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1. Von der Zeit Karls des Großen bis zum Westfälischen Frieden - S. 69

1900 - Leipzig : Hirt
Die Jungfrau von Orleans. 69 Im Sommer 1425 vernahm sie im Garten ihres Vaters eine Stimme, die sprach: Ich komme zu dir und befehle dir im Namen des Herrn, da du nach Frankreich dem Könige zu Hilfe ziehst, damit er sein Knigreich wiedergewinne." So taucht ihr zum erstenmal der groe Gedanke ihres Lebens auf. Was sie gesehen und gehrt, und was sie von da an hufiger sah und hrte, wagte sie ihren Eltern nicht anzuvertrauen. Als aber die Stimmen dringender sie an die Erfllung ihrer Sendung mahnten, vertraute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einem benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: Eile, Johanna, eile, geh nach Vanconleurs, melde dich beim Hauptmann; zweimal wird er dich zurckweisen, zum drittenmal wird er dich zum Könige senden!" Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vau-couleurs. Frankreich," sagte sie zum Hauptmann, ging durch ein Weib zu Grunde und wird durch eine Jungfrau gerettet werden; das Weib ist die Knigin Jsabeau, die Jungfrau bin ich!" Hhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein Paar tchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie lie sich nicht beirren; sie blieb in Vancouleurs bei der Frau eines Brgers und fand allmhlich Glauben. Als sie zum drittenmal zum Hauptmann ging, sagte dieser: Va donc, advienne que pourra" und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise an das knigliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chinon. Erst am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mdchens zu prfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, welche die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt geradeswegs auf den König zu und begrte ihn. Als der König sie an einen Hfling wies und sagte: Dort ist der König," entgegnete sie: En noin de Dien, gentil piince, c'est vous et non autre!" Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitz des Knigs wiederspiegelten, der dann feierlich erklrte, Johanna habe fein Vertrauen. Spter hat sie erzhlt, sie habe dem Könige ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. Sie legte nun mnnliche Kleider und kriegerische Rstung an; sie verengte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weie Fahne, best mit goldenen Lilien und dem Bilde des Heilandes auf der einen, dem der Gottesmutter auf der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gefechten voran; das Schwert hat sie niemals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht werden, eine Sendung Lebensmittel in die Stadt zu schaffen; die Einschlieung durch die Englnder war nicht so vollstndig, um dies ganz unmglich zu machen. Sie entsandte einen Herold mit einem von ihr diktierten Briefe, worin sie in derselben stolzen Sprache, die ihr Schiller in den Mund legt, den englischen Feldherren Frieden anbot unter der Bedingung, da sie aus Frankreich abzgen.

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1. Von der Zeit Karls des Großen bis zum Westfälischen Frieden - S. 69

1900 - Leipzig : Hirt
Die Jungfrau von Orleans. 69 Im Sommer 1425 vernahm sie im Garten ihres Vaters eine Stimme, die sprach: Ich komme zu dir und befehle dir im Namen des Herrn, da du nach Frankreich dem Könige zu Hilfe ziehst, damit er sein Knigreich wiedergewinne." So taucht ihr zum erstenmal der groe Gedanke ihres Lebens auf. Was sie gesehen und gehrt, und was sie von da an hufiger sah und hrte, wagte sie ihren Eltern nicht anzuvertrauen. Als aber die Stimmen dringender sie an die Erfllung ihrer Sendung mahnten, vertraute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einem benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: Eile, Johanna, eile, geh nach Vaueouleurs, melde dich beim Hauptmann; zweimal wird er dich zurckweisen, zum drittenmal wird er dich zum Könige senden!" Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vau-couleurs. Frankreich," sagte sie zum Hauptmann, ging durch ein Weib zu Grunde und wird durch eine Jungfrau gerettet werden; das Weib ist die Knigin Jsabeau, die Jungfrau bin ich!" Hhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein paar tchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie lie sich nicht beirren; sie blieb in Vaueouleurs bei der Frau eines Brgers und fand allmhlich Glauben. Als sie zum drittenmal zum Hauptmann ging, sagte dieser: Va donc, advienne que pourra" und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise cm das knigliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chinon. Erst am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mdchens zu prfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, welche die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt geradenwegs auf den König zu und begrte ihn. Als der König sie an einen Hfling wies und sagte: Dort ist der König," entgegnete sie: En nom de Dien, gentil prince, c'est vous et non autre!" Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitz des Knigs wiederspiegelten, der dann feierlich erklrte, Johanna habe sein Vertrauen. Spter hat sie erzhlt, sie habe dem Könige ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. Sie legte nun mnnliche Kleider und kriegerische Rstung an; sie ver-langte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weie Fahne, best mit goldenen Lilien und dem Bilde des Heilandes auf der einen, dem der Gottesmutter auf der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gefechten voran; das Schwert hat sie niemals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht werden, eine Sendung Lebensmittel in die Stadt zu schaffen; die Einschlieung durch die Englnder war nicht so vollstndig, um dies ganz unmglich zu machen. Sie entsandte einen Herold mit einem von ihr diktierten Briefe, worin sie in derselben stolzen Sprache, die ihr Schiller in den Mund legt, den englischen Feldherren Frieden anbot unter der Be-dingung, da sie aus Frankreich abzgen.

2. Der Lehrstoff der dritten Klasse - S. 163

1904 - Breslau : Hirt
77 V. Einiges aus der auerdeutschen Geschichte des Mittelalters. 163 damit er sein Knigreich wiedergewinne." So taucht ihr zum ersten-mal der groe Gedanke ihres Lebens auf. Was sie gesehen und gehrt, und was sie von da an hufiger sah und hrte, wagte sie ihren Eltern nicht anzuvertrauen. Als aber die Stimmen dringender sie an die Er-sllnng ihrer Sendung mahnten, vertraute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einen: benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: Eile, Johanna, eile, geh nach Vaueouleurs, melde dich beim Hauptmann) zweimal wird er dich zurckweisen, zum drittenmal wird er dich zum Könige senden!" c) Aufbruch und Aufnahme beim König. Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vaueouleurs. Frankreich", sagte sie zum Haupt-mann, ging durch ein Weib zugrunde und wird durch eine Jung-srau gerettet werden) das Weib ist die Knigin Jsabean, die Jung-srau bin ich!" Hhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein paar tchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie lie sich nicht beirren; sie blieb in Vaueouleurs bei der Frau eines Brgers und fand allmhlich Glauben. Als sie zum drittenmal zum Hauptmann ging, sagte dieser: Va donc, advienne que pourra" und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise an das knigliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chiuou. Erst am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mdchens zu prfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, welche die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt geradeswegs auf den König zu und begrte ihn. Als der König sie an einen Hfling wies und sagte: Dort ist der König," entgegnete sie: En nom de Dieu, gentil prince, c'est vous et non autre!" Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitz des Knigs widerspiegelten, der dann feierlich erklrte, Johanna habe sein Vertrauen. Spter hat sie erzhlt, sie habe dem Könige ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. d) Erfolge. Johanna legte nun mnnliche Kleider und kriegerische Rstung cm; sie verlangte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weie Fahne, best mit goldnen Lilien und dem Bilde des Heilandes aus der einen, dem der Gottesmutter ans der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gefechten voran; das Schwert hat sie niemals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht^ werden, eine Sendung Lebensmittel in die 11*

3. Von der Bildung des Fränkischen Reiches bis zum Westfälischen Frieden - S. 78

1905 - Leipzig : Hirt
78 Das Deutsche Reich des Mittelalters. Stimmen dringender sie an die Erfllung ihrer Sendung mahnten, der-traute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einem benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: Eile, Johanna, eile, geh nach Vaucouleurs, melde dich beim Hauptmann; zweimal wird er dich zurckweisen, zum dritten Male wird er dich zum Könige senden!" Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vaucouleurs. Frankreich", sagte sie zum Hauptmann, ging durch ein Weib zugrunde und wird durch eine Jungfrau gerettet werden; das Weib ist die Knigin Jsabeau, die Jungfrau bin ich!" Hhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein paar tchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie lie sich nicht beirren; sie blieb in Vaucouleurs bei der Frau eines Brgers und fand allmhlich Glauben. Als sie zum dritten Male zum Hauptmann ging, sagte dieser: Va donc, advienne que pourra" und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise an das knigliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chinon. Erst am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mdchens zu prfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, welche die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt gerades-wegs auf den König zu und begrte ihn. Als der König sie an einen Hfling wies und sagte: Dort ist der König", entgegnete sie: En nom de Dien, gentil prince, c'esfc vous et non autre!" Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitze des Knigs widerspiegelten, der dann feierlich erklrte, Johanna habe sein Vertrauen. Spter hat sie erzhlt, sie habe dem König ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. Sie legte nun mnnliche Kleidung und kriegerische Rstung an; sie verlangte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weie Fahne, best mit goldnen Lilien und dem Bilde des Heilandes auf der einen, dem der Gottesmutter auf der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gefechten voran; das Schwert hat sie nie-mals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht werden, eine Sendung Lebensmittel in die Stadt zu schaffen; die Einschlieung durch die Englnder war nicht so vollstndig, um dies ganz unmglich zu machen. Sie entsandte einen Herold mit einem von ihr diktierten Briefe, worin sie in derselben stolzen Sprache, die ihr Schiller in den Mund legt, den englischen Feldherren Frieden anbot unter der Bedingung, da sie aus Frankreich abzgen. Die Heerschar, die sie geleitete, gelangte glcklich durch die englischen Wachtposten hindurch auf Booten der die Loire in die Stadt, wo alt

4. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 104

1911 - Leipzig : Hirt
104 Iii- Das Deutsche Reich des Mittelalters. vernichtet. Hungersnot und Krankheiten hatten die Manneskraft Frankreichs gebrochen. Da kam Rettung aus dem Geschlechte der Frauen. Jetzt, wo das Banner Frankreichs den todesmüden Händen der Männer entsank, hob ein einfaches Hirtenmädchen es auf und hielt es hoch empor, goß neuen Mut in die Herzen der Verzweifelnden, sammelte die Zerstreuten und führte sie von Sieg zu Sieg. Die Retterin Frankreichs ist die Juugfrau von Orleans. Jeanne Darc wurde am 6. Jannar 1412 zu Dom Remi geboren. Das Dörfchen liegt auf dem linken Ufer der Maas in einer fruchtbaren, an Saatfeldern, Rebenhügeln und Bergwäldern reichen Gegend. Lesen und Schreiben hatte sie gelernt1). Den Winter über nähte und spann sie, im Sommer half sie den Eltern bei der Feldarbeit. Im Sommer 1425 vernahm sie im Garten ihres Vaters eine Stimme, die sprach: „Ich komme zu dir und befehle dir im Namen des Herrn, daß du nach Frankreich dem Könige zu Hilfe ziehst, damit er sein Königreich wiedergewinne." So taucht ihr zum erstenmal der große Gedanke ihres Lebens auf. Was sie gesehen und gehört, und was sie von da an häufiger sah und hörte, wagte sie ihren Eltern nicht anzuvertrauen. Als aber die Stimmen dringender sie an die Erfüllung ihrer Sendung mahnten, vertraute sie ihr Geheimnis ihrem Oheim an. Dieser wohnte in einem benachbarten Dorfe. Er war der erste, der an sie glaubte. Da erscholl die Kunde von der Belagerung von Orleans, und die Stimmen mahnten dringend: „Eile, Johanna, eile, geh nach Vaucouleurs, melde dich beim Hauptmann; zweimal wird er dich zurückweisen, zum drittenmal wird er dich zum Könige senden!" Johanna ging mit ihrem Oheim nach Vaucouleurs. „Frankreich", sagte sie zum Hauptmann, „ging durch ein Weib zugrunde und wird durch eine Jungsrau gerettet werben; das Weib ist die Königin Jsabeau, die Jungfrau bin ich!" Höhnisch wies sie der Hauptmann ab und riet ihrem Oheim, sie mit ein paar tüchtigen Ohrfeigen heimzusenden; aber sie ließ sich nicht beirren; sie blieb in Vaucouleurs bei der Frau eines Bürgers und fand allmählich Glauben. Als sie zum drittenmal zum Hauptmann ging, sagte dieser: „Ta donc, advienne que pourra“ und gab seine Zustimmung zu ihrer Abreise an das königliche Hoflager. Dieses befand sich zu Chinon. Erft am vierten Tage nach ihrer Ankunft daselbst erlangte sie Zutritt zum Könige. Um den prophetischen Geist des Mädchens zu prüfen, stellte der König sich in schlichter Kleidung unter die dreihundert edlen Ritter, Auf dem Schlosse d'honville bei Chartres wurden 1903 drei Briefe von ihr gefunden, die als echt angesehen werden. Vgl. Lyon, Zeitschrift für den Deutschen Unterricht, Jahrg. 1907, S. 726.

5. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 105

1911 - Leipzig : Hirt
7. Kaiser aus dem Hause Böhmen-Luxemburg. 105 die die Neugierde im Saale versammelt hatte. Johanna schritt geradeswegs aus den König zu und begrüßte ihn. Als der König sie an einen Höfling wies und sagte: „Dort ist der König", entgegnete sie: „En nom de Dieu, gentil prince, c’est vous et non autre!“ Der König zog sie nun beiseite und sprach leise mit ihr, und die Anwesenden bemerkten das Staunen und die Freude, die sich im Antlitze des Königs widerspiegelten, der dann feierlich erklärte, Johanna habe sein Vertrauen. Später hat sie erzählt, sie habe dem König ein sicheres Zeichen ihrer Sendung gegeben. Sie legte nun männliche Kleidung und kriegerische Rüstung an; sie verlangte ein Schwert, das in der Kirche zu Fierbois aufbewahrt wurde, und eine weiße Fahne, besät mit goldnen Lilien und dem Bilde des Heilandes aus der einen, dem der Gottesmutter auf der andern Seite. Die Fahne trug sie in den Gesechten voran; das Schwert hat sie niemals gebraucht. Zuerst zog sie an der Spitze einer Heerschar nach Orleans. Es sollte der Versuch gemacht werden, eine Sendung Lebensmittel in die Stadt zu schaffen; die Einschließung durch die Engländer war nicht so vollständig, um dies ganz unmöglich zu machen. Sie entsandte einen Herold mit einem von ihr diktierten Briefe, worin sie in derselben stolzen Sprache, die ihr Schiller in den Mund legt, den englischen Feldherren Frieden anbot unter der Bedingung, daß sie aus Frankreich abzögen. Die Heerschar, die sie geleitete, gelangte glücklich durch die englischen Wachtposten hindurch auf Booten über die Loire in die Stadt, wo alt und jung freudetrunken die Jungfrau umgab. In den nächsten Tagen nahm sie, die Fahne voraustragend, an den gefährlichsten Unternehmungen teil, und der Erfolg entschied stets für sie; ihre Schar stürzte sich blindlings ins Gesecht, während das englische Heer von abergläubischem Schrecken gelähmt war. Mehrere von dem englischen Heere haben erklärt, daß sie, wenn sie den Namen der Jungfrau hörten oder ihre Fahne bemerkten, plötzlich Kraft und Mut verloren und ihre Bogen nicht mehr spannen, noch auf den Feind losschlagen konnten. „Ehe die Jungfrau kam," sagt Duuois lange nachher aus, „jagten 200 Engländer 800 bis 1000 von dem Heere des Königs, und seit ihrer Ankunft kämpften 400 bis 500 Franzosen gegen die gesamte Macht der Engländer und zwangen sie, sich in ihre Befestigungen zurückzuziehen." Ein Kriegsrat der englischen Feldherren beschloß, die Belagerung von Orleans aufzuheben. Johanna suchte sogleich den Weg nach Reims zu gewinnen und Karl zur Krönung zu geleiten. Allein der unschlüssige König scheute eine tatkräftige Unternehmung, weil mehrere einflußreiche Hof beamte dem kühnen Plane der Jungfrau entgegenwirkten. Aber Johanna hielt an ihrer Absicht fest, und ihr Wille wurde erfüllt. Ein neu gebildetes französisches

6. Teil 2, Oberstufe, Teil 1 - S. 208

1901 - Kiel : Lipsius & Tischer
208 Iv. Aus der weiten Welt. Oheim dem Hauptmann die Wünsche der Jungfrau mitteilte, wurde er übel empfangen: Baudrieourt riet ihm, das Mädchen zu ohrfeigen und zu ihrem Vater zurückzuschicken. Da machte sich Johanna selbst auf. Sie wurde vor- gelassen und erkannte den Hauptmann, den sie nie gesehen hatte, unter einer Schar von Edelleuten, die um ihn standen. Sie sagte ihm: „Mein Herr hat mir geboten, Orleans zu befreien und den Dauphin nach Reiins zu führen." Da fragte man sie, wer ihr Herr sei. Sie antwortete: „Der König des Himmels!" Baudrieourt, obwohl über die Festigkeit ihrer Antworten erstaunt, zögerte dennoch, ihren Bitten nachzugeben. Sie aber ließ sich nicht zurück- schrecken, hatte doch die Stimme ihr gesagt, daß man sie dreimal abweisen werde. Sie verdoppelte ihre Bitten und sprach unaufhörlich von ihrer gött- lichen Sendung; jeder Tag vermehrte ihren ungeduldigen Eifer. Endlich ge- lobten ihr zwei Ritter, sie zum Könige zu führen. Da ließ Johanna ihr langes Haar abschneiden, legte Männerkleidung an und ließ einen Brief schreiben, in dem sie ihre Eltern um Verzeihung bat. Als sie diese erhalten hatte, brach sie mit ihrer Begleitung auf und langte am 24. Februar 1429 im Lager des Königs zu Chinon an. Ihre Ankunft machte wenig Aufsehen; die obersten Führer waren sogar der Meinung, man müsse sie zurückschicken, ohne sie an- zuhören. Erst nach zweitägiger Beratung wurde sie beim Könige vorgelassen. Dieser hatte sich unter seine Höflinge gemischt, von denen mehrere prächtiger gekleidet waren als er. Johanna aber erkannte ihn dennoch und kniete huldigend vor ihm nieder. „Ich bin nicht der König," sagte Karl. Die Jungfrau aber sprach: „Edler Prinz, Ihr seid's und kein anderer. Ich bin von Gott gesandt, Euch und Eurem Reiche Hülse zu bringen; durch mich verkündet Euch der Herr des Himmels, daß man Euch in Reims salben und krönen wird als Statthalter des Himmelsfürsien, der auch Frankreichs König ist." Karl war aufs höchste überrascht; er nahm sie beiseite, um sie weiter auszuforschen. Als ihm nun Johanna Geheimnisse über seine eigene Person offenbarte, die nur ihm und seinem Gotte bekannt waren, da begann der Zweifel aus seinem Herzen zu schwinden. Dennoch berief er eine Anzahl von Theologen, die prüfen sollten, ob man ihren Worten Glauben beimessen dürfe. Nach mehreren Unterredungen und nachdem man sie längere Zeit Tag und Nacht überwacht hatte, erklärten die ehrwürdigen Väter, daß ihnen nichts Böses aufgefallen sei und daß der König die Hülfe des jungen Mädchens annehmen könne. Nun war alles Schwanken zu Ende; allen, den Führern wie dem Heere, teilte die Jungfrau ihren feurigen Eifer für die Sache des Königs und des Vaterlandes mit. Der Kriegsrat beschloß, unter ihrer Führung eine Hülfstruppe mit Vorräten nach Orleans zu schicken. Man gab ihr als Leibwache einen Knappen, zwei Edelknaben und zwei Wappeuherolde mit, außerdem einen Beichtvater. Der König ließ eine vollständige Rüstung für sie anfertigen. Auf ihren Wunsch erhielt sie auch ein eigenes Banner aus weißem Leinen mit seidenen Borten; auf dem weißen, mit eingewirkten Lilien geschmückten Felde erstrahlte die Gestalt des Weltheilandes, als Weltenrichter auf den Wolken

7. Bilder aus der Weltgeschichte - S. 223

1871 - Braunschweig : Wreden
— 223 — Die Engländer lachten. „Nun!" sagten sie, „Karl muß doch sehr in Noth sein, daß er zu Weibern seine Zuflucht nimmt!" — Aber im Herzen war ihnen ganz anders zu Muthe. Abergläubisch waren sie so gut wie die Franzosen und dachten voll Angst daran, wo das Alles noch hinaus wolle. Der Zug mit den Lebensmitteln brach auf; die Jungfrau führte die Soldaten an mit der weißen Fahne, und sie sehen und die Waffen wegwerfen, war bei den Engländern eins. Ohne Schwierigkeit wurden die Vorräthe in die Stadt geschasst; Johanna selbst, die nun das Mädchen von Orleans genannt wurde, hielt ihren Einzug in die befreite Stadt, deren Einwohner sie als ihre Retterin empfingen. Man richtete ihr eine gute Wohnung ein bei dem Schatzmeister des Herzogs von Orleans und setzte ihr eine treffliche Mahlzeit vor. Abermäßig, wie sie war, rührte sie nichts davon an; sie nahm nur eine Schale, füllte sie mit Wasser und Wein und schnitt einige Stückchen Brot hinein. Mehr aß sie nicht. Im englischen Lager war Alles wie verwandelt. Die Engländer waren so fest überzeugt von ihrer himmlischen Sendung, daß sie nicht gegen sie fechten wollten und gleich die Flucht ergriffen, sobald sie sich nur mit ihrer Fahne zeigte. Daher ließen sie auch nun die Franzosen in die Stadt und aus derselben ziehen, wie sie nur wollteu. Die Franzosen, die sich bisher furchtsam hinter die Mauern verkrochen hatten, griffen nun selbst die Engländer an und nahmen ihnen einen festen Punkt nach dem andern. Das erste Versprechen der Jungsrau — die Befreiung von Orleans — war erfüllt. Das zweite war die Krönung des Königs zu Rheims. Daher forderte sie nun den König zum Zuge dahin auf. Die ganze Gegend bis dahin war noch von Engländern besetzt und Rheims selbst in ihren Händen. Aber Johanna und das begeisterte Heer der Franzosen nahmen eine Stadt nach der anderen und Rheims sandte ihr die Stadtschlüssel entgegen. Am folgenden Tage (17. Juli 1429) fand sogleich die Krönung statt. Während der ganzen Feier hatte Johanna neben dem Könige gestanden und das Banner in der Hand gehalten. Nach der Krönung warf sich Johanna dem Könige zu Füßen und flehete um Erlaubniß, wieder heimzukehren, da ihre Sendung vollendet sei. Allein Karl und sein Hos wollten es noch nicht zugeben, da die Engländer noch zu mächtig waren und sogar Paris noch in Besitz hatten. Auf Karls dringendes Zureden blieb Johanna noch, zu ihrem Unglücke. Anfangs ging zwar Alles gut. Fast alle benachbarten Städte unterwarfen sich bei der ersten Aufforderung. Dagegen bedrängte der Herzog von Burgund die Stadt Eompiegne. Hier hinein warf sich die Jungfrau, um der Besatzung Muth zur Vertheidigung zu machen und unternahm am folgenden Tage einen Ausfall. Da aber die Feinde heftig drängten, zog sie sich zurück, drang dann noch einmal vor, wurde aber hier von den Franzosen verlassen, von den Burgundern umringt und nach einem wüthenden Gefechte gefangen genommen. Wie trinmphirten nun die Burgunder und Engländer! In Paris wurde das Te Deum gesungen und die Engländer betrachteten den Fang als einen großen Sieg. Zunächst wurde sie in einen Thurm gesperrt. Der Herzog von Bedford, der für den jungen Heinrich Vi. von England regierte, kaufte sie den Burgundern ab. Als sie das hörte, entsprang

8. Charakterbilder aus der Geschichte der christlichen Reiche - S. 390

1909 - Regensburg : Manz
Johanna vor dem König. Sie zieht in Orleans ein. begab sie sich selbst, von Laxart begleitet, zu ihm; erst als sie zum drittenmal kam, entschloß er sich, sie an den Hof zu senden. In männlicher Kleidung, um vor der Roheit des Kriegsvolkes gesichert zu sein, in Begleitung zweier Edelleute, ihres dritteu Bruders Peter und zweier anderer Personen verließ sie am 23. Februar 1429 Vancouleurs, und obwohl der Weg meist durch Gegenden führte, welche in der Gewalt der Engländer und Burgunder waren, kam sie ohne Unfall am 24. Februar nach Chinon, wo Karl Vii. damals sich aufhielt. Erst nach einigem Zögern und der Erklärung, die sie einigen Prälaten auf ihre prüfenden Fragen gab, daß Gott ihr zwei Dmge auszuführen* befohlen habe, Orleans von der Belagerung zu befreien und Karl nach Reims znr Salbung und Krönung zu führen, ließ sie der König vor sich. Karl Xii. stellte sich, um den prophetischen Geist des Mädchens zu erproben, in schlichter Kleidung unter die 300 glänzenden Ritter und Herren, welche die Neugier im Saale versammelt hatte. Johanna schritt aber durch die Menge unbeirrt gerade auf den König zu. Als Karl sie au einen Höfling wies: „Dort ist der König," entgegnete sie: „Bei meinem Gott, edler Prinz, Ihr seib's und kein anderer." Die Zuversicht, mit welcher sie es im Namen des Herrn aussprach, daß er der wahre Erbe Frankreichs sei, und ihr gauzes Wesen machten lebhaften Eindruck auf ihn. Er befahl indes znerst einigen Geistlichen zu Chinon und dann mehreren Professoren der Theologie zu Poitiers, sich von ihrer Rechtgläubigkeit zu überzeugen. Diese erfanden sie als eine wahrhaft katholische Christin und ihre klugen und begeisterten Anworten, ihre Einfachheit und ihr tadelloser Lebenswandel be-Üimmten sie, dem König zu raten, daß er ihre Dienste annehme und sie der Stadt Orleans zu Hilfe sende. Er entschloß sich dazu, versah sie mit einer vollständigen Rüstung und gab ihr einige Begleiter zum Schutze und znr Bedienung. Nach dem Geheiß ihrer Stimmen ließ sie sich eine Fahne von weißer Leinwand machen, auf welcher der Erlöser dargestellt war, aus dem Richterstnhle in den Wolken des Himmels sitzend, ihm znr Rechten und zur Linken knieten zwei anbetende Engel, von denen der eine in der Hand eine Lilie hielt, auf der andern Seile stauben die Worte: Jesus, Mafia. Das Schwert, mit welchem sie sich waffnete, war hinter dem Altar der Kirche der heiligen Katharina zu Fierbois gesnnben worben, wie ihre Stimmen es versprochen hatten. Meist trug sie jeboch nicht das Schwert, sonbern ihre Fahne; nur in der äußersten Not bebieitte sie sich besselben; auch wenn sie in den Kampf hineingerissen würde, begnügte sie sich, die Feinde von sich abzuwehren. Nie hat sie einen der Feinde getötet. In dem Rate des Königs würde beschlossen, daß sie eine für Orleans bestimmte Sen-bung von Lebensrnitteln und Kiiegsbebürfniffen begleiten solle. Sie befahl die Entfernung aller unzüchtigen Frauen und ermahnte das Kriegsvolk, zu beichten nnb anf Gott zu vertrauen. Priester gingen unter Psalmengesang voran. In einiger Entfernung von der Stadt kam der Baftarb von Orleans dem Zuge, welcher den Weg auf dem linken Loireufer eingeschlagen hatte, entgegen; ohne daß die Englänber es zu uerhtnbern wagten, würden die Vorräte eingeschifft und Johanna zog am Abenb des 29. April in die Stadt ein, bereit Bewohner sie mit unaussprechlicher Freube begrüßten. Ebensowenig versuchten es die Englänber, das Kriegsvolk anzugreifen, welches am 4. Mai auf dem rechten Ufer nach Orleans geschickt würde. Noch an bemselben ge unternahmen einige französische Herren einen Sturm auf eines der festesten Bollwerke der Belagerer ohne Wissen Johannas; sie würden zurückgeschlagen; allein der Anblick der Jungfrau ermutigte sie wieber und nach breistünbigem hartnäckigen Kampfe würde das Bollwerk genommen und zerstört. Am 6. Mai ging Johanna mit 4000 Mann auf das jenseitige Ufer, um hier die Bollwerke der Englänber anzugreifen. Eines berfelben würde von biefen bei der Annäherung der Franzosen geräumt und in Asche gelegt, ein anberes von Johanna,

9. (Der biographische Unterricht) - S. 42

1887 - Berlin : Gaertner
42 langen, durch eigne Kraft und Khnheit dem bedrngten Vaterlande zu helfen. Dies Verlangen stieg _ in ihr zur Begeisterung. Im Traume sah sie den Erz--engel Michael und heilige Frauen, welche ihr verkndeten, dass sie zur Rettung des Knigs berufen sei. Sie ging daher, ohne ihren Eltern etwas zu sagen, zu * ihrem Oheim, der sie zum Ritter Baudricourt, dem Befehlshaber der nahe gelegenen Stadt Vaucouleurs, fhrte. Dieser wies sie zurck. Da sie aber niemand in ihrem Glauben irre machen konnte, so gaben die Bewohner der Stadt ihr ein Pferd, Waffen und mnnliche Kleidung. In Begleitung zweier Ritter zog e sie auf sehr gefahrvollen Wegen nach dem Schlosse Chinon, wo der König sein Hoflager hielt. Sie erschien vor Karl Vii. und sagte ihm, dafs sie berufen sei, die Stadt Orleans, welche von den Englndern belagert wurde, zu befreien und den König zur Krnung nach Reims zu führen. Der König soll hierauf, um sich von der Wahrheit ihrer Eingebungen zu berzeugen, sie mannich-fach auf die Probe gestellt haben. Da ihre Aussagen eintrafen, gab ihr Karl Vii. Soldaten, und mit einer weien Fahne in der Hand schritt sie dem Heere voran. Sie richtete ihren Weg auf Orleans, um die fast verhungerten Einwohner dieser Stadt mit Lebensmitteln zu versehen. Unterwegs hielt sie strenge Zucht im Heere. Orleans wurde erreicht. Dann lie sie den Englndern sagen, dass sie sich entfernen sollten. Diese spotteten der Jungfrau von Orleans so wurde sie jetzt genannt obgleich sie doch vor ihr, wie vor einem wunderbaren Wesen, Furcht hatten. Darauf begann sie einen Angriff auf die Bollwerke und Verschanzungen der Englnder. Nach einem heftigen Kampfe, in welchem Johanna durch einen Pfeil gefhrlich verwundet wurde, wichen die Englnder, und die Jungfrau zog siegreich in die Stadt ein. ; 53. Johannis fernere Thaten. Die Vertreibung der Englnder durch eine Jungfrau erregte das grte Auffehn in Frankreich. Man hielt Johanna fr ein gttliches Wesen, und man kam, um ihre Kleider und die Fe ihres Pferdes zu kssen. Sie begab sich dann nach Tours, wo Karl Vii. war, kniete vor ihm nieder und sprach: Wohledler Dauphin, empfanget die heilige Salbung und Eure Knigliche Krone zu Reims. Ich habe das grte Verlangen, Euch hinziehen zu sehen; darum eilet/' Die Städte und Schlsser, welche zwischen Tours und Reims lagen, waren alle von den Englndern besetzt. Dennoch folgte der König dem Rate der Jungfrau. Mehrere feste Pltze ergaben sich, andre wurden durch Sturm genommen. Johanna zeigte berall Mut und Unerschrocken-heit. Der Helm wurde ihr einmal zerschmettert, und sie selbst strzte in einen tiefen Graben. Trotz dieser Gefahren fhrte sie den König glcklich nach Reims. Am 17. Juli (1429) wurde er gekrnt. Johanna stand am Altare neben ihm, mit ihrer Fahne in der Hand, umfaffte nach der Krnung feine Kniee und sprach: Edler König! jetzt ist Gottes Wille erfllt, der verlangte, dass ich Orleans ent-setzen und Euch nach der Stadt Reims zur heiligen Salbung führen sollte." Der König erhob darauf die ganze Familie der Jungfrau in den Adelstand. Man erzhlt, dass nach der Krnung Johanna den König gebeten habe, sie zu entlassen, weil ihr Werk vollbracht sei. Allein der König und das Heer sollen sie durch vieles Bitten zum Bleiben bewogen haben. Merkwrdig ist es, dass Iohanna's fernere Thaten nicht mehr vom Glcke begleitet waren, und dass sie selbst auch keinen so groen Mut mehr zeigte. Die vorgefallenen Ereignisse machten auf die gegen Karl feindlich gesinnten Städte Frankreichs einen solchen Eindruck, dass sie sich bald ergaben. Nur Paris blieb hartnckig. Johanna belagerte die Stadt. Da der schwache König ihr feine Hilfstruppen schickte, konnte sie trotz aller Tapferkeit nichts ausrichten. Sie wnschte

10. Der biographische Unterricht - S. 42

1874 - Berlin : Gaertner
— 42 — langen, durch eigne Kraft und Kühnheit dem bedrängten Vaterlande zu helfen. Dies Verlangen stieg in ihr zur Begeisterung. Im Traume sah sie den Erzengel Michael und heilige Frauen, welche ihr verkündeten, dass sie zur Rettung des Königs berufen sei. Sie ging daher, ohne ihren Eltern etwas zu sagen, zu ihrem Oheim, der sie zum Ritter Baudricourt, dem Befehlshaber der nahe gelegenen Stadt Vaucouleurs, führte. Dieser wies sie zurück. Da sie aber niemand in ihrem Glauben irre machen konnte, so gaben die Bewohner der Stadt ihr ein Pferd, Waffen und männliche Kleidung. In Begleitung zweier Ritter begab sie sich auf sehr gefahrvollen Wegen nach dem Schlosse Chi non, wo der König sein Hoflager hielt. Sie erschien vor Karl Vii. und sagte ihm, dass sie berufen sei, die Stadt Orleans, welche von den Engländern belagert wurde, zu befreien und den König zur Krönung nach Rheims zu führen. Der König soll hieraus, um sich von der Wahrheit ihrer Eingebungen zu überzeugen, sie mannich-sach auf die Probe gestellt haben. Da ihre Aussagen eintrafen, gab ihr Karl Vii. Soldaten, und, mit einer weißen Fahne in der Hand, schritt sie dem Heere voran. Sie richtete ihren Weg auf Orleans, um die fast verhungerten Einwohner dieser Stadt mit Lebensmitteln zu versehen. Unterwegs hielt sie strenge Zucht im Heere. Orleans wurde erreicht. Dann ließ sie den Engländern sagen, dass sie sich entfernen sollten. Diese spotteten der Jungfrau von Orleans — so wurde sie jetzt genannt — obgleich sie doch vor ihr, wie vor einem wunderbaren Wesen, Furcht hatten. Darauf begann sie einen Angriff auf die Bollwerke und Verschanzungen der Engländer. Rach einem heftigen Kampfe, in welchem Johanna durch einen Pfeil gefährlich verwundet wurde, wichen die Engländer, und die Jungfrau zog siegreich in die Stadt ein. §. 53. Johanna s fernere Thaten. Die Vertreibung der Engländer durch eine Jungfrau erregte das größte Aufsehn in Frankreich. Man hielt Johanna für ein göttliches Wesen, und man kam, ihre Kleider und die Füße ihres Pferdes zu küssen. Sie begab sich dann nach Tours, wo Karl Vii. war, kniete vor ihm nieder und sprach: „Wohledler Dauphin, empfanget die heilige Salbung und Eure Königliche Krone zu Rheims. Ich habe das größte Verlangen, Euch hinziehen zu sehen; darum eilet." Die Städte und Schlösser, welche zwischen Tours und Rheims lagen, waren alle von den Engländern besetzt. Dennoch folgte der König dem Rathe der Jungfrau. Mehrere feste Plätze ergaben sich, andre wurden durch Sturm genommen. Johanna zeigte überall Muth und Unerschrockenheit. Der Helm wurde ihr einmal zerschmettert, und sie selbst stürzte in einen tiefen Graben. Trotz dieser Gefahren führte sie den König glücklich nach Rheims. Am 17. Juli (1429) wurde er gekrönt. Johanna stand am Altare neben ihm, mit ihrer Fahne in der Hand, umfasste nach der Krönung seine Knie und sprach: „Edler König! jetzt ist Gottes Wille erfüllt, der verlangte, dass ich Orleans entsetzen und Euch nach der Stadt Rheims zur heiligen Salbung führen sollte." Der König erhob darauf die ganze Familie der Jungfrau in den Adelstand. Man erzählt, dass nach der Krönung Johanna den König gebeten habe, sie zu entlassen, weil ihr Werk vollbracht sei. Allein der König und das Heer sollen sie durch vieles Bitten zum Bleiben bewogen haben. Merkwürdig ist es, dass Johanna's fernere Thaten nicht mehr vom Glücke begleitet waren, und dass sie selbst auch keinen so großen Muth mehr zeigte. Die vorgefallenen Ereignisse machten auf die gegen Karl feindlich gesinnten Städte Frankreichs einen solchen Eindruck, dass sie sich bald ergaben. Nur Paris blieb hartnäckig. Johanna belagerte die Stadt. Da der schwache König ihr keine Hilfstruppen schickte, konnte sie trotz aller Tapferkeit nichts ausrichten. Sie wünschte

11. Geschichte des Mittelalters - S. 264

1888 - Wiesbaden : Kunze
264 Vierte Periode des Mittelalters. verließ das siebzehnjährige Mädchen das elterliche Haus, ging mit ihrem Oheim Durand Lapart nach Vancouleurs, meldet sich bei dem dortigen Befehlshaber, dem Ritter Baudricourt, und verlangte, von ihm zum Könige geführt zu werden, weil Gott rhr befohlen habe, Frankreich zu retten. Der Ritter hielt sie anfangs für eine Schwärmerin und wies sie ab. Da sie aber bei ihrem Vorhaben beharrte, und manche aus seiner Umgebung dem heldenmütigen Mädchen das Wort redeten, so willigte er endlich ein, gab rhr Kleidung, Rüstung und Pferd und sandte sie in Begleitung zweier Ritter zum König, welcher auf dem Schlosse Chi non unweit Bourges weilte. Sie erkannte denselben trotz seiner unscheinbaren Kleidung inmitten seines glänzenden Hofstaates sogleich, teilte ihm den ihr gewordenen Auftrag mit und bat ihn, sie schleunigst nach Orleans zu senden. Karl wußte nicht, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für ein teuflisches Blendwerk halten sollte. Als ihm aber Johanna ein Geheimnis mitteilte, welches niemand außer dem Könige wissen konnte, faßte er Zutrauen, und um ihre göttliche Sendung außer Zweifel zu setzen, ließ er das Mädchen zuerst durch eine Versammlung von Geistlichen, dann durch das Parlament zu Poitiers prüfen. Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. Nun wurde beschlossen, dem gottbegeisterten Mädchen die Leitung des Heeres anzuvertrauen und Johanna nach Blois zu schicken, um dort die Anstalten zum Zuge nach Orleans zu treffen. Sie erhielt ihrem Verlangen gemäß ein Schwert, welches man nach ihren Angaben hinter dem Altare der Katharinenkirche zu Fier-Bois aufsuchte, eine vollstänbige Ritterkleibung und eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, worauf Gott mit der Weltkugel in der Hand und zwei knieende Engel ihm zur Seite dargestellt waren mit der Inschrift: „Jesus Maria!" Diese Fahne trug sie, um das Schwert nicht gebrauchen zu müssen. In Blois angelangt, führte sie unter den zügellosen Soldaten strenge Zucht, gute Sitten und Andachtsübungen ein. Fast ohne Widerstand erreichte der Zug Orleans, und während die französische Besatzung nach einer Seite hin einen Ausfall machte, brachte Johanna von der andern Seite her glücklich Lebensmittel in die ausgehungerte Stadt. Man empfing sie wie einen Engel des Himmels; aber ihr erster Weg war nach der Kirche, Gott zu danken. Darnach ließ sie die Engländer auffordern, von der Belagerung Orleans' abzustehen und Frankreich zu verlassen. Anfangs spotteten diese ihrer Mahnung; als das Mädchen aber, die Fahne in der Hand, in Begleitung des Grafen von Dunois wiederholt glückliche Ausfälle machte, verwandelte

12. Für die dritte Bildungsstufe - S. 454

1855 - Hamburg : Kittler
454 Eingebungen hielt man für gar nicht unwahrscheinlich. Doch wollte Karl sie erst auf die Probe stellen. Er ließ sie zu sich führen, nachdem er alle königlichen Abzeichen abgelegt und sich unter seine Hofleute verborgen hatte. Aber-sogleich fand sie ihn unter allen heraus, ob sie ihn gleich noch nie gesehen hatte. Dann vertrauete sie ihm, um ihre göttliche Sendung zu beweisen, den Traum an, den sie in der letzten Nacht gehabt hatte, versprach ihm, ihn zur Krönung nach Rheims (der alten Krö- nungsstadt der französischen Könige) zu führen, und verlangte, man sollte ihr ein bezeichnetes Schwert aus einer benachbarten Wallfahrtskapelle holen. Daß sie den König habe belügen wollen, laßt sich wohl nicht denken, sondern wahrscheinlich ist, daß sie sich selbst für eine vom Himmel Auserkorne hielt, und daß jene angeblichen Wunder erdichtet wurden, um ihr das Vertrauen des Volks und der Soldaten zu verschaffen. Der König war oder stellte sich ganz überzeugt von ihrer himmlischen Sendung. Er behielt sie bei sich, erwies ihr ungemeine Ehre, ließ ihr gleich eine Rüstung machen und eine weiße Fahne, auf welche Gott selbst mit einer Weltkugel gemalt war. So zeigte er sie dem Heere, welches ihr laut entgegen jauchzte und nun unbesiegbar zu sein glaubte. Wie sehr der feste Glaube an himmlischen Bei- stand auf ein Heer wirken kann, ist schon von der Eroberung von Jerusalem her bekannt und zeigt sich auch hier wieder. Es war urplötzlich ein ganz neuer Geist in die Soldaten gefahren, und ungeduldig warteten sie auf das Zeichen der Schlacht. Die erste Gelegenheit, wo das Mädchen benutzt werden sollte, war ein Versuch, den der Graf Dunois machte, die halb verhungerten Einwohner von Orleans mit Lebensmitteln zu versehen. Ein Haufen Soldaten war versammelt, den Zug nach Orleans zu beschützen. Vorher befahl die Jungfrau, daß alle Soldaten beichten müßten; dann führte sie Zucht und Ordnung wieder ein. Jetzt schrieb sie an die Anführer der Engländer, die vor'orleans standen, und befahl ihnen, sogleich die Belagerung aufzuheben und Frankreich zu verlassen. „Gebt heraus", ließ sie ihnen sagen, „die Schlüssel alle von den Städten, die ihr bezwungen wider göttliches Recht. Die Jungfrau kommt vom Könige des Himmels, euch Frieden zu bieten oder blu- tigen Krieg. Wählt! denn das sage ich euch, damit ihr's wißt: das schöne Frank- reich ist nicht für euch beschieden!" — Die Engländer lachten. „Nun!" sagten sie, „Karl muß doch schon sehr in Noth sein, daß er zu Weibern seine Zuflucht nimmt." — Aber im Herzen war ihnen ganz anders zu Muthe. Abergläubisch waren sie so gut wie die Franzosen und dachten voll Angst daran, wo das Alles noch hinaus wolle. Der Zug mit den Lebensmitteln brach auf; die Jungfrau führte sie an mit der weißen Fahne, und sie sehen und die Waffen wegwerfen, war bei den Engländern eins. Ohne Schwierigkeit wurden die Vorräthe in die Stadt geschafft; Johanna selbst, die nun das Mädchen von Orleans genannt wurde, hielt ihren Einzug in die befreite Stadt, deren Einwohner sie als ihre Retterin empfingen. Man richtete ihr eine gute Wohnung ein bei dem Schatzmeister des Herzogs von Orleans, entkleidete sie — denn sie war den ganzen Tag zu Pferde und unter den Waffen gewesen und müde — und setzte ihr eine treffliche Mahlzeit vor. Aber mä- ßig, wie sie war, rührte sie nichts davon an; sie nahm nur eine Schale, füllte sie mit Wasser und Wein und schnitt einige Stückchen Brot hinein. Mehr aß sie nicht. Im englischen Lager war Alles wie verwandelt. Die Engländer waren so fest überzeugt von ihrer himmlischen Sendung, daß sie nicht gegen sie fechten wollten und gleich die Flucht ergriffen, sobald sie sich nur mit ihrer Fahne zeigte. Daher ließen sie auch nun die Franzosen in die Stadt und aus derselben ziehen, wie sie nur wollten. Die Franzosen, die sich bisher furchtsam hinter den Mauern verkrochen hatten, griffen nun selbst die Engländer an und nahmen ihnen eine Schanze nach der andern weg. Bei dem einen Angriffe wurden die Franzosen zurückgeschlagen; nur Johanna wollte nicht weichen und war schon ringsum von Feinden umgeben.

13. Das Mittelalter - S. 256

1877 - Leipzig : Brandstetter
256 dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach Vancouleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt, Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne. So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite mehrerer Ritter, an den französischen Hof. Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottesfurcht uno Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als sie in Chinon angekommen war, dauerte es eine lange Zeit, bis sie bei dem Könige vorgelassen wurde. Karl Vii. war lange ungewiß, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für teuflisches Blendwerk halten solle. Endlich ließ er sie vor sich kommen und die Jungfrau erkannte sogleich den König, obgleich sich dieser ohne alle Zeichen seiner Würde unter den Haufen der Hofleute gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm auch ein Geheimniß, das Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte großes Aussehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. 4. Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen, als einer göttlichen Prophetin, die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche zu Fierbois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, woraus Gott mit der Weltkugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Jesus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das Schwert nicht brauchen zu dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an, panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Streitroß. Mit dem Gefolge und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois gesendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sendung zog ihr voran. Als sie zu Blois angekommen war. drang sie vor Allem bei den Soldaten auf Religionsübung und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen sollten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle liederlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl ihnen im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Daraus traf sie Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese hart bedrängte Stadt zu werfen.

14. Der biographische Unterricht - S. 48

1859 - Berlin : Gaertner
48 Alles war für den unglücklichen König verloren. Da wurde ihm auf eine wunderbare Weise Hülfe und Rettung zu Theil. §. 52. Die ersten Thaten der Jungfrau von Orleans. An der Grenze von Lothringen im Dorfe Dom Remy lebte ein Bauer, Th ibaut d'arc, der eine Tochter, Johanna, hatte. Dieses Mäd- chen war still und zurückgezogen und zeichnete sich durch einen frommen und Gott ergebenen Sinn aus. Von dem Wunsche erfüllt, den un- glücklichen König gerettet zu sehen, wandte sich Johanna oft in in- brünstigem Gebete zu Gott. Dabei fühlte sie ein Verlangen, durch eigene Kraft und Kühnheit dem bedrängten Vaterlande zu helfen. Dies Verlangen stieg in ihr zur Begeisterung. Im Traume sah sie den Erzengel Michael und heilige Frauen, welche ihr verkündeten, daß sie zur Rettung des Königs berufen sei. Sie ging daher, ohne ihren Eltern etwas zu sagen, zu ihrem Oheime, der sie zum Ritter Baudricourt, dem Befehlshaber der nahe gelegenen Stadt Vau- eouleurs, führte. Dieser wies sie zurück. Da sie aber Niemand in ihrem Glauben irre machen konnte, so gaben die Bewohner der Stadt ihr ein Pferd, Waffen und männliche Kleidung. In Begleitung zweier Ritter begab sie sick auf sehr gefahrvollen Wegen nach dem Schlosse Chinon, wo der König sein Hoflager hielt. Sie erschien vor Karl Vii. und sagte ihm, daß sie berufen sei, die Stadt Orleans, welche von den Engländern belagert wurde, zu befreien und den König zur Krönung nach Rheims zu führen. Der König soll hierauf, uni sich von der Wahrheit ihrer Eingebungen zu überzeugen, sie man- nichfach auf die Probe gestellt haben. Da ihre Aussagen eintrafen, gab ihr Karl Vii. Soldaten, und mit einer weißen Fahne in der Hand schritt sie dem Heere voran. Sie ging nach Orleans, um die fast verhungerten Einwohner dieser Stadt mit Lebensmitteln zu ver- sehen. Unterwegs hielt sie strenge Zucht im Heere. Orleans wurde erreicht. Sie ließ den Engländern sagen, daß sie sich entfernen soll- ten. Diese spotteten der Jungfrau von Orleans — so wurde sie jetzt genannt — obgleich sie doch vor ihr, wie vor eineni wunderbaren Wesen, Furcht hatten. Dann verließ sie die Stadt und begann einen Angriff auf die Bollwerke und Verschanzungen der Engländer. Nack) eineni heftigen Kampfe, in welchem Johanna durch einen Pfeil ge- fährlich verwundet wurde, wichen die Engländer und die Jungfrau zog siegreich in die Stadt ein. §. 53. Johanna s fernere Thaten. Die Vertreibung der Engländer durch eine Jungfrau erregte das größte Aufsehen in Frank- reich. Man hielt Johanna für ein göttliches Wesen und man kam, ihre Kleider und die Füße ihres Pferdes zu küssen. Sie begab sick,

15. Das Mittelalter - S. 225

1852 - Leipzig : Brandstetter
225 Von dieser Zuversicht getrieben, verließ sie ihre Eltern, denen sie bis dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach Vaucouleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt, Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne. So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite mehrerer Ritter, an den franzö- sischen Hof. Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottesfurcht und Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als sie in Chinon angekommen war, dauerte es eine Zeit lang, bis sie bei dem König vorgelassen wurde. Karl vil. war lange ungewiß, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für ein teuflisches Blendwerk halten sollte. Endlich ließ er sie vor sich kom- men und die Jungfrau erkannte sogleich den König, obgleich sich dieser ohne alle Zeichen seiner Würde unter den Haufen der Hofleute gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm noch ein Geheimniß, das Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte großes Aufsehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen als einer göttlichen Prophetin die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche zu Fier- bois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, worauf Gott mit der Weltkugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Jesus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das Schwert nicht brauchen zu -dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an, panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Streitroß. Mit dem Gefolge und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois gesendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sendung zog ihr voran. Als sie zu Blois angekommen war, drang sie vor Allem bei den Soldaten aus Religionsübungen und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen sollten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle liederlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl ihnen, im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Darauf traf sie Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese hart bedrängte Stadt zu werfen. Am 29. April 1429 langte sie vor Orleans an und während die franzö- sische Besatzung nach einer andern Seite hin einen Ausfall that, brachte sie auf der entgegengesetzten die Lebensmittel glücklich in die Stadt. In Orleans ward sie als eine himmlische Retterin empfangen. Am 4. Mai, als eine zweite Zufuhr vor Orleans erschien, rückte sie mit dem Grafen von Dünois aus und ungestört ging der Zug mitten zwischen zwei Schanzen der Engländer Hin- Grube, Geschichtsbilder. H. 15

16. Geschichte des Mittelalters - S. 213

1878 - Mainz : Kunze
Von der Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung 2c. 213 ein Geheimnis mittheilte, welches Niemand außer dem Könige wissen konnte, faßte er Zutrauen, und um ihre göttliche Sendung außer Zweifel zu setzen, ließ er das Mädchen zuerst durch eine Versammlung von Geistlichen, dann durch das Parlament zu Poitiers prüfen. Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. Es ward beschlossen, dem gottbegeisterten Mädchen die Leitung des Heeres anzuvertrauen und Johanna nach Blois zu schicken, um dort die Anstalten zum Zuge nach Orleans zu treffen. Sie erhielt ihrem Verlangen gemäß ein Schwert, welches man nach ihren Angaben hinter dem Altare der Katharinenkirche zu Fier-Bois aussuchte, eine vollständige Ritterkleidung und eine weiße mit Lilien gestickte Fahne, woraus Gott mit der Weltkugel in der Hand und zwei knieende Engel ihm zur Seite dargestellt waren mit der Inschrift: „Jesus Maria!" Diese Fahne trug sie, um das Schwert nicht gebrauchen zu müssen. In Blois angelangt, führte sie unter den zügellosen Soldaten Johanna ent strenge Zucht, gute Sitten und Andachtsübungen ein, damit sie der W^eans Hülfe Gottes würdig seien. Sie befahl, daß alle beten, die Messe hören, beichten und crnnmuniciren sollten. Alles Fluchen, Spielen, Plündern wurde bei harter Strafe verboten. Auch follte eine Schar von Priestern unter einem besonderen Banner den Zug begleiten. Fast ohne Widerstand erreichte man Orleans. Während die französische Besatzung nach einer andern Seite hin einen Ausfall machte, brachte Johanna die Lebensmittel glücklich in die ausgehungerte Stadt. Man empfing sie wie einen Engel des Himmels. Ihr erster Weg war nach der Kirche, Gott zu danken. Darnach legte sie ihre Rüstung ab und ruhte aus. Sie ließ jetzt die Engländer auffordern, in ihre Heimat abzuzrehen. Anfangs spotteten diese ihrer Mahnung; als das Mädchen aber, die Fahne in der Hand, in Begleitung des Grafen von Dunois wiederholt glückliche Ausfälle machte, verwandelte sich der Spott in Furcht. Eine Schanze nach der andern ward genommen, und die siegenden Franzosen nötigten zuletzt den Feind, die Belagerung von Orleans aufzuheben. In einem dieser Gefechte ward Johanna durch einen Pfeilfchuß am Halse verwundet. „Der Jungfrau von Orleans" blieb nunmehr übrig, die schwierigere und führt den Ausgabe zu lösen, den König zur Krönung nach Rheims zu führen. Ä8ni9 »uc Obwohl die Franzosen überall siegreich auftraten und namentlich einen ^eim^ glänzenden Sieg bei dem Dorfe Patay erfochten, welcher der Blüte des englischen Heeres das Leben kostete und dem gefürchteten englischen Feldherrn Talbot Gefangenschaft brachte, so hielten die französischen Räthe den weiten Weg nach Rheims mitten durch die Posten und

17. Teil 2, Oberstufe, Teil 1 - S. 207

1901 - Kiel : Lipsius & Tischer
Iv. Aus der weiten Welt. 207 konnten, ergingen sie sich gern in dem Schotten des segenbringenden Baumes und tranken aus dem heilenden Quell. Im Mai jedes Jahres zogen die jungen Bursche und Mädchen und die Kinder des Dorfes in frohen Scharen nach der heiligen Stätte. Sie schmückten die Zweige mit Blumengewinden uitd Kränzen und tanzten um den Baum. Auch Johanna besuchte den heiligen Baum oft mit den Mädchen ihres Alters, aber fciten nahm sie an dem Tanze teil; lieber sang sie auch an diesem Orte ihre frommen Lieder. — Niemals lag Frankreich so völlig danieder wie zu dieser Zeit. Das Heer, niedergeworfen in blutigen Schlachten, war nahe daran, vor den Fremden die Waffen zu strecken. Der schwachsinnige König überließ die Zügel des Staates, die er niemals in festen Händen gehalten hatte, einigen ehrgeizigen Prinzen, die sich die Herrschaft über das Land in blutigen Kriegen streitig machten. Die unnatürliche Mutter des Königs verschwor sich gegen ihr eigenes Fleisch und Blut; sie ächtete den König, den einzigen Sohn, der ihr geblieben war, und überlieferte das Reich den Engländern, die schon mehr als die Hälfte des Landes, dazu auch die Hauptstadt, in Besitz genommen hatten. Von der flandrischen Küste bis zu den Pyrenäen wurde das Land von Kriegs- scharen durchzogen, die in keines Herrn Pflicht standen und die Freund und Feind ohne Unterschied ausplünderten und erwürgten. Unterdessen belagerten die Engländer Orleans, das letzte Bollwerk der französischen Freiheit. Hier machte das sterbende Frankreich seine letzten An- strengungen; jeder Bürger war Soldat geworden, und selbst die Frauen wett- eiferten mit den unerschrockensten Kriegern an Tapferkeit. Als nun die Eng- länder noch fortwährend Verstärkungen erhielten, suchte das Heer des franzö- sischen Königs ihnen den Weg zu verlegeu. Dies gelang aber nicht. Die Franzosen wurden geschlagen, und die Nachricht von dem neuen Unglück rief in der belagerten Stadt die größte Bestürzung hervor. Der König schien unter der Last seiner Schande zu erliegen; er dachte sogar daran, Chinon, wo er seinen Hof hielt, zu verlassen und nach der Dauphine, dem äußersten Osten, zu entfliehen. Sicherlich hätten dann die Bewohner von Orleans sich nicht länger für einen König geopfert, der sie selbst im Stiche ließ. Die Engländer würden die Stadt erobert und binnen kurzer Zeit ganz Frankreich unterjocht haben. Vor dieser Schmach wurde es durch die unerwartete Ankunft der Heldeu- jungfrau im Lager des Königs bewahrt. Das war aber so zugegangen. Eines Tages um die Mittagszeit, als Johanna in ihres Vaters Garten stand, sah sie die Luft von einer überirdischen Klarheit erfüllt, und unbekannte Stimmen tönten an ihr Ohr. Ihr wurde befohlen, nach Frankreich zu gehen, Orleans zu befreien und den König Karl zur Salbung nach Reims zu führen. Zuvor aber sollte sie nach Vaucouleurs zum Hauptmann Baudrieourt gehen und ihn bitten, ihr einige tapfere Männer zur Bedeckung mitzugeben. Da sie zweifelte, daß sie von ihren Eltern die Erlaubnis dazu bekommen würde, begab sie sich zu ihrem Oheim und wußte ihn zum Glauben an ihre göttliche Sendung zu bewegen. Als nun aber der

18. Geschichte des Mittelalters - S. 252

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
252 sein, daß er zu Weibern seine Zuflucht nimmt." Aber im Herzen ronr ihnen ganz anders zu mute. Abergläubisch waren sie so gut wie die Franzosen und dachten voll Angst daran, wo das alles noch hinauswolle. Der Zug mit den Lebensrnitteln brach auf; die Jungfrau führte ihn mit der weißen Fahne an und sie sehen und die Waffen wegwerfen war bei den Engländern eins. Ohne Schwierigkeit wurden die Vorräte in die Stadt geschafft; Johanna selbst, die nun die Jungfrau von Orleans genannt wurde, hielt ihren Einzug in die befreite Stadt, deren Einwohner sie als ihre Retterin empfingen. Man richtete ihr bei dem Schatzmeister des Herzogs von Orleans eine gute Wohnung ein und setzte ihr eine treffliche Mahlzeit vor. Aber sie nahm nur eine silberne Schale, füllte sie mit Wasser und Wein und schnitt einige Stückchen Brot hinein. Im englischen Lager war alles wie verwandelt. Die Engländer waren so fest überzeugt von ihrer himmlischen Sendung, daß sie nicht gegen sie fechten wollten und gleich die Flucht ergriffen, sobald sie sich nur mit ihrer Fahne zeigte. Daher ließen sie nun auch die Franzosen in die Stadt und aus derselben ziehen, wie diese nur wollten. Die Franzosen, die dagegen sich bisher furcht- sam Hinter den Mauern verkrochen hatten, griffen nun selbst die Engländer an und nahmen ihnen eine Schanze nach der andern weg. Einmal wurden die Franzosen zurückgeschlagen; nur Johanna wollte nicht weichen und war schon ringsum von Feinden umgeben. Da mußte sie endlich zurück, um ihre Flüchtlinge zu sammeln. Sie ließ ihre weiße Fahne wieder hoch flattern; unter ihr sammelten sich schnell die Zerstreuten wieder; sie eilte mit ihnen zurück aus den Kampfplatz und schlug die Engländer in die Flucht Ein andermal hatte sie sich wieder zu weit ins Schlachtgetümmel gewagt und erhielt einen Pfeilschuß in den Hals. Das störte sie aber so wenig, daß sie nur einen Augenblick hinter die Front ging. Hier zog sie sich selbst den Pfeil heraus, ließ sich schnell die Wunde verbinden und pflanzte dann siegreich ihre Fahne auf die feindlichen Wälle. Überhaupt zeigte sie in allen Gefechten eine grenzenlose Kühnheit. Bei dem Sturme auf eine benachbarte Stadt sprang sie geradezu

19. Leitfaden für den geschichtlichen Unterricht - S. 54

1881 - Berlin : Wohlgemuth
— 54 — sprach die Kirchenversammlung über Huß das Urteil. Sie verordnete, daß er als Ketzer verbrannt und verdammt und seines priester-lichen Standes entsetzt werde. Dieser Ausspruch wurde sofort an ihm vollzogen. Er wurde nach der Richtstätte geführt. Zwei Diener nahmen ihn in die Mitte, zwei Henkersknechte gingen voran, zwei gingen nach. Der Zulauf des gemeinen Volkes war so groß, daß man das Thor schließen mußte. Kaum war Huß auf dem Platze angekommen, wo er den Flammentod erleiden sollte, so fiel er auf seine Kniee und betete. Dann befestigten ihn die Henker mit feuchten Stricken an einen Pfahl und zündeten den Scheiterhaufen an. Während dessen trug ein Bäuerlein Holz zu dem Scheiterhaufen. Huß lächelte und fprach: „O heilige Einfalt!" Nach der Verbrennung des Leichnams luden die Henker die Asche nebst der tief ausgegrabenen Erde aus Karren und warfen sie in den Rhein, damit auch die letzte Spur dieses heiligen Zeugen der Wahrheit auf immer vertilgt werden möchte. Das Mädchen von Orleans. (1430.) Unter der Regierung Karls Vi. befand sich Frankreich in einer traurigen Lage. Der König warminderjährig; seine Oheime stritten sich um die Regentschaft und drückten das Volk mit harten Steuern. Als Karl die Regierung selbst übernahm, verfiel er bald in Wahnsinn. Endlich erlöste der Tod den unglücklichen König von seinen Leiden (1422). Ihm folgte sein Sohn Karl Vii. Seine sittenlose Mutter schloß ihn von der Thronfolge aus und übertrug die Krone Heinrich Vi. von England, der erst acht Monate alt war. Vereint brachen nun die Engländer und Burgunder gegen Karl Vii. auf. Die Franzosen erlitten eine so bedeutende Niederlage, daß sie einen großen Teil von Frankreich preisgeben mußten. In dieser Not erschien dem Könige Karl ein rettender Engel. Ein Bauernmädchen, Johanna d'arc aus Domremy in Lothringen, genannt die Jungfrau von Orleans, kam zu dem unglücklichen Könige, als dessen Feinde zur Belagerung der Stadt Orleans schritten, und gab vor, daß sie von Gott gesandt sei, ihm zu helfen. Zu diesem Zwecke verlangte sie ein Schwert aus einer benachbarten Wallfahrtskapelle. Karl behielt das Mädchen bei sich, ließ ihr eine Rüstung machen und eine weiße Fahne, auf welche Gott selbst mit einer Weltkugel gemalt war. So zeigte er sie dem Heere, welches nun unbesiegbar zu sein glaubte. Jetzt schrieb die Jungfrau an die Anführer der Engländer und befahl ihnen, die Belagerung von Orleans aufzuheben und Frankreich zu verlassen. Die Engländer lachten; aber im Herzen war ihnen ganz anders zu Mute. Abergläubisch waren sie, so gut wie die Franzosen. Johanna führte nun ihre Soldaten nach Orleans. An der Spitze des Heeres befand sich die Jungfrau mit der weißen

20. Das Mittelalter - S. 258

1866 - Leipzig : Brandstetter
256 dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach Banco nleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt, Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne. So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite meh- rer Ritter, an den französischen Hof. Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottes- furcht und Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als sie in Chinon angekommen war, dauerte cs eine lange Zeit, bis sie bei dem Könige vorgelassen wurde. Karl Vii. war lange ungewiß, ob er ihren Offenbarungen trauen oder sie für teuflisches Blendwerk halten solle. Endlich ließ er sie vor sich kommen und die Jungfrau erkannte sogleich den König, obgleich sich dieser.ohne alle Zeichen seiner Würde unter den Haufen der Hoflente gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm auch ein Ge- heimniß, daß Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte großes Aufsehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch, Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt. 4. Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen, als einer göttlichen Prophetin, die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche zu Fierbois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, worauf Gott mit der Welt- kugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Je- sus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das Schwert nicht brauchen zu dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an, panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Strcitroß. Mit dem Gefolge, und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois ge- sendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sen- dung zog ihr voran. Als sie zu Blois angekommen war, drang sie vor Allem bei den Soldaten auf Religionsübung und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen soll- ten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle lie- derlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl ihnen im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Darauf traf sie Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese hart bedrängte Stadt zu werfen.