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Mut, der sein großes Heer beseelte. Alles Ungemach des Krieges er-
trug er gleich dem Geringsten aus dem Heere; mitten in dem schwärzesten
Dunkel der Schlacht war es licht in seinem Geiste; allgegenwärtig mit
seinem Blicke, vergaß er den Tod, der ihn umringte; stets fand man
ihn auf dem Wege der furchtbarsten Gefahr. Seine natürliche Herz-
haftigkeit ließ ihn nur allzuoft vergessen, was er dem Feldherrn schuldig
war, und dieses königliche Leben endigte der Tod eines Ge-
meinen. Aber einem solchen Führer folgte der Feige wie der Mutige
zum Siege, und seinem beleuchtenden Adlerblicke entging keine Heldenthat,
die sein Beispiel geweckt hatte. Der Ruhm ihres Beherrschers ent-
ziindete in der Nation ein begeisterndes Selbstgefühl; stolz auf diesen
König, gab der Bauer in Finnland und Gotland freudig seine Armut
hin, verspritzte der Soldat freudig sein Blut, und der hohe Schwung,
den der Geist dieses einzigen Mannes der Nation gegeben, überlebte
noch lange Zeit seinen Schöpfer.
Schiller.
93. Der deutsche Bauer vor und nach dem Dreißig-
jährigen Kriege.
1. Deutschland galt um das Jahr 1618 für ein reiches Land.
Selbst der Bauer hatte in dem langen Frieden einige Wohlhäbigkeit
erlangt. Breiter Graben, Zaun oder Wand von Lehm und Steine
umgrenzten oft die Stätte des Dorfes, an den Hauptstraßen hingen
Thore, welche zur Nacht geschloffen wurden. Dorf und Flur wurden
durch Tag- und Nachtwächter beschritten. Die Häuser waren zwar von
Holz und Lehm in ungefälliger Form, aber sie waren nicht arm an
Hausrat und Behagen. Alte Obstbaumpflanzungen standen um die
Dörfer, in den eingefriedeten Höfen tummelten sich große Scharen von
kleinem Geflügel, auf den Stoppeläckern lagen mächtige Gänseherden.
Große Herden von Schafen und Rindern grasten auf steinigen Höhen-
zügen und in den fetten Riedgräsern. Die Wolle stand gut im Preise,
die deutschen Tuche waren berühmt und Tuchwaren der beste Ausfuhr-
artikel. Dem Ackerbau lag man in vielen Gegenden mit großem Vorteil
ob. Die Wiesen waren sorgfältiger behandelt als zweihundert Jahre
später, Abzugs-, ja Bewässerungsgräben ziehen und erhalten war
gebräuchlich.
2. Fast seit hundert Jahren waren wenigstens in allen Kirch-
dörfern Schulen, und ein Teil der Dorfbewohner war des Schreibens
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Schiller
Extrahierte Ortsnamen: Finnland Gotland Deutschland
209
verloren die Hälfte ihrer Bewohner, in manchen Dörfern Frankens
und Thüringens blieben nur einzelne übrig. — Der Krieg aber wütete
von dieser Schreckenszeit ab noch zwölf lange Jahre. Die Heerhaufen
wurden kleiner, ihre Bewegungen aus Mangel an Lebensmitteln und
Tieren unsteter und planloser; wo aber die Kriegsflamme aufloderte,
da fraß sie erbarmungslos, was sich noch von Leben zeigte. Von den
Landlenten ist aus dieser letzten Zeit wenig zu berichten. Sie waren
verwildert und führten ein hoffnungsloses Dasein.
9. Es ist wahrscheinlich, daß sich das Landvolk ganz in schwärmende
Banden aufgelöst hätte, und daß die Städte niemals iin stände gewesen
wären, ein neues Volksleben hervorzubringen, wenn nicht drei Gewalten
den deutschen Landmann vor der gänzlichen Zerstörung bewahrt hätten:
seine Liebe zu dem väterlichen Acker, die Bemühungen seiner Obrigkeit
und der Eifer seines Seelsorgers, des Dorspfarrers.
10. Des Bauern Liebe zur eigenen Flur war im siebzehnten Jahr-
hundert noch um vieles mächtiger als jetzt. So lief er mit Zähigkeit
immer wieder ans seinem Versteck nach dem zerstörten Hof und ver-
suchte immer wieder die zerstörten Ähren zusammenzulesen oder in das
niedergetretene Land den wenigen Samen zu streuen, den er sich gerettet
hatte. Wenn sein letztes Zugtier geraubt war, spannte er sich selbst
an den Pflug. Er hütete sich wohl, seinem Hause ein wohnliches An-
sehen zu geben, er gewöhnte sich, in Schmutz und Ruinen zu hausen,
und verbarg das flackernde Feuer des Herdes vor den raubgierigen
Blicken, welche vielleicht durch die Nacht nach einem warmen Neste
suchten. Die kärgliche Speise versteckte er an Orte, vor welchen selbst
dem ruchlosen Feinde graute, in Gräber und Särge.
11. Fast ebenso großes Interesse als der Bauer selbst hatten sein
Landesherr und dessen Beamte, die Dörfer zu erhalten. Von der
Hauptstadt aus kümmerten sich die Regierungen durch ihre Amtleute,
Vögte und Steuereinnehmer um das Schicksal der Dörfer. Berichte,
Eingaben und Verfügungen liefen bei all dem Elend hin und her, und
mancher arme Schulmeister verrichtete gehorsam seinen Dienst als Ge-
meindeschreiber, während der Schnee durch die zerschlagenen Fenster in
seine Schulstube hineinwehte und die Gemeindekasse zerbrochen auf
der Straße lag.
12. Das höchste Verdienst aber um die Erhaltung des deutschen
Volkes erwarben sich die Landgeistlichen in diesen Zeiten der Armut,
der Trübsal und der Verfolgung. Sie waren den größten Gefahren
ausgesetzt; die Roheiten, welche sie mit den Ihrigen zu erdulden hatten,
trafen tödlich ihr Ansehen in der eigenen Gemeinde. Ihr Leben wurde
B. Y. r. 14
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
168
„Und dann?“ —
„Dann werd ich mich zur Ruhe setzen, an meiner Kinder
Glück mich freuen, ihre Liebe geniefsen und ein glückseliges
Alter haben.“
„Und dann?“
„Dann ? — Nun — immer kann man nicht auf dieser Erde
bleiben, und, wenn mans könnte, es wäre nicht einmal gut, —
dann freilich, dann — muss ich sterben!“ —
„Und dann?“ rief der Alte wieder, fasste ihn an beiden
Händen und sah ihm in die Augen. „Mein Sohn! Und
dann?“ —
Da verfärbte sich der muntere Jüngling und fing an zu
zittern, und die Thränen stürzten ihm aus den Augen. — „Hab
Dank, mein Vater,“ sprach er endlich, „ich hatte die Haupt-
sache vergessen, dass dem Menschen gesetzt ist, einmal zu
sterben „und dann“ — das Gericht. Aber von heut an solls
nicht mehr geschehen ! “ Caspari.
75. Die Kreuzschau.
1. Der Pilger, der die Höhen überstiegen,
Sah jenseits sck)on das ausgespannte Thal
In Abendglut vor seinen Füßen liegen.
2. Auf duftges Gras im milden Sonnenstrahl
Streckt' er ermattet sich zur Ruhe nieder,
Indem er seinem Schöpfer sich befahl.
3. Ihm fielen zu die matten Augenlider,
Doch seinen wachen Geist enthob ein Traum
Der irdschen Hülle seiner trägen Glieder.
4. Der Schild der Sonne ward im Himmelsraum
Zu Gottes Angesicht, das Firmament
Zn sei.' nn Kleid, das Land zu dessen Saum.
5. „Du wirst dem, dessen Herz dich Vater nennt,
Nicht, Herr, im Zorn entziehen deinen Frieden,
Wenn seine Schwächen er vor dir bekennt.
6. Daß jedes Menschenkind sein Kreuz hienieden
Auch duldend tragen muß, ich weiß es lange,
Doch sind der Menschen Last und Leid verschieden.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
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215
der Regierungsbehörden wohnte er selbst bei. Seine Unterthanen
hatten stets bei ihm Zutritt, und er hörte ihre Anliegen mit großer
Freundlichkeit an; wo er konnte, half er schleunig in Güte und Ge-
rechtigkeit. Er sorgte für gute Rechtspflege liitb hielt mit Ernst darauf,
Posthumus - Denkmal.
daß die Richter gerecht richteten und der Arme wie der Reiche fein
Recht finden konnte. Bisweilen hielt er selbst Verhör ab, suchte
zwischen den Streitenden zu vermitteln und entschied, wenn kein Ver-
gleich zustande kam. Ein so gütiger Herr er aber war, übte er gegen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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224
2. Hat die Göttin auch des Glückes
Fürstengüter euch beschert,
So daß demutvollen Blickes
Alt und jung Verehrung schwört —
Wenn euch deutscher Sinn gebricht,
Acht ich aller Schütze nicht.
3. Eure höflichen Gebärden,
Eure schöne Redekunst,
Ob sie laut gepriesen werden,
Sind nur Spiel und eitel Dunst
Und bestehn, ihr Jungfraun, nicht,
Wenn euch deutscher Sinn gebricht.
4. Kämt auch edlen Stammes wegen
Ihr den Königinnen gleich,
Dennoch wahrhaft überlegen
Bleibt ein deutsches Mädchen euch.
Hoher Stand beliebt uns nicht,
Wo der deutsche Sinn gebricht.
5. Deutscher Sinn, das ist die Gabe,
Wahrheit, Zucht und Redlichkeit,
Die ich auserkoren habe,
Und wenn einst ein Gott verleiht
Mir ein Weib von deutscher Art,
Glücklicher kein Mann noch ward.
Nach Heyden.
c) Nikolaus Runzel, der gelehrte Bauer.
Nikolaus Künzel, später Schmidt genannt, war 1606 zu Roten-
acker bei Tanna geboren. Er erweckte durch sein großes Talent um
so mehr Interesse, als dasselbe in seiner Selbstentwickelung sogar noch
mit äußeren Hindernissen zu kämpfen hatte. Der junge Schmidt war
bereits 16 Jahre alt, ohne lesen zu können. Um diese Zeit nahm sein
Vater einen Jungen in Dienste, welcher zwar nicht flott zu lesen ver-
stand, aber doch wenigstens sämtliche Buchstaben kannte. Schon dieses
notdürftige Zusammenbuchstabieren erschien dem Jüngling als ein un-
endliches Glück, und er faßte den Entschluß, es im Lesen bis zur
Fertigkeit zu bringen. Der Knecht ging zwar gern darauf ein, ihm
Unterricht zu geben; aber der Vater, welcher fürchtete, daß dadurch
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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225
die Haus- und Feldarbeit leiden würde, litt es nicht und jagte die
beiden zuletzt unter harter Bestrafung auseinander. Der lernbegierige
Nikolaus hatte aber bereits die Kenntnis der Buchstaben erlangt und
sein Lehrer ihm heimlich ein Abc-Buch verschafft. Zu seinem Glück
bekam der Schüler ans einige Zeit einen lahmen Fuß, mußte nun das
Bett hüten und hatte die schönste Gelegenheit, seinen Selbstunterricht
fortzusetzen. Mit Hilfe seiner außerordentlichen Fassungsgabe konnte
er in kurzer Zeit lesen und hörte, um richtig aussprechen zu lernen,
Sonntags mit Aufmerksamkeit auf die Predigt. Nach damaligem
Brauche waren die Predigten stets sehr viel mit Latein durchflochten,
und dies veranlaßte den jungen Schmidt, sich der lateinischen Sprache
zu befleißigen. Mit Hilfe eines Rechtsgelehrten gelang ihm die Er-
lernung derselben ebenfalls leicht. Zeit zum Lesen und Studieren hatte
er bloß mittags bei Tische, Sonntags und des Nachts. Von dem
Schullehrer zu Mislareuth bekam Schmidt später einen Katechismus in
deutscher, lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache zum Geschenk.
Dies gab ihm die erste Veranlassung, das Griechische und das Hebräische
zu lernen. Die Kenntnis der Schristzüge eignete er sich beim Dreschen
an, indem er die Buchstaben mit Kreide an die Scheunenwand schrieb.
Dasselbe Verfahren wandte er auch bei Erlernung aller ferneren
Alphabete an. Seiner Lebensbeschreibung nach erlernte Nikolaus
Schmidt ferner noch rein durch Selbstunterricht nur mit Hilfe
verschiedener Grammatiken nach und nach die Kenntnis der chaldä-
ischen, syrischen, arabischen, ägyptischen, armenischen, äthiopischen,
illyrischen, jakobitischen, türkischen, persischen, medischen und tartarischen
Sprache.
Diese auf solche unerhörte Weise errungene Kenntnis verbreitete den
Ruf des gelehrten Bauern bald in weite Ferne. Verschiedene aus-
wärtige Professoren ließen den begabten Mann zu sich kommen, um
sich selbst von dem, was sein Ruf verkündigte, zu überzeugen. Im
Jahre 1633 wurde er nach Weimar an den Hof des Herzogs Ernst
gerufen. Der Herzog interessierte sich so für ihn, daß er ihn ganz an
seinem Hofe behalten und ihm allen möglichen Vorschub gewähren
wollte. Schmidt blieb auch längere Zeit dort, kehrte dann aber in sein
Dorf zurück. In gleicher Absicht ließ ihn dann Kurfürst Johann
Georg I. nach Dresden kommen und beschenkte ihn mit Geld und
Büchern. Überhaupt machte man ihm überall, wohin er gerufen wurde,
Geschenke an Büchern fremder Sprachen, so daß Schmidt zuletzt eine
starke und zugleich höchst seltene Bibliothek besaß. Er dagegen mußte
an den Höfen, die er besuchte, stets in allen ihm bekannten Sprachen
B. Y. R. 15
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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Extrahierte Personennamen: Nikolaus Nikolaus Schmidt Schmidt Nikolaus
Schmidt Nikolaus Ernst Schmidt Johann Schmidt
228
Weil die Hände des Türken reichlich gefüllt waren, so benutzte Heinrich die
Gelegenheit, die berühmtesten Schlachtfelder Griechenlands und einige seiner
an alten Kunstdenkmälern reichen Städte zu besuchen.
Kaum war er nach dreijähriger Abwesenheit im Schoße der Familie
ein wenig heimisch geworden, so ließ er sich von seinem Vetter, Heinrich
dem Feldmarschall, bereden, mit diesem gegen Ludwig Xiv., den räuberischen
König von Frankreich, zu Felde zu ziehen. Bei der Belagerung von Mainz,
das in den Händen der Franzosen war, stürzte Graf Heinrich so unglücklich
vom Pferde, daß der alte Schaden am Beine wieder aufbrach und Heinrich
vom langen Krankenlager als ein lahmer Mann aufstand.
An die Stelle der Kriegsfahrten traten nun die Friedensjahre. Schon
1678 hatte sich Heinrich mit seinen Brüdern in das väterliche Erbe geteilt.
Während der eine Lobenstein, der andere Hirschberg überkam, erhielt er
als der Jüngste die übrigen vom Vater neu erworbenen Besitzungen. Da
aber in denselben weder eine Stadt, noch ein Schloß war, so baute sich
Heinrich in Ebersdorf, das Heinrich I. von Schleiz schon 1682 für sein
Mündel gekauft hatte, auf der Stelle des alten Rittersitzes in den Jahren
1690 bis 1693 ein schönes Residenzschloß. Eine wahre Herzensfreude war
es für ihn, daß sein treuer Türke bald nach dem Einzuge in das neue
Heim durch die heilige Taufe in die Gemeinschaft der christlichen Kirche
sich aufnehmen ließ und nun Herr und Diener durch den Glauben an den
gemeinsamen Herrn sich um so enger verbunden fühlten.
Heinrich starb in Ebersdorf 1711. Die von ihm gegründete Linie
Ebersdors ist mit Fürst Heinrich Lxxii. erloschen, der 1855 zu Dresden
starb, nachdem er schon am 1. Oktober 1848 die Regierung zu Gunsten
des Hauses Schleiz freiwillig niedergelegt hatte. Nunkwitz.
100. Aug. Herrn. Francke.
In Glaucha, dem Teile der Stadt Halle, in welchem Aug.
Herrn. Francke Pastor war, galt die Sitte, dass die Armen an
einem bestimmten Wochentage sich ihr Brot vor den Thüren
der Leute holten. Als sie einst auch an Franckes Haus kamen,
liess er sie eintreten, unterredete sich mit ihnen über den
Katechismus und wiederholte das, so oft sie kamen. Da er aber
je länger, je mehr sich von der schrecklichen Unwissenheit, be-
sonders auch der Kinder, überzeugte, gab er den Eltern ein
wöchentliches Schulgeld für diese. Aber das Geld holten sie
nun wohl ab, doch die Kinder schickten sie nicht zur Schule.
Doch nur um so mehr dachte der treue Mann daran, wie ihnen
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich
dem_Feldmarschall Heinrich Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich_I._von_Schleiz Heinrich_I. Heinrich Heinrich Heinrich_Lxxii Heinrich Schleiz Francke Francke_Pastor Franckes
Extrahierte Ortsnamen: Griechenlands Frankreich Mainz Hirschberg Ebersdorf Ebersdorf Dresden Glaucha
231
Freiherrn von Canstein zur wohlfeilen Herstellung der Heiligen
Schrift gegründete Bibelanstalt.
Eine lange Reihe von Jahren war es Branche noch ver-
gönnt, an seinem geliebten Waisenhause zu wirken, und teils
durch den Ertrag der Buchhandlung und der Apotheke, teils
durch reiche Vermächtnisse wurde es möglich, die sämtlichen
Anstalten, die allmählich entstanden waren, ohne Unterstützung
der Regierung zu erhalten.
In seinem 64. Lebensjahre wurde der unermüdlichen Liebes-
thätigkeit Eranckes durch den Tod ein Ziel gesetzt. Nachdem
er schon längere Zeit gekränkelt hatte, entschlummerte er sanft
und selig, umgeben von seiner treuen Gattin und von seinen
Kindern, am 8. Juni 1727. Inmitten seiner Stiftungen hat ihm
die dankbare Nachwelt ein Denkmal errichtet, ein lebensgrosses
Standbild in Bronze, mit der einfachen Inschrift: „Er ver-
traute Gott!“ Nach Verschiedenen.
101. Friedrich der Große und der Siebenjährige Krieg.
Nicht eroberungslustig zog Friedrich 1756 in den Kampf; daß er
um seines Staates Dasein zu kämpfen hatte, war ihm schon lange
vorher deutlich geworden. Aber um so höher wuchs ihm der Mut.
Wie der Sturmwind wollte er in die Wolken brechen, die sich von
allen Seiten um sein Haupt zusammenzogen; durch die Kraft eines
unwiderstehlichen Angriffs gedachte er die Wetter zu zerteilen, bevor
sie sich entluden. Er war bis dahin nie geschlagen worden; das war
eine Hoffnung, die einzige.
Aber gleich bei dem ersten Zusammentreffen mit den Österreichern,
seinen alten Feinden, sah er, daß auch sie von ihm gelernt hatten und
andere geworden waren. Bis zum äußersten spannte er seine Kraft,
und bei Kollin versagte sie ihm. Es war der verhängnisvollste Tag
in Friedrichs Leben. Nach einer kurzen Betäubung erhob er sich in
neuer Kraft. Aus dem Angriffskriege war er auf eine verzweifelte
Verteidigung angewiesen; von allen Seiten brachen die Gegner gegen
sein kleines Land, mit jeder großen Macht des Festlandes trat er in
tödlichen Kampf, er, der Herr über nur vier Millionen Menschen und
über ein geschlagenes Heer. Jetzt bewährte er seine Fähigkeit als
Feldherr, wie er sich nach Verlusten den Feinden entzog und sie wieder
packte und schlug, wo man ihn am wenigsten erwartete; wie er sich
bald dem einen, bald dem anderen Heer entgegenwarf, unübertroffen
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
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Extrahierte Personennamen: Canstein Friedrich Friedrich Friedrich Friedrichs
233
Selbst in Paris und Petersburg nahmen viele warmen Anteil an dem
Geschicke des Königs; ja bis in die Türkei reichte die Begeisternng.
Dem Maler Hackert wnrde mitten in Sizilien bei der Durchreise
durch eine kleine Stadt von dem Magistrat ein Ehrengeschenk
von Wein und Früchten überreicht, weil man gehört hatte, daß
er ein Preuße wäre. Und der Kaiser von Marokko ließ die
Schiffsmannschaft eines Bürgers von Emden, den die Seeräuber
nach Mogador geschleppt hatten, ohne Lösung frei, schickte die
Mannschaft nengekleidet nach Lissabon und gab ihnen die Ver-
sicherung, ihr König sei der größte Mann der Welt, kein Preuße solle
in seinen Ländern Gefangener sein, seine Kreuzer würden nie die
preußische Flagge angreifen.
Jetzt empfanden die Deutschen ans einmal, daß auch sie teilhatten
an der Ehre und Größe der Welt, daß ein König und sein Volk, alle
von ihrem Blute, dem deutschen Wesen eine goldene Fassung gegeben
hatten, der Geschichte der Menschheit einen neuen Inhalt. Jetzt durch-
lebten sie alle selbst, wie ein großer Mensch kämpfte, wagte und siegte.
Unterdes rang der König ohne Ende gegen seine Feinde, nicht
ohne Schmerz und herzzerreißende Sorge. Zehn Tage nach der Schlacht
bei Kollin starb seine Mutter, das Jahr darauf sein Bruder August
Wilhelm, kurz darauf erhielt er die Nachricht vom Tode seiner Schwester,
der Markgräfin von Bairenth; einer nach dem andern von seinen
Generalen sank an seiner Seite; seine alten Soldaten, sein Stolz, fielen
zu Tausenden. So lebte er fort, die Jahre kamen und gingen, riesig
war die Arbeit, unermüdlich sein Denken; das Fernste und Kleinste
übersah prüfend sein Adlerauge, und doch keine Änderung, nirgend eine
Hoffnung. Aber der König, in dessen Lage jeder andere verzweifelt
wäre, war fest entschlossen, keinen demütigenden Frieden zu unterzeichnen.
„Niemals werde ich den Augenblick erleben, der mich verpflichten wird,
einen nachteiligen Frieden zu schließen. — Ich werde mein Land retten
oder mit ihm untergehen."
Und er hielt aus. Die Kraft seiner Feinde wnrde geringer, auch
ihre Feldherren nutzten sich ab, ihre Heere wurden zerschmettert; endlich
trat Rußland von der Verbindung zurück. Dies und die letzten Siege
des Königs gaben den Ansschlag. Friedrich hatte überwunden, er
hatte das eroberte Schlesien für Preußen gerettet, sein treues Volk
frohlockte. Allein und still kehrte er nach Sanssouci zurück. Er wollte
den Rest seiner Tage, wie er sagte, im Frieden für sein Volk leben.
Ergänzungen zum Seminarlesebuch.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden]]
Extrahierte Personennamen: August Wilhelm Bairenth Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Paris Petersburg Sizilien Marokko Emden Lissabon Sanssouci
271
114. Königin Luise in Tilsit.
Der Kaiser Napoleon Bonaparte hatte gewünscht, daß die Königin
Luise in Tilsit erschiene, teils um seinen Stolz zu befriedigen, dann
aber auch aus Neugierde, um die schöne Frau, die gedemütigte Königin,
von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Seine nächste Umgebung hatte
seine Zusammenkunft mit der Königin zu verhindern gesucht und legte
allerlei Schwierigkeiten, um sie zu verhüten, in den Weg. Sie kam
aber doch zustande, weil der Kaiser sie wollte, und die Königin war
willig, sich diese Demütigung mit Selbstverleugnung gefallen zu lassen.
„Was mich das kostet," schrieb die Königin auf dem verhängnisvollen
Wege nach Tilsit in ihr Tagebuch, „weiß mein Gott; denn wenn ich
gleich den Mann nicht hasse, so sehe ich ihn doch als den an, der den
König und sein Land unglücklich gemacht hat. Seine Talente be-
wundere ich; aber seinen Charakter, der offenbar hinterlistig imb falsch
ist, kann ich nicht lieben. Höflich und artig gegen ihn zu sein, wird
mir schwer werden; doch das Schwere wird einmal von mir gefordert;
Opfer zu bringen bin ich gewohnt." Vollkommen mit sich einig, voll
von der Würde, welche ein ruhiges Selbstbewußtsein giebt, ging sie mit
der Unbefangenheit, die ihr eigentümlich unter allen, auch den traurigsten
Verhältnissen und schwersten Ausgaben blieb, nach Tilsit, um den Kaiser
Napoleon zu sehen und zu sprechen.
Um das Demütigende dieser unnatürlichen Zusammenkunft zu
verstecken, ließ der reiche Kaiser die Königin, sie äußerlich zu ehren,
in einem prachtvollen achtspännigen Staatswagen unter einer zahlreichen
und glänzenden Bedeckung von den Dragonern der Garde abholen.
Der König, der die äußerliche Herrlichkeit nicht wollte, weil er ihrer
nicht bedurfte, fuhr in einem einfachen Wagen; auch nachher, wieder
groß und reich, wenn er nicht ans Reisen war, fuhr er immer nur mit
zwei Pferden, ohne Bedeckung und mit einfach gekleideter, nur nötiger Be-
dienung. Es lag in seiner Natur, einfach zu sein und alles Unnötige
von sich zu thun. Wo zwei Pferde hinreichten, um schnell und sicher
von einem Ort zum anderen zu kommen, brauchte er nie vier. Auf-
sehen zu machen und die Augen der Menge auf sich zu ziehen, liebte
er nicht, und sein Inneres gab sich kund und trat hervor in allem,
was ihn umgab. Er war wahr in allen Stücken; nie konnte er etwas
scheinen, was er nicht war. Ein wahrhaft deutscher Charakter!
Der König war, wie wir wissen, in der Regel ernst, voll innerer
und äußerer Haltung, die Königin voll herzgewinnender Anmut und
Unbefangenheit. Diese verließ sie auch in dem Augenblicke nicht, der
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Extrahierte Personennamen: Königin_Luise Napoleon_Bonaparte Napoleon Luise Napoleon