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die anderen. (Sr trug einen Elenskoller und einen grauen Hui mit grüner Feder. Sein Haar war blond, und ein starker Schnurrbart und spitzer Kinnbart zierten sein Gesicht. Freundlich blickten seine blauen Augen umher, und deutsche Grußesworte kamen aus seinem Munde. Man sah, er freute sich herzlich über den warmen Empfang der Erfurter, die mit Hüteschwenken, Tücherwehen und Kränzewerfen sich nicht genug tun konnten.
Aufenthalt in Erfurt: Vor seinem Absteigequartier wurde
er vom Erfurter Rate aufs ehrerbietigste begrüßt. Dann begab sich der König in seine Gemächer. Doch er rastete nicht lange. Schon nach kurzer Zeit erschien er wieder im Sattel. Er stattete dem Petersberg einen Besuch ab. An der Schwelle des Klosters begrüßten ihn knieend die frommen Brüder mit ihrem Abte. Freundlich hieß er sie ausstehen, entblößte selbst sein Haupt und setzte sich mit ihnen zur Tafel, zwanglos sich unterhaltend.
Noch drei Tage verweilte Gustav Adolf in der Stadt. In
dieser Zeit umritt er einmal den Stadtwall und besichtigte die
Eyriaksbnrg. Mancherlei Gedanken über eine stärkere Befestigung der Stadt sollen ihm dabei durch den Kops gegangen sein. Bevor er dann abreiste, mußte der Rat versprechen, solange der
Religionskrieg dauern würde, ihm treu und untertänig zu sein.
Weitermarsch: Am Montag wurde zum Ausbruch geblasen.
Vormittags zwischen 8 und 9 gings mit klingendem Spiel zum Brühlertor hinaus durch den Treienbrunnen nach Süden. Der
Weg führte über Molsdorf, Arnstadt, Ilmenau und Schlensingen ins Werratal und von da an den Main. (Nach Pros. Als. Kirchhofs.)
4-9. Gustav Adolfs Leutseligkeit.
Heute noch bewahrt die Riemer-Jnnnng in Erfurt ein Andenken auf, das Zeugnis von Gustav Adolfs Leutseligkeit gibt.
Als der König sich einmal von der „hohen Lilie" in den nahe gelegenen Gasthof „zum Propheten" (heute „Thüringer Hof") begab, um nach einem feiner Pferde zu sehen, hörte er aus einem Zimmer lautes Stimmengewirr. Er trat ein und erfuhr von den Versammelten, daß die Riemer-Innung soeben einen der Ihren zum Ritter schlage, d. h. nach bestandener Lehrzeit seierlich in die Gesellenschast ausnehme. Gustav Adols sragte, ob er zusehen dürste. Da dies aber nicht erlaubt war, wurde ihm bedeutet, daß er beiwohnen könne, wenn er selbst vorher zum Ritter geschlagen wäre. Der König willigte sreudig ein und wurde unter dem üblichen Gebrauch zum Ritter geschlagen. Er leerte auch den großen, tbm dargereichten Zinnpokal, den Willkommenbecher, und loste sich mit dem herkömmlichen Geschenk.
Noch zur Stunde hängt am „Willkommen" der Erfurter Riemer das ovale, vergoldete Schaustück, welches damals die Innung wohl aus des Königs Hand erhalten hat. Es zeigt auf der einen
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Kirchhofs Gustav_Adolfs_Leutseligkeit Gustav Adolfs Gustav_Adolfs_Leutseligkeit Gustav Adolfs Gustav_Adols Gustav Riemer
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Molsdorf Arnstadt Ilmenau Werratal Main Erfurt
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währte er den neuen Landeskinder eine zehnjährige Steuerfreiheit. Seinem Rufe folgten wohl 20 000 Familien ans Schwaben,
Franken, Niedersachsen und der Schweiz. Den größten Zufluß
hatte das preußische Land aber aus Salzburg.
Not der Salzburger: Dort hatte der Erzbischof seinen evangelischen Untertanen besohlen, katholisch zu werden oder auszuwandern. Doch nur wenige bekehrten sich, die anderen wurden mitten im Winter ausgewiesen und lagerten einen Monat lang an der Grenze Bayerns aus freiem Felde. Sie wandten sich in ihrer Not an den König Friedrich Wilhelm, und dieser wurde ihnen ein treuer Helfer und Beschützer. In einer öffentlichen Bekanntmachung erklärte er sie für seine Schützlinge und bot ihnen
sein Königreich Preußen als Zufluchtsort und neue Heimat an.
Zug der Salzburger nach Preußen: Im Frühling 1732 machten sie sich mit Sack und Pack und Weib und Kind auf den Weg. Friedrich Wilhelm schickte ihnen Bevollmächtigte entgegen, welche ihnen täglich für den Mann 4, sür die Frau 3, sür ein Kind 2 Groschen Reisegeld zahlen und sie leiten mußten. Die Hauptzüge gingen, die Richtung auf Berlin hallend, ans verschiedenen Wegen durch Schwaben, Hessen, Sachsen und Thüringen.
Die Salzburger im Erfurter Gebiet: Hierbei berührten
einige Haufen das Erfurter Gebiet, und am 8. August 1732 zogen mehr als 800 Salzburger an der Stadt selbst vorüber. Sie kamen vom Steiger her über Daberstedt nach dem Schmidtstedtertor und gingen von da außerhalb des Krämpser- und Johannestores nach Ilversgehofen auf das Ried, wo sie sich lagerten.
Die Auswanderer, die meist zu Fuß kamen und Stäbe in den Händen hatten, sangen, während sie einherzogen, sromme Lieder, vor allem ihr Lieblingslied:
„Ich bin ein armer Exulant,
Also tu ich mich schreiben.
Man tut mich ans dem Vaterland Um Gottes Wort vertreiben."
Etliche der Salzburger trugen Kinder und kleine Wiegen auf dem Rücken. Die Männer waren mit kurzen Tuchjacken, weilen, unten zugebundenen Hofen und dickbesohlten Riemenschuhen bekleidet, die Frauen mit großen Strohhüten, kurzen Röcken und wollenen Miedern. Auf Wagen, die zum Teil mit ihren eigenen, großen und starken Pferden bespannt waren, führten sie Kranke, Altersschwache und Kinder nach. Keinen hörte man über die erduldeten Bedrückungen klagen, und die Bürger, die ihnen zum Empfang entgegengeeilt waren und sie begleiteten, konnten sich nicht genug über das „sehr gelassene, stille Wesen" der Salzburger wundern. Sie schenkten ihnen viel Geld, Bücher, Kleider, Schuhe und Strümpfe und brachten ihnen eine Sammlung von 570 Reichstalern, zu welcher die Geistlichen von der Kanzel herab aufgefordert hatten, nach Weißensee nach.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm August Steiger
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Niedersachsen Schweiz Salzburg Bayerns Berlin Schwaben Hessen Sachsen Johannestores Ried Gottes Weißensee
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Kriegssteuer, 100 000 Taler von der Stadl und 50 000 Taler von der katholischen Geistlichkeit, in den vier Tagen nicht zusammengebracht worden war.
Reichstruppen und Franzosen in Erfurt: Bald daraus
sah Ersurt ein anderes soldatisches Schauspiel. Reichstruppeu und Franzosen quartierten sich in überaus großer Zahl in ihr ein. Der Obergeneral der französischen Truppen, Prinz v. Sonbise, hielt am 25. August 1757 seinen Einzug. Er stieg mit seinem ihm in 5 sechsspännigen Kutschen nachfahrenden Gefolge in der Statthalterei ab. Eine Kompanie kurmaiuzifche Grenadiere besetzte mit fliegender Fahne und klingendem Spiel vor ihr die Wache. Der Prinz wurde von dem Statthalter, einigen Gesandten der kurfürstlichen Regierung und von den Abgeordneten der Universität aufs ehrenvollste „bekomplimentiert" (s. Nr. 58).
Abermalige Besetzung der Stadt durch die Preaitzen: Mitte September rückte die Besatzung wieder ab, um den heranziehenden Preußen zu entgehen (s. Nr. 59).
Das Jahr 1759 sah abermals eine große Menge Preußen in Erfurts Mauern. An Kriegssteuern wurden diesmal 200000 Reichstaler gefordert. Diese Summe wurde aber aus 100 000 Taler, zahlbar in drei gleichen Raten mit sechswöchigem Abstande, ermäßigt. Außerdem hatte die Stadt 80 vierspännige Wagen, die auf drei Tage mit Futter zu versehen waren, zu stellen.
Straßenkampf: In diesem Jahre kam es auch zu einem
Straßenkampfe. Gegen Abend des zweiten Weihnachtstages langten einige hannovrische Packwagen an (England, dem Hannover gehörte, war mit Preußen verbündet), und die sie begleitenden hannovrischen Jäger wurden hier einquartiert. Die Bürger übernahmen wie immer, wenn Preußen oder ihnen verbündete Truppen in der Stadt waren, die Wache, während sich die mainzische Besatzung aus die Festung zurückzog. Da sielen am 28. Dezember gegen 11 Uhr vormittags ganz unerwartet zwei Kanonenschüsse vom Petersberg, und sogleich geriet alles in Ausregung. Die Hannoveraner liefen mit ihren Tornistern zusammen und stellten sich in der Gegend der Gasthöfe zum Schlehendorn (Hotel Rheinischer Hos) und Huscisen (Regierungsstraße Nr. 14) aus. Es dauerte auch nicht lange, da kamen kaiserliche reitende Jäger zum Löbertor her-eingesprengt. Sofort schlossen sich die Hannoveraner eng zusammen und feuerten tapfer auf die Reiter. Doch von der Uebermacht hart bedrängt, mußten sie sich auf die Langebrücke zurückziehen. Die kaiserlichen Jäger solgten nach, und es entspann sich ein heftiges Scharmützel. Der Kugelvorrat der Hannoveraner war bald verschossen. Sie mußten sich ergeben und wurden samt ihren Wagen zum Löbertor hinaus nach Arnstadt abgesührt. Während des Gefechtes waren die Einwohner in großer Bestürzung; einen so hitzigen Straßenkampf hatten sie noch nicht erlebt. Aengstlich wurden alle Türen und Fensterläden der Häuser geschlossen, und
12
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Extrahierte Personennamen: August Straßenkampf
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Erfurts England Hannover Petersberg Arnstadt
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brauchen begangen wurde. Den größten Fremdenftrom führte jedoch die große Fronleichnamsprozession herbei, eine Schöpfung der Jesuiten. Hinter dem feierlichen Zuge erschienen, teils auf breiten, teppichbedeckten Wagen, teils auf Brettern oder auf den Schultern getragen, bildliche Darstellungen aus der Heiligen Schrift. Sie wurden von lebenden Personen dargestellt und dienten nur zur Befriedigung der Schaulust der Umstehenden. Da sah man den Propheten Jonas im Rachen des Walfisches, David mit der Schleuder und den Riesen Goliath, Josua und Kaleb mit der großen Weintraube u. a. m.
Das Stadtinnere: Die Stadt selbst machte äußerlich einen recht stattlichen Eindruck. Mit ihren zahllosen Türmen und Kirchen, überragt vom Dom und den beiden Stiftskirchen, bot sie dem Wanderer ein herrliches Bild, dem aber das Innere in keiner Weise entsprach. Durch die finsteren, gewundenen Tore gelangte man in die Stadt, falls es nicht Nacht ober am Sonntag zur Kirchzeit war. Zu biefen Stunben waren die Tore geschlossen und würden nur gegen eine Vergütung geöffnet. Am Tore be-sanb sich die Zoll- und die Akzisewache (Akzise = Verbrauchssteuer), bei der alle eingehenbe Hanbelsware versteuert werben mußte. Hatte man die Vorstabt burchschritten, so stanb man vor einem zweiten Mauerring; benn die älteste, von der Gera umflossene Befestigung war noch zum größten Teil vorhanben. Von ihren Toren stanben das alte Wasser-, Löber-, Johannes- und Augusttor (s. Nr. 21). Der mächtige Steinunterbau der Tore war mit bürstigen Holzhäuschen besetzt, die man an arme Leute vermietet hatte. Durch bxcfc Tore betrat man die eigentliche Stadt. Ihre Straßen waren verhältnismäßig breit. Aber das Gras wuchs zwischen den Steinen, ba der Verkehr fehlte. Pflaster und Reinlichkeit ließen viel zu wünschen übrig. Ersteres war so schlecht, daß sich an vielen Orten tiefe Löcher befanben, in benen Menschen und Vieh samt dem Fuhrwerk leicht verunglücken konnten. Durch die meisten der Straßen war fließenbes Wasser geleitet. Diese künstliche Bewässerung galt als eine besonbere Merkwürbigkeit Erfurts und biente, außer zur Bewässerung der Gärten, der Reinlichkeit der Stadt und der Gefunbheit der Luft; ferner würde es in den Brauereien gebraucht, biente zum Antrieb der vielen Mühlen und ganz befonbers zur Unterstützung der Rettungsanstalten beim Feuer. Eine Straßenbeleuchtung, wie sie die größeren deutschen Städte um 1800 bereits besaßen, fehlte noch. Wer abenbs ausgehen wollte, mußte sich eine Laterne mitnehmen. Auch Straßenschilber und Hausnummern waren nicht vorhanben. Jebes der 3154 Häuser hatte noch die aus dem Mittelalter stammenbe Benennung, unter der es allgemein bekannt war. Die Bautätigkeit war gering. Die vorhandenen prächtigen Bauten stammten aus älterer Zeit. Wohl aber zählte man in der Stadt über 400 wüste Brandstätten. Nicht weniger als 15 Kirchen standen teils unge-
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Extrahierte Personennamen: Jonas David David Josua
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nutzt, teils als Ruinen ba.1) — Das vor Jahrhunderten berühmte Erfurt war zu einer bescheibenen Mittelstabt herabgesunken.
(Nach Dr. Alfreb Overmann n. a.)
63. Schiller in Erfurt.
Zugult und September 1791.
1. Aufenthalt in Erfurt: Schon zu Ansang 1791(31. Dez. 1790 bis 11. Jan. 1791) hatte Schiller mit seiner Gemahlin von Jena aus für kurze Zeit in Erfurt geweilt. Leiber knüpften sich für den Dichter an biesen Besuch sehr trübe Erinnerungen, ba ihn ein heftiges Katarrhfieber zwang, für einige Zeit Bett und Zimmer zu hüten. Doch suchten ihm seine Erfurter Frennbe die Lei-benszeit so erträglich wie möglich zu machen, und auch der Koab-jutor Karl Theobor v. Dalberg besuchte ihn mehrmals.
Rückkehr nach Jena: Bereits am 11. Januar kehrte Schiller nach Jena zurück, die Tage bebauernb, die er in Erfurt durch feine Krankheit verloren hatte. Gegen Frau v. Stein, die innigen Anteil an feinem Leiben nahm, hat er sich später bcchin geäußert, daß er bei dem Anfall geglaubt Hätte, sterben zu müssen. Die Kräfte stellten sich nur langsam wieber ein, ja, es fehlte sogar nicht an Rückfällen. Schon acht Tage nach feiner Rückkehr erkrankte Schiller von neuem, und ein starkes Fieber entkräftete ihn so, daß die geringste körperliche Anstrengung ihm eine Ohnmacht zuzog. Doch gelang es der liebevollen Pflege seiner Gattin und den sorgsamen Bemühungen zweier Aerzte, das Gespenst des Knochenmannes abermals zu bannen, und mit der erneuten Lebenslust erwachte in Schiller auch von neuem der Wunsch, sür zwei bis brei Monate zu seinen Frennben nach Erfurt zurückzukehren.
Vorbereitungen für den 2. Aufenthalt: Er beauftragte
darum unterm 21. Mai brieflich den Professor Dominikus, ihm eine passenbe Wohnung von einigen Zimmern und etwa 3 Kammern in einem Privathause zu besorgen, weil ihm ein so langer Ausenthalt im Gasthofe zu teuer käme. Doch bürste das Logis nicht zu weit von der Hofstatt (b. i. der Statthalterei, dem heutigen Re-gieruugsgebäube) entfernt liegen. Als Mietspreis bestimmte Schiller monatlich 7—8 Taler; im ganzen wollte er, wenn er brei Monate bliebe, bafür 4—5 Louisbor (Golbstück = 20 Frank) anlegen.
Abermaliger Aufenthalt: Zunächst freilich nutzte Schiller
nach Karlsbab zur Kur, so batz er erst im August mit seiner Gemahlin zur Nachkur in Erfurt eintreffen konnte. Beibe haben dann
i) Heute ftnb von diesen nur noch die Aegidienkirche und die Türme bet Bartholomäus- (Anger), der Johannis- (Johannesstraße), Nikolai- (Augustiner* strafte', Georgs- (Geotqsgctffe) und Paulskirche (T'aulstraße) vorhanden.
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Extrahierte Personennamen: Alfreb_Overmann Schiller Schiller Karl_Theobor Karl Dalberg Schiller Schiller Dominikus Schiller Frank) Schiller August
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parentgemälden hatte schmücken lassen. Sie stellten die Schönheit,
Weisheit und Stärke dar. Die Stärke verkörperte ein edler, kraft-
voller Jüngling in römischer Rüstung, der aus einem Löwen sah und eine Säule von blauem Jaspis (Edelstein) in der Hand hielt. Einige Züge des Gesichtes waren Napoleon ähnlich. Aus dem dreieckigen Gielielselde leuchtete Frankreichs Adler hervor. Alle Linien des Gebäudes waren durch mehrere Tausend Lampen erleuchtet, deren Glanz den weilen Platz mit Tageshelle erleuchtete. Unter dem Dache prangte die Inschrift:
Magnitudo illius stabilis, quem omnes
supra se et pro se noscunt.
In freier Uebersetzung: „Unerschütterlich ist die Größe desjenigen, den alle als ihren Herrn und Beschützer anerkennen."
Neben dieser Inschrift gab es noch viele andere, welche Verehrung und Unterwürfigkeit in hochtönenden Worten zum Ausdruck brachten. Hin und wieder hatte es aber ein Ersurter Bürger auch gewagt, seinem Mißmut freien Lauf zu lassen. So hatte ein Obsthändler den köstlichen Einsall gehabt, ein von Lampen gebildetes, riesiges „Ach!" an seinem Hause anzubringen. Eine recht zweideutige Inschrift! Doch der Mann konnte auf eine Anfrage, die man an ihn richtete, die Versicherung geben, daß er durch diesen Ausrus nur seiner Freude über die Anwesenheit des Kaisers habe Ausdruck geben wollen, während er in seinem Innern vielleicht ganz anders dachte.
Die Festbeleuchtung sollte nicht ohne einen kleinen Unfall vorübergehen, der leicht bedenklichen Umfang hätte annehmen können. Am Ratskeller auf dem Fischmarkt brannte der mit Lampen erhellte Namenszug des Kaisers ab. Die Flamme wurde zwar rasch gelöscht, sie hatte aber bereits den den Völkern Europas so furchtbaren Namen in Asche verwandelt. Dem Kaiser wurde dies ohne Zweifel verschwiegen; deun bei seiner abergläubischen Beanlagung würde er von dem Vorgänge höchst unangenehm berührt gewesen sein.
Anwesende Fürstlichkeiten: Von diesem Tage an füllte
sich Erfurt mit einer gewaltigen Zahl von Monarchen, Hofwür-denträgern, Ministern, Generalen und sonstigen vornehmen Personen. Im ganzen weilten damals in Erfurt: 2 Kaiser, 4 Kö-
nige, 1 Königin, 1 Großfürst, 1 Fürst-Primas, 17 regierende Fürsten und Fürstinnen, 6 Erbprinzen und Erbprinzessinnen, 1 königlicher Prinz (von Preußen) und 23 andere Prinzen, 34 Grafen, 20 Generale und über 50 Barone und Edelleute, ungerechnet die zahlreichen täglich ab- und zuströmenden, vornehmen Fremden. Aus dem Gefolge des Herzogs von Weimar sind besonders hervorzuheben die Geheimräte von Goethe und Wieland.
(Nach Arnold, Beyer u. a.)
13*
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Goethe Arnold
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Europas Erfurt Erfurt Weimar
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und in dem etwas entfernteren, tiefen Eifenbahneinschnitt. Um das Feuer abzulenken und auf sich zu ziehen, fnhren jetzt schnell zwei Batterien am Fuße des Nordabhanges ans. Zwar versprach das Schießen gegen die bedeutende Höhe wenig Erfolg, aber der Hauptzweck wurde erreicht. Bald hatten die preußischen Geschütze ein lebhaftes und wohlgezieltes Feuer des Feindes auszuhalten. Es schien, als regne es Feuer vom Himmel. Der Lärm war betäubend, und nur mit Mühe ließen sich die Pferde halten. Trotzdem versah jeder Kanonier treu seine Pflicht.
Siegreiches Vordringen der Preußen: Ans einmal wurde
das feindliche Feuer schwächer, dann hörte es ganz auf. Der Feind batte den Rückzug antreten müssen. Die 7. preußische Division, die auch am frühen Morgen bei Turnau die Jfer überschritten hatte, war geradewegs auf den Mnskyberg losmarschiert. Dort angekommen, hatten einige ihrer Abteilungen fofort von Nord-osten her die Hochebene des Berges erstiegen und die Oesterreicher vertrieben. Diese mußten auch gegen 11 Uhr Münchengrätz räumen, wenn sie nicht gefangen werden wollten; denn schon hatten die Preußen oberhalb und unterhalb des Ortes die Jser überschritten und näherten sich ihm bedenklich.
Im Biwak bei Dobrawuda: Gegen 3 Uhr nachmittags
bezog die 8. Division endlich bei Dobrawuda Biwak. Die Kräfte der Mannschaften waren völlig erschöpft. Zumal das 32. Regiment hatte, obwohl es im Kampfe selbst nicht zur Verwendung gekommen war, furchtbar gelitten. Unter Mittag hatte es sich nahe bei Münchengrätz in einer engen Talschlucht gesammelt. Glühend heiß brannte die Sonne herunter. Mehrere Soldaten brachen durch Hitzschlag zusammen, und jeden Augenblick blieb einer im Chausseegraben zurück. Es fehlte an Wasser. Die wenigen Brunnen eines nahen Dorfes konnten nicht genug geben, und so warfen sich die Leute an stinkenden Pfützen nieder, um ihren Durst zu löschen. Die Offiziere mußten fcharf zugreifen, um es zu verhindern. — Leider herrschte der gleiche Wassermangel auch im Biwak. Der einzige Brunnen des Ortes war bald ausgeschöpft. Der nur wenige Meter breite Dorfteich mußte daher das Wasser für alle Zwecke liefern. Hier wurden Pferde getränkt, dort wuschen sich Soldaten, an einer anderen Stelle wurden Kleidungsstücke und Kochgeschirre gereinigt, daneben aber schöpften Mannschaften Wasser zum Kochen. Wahrlich, ein sonderbares Bild! Bald umzog sich der Himmel, und alles eilte, Hütten zu bauen. Zu diesem Zwecke wurden die Strohdächer der Häuser abgedeckt. Ein wolkenbruchartiger Regen ging hernieder, doch konnte der Ueberflüß an Regenwasser dem Mangel an Trinkwasser nicht abhelfen. Er hatte nur das Gute, daß alle, obwohl sie tüchtig durchnäßt, erfrischt wurden. (Nach den Reg.-Gesch. d. 31. u. 71. Ins.-Reg.)
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über einen Berg hinweg. Wir bekamen wieder viele Wagen mit Eßwaren und Getränken in unsere Gewalt. Da kam die Nacht und machte dem Blutgeschäft ein Ende. Gern hätten wir die Franzosen weiter verfolgt, denn so eine Jagd macht Spaß. Wenn die Feinde erst weichen, dann geht's mit Freuden hinterher.
Dann bin ich noch auf dem Schlachtfelde gewesen und habe Verwundete mit in die Mühle getragen. Erst nachts 1 Uhr kamen wir ins Lager zu den Bayern und haben brüderlich zwischen ihnen aus der bloßen Erde geschlafen. Nach solcher Arbeit schmeckt der Schlaf auf einem Steine gut. Heute morgen find wir wieder in unsere Bataillone eingerückt.
Spaßhaft war's, wie unsere Leute die Wagen plünderten. Der eine nahm dies, der andere jenes. Ich habe mir ein Hemd und eine blecherne Feldflasche genommen. Seit 3 Wochen hatte ich mein Hemd auf dem Leibe. Von Schweiß und Regen sah es jämmerlich aus. Es war keine Wäsche mehr wert; ich warf es darum weg und nahm dafür das frische französische. Meine Feldflasche war zerschmettert worden; die französische aber war halb voll Bier, das mir vortrefflich schmeckte.
Nachschrift vom 2. September: Ich habe den Brief heute
wieder geöffnet, weil feine Feldpost abging. Nun will ich Dir noch einiges schreiben. Den 31. August blieben wir in unserer Stellung liegen und gingen nicht weiter vor. Unser Regiment fam, weil es gut gefochten hatte, zur Reserve und mußte eine Brücke über die Maas besetzen. Hier haben wir den ganzen 1. September dem grausamen Schießen zugehört.
Lieber Bruder! Bei Königgrätz war es schlimm, aber gegen fner fein Vergleich. Morgens 4 Uhr griffen die Bayern an und sümpften bis in die Nacht, weil die Franzosen wie die Mauern standen. Weichen aber mußten sie doch endlich, trotz ihrer Kugelspritzen, die viele Kugeln vergeblich verspritzt haben. Auch die Festung Sedan mußte sich ergeben. Noch etwas! Heute mittag rückten wir uns wieder zurecht. Ich holte mit andern Wasser zum Kochen im Biwak aus einem Dorfe, das von Bayern belegt war. Da kam die Kunde, Napoleon hätte unserm König seinen Degen übergeben. Ein Jubel in allen Lagern! Es ist nicht zu beschreiben. Fünfzig Generale und die ganze Armee haben die Waffen niedergelegt. Gott fei Dank! Nun geht's wohl nach Paris. Freuen sollte mich's mein ganzes Leben, wenn ich Paris auch inwendig zu sehen bekäme; Wien habe ich bloß aus der Ferne von außen gesehen. . . .
91. Sedan.
1. September 1870.
Vormarsch der 71er: Es mochte etwa kurz vor 6 Uhr
morgens sein — schon seit einigen Stunden schallte aus der
16*
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Noch tobte in und um Balan der Kampf weiter, da hörten wir aus den vordersten Reihen den Ruf: „Dort! Seht hin! Auf dem Festungstore die weiße Fahne!" Es war so, das Zeichen der Uebergabe flatterte über Sedan.
(Nach der Reg.-Gesch. d. 71. Inf.-Reg.)
92. Die Uebergabe von Sedan.
Hauptmann Bergmann, der Führer des 1. Bataillons vom 71. Jnf.-Reg., fah die weiße Fahne, das Zeichen der Uebergcibe, auf dem Festungstore von Sedan flattern. Er beschloß, sofort vorzugehen und den Grund festzustellen. Ihm schloß sich der Hauptmann Koeberling vom 7. bayerischen Infanterie - Regiment an. Sie befestigten Taschentücher an ihre Säbel und gingen, unter Vorantritt eines bayerischen Hornisten, mit mehreren Begleitern auf die Festung zu. Kaum hatten sie einige Schritte getan, da legte der Bayer seinen Arm um den Preußen, küßte ihn und sprach: „Da habeu's eins, dergleichen passiert einem im Leben
nur einmal."
Nach wenigen Schritten erreichten beide das Tor der Festung. Die Zugbrücke war heruntergelassen und das Tor durch eine eiserne Gittertür geschlossen. Palisaden faßten diesseits den Graben ein. Auf der Brustwehr des stark mit Infanterie besetzten Walles stand ein Artillerie-Kapitän, der eine lange, schwarze Stange mit einem weißen Tischtuch in der Hand hielt. Er wehte mit dieser Fahne und schlug zugleich die Gewehre der Soldaten nieder, die Miene machten, auf die Ankommenden zu schießen. Rechts und links neben ihm standen Trompeter und bliesen aus Leibeskräften. — Hauptmann Bergmann forderte die Besatzung auf, sich zu ergeben. Dies wurde aber verweigert. Nun bat der französische Unterhändler, das Schießen einstellen zu lassen. Hanplmann Bergmann erwiderte, die Besatzung möge die Waffen niederlegen. Der Kapitän ließ sofort mehrmals „Stopfen" blasen, worauf alle die Gewehre auf die Wälle legten.
Hauptmann Bergmann ließ nun unsere Abteilungen, die inzwischen bis dicht an den Graben herangerückt waren, auch die Gewehre zusammensetzen. Auf sein Verlangen erschien dann der Kapitän vor dem Tor und verhandelte mit Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt, der unterdessen eingetroffen war. Der Unterhändler erklärte, daß auf Befehl des Kaisers Napoleon das Feuer eingestellt werden sollte, und erbat ein gleiches von dem Fürsten seitens der preußischen Truppen. Aus die Frage des letzteren, ob der Kaiser, in dessen Namen er das Feuern einstellen lasse, in der Festung sei, gab er verlegen lächelnd die Antwort: „Je ne sais! Je ne sais!“ Der Fürst fragte ihn dann
weiter, ob die Festung kapitulieren wolle; doch der Unterhändler
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Extrahierte Personennamen: Bergmann Bergmann Hanplmann_Bergmann Bergmann Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Sedan Inf.-Reg Sedan Jnf.-Reg Sedan
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der ein Name, noch irgend eine Inschrift eingegraben, nur die Kaiserkrone ist auf der halbrunden Fläche der Vorderseite angebracht. Was braucht es auch eine rühmende, lobpreisende Inschrift für diesen gütigsten Mann, der je aus einem Fürstenthrone gesessen, was sollen üppige Wappenzierden und prunkende Siegeszeichen am Gedächtnismale unseres alten, weisen Kaisers? — Auch ohne Sieger- und Herrscherpracht bleibt er in unseren Herzen und Gemütern leben als des jungen Deutschlands erster, großer und gütiger Kaiser! — K. Lürtziug.
100. Kailerbeluche in Erfurt, a) Besuch der Kaiserin flugufta.
Noch ehe Kaiser Wilhelm I. selbst einmal Erfurt mit seinem Besuche beehrte, traf seine Gemahlin zur Besichtigung der „Allgemeinen Deutschen Gartenbau-Ausstellung" ein (September 1876).
Leider war es ein regnerischer Septembertag, an dem die Kaiserin die festlich geschmückte Stadt unter Glockengeläute und Kanonendonner durchfuhr. Die Schulkinder halten zur Begrüßung in den Straßen Aufstellung genommen. Auf den Domstufen bildeten die weißgekleideten und mit Blumenkränzen geschmückten Schülerinnen der Mittelschule ein großes A, während die Knaben die Zwischenräume füllten. Als aber der Wagen der Kaiserin herankam, liefen alle in großer Freude die Stufen herunter, um der hohen Frau ihre Huldigung darzubringen.
Beim Eintreffen auf dem Ausstellungsplatze, dem Nordabhang der Friedrich Wilhelmshöhe, teilten sich die schweren Wolkenmassen. Die Sonne brach machtvoll durch und bestrahlte das Häusermeer der Stadt. Da konnte sich die Kaiserin nicht enthalten auszurufen: „O, wie prächtig ist es hier! Und daß gerade jetzt ein Sonnenblick die Gegend erhellt! Wie trefflich ist dieser Platz für die Ausstellung gewählt!" —
Die zur Ausstellung benutzte Oertlichkeit wurde im Jahre darauf in einen Park umgewandelt, welcher mit Zustimmung der Kaiserin den Namen „Angnstapark" erhielt. Die in ihm aufgestellte Säule, welche ein Adler krönt, ist ein Gefchenk der Kaiserin.
b) Kaiser Wilhelm I. in Erfurt.
Die Bekanntgabe des Besuches Kaiser Wilhelms I. in unserer Stadt versetzte die gesamte Bürgerschaft in helle Freude. Wohl war der Kaiser als junger Prinz mehrmals mit seinem Vater in Erfurt gewesen, auch hatte er in den Jahren 1831 und 1851 für längere Zeit hier geweilt, aber seit dieser Zeit nicht wieder.
Schon lange vor dem 20. September 1883, dem Tage der Ankunft, waren viele Hände tätig, die Stadt festlich zu schmücken. Selbst der Aermste unterließ es nicht, sein bescheidenes Heim zu
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