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1. Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen - S. 60

1897 - Leipzig : Hirt
60 Knigin Christine von Schweden. Er hatte keine Lust, neben einer eigen-willigen Gemahlin eine unbedeutende Rolle zu spielen. Dagegen fand er eine treffliche Lebensgefhrtin in Luise Henriette von Oranien, die allerdings erst eine Jugendneigung unterdrcken mute, ehe sie nach dem Willen der Eltern dem Kurfrsten die Hand reichte. Sie war klein, aber wohl gestaltet, sanft und ruhig; sie sprach wenig und zeigte eine Neigung zur Schwermut. Dabei liebte sie ihren Gemahl bald so sehr, da sie trotz' ihrer schwachen Gesund-heit ihn fast auf allen Reisen, sogar auf seinen Feldzgen begleitete. Ich will lieber alle Unbequemlichkeiten erdulden und bei ihm sein," schrieb sie einmal, als alle Bequemlichkeiten der Welt haben und ihn nicht sehen." Auf ihren klugen Rat legte der Kurfürst selbst in den schwierigsten Fllen groen Wert. Mit ihr vereint, suchte er die Wunden des Krieges zu heilen. Die Kurfrstin legte zur Hebung des Acker- und Gartenbaues in dem ihr zu Ehren benannten Stdtchen Oranienburg eine Musterwirtschaft an. Daselbst grndete sie auch fr die vielen elternlosen Kinder nach dem groen Kriege ein Waisenhaus. 3. Nicht immer wurden die guten Absichten, welche der Kurfürst hegte, von seinen Unterthanen anerkannt. In seinem Herzogtum Preußen mute er den Adel und die Stadt Knigsberg erst zum Gehorsam zwingen. An die Spitze der Widerspenstigen traten der Oberst von Kalkstein und der Schppenmeister Rhode. Lange zeigte sich der Kurfürst geduldig. Kalkstein wurde, als er zum erstenmal zum Tode verurteilt worden war, begnadigt. Nichtsdestoweniger floh er nach Polen und versuchte, von Warschau aus seine Landsleute gegen den Kurfrsten aufzuwiegeln. Alle Mahnungen und Drohungen halfen nichts. Da schickte Friedrich Wilhelm einige Dragoner verkleidet dahin, und der brandenburgische Gesandte erhielt den Befehl, sich mit Gewalt des ge-fhrlichen Mannes zu bemchtigen. Er lud Kalkstein zu sich ein; unvor-sichtig genug folgte der Oberst dieser Einladung; nun wurde er als Landes-Verrter verhaftet, an Hnden und Fen gefesselt, in einen Teppich gewickelt und in einem verschlossenen Wagen aus der Stadt herausgebracht. Drei Meilen weit geleiteten die Dragoner den im Gefhrt verborgenen Gefangenen; dann setzten sie ihn auf ein Pferd und befrderten ihn schleunig der die Grenze. Wohl war der Polenknig sehr erbittert und verlangte die Freilassung Kalksteins, da er unter seinem Schutze gestanden habe; aber der Kurfürst erklrte: die Polen sollten den meineidigen Hochverrter zu-rckerhalten, aber gekpft. Er stellte ihn vor ein Kriegsgericht, dieses

2. Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen - S. 61

1897 - Leipzig : Hirt
61 verurteilte ihn wiederum zum Tode; diesmal lie ihn der Kurfürst zum warnenden Beispiel hinrichten. Nicht ganz so schlimm erging es dem Fhrer des Brgerstandes, dem Schppenmeister Rhode. Der Kurfürst schickte Truppen in die Nhe Knigs-Bergs; da griffen auch die Brger zu den Waffen und brachten die Kanonen auf die Wlle; offenbar hofften auch sie, Hilfe von den Polen zu erhalten. Aber Friedrich Wilhelm besetzte die Straen, um jede Verbindung zwischen Knigsberg und Warschau zu unterbrechen. Als der Kurfürst sich entschlo, selbst an die Spitze seiner Truppen zu treten, war man besorgt um ihn. Aber im richtigen Augenblick schritt er zu einer List und bemchtigte sich der Person Rhodes. Der Schppenmeister wurde auf die kleine Festung Peitz gebracht. Spter wollte ihn der Kurfürst begnadigen, wenn er sein Unrecht eingestehe. Jener blieb aber trotzig und erklrte, er wolle seine Freiheit nicht der Gnade, sondern der Gerechtigkeit zu verdanken haben. So blieb er bis zu seinem Tode Gefangener. 4. Dies alles htte der Kurfürst nicht ausfhren knnen, wenn er nicht gleich im Anfang seiner Regierung ein kleines Heer gebildet htte, das er bestndig vergrerte und bte. Seine Tchtigkeit bewies es zuerst in der Schlacht von Warschau (1656) gegen die Polen. Noch wichtiger wurde es in einem Kampfe gegen die Franzosen und Schweden. In Frankreich regierte der ehrgeizige König Ludwig Xiv., der alle Lnder auf dem linken Rheinufer fr sich beanspruchte. Zunchst griff er Holland an; wre dies unterlegen, so wrde sicherlich der Kurfürst seine rheinischen Besitzungen eingebt haben. Deshalb kam er (allerdings der einzige Fürst in Europa, der dem mchtigen Ludwig zu trotzen wagte) den Niederlndern zu Hilfe. Dies erregte den Grimm des Feindes so sehr, da er die Schweden aufstachelte, Brandenburg im Rcken anzugreifen. Diesen berfall wute aber Friedrich Wilhelm grndlich zu bestrafen. Er schlug mit einem kleinen Huflein seines immer tchtiger gewordenen Heeres die doppelt so starken Schweden bei Fehrbellin (18. Juni 1675) gnzlich aufs Haupt so da die Feinde in eiliger Flucht sein Land rumen muten. In dieser Schlacht wurde der Kursrst auf wunderbare Weise gerettet. Er ritt auf einem Schimmel und wurde von den Feinden erkannt. Viele Geschosse richteten sich auf ihn. Da schtzte ihn sein Stallmeister Emanuel Froben, der gar nicht verpflichtet war. ihm auf das Schlachtfeld zu folgen, mit seinem eigenen Leibe. Die Kugel, die fr den Kurfrsten bestimmt war und ihn unfehlbar getroffen htte, streckte den Getreuen nieder. Die Schweden konnten nicht einmal Pommern behaupten; der Kurfürst

3. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 95

1905 - Leipzig : Voigtländer
— 95 - rvohner, der ausgedehnte Handel, die mächtig wachsende Schiffahrt — alles das erfüllte ihn mit Bewunderung. Was er hier in Holland gelernt hatte, das sollte später während seiner Regierungszeit für sein eigenes Land von großem Segen werden. 2. Die Thronbesteigung. Als Friedrich Wilhelm die Negierung antrat, war sein Land in einem kläglichen Zustande. Die dreifache Zersplitterung des Landesgebietes: die Klevischen Lande am Rhein, Brandenburg in der Mitte und Preußen im Osten, erschwerte eine einheitliche Leitung außerordentlich. In allen drei Gebieten lagen bald die Schweden und bald die Kaiserlichen. Die brandenbnrgischen Truppen hatten dem Kaiser Treue schwören müssen, und die eigentliche Gewalt im Lande hatte nicht der Kurfürst, sondern sein Minister, der katholische Gras Schwarzenberg. Überall herrschte im Volke Verwirrung, Unzufriedenheit, Hoffnungslosigkeit. So fand Friedrich Wilhelm sein Land. Aber er ließ sich nicht entmutigen; er war von entschlossenem und selbständigem Wesen und wollte seinem Lande ein starker Herr sein. Sogleich entließ er Schwarzenberg, schloß mit den Schweden einen Waffenstillstand und nahm seinen Truppen selbst den Eid der Treue ab. In wenigen Jahren hatte er ein schlagfertiges Heer von mehr als 20000 Mann. Gestützt auf diese Macht, war er unabhängig und konnte bei den Friedensverhandlungen seinen Worten Nachdruck verleihen. Seinem Einfluß ist es zu verdanken, daß im Westfälischen Frieden auch den Reformierten die Rechte der Protestanten zu teil wurden. Auch gewann er durch diesen Frieden eine beträchtliche Gebietserweiterung durch Hinterpommern und durch die Bistümer Magdeburg, Halberstadt, Minden und Kamin. 3. Seine Gemahlin Luise Henrielle. Mit unermüdlichem Eifer suchte der Kurfürst die Wunden zu heilen, die der Dreißigjährige Krieg seinem Lande geschlagen hatte. Unterstützt wurde er bei dieser Friedensarbeit vor allem durch feine Gemahlin Luise Henriette von Dr anten. Sie war das Muster einer treuen Gattin und einer echten Landesmutter, rastlos tätig, stets hilsbereü, freundlich und milde. Sie war eine kluge Frau, und oft hat der Kurfürst sich bei ihr Rat in schwierigen Fragen geholt. Ihrer Arbeit ist es z. B. zu verdanken, daß ein durch den Krieg verwüstetes Städtchen bei Berlin wieder emporblühte; ihr zu Ehren gab der Kurfürst dieser Stadt den Namen Oranienburg. Ihre Frömmigkeit war echt und tief; sie dichtete selbst mehrere Kirchenlieder, und eines davon: „Jesus, meine Zuversicht" wird noch heute in evangelischen Kirchen und auf Friedhöfen gesungen.

4. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 119

1905 - Leipzig : Voigtländer
— 119 — muß," so schrieb er, „unter den katholischen und evangelischen Untertanen nicht der afferminbefte Unterschieb gemacht werben, fonbern selbige müssen ohne Rücksicht aus die Religion auf gleichem unparteiischen Fuß behanbelt werben." 2. Schlesien und Weftpreußen. Seine ganz besonbere Fürsorge wanbtefriebrich der Große der mit so großen Mühen nnb Opfern erworbenen Provinz (Schlesien zu. Bald waren die Schlesier froh, Preußen geworben zu sein. Ebenso erfreute sich später die neu gewonnene Provinz West preußen feiner lanbesväterlichen Pflege. Dieses Semb war schon früher einmal, durch den beutfchen Ritterorben für beutfche Sitte und Bilbung gewonnen worben (Nr. 24,6), war aber wieber für Deutfchlanb verloren gegangen und hatte brei Jahrhunberte unter polnischer Herrschaft gestanben. Durch die sogenannte erste Teilung Polens(1772) erwarb Friedrich der Große bieses wichtige Gebiet. Er nannte sich nun nicht mehr König in Preußen, fonbern König oon Preußen. In jämmerlichen Zustanb war Westpreußen unter der Polenherrschaft geraten. Friedrich fanbte fofort eine Menge feiner besten Beamten in die neue Provinz; Gerichte, Schulen, Postanstalten rourben errichtet, Straßen gebaut, die Weichsel mit Ober und Elbe durch einen Kanal oerbunben, und fleißige Ansiebler ins Land gerufen. — Aber alle Teile des Königreichs erfreuten sich ähnlicher Fürsorge. So ließ Friedrich zwei öbe Sumpfgegenben, den Ober- und den Warthebruch, mit Dämmen umziehen , die das Wasser ablenkten und 350000 Morgen Sumpf zum fruchtbarsten Adertanb umroanbelten. Als der König das fertige Werk besichtigte, sagte er: „Hier habe ich eine Provinz im Frieden erobert." 3. Friedrich und der Müller. Einer der schönsten Züge in Friebrichs Charakter ist feine strenge Gerechtigkeitsliebe. Als er sich das Lustschloß Sanssouci erbaute, stanb ihm bei der Anlage des Parks eine Winbmühle im Wege. Der König ließ den Müller zu sich rufen, bot ihm eine beträchtliche ©elbfumme und versprach noch obenbrein, ihm eine weit größere Mühle bauen zu lassen. Allein der Mann weigerte sich ftanbhast, sein Eigentum zu veräußern. „Mein Großvater," sagte er, „hat die Mühle gebaut; ich habe sie von meinem Vater erhalten, und meine Kinder sollen sie von mir erben." „Aber," rief der König unwillig, „weiß Er benn auch, daß ich Ihm die Mühle wegnehmen könnte, wenn ich wollte?" „Ja," erwiberte der Müller, „wenn zu Berlin das Kammergericht nicht wäre!" Der König entließ den Mann und freute sich, daß die preußischen Gerichte so großes Vertrauen genossen. 4. Der alte Fritz. Bis an sein Ende erfüllte Friedrich mit der

5. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 96

1905 - Leipzig : Voigtländer
4. Friedrich Wilhelm wird selbständiger Herzog von Preußen. Bald sollte der junge Fürst in feinen ersten Krieg verwickelt werden. Der Polenkönig war mit Schweden zusammengeraten, weil er, nach der Abdankung von Gustav Adolfs Tochter Christine, Ansprüche auf die schwedische Krone zu haben glaubte. Der Schwedenkönig Karl Gustav nötigte den brandenburgischen Kurfürsten, auf feine Seite zu treten und Preußen, das unter polnischer Oberhoheit stand, als schwedisches Lehen anzunehmen. Da der Polenkönig seine Ansprüche nicht fallen ließ, so kam es zu einer dreitägigen Schlacht bei Marschau(1656), in der sich die brandenburgischen Truppen die ersten Lorbeeren erkämpften. Nach langen Verhandlungen endigte dieser polnisch-schwedische Krieg mit dem Frieden zu Oliva (1660). Friedrich Wilhelm wurde unabhängig von Polen und Schweden und selbständiger Herzog von Preußen. Zwar gab es noch schwere innere Kämpfe, ehe der Kurfürst sich bei deu preußischen Städten und dem Adel Anerkennung und Gehorsam verschaffte. Aber durch Milde und Strenge unterwarf er sich die Unzufriedenen und machte aus Preußen eins der bedeutungsvollsten Gebiete seines Landes. — Weitere schwere Kämpfe hatte der Kursürst mit dem mächtigsten Herrscher feiner Zeit zu bestehen, mit dem Franzofenkönig Ludwig Xiv. H5. Oie Jeit Ludwigs Xiv. 1. Ludwig Xiv. (1643—1715). Ludwig, der Enkel des guten Königs Heinrich Iv. (f. Nr. 38), kam als fünfjähriges Kind auf den Thron und hat 72 Jahre regiert. Diese lange Regierung ist für ganz Europa sehr merkwürdig geworden. Solange der König noch ein Kind war, leitete ein kluger Minister, der Kardinal Mazarin, die Regierung. Als Ludwig aber müudig geworden war, wollte er ganz selbständig regieren. „Der Staat bin ich," sagte er selbstbewußt. So wurde er ein eigenwilliger König, der keinen Widerspruch duldete. Nicht allein in Frankreich wollte er der einzige Herr fein, sondern auch unter allen andern Fürsten Europas der mächtigste werden. In der Tat verstand er zu regieren. An der Spitze feiner Heere standen die tüchtigsten Feldherren, die innere Verwaltung führten treffliche Minister. Er ließ neue Seehäfen bauen und andre vergrößern; er ließ Kanäle durch das Land führen, so daß die überseeischen Waren bequem hineinkamen und die Erzeugnisse Frankreichs überallhin gebracht werden konnten, wo man sie begehrte. Da gediehen Handel und Schifffahrt, Gewerbe und Ackerbau, und Frankreich wurde ein reiches Land.

6. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 133

1905 - Leipzig : Voigtländer
— 133 — mit Zufuhr, so ist er der erste an Bord. Wo an den Schleusen etwas durchsickert, wird er es gewahr." —Standhaft ertrug die Stadt zuletzt ein 30stündiges Bombardement; da kam die Kunde vom Waffenstillstände: Kolberg war für Preußen gerettet.' 4. Der Friede von Tilsit (1807). Es war noch zu zwei Schlachten in Ostpreußen gekommen, in denen zwar die Russen den Preußen Beiständen, die aber doch zu gunsten der Franzosen ausfielen. Da mußte Friedrich Wilhelm den Frieden von Tilsit schließen, in dem er die Halste seines Staates dem Sieger abtrat: alles Land westlich der Elbe und polnische Gebiete. Seine bisherigen Untertanen entlief} er mit den Worten: „Der Friede mußte abgeschlossen werden. Der Vater scheidet von den Kindern. Euer Andenken kann keine Macht aus meinem Herzen vertilgen." Sein Wahlspruch war fortan: „Meine £>eit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott." —Napoleon schus aus den eroberten Gebieten das neue Königreich Westfalen und schenkte ^ seinem jüngsten Bruder Jerome. Ganz Deutschland gehorchte jetzt seinen Machtgeboten, und schwer lag seine eiserne Faust auf unserm unglücklichen Vaterlande. 6v Die Königin Luise. 1. Ihre Jugend und Thronbesteigung. In dieser Zeit der Trübsal wurde eine Frau die Stütze und Hoffnung des preußischen Volkes und der gute Geist eines tief gedemütigten Fürstenhauses. Das war die Gemahlin des Königs Friedrich Wilhelm Iii., die Königin L u i f e (geb. 10. Marz 1776). Sie war eine mecklenburgische Prinzessin und hatte sich mit dem damaligen Kronprinzen von Preußen vermählt (1793). Als sie nach Berlin kam, machten ihre Schönheit und Liebenswürdigkeit einen hinreißenden Eindruck aus alle, die ihr nahten. Am liebsten weilte das junge Paar auf dem Landgute Paretz, das ihnen der König geschenkt hatte. Hier ließ Luise sich „die gnädige Frau von Paretz nennen, waltete in ihrem Hausstande, war leutselig und mildtätig. Als sie den Königsthron bestieg (1797), blieb es ihre höchste Freude, andern wohl zu tun, Tränen Unglücklicher zu trocknen, Verzagten zu helfen. „Ich bin Königin," sagte sie, „und was mich om meisten freut, ist die Hoffnung, daß ich nun meine Wohltaten nicht mehr so ängstlich werde zu zählen brauchen." 2. Die Königin im Unglück. Das waren glückliche Jahre. Dann kam Preußens Niederlage und schwere Trübsal. Das Königspaar mußte bis an die äußerste Grenze des Landes fliehen, in Sturm

7. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 93

1905 - Leipzig : Voigtländer
— 93 - überall. Ein gemeinsames Deutschland gab es nicht mehr. Jeder Fürst sorgte für sich und seinen kleinen Staat. Eine engherzige Kleinstaaterei trat an die Stelle der geschloffenen kaiserlichen Macht. Ein andrer Staat als Österreich mußte die Führung übernehmen, sollte sich Deutschland wieder zu neuer Macht erheben. Diese Aufgabe fiel dem mächtig ausblühenden brandenburgisch-preußischen Staate zu. ^3. Brandenburg-jdreußen seit der Reformation. 1. Joachim I. und Joachim Ii. Zur Zeit der Reformation regierte über Brandenburg der fünfte der hohenzollernschen Kurfürsten, Joachim I. Während seiner Regierung erwachte von neuem die Raublust des Adels. Da er diesem Unwesen streng entgegentrat, drohten ihm die Raubritter: „Jochimke, Jochimke, hüte dy; fange tut; dy, so hange wy dy." Er aber ließ sich nicht einschüchtern, auch als sie wirklich seinem Leben nachstellten, sondern ließ die Landschädiger aufgreifen und hängen. Alle Einsprache gegen dieses Verfahren lehnte er ab. „Ich habe," sagte er, „kein adliges Blut vergossen, sondern nur Schelme, Räuber und Mörder hinrichten lassen. Wären dies redliche Edelleute gewesen, so würden sie keine Verbrechen begangen haben." Mit großem Eiser sorgte der kräftige Fürst für die Wohlfahrt und Bildung seines Volkes; der Lehre Luthers war er dagegen entschieden abgeneigt. Ja es kam zwischen ihm und seiner Gemahlin Elisabeth, die eine Anhängerin Luthers war, sogar zu schwerem Zerwürfnis. Joachim war erbittert, daß Elisabeth das Abendmahl unter beiderlei Gestalt genommen und sich dadurch von der katholischen Kirche losgesagt hatte. Er wollte sie zum Widerruf zwingen. Da floh Elisabeth aus dem Lande und wandte sich nach Sachsen, wo sie an Luther einen Berater fand. Nach Joachims Tode wurde sie aber von ihren Söhnen mit allen Ehren wieder ins Land zurückgeführt. Ihr Sohn Joachim Ii. führte (1539) die Reformation in seinem Lande ein. 2. Vereinigung Brandenburgs und Preußens. Kurz vor dem Dreißigjährigen Kriege bekam Brandenburg einen bedeutenden Zuwachs. Der Kurfürst Johann Sigismund erwarb durch Erbschaft das Herzogtum Kleve am Niederrhein nebst Mark und Ravensberg in Westfalen, sowie im Osten das Herzogtum Preußen. Auch in dein Ordenslande Preußen (s. Nr. 29,6) hatte (schon 1525) die Reformation Eingang gefunden; der Hochmeister des Ordens Albrecht von Brandenburg war zur evangelischen Kirche übergetreten und hatte

8. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 111

1905 - Leipzig : Voigtländer
— 111 — die Taten der Helden aller Zeiten; hier versammelte er die geistvollsten Männer um sich, in deren Umgange er Belehrung und Erholung fand. Mit den berühmtesten Gelehrten trat er in Briefwechsel. Besonders war er den gewandten französischen Schriftstellern zugetan, deren Witz und anmutige Sprache ihn mehr anzog, als die damals noch weniger ausgebildete deutsche Sprache. Und doch war Friedrich ein echt deutscher Held, der nach langer Schmach den deutschen Namen wieder zu Ehren bringen sollte. Den Vater stellte er dadurch zufrieden, daß er feine Soldatenpflichten aufs beste erfüllte und ihm bei jeder Gelegenheit seine kindliche Liebe zu erkennen gab. Mit Freuden entdeckte der König immer mehr die hohen Fähigkeiten seines Sohnes und den militärischen Geist, der in ihm wohnte. „O, mein Gott," rief er vor seinem Ende aus, „ich sterbe zufrieden, da ich einen so würdigen Sohn und Nachfolger hinterlasse." 52. Die schlesischen Kriege* Friedrichs Staatsverwaltung. 1. Der erste schlesische Krieg (1740—1742). Im Jahre 1740 bestieg Friedrich Ii., 28 Jahre alt, den Thron. Der Gedanke, seinem Staate Ansehen zu verschaffen, Preußen in die Reihe der Großmächte Europas einzuführen, erfüllte seine Seele. Preußen besaß alte Ansprüche auf einige schlesische Fürstentümer, die das mächtige Österreich an sich gerissen hatte. Diese Ansprüche machte Friedrich bald nach seinem Regierungsantritte geltend. Er verlangte von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia jene Teile Schlesiens und erbot sich dafür, sie im Kampfe mit ihren Feinden zu unterstützen. Da aber seine Forderung abgewiesen wurde, so kam es zum ersten schlesischen Kriege. Mitten im Winter rückte Friedrich mit einem Heere in Schlesien ein und nahm in einigen Wochen das ganze Land in Besitz. Dann gewann er gegen die heranziehenden Österreicher die erste größere Schlacht bei Mollwitz. Da bewährte sich zum erstenmal das neugeschulte preußische Kriegsheer. In vier Gliedern feuerte das Fußvolk, die ersten beiden knieten. Da ward die österreichische Schlachtreihe zerrissen. Dann gingen die Preußen in festen Schritten zum Sturm vor, und die Österreicher flohen. Friedrich nahm Schlesien in Besitz und richtete preußische Verwaltung ein. Später drang er in Böhmen ein, siegte zum zweitenmal und nötigte dadurch Österreich, ihm im Frieden von Breslau Schlesien abzutreten. 2. Der Weite schlesische Krieg (1744—1745). Aber Friedrich

9. Geschichtsbilder - S. 137

1901 - Leipzig : Voigtländer
— 137 — 3 Unabhängige Herrschaft in Ostpreußen. — Das Herzogtum Preußen war pol nischeslehen. Der schwedische König, welcher auf Gustav Adolfs Tochter folgte, geriet mit dem Könige von Polen in Krieg. Er kam über die Ostsee und wollte durch Preußen nach Polen ziehen. Zunächst entriß er Preußen dem polnischen Könige, indem er den Großen Kurfürsten zwang, ihm als dem neuen Lehnsherrn von Preußen zu huldigen. Jeder der beiden Könige verlangte des Großen Kurfürsten Hilfe, und doch meinte es keiner gut mit dem Kurfürsten. Deshalb handelte dieser nur nach dem Vorteile seines Landes. Er schloß sich den übermächtigen Schweden an, fo wütend darüber die Polen auch waren, und zog nach einer siegreichen Schlacht in Warschau ein (1656). So hochschätzte nun der Schwedenkönig die weitere Hilfe der tapferen Brandenburger, daß er dem Großen Kurfürsten die unabhängige Herrschaft in Ostpreußen zusicherte. Aber der König von Schweden zog nun gegen die Dänen und überließ den Großen Kurfürsten dem Zorne der Polen. Deshalb hielt dieser es für gut, sich an die Polen anznschließen. Überdies gewährten ihm diese das, was ihm die Schweden schon zugesichert hatten, die volle Souveränität in Ostpreußen. Das ward im Frieden;u Oliva 1660 von den Mächten verbrieft und besiegelt. Nun war Friedrich Wilhelm nicht mehr bloß ein Fürst des Deutschen Reiches, der unter der Oberhoheit des Kaisers stand, sondern in seinem Herzogtum Preußen, das damals nicht zum Deutschen Reiche gehörte, war er vollkommen unabhängig. 4. Ludwig Xiv. a) Starke französische Königsmacht gegenüber einem ohnmächtigen Deutschen Reiche. — Der damalige französische König Ludwig Xiv. fragte bei seiner Regierung nicht mehr wie frühere Könige nach der Zustimmung des Adels, der Geistlichkeit, der Städte. Er machte sich von solcher Beschränkung los und regierte absolut. Seine Macht war deshalb gewaltig; denn alle Krieger und Einkünfte in Frankreich standen ihm ohne Widerrede stets zu Gebote. Das Deutsche Reich dagegen war ohnmächtig; denn der Kaiser konnte nichtsohnediefürsten und Herren und Reichsstädte thun; aber deren Gesandte auf dem Reichstage wurden nie einig oder erst, wenn es zu spät war. Auch dann kam eine tüchtige Kriegsmacht nicht zustande. So würde unser liebes Vaterland in seiner Zerrissenheit ein Spott der Franzosen, und es wurde von ihnen schamlos beraubt. b) Raub und Verwüstung durch die Franzosen. — Ludwig Xiv. hat in drei solchen Raubkriegen ein deutsches Grenzland nach dem andern genommen. In einem dieser Kriege ließ er die s ch ö n e R h e i n p s a l z und andere deutsche Rheinlande grauenhaft verwüsten. Städte und

10. Geschichtsbilder - S. 143

1901 - Leipzig : Voigtländer
— 143 — 13. Ende und Nachruhm. — Kurfürst Friedrich Wilhelm starb, 68 Jahre alt, nach 48jähriger Regierung. Seine letzten Worte waren: „Ich weiß, daß meiu Erlöser lebt." — Er hat die brandenburgpreußisch en Länder aus tiefster Not errettet und ihnen eine neue Ordnung gegeben. Sein Urenkel Friedrich Ii. sagte von ihm: „Er rechtfertigte durch ein Leben voll Ruhm und Würde den Beinamen des Großen, den er von seinen Zeitgenossen empfing, und den ihm die Nachkommenschaft einhellig bestätigt." Vom Großen Kurfürst sch all et und hallt es weit und breit; Denn groß war er im Frieden und groß war er im Streit. (K. Wagner.) 48. König Friedrich I. in Preußen. 1. Preußen ein Königreich (1701). — Kurfürst Friedrich Iii. (1688—1713) verlieh der von seinem ruhmreichen Vater begründeten Macht dadurch einen höheren Glanz, daß er ihr den königlichen Namen erwarb. Dem Herrn eines Staatsgebietes von 2000 Quadratmeilen gebührte wohl der Königstitel. Kurfürst Friedrich Iii. hielt überdies wie alle Fürsten jener Zeit viel auf Titel, Würde und den dazugehörigen Prunk des Hofstaates. Als König aber wollte er selbständig dastehen; daher nannte er sich nicht König vonbrandenburg, weil dieses Land nur einen Teil des deutschen Reiches bildete, sondern Friedrich I., König in Preußen; denn über Preußen herrschte er in völliger Unabhängigkeit. Der Kaiser ließ sich erst nach jahrelangen Unterhandlungen dazu bewegen, seine Einwilligung zu geben. Aber er bedurfte der Hilfe des Hohenzollern gegen die Franzosen. In langem Zuge gelangte der Kurfürst mit seinem glänzenden Gefolge von Berlin nach Königsberg. Durch Herolde ließ er sich als König in Preußen*) feierlich ausrufen. Am 17. Januar stiftete er den Ritter* orbert des schwarzen Adlers mit dem Wahlspruche: „Jedem das Seine". Das sollte die hohe Aufgabe der hohenzollernschen Könige in Preußen sein. Am 18. Januar 1701 setzte sich Friedrich im kostbaren Königsschmuck in dem Saale des Königsschlosses selbst die Krone aufs Haupt, zum Zeichen, daß er die Krone keinem Menschen verbanke, und krönte auch die Königin. Dann erbat er in der Kirche mit bankbarem Herzen den Segen Gottes für sich, den König von Gottes Gnaben, und für fein Haus. Das Volk ergötzte sich an biefem Festtage zu Königsberg in berselben Weise, wie sonst in Frankfurt a. M. bei der Kaiserkrönung. Es *) Da Westpreußen noch zu Polen gehörte, nannte er sich noch nicht »König von Preußen".
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