Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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ihre Schiffe zum Herrendienst herzugeben oder Abgaben von den Frachtgütern der Schiffe erheben. Im Bistum Speier, sowie an allen königlichen Zollstätten sind die Bürger zollfrei. Ohne ihre Zustimmung darf die Münze nicht leichter gemacht werden. Wer Jahr und Tag ungehindert in seinem Hause gesessen hat, bleibt auch für die Folgezeit abgabenfrei. Kein Höriger, der Jahr und Tag in der Stadt gewohnt hat und von seinem Herrn nicht zurückgefordert ist, darf zur Rückkehr unter die Dienstbarkeit desselben gezwungen werden.
In früheren Zeiten konnte es geschehen, daß ein Höriger, der seinem Herrn entlaufen war und in der Stadt Eigentum erworben hatte, noch nach Jahren zurückgefordert wurde; er mußte dann mit Zurücklassung seiner Habe die Stadt räumen. Hatte es einst geheißen: „Unter dem Krummstab ist gut wohnen," als es sich darum handelte, in schwerer Bedrängnis Schutz vor Gewaltthat zu finden, so galt jetzt als Recht: „Die Luft in den Städten macht frei."
Die Herrschaft des Bischofs war gebrochen, naturgemäß hätte jetzt @®ebrt__ das Reich wieder an dessen Stelle treten müssen, aber die Lücke toar1“^“"6 bereits wieder gefüllt, indem jetzt die Vertreter der Bürgerschaft den a®teezn-Stuhl des regierenden Herrn einnahmen. An anderer Stelle ist bereits darauf hingewiesen worden, daß der Bischof in Regierungsangelegenheiten sich des Beirats seiner Geistlichen und Ministerialen bediente. Aber schon im elften Jahrhundert zog er, wenn es sich um rein städtische Dinge handelte, auch Bürger in seinen Rat, die er wählte, wie Klugheit und Wohlwollen es ihm eingaben. Ihnen überwies der Bischof namentlich die Regelung des Warenverkehrs. Sie waren die Beisitzer des Marktgerichtes, das seine Macht allmählich erweiterte und besonders in der Finanzverwaltung eine wichtige Stellung einnahm. Eine gesonderte Verwaltung der städtischen Gelder war um so mehr nötig, als Befestigung und Straßenbau immer neue und erhöhte Summen verlangten. Zur Erlangung derselben legte der „Stadtrat" (gleichsam die Specialkommission für städtische Angelegenheiten innerhalb des bischöflichen Rates) eine Abgabe auf die gewöhnlichsten Lebensmittel, das sogenannte „Ungelt", z. B. von Korn und Wein. Aus dieser Geldfrage entstanden denn auch die ersten Zwistigkeiten zwischen dem Bischof und dem Stadtrate, da ersterer demselben die Berechtigung zur selbständigen Steuererhebung bestritt. Ein Bischof ist es auch gewesen (Heinrich von Worms), der Kaiser Friedrich Ii. dazu vermocht hat, daß er in einer Verordnung vom Jahre 1332
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Worms Heinrich Friedrich_Ii Friedrich
Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
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jungen), znsammen die Schiffskinder genannt und gegen,Heuer- (Löhnung) angenommen. Außerbem mürben zu Kriegsreisen freie Söldner, ,die Ruter' geworben, diese gern auf einen Beuteanteil. Sie waren die Landsknechte der See, verwegene, aber aussätzige Gesellen, mit beneit schwer auszukommen war.
Sobald das Schiff einen halben Seeweg gefahren war, versammelte der norddeutsche Schiffer Kriegsleute, Kinder und Reisende und sprach: ,Wir sind Gott und Wind und Wellen übergeben, darum soll jetzt einer dem andern gleich sein. Und da wir von schnellen Sturmwinden, ungeheuren Wogen, Seeraub und anderer Gefahr umringt sind, kann unsere Reise ohne steife Ordnung nicht vollbracht werden. Deshalb beginnen wir mit Gebet und Gesang um guten Wind und glückliche Ausfahrt und besetzen nach Seerecht die Schöffenstellen, damit ehrliches Gericht sei/ Darauf ernannte er mit Beistimmung des (Schiffs-) Volkes einen Vogt, vier Schöffen, einen Wachtmeister und Schreiber, einen Meistermann, der die Strafurteile vollzog, und einen Rackersmann (von racken — kratzen, schaben, sich in schmutziger Arbeit mühen) mit zwei Knechten, der das Schiff rein hielt. Endlich wurde das Seerecht mit feinen Strafen verkündet: Niemand soll fluchen bei Gottes Namen, niemand den Teufel nennen, nicht das Gebet verschlafen, nicht mit Lichtern umgehen, nicht die Viktualien (Lebensrnittel) verwüsten, nicht dem Zapfer in sein Amt greifen, nicht nach Sonnenuntergang mit Würfel oder Karte spielen, nicht den Koch vexieren und nicht die Schiffsleute hindern, bei Geldstrafe. Wer auf der Wache schläft, wer binnen dem Schiffsbord Rumor (Lärm, Aufruhr) anrichtet, der soll unter dem Kiel durchgezogen werden; wer an Bord seine Wehr entblößt, sie sei lang oder kurz, dem wird die Wehr durch die Hand an den Mastbaum geschlagen, daß er sich selbst die Wehr durch die Hand ziehen soll, wenn er loszukommen begehrt. Wer einen andern mit Unrecht verklagt, soll die doppelte Strafe der Schuld bezahlen; niemand soll sich am Meister-mann rächen.
Bei stiller See wurde das Seerecht verkündet, darnach Gericht gehalten und gestraft. Nahte das Schiff am Ende seiner Fahrt dem Hafen auf einen halben Seeweg, so machte zuerst der Kielherr oder Schiffer seine Rechnung mit Passagieren, Ruterrt und Kindern, dann traten Vogt und Schöffen zusammen, und der Vogt dankte ab und sprach: ,Was sich aus diesem Schiff zugetragen, das soll einer dem andern verzeihen, tot und ab fein lassen. Was wir geurteilt, das ist
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Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
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aus- und einlaufen und den Raub verkaufen dürften. Es läßt sich nicht beschreiben, was des loten und bösen Volkes aus allen Ländern von Bauern und Bürgern, von Amtsknechten und allerlei losem Volke da zusammenlief: denn alle, die nicht arbeiten wollten, ließen sich be-dünken, sie wollten von den armen dänischen und norwegischen Bauern reich werden. Dies ließ sich im Anfang wohl ansehen als ein großes gewinnreiches Ding, wodurch den Feinden großer Abbruch gethan wurde, aber Gott helfe, wenn man dem losen Haufen die Hand losläßt, so kann mau ihn doch mit aller Macht kaum verhindern und wehren, daß er Böses thut, auch wenn man ihn in großer Not zu Hilfe rief. Diese Gesellen, die sich so versammelten, nannten sich Vitalienbrüder (oder Likendeeler — Gleichteiler, weil sie ans gleiche Teilung raubten). Als sie aber zur See kamen, vergaßen sie bald ihren Auftrag und behandelten alle als Feinde, die ihnen auf der See in die Hand fielen.
Als diese heillosen Brüder nun merkten, daß durch viel Fleiß und Arbeit der Herren aus den Städten die Sache dahin gebracht wäre, daß der König los werden würde, gedachten sie noch eine Unthat anzurichten, ehe es zur Lösung käme und fuhren nach Bergen in Norwegen. Dort raubten sie den (hansischen) Kaufleuten, den Bürgern und auch den Norwegern alles, was sie an Silber, Gold, Kleinodien, Kleidern, Hausrat bekommen konnten, und was der Kaufmann an Fischen aufgespeichert hatte. Das alles nahmen sie und trugen es nach den Schiffen und fuhren nach Wismar und Rostock.
Als diese Buben die Beute verkauft hatten, ward ihnen ihr Dienst aufgesagt. Aber sie wollten von ihrem Thun nicht lassen und teilten sich in drei Teile. Eine Schar ging nach Friesland und raubte dort, was sie bekommen konnte, die andere Schar lief in die spanische See und brachte dort den Kaufleuten großen Nachteil, der dritte Haufen zog gegen die Russen und that ihnen großen Schaden. Dieser Seeräuber Hauptleute waren Goedeke Michel, Wichmann, Wigbold und Klaus Stortebecker (d. i. Stürzdenbecher)." (Alb. Richter, Quellenbuch.)
Nachdem die Vitalienbrüder etwa fünfzig Jahre der Schrecken der Meere gewesen waren, gelang es den Hansen und ihren Verbündeten endlich, eine große Flotte zum Vernichtungskampfe gegen die Räuber zusammenzubringen. Das größte Schiss der Flotte war das ham-burgische Hauptschiff, ,die bunte Kuh von Flandern'. Die Likedeeler lagen mit ihren Schiffen bei Helgoland, tranken geraubten Wein und achteten nicht des heraufziehenden Wetters. Ein wütender Kampf
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Extrahierte Personennamen: Michel Wichmann Klaus_Stortebecker
Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
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entspann sich. Als aber die ,bunte Kuh mit ihren Hörnern^ das Vorderkastell des Raubschiffes, auf welchem Klaus Stortebecker focht, einrannte, da war das Geschick der Piraten entschieden. Sie flohen und ließen vierzig Tote auf dem Wahlplatze. Unter den siebzig Gefangenen war auch der berüchtigte Stortebecker. Nach Hamburg geführt, wurden sie ohne Gericht zum Tode verurteilt. Da erbaten die armen Sünder als letzte Gunst vom Rate der Stadt die Erlaubnis, in ihrem besten Gewände und begleitet von Pfeifern und Trommlern zur Richtstätte gehen zu dürfen. Ein zweites Treffen brachte auch den Goedeke Michel mit neunundsiebzig Genossen in die Gewalt der Hansen.
Damals sang das Volk:
,Stortebecker un Gödje Micheel Sund nen paar Rovers glikedeel -Se rotiert so lange bet Got Derbrot,
Do leben se grot Schanbe un Not?
b. i. Stortebecker und Goebeke Michael
Sinb ein paar Räuber zu gleichen Teilen;
Sie raubten so lange, bis es Gott verbroß,
Da litten sie große Schanbe und Not.
Noch im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts wurde dies Lied
an den Küsten der Nord- und Ostsee gesungen.
Hanftn Reiche Schätze müssen den Likedeelern in Bergen in den Schoß ge-
Bergen. fqßen sein. War doch dort eine der wichtigsten Niederlassungen der Hansa. „Hufeisenförmig ist die norwegische Stadt an dem Meerbusen ,Bergenwaag' gelagert; ihre rechte ältere Seite führt den Namen der ,Brücke'. Hier befand sich die hansische Faktorei (Handlungsniederlassung in andern Weltteilen) und in ihrer unmittelbaren Nähe die Schustergasse unruhigen Angedenkens. Nicht als Gäste, sondern als Herren, als Gebieter der ihnen tiefverschuldeten Bürger, saßen die Hansen hier, gewaltthätig, anmaßend, wie es heute nur Söhne Albions (Englands) sind. Als im Jahre 1455 der königliche Statthalter Olus Nielsen die Deutschen durch willkürliche Zoll- und Handelsmaßregeln erzürnt hatte, empörten sich die Kaufleute und Schiffer, sie schlossen den Statthalter und die Domherren im Kloster St. Munkeles (St. Malcolm) ein und verbrannten Olns Nielsen samt sechzig Menschen. Jene Schuster, ursprünglich deutsche Handwerker, welche die nordischen Könige ins Land gerufen hatten, bildeten eine Art Prätorianer (Leibwache) für die hansischen Kaufleute.
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Extrahierte Personennamen: Klaus_Stortebecker Michel Micheel Michael
Sinb Hanftn Olus_Nielsen Nielsen
Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
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aufgewachsen waren, die Wünsche des geplagten Volkes mit rohen Troh-worten zurückweist. Ein zweites Bild stellte die Begegnung Samuels und Sauls nach dem Siege über die Amalekiter dar. Leider sind diese gewaltigen Schöpsungen, mit denen der Meister die volle Höhe historischer Komposition ersteigt, durch die Feuchtigkeit der Wände zerstört worden, aber die Entwürfe finden sich neben vielen andern Proben Holbeinscher Arbeiten im Museum zu Basel.
Es war wenig Erfreuliches, das die Heimat dem Künstler bot. Der geringe Verdienst, der ihn zwang, auch handwerksmäßige Arbeiren zu übernehmen; der religiöse Fanatismus einer rohen Volksmenge, welche in der Fastnacht im Münster und in andern Kirchen alle Heiligenbilder, Schnitzwerke und Gemälde zerstörte; endlich auch der unheilvolle Krieg, der 1531 iu der Schlacht bei Kappel die Hoffnungen der Reformierten vernichtete und Zwinglis Tod verursachte — dies alles reiste den Entschluß in ihm, noch einmal in England zu versuchen, ob er nicht den Unterhalt für sich und seine Familie dort leichter erwerben könne. Seine Hoffnung trog ihn nicht. Zwar war sein alter Gönner, der edle Thomas More gestürzt und durch Thomas Cromwell ersetzt worden, aber auch dieser wandte dem deutschen Meister, der es so ausgezeichnet verstand, die englische Eigenart im Bilde auszuprägen, seine Gunst zu. Außerdem fand Holbein bei den Landsleuten im Stahlhose eine kräftige Stütze und Gelegenheit zu reichem Verdienst. Es waren wiederum hauptsächlich Porträts, die unter seinem Pinsel entstanden. Deutsche Kaufleute und Engländer aus den vornehmsten Kreisen saßen ihm häufig. Einige dieser Bildnisse finden sich im Belvedere in Wien, in der Schönbornschen Sammlung daselbst, in der Galerie zu Berliu und im Museum in B r a u n s ch w e i g. Für den Einzug des Königs Heinrichs Viii. und seiner Gemahlin, der Anna Boleyn, entwarf Holbein im Auftrage der deutschen Kaufleute ein Triumphgerüst, Größeres noch schuf er im Versammlungssaale der Auftraggeber. Dort stellte er in zwei Friesen, mit Tempera auf Leinwand gemalt, den Triumph des Reichtums und der Armut dar. „Auf prächtigem Wagen thront Plntus, der Gott des Reichtums, als langbärtrger kahlköpfiger Greis das Haupt nach vorn geneigt wie von schweren Sorgen niedergedrückt. Seine Füße ruhen auf gefüllten Geldsäcken, und eine Schale mit Münzen steht vor ihm. Weiter vorn sitzt ebenfalls auf Geldsäcken Fortuna (Göttin des Glücks) mit einem flatternden Schleier, der wie ein Segel sich ausspannt. Sie wirft Geld unter die herandrängenden Begleiter
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Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
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Während einige das Wort als ,Stapelplatz' bezeichnen, da niederdeutsch ,Stallen' und ,Stapeln' gleichbedeutend sind, leiten andere das Wort ab von ,Stadel' — Hof, Herberge. „Der,Stahlhof' erhob sich auf jener Stätte, wo einst die ,Gildehalle der Leute des Kaisers' gestanden hatte. Nur etwas oberhalb von Londonbridge, der einzigen Brücke der alten Stadt, nicht weit von der Börse und der Kathedrale gelegen, bildete der Stahlhof einen in sich abgeschlossenen Teil der ehrwürdigen Metropole (Hauptstadt). Drei rund überwölbte Pforten führten durch die mehrstöckige Fa§ade (spr. Fassahde — Vorderseite) in den geräumigen Hof. Am Dache der Front (Vorderseite) breitete der Doppeladler des Reiches seine starken Schwingen aus. Hohe Ringmauern umgaben diese deutsche Festung in der englischen Hauptstadt. Und das war sehr nötig. Bei den im Mittelalter sehr häufigen Volksausständen wandte sich die Wut der erregten Volksmassen leicht auf die Teutschen und die Fläminge, aber an den starken Mauern des deutschen Hofes brach sich die tobende Brandung der wütenden Menge.
Innerhalb der Ringmauern lag die große Halle, welche zum Eß-saale diente und zugleich als Ratsstube benutzt wurde. Über ihren hohen Kaminen und deren verzierten Gesimsen waren in dichten Reihen die glänzenden, hoch in Ehren gehaltenen Silber- und Ziuugeschirre, der prächtige Hausrat der Genossenschaft, ausgestellt. Hier befanden sich auch ohne Frage viele Merkwürdigkeiten ans fremden Landen. In späterer Zeit schmückten zwei Gemälde des berühmten deutschen Malers Haus Holbein die Wände. Neben der Halle erhob sich ein Turm. Hier, in dem Untergeschosse desselben, der,Trese' oder der Schatzkammer, wurden Kleinodien von besonders hohem Werte, die teuern Gemälde
und die Urkunden der Brüderschaft aufbewahrt. Auf der entgegen-
gesetzten Seite stieß eine geräumige, steinerne Küche an die Halle; zwischen dieser und der Mauer auf der Westseite aber lag der Garten
der Kaufleute, ein grünes Plätzchen, dessen die Deutschen auch auf
fremder Erde nicht entraten wollten. Hier rasteten die thatensrohen Genossen des Hofes am Sommerabende bei einer Kanne Wein. Naturgemäß bildeten Warenspeicher und Geschäftsräume einen sehr bedeutenden Bestandteil des Stahlhoses; naturgemäß befanden sich auch Werften mit hohen Krähnen auf seinem Gebiete. Bis tief in den Strom hinein lagen hier die seltsam geformten Segelschiffe der Deutschen vor Anker; eiserne Ketten verbanden dieselben mit dem Bollwerke.
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Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
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das Bauernweib ,mit Schwänzen von Ochsen und Kühen wohl verziert'. Sie sprachen in Reimen mit den Zuschauern neckten dieselben, boten ihnen Wein, bespritzten sie mit Wasser und schlugen mit der Pritsche unter sie. So toller Streiche freute sich hoch und niedrig unbändig. Dann ging's nach dem Komptoir zurück. Jeder Genosse trug einen Maienzweig in der Hand; jedem ward im Hofe eine Spende an Wein gereicht. Im Schütting hielt darauf einer der ältesten Hauswirte, d. h. der selbständigen Kaufleute, eine Rede, welche die Lehrlinge zur Redlichkeit, zur Treue, zu Fleiß und Ordnung ermahnte. ,Wer sich nicht getraut, das Spiel auszuhalten, hat auch jetzt noch Freiheit zurückzutreten!' so schloß er seine Rede. Tie zagenden Lehrlinge versprachen alles und baten nur um ,gnädige Bauern'. So nannte man nämlich die ,Knaben', welche über die Lehrlinge die Geißel schwingen sollten.
Um Mittag folgte sodann ein Schmaus; die Lehrlinge warteten bei demselben auf: die Schalksnarren belustigten die Tafelnden mit
Possen, Reimen und Liedern. Nach dem Schmause traten zwei Personen ans, ein Herr und setn Diener. Beide gerieten in Streit; der
Narr mischte sich hinein, wurde aber durch seine Späße Veranlassung, daß sich der Zorn der Streitenden auf ihn wandte. Als Ursache des Zwistes schleppte man ihn in das ,Paradies', wo er gegeißelt wurde.
Den Lehrlingen trank man unterdes scharf zu, damit sie diejenigen, welche sie züchtigten, nicht mehr erkennen könnten. Schließlich wurden sie einzeln ins ,Paradies' geschleppt, dort über die Bank gelegt und erbarmungslos gepeitscht. In der Nähe stand ein Gesell, welcher das Becken schlug; Trommelwirbel erstickten überdem jeden Ton des Schmerzes.
Nach vollendetem ,Spiele' bat nunmehr der Narr, daß zum Flor der Handlung und des Komptoirs diese ,gute Sitte' stets erhalten werde. Ein Abendschmaus, bei welchem die Gepeitschten aufwarteten, beschloß das Fest. Setzte sich ein Lehrling vor Schmerz oder Müdigkeit nieder, so wurde er zur Ermunterung ins Wasser geworfen."
Unter den Gestaden, die der Hanse nur auf Wochen besuchte, war ^een
der ,Garten', d. i. die Umzäunung ans der Halbinsel Schonen, det^^cn berühmteste. Den größten Teil des Jahres lag der Strand verlassen da, „aber zur Fangezeit (des Herings) zwischen Jakobi (25. Juli) und Martini (11. Nov.) kamen die Flotten der Ost- und Westseehansen; dann füllte den Raum das Gewühl arbeitender Menschen, Tausende
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Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
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Landes Eigenart und sein Wert für den Handelsverkehr schneller erforschen. Denn nicht allein der Trieb zu erwerben und zu gewinnen, führte unsere Vorfahren hinaus in das stürmische Leben der Fremde: tief in der Seele steckte noch ein gut Teil von der dem Germanen eigenen Wanderlust, und noch erfreute das Herz der Ruf nach Abenteuern. Namentlich die Sachsen und Friesen zeichneten sich durch diesen Zug ihres Wesens aus. Kühne Seefahrten auf ihren windschnellen ,Meerdrachen' hatten sie in älteren Zeiten zu den entlegensten Gestaden geführt, hoch in den eisigen Norden, noch über Irland hinaus drang 1040 der Wagemut einer friesischen Gesellschaft, und weniger nicht lockte der sonnige Süden die kühnen Nordlandsgesellen.
Überallhin aber begleitete sie ihr heimisches Recht, daß auch in der Fremde die Heimat sie schirmend umschließe. „Ein feierlicher Eidschwur verband die Genoffen einer Meerfahrt zu treuem Ausharren, gegenseitiger Hilfe, Gehorsam gegen das Seerecht und zuweilen zu gleichem Anteil am Gewinn. Das Schiff der norddeutschen Seefahrer war ein rundbauchiges Fahrzeug mit bauchigem Kiel, mächtigen Steven (die je Vorder- und Hinterteil des Schiffes bildenden starken Hölzer) und .hohem Bord, der nach beiden Enden stark aufsprang, mit eingehaktem Steuer, das durch eine Pinne (ein hölzerner Balken) bewegt wurde, mit hochgewölbtem rundlichen Bug (Vorderteil) und steilem Bugspriet (der übers Vorschiff hinausragende Mast) und mit einem starken hohen Mast in der Mitte. Wurde ein großes Schiff zum Krieg gerüstet, dann zimmerte man im dreizehnten Jahrhundert auf Back und Schanze (Hinterteil), über Bugspriet und Steuer ein Gerüst, darauf eine Plattform mit hölzernen Zinnen (hervorragende Teile zur Aus-und Umschau) für die Schützen und für eine Standarmbrust oder Wurfmaschine. Auch der Mastkorb hatte steuerwärts einen Ausbau mit Zinnen. Allmählich nahm das Kriegsgerüst auf Back und Schanze die Form kleiner Türme an, endlich wurde im fünfzehnten Jahrhundert auf beiden Enden der Schiffsbord erhöht um ein oder zwei Halbdecke, das Vorder- und Hinterkastell. Die Convoyschiffe, welche die Handelsflotte geleiteten, Orlogfchiffe oder Friedenskoggen (Geleitschiffe) genannt, führten Büchsen oder Bliden (Standschleudern) und außer der seemännischen Bemannung noch Wappner (Gewappnete), in Danzig um 1400 gewöhnlich vierzig bis siebzig Mann. Die technische (kunstgerechte) Leitung des Fahrzeuges hatte der Schiffer, unter ihm stauben Steuermanne, Zimmermanne, Schiffsmanne, Bootsmanne, Pntken (Schiffs-
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Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
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dazu, den Schaden, welchen sie den Bundesstädten zugefügt hatten, zu ersetzen, sondern sie räumten ihnen auch in Bergen eine Handelsstation mit wichtigen Vorrechten ein und überließen ihnen die Fischerei an den Küsten von Schonen (Südschweden). Auf ähnliche Weise waren die Ostseestädte in Wisby auf Gothland und in Nowgorod am Wolchow (Rußland) in den Besitz wichtiger Vorrechte gekommen.
„Die Größe und Macht der Hansa beruhte meist aus dem Handel ri^-$ ihrer Osterlinge, der Ostseehändler. (Im Gegensatz zu Osterlinge hießenfi^eerrei die Hansen der Niederlande die Westerlinge.) Denn damals war die Hansen. Ostsee der große Fischbehälter Europos; der Dorsch und seine Verwandten wälzten sich haufenweis in die ausgeworfenen Netze, der Hering kam alljährlich in ungeheuren Wanderzügen durch den Nordsund, an den Flußmündungen wimmelten der Lachs und der Aal unter den Booten der Slavendörfer. Auch der Wal, der Schrecken der Schiffer, warf häufig seine Wasserstrahlen, und reihenweise lagen die runden Leiber der Robben am Strande.
Bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts fuhr der Hering längs
der Küste von Pommern in so dichten Massen, daß man im Sommer nur den Korb in das Meer zu tauchen hatte, um ihn gefüllt herauszuziehen. Damals wuchsen die wendischen Seestädte mit märchenhafter Schnelligkeit zu hohem Wohlstände herauf. Im dreizehnten Jahrhundert verlegte der Fisch seine Seewege und strich längs der flachen Küste von Schonen und der norwegischen Ufer. Sogleich eilten alle seetüchtigen Völker in fein Fahrwasser, und die deutschen Hansen
kämpften um seinetwillen blutige und siegreiche Kriege mit den Dänen, den Herren des Nordstrandes, mit Engländern, Schotten und Holländern, sie brachen den dänischen Königen ihre festen Schlösser, besetzten ihre Inseln, vertrieben und erschlugen die Seefahrer anderer Nationen an fremdem Strand und behaupteten durch Jahrhunderte die Herrschaft auf Gotland, Schonen und Bergen."
Männern von solcher Folgerichtigkeit des Denkens, von solcher un- Rechte beugsamen Thatkraft, die sich aus gewaltige Mittel stützte, war schlecht Pflich-etwas abzuschlagen. Im fremden Lande forderten sie — natürlich Hansen gegen Entgelt — zuerst freies Geleit für Personen und Waren und fremden Rechtssicherheit in bürgerlichen Streitigkeiten der hanseatischen Kauf-2anbe' leute mit andern. In allen ihren Niederlassungen dursten sie daher
eigene Gerichte selbst einsetzen. Ferner verlangten sie Befreiung von Zöllen oder doch Ermäßigung solcher und endlich die ausschließliche
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