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1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 10

1901 - Glogau : Flemming
— 10 — Britannien, über die Wogen), Räch England laufen alle Radien des Seeverkehrs zusammen, und das leuchtet nicht nur den Europäern ein, sondern auch den Amerikanern. Hat man doch triumphierend auf die verblüffende Thatsache hingewiesen, daß der schnellste Weg, um von New-^)ork aus Post, Passagiere und Güter nach Brasilien zu bringen, über den britischen Hafen — Liverpool führt. Und andererseits hat England von dem Mutterlande aus ein Kolonial- reich erworben, das den sünsten Teil der nicht vom Wasser bedeckten Landmasse unserer Erdoberfläche einnimmt. Wenn man weiter be- denkt, daß der vierte Mensch auf Erden ein englischer Unterthan ist, wird man das stolze Wort des Staatsmannes Fox begreisen können: England ist nur unser Absteigequartier, aber die Welt, die Welt — das ist das eigentliche England! 1 Wir treten in die dritte Periode der englischen Geschichte, in die Zeit des kolossalen industriellen Ausschwungs, die England „zur größten Werkstätte der Welt" gemacht hat. Die vorhandenen physi- kalischen Anlagen des Landes haben, wie Ritter sagt, diese staunens- werte Metamorphose herbeigeführt. Die unerschöpflichen Mineral- schätze des Bodens fanden dann erst ihre wahre Verwertung, als die schwarzen Diamanten, an denen England gleichermaßen reich ist, in ihrer Verwendbarkeit für den Maschinenbetrieb richtig erkannt waren. So hat sich Englands neueste Zeit eigentlich aufgebaut auf den drei Faktoren Eisen, Steinkohle und Dampfmaschine. Die Jndustrie- bezirke Englands drängen sich sozusagen um die Irische See herum und haben, abgesehen von den großen Kohlenlagern von Rewcastle und Südwales hauptsächlich ihre Stätte in dem westlichen Mittel- england und den Lowlands von Schottland, wozu noch in Irland, allerdings ohne die gleichzeitige Ausbeutung der unterirdischen Kohlen- schätze, die berühmte Leinenindustrie der Provinz Ulster kommt. Die Kohlenflöze haben in England einen fast unerschöpflichen Reich- tum. Es arbeitet in den Bergwerken eine halbe Million Arbeiter; bis unter das Meer werden in den Küstenstrichen die Atollen ge- trieben, so daß man zu Häupten die Brandung der See rauschen boren kann, und man rechnet aus den Kops der Bevölkerung einen Verbrauch von 4000 kg Kohlen. Da das Klima äußerst milde ist, — die englische Sprache kennt kein Wort für Schlitten — alfo zum Heizen nicht viel Kohlen im Lande verwendet werden, so kann man sich denken, einen wie enormen Verbrauch die industriellen Zwecke für sich in Anspruch nehmen. Und hier hat sich der kaufmännische Geift des Volkes und seine praktische Anstelligkeit in glänzendster Enthaltung gezeigt. Ter oben erwähnte Ritter sagt staunend, daj; * Daher hat auch der Seeheld Nelson die meisten Denkmäler in England.

2. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 11

1901 - Glogau : Flemming
sich in den neuesten Jahrhunderten ein reiches System von Kommuni- kationen durch alle Flußgebiete, über alle Wasserscheiden und durch alle Bergrücken über die ganze Insel verzweigt habe. Durch Kanäle, Schleusen, Aquädukte oft der kühnsten Art, Heerstraßen, Brücken, die über trockene Thäler wegführen, durch Eisenbahnen, Dampfmaschinen und Dampfschiffe sind sämtliche Häsen mit allen Binnenstädten des Landes in die leichteste Verknüpfung gebracht, und so wurde durch die zugeleitete Masse der Heizkohlen der Damps erzeugt, und der Dampf setzte dies märchenhafte Getriebe aller der surrenden und kreisenden Räder einer beispiellosen Industrie in Bewegung. Der Maschinenbetrieb kommt zuerst der Eisenbereitung zu gute. Bon den 16 Millionen Tonnen Roheisen, die Europa jährlich er- zeugt, liefert England die Hälfte und von der Gesamtproduktion der Erde mehr als den dritten Teil. Nahezu eine Million Arbeiter findet in dieser Industrie Beschäftigung, und neben Sheffield und Birmingham ist das westlicher gelegene black country, das schwarze Land, als Arbeitsstätte der Nagel-, Ketten- und Ankerschmiede her- vorzuheben. — Weiter steht an der Spitze des britischen Gewerbe- betriebs die Verarbeitung der Baumwolle; neben den Jronlords giebt es in den reichen Industriestädten die Cottonlords. Hier ist außer dem schottischen Glasgow die Landschaft Lancashire zu nennen, die in Liverpool ihren weltberühmten Einfuhrhafen hat. Früher wurde die kostbare Ware der Baumwolle nur von Nordamerika bezogen, neuerdings sind Ostindien und Ägypten als wichtige Lieseranten hinzugetreten. Von Liverpool führte nach Manchester die älteste Eisenbahn, die schon im Jahre 1830 gebaut wurde, und Manchester, zu dem der staunenswerte Bau des Bridgewaterkanals, „des Groß- vaters der englischen Kanäle", die Steinkohlen hinsührt, ist die Metropole dieser englischen Webeindustrie. Mit seinen 44 Millionen Spindeln und 560 Tausend mechanischen Webstühlen liefert über- Haupt England mehr als die Hälfte aller europäischen Baumwoll- gespinste und Baumwollgewebe. Die Aussuhr an Baumwollwaren aus England erzielt eine Einnahme, zehnmal so hoch wie in Deutsch- land. Rechnet man hierzu die Wollensabrikation in Jorkshire, die hauptsächlich australische Wolle verarbeitet, und die Töpferwaren in dem Potery genannten Distrikte Mittelenglands, wo „der keramische Künstler ein Psund Thon zum Wert eines Psundes Gold erhebt", so haben wir die hauptsächlichsten Äußerungen und Betätigungen der englischen Industrie vorgeführt. Daß England in früherer Zeit in allem, was Industrie hieß, die Führerrolle übernommen hatte, zeigte sich auch darin, daß von ihm die seitdem so ost glänzend ver- wertete Idee der Weltausstellungen ausging. Gerade vor 50 Jahren (1851) wurde im Hydepark von London in dem wunderbaren Ge- bände des Krystallpalastes die erste Industrieausstellung eröffnet, und

3. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 12

1901 - Glogau : Flemming
— 12 — man hat den kolossalen Palast, nachdem er seiner ursprünglichen Be- stimmung gedient hatte, in weit vergrößertem Maßstabe wieder in Sydenham aufgebaut, um die Kühnheit des imposanten Baues zu ver- ewigen. Dort bleibt er nun dem staunenden Blick der Bewunderer- modernster Architektur erhalten und ausbewahrt. Die hohen Türme der Notredamekirche in Paris könnten sich recht gut unter dem Mittel- teil des Palastes bergen, und als das Handeltest in London gefeiert wurde, haben in dem Gebäude 30000 Zuhörer Platz gesunden. England hat in dem eben abgelaufenen Biktorianischen Zeitalter des 19. Jahrhunderts den Höhepunkt seiner glänzenden Entwickelung gehabt, und es ist eingetroffen, was Thomson in der ersten Hülste des 18. Jahrhunderts in dem Liede sang, das seitdem das berühmte englische Nationallied Rule Britannia geworden ist: thy cities shall with commerce shine All thine shall be the subject inain And eyery shore it circles, thine.1 Das Charakteristische ist, daß die Engländer zum größten Teil ein städtisches Leben sichren. Großbritannien, das eine kolossale Volksdichte besitzt, hat von seinen ca. 40 Millionen Einwohnern ein Drittel in den 24 Großstädten wohnen, und ebenfalls nur ein Drittel in den Landorten. Jeder siebente Engländer endlich ist Londoner, und damit kommen wir auf dieses Unikum im Weltenrund zu sprechen, von dem der Franzose sehr richtig gesagt hat: Londres n'est plus une yille, c'est une province couverte de maisons. lind diese ganz singuläre Bedeutung verdankt London seiner einzigartigen Lage; es ist die ,,Schifssstadt" (von dem eeltischen lhong Schiff), und schon Tacitus muß es nennen eopia ns^otiatoi-uni et comineatiium celebre, berühmt durch die Menge der Kausleute und den Handelsverkehr. Die ganze Fläche der Stadt umsaßt über 5 ^M., also etwa so viel wie das ganze Fürstentum Reuß ä. L., und daraus stehen die Häuser — so viel wie in der ganzen Lombardei —, von der mansion des Adligen bis zur cottage des Arbeiters. So ist es in Wahrheit das caput et compendium totius regni, wie es die alten Geographen nannten, und zwar spiegelt es in seinen einzelnen Stadtteilen die Zustände und Lebensäußerungen des gesamten Königreichs wieder. In Westminster und Westend ist es der Sitz des Hoses und des Parlaments, in der City vereinigt es den Großhandel, in South- wark ist es Fabrikstadt und in Eastend der erste Seehasen des Landes, der mehr Kaussahrteischisfe besitzt als ganz Frankreich. Natürlich sehten auch nicht die Schattenseiten einer so riesigen Menschen- * „Der Städte Pracht vor Handel glänzt, Ja dir nur lauscht das Meer — dir nur, Und jeder Strand, der es umkränzt!" in der Nagelschen Ubersetzung.

4. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 17

1901 - Glogau : Flemming
— 17 — werk den Schornstein einer chemischen Fabrik mit 160 m, und im Schiffsbau und in den Armstrongkanonen galt Britannien lange Zeit als führende Meisterin der vervollkommneten Technik. ^ Aber mehr und mehr sängt dieser Ruhm an zu erblassen. Noch in den Zeiten, die der Aushebung der napoleonischen Kontinentalsperre folgten, überschwemmten die englischen Fabrikwaren bis zur Unerträglichst den deutschen Markt, und in Birmingham, dem „^.andladen der Welt", war alle mögliche Fabrikation vertreten, vom Luxusgegenstand bis zum Regenschirm und zur Stecknadel. Doch heute haben die ausländischen Jndustrieen sich gewaltig emancipiert. Von der ameri- kanischen zu geschweigen, ist vor allem die deutsche Fabrikation der englischen dicht aus den Fersen, und das made in Germany ist zum ehrenvollen Zeugnis geworden sür deutschen Gewerbsleiß und deutsche Energie in Bezug aus Handel und Vertrieb. Wir müssen aber noch eine andere Schattenseite des englischen Jndustrielebeus berühren. Man hat dem englischen Volkstum vor- geworfen, in der Zeit seiner neuesten ruhmwürdigen Entwickelung zu sehr den Krämergeist und engherzigen Egoismus spüren zu lassen; Egoismus an und sür sich könnte ja nicht so ohne weiteres dem Volke zum Vorwurf gemacht werden, gehört vielmehr zu den berech- tigten nationalen Eigentümlichkeiten. Jeder Engländer ist, wie man das glücklich gesagt hat, „eine Insel sür sich". Seine Vorliebe für sein eigenes Besitztum ist bekannt; das my liouse is my Castle kennzeichnet dieses stolze Glück und diese Freude an seinem Eigen- tum, die Behaglichkeit, sich auszuruhen an seiner fire side. Und alles in der Häuslichkeit soll gediegen sein, namentlich nach dem Grundsatz: Der Mensch ist, was er ißt, die Leibesnahrung, in der die krästigen Beefsteaks und mutton chops (Hammelrippchen) eine Hauptrolle spielen. Diese Lebensweise und Ernährung hatte schon dem alten Justus Moser imponiert, und er vergleicht, als er von der kolossalen Sprunggelenkigkeit der Eimbern berichtet, mit dieser Virtuosität der Vorfahren das fleifchgenährte und sportssrohe Eng- ländertum in seiner Zeit, wobei er mit etwas geringschätzigem Seiten- blick aus die Ernährung seiner Landsleute hinzufügt: Rübenfresser schickten sich dazu nicht lnämlich zu so staunenswerten Sprung- leistungen). Wenn also der Engländer weltbekannt ist in der Pslege und Ausgestaltung einer behaglichen Häuslichkeit, so hat sich in diese Richtung aus das persönliche Wohlbesinden allmählich ein kalter Geschäftsgeist eingeschlichen, der sich allzuwenig um das Wohl seiner Mitmenschen kümmert. Allerdings sind ja noch immer das gewaltige Greenwichspital sür die alten Seeleute und die Westminsterabtei mit 1 „Das ganze Land erscheint wie ein großer, dicht mit Geleisen belegter Bahnhof". Hanncke, Erdkundl. Aufsätze. Ii. 2

5. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 45

1901 - Glogau : Flemming
— 45 — Die Alpenstraßen führen auf diesen Vereinigungspunkt zusammen, und so ist in der Stadt das Element der Fremden bedeutsam ver- treten-, will man doch auch in Mailand einen weniger italienischen als internationalen Stadttypus erkennen. Mit seinen 400000 Ein- wohnern ist es das Handelscentrum für die überaus fruchtbare Lom- bardei; und namentlich spielt die Seiden-Jndustrie und -Ausfuhr in ihr eine große Rolle. Daneben hat Mailand eine interessante Geschichte; im Mittelalter trotzte es den deutschen Kaisern, und man rechnet nach, daß es 48 mal belagert und 23 mal erstürmt worden ist. Ganz im Westen der Poebene liegt Turin, die Hauptstadt jenes kernigen Volksstammes, der Piemontesen, dem die Einigung Italiens ge- lingen sollte. Um das untere Pogebiet und südwärts vom Flusse in der so- genannten Emilia liegt eine Menge bedeutender kleiner Städte, und der ganze Landstrich ähnelt recht in seiner charakteristischen Zusammen- setzung und früheren Geschichte den centraldeutschen Gebietsteilen, z. B. Thüringen. Hier gediehen die kleinen Fürstentümer mit ihrer intensiven Pflege der Kunst, und die Namen der Dynaftieen sind unsterblich geworden. In Mantua, in dessen Nähe Vergil geboren ist, der sich so schmerzlich nach der schilfbekränzten Flut des Mincio sehnte, regierten die Gonzagas, und der Maler Giulio Romano war der Liebling des Hofes. Eine kleine Abzweigung des Fürstentumes war Guastalla, das durch Lessings Emilia Galotti bekanntlich ver- ewigt ist. In Ferrara blühten die Estes, und Tasso weilte in dieser kleinen Residenzstadt. Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, ist eingeweiht, noch nach Jahrhunderten klingt sein Wort und seine That dein Enkel wieder. An der großen Bahn, die sich weiterhin zu der bekannten Rücken- eisenbahn entwickelt und sich bis nach Brindisi hinzieht, liegen Parma und Modena, die lange Zeit in der neueren Geschichte als Residenzen bekannt waren. Dann erscheint südwärts Canossa, unglückselig be- rühmt durch die Demütigung des deutschen Kaisertums im Jahre 1077, und endlich Bologna, von den Italienern 1a grassa — die reiche — genannt. Bologna ist seit dem frühen Mittelalter berühmt als die Stadt der Rechtsgelehrten, und auch im Kaufmann von Venedig muß Portia als Rechtsgelehrter aus Bologna auftreten und den bösen Handel mit Shylock entscheiden. Die Bahn läuft in süd- westlicher Richtung bis Ancona, der alten „Ellenbogenstadt", wo der Apennin seinen Knick macht und wo der Dom in herrlicher Lage hinausschaut auf das Adriameer. Von Bologna aus zweigt sich die mittelitalische Eisenbahn ab, die uns an die Gestade des tyrrhenischen Meeres bringen soll. Die

6. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 103

1901 - Glogau : Flemming
— 103 — So hatte sich die deutsche Hansa ihr „Kontor" gesichert, und Now- gorod — da wo die Wolchow den Jlmensee verläßt — war die Hauptstätte des Tauschhandels. Man bezahlte im e>. Petershof die eingehandelten Waren nicht bar, sondern tauschte sie gegen die West- europäischen Erzeugnisse ein, worunter die flandrischen Tuche die vor- nehmsten waren. Nowgorod wuchs mächtig an Einwohnerzahl, es hatte zuletzt 400000 Bewohner, wurde überaus reich, und das russische Sprichwort besagte: Wer kann gegen Gott und gegen Nowgorod. Auch die umliegenden Städte blühten auf. Riga, dessen Name „Getreidespeicher" bedeutet, erhielt damals sein „hanseatisch-reichs- städtisches" Gepräge. Es wurde der gotische Dom mit herrlichem Gewölbe gebaut, und die Petrikirche erhielt ihren fast 140 m hohen Turm, den höchsten Turm in Rußland. Diese Machtstellung der Republik und der Reichtum Nowgorods reizte den Großfürsten Iwan den Großen (als Zar Iwan I. Wasiljewitsch), der sich eben von der mongolischen Oberhoheit befreit hatte und danach strebte, nach dem Fall des griechischen Kaisertums Rußland emporzubringen — er nahm ja deshalb auch den zweiköpfigen Adler in das russische Wappen auf —, und so eroberte er Nowgorod und machte der Selbständigkeit der Republik ein Ende. Wenn die frühere Bedeutung von Nowgorod Weliki (— Groß- neustadt) unwiederbringlich dahin ist, so hat sich der Handelsverkehr des modernen Rußlands jetzt in Nishnij Nowgorod (= Niederneustadt) konzentriert, und dieser Ort ist zur berühmtesten Messestadt in dem Zarenreiche geworden. * Die Stadt liegt äußerst günstig, gerade in der Mitte des ungeheuren Reiches, und zwar an der Wolga, da wo der mächtige Nebenfluß, die Oka, in die Wolga mündet. Auf dem rechten bergigen Ufer der Wolga liegt die Oberstadt, wohl 200 m über dem Wasserspiegel. Am Wasser des Flusses sind die Anlege- plätze der Dampfer, und dann geht es auf mächtiger Holzbrücke über die Oka, die fast 1 km breit ist, zum Messeplatze zwischen Oka und Wolga. Hier entwickelt sich 40 Tage lang vom 27. Juli ab der gewaltige europäisch-asiatische Großhandel, zu dem die Waren auf 7 großen Handelsstraßen herbeigeschafft werden; von Petersburg über Moskau, von Astrachan auf der Wolga, von dem chinesischen Kiachta über Tjumen, von Bochara über Orenburg, vom Schwarzen Meere über Taganrog, von den Kaukasusländern wiederum aus der Wolga und von Archangelsk her auf der Dwina und Kama. „Der Kauf- mann aus Paris und London macht hier mit dem Perser und Chinesen, der Schwede aus Finnland mit dem Jakuten aus Sibirien Handels- geschäste. Das Getreibe auf der Messe kann etwa nur mit dem Völkergewühl in Mekka verglichen werden." Man rechnet, daß in 1 Frühere Geographen sagen i es ist die äußerste Stadt Europa gegen Aufgang.

7. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 114

1901 - Glogau : Flemming
— 114 — Die flandrischen Tuche waren im ausgehenden Mittelalter hochgeschätzt, und die burgundischen Herzöge als Herren des beneidenswerten Landes stifteten zum Andenken daran den Orden des goldenen Vließes, den späterhin Habsburg übernommen hat. In Gent waren um 1400 40000 Menschen mit der Tuchmachern beschäftigt, Brügge war ein Kontor der Hansa und eine Welthandelsstadt — die in einem Mona! mehr Waren vertrieb als Venedig im ganzen Jahr —, bis es später seinen Rang und seine Bedeutung an Antwerpen abtrat. Alle diese burgundischen Städte hatten eine große Einwohnerzahl, vielfach mehr als heutzutage. Brügge zählte im 15. Jahrhundert 200000 Ein- wohner, heute nur 50000; * Gent soll im Jahre 1400 80000 Be- waffnete haben ins Feld stellen können und wagte es, mit Frankreich anzubinden. Auch Lüttich, dessen Einwohnerzahl sich ziemlich gleich geblieben ist und das in der Neuzeit wieder mächtig emporblüht, verfügte über 20000 Bewaffnete. Mecheln war das „Herz von Brabant" und das „belgische Rom". Belgien hat nur den einen natürlichen Seehandelsplatz, nämlich Antwerpen, und das drückt ja schon der Name der Stadt aus ane de Werp, d. h. am Hasen. Während die Osterschelde durch die Eisenbahnbrücke gesperrt ist, flutet aller Verkehr und Handel setzt durch die Wefterschelde nach Antwerpen, und auch die deutschen Reichspostdampfer laufen es an, so daß es wohl „als zweites See- thor des Kontinents" gelten kann (Hamburg ist das erste). Da Belgien aber reich ist und bei den handelstechnischen Bauten nicht allzusehr die Kosten zu scheuen braucht — berühmt ist z. B. die Thal- fperre bei Verviers, die den Tuchfabriken die Benutzung „weichen, daher kalkarmen" Wassers ermöglichen soll —, so hat man riesige Seekanäle gebaut oder nimmt solche in Aussicht, um auch den anderen belgischen Manufaktur- und Fabrikstädten den Zugang zur See zu eröffnen. So hat Gent seinen Kanal nach der Wefterschelde, Brügge hofft den alten Kanal zeitgemäß umzugestalten, und selbst Brüssel wird durch einen „Seekanal" Seestadt werden. Der sechste Teil der beinahe 7 Millionen zählenden Einwohner des Königreichs lebt vom Bergbau und der Industrie. Belgien hat keine Kolonieen, aber die belgischen Bankleute haben überallhin ihre Fühlfäden ausgestreckt und wiffen die günstigen Kon- junkturen neuer Bahnkonzessionen — namentlich in China — mit Geschick auszunützen. Am verheißungsvollsten ist aber, daß der bel- gische König in Personalunion zugleich Regent des reichen Kongo- staates geworden ist und daß er darauf hinsteuert, Belgien diese schöne Kolonie späterhin als Eigentum zu überweisen. _ ^ Wir kommen jetzt zu dem Lande der „Mitternachtssonne". Skan- * Tarunter 13000 Almojenempfänger. Es heißt heute auch Bruges-la-Morte.

8. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 129

1901 - Glogau : Flemming
— 129 — Die Dänen sind eigentlich schon seit früher Zeit den Deutschen immer recht unbequem gewesen. Sie beherrschten die beiden Seiten des Sundes, und das war namentlich für die Hanseaten eine leidige Thatsache. Denn bei Falsterbo zogen die Heringsschwärme vorbei, und fast jede größere Hansestadt hatte dort ihre Bitten und mußte den dänischen Vögten ihre Abgaben zahlen. Die dänischen Walde- mare haben sich den Deutschen gegenüber recht übermütig gebärdet, die Hansestädte verspotteten sie als „Gänse"; dann aber kam die Vergeltung in dem bekannten Friedensschlüsse zu Stralsund 1370. In ' den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges sind die Dänen nicht sehr hervorgetreten; auch in den Verwickelungen mit Schweden standen sie mehr auf Seite der Deutschen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahr- Hunderts sollte Dänemark sogar Deutschland beschämen, da es sich der deutschen Dichter in hochherzigster Weise annahm. Klopstock dichtete in Kopenhagen, Schiller erhielt von dänischer Seite ein großmütiges Jahrgeld, das den kranken Mann vor dem größten Elend sicherte. In den innerdänischen Verhältnissen spielte damals die tragische Epi- sode des Ministers Struensee. Im 19. Jahrhundert hat Dänemark Deutschland recht herausgefordert, und das Lied: Schleswig-Holftein meerumschlungen hat wie ein Tyrtäischer Gesang zum erstenmal wieder die Deutschen aufgerüttelt und ein Gefühl aufsteigen lassen, das man deutsches Nationalbewußtsein nennen konnte. So durfte man Dänemark schließlich Dank wiffen, daß es sozusagen der ßlaiog Ölödoxalog der Deutschen gewesen ist. Aus den Kriegen von 1848—50 und 1864 ist aber ein gewisser Bodensatz des Grolls bei den Dänen zurückgeblieben, und großer Sympathieen können wir Deutsche uns in den Landen des Danebrog gerade nicht ersreuen. Dänemark ist „echtes Küsten- und Jnselland, wie es in Europa, außer vielleicht im griechischen Archipel, nicht wieder vorkommt". Und wenn man weiter seine Lage zwischen Nord- und Ostsee berücksich- tigt, und wie durch dieses Jnselreich aller Verkehr und alle Schiffahrt stattfinden muß, so könnte man als Analogie die hinterindische Insel- Welt heranziehen, durch die ja aller merkantile Austausch zwischen Indischem und Stillem Ocean hindurchgeht. Die Straße von Singa- Pore würde dann dem Oresund an die Seite zu stellen sein. Durch geognostische Forschungen ist festgestellt, daß die dänischen Jnselgebiete, namentlich Jütland, früher noch durch viel mehr Meeresarme durch- furcht und durchzogen worden sind, wie das die mannigfachen Namen von binnenländischen Ortschaften mit den Endungen —ö und —Holm (beides bedeutet Insel) erweisen. Uns interessieren die drei Meeres- straßen, durch die in historischer Zeit die Schiffahrt aus der Nord- see in die Ostsee sich ermöglicht hat, der Sund, der große und kleine Velt. Unter ihnen ist der Sund die bevorzugteste, einmal schon wegen der Kürze, dann wegen ihrer „geraden nordsüdlichen Erstreckung". Hanncke, Erdkundl. Aussähe. Ii. g Georg-Eckert-Institut für international« Schulbuchforschung Braunschweig -Schulbuchbibhothek -

9. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. uncounted

1901 - Glogau : Flemming
Carl Flemnnng, Verlag. Buch- und Kunstdruckerei, M. G., Glogau. Rlljjters Atlas fiir höhere Schulen. Völlig neu bearbeitet von Professor Dr. I. W. Otto Richter in Berlin und Gymnasial-Oberlehrer Eonstantin Schulteis in Bonn. 45 Karten mit 40 Nebenkarten. Dreiundzwanzigste Auflage. (64. bis 70. Tausend). Elegant gebunden M. 5,—. Der Richtersche Atlas für höhere Schulen ist bei seinem ersten Erscheinen mit vielfachem Beifall aufgenommen, seitdem an zahlreichen Schulen eingeführt und in schnell auseiuander folgenden starken Auflagen weithin verbreitet worden. Aber die Verlagsbnchhandluug wollte sich nicht mit dem oft vernommenen aner- kennenden Urteile begnügen, daß sich dieses Werk als ein brauchbares Unterrichts- mittel bewähre, sondern war von dem Streben beseelt, dasselbe zu immer größerer Vollkommenheit fortzuentwickeln. Zu diesem Zwecke faßte sie eine völlige Neu- bearbeitung ins Auge. Auf ihren Wunsch verband sich zu diesem Zwecke der erste Herausgeber mit dem Gymnasial-Oberlehrer Constantin Schulteis, der sich bereits durch kartographische Arbeiten über seine engere Heimat bekannt gemacht hat. Die in mündlichen Beratungen zuvor vereinbarten Grundsätze für die Neu- bearbeitung haben dieselben Blatt für Blatt miteinander in aller Sorgfalt dnrch- zuführen gesucht und waren ernstlich bestrebt, überall den neuesten Standpunkt des Wissens zum Ausdruck zu bringen. Als Praktiker suchten sie den Atlas immer mehr den Bedürfnissen der höheren Schulen anzupassen und schieden daher noch vieles aus, was nicht vom Schüler gelernt werden soll, oder was sich zur Besprechung im Unterricht nicht eignet. Z. B. wurdeu von den Eisenbahnen nur die wichtigsten Linien aufgenommen. Ganz besonders war ihr Streben auf Klarheit und Übersichtlichkeit des Kartenbildes gerichtet. Daher verzichteten sie auf subtile Unterscheidungen in den staatsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnissen bei fremden Erdteilen, namentlich bei Asien und Afrika. Da die Karte anderseits den Gebranch des Lehrbuches einschränken soll, wurde manches Interessante und Wichtige durch Zeichen angedeutet. Z. B. geben die Höhenzahlen an den Stromläufen Gelegenheit zu airregenden Messungen und Vergleichen, während die Hervorhebung der Kampfplätze und der für große Heere wichtigen Durchgangsgebiete den Atlas zur Förderung des Gefchichts- Unterrichts sehr geeignet macht. Die Orte sind nach ihrer Einwohnerzahl gezeichnet und geschrieben, wodurch ihre wisseuschaftliche Bedeutung besser in die Augen fällt. — Der Förderung des Verständnisses für Handel und Industrie sollen die Blätter 11 und 17 und die Hasenkärtchen dienen. — Die Tiefenverhältnisse der ver- schiedenen Meere sind eingehend berücksichtigt worden.

10. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 53

1901 - Glogau : Flemming
— 53 — Wir haben ausführlicher über Italiens Naturschönheit gesprochen, über jene unvergängliche Himmelsgabe, die dem Lande zu teil geworden ist und aus die hin der Dichter sich zu dem Geständnis genötigt sieht: Wer dich gesehen, o dem altert nimmer Das Herz im Busen, o dem bleibt ein Schimmer- Bon Jugendglück und reinster Lebenswonne! wir werden aber Italien auch große politische Vorzüge zugestehen müssen. Das Königreich Italien ist unter allen Großmächten in der Beziehung am besten daran, daß es in der Sprache ein einheitlich geschlossenes Staatsgebiet genannt werden kann. Deutschland, das ja sonst nicht ungünstig dasteht, hat doch seine 3 Millionen Polen, in Frankreichs staatlicher Grenze sind einbeschlossen Bretonen und Italiener, aber Italien von den Alpen bis zum Ätna bietet sprachlich und konfessionell eine vollständige Einheit dar. Allerdings ist das gespannte Verhältnis mit dem Papste, der sich als Gefangener im Vatikan betrachtet, ein recht häßlicher Wermutstropfen in dem sonst ungemischten Becher erfreulicher staatlicher Zustände. Ein zweiter Vorzug ist darin ersichtlich, daß das italische Volk eine unleugbare Begabung für das Seewesen seit alten Zeiten an den Tag gelegt hat. Die Italiener waren jahrhundertelang die ersten Seefahrer der Welt und erfanden im Mittelalter die Kunst der Hochseefahrt mit Hilfe des Kompafses. Amalfi, wo Flavio Gioja die Bussole ersand, war im alleinigen Besitz des Levantehandels, hatte 50000 Einwohner, und seine Handelsgesetze, die tabulae Amalfitanae, wurden allgemein geltendes Seerecht. Diesen Ruhm der Seetüchtigkeit hat sich Italien bis auf den heutigen Tag erhalten, es besitzt vorzügliche Häfen, wie Brindisi, Livorno, Neapel und Messina; namentlich aber hat sich in neuester Zeit Genua zu einem der besuchtesten und wichtigsten See- Häsen entwickelt. La superba nennen die Italiener die alte Dogen- stadt, und seitdem durch die Eröffnung des Gotthardtunnels der Stadt das richtige Hinterland erschlossen ist, hat sich der Seeverkehr ins Immense gesteigert. Hier haben auch unsere deutschen Dampferlinien nach den östlichen Weltmeeren ihre Station und nehmen die Passagiere aus, die auf dem kürzeren Landwege an das Seegestade geeilt sind. Der Handel Italiens hebt sich mehr und mehr, die Aussuhr der billigen italienischen Weine hat eine große Zukunft. Leider hat das Land keine Steinkohlen, ist also für seine industriellen Unternehmungen auf die Zufuhr der englischen Kohlen angewiesen; man hofft aber, die Wasserkraft des Landes mit seinen zahlreichen Fällen in Zukunft für elektrische Anlagen auszunutzen und so den Bedarf der Kohlen mehr entbehrlich zu machen. In jeder Beziehung hat sich Wohlstand und Wagemut der Italiener unter der jetzigen einheitlichen Regierung gehoben; die Viehzucht (Rinder) sängt an, sich erfreulicher zu gestalten,
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