133
Dubinot mit 70000 Mann gegen Berlin. Welcher Schrecken bemächtigte sich ba der Bevölkerung, als sie vernahm, der Feind sei nur noch wenige Meilen entfernt! Zwar besanb sich die Norbarmee in ihrer Nähe, aber Ware es auf bert Oberfelbherrn angekommen, der Feind Ware leicht in die Mauern Berlins eingezogen. Denn Bernabotte, selbst ein Franzose von Geburt, Hatte nicht Lust, gegen feine Lanbs-leute zu kämpfen; er beschloß bah er, sich zurückzuziehen und Berlin preiszugeben. Da ergrimmte aber der tapfere Bülow, welcher die Preußen führte; er erklärte ihm grabezu, er würde die Franzosen angreifen, wo er fiefänbe; nimmer werbe er Berlin dem Feinde preisgeben. Von gleich braver Gesinnung war General Tauentzien beseelt. Die Preußen hielten also fübtich von Berlin startb. Da würde Tauentzien zuerst bei Blanken-felbe angegriffen, hielt aber mit feinen Sanbwehrmännern den Ansturm der Franzosen tapfer aus. Nun brachen biefe aus dem Walbe auch gegen Großbeeren vor und nahmen das Dorf ein. Als aber ihre Haupt-schaaren einzeln und nicht in guter örbnung aus dem Walbe hervor kamen, gab Bülow das Zeichen zum Angriff. Mit lautem Hurrah warfen sich feine Krieger auf den Feind. Es regnete so stark, daß die Gewehre versagten. Da kehrten sie biefelben um und schlugen mit den Kolben brein. Die Franzosen flohen zuerst, tapferer hielten sich die Sachsen, aber auch sie würden mit schwerem Verluste zurückgeschlagen. Das war die erste siegreiche Schlacht in dem Felbzuge.
Groß war daher die Freube über den Sieg, befonbers in Berlin. Alles eilte am andern Morgen hinaus, um den Siegern zu banken, sie zu erquicken und die Verwunbeten zu pflegen. Hier zeichneten sich zuerst die Preußischen Frauen durch ihren Eifer aus, die Wunben des Krieges zu heilen. Einige Tage barauf würde ein anberer französischer Heerhaufen von dem General Hirfchfelbt bei Hagelsberg nach einem mörberifchen Kampfe vernichtet.
t Die Kahbach. Der unermüblichfte von allen Feinben Nopoleons 26. Aug und der grimmigste Franzosenhasser war der 71 jährige General Blücher. Rastlos brängte er seine Leute zum Kampfe, sie nannten ihn daher bert Marschall „Vorwärts." Gegen ihn hatte Napoleon selbst das Commanbo übernommen. Blücher zog sich, weil es ihm ausbrücklich befohlen war, vor ihm über die Katzbach zurück. Kaum aber hatte er erfahren, daß der Kaiser das Heer verlassen habe und daß statt seiner der General Macbonatb den Oberbefehl führte, so brängte
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Extrahierte Personennamen: Bülow Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlins Berlin Berlin Berlin Sachsen Berlin Hagelsberg Kahbach
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er wieder vor. Da bemerkte er, wie die Franzosen über die reißende Katzbach setzten. Jetzt schien ihm der rechte Augenblick gekommen, denselben eine Niederlage beizubringen. Als ein Theil von ihnen den Fluß überschritten hatte, der übrige aber noch zurück war, gab er das Zeichen zum Angriff. Mit Heldenmuth stürzte sich Iork mit seinen Truppen aus den Feind und warf ihn die steilen Abhänge des Flußusers hinab. Maedonald führte zwar frische Schaaren heran, aber von Neuern griff sie Z)ork an und Blücher hieb mit der Reiterei so mächtig aus sie ein, daß sie in wilder Flucht dem Flusse zueilten. Hier erlagen ihrer viele dem Schwerte der Verfolger, viele fanden den Tod in den reißenden Wellen. Von Blücher heftig verfolgt, floh Macdonald in größter Unordnung aus Schlesien. Auch hier, wie bei Großbeeren, hatten die Kolben das meiste gethan, weil der Regen in Strömen herunterfiel. Nach heißer Schlacht in der kalten Regennacht, auf durchnäßtem Boden litten auch die Sieger ungemein, aber sie waren frohen Muthes, hatten sie doch den verhaßten Feind gänzlich geschlagen. —
Dresden. Kulm. Napoleon hatte sein Heer deßhalb in Schlesien so eilig verlassen, weil er gehört hatte, daß die Böhmische Armee über das Gebirge gestiegen war und gegen Dresden marschire. Er eilte daher zurück, um diesen Angriff zurückzuschlagen. In der zweitägigen Schlacht bei Dresden zeigte sein überlegenes Feld Herrntalent sich von Neuem. Er erfocht einen glänzenden Sieg. Aber nicht allein schlagen, vernichten wollte er die Feinde. Während die geschlagene Armee mit Mühe durch die Schluchten des Erzgebirges den Rückzug bewerkstelligte, sollte Vandamme schnell auf der großen böhmischen Straße vordringen, nach Böhmen hinabsteigen und die Verbündeten, wenn sie ermüdet und nicht zur Schlacht vorbereitet aus dem Gebirge hervorkämen, einzeln angreisen und vernichten. Daß dieser Plan nicht gelang, verdanken wir der Tapferkeit der russischen Generäle Ostermann und Eugen von Würtemberg. Mit Heldenmuth vertheidigten sie die Straße Schritt für Schritt. Bei Culm hielten sie dem Feinde stand und nahmen die Schlacht an. Zwei Tage wurde hier heftig gekämpft. Da erschien der preußische General Kleist im Rücken des Feindes. Zwischen zwei feindliche Armeen eingeklemmt, mußte sich Vandamme fast mit seinem ganzen Heere ergeben. So hinderte die Schlacht bei Culm die Vernichtung der Böhmischen Armee.
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Extrahierte Personennamen: Iork Macdonald Napoleon Ostermann Eugen_von_Würtemberg Eugen
144
Krieg in Böhmen, denn einer längeren Frist bedurften die Preußen nicht, um Benedek Lus seiner Stellung zu vertreiben. Als seine Vortruppen in mehreren Gefechten, so bei Hünerwasser, Liebenau, -Lurnau, Münchengrätz und Gitschin Zurückgeschlagen waren, als auch der Kronprinz nach den heftigen Gefechten bei Trautenau, Königinhof, bei Nachod und Skalitz in Böhmen eingerückt war, stand die Entscheidungsschlacht bevor.
Z. Juli. f Die Schlacht öei Königgräh. Nachdem König Wilhelm selbst den Oberbefehl über das Heer übernommen hatte, erfuhr man, daß Benedek seine Heeresmacht aus den Höhen von Chlum zwischen der Bistriz und der Elbe ausgestellt habe. Die Stellung, welche die Destreicher eingenommen hatten, war nicht nur von Natur sehr vorteilhaft, sondern sie war auch durch alle Mittel der Kriegskunst so befestigt, daß ihre Einnahme der Armee des Prinzen Friedrich Karl nur dann möglich sein konnte, wenn die beiden andern Heere rechtzeitig in den Flanken des Feindes eintrafen. Es hing der Sieg ganz besonders davon ab, daß der Kronprinz zur rechten Zeit aus dem Schlachtfelde erschien. Am 3. Juli um 8 Uhr früh gab der König den Befehl zum Angriff. Tapfer drangen die Preußen vor. Aber ebenso standhaft vertheidigten die Destreicher und Sachsen ihre Stellungen; von der Höhe herab sandten ihre Geschütze tausendfachen Tod in die Reihen der Angreifer. Lange schwankte die Schlacht; schon schien der Sieg sich auf die Seite der Destreicher zu neigen. Da erschien der Kronprinz trotz eines sehr schwierigen Marsches auf durchnäßtem Boden noch zur rechten Stunde. Das Gardecorps wars sich sogleich auf Chlum und erstürmte es; auch die übrigen Truppen griffen an, sobald sie den Feind erreichen konnten. Da gab Benedek die Schlacht für verloren und befahl den Rückzug. Dieser artete in Flucht aus, als König Wilhelm an der Spitze der Reservereiterei die Verfolgung begann. Der Sieg war auch für den Sieger mit schweren Verlusten verknüpft, aber er war entscheidend; am 19. Juli standen die Preußen bereits drei Meilen von Wien entfernt. —
per Mainfeldzug. Nicht minder glücklich für die Preußen verlief der Krieg gegen die Bundesarmee, zu welcher Baiern die grösste Truppenzahl gestellt hatte. Da sie dem preußischen Heere überlegen war, so konnte dieses nur dadurch siegen, das; es sich in
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Extrahierte Personennamen: Benedek Wilhelm Benedek Friedrich_Karl Friedrich Karl Benedek Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Liebenau Königinhof Sachsen Wien Bundesarmee
144
teilhaft, sondern sie war auch durch alle Mittel der Kriegskunst so befestigt, daß ihn Einnahme der Armee des Prinzen Friedrich Karl nur dann möglich sein konnte, wenn die beiden andern Heere rechtzeitig in den Flanken des Feindes eintrafen. Es hing der Sieg ganz besonders davon ab, daß der Kronprinz zur rechten Zeit ans dem Schlachtfelde erschien. Am 3. Juli um 8 Uhr früh gab der König den Befehl zum Angriff. Tapfer drangen die Preußen vor. Aber ebenso standhaft verteidigten die Öftreicher und Sachsen ihre Stellungen; von der Höhe herab sandten ihre Geschütze tausendfachen Tod in die Reihen der Angreifer. Lange schwankte die Schlacht; schon schien der Sieg sich auf die Seite der Öftreicher zu neigen. Da erschien der Kronprinz trotz eines sehr schwierigen Marsches auf durchnäßtem Boden noch zur rechten Stunde. Das Gardecorps warf sich sogleich auf Chlum und erstürmte es; auch die übrigen Truppen griffen an, sobald sie den Feind erreichen konnten. Da gab Benedek die Schlacht für verloren und befahl den Rückzug. Dieser artete in Flucht aus, besonders als König Wilhelm an der Spitze der Reservereiterei die Verfolgung begann. Der Sieg war auch für den Sieger mit schweren Verlusten verknüpft, aber er war entscheidend; am 19. Jnli standen die Preußen bereits drei Meilen vor Wien entfernt.
Der Mainfeldzug. Nicht minder glücklich für Preußen verlies der Krieg gegen die Bundesarmee, zu welcher Bayern die größte Truppenzahl gestellt hatte. Da sie dem preußischen Heere überlegen war, so konnte dieses nur dadurch siegen, daß es sich in schneller Bewegung bald auf das eine, bald auf das andere Corps warf und so ihre Vereinigung hinderte. Diese Ausgabe lösten nach einander die Generale von Falkenstein und von Mantenffel auf eine überraschende Weise. Eine Anzahl siegreicher Gefechte, welche sie den süddeutschen Truppen lieferten, ließen diese zu keiner Vereinigung kommen, nahmen ihnen jede Hoffnung auf einen glücklichen Erfolg und machten sie zum Frieden geneigt.
Um Venetien den Ostreichen: zu entreißen, hatte Italien sich mit Preußen verbündet. Obgleich zu Lande (bei Euftozza) und zur See (bei Lissa) geschlagen, war es doch dadurch ein nützlicher Bundesgenosse, daß Östreich genötigt wurde, eine starke Armee südwärts der Alpen zu verwenden, besonders da Italien den Krieg noch fortsetzte, obgleich es schon sicher war, Venetien zu gewinnen.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Karl Friedrich Karl Benedek Wilhelm Lissa
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Wien Bundesarmee Falkenstein Italien Euftozza Italien
266
verteidigt, die der Stadt Gastfreundschaft genossen hatten. Von Haus zu
Haus springend, in der Hausflur die Gewehre ladend und auf den Feind
aus gedeckter Stellung feuernd, verkauften sie jeden Fuß breit Boden und
jeder sein Leben teuer. Als die Heinrichstadt von ihnen geräumt war,
wütete der Kampf in der Altstadt weiter. In den verschiedenen Straßen
derselben wurde Mann gegen Mann gerungen. Besonders blutig gings
auf der Roten Brücke, bei der Schwarzfarbe und in den: von der Sankt
Wolfgangskapelle zur Bergkirche führenden Hohlwege her.
Inzwischen war die französische Kavallerie von der Hofer Straße aus
mitten durch die Stadt über den Markt durch die Kobischgasse (jetzt Bahn-
hofstraße) nach der Holzmühle zu gezogen, um den linken Flügel der Ver-
bündeten anzugreifen oder zu umgehen. Ein überaus blutiger Empfang
wurde ihr von den auf der Höhe zwischen Öttersdorf und Löhma auf-
gestellten sächsischen Dragonern bereitet. Den Karabiner schußfertig an der
Backe erwarten sie die unter den: Befehl des Prinzen Murat anstürmenden
feindlichen Reiter. Auf 60 Schritte geben sie Feuer. Furchtbare Wirkung!
Der Feind geht zurück. Die sächsischen Dragoner mit geschwungenem Säbel
ihm nach, zwingen ihn, standzuhalten und zu kämpfen. Manch einer
von den Franzosen fiel unter den wuchtigen Streichen der sächsischen Reiter,
bei denen es überdies üblich war, den Hieb von unten herauf nachzuziehen
und den einmal Getroffenen vollends unschädlich zu machen. Es wird er-
zählt , daß Murat, der tollkühn als erster die Löhmaer Höhe erstürmt
hatte, von den Sachsen beinahe gefangen genommen worden wäre. Ein
Dragonerwachtmeister war den: Pferde des Prinzen bereits in die Zügel
gefallen. Der hart Bedrängte haut mit seinem Säbel den Sachsen quer
iibers Gesicht. Blutüberströmt und unfähig, aus einem Auge zu sehen,
wohl auch zun: Tode erschrocken, läßt der die Zügel los. Der Prinz
sprengt davon und ist gerettet. Schon nahen auch weitere französische
Infanterie- und Artillerieregimenter, deren Schnellfeuer und Kartätschen-
feuer furchtbare Verwüstung unter der sächsischen und der inzwischen her-
zugekommenen preußischen Kavallerie anrichtet. Ein sächsisches Regiment,
dessen Reiter rote Röcke mit schwarzen Aufschlügen hatten und vom Sieben-
jährigen Kriege her den Beinamen die „Fleischhacker" trugen, focht mit
Löwenmut und wich nur der schier erdrückenden Übermacht, hielt aber bis
zum nächsten Morgen dicht hinter Öttersdorf stand. In diesen: mörderischen
Feuer fiel der wackere sächsische Oberst von Hochheimer. Man trug den
zum Tode Getroffenen in das Pfarrhaus zu Öttersdorf. Dort verstarb
er bald im Arme des Pfarrers Walz. Fürst Heinrich Lxii. ließ ihm
später ein würdiges Grabdenkmal errichten.
Länger als die Kavallerie und Artillerie blieb die Infanterie beider
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Extrahierte Personennamen: Murat Walz Heinrich_Lxii Heinrich
306
aktes begann die Artillerie vom Morgen des 17. an mit der größten
Heftigkeit zu spielen und überschüttete die feindliche Stellung auch die
ganze Nacht zum 18. hindurch bis vormittags 10 Uhr mit ihren Ge-
schossen. Stündlich mußte jetzt der Feind ans einen Sturm gefaßt
sein und hatte demselben auch mit Tagesanbruch entgegen gesehen und
seine Anordnungen danach getroffen. Als aber um diese Stunde das
Erwartete nicht erfolgte, zog er seine Verstärkungen zurück und ließ
in den Schanzen nur die regelmäßige Besatzung, die zum Teil noch
beim Beginne des Sturmes in den Verbindungsgräben war, um dort
gedeckter zu sein.
Da kein Truppenteil freiwillig dem andern die Ehre des ersten
Angriffs gönnen wollte, so hatte das Los entscheiden müssen; daher
finden wir die Sturmkolonnen zusammengesetzt aus Kompanieen aller
Regimenter. In der Nacht hatten die Brigaden bereits die angewiesenen
Stellungen eingenommen, hatten sich auf den Boden hingestreckt und
horchten in der Erwartung des großen Augenblicks auf den rollenden
Donner der Kanonen. In dem breiten dritten Laufgraben, 140 m vor
den Schanzen, lagen die Sturmkolonnen mit ihren Gerätschaften und
brannten vor Begierde, die feindlichen Schanzen zu nehmen.
Der Morgen des 18. bricht an; immer näher rückt die entscheidende
Stunde. Es steigert sich die Glut und die Aufregung der todesmutigen
Männer; die Pulse schlagen schneller, und während der Soldat sein
Gewehr fester umklammert und auf den tröstenden Zuspruch der Geist-
lichen hört, schweifen seine Gedanken noch einmal zurück nach der Heimat.
Da, horch! vom Spitzberge her ertönt ein schmetterndes Hornsignal,
im Augenblicke wiederholt es sich auf der ganzen Linie, und während
mit einem Male das Feuer der Kanonen verstummt, brechen mit lautem
Hurra und unter der Musik von vier Regimentern die Sturmkolonnen
im Laufschritte aus dem Laufgraben hervor.
Ohne einen Schuß zu thun, gehen die Schützenlinien eine größere
Strecke vor, dann werfen sie sich zur Erde und beginnen ihr wohl-
gezieltes Feuer gegen alles, was sich auf den Schanzen zeigt. Unter
diesem Schutze gehen die Sturmkolonnen so schnell als möglich, mit-
einander wetteifernd, ohne eine Kugel im Laufe auf die feindlichen
Werke los. Jeder Soldat ist nur darauf bedacht, der erste auf der
Schanze zu sein und das preußische Banner dort aufzupflanzen. Der
Feind, im ersten Augenblicke überrascht, besetzt in Eile seine Werke.
Das Knattern des Gewehrfeuers beginnt auf der ganzen Linie, und
gleich darauf speien die schweren 84-Pfünder ihre Kartätschenladungen
gegen die Angreifer. Dunkle Flecken ans dem Erdboden bezeichnen die
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315
Es waren die ersten Infanteristen, welche sich hier retteten.
Alle Wagen überfüllt, ans den Dächern, an den Handhaben
hängend, mit halbem Leibe in der Lnft, ans den Trittbrettern,
einige mit voller Rüstung, einige halb nackt, Verwundete keine.
Hier zog ein neues Bild der Verwirrung vorüber und
kreuzte den Unglücksstrom auf der Heerstrasse. Wir liessen
den Balken fallen und sprangen seitwärts. Wie die wilde Jagd
eilten die Reiter der Stadt zu und passierten diese ohne Aufent-
halt. Um 5 Uhr versiegte der Strom der Kavallerie. Nach
einer Pause kam Fuhrwerk. Ich habe 4 bis 5 Protzen gesehen,
alle vollständig bespannt, aber ohne (Jeschütze. Dann polterte
ein zerbrochener Munitionskarren, mit Turkos bepackt, näher,
hinter ihm kam ein Bauernwagen, mit Bettzeug und allerlei
Habseligkeiten bepackt, ohne Besitzer. Ein Zuave leitete die
Pferde, zwei grässlich verstümmelte Turkos lagen oben quer
über, ein Haufe unbewaffneter Soldaten aller Art klammerte
sich oben an. Nun kam Infanterie, etwa um halb sechs Uhr,
aber noch immer kein Offizier. Alsdann erschienen im dichten
Schwarme Kanzleikarren, die Wagen von drei Brigadegeneralen,
das Archiv einer Truppendivision, 4 bis 5 leere Munitionskarren,
sodann allerlei Ambulanzwagen, aber mit Gesunden bedeckt.
Auf einem Karren lagen drei Tote, während ein paar jämmerlich
zugerichtete Turkos im Gewükle mit jener stumpfen Ergebung
einhergingen, welche diese Wüstensöhne in Wahrheit auszeichnet.
Dann kamen verschiedene Marketenderwagen inmitten einer
grossen Truppe Infanterie. Die Infanteristen hatten alle ihr
Gepäck weggeworfen, viele ihre Gewehre, viele gingen im
Hemde, die meisten hatten von allem nur etliche Brotlaibe
an einen Säbel gespiefst über die Schulter.
Um halb sieben Uhr kam ein geordneter Trupp Kürassiere
unter Befehl eines Kapitäns mit zwei Unteroffizieren, etwa
40 Mann stark. Sie waren fast alle ordentlich gerüstet und
kamen im Schritt an. Von 4 bis 7 Uhr zog ein aufgelöster
Schwarm Menschen vorüber, ganz mit sich selbst und ihrem
elenden Leben beschäftigt, im ganzen Zuge bloss 40 Mann ge-
ordnet, im ganzen wohl 8- bis 10 000 Mann, verhältnismässig
wenige Verwundete und bloss 3 bis 4 Kavallerie-, 2 Artillerie-
und etwa 8 Infanterie-Offiziere im ganzen Schwarme. Eine
solche Zerrüttung weist das Jahr 1866 nicht auf.
Fröschweiler Chronik.
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294
er infolge seines Temperaments in allen Schlachten zu lebhaft, zu
unruhig war. Wenn die Truppen ihre Befehle hatten, fo konnte er die
Ausführung kaum erwarten, und alle Bewegungen schienen ihm zu lang-
sam. Die Reiterei war feine Lieblingswaffe. Seine Kriegsführung
zeigt überall denselben Charakter des Eifers und der Kühnheit, immer
dringt er, keine Gefahr kennend, entschlossen auf den Feind.
Von feinem Gleichmute in Gefechten, von feiner Todesverachtung
werden viele Züge erzählt. Im größten Kugelregen bei Ligny rauchte
er gelassen feine Pfeife, die er an der brennenden Lunte des nächsten
Kanoniers angezündet hatte. Diese Unerschrockenheit bedurfte nicht der
Spannung, die das Schlachtfeld in der Seele zuweilen erst erweckt. Aus
dem Schlafe aufgerüttelt, um die Meldung zu vernehmen, daß Napoleon
eine neue, ebenso unerwartete als kühne Bewegung ausführe, antwortete
Blücher gähnend: „Da kann er die schönsten Schmiere kriegen," gab die
nötigen Befehle und drehte sich gelassen zum weiteren Schlafe auf die
andere Seite. Durch solche Art, zu fein und die Dinge zu nehmen,
hatte Blücher eine unwiderstehliche Wirkung auf das Volk; der gemeine
Mann war ihm überall, wo er sich zeigte, sogleich zugethan; selbst in
Frankreich fühlte das Volk eine Art Vorliebe zu ihm. Insbesondere war
ihm die Gabe eigen, mit den Soldaten umzugehen, sie zu ermuntern,
anzufeuern; mit dem Schlage weniger Worte, wie sie ihm der Augenblick
eingab, durchzuckte er die rohesten Gemüter. Ebenso glücklich trafen
oft seine Scherzworte, z. B. wenn er einem Bataillon Pommern, das
beim Eindringen in Frankreich viel gelitten hatte und in fast düsterer
Haltung einherzog, tröstend zurief: „Nun, Kinder, sollt ihr auch so lange
in Frankreich bleiben, bis ihr Französisch könnt." Am Tage vor seinem
Marsche nach Waterloo hatte Blücher an den Folgen eines Sturzes
vom Pferde im Bette zubringen müssen, und als er unmittelbar
aus dem Bette wieder aufs Pferd wollte, um mit seinen Truppen zur
neuen Schlacht auszurücken, war man für den übel zugerichteten Greis
nicht ohne Sorgen. Der Wundarzt wollte ihn zu guter Letzt einreiben;
Blücher aber versetzte, als er die Anstalten sah: „Ach was noch erst
schmieren! Laßt nur sein; ob ich heute balsamiert oder nnbalsamiert
in die andere Welt gehe, wird ans eins herauskommen." Er erhob sich,
ließ sich ankleiden und setzte sich wohlgemut zu Pferde, obgleich ihn
bei jeder Bewegung die gequetschten Glieder schmerzten. Als er sah,
wie stark es geregnet hatte, und daß es noch immer fortregnen
werde, sagte er: „Das sind unsere Verbündeten von der Katzbach, da
sparen wir dem Könige wieder viel Pulver." Aber der Weg wurde
immer schlimmer, und es wollte in dem durchweichten Boden gar nicht
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Blücher
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich
320
14v. Brief Bismarcks an seine Gemahlin.
Vendresse, 3. September 1870.
Mein liebes Herz!
Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quartier,
kehre heute zurück und habe in der Zwischenzeit die große Schlacht
von Sedan am 1. erlebt, in der wir gegen 30 000 Gefangene machten und
den Rest der französischen Armee, der wir seit Bar-le-Duc nachjagten,
in die Festung warfen, wo sie sich mit dem Kaiser kriegsgefangen er-
geben mußte. Gestern früh 5 Uhr, nachdem ich bis 1 Uhr früh mit
Moltke und den französischen Generalen über die abzuschließende
Kapitulation verhandelt hatte, weckte mich der General Reille, den ich
kenne, um mir zu sagen, daß Napoleon mich zu sprechen wünschte.
Ich ritt ungewaschen und ungefrühstückt gegen Sedan, fand den Kaiser
im offenen Wagen mit 3 Adjutanten und 3 zu Pferde daneben ans
der Landstraße vor Sedan haltend. Ich saß ab, grüßte ihn ebenso
höflich wie in Paris und fragte nach seinen Befehlen. Er wünschte
den König zu sehen; ich sagte ihm der Wahrheit gemäß, daß Se. Maj.
3 Meilen davon, an dem Orte, wo ich jetzt schreibe, sein Quartier
habe. Ans Napoleons Frage, wohin er sich begeben solle, bot ich ihm,
da ich der Gegend unkundig, mein Quartier in Donchery an, einem
kleinen Orte in der Nähe dicht bei Sedan; er nahm es an und fuhr,
von seinen sechs Franzosen, von mir und von Karl, der mir inzwischen
nachgeritten war, geleitet, durch den einsamen Morgen nach unserer
Seite zu. Vor dem Orte wurde es ihm leid, wegen der möglichen
Menschenmenge, und er fragte mich, ob er in einem einsamen Arbeiter-
hause am Wege absteigen könne; ich ließ es besehen durch Karl, der
meldete, es sei ärmlich und unrein. Napoleon und ich stiegen eine
gebrechliche enge Stiege hinauf. In einer Kammer von 10 Fuß Ge-
vierte mit einem fichtenen Tische und zwei Binsenstühlen saßen wir
eine Stunde, die anderen unten. Ein gewaltiger Gegensatz mit unserm
letzten Beisammensein in Paris! Unsere Unterhaltung war schwierig,
wenn ich nicht Dinge berühren wollte, die den von Gottes gewaltiger
Hand Niedergeworfenen schmerzlich berühren mußten. Ich hatte durch
Karl Offiziere aus der Stadt holen und Moltke bitten lassen, zu
kommen. Wir schickten dann einen der ersteren aus und entdeckten
eine halbe Meile davon ein kleines Schloß mit Park. Dorthin ge-
leitete ich ihn mit einer inzwischen herangeholten Eskorte vom Leib-
Kürassier-Regimente, und dort schlossen wir mit dem französischen
Obergeneral Wimpffen die Kapitulation, vermöge deren 40- bis 60 000
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Karl Karl Karl Karl Napoleon Karl Karl Wimpffen
Extrahierte Ortsnamen: Bismarcks Sedan Sedan Sedan Paris Donchery Sedan Paris Gottes
369
Kapernaum, „das bis an den Himmel erhoben war", von Chorazin
und Bethsaida ist keine Spur zu finden.
Die Wälder und Weingärten sind von den Hügeln verschwunden,
Palmen-, Feigen- und Olivenbäume stehen nur noch vereinzelt umher;
die Balsamstaude, welche vormals die feinsandigen, kiesreichen Ufer
des Sees umgrünte, findet sich nirgends mehr, und statt jener Hunderte
von Fahrzeugen zieht jetzt ein einziges Boot mit weißem Segel von
Zeit zu Zeit seine Furche durch den Spiegel des stillen Gewässers, um
von dem östlichen Gestade Holz nach Tiberias herüberzuholen.
Bäßler.
164. Kronprinz Friedrich Wilhelm in Jerusalem.
Als der Suezkanal nach zehnjähriger Arbeit vollendet war, sollte
er am 16. November 1869 in Gegenwart hoher Gäste feierlich eröffnet
werden. Der Vizekönig von Ägypten hatte sich entschlossen, die vor-
nehmsten und willkommensten Gäste selbst zum Feste einzuladen. So
überbrachte er auch dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm persönlich die
Einladung, Suez zu besuchen, nach Berlin. Und der Kronprinz nahm
sie um so lieber an, als ihm die Reise nach Ägypten die längst er-
wünschte Gelegenheit bot, auch Palästina zu besuchen und die geweihten
Stätten zu betreten, von welchen ans das Licht des Heils sich über
die Welt ergossen hat. Rechtzeitig verließ der Kronprinz Deutschland,
um noch vor Einweihung des Suezkanals mit Muße Palästina bereisen
zu können.
In Jaffa angelangt, wurde der hohe Reisende von einer Abteilung
Kavallerie nach Jerusalem geleitet. Eine nicht unfreundliche Straße
führt von dem alten Hafenplatz zur Heiligen Stadt. Der Weg ist besät
mit größeren und kleineren Ortschaften, deren manche geschichtliche Er-
innerungen aufzuweisen haben. In einem Thale unweit von Jerusalem
übernachtete der Kronprinz unter einem Zelte. Bei Morgengrauen
setzte er die Reise fort. Die Straße steigt hier bald zu einem Hügel
hinan, bald senkt sie sich wieder ins Thal. Abermals folgen Berg und
Thal, — in diesem soll David gegen Goliath gekämpft haben — bis
plötzlich eine mächtige Kirche mit fünf Kuppeln und dahinter der Öl-
berg sichtbar werden. Noch sieht man aber Jerusalem selbst nicht.
Man durchreitet eine bewohnte Gegend zwischen kleinen Häusern mit
den flachen orientalischen Dächern — bei ist man schon an der Ring-
mauer angelangt. Das Jaffathor ist offen; man steht ans heiligem
Boden.
Der Einzug des Kronprinzen ging freilich nicht so einfach von
B. V. R. 24
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm David David
Extrahierte Ortsnamen: Kapernaum Bethsaida Tiberias Jerusalem Suez Berlin Deutschland Palästina Jaffa Jerusalem Jerusalem Jerusalem