Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
6 l. Der Kulturkampf
§ 8. Die Staatsprüfung hat nach zurückgelegtem theologischem Studium statt. Zu derselben darf nur zugelassen werden, wer den Vorschriften dieses Gesetzes über die Gymnasialbildung und theologische Vorbildung vollständig genügt hat. Die Prüfung ist öffentlich und wird darauf gerichtet, ob der Kandidat sich die für feinen Beruf erforderliche allgemeine wissenschaftliche Bildung, insbesondere auf dem Gebiete der Philosophie, der Geschichte und der deutschen Literatur erworben habe. Der Minister der geistlichen Angelegenheiten trifft die näheren Anordnungen über die Prüfung.
§ 15. Die geistlichen Oberen sind verpflichtet, denjenigen Kandidaten, dem ein geistliches Rmt übertragen werden soll, dem Oberpräsidenten unter Bezeichnung des Amtes zu benennen. Dasselbe gilt bei Versetzung eines Geistlichen in ein anderes geistliches Amt oder bei Umwandlung einer widerruflichen Anstellung in eine dauernde. Innerhalb 30 Tagen nach der Benennung kann (Einspruch gegen die Anstellung erhoben werden. Die (Erhebung des (Einspruchs steht dem Dberpräsidenten zu.
§ 18. Jedes Pfarramt ist innerhalb eines Jahres vom Tagender Erledigung, wo gesetzlich oder observanzmäßig ein Gnadenjahr besteht, vom Tage der (Erleöigung der Pfrünöe an gerechnet, öauernö zu besetzen. Die Frist ist vom (Dberpräfiöenten im Falle des Beöürfniffes auf Antrag angemessen zu verlängern. Nach Ablauf der Frist ist der (Dberpräfiöent befugt, die tvieöerbefetzung der Stelle durch Gelöstrafen bis zum Betrage von 1000 Talern zu erzwingen. Die Androhung und Festsetzung der Strafe öarf wieöerholt rveröen, bis dem Gesetze genügt ist. Außeröem ist der Minister der geistlichen Angelegenheiten ermächtigt, bis öahin Staatsmittel einzubehalten, welche zur Unterhaltung der Stelle oöer öesjenigen geistlichen Oberen öienen, der das Pfarramt zu besetzen oöer die Besetzung zu genehmigen hat.
§ 22. (Ein geistlicher Oberer, welcher Den §§ 1—3 zutoiöer ein geistliches Amt überträgt oöer die Übertragung genehmigt, wirö mit Gelö-strafe von 200 bis zu 1000 Talern bestraft. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher der Vorschrift des § 19 Absatz 1 zuwiöerhanöelt.
b) Gesetz über die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung des königlichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten vom \2. Mai 1873.
§ 1. Die kirchliche Disziplinargewalt über Kirchenötener öarf nur von öeutfchen kirchlichen Behöröen ausgeübt rveröen.
§ 2. Kirchliche Disziplinarstrafen, welche gegen die Freiheit oöer das vermögen gerichtet finö, öürfen nur nach Anhörung des Beschul-öigten verhängt weröen. Der (Entfernung aus dem Amte (Entlassung, Versetzung, Suspension, unfreiwillige (Emeritierung usw.) muß ein ge-orönetes prozessualisches Verfahren vorausgehen. 3n allen öiesenfällen ist die Lntscheiöung schriftlich unter Angabe der Gründe zu erlassen.
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Aus den „Maigesetzen" 7
§ 10. Gegen Entscheidungen der kirchlichen Behörden, welche eine Disziplinarstrafe verhängen, steht die Berufung an die Staatsbehörde (§ 32) offen: 1. wenn die Entscheidung von einer durch die Staatsgesetze ausgeschlossenen Behörde ergangen ist; 2. wenn die Vorschriften des §2 nicht befolgt worden sind; 3. wenn die Strafe gesetzlich unzulässig ist; 4. wenn die Strafe verhängt ist: a) wegen einer Handlung oder Unterlassung, zu welcher die -Staatsgesetze oder die von der Dbrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Anordnungen verpflichten, b) wegen Ausübung oder Nichtausübung eines öffentlichen Wahl- und Stimmrechts, c) wegen Gebrauch der Berufung an die Staatsbehörde (§ 32) auf Grund dieses Gesetzes.
§ 32. Zur (Entscheidung der in den §§ 10—23 und 24—30 bezeichneten, sowie der anderweitig durch Gesetz zugewiesenen Angelegenheiten wird eine Behörde errichtet, welche den Hamen: „Königlicher Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten" führt und ihren Sitz in Berlin hat.
§ 33. Der Gerichtshof besteht aus elf Mitgliedern. Der Präsident und wenigstens fünf andere Mitglieder müssen etatsmäßig angestellte Richter sein. Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Sachen erfolgt durch sieben Mitglieder. Der Vorsitzende und wenigstens drei Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören. Die Geschäftsordnung, insbesondere die Befugnisse des Präsidenten und die Reihenfolge, in welcher die Mitglieder an den einzelnen Sitzungen teilzunehmen haben, wird durch ein Regulativ geordnet, welches der Gerichtshof zu entwerfen und dem Staatsministerium zur Bestätigung einzureichen hat. Durch Plenarbeschlüsse des Gerichtshofes können auch die in diesem Gesetz gegebenen Vorschriften des Verfahrens ergänzt und deren sinngemäße Anwendung auf andere durch Gesetz dem Gerichtshöfe überwiesene Angelegenheiten geregelt werden.
c) Gesetz über die Grenzen des^Rechts zum Gebrauche kirchlicher Ztraf- und Suchtmittel vom *3. Mai 1873.
§ 1. Keine Kirche oder Religionsgesellschaft ist befugt, andere Straf-oder Suchtmittel anzudrohen, zu verhängen oder zu verkünden als solche, welche dem rein religiösen Gebiete angehören oder die (Entziehung eines innerhalb der Kirche oder Religionsgesellschaft wirkenden Rechts ober die Ausschließung aus der Kirchen- oder Religionsgesellschaft betreffen. Straf- oder Zuchtmittet gegen Leib, vermögen, Freiheit oder bürgerliche (Ehre sind unzulässig.
§ 2. Die nach § 1 zulässigen Straf- und Suchtmittel dürfen über ein Mitglied einer Kirche oder Religionsgesellschaft nicht deshalb verhängt oder verkündet werden: 1. weil dasselbe eine Handlung vorgenommen hat, zu welcher die Staatsgesetze oder die von der Dbrihkeit innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit erlassenen Anordnungen ver-
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g I. Der Kulturkampf
pflichten,- 2. weil dasselbe öffentliche Wahl- oder Stimmrechte in einer bestimmten Richtung ausgeübt ober nicht ausgeübt hat.
d) Gesetz über den Austritt aus der Kirche vom 14. Mai 1873.
§ 1. Der Austritt aus einer Kirche mit bürgerlicher Wirkung erfolgt durch Erklärung des Austretenben in Person vor dem Richter seines Wohnortes. Rücksichtlich des Übertrittes von einer Kirche zur anberen verbleibt es bei dem bestehenben Recht. Will jeboch der Übertretenbe von den Lasten seines bisherigen Verbandes befreit werben, so ist die in diesem Gesetz vorgeschriebene Form zu beobachten.
§ 2. Der Hufnahme der Austrittserflärung mutz ein hierauf gerichteter Antrag vorangehen. Derselbe ist durch den Richter dem Vorstande der Kirchengemeinde, welcher der Antragsteller angehört, ohne Verzug bekannt zu machen. Die Aufnahme der Austrittserklärung finbet nicht vor Ablauf von vier Wochen, und spätestens innerhalb sechs Wochen nach (Eingang des Antrages zu gerichtlichem Protokoll statt. Abschrift des Protokolls ist dem öorstanbe der Kirchengemeinde zuzustellen. (Eine Bescheinigung des Austritts ist dem Ausgetretenen auf verlangen zu erteilen.
6. Ungiiltigerflänmg der Maigesetze durch die päpstliche Enzyklika vom 5. Zebruar 1875.1
Um die Pflicht Unseres Amtes zu erfüllen, erklären wir durch dieses Schreiben ganz offen allen, welche es angeht, und dem ganzen katholischen (Erdkreise, daß jene Gesetze ungültig sind, da sie der göttlichen (Einrichtung der Kirche ganz und gar widerstreiten. Denn nicht die Mächtigen der (Erde hat der Herr den Bischöfen seiner Kirche vorgesetzt in den Dingen, welche den heiligen Dienst betreten, sondern den heiligen Petrus, dem er nicht bloß seine Lämmer, sondern auch seine Schafe zu weiden übertrug ßofj.21, 16, 17), und darum können auch von keiner noch so hochstehenden weltlichen Macht diejenigen ihres bischöflichen Amtes entsetzt werben, welche der heilige (Beist zu Bischöfen gesetzt hat, um die Kirche zu regieren (Apost. 20, 28).
hierzu kommt ferner folgender, eines edlen Volkes unwürdige Umstand. der auch, wie Wir meinen, selbst von unparteiischen Akatholiken verworfen werden muß. Diese Gesetze nämlich, welche in ihren strengen Strafbestimmungen mit harten Ahnbungen die nicht (Behorchenden be= brohen und zur Ausführung dieser Strafen die bewaffnete Macht bereit haben, bringen friedliche und unbewaffnete Bürger, welche um des Gewissens willen, wie die Gesetzgeber selbst wohl wissen konnten und nicht
1 hohn, Geschichte des Kulturkampfes, S. 165. — Über die Durchführung der Illaigesetze erfahren wir näheres aus Inajunke, Geschichte des Kulturkampfes, S. 411 und 414—415.
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16 Ii. Die finanziellen Grundlagen des Reiches
annehmbare Vorschläge bleibe, so muß ich den von anderer Seite kommenden Vorschlag prüfen: was gibt er denn? Nun, er gibt mir in dem Sinne, wie ich die Matrikularumlagen bekämpft habe, die volle Abstellung derselben und der Übelstände, die ich gerügt habe. Ich habe gesagt, bisher sei das Reich ein lästiger Kostgänger bei den einzelnen Staaten, einmahnendergläubiger, während es 6er freigebige Versorger der einzelnen Staaten fein müßte bei richtiger Benutzung der Quellen, zu welchen der Schlüssel durch die Verfassung in die Hände des Reichs gelegt, bisher aber nicht benutzt worden ist. Dieser „freigebige Versorger" wird das Reich aber durch die Hnnahme des Fran-ckensteinschen Hntrags, der sich von dem früher in der Kommission vorgelegten Bennigsenfchen bezüglich der Versorgung der Staaten nur dadurch unterscheidet, daß man den einzelnen Staaten ein höheres Ittaß der Autonomie in der Verwendung dessen, was ihnen zugestanden wird, beläßt. Wenn das Reich den (Einzelstaaten nach seinem (Ermessen die Überschüsse zu überweisen hätte, so dürfte sich sehr leicht ein System entwickeln, nach welchem alle Budgets, das preußische so gut wie das würt-tembergifche, hier vor das Forum der Reichstags - Finanzkommission gezogen werden, und das wäre ein Unitarismus, den ich für schädlich und verwirrend halte, und welchen sich die einzelnen deutschen Stämme mit ihrem Selbständigkeitsgefühl schwerlich gefallen lassen würden. Das wird vermieden, wenn die Überweisung von Rechts wegen im Gesetz steht, nicht in der Verfassung, sondern im Gesetz, welches dem Reich eine ständige Ausgabe zur Versorgung der einzelnen Staaten auferlegt. Das Reich ist nicht mehr ein lästiger Kostgänger, sondern ein Kostgänger, der ein gutes Kostgeld bezahlt und darüber hinaus sich freigebig erweist, es ist ein Kostgänger wie ein König, der bei einem Privatmann wohnt, und das Reich steht in voller Berechtigung feiner Finanzhoheit da, wenn es sich der Pflicht unterzieht, durch Flüssigmachung der Quellen, die unter feinem Verschluß liegen, der Finanznot der einzelnen Staaten aufzuhelfen, ohne die Grenzen seines Ressorts zu überschreiten und ohne sich in das Verwaltungswesen der einzelnen Staaten zu mischen. Das bisherige Matrikularsqstem hatte das (Ergebnis, daß das Reich die (Einzel-staaten durch Versagung der Zuflüsse, die aus den indirekten Steuer-quellen kommen könnten, aushungerte, und dabei doch in jedem Jahr als mahnender Gläubiger die Rtatrikularumlagen verlangte; — durch die heut in Aussicht genommene Reichshilfe aber schwindet die Finanznot der Staaten und des Reichs, welche die einleitende Motivierung meines ganzen Vorgehens in dieser Frage gebildet hat.
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Lntlassungsgesuch Bismarcks: Kobiucttsoröcr von 1852 37
Gesamtpolitik des Kabinetts, also der Gesamtheit der Ressorts. Die meisten dieser Herren hatten kein eigenes Ressort, sondern nur .das Präsidium, so zuletzt vor meinem (Eintritt der Fürst von hohenzollern, der Minister v. Auersroald, der Prinz von hohenlohe. Aber es lag ihm ob, in dem Staatsministerium und dessen Beziehungen zum Monarchen diejenige (Einigkeit und Stetigkeit zu erhalten, ohne welche eine ministerielle Verantwortlichkeit, wie sie das Wesen des Verfassungslebens bildet, nicht durchführbar ist. Das Verhältnis des Staatsministeriums und feiner einzelnen Mitglieder zu der neuen Institution des Ministerpräsidenten bedurfte sehr bald einer näheren, der Verfassung entsprechenden Regelung, wie sie im (Einverständnis mit dem damaligen Staatsministerium durch die Order vom 8. September 1852 erfolgt ist. Diese Order ist seitdem entscheidend für die Stellung des Ministerpräsidenten zum Staatsminifterium geblieben, und sie allein gab dem Ministerpräsidenten die Autorität, welche es ihm ermöglicht, dasjenige Maß von Verantwortlichkeit für die Gesamtpolitik des Kabinetts zu übernehmen, welches ihm im Landtag und in der öffentlichen Meinung zugemutet wird. Wenn jeder einzelne Minister allerhöchste Anordnungen extrahieren kann, ohne vorherige Verständigung mit seinen Kollegen, so ist eine einheitliche Politik, für welche jemand verantwortlich fein kann, nicht möglich. Keinem Minister und namentlich dem Ministerpräsidenten bleibt die Möglichkeit, für die Gesamtpolitik des Kabinetts die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit zu tragen. 3n der absoluten Monarchie war eine Bestimmung, wie sie die Order von 1852 enthält, entbehrlich und würde es noch heute fein, wenn wir zum Absolutismus ohne ministerielle Verantwortlichkeit zurückkehrten. Nach den zu Recht bestehenden verfassungsmäßigen (Einrichtungen aber ist eine präsidiale Leitung des Ministerkollegiums auf der Basis der Order von 1852 unentbehrlich, hierüber sind, wie in der gestrigen Staatsmini-fterialsitzung festgestellt wurde, meine sämtlichen Kollegen mit mir einverstanden, und auch darüber, daß auch jeder meiner Nachfolger im Ministerpräsidium die Verantwortlichkeit nicht würde tragen können, wenn ihm die Autorität, welche die Order von 1852 verleiht, mangelte. Bei jedem meiner Nachfolger wird dieses Bedürfnis noch stärker hervortreten wie bei mir, weil ihm nicht sofort die Autorität zur Seite stehen wird, die mir ein langjähriges Präsidium und das vertrauen der beiden hoch ehgen Kaiser bisher verliehen hat. Ich habe bisher niemals das Bedürfnis gehabt, mich einem Kollegen gegenüber auf die Order von 1852 ausdrücklich zu beziehen. Die Existenz derselben und die Gewißheit, daß ich das vertrauen der beiden hochseligen Kaiser Wilhelm und Friedrich besaß, genügten, um meine Autorität im Kollegium sicherzustellen. Diese Gewißheit ist heute aber weder für meine Kollegen noch für mich selbst vorhanden. Ich habe daher auf die Order1
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14 Ii. Die finanziellen Grundlagen des Reiches
tion des Reichs, der wir alle zustreben, wird gefördert, wenn die Ina-trikularbeiträge durch Reichssteuern ersetzt werden - sie würde auch nicht verlieren, wenn diese Steuern so reichlich ausfallen, daß die Linzel-staaten vom Reich empfangen, anstatt daß sie dieselben bisher in einer nicht immer berechenbaren und für sie unbequemen weise zu geben hatten. . . .
3ch halte die direkte Steuer, auf Klaffen gelegt, welche überhaupt mit der Hot des Lebens nach ihrer Vermögenslage zu kämpfen haben, Klaffen bis zu 1000 Taler (Einkommen, für absolut verwerflich. Diese Art direkter Steuer, die nach mehr oder weniger Willkür des veranlagenden von jemand erhoben wird, die der Schuldige bezahlen muß, nicht nach seiner Bequemlichkeit, sondern zu einem bestimmten Termin, wo die Exekution, wo die ganze Schmach der letzteren den Nachbarn vor den Rügen steht, wenn er sie nicht zahlt, sollte vollständig wegfallen, zumeist in großen Städten, wo man dieselbe an Stelle der vielvermißten Schlacht- und Mahlsteuer eingeführt hat. . . .
wer als Kaufmann, als Industrieller, als Handwerker durch tägliche Arbeit sich ein (Einkommen verdient, welches sich morgen verringern kann und sich nicht auch auf die Kinder übertragen läßt, ist ungerecht besteuert, wenn er gerade soviel bezahlen soll wie ein anderer, der bloß die Schere zu nehmen und die Kupons abzuschneiden, oder bloß eine Quittung zu schreiben braucht für den Pächter, der ihm das Pachtgeld bezahlt. Ich bin deshalb der Meinung, daß die Steuer für das nicht fundierte (Einkommen heruntergesetzt werden sollte, ich bin ferner der Ansicht, daß ein S taatsbeamter eine ftaatliche (Einkommensteuer nicht bezahlen sollte. (Es ist das eine unlogische Huflage, die mir als solche schon in der Seit erschien, als sie eingeführt wurde. Ich kann sie nur identifizieren mit einer direkten Steuer, die der Staat etwa auf die Kupons feiner eigenen Schulden legen wollte. (Er schuldet dem Beamten das (Behalt, zieht ihm aber unter dem vorwande der Staatssteuer — ich spreche nicht von der Gemeindesteuer, es ist der Beamte einer Gemeinde gegenüber in einer anderen Lage — einen Teil des Gehalts als Steuer für den Finanzminister wieder ab. Entweder der Beamte ist ausreichend bezahlt, was ich von den wenigsten bei uns sagen kann, oder er ist es nicht, oder er ist zu hoch bezahlt. In dem Fall, daß derselbe zu hoch bezahlt ist, mag man ihm einen Teil des Gehalts entziehen; ist er anstreichend bezahlt, so ist es gut, ist er aber nicht ausreichend bezahlt, so ist es eine außerordentliche härte, ihm durch die Steuer noch einen Teil des Gehalts zu verkürzen. .. .
In allen diesen Fragen halte ich von der Wissenschaft gerade so wenig wie in irgendeiner anderen Beurteilung organischer Bildungen. Unsere Chirurgie hat feit 2000 Jahren glänzende Fortschritte gemacht; die ärztliche Wissenschaft in bezug auf die inneren Verhältnisse des Körpers,
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Bismarcks Schutzzollrede. - Franckensteinsche Klausel 15
in die das menschliche Auge nicht hineinsehen kann, hat keine gemacht, wir stehen demselben Rätsel heute gegenüber wie früher. So ist es auch mit der organischen Bildung der Staaten. Die abstrakten Lehren der Wissenschaft lassen mich in dieser Beziehung vollständig kalt, ich urteile nach der (Erfahrung, die wir erleben. Ich sehe, daß die Länder, die sich schützen, prosperieren, ich sehe, daß die Länder, die offen sind, zurückgehen, und das große mächtige (England, der starke Kämpfer, der, nachdem er feine Muskel gestärkt hatte, auf den Markt hinaustrat und sagte: wer will mit mir kämpfen? ich bin zu jedem bereit, — auch dieses geht zum Schutzzoll allmählich zurück und wird in wenigen Jahren bei ihm angekommen sein, um sich wenigstens den englischen Markt zu bewahren.
Nach meinem Gefühl sind wir, seitdem wir unsere Tarife zu tief heruntergesetzt haben, — eine Schuld, von der ich mich nicht eximiere — in einem Verblutungsprozeß begriffen, der durch die verrufene Milliardenzahl um ein paar Jahre aufgehalten ist, der ohne diese Milliarden aber wahrscheinlich schon vor fünf Jahren so weit gekommen wäre wie heute. Angesichts dieser Sachlage liegt kein Grund vor, persönliche Empfindlichkeit in eine Sache einzumischen, die wir, wenn wir ehrlich sein wollen, alle nicht beherrschen; sowenig die Frage des inneren menschlichen Körpers, von der ich sprach, gelöst ist, so wenig gibt es einen, der,mit unfehlbarer Gewißheit sagen könnte, dies ist die Folge der und der wirtschaftlichen Maßregel.
töir wollen sehen, wie wir dem deutschen Körper wieder Blut, wie wir ihm die Kraft der regelmäßigen Zirkulation des Blutes wieder zuführen können. Und wenn wir dem deutschen Volke etwas zu geben haben, so sage ich: bis dat qui cito dat, und qui non cito dat, der schädigt unsere ganze Volkswohlfahrt in hohem Grade.
2. Zranckensteinsche Klausel und Bismarcks Reichslagsrede hierzu vom 9. Juli M9?
wie ich höre, hat der Abgeordnete von Bennigsen darauf aufmerksam gemacht, daß ich in einer früheren Rede die Matrikularumlagen als nachteilig bekämpft habe. Lieber märe mir die ganze Sache allerdings ohne Matrikularumlagen, aber ich habe doch eben nicht die Wahl, jbie Dinge so zu machen, wie ich sie mir an die wand malen kann, wenn ich von der liberalen Seite ohne Unterstützung, ohne Anhalt, ohne bestimmte
1 horst Kohl, Viii, S. 149ff. — Über die Verwendung der durch den neuen Zolltarif bewilligten Zölle hatte die Tarifkommission auf Hntrag des Freiherrn zu Zranckenstein in das Tarifgesetz folgenden § 7 eingefügt: „Derjenige (Ertrag der Zolle und der Tabacksteuer, welcher die Summe von 130000000 M in einem Jahre übersteigt, ist den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der Bevölkerung, mit welcher sie zu den Itcatritularbeiträgen herangezogen werden, zu überweisen."
3*
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Bismarck an Itzenplitz. - Bismarcks Reichstagsrede zur sozialen Gesetzgebung 19
eigentlich auf die Regulierung der beiden ersten Fragen berechnet sind, und es als ein vergebliches Bestreben erscheint, die Agitationen zu beschwören, wenn man den Agitatoren ihre besten Agitationsmittel beläßt.
2. Bismarck? Reichztagsrede vom 2. April Ml zur sozialen Gesetzgebung?
... vor dem verhungern ist der invalide Arbeiter durch unsere heutige Armengesetzgebung geschützt. Nach dem Landrechte wenigstens soll niemand verhungern, ob es nicht dennoch geschieht, weiß ich nicht. Das genügt aber nicht, um den Mann mit Zufriedenheit auf sein Alter und seine Zukunft blicken zu lassen, und es liegt in diesem Gesetze auch Me Tendenz, das Gefühl menschlicher würde, welches auch der ärmste Deutsche meinem willen nach behalten soll, wach zu erhalten, daß er nicht rechtlos als reiner Almosenempfänger dasteht, sondern daß er ein Pekulium an sich trägt, über das niemand außer ihm verfügen kann, und das ihm auch nicht entfremdet werden kann, über das er als Armer selbständig verfügt und das ihm manche Tür leichter öffnet, die ihm sonst verschlossen bleibt, und ihm in dem Hause, in dem er Aufnahme gefunden hat, eine bessere Behandlung sichert, wenn er den Zuschuß, den er mit hineinbringt, aus dem Hause auch wieder entfernen kann. . . . Aber zunächst ist dieses (Besetz gewissermaßen eine Probe, die wir machen, und auch eine Sonde, wie tief das Wasser finanziell ist, in das wir Staat und Land vorschlagen, hineinzutreten.
wenn der Herr Abgeordnete Bamberger, der ja an dem Worte „christlich" keinen Anstoß nimmt, für unsere Bestrebungen einen Hamen finden wollte, den ich bereitwillig annehme, so ist es der: praktisches Thristentum, aber sans phrase, wobei wir die Leute nicht mit Reden und Redensarten bezahlen, sondern wo wir ihnen wirklich etwas gewähren wollen. (Bravo ! rechts.)
Aber umsonst ist der Tod! wenn Sie nicht in die Tasche und in die Staatskasse greifen wollen, dann werden Sie nichts fertig bekommen. Die ganze Sache der Industrie aufzubürden, — das weiß ich nicht, ob sie das tragen kann. . . .
Denn ich würde nicht den Blut haben, den Zwang auszusprechen, wenn der Staat nicht auch gleichzeitig einen Zuschuß anbietet, würde der Zwang ausgesprochen, so ist es notwendig, daß das Gesetz zugleich ein Versicherungsinstitut beschafft, welches wohlfeiler und sicherer ist als jedes andere. Titan kann nicht den Sparpfennig des Armen jedem Konkurse aussetzen, man kann auch nicht zugeben, daß ein Abzug von den Beiträgen als Dividende oder zur Verzinsung von Aktien gezahlt würde. Der Herr Abgeordnete Bamberger hat ja feinen Angriff auf das (Besetz wesentlich mit der Klage über den Ruin der versicherungs-
1 Horst Kohl, a. a. Ö). Ix. S. 20ff.
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Extrahierte Personennamen: Itzenplitz Bismarck Horst_Kohl