Bäuerin nicht verstand. Auch machten sie die Mutter auf mancher-
lei aufmerksam, das sie die Kleinen lehren konnte. „Niemals",
so ermahnten sie, „sollen die Kinder einen Hollunder oder einen
Fliederbaum beschädigen. Ein Messer muß nie so auf dem Tisch
liegen, daß die Schneide nach oben zeigt. Aus der Waldquelle
sollen sie gebückt trinken. Nach dem bunten Bogen, der bisweilen
am Himmel zu sehen ist, darf kein Kind mit dem Finger zeigen '
und ihn nicht Regenbogen, sondern Himmelsring nennen. Wenn
es donnert, soll keins sagen „der Herrgott zürnet", sondern „der
Herr waltet". Doch als das siebente Kind geboren wurde,
blieben die Jungfrauen aus. Es war ein hätzlicher, ungestalteter
Knabe. Alle nannten ihn „das Unglückskind".
Die Landwirtschaft gedieh auf dem Oberbüscherhofs in
wunderbarer Weise. Jede Arbeit, die man am Tage begonnen,
wurde, während alles schlief, vollendet. Hatte der Bauer am
Tage angefangen, das Korn zu schneiden, so sah man am andern
Morgen das ganze Getreide in Reihen abgemäht liegen. Bei
der Kartoffelernte brauchte der Bauer nur die erste Furche aus-
Zunehmen, so standen tags darauf die Kartoffeln des ganzen
Ackers in zahlreichen Säcken da. Jedes Körnlein, das der Bauer
säte, ging auf und trug vielfältige Frucht. Das Korn auf dem
Speicher nahm nicht ab, die Vorräte im Keller wurden niemals
alle, wie viel auch die Bauersleute verkauften oder verschenkten.
Die größte Freude erlebten sie an ihren Kindern. Diese
gediehen prächtig und wuchsen zu tüchtigen Jünglingen und
schöne Jungfrauen heran. Die Söhne wurden zu Edelleuten
erhoben, und die Töchter heirateten adelige Männer und wohnten
in prächtigen Schlössern. Nur die jüngste, die in ihrem Spieg-
lein alles sehen konnte, was die Menschen dachten, nahm keinen
Mann. Sie wurde Äbtissin in einem Kloster.
Die Bäuerin, die wohl wußte, woher all der Segen kam, er-
wies den unsichtbaren Helfern viel Gutes. Sie besaß eine Menge
Töpflein und Näpflein. Die füllte sie mit den besten Speisen
und stellte sie am Abend und am Morgen in der Scheune, auf
dem Speicher und auf dem Felde auf. Sie legte kleine Messer,
Gabeln und Lössel neben die Schüsselchen. So oft sie die Näps-
lein leer fand, wusch sie dieselben aufs sorgfältigste und füllte
sie aufs neue mit köstlichem Obst, mit Milch oder Honig.
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TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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sagte der Schwarze und berührte den Kleinen mit seinem Stabe.
Da fühlte unser Männlein einen so heftigen Schmerz in allen
Gliedern, als wenn sie ihm auseinander gerenkt werden sollten.
Vor Schrecken wäre er beinahe auf die Erde gefallen. In großer
Angst lief er davon, so schnell ihn seine Beine nur trugen, und
kam wieder nach Remscheid in sein Haus.
Aber was war denn das? Als er durch die Haustüre gehen
wollte, stieß er mit dem Kopf gegen den oberen Balken. An
seiner Stubentür ging es ihm nicht besser, und als er in sein
Schlafkämmerlein eintrat, wupp? da hatte er wieder eine arge
Beule weg. Ganz dumm und wirbelig war es ihm im Kopse
von allen Stößen, als er sich ins Bett legte. Da wollte er sich
so recht behaglich ausruhen von allen Mühseligkeiten, aber er
hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Oben stieß er mit
dem Kopf gegen das Bett, und streckte er die Beine aus, so stieß
er gegen das untere Bettende. Er mochte sich drehen und wenden,
wie er wollte, überall bekam er blaue Flecke. Zuletzt lag er im
Bett zusammengeklappt wie ein Taschenmesser und verbrachte die
Nacht in unruhigen Träumen.
Der nächste Tag war ein Sonntag. Da sing sein Elend von
neuem an. Überall stieß er sich Beulen. Er wollte wieder ein-
mal zur Küche und suchte seinen Sonntagsanzug hervor. Aber
o Schreck! Der war ihm viel zu eng und zu klein, und ganz
traurig und mutlos hängte er die Sachen wieder in den Schrank,
nicht ohne sich noch ein paarmal zu stoßen. Zuletzt besann er sich
auf den Anzug, den er gestern abend getragen hatte, und rasch
zog er ihn wieder an. Glücklicherweise paßten d i e Kleider,
denn die waren ja mit ihm gewachsen. Ganz behutsam und vor-
sichtig ging er durch die verschiedenen Türen und gelangte endlich
auf die Straße. In der freien Luft konnte er sich nun fo recht
nach Herzenslust dehnen und recken; denn da waren keine Decken
und Balken, an denen man sich stieß. Aber sein Vergnügen
währte nicht lange. „Ein Riese! Ein Riese!" tönte es von allen
Seiten. Und als er sich nach dem Riesen umgucken wollte, da
merkte er, daß die Leute mit den Fingern auf ihn zeigten. So
schnell ihn seine Füße trugen, ging er in die Kirche. Da konnte
er wohl schön aufrecht stehen, aber er merkte bald, daß alle Leute
ihn anstaunten. Sobald es nur anging, schob er sich deshalb
aus der Türe und eilte nach Hause. Dort vergaß er aber seine
Größe meistens, wenn er aus einer Stube in die andere ging.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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- 29 -
und wollte sie gerne zur Gemahlin haben. Eines Tages machte
er sich daher auf nach Schloß Hammerstein und bat den Herrn
von Kettler um die Hand seiner Tochter Mechthilde. Der Vater
wollte die zarte Jungfrau dem rauhen, wilden Ritter nicht an-
vertrauen und gab dem Freier eine abschlägige Antwort. Der
aber stieß drohende Worte aus und kehrte voll Ingrimm auf
seine Burg zurück. Er sammelte seine Kriegsgesellen und be-
lagerte die Burg Hammerstein, um die Jungfrau zu rauben. Er
wurde aber zurückgeschlagen. Da der Vater fürchtete, daß der
wilde Ritter nicht ruhen würde, bis er sein Ziel erreicht hätte,
so brachte er seine Tochter in das Kloster zu Gräfrath und ließ
sie Nonne werden.
Aber Wolfgang von Kronenburg gab sich auch jetzt noch
nicht zufrieden. Er sann einen Plan aus, wie er die Jungfrau
in seine Gewalt bekommen könnte. Eines Tages gingen die
Nonnen von Gräfrath in einer Prozession in den Wald. Wolf-
gang von Kronenburg hatte davon gehört und hielt sich mit
seinen Spießgesellen im Dickicht des Waldes versteckt. Die Jung-
srauen gingen, fromme Lieder singend, nichts ahnend, dahin. Da
mit einem Male brachen die Raubgesellen aus dem Dickicht
hervor. Eine unbeschreibliche Verwirrung entstand unter den
andächtigen Nonnen. Wolfgang aber hob die zitternde Mecht-
Hilde auf sein Roß und jagte mit seiner Beute und seinen Kriegs-
knechten davon. Der Klostervogt eilte mit seinen Knechten dem
frechen Räuber nach und holte ihn am Ufer der Wupper ein.
Als Wolfgang merkte, daß die Verfolger ihm dicht auf den
Fersen waren, gab er die geraubte Jungsrau einem seiner Spieß-
gesellen, damit er sie nach der Kronenburg in Sicherheit bringe.
Er selbst riß sein Pferd herum, jagte seinen Verfolgern entgegen
und schlug den Klostervogt mit seinem Schwerte nieder. Die
Begleiter dieses wackeren Manne? ergriffen feige die Flucht.
Der Nonnenräuber ritt nach seiner Burg und machte Mechthilde
zu seiner Gemahlin.
Die Äbtissin des Klosters von Gräfrath wollte den Frevel
nicht ungerächt lassen und verklagte den Räuber bei dem Bischof
von Köln, unter dessen Schutz ihr Kloster stand. Der Bischof
sprach den Kirchenbann über den Ritter von Kronenburg aus.
Der aber verhöhnte ihn und weigerte sich, Buße zu tun. Seine
Burg wurde von dem Bischof und seinen Kriegsknechten belagert,
aber hinter seinen Mauern trotzte Wolfgang den Angriffen der
Feinde. Sie zogen endlich ab.
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Extrahierte Personennamen: Kettler Wolfgang_von_Kronenburg Gräfrath Kronenburg Hilde Gräfrath Kronenburg Wolfgang
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sich die Augen und sagte gähnend nach langem Besinnen: „Die
Brote Hab' ich, so wie sie aus dem Backofen kamen, zu meinem
Ochsenbrätlein gegessen. Wenn ihr mir alle Tage solche Mahl-
zeit gebt, so will ich für euch arbeiten, so viel ich nur kann."
Da sahen die Heiden einander an und meinten, nun sei es aber
Zeit, ihn beiseite zu schaffen. Einer von ihnen sagte: „Geh
hinab, Hermel, in unsern Hof, dort sollst du einen Brunnen
reinigen, der wohl fünfzig Klafter tief ist. Dafür sollst du dann
ein Abendbrot haben, wie du es gerne hast."
Der gutmütige Bursche war's zufrieden. Er stieg getrost
in den Brunnen hinab und füllte den Schlamm in Eimer, die
dann hinaufgezogen wurden. Die falschen Gesellen wälzten eine
Menge dicker Steine an den Rand des Brunnens. Als sie einen
ganzen Haufen aufgeschichtet hatten, stießen sie die Steine hin-
unter in den Brunnen, damit der gute Hermel zerschmettert
würde. Der sang ein lustiges Liedlein bei seiner Arbeit unten
in der Tiefe und ließ sich auch anfangs durch die herabfallenden
Steine in seinem Gesang nicht stören. Als sie's ihm aber gar
zu bunt machten, rief er mit lauter Stimme hinauf: „Jagt mir
doch die Hühner dort oben weg, sie scharren mir so viel Kies
und Staub in die Augen, daß ich nicht recht sehen kann." „Na,"
meinten oben die feigen Gesellen, „wenn du das Kies nennst,
so wollen wir dir etwas anderes bringen, daß dir der Spott
vergeht." Zehn Mann mußten mit Hebebäumen einen gewaltigen
Mühlstein an den Rand des Brunnens schleppen und ihn hinein-
rollen. Nun jubelten sie: „So, jetzt hat er sein Teil; nun wird
ihm wohl der Spott vergehen!" Der starke Hermel lachte recht
herzlich und rief munter hinauf: „Habt Dank, ihr Herren, für
dt'n schönen, dauerhaften Halskragen, den ihr mir geschenkt habt?"
Die Heiden trauten ihren Ohren nicht; doch als sie hinabschauten
in den Brunnen, sahen sie ihn ruhig fortarbeiten. Den Mühlstein
hatte er wie ein Kräglein um den Hals.
Da entsetzten sich die Heiden und wurden noch zorniger.
Sie dachten sich schnell noch einen Plan aus, um den übermütigen
Burschen zu verderben. Auf einem Lastwagen, der von acht
Pferden gezogen wurde, schafften sie eine große Turmglocke her-
bei und stürzten sie hinab in die Tiefe. Sie dachten, nun werde
der grobe Bursche gewiß zerschmettert in der Tiefe liegen, aber
der ließ sich in seiner Arbeit und in seinem Gesänge nicht stören.
Er rief nur hinauf: „Vielen Dank, ihr Herren, für die schöne
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Wie sie den starken Gesellen beiseite schaffen könnten. Sie riefen
ihn am Morgen herbei und sagten: „Hermel, du machst uns noch
zu armen Leuten, wenn du länger bei uns bleibst. Drum gehe
in die Hölle zum Teufel und sage ihm, er solle dir einen großen
Sack voll Gold geben, so schwer du ihn nur tragen kannst. Wenn
du uns den bringst, so sollst du immer gute Tage bei uns haben."
Der gute Hermel war's zufrieden und bat die Herren nur noch,
ihm den Weg zur Hölle zu zeigen. Sie gaben ihm einen Burschen
mit, der ihn bis zum Heidenkeller bei Vollberg führte. Als der
wieder heimkam, erzählte er den Heiden, daß der starke Hermel
hinabgestiegen sei in die Teufelshöhle. Da jubelten die Heiden
und riefen: „So, den sind wir nun glücklich los. Der Teufel
wird dem Schlingel schon den Garaus machen."
Der starke Hermel aber hatte inzwischen schwere Arbeit. Als
er in den Heidenkeller hinabgestiegen war, befand er sich in
einem langen, düstern Gang. Er mochte wohl eine Stunde
gegangen sein, da kam er an eine geschlossene Tür, die ihm den
Weg versperrte. Er schüttelte und rüttelte daran, aber umsonst.
Dann trat er mit Macht gegen die Tür, und sie sprang mit
gewaltigem Krachen aus. Der starke Hermel sah unten einen
weiten Raum, der von vielen Feuern erleuchtet wurde. In dem
flackernden Schein bewegten sich wunderliche Gestalten. Große
Fledermäuse flatterten dem Wanderer um den Kopf. Der aber
ließ sich nicht bange machen, sondern schlug mit dem mitgebrachten
Sacke nach den Fledermäusen und ging keck und zuversichtlich
die Treppe hinunter. Da hüpfte ihm der Teufel entgegen, dem
er gestern das Bein abgerieben hatte. Der war wütend herbei-
geeilt, um zu sehen, wer solchen Lärm an der Türe mache. Als
er aber den starken Hermel erblickte, da hielt er sich ängstlich das
Bein fest, das er noch hatte, und hopste heulend davon, so schnell
er nur konnte.
Nun wurde Hermel zu dem Obersten der Teufel geführt.
Der sah gar grimmig aus und saß aus einem feurigen Thron.
Er fragte den Jüngling nach seinem Begehr und faßte gleich
nach seinem Halse. Hermel schlug ihn tüchtig auf die Finger
und erzählte ganz treuherzig, weshalb er hergekommen. Der
Teufel lächelte und sagte: „Du bist ein wackerer Bursche. Wenn
du mir die drei Kunststücke nachmachen kannst, die ich dir vor-
mache, so sollst du den Sack voll Geld haben. Kannst du's aber
nicht, so bist du mein eigen." „Nur heraus damit, Herr Teufel?"
sagte Hermel keck.
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Der Höllenfürst holte ein gewaltiges Jagdhorn herbei, das
war unten so weit wie ein großes Faß. „So, nun wollen wir
sehen," sagte er, „wer am besten blasen kann." Er setzte das
Horn an und tutete so mächtig, daß der ganze Berg erbebte und
sechs Feuer, die am nächsten waren, erloschen. Als der starke
Hermel das Horn zum Blasen ansetzte, gab es keinen Ton,
sondern einen Knall, und das Horn zerplatzte wie eine Seisen-
blase. Die Metallstücke flogen dem Teufel an den Kopf, daß
die Hörner wackelten und ihm die Nase blutete. Wohl hundert
Flämmchen erloschen, und die beiden Bläser standen im Dunkeln.
Der Teufel wunderte sich, holte einen schweren Stein, so
groß wie ein Backhaus, und warf ihn fenkrecht in die Höhe, daß
er wohl die Spitze eines Pappelbaumes erreicht hätte. Als nun
Äer starke Hermel an die Reihe kam, wog er den Stein wie einen
Ball sinnend hin und her und sagte endlich: „Ich will doch eben
noch einmal in den Wald springen, ehe ich werfe, und ein paar
Eichbäume ausreißen." „Was willst du denn damit?" fragte
der Teufel. „Ich will das Gewölbe stützen," meinte Hermel.
„Wenn ich werfe, könnte es einstürzen und uns alle begraben."
Da wurde der Teufel recht kleinlaut und gab die Wette verloren.
Er ließ sich's aber nicht merken, sondern brauchte eine Ausrede,
an der es dem arglistigen Teufel ja niemals fehlt. Der wackre
Bursche aber wurde auf seinen Befehl zu der höllischen Schatz-
kammer geführt. Da füllte er sich seinen Sack mit Gold und
Silber und zog wohlgemut zu seinen Herren. Die trauten ihren
Augen und Ohren nicht. Sie sreuten sich wohl über den großen
Schatz, aber sie fürchteten sich noch mehr als vorher vor dem
gewaltigen Burschen. „Er wird uns über kurz oder lang alle
totschlagen," meinten sie und überlegten wieder, wie sie ihn los
werden könnten.
Eines Tages schickten sie den starken Hermel in den Wald,
um Holz zu hauen. In kurzer Zeit hatte er eine große Menge
Baume gefällt und die zerkleinerten Stämme ausgeschichtet. Dann
legte er sich hin, um wie gewöhnlich seinen Mittagsschlaf zu
halten. Der war so tief und fest, daß auch das stärkste Geräusch
ihn nicht störte. Er lag im Schatten der Holzstöße, die er auf-
gerichtet hatte. Da schlichen die hinterlistigen Heiden herbei,
häuften ringsum Stroh und Holz aus und zündeten es an. Bald
loderten die Flammen hoch auf, und inmitten des feurigen
Ringes schlief ahnungslos der gute Hermel. Zuerst hörte man
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Sünden an. Auf mühseliger Wanderung besuchte er noch viele
Wallfahrtsorte und kehrte dann nach Brabant zurück. Sein Weg
führte ihn wieder über das Schlachtfeld, und von neuem fühlte
er tiefe Trauer über sein früheres Leben. Auf seiner weiteren
Wanderung kam er in ein Kloster. Hier vermietete er sich als
Hirt. Geduldig und demütig trieb er die Herde tagaus, tagein
auf die Weide. Während des Hütens schnitzte er aus Holz Lössel,
Schüsselchen, Spielzeug und andere Dinge. Die fertigen Sachen
verkaufte er und verteilte das Geld unter die Armen. Auch
sammelte er heilsame Kräuter und bereitete daraus Getränke wt>
Salben für die Kranken. Von weit und breit brachten die Leute
Kranke zu dem klugen Hirten.
Sieben Jahre waren so dahingegangen. Niemand ahnte,
daß der einfache Schweinehirt ein vornehmer Graf sei. Da ver-
irrten sich einst mehrere Ritter im dichten Klosterwald. Der
Abend nahte, und sie befahlen einem Reitknecht, auf einen Baum
zu klettern und Umschau zu halten. Zu seiner Freude erblickte
er in der Nähe einen Hirten. Schnell stieg der Knecht hinunter
und eilte auf ihn zu. Wie erstaunte er aber, als er in dem
schlichten Hirten seinen geliebten Herrn, den Grafen Eberhard,
erkannte. Doch der Hirt stellte sich fremd, sprach zu den Rittern
in fremder Sprache und wollte forteilen. Der Reitknecht hielt
ihn aber zurück, entfernte das Wams von des Hirten Brust und
zeigte auf eine Narbe, an der alle den totgeglaubten Eberhard
erkannten. Sie umarmten ihn unter Freudentränen. Unter
traulichen Gesprächen erreichten sie das Kloster, wo die Fremden
freundlich beherbergt wurden.
Am andern Morgen ließen die Ritter, noch ehe die Sonne
aufging, ihre Rosse satteln. Alle erwarteten bestimmt, Gras
Eberhard werde mit ihnen auf die heimatliche Burg zurückkehren.
Doch es half kein Bitten und Flehen. Eberhard nahm Abschied
von seinen Freunden und trieb wie immer seine Herde ans.
Bald nachher zog er ins Kloster ein und wurde Mönch.
Inzwischen verkündeten die bergischen Ritter überall in ihrer
Heimat: „Graf Eberhard lebt! Wir haben ihn gefunden?" Da
herrschte Jubel bei arm und reich, bei hoch und niedrig. Am
größten aber war die Freude bei Graf Adolf. Sofort eilte er
nach Brabant, um den Bruder, nach dem er sich von Herzen sehnte,
heimzuholen. Doch auch seine Bitten waren vergebens; Graf
Eberhard blieb Mönch.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Eberhard Eberhard Eberhard Eberhard Eberhard Graf_Adolf Adolf Eberhard
1. Die Schatzgräber auf dem Engelnberg.
Vor vielen, vielen Jahren war es auf dem Engelnberg recht
öde. Da wuchs nur niederes Gestrüpp zwischen den Steinen.
Auch gab es dort manche Schluchten und dunkle Höhlen.' In
diesen Schlupfwinkeln hielten sich Räuber auf und versteckten
dort ihre Schätze. Wenn nun in Elberfeld den Leuten etwas
abhanden kam, so sagten sie: „Et geiht dem Engelenberg herop?"
Später erzählten sich die Leute auch, man könne auf dem Engeln-
berg Schätze in der Erde finden.
Nun wohnte am Rommelspütt ein Mann, der wollte mit
seinem Sohn auf dem Engelnberg einen Schatz graben. Vor
Mitternacht brachen sie auf und gingen hinauf zum Engelnberg.
<£§ war eine stürmische, düstere Nacht. Die beiden Schatzgräber
kamen an einzelnen kleinen Bauernhäusern vorbei, und vor jedem
bellte ein Hund. Sie gingen ganz still weiter, denn wenn man
einen Schatz graben will, darf man nicht sprechen. Auf einmal
merkten sie, daß ein schwarzes Ungetüm wie ein großer Hund
mit feurigen Augen ihnen nachging und immer um sie herum-
lief. Sie hatten beide so große Angst, daß ihnen die Schweiß-
tropfen auf der Stirne standen. Keiner aber wollte es den
andern merken lassen, und so gingen sie mutig vorwärts. Als
sie fast oben waren, kam wieder das Ungetüm mit den feurigen
Augen ganz dicht an sie heran. Da wurde ihnen so unheimlich
zumute, daß sie umkehrten und schnurstracks den Berg hinunter-
liefen. Die Lust zum Schatzgraben war ihnen vergangen. Sie
arbeiteten aber von nun an fleißig und wurden wohlhabende
Leute. Da lernten sie, daß die Arbeit der beste Schatz ist.
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
2. Vom Zwergenloch an der Kluse.
Es gab einst eine Zeit, da sah's hier im Wuppertal ganz
anders aus als heute. Von Häusern war nichts zu sehen.
Waldige Berge begleiteten die Wupper auf ihrem Lauf. In dem
klaren Wasser des Flusses spiegelten sich Himmel und Bäume.
Am dichtesten traten bei der Kluse die Berge an die Wupper
heran.
Das stille Tal mit seinen waldigen Hügeln hatten sich Zwerge
zum Wohnorte ausersehen. Am liebsten hielten sie sich an der
Kluse und im Island auf. Am Tage arbeiteten sie fleißig im
Innern der Berge, schmiedeten kostbare Waffen und Geräte oder
gruben in der Erde nach Schätzen, nach edlen Steinen und
Perlen. Abends, wenn die Männlein müde von der Arbeit
waren, lustwandelten sie im Walde oder ruhten unter schattigen
Bäumen aus. Auch als einzelne Leute ihre Hütten im Wupper-
tal bauten, blieben die guten Zwerge.
Mancher Wanderer, der in der Abenddämmerung durch den
Wald an der Kluse ging, hat die Männlein gesehen. . Häufig
hielten dann die Zwerge die Vorübergehenden an und plauderten
gemütlich mit ihnen. Aber die Leute mußten gut und fromm
sein. Ungezogenes Reden oder Tun duldeten die Zwerge nicht
in ihrer Nähe. Nach und nach zogen immer mehr Leute hierher.
An Stelle der kleinen Häuser, in denen die Garnbleicher wohnten,
entstanden Fabriken. Das Wasser der Wupper ward trübe und
müde von der vielen Arbeit; es floß nicht mehr so munter dahin.
Die Leute holzten manchen Wald ab; die Hügel wurden mit
Häusern bebaut. Auch der Kluser Wald verschwand. Da wurde
es den Männlein ungemütlich. Sie verließen das ehemals so
stille Tal und kehrten niemals wieder.
3. Warum ein reicher Mann nach seinem Tode
keine Ruhe fand.
Am Kerstenplatz in Elberfeld wohnte einst ein reicher Mann,
den die Leute Konellges nannten. Er war aber sehr unehrlich
und betrog oft die Leute, die bei ihm Recht suchten, um Hab
und Gut. So konnte er sich ein Haus nach dem andern kaufen,
und endlich gehörten ihm alle Häuser am Kerstenplatz. Auch
besaß er Gärten und Felder am Kirdel. So hieß früher der
Berg auf dem rechten Ufer des Mirkerbaches.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
Extrahierte Ortsnamen: Wuppertal Island Kerstenplatz Elberfeld Kerstenplatz Kirdel
Auf diesem Berge woyme in einem kleinen Hapse eine Witwe.
Ms ihr Mann noch lebte, hatten sie beide tüchtig gearbeitet und
waren dabei ganz wohlhabend geworden. Da wurde der Mann
von einer tückischen Krankheit befallen. Die Frau Pflegte ihn
treu, aber die Krankheit war stärker als die Menschen, und der
Mann starb. Während der langen Krankheit brauchten sie viel
Geld, und sie konnten die Pacht für ihr Land nicht mehr be-
zahlen. Ihr Pachtherr aber war der reiche Konellges.
Als nun der Mann begraben war, bat die Witwe ihren
Pachtherrn: „Habt ein wenig Geduld; ich will nach und nach
alles bezahlen." Der harte Mann aber wollte davon nichts
hören, und als der Tag herankam, an dem der Zins fällig war,
ließ er der armen Witwe alles wegnehmen, was sie hatte. Die
Frau mußte zusehen, wie ein Stück nach dem andern fortgetragen
und den Meistbietenden verkauft wurde. Endlich holten sie die
letzte Kuh aus dem Stalle. Sie brüllte ganz kläglich, und das
schnitt ihrer Herrin ins Herz. Diese dachte daran, wie ihr Mann
so froh und glücklich nach Haufe kam, als er die Kuh auf dem
Markte von ihrem sauer verdienten Gelde erstanden hatte. „Nie,"
so meinte die arme Witwe, „kann der reiche, harte Mann, der
ein armes Weib so grausam um ihr Hab und Gut bringt, Ruhe
finden, selbst im Grabe nicht."
Eines Tages wurde der reiche Mann am Kerstenplatz sehr
krank. In seinen wilden Fieberträumen ries er die Namen
mancher Leute, die er in gesunden Tagen betrogen hatte. Am
meisten schien er auf dem Kirdel zu sein, wo er einst der hilflosen
Frau die letzte Kuh aus dem Stalle hatte nehmen lassen. Im
Traume verfolgte ihn das Tier, und jammervoll war des
Kranken Hilferufen und Stöhnen anzuhören. Wie sehr sich auch
die gelehrten Doktoren mühten, ihm zu helfen, der reiche Mann
starb am Martinstag, gerade als unten in den Gassen die Kinder
vor den Kramläden ihr Lied anstimmten: „Mäten es än goden
Mann, dä os btav wat geven kann." Der reiche Konellges
wurde begraben mit großer Pracht, wie es meist bei so reichen
Leuten geschieht.
Die Einwohner Elberfelds aber erzählten noch lange von
seiner Habgier und von seiner Hartherzigkeit. Manche hatten
auch gehört, wie ihn das Gewissen auf dem Krankenlager so
gequält hatte, und wie schwer ihm das Sterben geworden war.
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