Regionen (OPAC): Lippe, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Westfalen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Verwaltung und Rechtspflege.
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verschwunden. An Stelle der alten Bauernhäuser iu Fachwerk erheben sich
heute überall schon massive Ziegelbauten mit Pfannen- oder Schieferdach, aber
noch immer in der Form und Einrichtung des altsächsischen Hauses, Menschen,
Vieh und Vorräte, Wohnung, Teune und Ställe unter einem Dache hegend.
Alte Trachten sieht man heute nur noch im Kreise Minden und im benach-
barten Bückeburgischen (s. Bild S. 46).
Nach den Freiheitskriegen schufen sich die Westfalen, Studenten und
Schützen zuerst, eine dreifarbige Fahne, die altpreußischen Farben Schwarz-
Weiß mit der Phantasiefarbe Grün, ein herrliches Banner, an das noch
jetzt die besten Erinnerungen des ältern Geschlechts sich knüpfen. Seit einem
Jahrzehnt hat das Königl. Heroldsamt die dem altsächsischen Wappen,
weißem Rößlein im roten Felde, historisch entsprechenden Farben! Rot-.Weiß
als offizielle Landesfarben vorgeschrieben.
Wenn auch in Glauben, Mundart, Brauch und Sitte vielfach ver-
schieden, sind doch die Bewohner der roten Erde alle eins und einig in der
von den Vätern ererbten Treue und Liebe zum angestammten
Herrscherhause, zu Kaiser und Reich.
Vi. Verwaltung und Wechtspflege.
A. Verwaltung.
1. Staatliche Verwaltung.
In alter Zeit lagen Verwaltung und Rechtspflege vielfach in derselben
Hand; seit der Einrichtung der preußischen Provinz Westfalen sind die beiden
Gebiete getrennt.
Die Bewohner einer oder mehrerer Bauerschaften (zerstreut liegender
Höfe), eines oder mehrerer Dörfer (geschlossener Ortschaften), einer Stadt,
bilden eine Gemeinschaft, Gemeinde. Die (politischen) Gemeinden zerfallen
also in Stadt- und Landgemeinden.
Mehrere Landgemeinden, deren jede einen Ortsvorsteher und mehrere
Gemeindevertreter hat, bilden ein Amt, an dessen Spitze ein von der Regie-
rung ernaunter Amtmann, bezw. Ehrenamtmann unter Mitwirkung der
Amtsverordneten die öffentlichen Angelegenheiten leitet.
Die Stadtgemeinden stehen unter einem Magistrat oder Stadtrat, dessen
Spitze der Bürgermeister, bezw. Oberbürgermeister ist; die Vertreter der
Bürgerschaft bilden das Stadtverordneten-Kollegium, das den Bürger-
meister und den Magistrat wählt.
Mehrere Ämter und Bürgermeistereien bilden den größeren Verband des
Kreises, an dessen Spitze ein Landrat steht, der mit dem ständigen Kreis-
ansschnsse und dem zeitweilig einberufenen Kreistage die Oberaufsicht
über die Ämter führt und für die Ordnuug und Wohlfahrt im Kreise Sorge
trägt.
In größeren Städten, so in Münster, Dortmund, Hagen, Bochum,
Bielefeld nimmt ein Oberbürgermeister anch die Geschäfte eines Landrats
im Stadtkreise wahr.
Mehrere Kreise bilden einen Regierungsbezirk und stehen unter der
Aufsicht und Leitung der Königlichen Regierung, bezw. des Regierungs-
2*
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
Extrahierte Personennamen: Ehrenamtmann Hagen
Extrahierte Ortsnamen: Minden Westfalen Westfalen Dortmund Hagen Bochum Bielefeld
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Wisper, Ems und Wörsbach. Langenschwalbach, Kreisstadt an der Aar,
ist ein bedeutendes Bad mit Stahlquellen. Die malerischste Stelle des
schönen Aartales ist Hohenstein, Dorf und Burgruine. An der oberen
Aar sind die Dörfer Wehen und Bleidenstadt bemerkenswert. Letzteres
besaß das älteste und berühmteste Kloster des Landes. Das hübsche Dorf
Schlangenbad, im engen Waldtal der Walluf herrlich gelegen, besitzt
warme Quellen. Schlangenbad ist wie Bad Schwalbach besonders Frauenbad.
Der Name Schlangenbad
rührt von einer Schlangenart her, die in den benachbarten Wäldern und nament-
lich in der Nähe der warmen Quellen vorkommt. Es ist dies die gelbliche Natter,
ein unschädliches, leicht zahm werdendes Tier von fast 1 7a m Länge. Im > brigen
Nassau und Deutschland findet sich die Schlange nicht. Sie wurde von den Römern
nach dem oben genannten Orte gebracht.
*$ic Entdeckung der Schlangenbader Quelle (Sage).
Vor langer Zeit trieb im oberen Walluftale ein Hirt seine Herde. Ein krankes
Rind sonderte sich öfters von der Herde ab und wankte mühsam nach dem nahen
Walde. Nach und nach, als es gesund wurde, machte es seltener diesen Gang. Der
Hirt, der dieses schon längere Zeit beobachtet hatte, ging eines Tages dem Tiere
nach und kam zu einer warmen Quelle. An ihrem Wasser hatte sich das Rind gesund
getrunken. Nachdem man so auf die Heilkraft des Wassers aufmerksam geworden,
entstand an dieser Stelle bald der Badeort Schlangenbad.
An der Quelle der Wisper in der Nähe des Dorfes Kemel breitet
sich die Kemeler Heide aus, eiue der rauhesteu Gegenden des Gebirgs.
Idstein, Stadt am Wörsbach, in der Mitte des Taunus, früher Residenz
nassauischer Fürsten, hat eine Baugewerkschule und eine Anstalt für
Idioten oder Geistesschwache. Im Gebiete des Schwarzbaches finden wir
"Niedernhausen, bei welchem Dorse zwei Eisenbahnen zusammentreffen.
8. Rheingaukreis.
Er umfaßt den herrlichen Rheingau („Weingan"), das Rheingan-
gebirge und das untere Wispergebiet. Der Rheingau bildet den mildesten,
gesegnetsten und schönsten Landstrich Nassaus. An den Abhängen des
Gebirges gedeihen hier die edelsten Weine. Heiter wie die Natur der
Gegend sind auch ihre Bewohner. Die schönste Zeit für deu Rheingauer
ist die Weinlese im Oktober und November. Da herrscht überall in den
Weinbergen unter den Winzern freudige Stimmung. Die Kreisstadt
Nudesheim mit fast 5000 Einwohnern hat eine hübsche Lage am Rhein
und am Fuße des 340 in hohen Niederwaldes, an dessen Abhängen ein
sehr edler Wein wächst. Hier ist der bedentendste Weinhandel des Rhein-
gaues. In der Nähe liegt das große Kloster der hl. Hildegardis. Von
Rüdesheim aus führt eiue Zahnradbahn auf den berühmten Niederwald.
2*
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TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
— 26 —
als Minister zu entlassen. Stein mußte nach Österreich und später nach Rußland
flüchten. Nach dem Friedensschlüsse kehrte er in seine Heimat zurück und beschäftigte
sich mit Wissenschaften. Er starb 1831 als der letzte seines Stammes und liegt im
Dorfe Frücht an der unteren Lahn begraben. Man nennt ihn „des Rechtes Grund-
stein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edelstein."
Hinter dem Burgberge von Nassau, im Mühlbachtale liegt Scheuern
mit einer Jdiotenanstalt. Gegen das Ende ihres Laufes durchfließt die
Lahn die berühmte Kurstadt Ems. Diese hat warme Quellen und eine
Kaiser tvilhelm I., der Große.
reizende Lage. In der Nähe ist die Pfingstwiese, ein Blei- und Silber-
bergwerk. Auf den steilen Malberg führt eine Drahtseilbahn. Am Ab-
hange der schroffen und zackigen Bäderlei befinden sich die kleinen Hansel-
mannshöhlen. In ihnen sollen Heinzelmännchen hausen. Ems zählt
7 000 Einwohner.
Kaiser Wilhelm I-, der Große, in Ems.
Ems war das Lieblingsbad Kaiser Wilhelms des Großen. Dieser verweilte
alljährlich in dem schönen Kurorte, um sich dort einige Wochen Erholung nach den
Regierungsgeschäften zu gönnen. Die Bewohner der Kurfladt freuten sich jedesmal
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Malberg Wilhelm Wilhelms
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Stadt im engen Lahntal, zieht guten Rotwein. Von diesem Ort sagt
man wohl wegen seiner engen Straßen: „Iii Runkel ist's dunkel". Auf
dem Westerwald? merken wir uns noch die Flecken "Merenberg und
* Mengerskirchen und im Weiltale den Flecken Weilmünster. Letzterer
Ort hat eine Irrenanstalt. Im Oberlahnkreise finden sich viele Eisen-
steiugruben und Hüttenwerke.
13. Rreis Westerburg.
Der Kreis erstreckt sich vom unteren Westerwald bis zu den höchsten
Kuppen des Gebirges. Er umfaßt die Täler der Elb, Nister und des
Gelbachs. Kreishauptstadt ist Westerburg in einem Seitentale der Elb
in der Mitte des Westerwaldes, Knotenpunkt der Westerwaldbahnen, über
dem Orte erhebt sich das Schloß der Fürsten von Leiningen-Westerburg.
Weiter südlich nennen wir Wallmerod (Dorf), ^Molsberg (Flecken) mit
gräflichem Schlosse und ^Meudt (Flecken).
*Dcr Gattgolfusbrnnncn zu Meudt (Sage).
Der hl. Gangolfus, welcher nach dieser Sage in Meudt gelebt haben soll, machte
eine Pilgerfahrt in das gelobte Land. Auf seiner Reise kain er auch nach Frankreich,
wo er in dem Garten eines Edelmannes einen wunderschönen Brunnen fand. Er
fragte den Eigentümer desselben, was er dafür haben wolle. Dieser antwortete ihm,
er möge sich den Born nur mitnehmen. Gangolfus steckte seinen Stab hinein, und die
Quelle war sofort versiegt. Nach Meudt zurückgekommen drückte er dort, wo jetzt die
ihm gewidmete Kirche steht, seinen Pilgerstab in den Boden, und siehe, der Brunnen
des Edelmanns sprudelte lebendig nun hier, wie er zuvor in Frankreich sprang! —
Als aber einst ein Weib es wagte, am Pfingstmontag während des Gottesdienstes
Windeln darin zu waschen, da begann der entweihte Brunnen mit donnerähnlichem
Getöse unter dem Boden hin zu entweichen. Erschrocken zog die Gemeinde dem
Flüchtling sogleich in feierlicher Prozession nach, holte denselben eine halbe Stunde
vor dem Orte ein und führte ihn durch heißes Bitten und Flehen glücklich wieder bis
ans Dorf zurück. Weiter konnte man ihn übrigens nicht bringen. — Noch heute sprudelt
dort an derselben Stelle, wo er neu der Erde entsprungen war, der Gangolfsbrunnen.
Dieser wird vom Volke „Gangelsburn" genannt und wegen seines vortrefflichen
Wassers geschätzt.
In einem Seitentale der Elb liegen *Gemnnden und Rennerod.
An der Nister ist * Emmerichenhain gelegen, bekannt durch bedeutende
Viehmärkte.
14. Unterwesterwaldkreis.
Derselbe hat seine Lage am unteren Westerwald. Gelbach, Sayn
und Holzbach durchfließen ihn. Montabaur, die Kreisstadt, liegt an
einem Quellbache des Gelbachs. Hier befindet sich ein katholisches Lehrer-
seminar sowie ein Gymnasium. M. ist der bedeutendste Ort des Wester-
Wäldes. Seine Märkte sind stark besucht.
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Extrahierte Personennamen: Runkel Gangolfus
Extrahierte Ortsnamen: Westerwald Westerburg Westerwald Westerburg Leiningen-Westerburg Meudt Frankreich Frankreich Westerwald Sayn Holzbach Montabaur Wester-
Wäldes
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schaumburg-Lippe
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
175 —
nach Westen ging. Sa konnte niemand bevorzugt werden. Jeder
bekam gutes und schlechtes, naheliegendes und entferntes Ackerland.
Angesehene Volksgenossen erhielten mehrere Lose. Aus allen Feldern
mußte dieselbe Frucht gebaut werden, auch die Bewirtschaftung
gleichzeitig geschehen. Ferner nutzte jeder dulden, datz aus seinen!
Brachlande geweidet und über seinen Acker gefahren wurde. Neben
der Feldgemeinschaft herrschte also der Flurzwang. — Allmäh-
lich mangelte es hier wie bei anderen Volksstämmen infolge von Über-
völkerung an dem erforderlichen Grund und Boden. Darin liegt
jedenfalls eine der Veranlassungen, die zur späteren Völkerwan-
derung führten.
Was die Ackerbewirtschaftung anbetrifft, so war die Herbst-
bestellung, auch die Obstkultur, der Garten- und Wiesenbau aufäng-
lich noch unbekannt, das Ackerland noch nicht dauernd vou Wald-
und Weideland geschieden. Aber während noch zu Casars Zeit
alljährlich ein neues Stück Wildland verteilt und iu Anbau ge-
nommen wird, werden zur Zeit des Tacitus schon in längeren
Zwischenräumen neue Ackerfluren abgegrenzt und unter den Pflug
genommen. Da mau deu Acker nicht düngte, konnte mau ihu nur
einige Jahre hintereinander bebauen; dann ließ man ihn ebenso
lange brach liegen. Der Ubergang von dieser sogenannten Wechsel-
oder Zweifelderwirtschaft zur Dreifelderwirtschaft durch Ein-
sührung der Wintersaaten hat sich erst viel später vollzogen, aber
noch längere Zeit vor Karl dem Großen.
Staatliche Einrichtungen. Die Bevölkerung war in drei
Stände geschieden. Als vornehmste Klasse galt durch Ansehen und
Besitz der Adel (westgerm. etheling, althochd. adaling), aus dem
in der Regel die Führer gewählt wurden. Die große Masse des
Volkes bildeten die Freien, die alle gleichberechtigt waren. Die
Unfreien (Knechte, Sklaven) waren Kriegsgefangene, Fremde oder
durch freiwillige Unterwerfung aufgenommene Kolonisten. Sie
dienten als Hausgesinde oder hatten als Landsiedler bestimmte Ab-
gaben und Herrendienste (Fronden) zu leisten; ihre Zahl war nicht
bedeutend. Ein Unfreier konnte für besondere Verdienste durch
Wehrhastmachung (Belehnung mit Schild und Speer) auf Beschluß
der Volksversammlung freigelassen werden. — Bei den Westgermanen
gab es noch als Zwischenstufe zwischen Freien und Unfreien die
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schaumburg-Lippe
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 193 —
Schläge. Jedes Feld wurde der Reihe nach im ersten Jahre mit Winterkorn
Moggen, Weizen), im zweiten mit Sommerkorn (Hafer, Gerste) bestellt und diente
im dritten als Brachland zur Gemeindeweide. Die Zahl der Gewanne, die jedes
Feld umfaßte, richtete sich nach der Bodenbeschaffenheit. Die einzelnen Acker-
stücke waren in der Regel alle von gleicher Breite (daher „Breiten"), während
die Länge verschieden sein konnte; nur die zur Pflugwende benutzten Äcker
(Anwandäcker, „Anewenge") erhielten zur Entschädigung größere Breite. In
besonderen Fällen wurde die Größe der Äcker mit der Rute oder dem Meßseil
festgestellt. War ein Gewann für die erforderliche Zahl von Ackerstücken zu
klein, so wurde ein zweites hinzugenommen. Was in die Gewanne wegen ihrer
Form als Parallelogramme nicht paßte, blieb als sogenannte Ger (von der keil-
förmigen Gestalt) unverteilt liegen.
Größe der Höfe. Der Gesamtbesitz einer Familie an Ackerstücken inner-
halb der einzelnen Gewanne wurde eine Hufe genannt (die altdeutsche Be-
zeichnung huoba für Hufe hängt nicht mit Hof zusammen). Die nach dem
durchschnittlichen Bedürfnis einer Haushaltung berechnete Größe einer Hufe be-
trug in unserer Heimat 60 Tagwerk (anderswo oft 30). Unter Tagwerk ver-
stand man kein bestimmtes Flächenmaß, sondern ein Stück Ackerland, das man
mit einem Gespann an einem Vormittag (daher „Morgen") umpflügen konnte.
Ein Hof hatte also gewöhnlich 60 Morgen Land (Pflug- und Brachland zu-
sammen), wovon aber in älterer Zeit nur 20 Morgen oder wenig darüber wirk-
liches Ackerland gewesen sein werden.
Stände. Das freie sächsische Volk gliederte sich in drei kästen-
artig streng voneinander geschiedene Stände: Edeliuge, Frielinge
und Laten. Die Edelinge (mobiles) standen über den anderen
Klassen; ihnen entstammen die im Laufe der Zeit zu erblicher Ge-
walt gelangten Fürstengeschlechter. Die Frielinge besaßen Grund-
eigentnm und dieselben politischen Rechte wie jene. Die Laten
oder Liteu (S. 176) waren persönlich freie, aber abgabenpflichtige
Leute und bildeten die große Masse der Ackerbau treibenden
Bevölkerung. Außerhalb der Volksgemeinschaft standen die Sklaven,
meist Kriegsgefangene und deren Nachkommen; sie mußten im Haus-
halt oder auf den Höfen ihrer Herren, denen auch das Wergeld
(S. 196) zukam, tätig sein. Bei Todesstrafe war die Vermäh-
lnng mit einer Frau höheren Standes verboten.
Gane. Das Land zerfiel in Gaue. An der Spitze standen
Häuptlinge, Alteste, unter deren Leitung die Gaugenossen zur Ver-
sammlung zusammentraten, Recht sprachen und notwendige Ange-
legenheiten regelten. Eine weitere Obrigkeit gab es in Friedens-
gelten nicht. Im Falle eines Krieges ordnete man sich gemeinsamen
Führern oder Herzögen unter (S. 177). So werden um 775 drei
13
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schaumburg-Lippe
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 234 —
genösse mußte an den Landesherrn als den obersten Schutzherrn
(„Bewahrer") der Mark für die Mast eine Abgabe zahlen, Wahr-
geld genannt, für Holzberechtigung und dgl. aber Walddienste tun
(Wege ausbessern, Bäume pflanzen, Plaggen stechen nftv). Die letzten
Berechtigungen sind bei uns in den 1870er Jahren durch Abtretung
von Grund und Boden abgelöst worden (S. 80).
Eingehende Bestimmungen über die Nutzung in den gemeinen Waldungen
enthält die Holzordnung vom Jahre 1572. Darin wird verboten, ohne An-
Weisung Brenn- oder Eichenholz zu hauen, das angewiesene Holz an andere,
überhaupt außer Landes zu verkaufen. „Wer Pottweiden abhauet oder schand-
flecket, soll zum erstenmal 5, zum andernmal 10 und zum drittenmal 15 Rthlr.
zur Strafe geben, würde er aber solche Thaten zum viertenmal begehen, soll
er . . . gestäupet und mit Abschneidung eines Ohres des Landes verwiesen
werden. . . Die Kuhhirten, Schwene (Schweinehirten), Schäfern und wer mit
Viehe zu Holze treiben und hüten wird, sollen keine Barten, Exen noch ander
scharf oder Eggetau, darmie Holz kann gehauet oder geferiget werden, tragen,
bei Verlierung deßelbigen und Straf eines Talers, so oft sie hier wider handeln
werden. . . Jeder soll in der Wahr (Mark) bleiben, darin er gehöret . . . Wer
ein neu Gebäu setzet, der soll die Gründe nicht in noch ans die Erden, sondern
aufs wenigst eine Elle über die Erden legen und darunter zween Schuh oder
eine Elle hoch mit Steinen mauern laßen, damit die Gründe desto weniger ver-
rotten mögen." Vor allen Dörfern und Städten sind auf der „Gemeinte" (All-
mendeweide) Eckernkämpe anzulegen, aus denen die Eichenheister in die gemeinen
Holzungen (Markwaldungen) verpflanzt werden sollen. „Der Mißbrauch, daß zu
einem jeden Kost oder Gilden sonderliche Bäume zu Bäuken, daraus die Leute
sitzen mögen, gefordert werden, soll abgethan seyn, und in jedem Enspel (Kirch-
spiel) etliche Bänke gemachet und verwahret und zu allen Kosten und Gilden ge-
liehen und gebrauchet und dann wieder hingesetzt und verwahret werden. Also
auch sollen die Kirchmeßen- und Fastelabend-Bäume zu hauen verboten seyn."
Die Markgenossen haben für die Anweisung des Holzes eine Gebühr von
2 Mariengroschen für den Bauin zu entrichten und dürfen nur die eigene
„Deelzucht", die selbstgezogenen Schweine, nicht fremde, in die Mast treiben.
Zur Ausführung dieser Holzordnung wurde die Spezialordnnng und Instruktion
v. 24. Juni 1614 an die fünf Drosten des Landes erlassen: Diederich von Brink
(Bückeburg), Hans v. Ditfurth (Stadthagen), Jobst v. Mengerssen (Schaumburg,
Egestorf und Arensburg), Albrecht v. Brink (Sachsenhagen, Hagenburg, Bokeloh
und Mesmerode) und Johann v. Stafhorst (Rodenberg). Sie bestimmt u. a.,
daß die Knicke, Landwehren und Grenzen häufiger besichtigt und wohl
erhalten werden sollen, auch läßt sie erkennen, daß der Landesherr das bis dahin
unbekannte Recht ausübt, überflüssiges Holz innerhalb der Grafschaft zu ver-
kaufen. Die Holzordnung von 1572 findet sich mit einigen neuen Bestimmungen
wörtlich wieder im Kap. 23 der im Jahre 1615 erlassenen Land- und Polizei-
Verordnung.
Die Namen der Markwaldungen in der früheren Grafschaft Schaum-
bürg sind gewöhnlich nach den nächsten Kirchdörfern oder größeren Orten gewählt
(Friller, Flschbecker Mark usw.). Der Bückeberg war ursprünglich eine große
Mark von über 26 Ortschaften, die später aber aus 3 Teilmarken bestand, der
Rodenberger, der Stadthäger (kurz Häger) und der Obernkirchener
Wahre. Heute sind die alten Markwaldungen im Kreise Grafschaft Schaum-
bürg größtenteils Staatseigentum, in Schaumburg-Lippe aber landesherrlicher
Besitz. Neben den Staatsforsten finden sich in den jetzigen preußischen Gebiets-
teilen der alten Grafschaft Schaumburg Stifts-, Gemeinde- und Privatwaldungen.
Eine große Gemeindewaldung besitzt dort Stift Fischbeck in Gemeinschaft mit
mehreren Dörfern (nahezu 6660 Morgen).
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Extrahierte Personennamen: Diederich_von_Brink Hans_v Ditfurth Jobst_v Albrecht_v Albrecht Brink Johann Johann Rodenberg
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schaumburg-Lippe
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 201 —
Kreuzzüge fällt, umfaßte nunmehr außer Edlen und Freien auch
wohlhabende Hörige, aus denen der niedere Adel hervorging. Das
Reiterheer spielte fortan bei der Kriegführung die Hauptrolle, nicht
mehr die Fußtruppe, das alte Graffchaftsaufgebot der Baueru zum
Heerbann. So nahm das Ansehen der Bauern allmählich ab,
zugleich aber auch die kriegerische Tüchtigkeit des ganzen Volkes.
Der Verlust der altgermanischen Freiheit und Selbständig-
keit zeigte sich auch in der veränderten wirtschaftlichen
Lage der Bauern. Die vielen Aufstände, Kriege und Ver-
heerungen hatten ihre Lathnsen, wie die Hose damals genannt
wurden, zurückgebracht, und in vielen Fällen zu Teilungen oder
Verkäufen geführt, während der Grundbesitz weltlicher und geist-
licher Herren so angewachsen war, daß diese nach und nach ein
Obereigentum an Grund und Boden und damit schließlich das Recht
der Grundherrschaft erlangt hatten. In der Hoffnung auf Schutz
und Förderung seiner Wirtschaft übertrug nun der Bauer freiwillig
oder dazu gedrängt seinen Hof einem Grundherrn, um ihn dann
aus dessen Hand gegen Entrichtung bestimmter Abgabeu (Zinsen)
oder gegen Leistung unentgeltlicher Dienste (Fronden) als Lehen
wiederzuerhalten. So wurde der ursprünglich freie Bauer
als Zins- oder Fronbauer Lehnsmann eines Adeligen,
eines Klosters oder einer Kirche. Andere Dorfbewohner, die
keine selbständige Ackerwirtschaft betrieben und auch selten Haus und
Garten hatten, gehörten dem Grundherrn ganz zu eigen (leibeigen).
Die Leibeigenen hatten in der Regel keine Abgaben zu entrichten,
sondern nur Dienste zu leisten, aber nicht wie die Hörigen mit Be-
schränkung auf bestimmte Tage (gemessene), sondern Tag für Tag
(ungemessene Dienste). Oft gingen ganze Gemeinden in grund-
herrlichen Besitz über, während wieder in manchen Dörfern grund-
herrliche und freie Höfe oder grundherrliche Höfe verschiedener
Herren nebeneinander bestanden. Ein gänzlich freier Bauernstand
erhielt sich in größerem Umfange nur in den Marschen des nörd-
lichen Sachsens.
Die Meiergutsverfasfung. Mit dem fränkischen Recht
hatte auch die karoliugische Güterverwaltung Eingang in Sachsen
gefunden. Nach dem Vorbilde der großen königlichen Güter, die
seit der Karolingerzeit her zusammenhängende Gebiete und einheit-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Schaumburg-Lippe
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
250 —
Was an Vieh und Korn noch aufzutreiben war, mußte deu Schweden
geliefert werden, die unter Georg von: 10. Juli ab Miuden eiuge-
schloffen hatten. Endlich am 3. Nov. erfolgte die Übergabe von
Minden an die Schweden; die kaiserliche Besatzung von noch etwa
zweitausend Mann zog am 10. Nov. ab. Im Sommer 1635, als
Georg auch die letzte starke Weserfestung Nienburg eingenommen
hatte, war die Wesergegeud eine Zeitlang von Kriegstruppen ge-
räumt, so daß der schon genannte Prediger Rimphof in Wiedensahl
eine Jubel- und Dankpredigt: „Wieder lebendig gewordener Weser-
ström" („Visurgis redivivus") veröffentlichen konnte. Die Grafschaft
hatte jedoch keine Erleichterung, da die verheerenden Durchzüge fort-
dauerten und die Schweden im Lande blieben.
Gtto V. (1635—1640). Am 5. Nov. 1635 starb Jobst
Hermann ohne Erben. In der Regierung folgte ihm Otto V.,
der gleich feinem Vorgänger ans der Gehmenschen Seitenlinie des
Hauses Schaumburg stammte und durch seine Mutter Elisabeth ein
Enkel Simons Vi. von Lippe war (S. 242). Er war auf Veran-
lassung seiuer Mutter am Hofe zu Detmold iu der reformierten
Lehre erzogen, die er darum auch in feiner Schloßkirche zu Bücke-
bürg einführte. Bei Übernahme der Regierung fand er ein ver-
wüstetes und entvölkertes Land vor. Da die katholische Partei
wieder im Besitz von Hameln war und die Schweden sich in Minden
festgesetzt hatten, so nahmen auch in Zukunft die Durchzüge und
Einquartierungen, die Braudfchatzuugen und Plünderungen noch kein
Ende. Freund und Feind hausten gleich schrecklich im Laude. Die
Dörfer wurden ausgeplündert, das Vieh und Getreide geraubt, die
Häuser eingeäschert, die Saaten abgemäht oder zertreten, die Be-
wohner mißhandelt und zum Kriegsdienst gezwungen und die Fliehen-
den uiedergeschosseu. Dazu kamen hohe Kriegssteuern und Lieferungen
in die Lager der Truppen. Am härtesten aber trieb es Herzog
Georg, der sich inzwischen mit anderen deutschen Fürsten verbunden
hatte, die Schweden ans Deutschland zu verjagen. Da er mit Otto
wegen des Amtes Lauenau in Streitigkeiten geraten war, so rückte
er am 20. September 1636 in Bückeburg mit einem starken Heere
ein, das in deu nächsten Tagen das ganze Land fürchterlich ver-
wüstete. Am schwersten hatte die Umgegend von Bückeburg zu leiden.
In Jetenbnrg und den anderen umliegenden Dörfern blieb nicht
eine Haudvoll Strohes; den Leuten wurden Fenster, Haus- und
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Extrahierte Personennamen: Georg Georg Rimphof Gtto Jobst
Hermann Otto_V. Otto_V. Simons Georg Otto