4. Wichtige Ereignisse während der Regierung Wilhelms Ii. 123
Die Besetzung der Bucht von Kiautschou und der umliegenden Land-ftreckeu int November 1897 war der Ausdruck einer zielbewußten, ruhigen Politik. Das Vorgehen der deutschen Regierung entsprang der Überzeugung, daß das Deutsche Reich in Ostasien in wirtschaftlicher und politischer Beziehung einen Stützpunkt nötig hatte.
In wirtschaftlicher Beziehung braucht Deutschland eine Eingangstür zu dem riesigen Absatzgebiet des Chinesischen Reiches mit seinen etwa 330 Million Menschen, wie Frankreich solche in Tongking, England in Hongkong und Rußland im Norden Chinas besitzt. Ohne solchen Stützpunkt würden deutsche Unternehmungen in China schließlich andern Völkern mehr zugute kommen als dem deutschen Volke.
Die Größe und der Umfang der deutschen ostasiatischen Handelsinteressen machten daselbst die dauernde Anwesenheit eines deutschen Geschwaders not-lvendig. Dieses Geschwader brauchte aber einen Hafen, wo deutsche Schiffe, ohne von dem guten Willen fremder Regierungen abhängig zu sein, ausgerüstet, verproviantiert und im Notfälle ausgebessert werden können.
Dazu trat noch die Erwägung, daß die Festsetzung des Deutschen Reiches in Kiautschou, wie Bischof Anzer erklärte, als eine Lebensfrage für das Fortbestehen der chinesischen Mission in Schantuug erschien. Die Ermordung zweier katholischer Missionare gab denn auch den äußern Anlaß zur tatsächlichen Besitzergreifung von Kiautschou. Nachdem diese Besitzergreifung erfolgt war, kam zwischen dem Deutschen Reich und China ein Vertrag zustande. Die chinesische Regierung überließ dem Deutschen Reich das auf beiden Seiten des Einganges der Bucht von Kiautschou in Südschantnng belegene Gebiet vorläufig auf 99 Jahre pachtweise zur beliebigen Verfügung und verpflichtete sich, in einer Zone von 50 kni im Umkreise rings um die Bucht von Kiautschou keine Anordnungen ohne Zustimmung der deutschen Regierung zu treffen und insbesondere einer etwa notwendig werdenden Regulierung der Wasserläufe kein Hindernis entgegenzusetzen.
Da sich die chinesische Regierung auch verpflichtete, während der Pachtdauer im Pachtgebiet keinerlei Hoheitsrechte auszuüben, sondern deren Ausübung vollständig der deutschen Regierung überließ, erscheint das Deutsche Reich während der Pachtzeit in diesem Gebiet als souveräne Macht. Das Pachtgebiet hat den durchschnittlichen Umfang eines preußischen Kreises (501 qkm).
Kurz darauf entstand eine kriegerische Verwicklung mit China. Nur gezwungen hatte China seine Häfen den Fremden geöffnet, eine große Partei ist gegen jeden Handels- und sonstigen Verkehr mit andern Staaten. Von Zeit zu Zeit tritt diese Partei der Boxer durch Angriffe auf die fremden Kaufleute und Missionen an die Öffentlichkeit. Bei einem solchen Aufstande wurde im Jahre 1900 der Kaiserlich Deutsche Gesandte in Peking, Freiherr von Kettöler, ermordet, und viele Missionen wurden zerstört. Die chinesische Kaiserfamilie floh aus Peking. Deutsche, französische, russische, englische und japanische Truppen wurden unter dem Oberbefehle des deutschen Generalfeldmarfchalls Grafen Walderfee vereinigt, um für die frevelhafte Verletzung des Völkerrechts und die Zerstörung der christlichen Kulturstätten mit bewaffneter Hand
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms
Extrahierte Ortsnamen: Wilhelms Deutsche_Reich Ostasien Deutschland Frankreich England Hongkong Chinas China Deutschen_Reich China Südschantnng China China Peking Peking
118
Dar Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519—1648.
hugenottischen Führer, zum Opfer fiel. Frankreich litt schwer unter den 1589. Kämpfen und Verwüstungen. Auch als im Jahre 1589 König Heinrich Iii., der letzte männliche Sproß des Hauses V a l o i s, ermordet wurde, war zunächst kein Ende des Bürgerkrieges abzusehen; denn Heinrich Bourbon, der gesetzliche Erbe der Krone, war Protestant, und die katholische Partei wollte, unterstützt von Philipp Ii., der auch Frankreich seinem Einfluß zu Heinrich iv. unterwerfen gedachte, keinen Ketzer auf dem Throne dulden. Da entschloß eour68n" sich Heinrich zum katholischen Glauben überzutreten. „Paris ist eine Messe wert", soll er gesagt haben; die Hauptstadt öffnete ihm jetzt ihre Tore, die Gegner legten die Waffen nieder, und dem zerrütteten Lande wurde endlich der Friede wiedergegeben. Den Hugenotten aber gestand Heinrich Iv. im Jahre 1598 durch das Edikt von Nantes freie Religionsübung zu.
Phäii. In demselben Jahre starb Philipp Ii. Er hatte weder den 159a Protestantismus besiegen noch Spaniens Weltherrschaft begründen können. Unter seinen Nachfolgern nahm der Verfall Spaniens zu. Schlecht verwaltet, nach außen ohnmächtig, büßte es die Großmachtstellung ein, zu der es durch Karl V. erhoben worden war. ^
Deutschland im Zeitalter der Gegenreformation.
§ 127. Die Zeit Ferdinands I., Maximilians Ii. und Rudolfs Il
Während im übrigen Europa die streitenden Mächte und Religionsparteien sich bekämpften, herrschte in dieser Zeit in Deutschland ein nur selten ge-Aerdinandi.störter Friede. Ferdinand I. war ernstlich bemüht, den Augsburger 1558-1564. Religionsfrieden aufrecht zu erhalten. Sein Sohn und Nachfolger M a x i -muki. mtlian Ii. legte sogar eine ziemliche Hinneigung zum Protestantismus an 1564-1576. y0 b0£ man eine Zeitlang seinen Übertritt erwartete. Der in
Rudolfii. Spanien erzogene, streng katholische Rudolf Ii. war ein taten- und 1576—1612. menschenscheuer, zum Trübsinn geneigter Fürst, der schwer Entschlüsse faßte und sich ungern mit politischen Dingen befaßte; am liebsten gab er sich in der Einsamkeit seinen Lieblingsstudien hin, der Astrologie, d. h. der Sterndeuterei, und der Alchymie (Ehemie), durch die man u. a. die Kunst zu entdecken hoffte, Gold zu machen.
Die Lage So konnte sich zunächst der Protestantismus immer weiter au§= Pr?t?stan- breiten. Um 1570 berechnete man, daß etwa neun Zehntel der deutschen Nation vom alten Glauben abgefallen waren. Zwei Kurfürsten, die von Brandenburg und Sachsen, waren lutherisch, einer, der Kurfürst von der Pfalz, calvinisch. In Norddeutschland hatten die meisten weltlichen Fürsten die Reformation durchgeführt; aber auch eine ganze Reihe geist-
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Nantes Spaniens Spaniens Deutschland Maximilians Rudolfs_Il
Während Europa Deutschland Rudolfii Spanien Brandenburg Sachsen Norddeutschland
90
Zur Erklrung des Krieges ist die Zustimmung des Bundesrats erforderlich, es sei denn, da ein Angriff auf das Bundesgebiet oder beffen Ksten erfolgt.
Art. 12. Dem Kaiser steht es zu, den Bundesrat und den Reichstag zu berufen, zu erffnen, zu vertagen und zu schlieen.
Art. 15. Der Vorsitz im Bundesrat und die Leitung der Geschfte steht dem Reichskanzler zu, welcher vom Kaiser zu ernennen ist.
Rchstag 20. Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten
Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor. - Die Gesamtzahl der Abge-ordneten betrgt 397. Die Wahlberechtigung (aktives Wahlrecht) und die Whlbarkeit (passives Wahlrecht) sind an die Vollendung des 25. Lebens-jahres geknpft. Fr Personen des Soldatenstandes ruht die Berechtigung zum Whlen so lange, als sie sich bei der Fahne befinden. Von der Be-rechtigung zum Whlen ausgeschlossen find Personen, welche unter Vor-mundschaft oder Kuratel stehen, ferner solche, der deren Vermgen Konkurs erffnet worden ist, sodann diejenigen, welche eine Armenuntersttzung be-ziehen, oder denen die brgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind.
Art. 24. Die Legislaturperiode dauert fnf Jahre. Zur Auflsung des Reichstages während derselben ist ein Beschlu des Bundesrats unter Zustimmung des Kaisers erforderlich.
Art. 29. Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter des ganzen Volkes und an Auftrge und Instruktionen nicht gebunden.
Die Mitglieder des Reichstages drfen als solche keine Besoldung be-ziehen. Sie erhalten als solche eine Entschdigung nach Magabe des Gesetzes.
Zollgrenze. Art. 33. Deutschland bildet ein Zoll - und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze. Die Zollgrenze umschliet auch Luxemburg.
Flotte und Art. 53. Die Kriegsmarine des Reichs ist eine einheitliche unter dem Oberbefehl des Kaifers. Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Reichskriegshfen. Die gesamte seemnnische Bevlkerung des Reichs ist vom Dienst im Landheer befreit, dagegen zum Dienst in der Kaiserlichen Marine verpflichtet.
Art.57. Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Ausbung dieser Pflicht nicht vertreten laffen. Die Wehrpflicht beginnt heute mit dem vollendeten 17. Lebensjahre und dauert bis zum vollendeten 45. Lebensjahre. Die aktive Dienstzeit betrgt 2 Jahre, fr die Kavallerie und die reitende Artillerie ebenso wie fr die Marine 3 Jahre; dann folgen 5 (bezw. 4) Jahre Dienstzeit in der Reserve und 5 Jahre in der Landwehr
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Der deu tsche Krieg 1866.
67
Preußen hatten 1200 Mann an Toten und Verwundeten. Wenige Tage spter erschien König Wilhelm beim Heere und hielt auf dem Schlachtfeld der seine braven Truppen eine Revue ab.
Zur See hatten die Dnen die bermacht, da sie die strkere Flotte besaen. Doch lieferten ihnen bei Arkona preuische, bei Helgo-land sterreichische Schiffe glckliche Gefechte. Verhandlungen, welche unter Vermittelung der auswrtigen Gromchte mit Dnemark stattfanden, scheiterten infolge der Halsstarrigkeit der dnischen Regierung. Darauf begannen die kriegerischen Unternehmungen von neuem. In der Nacht vom 28. zum 29. Juni wurde die Insel Alsen, das letzte Stck schles- 28^Ifejunt wigschen Landes, das noch von den Dnen besetzt war, erstrmt und der Feind gezwungen sich einzuschiffen. Jetzt frchteten die Dnen, ihre Gegner, die indessen Jtland bis zum Kap Skagen besetzt hatten, wrden auch nach Fnen hinbergehen. So begannen sie Friedensunterhandlungen, und diese fhrten zum Abschlu des Friedens von Wien. Dnemark^nw?en trat Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Osterreich ab.
mfi
Der deutsche Krieg 1866.
55. Vorgeschichte des Krieges. Preußen und O st erreich ver- Krwmng /walteten die Herzogtmer zunchst gemeinsam. Uber die Frage aber, ^ei.jobgetrmer welches ihr endgltiges Schicksal sein sollte, entstanden zwischen beiden Staaten Meinungsverschiedenheiten, die schlielich zum Kriege fhrten. ( sterreich wnschte eine Annexion der Herzogtmer durch Preußen, bei der es selbst leer ausginge, zu verhindern und war daher geneigt, den Erbprinzen von Augustenburg als Herzog einzusetzen. Die preu-ische Regierung war hierzu nur in dem Falle bereit, da die Herzogtmer in ein enges Verhltnis zum preuischen Staate trten, da insbesondere ihre Truppen der Kriegshoheit des Knigs von Preußen unterstellt und der wichtige Kieler Hasen an Preußen abgetreten wrde; falls hier ein neuer Staat entstand, so wollte sie wenigstens verhindern, da dieser in Gemeinschaft mit den brigen Mittelstaaten eine Preußen feindliche Politik triebe. Schon im Jahre 1865 wurde insolgedessen die Spannung so groß,
da der Ausbruch des Krieges zu befrchten war. Doch wurde er durch den Abschlu der Konvention von Gast ein verhindert, wo sich tiosn0nk König Wilhelm damals zur Kur aufhielt; hier wurde abgemacht, da die 1865. Verwaltung Schleswigs an Preußen, die Holsteins an Osterreich bergehen sollte. Das kleine Herzogtum Lauenburg berlie Osterreich gegen eine Geldzahlung an Preußen. Damals wurde Bismarck von seinem dankbaren König in den Grafenstand erhoben.
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Der innere Ausbau des deutschen Reicks.
95
mittelnbe Stellung nahmen einerseits die nationalliberale Partei, die in den Siebziger Jahren sehr stark war, und unter beren Fhrern Bennigsen hervorragte, anbererseits die Freikonservativen (deutsche Reichspartei) ein. Zu allen brgerlichen Parteien stellte sich bte sozialbemokratische Partei in scharfen Gegensatz (vgl. 76).
73. Heer nttb Flotte, Recht, Volkswirtschaft und Reichsfinanzen.
Der strksten Grunblage des neuen Reichs, dem Heere, wrbe von vorn- Reichsheer, herein die grte Sorgfalt gewibmet. Es wrbe besonbers mit Rcksicht auf die mehrmaligen Verstrkungen der franzsischen Wehrkraft stetig ver-mehrt; 1908 betrug feine Strke im Frieden 619 000 Mann, babei 25 500 Offiziere und 85 000 Unteroffiziere; im Kriege vielleicht 4 300 000 Mann. An feiner Fortbilbung wrbe rastlos gearbeitet, die besten Waffen beschafft,
alle neuen, fr den Krieg nutzbaren Erfinbungen sorgfltig geprft und durch fortwhrende bung und schrfste Aufsicht die Kriegstchtigkeit der Armee erhalten. Sie zerfllt heute in 23 Armeekorps; bavon ent-fallen auf Wrttemberg und Baden je eins, auf Sachsen zwei, auf Bayern brei, die brigen auf Preußen und die kleineren Staaten. Die Armeekorps zerfallen in zwei Divisionen, bte Divisionen in zwei Jnsanteriebrigaben,
bereu jede zwei Regimenter umfat, eine Kavalleriebrigade und eine Feld-artilleriebrigabe. Die Vorbereitung der Mobilmachung und der Entwurf der Plne fr etwaige knftige Kriege liegt dem General st ab ob.
Gleichzeitig wurde eine deutsche Flotte geschaffen. Sie besteht aus Reichsflotte, gepanzerten Linienschiffen und Kstenpanzerschiffen, groen und kleinen Kreuzern, Kanonenbooten, Avisos, Schulschiffen, Schiffen zu besonderen Zwecken, unter benen sich auch die kaiserliche Jacht Hohenzollern" befindet, und Torpebobooten. Sie untersteht dem fommanbierenben Abmiral.
Wie das neue beutsche Reich im Unterschiebe von dem deutschen Bunbe Recht.
eine Wehreinheit ist, so ist es auch eine Rechtseinheit. Ein Strafgefetzbuch war schon zur Zeit des norbbeutschen Bunbes geschaffen werben und wrbe von biefem bernommen. Es wrbe ferner eine einheitliche Gerichtsverfassung geschaffen. Die Gerichte zerfallen in Amts-gerichte, Lanbgerichte und Oberlandesgerichte; die letzteren umfassen ge-whnlich den Umfang einer Provinz. Au der Spitze steht das Reichsgericht, das seinen Sitz in Leipzig hat und in mehrere Senate geteilt ist. Die Gerichte entscheiden entweder der Streitigkeiten, die zwischen einzelnen Personen entstanden sind (Zivilproze), oder sie verfolgen die durch die Gesetze mit Strafen bedrohten Handlungen (Strafproze). Leichte Straf-
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106
Das Zeitalter der Zerstrung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
war, begleitete er auch ferner mit lebhaftester Aufmerksamkeit, mit ratenden und warnenden Worten, als ein getreuer Eckart der Nation ihre politische Entwicklung. Indessen wuchs die Begeisterung fr den groen deutschen Mann immer hher. Mit unbeschreiblichem Jubel beging das deutsche Volk am 1. April 1895 den achtzigsten Geburtstag des nationalen Helden, des Grnders des deutschen Reichs; und es war ein Tag tiefer nationaler
^gg1 Trauer, als er am 30. Juli 1898 durch den Tod hinweggerafft wurde.
' Lange vor ihm war Graf M o lt k e gestorben. Am 26.Oktober 1890 war sein neunzigster Geburtstag in ganz Deutschland feierlich begangen worden; noch im Mrz 1891 sprach er im Reichstag, dem er von Anfang an als Abgeordneter angehrt hatte. Ohne krank gewesen zu sein, starb er am 24. April 1891.
Zum Reichskanzler hatte der Kaiser an Bismarcks Stelle den General der Infanterie von Caprivi berufen, der nachher zum Grafen erhoben worden ist. 1894 trat an dessen Stelle der im Staatsdienst grau gewordene Fürst von H o h e n l o h e - S ch i l l i n g s f r st , der von 1866 bis 1869 bayrischer Minister des Auswrtigen, spter deutscher Botschafter in Paris und zuletzt als Nachfolger des Generalfeldmarschalls von Manteusfel Statt-Halter des Reichslandes Elsa-Lothringen gewesen war. Ihm folgte 1900 der frhere Botschafter bei dem Knigreich Italien Graf B l o w, der vom Kaiser zum Fürsten erhoben wurde. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt wurde im Sommer 1909 der bisherige Staatssekretr des Inneren von Bethmann-Hollweg zum Reichskanzler ernannt. .
^Marin? 8l Innere Politik. Ein hervorragender Gegenstand der Fr-sorge des Kaisers ist das Heer, die starke Sttze unserer europischen Machtstellung; mit dem Leben der Armee ist er nach Hohenzollernart auf das innigste verknpft (vgl. 73). Sein besonderes Verdienst ist, unab-lssig darauf hingewirkt zu haben, da eine starke Flotte geschaffen werde. Unermdlich hat er das deutsche Volk darauf hingewiesen, da wir einer strkeren Seegeltung bedrfen, zum Schutze unserer Ksten, zum Schutze unseres Auenhandels, zur Erhhung unserer Macht und unsers Ansehens unter den Nationen, niemand zu Liebe und niemand zu Leide": Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser"; bitter not ist uns eine starke deutsche Flotte". Durch zwei Flottengesetze ist eine starke Vermehrung ihres Bestandes angeordnet worden: bis 1917 sollen im ganzen 38 Linien-schiffe, 14 groe und 38 kleine Kreuzer gebaut werden. Auch bei dem Bau des K a i s e r - W i l h e l m s - K a n a l s , der Nord- und Ostsee, die Kieler Fhrde und die Elbmndung verbindet, und dessen Vollendung
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Extrahierte Personennamen: Caprivi
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Bismarcks Paris Bethmann-Hollweg Ostsee
118
Das Zeitalter der religisen Kmpfe 15191648.
hugenottischen Fhrer, zum Opfer fiel. Frankreich litt schwer unter den 1589. Kmpfen und Verwstungen. Auch als im Jahre 1589 König Heinrich Iii., der letzte mnnliche Spro des Hauses Valois, ermordet wurde, war zu-nchst kein Ende des Brgerkrieges abzusehen; denn Heinrich Bourbon, der gesetzliche Erbe der Krone, war Protestant, und die katholische Partei wollte, untersttzt von Philipp Ii., der auch Frankreich seinem Einflu zu Henrich iv. unterwerfen gedachte, keinen Ketzer aus dem Throne dulden. Da entschlo sich Heinrich zum katholischen Glauben berzutreten. Paris ist eine Messe wert", soll er gesagt haben; die Hauptstadt ffnete ihm jetzt ihre Tore, die Gegner legten die Waffen nieder, und dem zerrtteten Lande wurde endlich der Friede wiebergegeben. Den Hugenotten aber gestand Heinrich Iv. im Jahre 1598 durch das Edikt von Nantes freie Religionsbung zu.
Phmsii. In demselben Jahre starb Philipp Ii. Er hatte weder den 1598. sprote|tant|mu besiegen noch Spaniens Weltherrschaft begrnden knnen. Unter seinen Nachfolgern nahm der Verfall Spaniens zu. Schlecht verwaltet, nach auen ohnmchtig, bte es die Gromachtstellung ein, zu der es durch Karl V. erhoben worden war.
Deutschland im Zeitalter der Gegenreformation.
127. Die Zeit Ferdinands I., Maximilians Il und Rudolfs Il
Whrend im brigen Europa die streitenden Mchte und Religionsparteien sich bekmpften, herrschte in dieser Zeit in Deutschland ein nur selten ge-Ferdinandi.strter Friede. Ferdinand I. war ernstlich bemht, den Augsburger Religionsfrieden aufrecht zu erhalten. Sein Sohn und Nachfolger Maxi-mtuan$in. milian Ii. legte sogar eine ziemliche Hinneigung zum Protestantismus an 1564 1576. ^ ca^ j0 da man eine Zeitlang seinen bertritt erwartete. Der in Rudolfii. Spanien erzogene, streng katholische Rudolf Ii. war ein taten- und menschenscheuer, zum Trbsinn geneigter Fürst, der schwer Entschlsse fate und sich ungern mit politischen Dingen befate; am liebsten gab er sich in der Einsamkeit seinen Lieblingsstudien hin, der Astrologie, d. h. der Stern-deuterei, und der Alchymie (Chemie), durch die man u. ct. die Kunst zu ent-decken hoffte, Gold zu machen.
Stange So konnte sich zunchst der Protestantismus immer weiter aus-^tismus- reiten. Um 1570 berechnete man, da etwa neun Zehntel der deutschen Nation vom alten Glauben abgefallen waren. Zwei K u r f r st e n, die von Brandenburg und Sachsen, waren lutherisch, einer, der Kurfürst von der Pfalz, calvinisch. In Nordbeutschlaub hatten die meisten weltlichen F r st e n die Reformation burchgefhrt; aber auch eine ganze Reihe g e i st -
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Whrend Europa Deutschland Rudolfii Spanien Brandenburg Sachsen Nordbeutschlaub
Der innere Ausbau des deutschen Reichs.
263
gestorben und L eo Xiii. auf ihn gefolgt war, ist durch Nachgeben von beiden Seiten ein Friedenszustand hergestellt worden. Whrend des Kulturkampfes wurde das Reichsgesetz der die Zivilehe erlassen; dadurch ist die Ehe-schlieung und die Beurkundung der Geburten und Sterbeflle von den Geist-lichen auf brgerliche Beamte, die Standesbeamten, bertragen worden.
261. Heer und Flotte, Recht, Volkswirtschaft und Reichs-finanzen. Der strksten Grundlage des neuen Reichs, dem Heere, wurde Reich-wr. von vornherein die grte Sorgsalt gewidmet. Es wurde besonders mit Rcksicht auf die mehrmaligen Verstrkungen der franzsischen Wehrkraft stetig vermehrt; heute betrgt feine Strke im Frieden 500700mann, wozu 25000 Offiziere und fast 85000 Unteroffiziere kommen; im Kriege etwa 4 300 000. Die Armee zerfllt heute in 23 Armeekorps; davon entfallen auf Wrttemberg, Baden und Heffen je eins, auf Sachsen zwei, auf Bayern drei, die brigen auf Preußen und die kleineren Staaten. Die Armeekorps zerfallen in zwei Divisionen, die Divisionen in zwei Jnfanteriebrigaden, eine Kavalleriebrigade, deren jede zwei Regimenter umfat, und eine Feldartillerie-brigade. Die Vorbereitung der Mobilmachung und der Entwurf der Plne fr etwaige knftige Kriege liegt dem Generalftab ob.
Gleichzeitig wurde eine deutsche Flotte geschaffen. Sie besteht aus Reichsflotte gepanzerten Linienschiffen und Kstenpanzerschiffen, groen und kleinen Kreuzern, Kanonenbooten, Avisos, Schulschiffen, Schiffen zu besonderen Zwecken, unter denen sich auch die kaiserliche Jacht Hohenzollern" befindet, und Torpedobooten. Sie untersteht dem kommandierenden Admiral.
Wie das neue deutsche Reich im Unterschiede von dem deutschen Bunde Recht.
eine Wehreinheit ist, so ist es auch eine Rechtseinheit. Ein Straf-gefetzbuch war schon zur Zeit des norddeutschen Bundes geschaffen worden und wurde von diesem bernommen. Es wurde ferner eine einheitliche Ge-richtsverfaffung geschaffen. Die Gerichte zerfallen in Amts-gerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte; die letz-teren umfassen gewhnlich den Umfang einer Provinz. An der Spitze steht das Reichsgericht, das seinen Sitz in Leipzig hat und in mehrere Senate geteilt ist. Leichte Strafflle werden von den Schffengerich-t e n, die aus einem Richter als Vorsitzenden und zwei Laien als Schffen bestehen, schwerere von den Strafkammern, die nur aus Berufs-tichtem zusammengesetzt sind, bestimmte Gruppen von Verbrechen von den Schwurgerichten, die aus je zwlf Laien als Geschworenen bestehen, abgeurteilt. Die deutsche Rechtseinheit ist abgeschlossen worden durch die Einfhrung des brgerlichen Gesetzbuchs, das seit dem Jahre 1900 in Geltung ist.
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100
Das Zeitalter der religisen Kmpfe 15191648.
er nicht binnen 60 Tagen widerriefe, mit dem Banne bedrohte. Da ver-Verbrennung brannte Luther die Bannbulle am 10. Dezember 1520 im Beisein der Bannbulle, gesamten Universitt vor dem Elstertore zu Wittenberg; so brach er end-1520.' gltig mit dem Papsttum.
1. Karl V. und die deutsche Reformation. 15191556.
A. Von Karls V. Thronbesteigung bis zum Nrnberger Religionsfrieden. 15191532.
Karl V. und die Anfnge der Reformation.
104. Die Wahl Karls V. 1519 war Kaiser Maximilian gestorben. Um die Krone des deutschen Reiches bewarben sich zwei fremde Fürsten: Karlv. König Karl I. von Spanien und König Franz I. von Frankreich. Erstem niar der Sohn Philipps von Burgund, der Enkel Maximilians, der Erbe der burgundischen, Habsburgischen und spanischen Lande, zu denen auch Neapel und Sizilien und die amerikanischen Kolonien gehrten; er war der Herr eines Reiches, in dem die Sonne nicht unterging". In den Niederlanden war er geboren. Streng kirchlich erzogen, hielt er durchaus am alten Glauben fest. Er sprach nur gebrochen deutsch; auch sein Denken und Fhlen war nicht deutsch. Seine Interessen waren nicht die eines deutschen Fürsten, sondern die eines Weltherrschers. Das letzte Ziel seiner Staats-kunst war, dem Hause Habsburg eine beherrschende Machtstellung in Europa zu erwerben.
Immerhin stand Karl Deutschland nher als der Franzose; und so wurde er denn, nachdem Friedrich der Weise die Krone abgelehnt hatte, von den Kurfrsten zum Kaiser gewhlt und im Jahre 1520 zu Aachen gekrnt. So erhielt Deutschland in einem der entscheidungsreichsten Augenblicke seiner Geschichte einen Fremden zum Herrschers
105. Der Reichstag zu Worms. Seinen ersten Reichstag hielt der junge Kaiser in Worms ab, und hier kam neben mancherlei politischen Dingen auch die Sache Luthers zur Verhandlung. Ein kaiserlicher Herold
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Extrahierte Ortsnamen: Wittenberg Karls Burgund Maximilians Neapel Sizilien Niederlanden Europa Aachen Deutschland Worms Worms
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10. Luthers Tod; der schmalkaldische Krieg. Die Protestanten ver-sagten dem Konzil zu Trient ihre Anerkennung, weil es vom Papste ausging. Daher beschlo der Kaiser, Gewalt gegen sie zu brauchen. Er sprach der die Hupter des schmalkaldischen Bundes, den Kurfrsten Johann Friedrich von Sachsen (der seinem Vater, Johann den: Bestndigen, 1532 gefolgt war) und den Landgrafen Philipp von Hessen, die Reichsacht aus. So kam es zum schmalkaldischen Kriege 1546. Vor dem Ausbruche des Krieges starb Luther, auf einer Reise begriffen, am 18. Februar 1546 in seiner Geburtsstadt Eisleben. Seine Leiche wurde in der Schlokirche zu Witten-berg bestattet. Die protestantischen Anfhrer unterlieen es, den anfng-lich wenig gersteten Kaiser rechtzeitig anzugreifen. Dagegen nahm der mit dem Kaiser verbndete protestantische Herzog Moritz von Sachsen das Kur-frstentum Sachsen in Besitz, so da Johann Friedrich sich vom Bundesheere trennen und gegen ihn wenden mute. Whrend er sein Land von den Feinden befreite, bezwang der Kaiser die sddeutschen protestantischen Städte. Dann zog er, mit Moritz und seinem Bruder Ferdinand vereinigt, gegen den Kurfrsten. Er besiegte diesen in der Schlacht bei Mhlberg an der Elbe und nahm ihn gefangen (1547). Auch Philipp von Hessen ergab sich nun und wurde des Kaisers Gefangener.
11. Der Augsburger Religionsfriede; Karls V. Abdankung. Moritz hatte von dem Kaiser die Kurwrde und Johann Friedrichs Lande erhalten. Spter jedoch, als er das allein noch unbezwungene protestantische Magdeburg belagerte, trat er pltzlich zur Partei seiner Glaubensgenossen der. Er verband sich mit dem franzsischen König Heinrich Ii. (dem Sohne und Nachfolger Franz I.), und dieser besetzte die wichtigen Grenzstdte Metz, Toul und Verdun. Moritz selbst drang unerwartet gegen den Kaiser in Tirol vor, ntigte ihn zur Flucht und erzwang den Passauer Vertrag 1552; den Protestanten wurde freie Religionsbung bewilligt, die gefangenen Fürsten losgegeben. Der Augsburger Religionsfriede 1555 besttigte den Passauer Vertrag und gestand den Anhngern der augsburgischen Konfession gleiche Rechte wie den Katholiken zu. Niedergedrckt durch diesen Ausgang des Religionskampses und durch Krankheit gebeugt, entsagte Karl V. 1556 der Regierung. Er gab seinem Sohne Philipp Spanien, Neapel, Mailand, die Niederlande und die spanischen Besitzungen in Amerika; sein Bruder Ferdinand, König von Bhmen und Ungarn, folgte ihm in den fter-reichischen Lndern und in der Kaiserwrde. Karl zog sich in das Kloster San Juste in der spanischen Landschaft Estremadura zurck, wo er nach zwei Jahren (1558) starb. ^
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Extrahierte Ortsnamen: Eisleben Witten-berg Sachsen Mhlberg Karls Magdeburg Verdun Neapel Mailand Niederlande Amerika Ungarn