Reims zur heiligen Salbung führen sollte." Der König erhob darauf die ganze Familie der Jungfrau in den Adelstand. Man erzhlt, dass nach der Krnung Johanna den König gebeten habe, sie zu entlassen, weil ihr Werk vollbracht sei. Allein der König und das Heer sollen sie durch vieles Bitten zum Bleiben bewogen haben. Merkwrdig ist es, dass Iohanna's fernere Thaten nicht mehr vom Glcke begleitet waren, und dass sie selbst auch keinen so groen Mut mehr zeigte. Die vorgefallenen Ereignisse machten auf die gegen Karl feindlich gesinnten Städte Frankreichs einen solchen Eindruck, dass sie sich bald ergaben. Nur Paris blieb hartnckig. Johanna belagerte die Stadt. Da der schwache König ihr feine Hilfstruppen schickte, konnte sie trotz aller Tapferkeit nichts ausrichten. Sie wnschte