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1. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 6

1910 - Berlin : Parey
6 Die Begründung des brandenburgisch-preußischen Staates. überhand genommen, und gotteslästerliches Fluchen, wie man es von den Landsknechten gelernt hatte, und wunderlichster Aberglaube waren unter dem Volke weit verbreitet. Auch das alte, stolze. Selbstbewußtsein war den Deutschen geschwunden. Mit Bewunderung staunte man alles Ausländische und Fremde an und,ahmte die Lebensgewohnheiten, die Sitten und Unsitten der Ausländer nack. als ob man sich seines deutschen Wesens schäme. Nach französischer Mode bedeckten die Männer ihr Haupt mit langen Lockenperücken, und die Frauen erschienen in weiten Reisröcken und engen Schnürleibern. Ja, auch in die deutsche Sprache mengte man fremde Worte, daß sie kaum noch als deutsche zu erkennen war. c) Die Ohnmacht des Deutschen Reiches. Der 30jährige Krieg hatte auch die Einheit des D eut schen Reiches fast vollständig vernichtet. Der Kaiser war zwar noch dem Namen nach das Oberhaupt des Reiches, aber er hatte über dieses fast keine Macht mehr. Ohne Zustimmung des Reichstages, der damals feinen ständigen Sitz in Regensburg hatte und aus 240 Abgesandten der Stände zusammengesetzt war, konnte der Kaiser weder über Krieg und Frieden beschließen, noch Gesetze erlassen und ein Heer ausrüsten. Die deutschen Reichsfürsten waren selbständig regierende Herren in ihren Ländern geworden, die, ohne den Kaiser zu fragen, Krieg führen und Bündnisse sogar mit ausländischen Fürsten abschließen dursten, wenn es für sie von Vorteil war und nicht gegen Kaiser und Reich ging. So war Macht und Ansehen des Deutschen Reiches geschwunden. d) Der Verfall des Wirtschaftslebens in Stadt und Land. Auch das ganze Wirtschaftsleben im Deutschen Reiche war durch den großen Krieg vollständig zurückgegangen. Die G e-werbtätigkeit in den entvölkerten Städten lag darnieder. Die Handwerker besaßen leine Mittel, um sich die Rohstoffe zur Verarbeitung anzuschaffen. Und hatten sie mit Not und Mühe Verkaufsgegenstände hergestellt, so fehlte es an Käuferu._da kein Geld im Lande war. Der Handel, namentlich der überseeische, ging ganz an die Ausländer über; denn auch die alten Hansastädte hatten durch den Krieg den letzten Stoß erhalten. Früher waren deutsche Kaufleute ins Ausland gezogen, hatten dort ihre Waren abgesetzt und Geld heimgebracht; jetzt kam der fremde Kaufmann ins Land, bot feine Waren aus und zog das Geld aus dem armen, deutschen Lande. Ein besonders trauriges Los hatte der Bauernstand. Nicht nur daß er ganz und gar verarmt war, er ging auch mehr und mehr den letzten Rest seiner Frei i t verloren, und die Meinung

2. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 9

1910 - Berlin : Parey
Der Große Kurfürst als unabhängiger Herzog in Ostpreußen. 9 3. Der Große Kurfürst als unabhängiger Herzog in Ostpreußen. 1660. a) Preußen als Ordensland. Zwischen Memel und Weichsel wohnte seit altersher das Volk der Deutzen. Sie waren trotz aller Bekehrungsversuche noch um das Jahr 1200 Heiden und lebten in bitterer Feindschaft mit den christlichen Nachbaren. Da rief im Jahre 1226 einer der Polenherzöge, die sich gegen die wiederholten Angriffe und räuberischen Überfälle der Preußen nicht mehr helfen tonnten, den deutschen Ritterorden zur Unterstützung herbei. Der Hochmeister des Ordens, Hermann von Salza, der damals seinen Sitz in Venedig hatte, schickte ein Heer deutscher Ordensritter nach Preußen. In langen, blutigen Rümpfen, unterstützt von Kreuzzügen, die christliche Fürsten veranlaßt hatten, eroberten sie einen Landstrich nach dem andern und legten an der Weichsel feste Burgen an, aus denen später die Städte Thvrn, Kulm, Marienwerder, Marienburg u. a. entstanden sind. In den erbitterten, Kämpfen wurde ein großer Teil der alt eingesessenen Bevölkerung völlig aufgerieben, und die Wenigen, die übrig geblieben waren, wurden zu Hörigen gemacht. Deutsche Kolonisten, freie Bauern aus dem Westen Deutschlands, wanderten ein, legten Städte und Dörfer an, die noch heute ihre alten deutschen Namen tragen, und verbreiteten hier deutsche Sprache, beutsche Art und Sitte. Auch viele der weltlichen Ritter, die sich an den Kreuzzügen beteiligt hatten, blieben im Lande, erhielten vom Orben größere Lehen und bildeten den Landadel. So war nach 50jährigem Kampfe das Land erobert und Christentum und Deutschtum verbreitet worden. Da verlegte im Jahre 1309 der Hochmeister des Ordens seinen 2itj in die herrliche Marienburg, die noch heute ihrer Pracht wegen bewundert wird. Von hier aus leitete er das Ordensgebiet, das sich zuletzt von Hinterpommern bis weit ins heutige Rußland hinein erstreckte. Das Land gelangte rasch zu hoher Blüte; die Städte trieben einen ausgedehnten Handel; Getreide, Obst und Wein wurden in großen Mengen angebaut, und Landadel, Bürger und Bauern befanden sich wohl unter der Ordensherrschaft. b) Preufzen als polnisches Lehnsland. Ums Jahr 1400 aber erhielt das Ordensland in dem vereinigten polnisch-litauischen Reiche einen gefährlichen Nachbar, den der Besitz des reichen Küstenlandes ungemein reizte. Mit einem gewaltigen Heere fiel der Polenkönig in das Land ein und vernichtete in der furchtbaren Schlacht bei Tannenberg 1410 das Ordensheer. Mit schweren Opfern mußte sich das Land den Frieden erkaufen; die Blütezeit des Ordens war dahin. Dazu begann im Innern ein

3. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 2

1910 - Berlin : Parey
2 Begründung der Hohenzollernmacht in Brandenburg. empor. Die Wenden aber befreundeten sich mehr und mehr mit deutschem Wesen und deutscher Sprache und verschmolzen sich nach und nach mit den deutschen Ansiedlern zu einem Volke. Vor allem aber lag Albrecht daran, die heidnischen Wenden auch zum Christentum zu bekehren. (Er stürzte die heidnischen Altäre, schickte christliche Prediger ins Land und ließ Kirchen in Dorf und Stadt erbauen. Die Nachkommen Albrechts des Baren, die Assanier, setzten sein Werk fort. Sie erwarben teils auf kriegerischem, teils auf friedlichem Wege weitere Stücke der heutigen Provinz Brandenburg: die Ackermark, das Land Lebus, die Lausitz und die Neumark jenseits der Oder! Auch in den neuen Gebieten fand Christentum und Deutschtum die eifrigste Pflege dieses mächtigen Geschlechtes. Im Jahre 1320 erlosch das Haus der Askanier, das fast 200 Jahre segensreich in der Mark Brandenburg gewirkt hatte. 4. Aus den trüben Tagen der Mark. Nach dem Aus sterben der Askanier stand die Mark Brandenburg als erledigtes Reichslehen fast 100 Jahre mehr oder weniger unter kaiserlicher Regierung. Zunächst brachte der deutsche Kaiser, Ludwig der Bayer, das Land an sein Haus und.belehnte damit seinen Sohn Ludwig, dem später dessen Brüder Ludwig d er Rom er und Otto der Faule folgten. Das war eine unruhige Zeit für die Mark, und manches Grenzland ging wieder an die Nachbaren verloren. Im Jahr 1356 erhob der deutsche Kaiser ftarl Iv. durch die goldne Bulle die Mark Brandenburg zu einem Kurfürstentum und brachte sie 1373 durch Kauf an sein Haus. So kam die Mark wieder in neue Hände, an die Luxemburger. Karl Iv. übernahm zunächst selbst die Regierung für seinen minderjährigen Sohn Wenzel. Er machte dem Raubwesen ein Ende, ließ die verwüsteten Höfe und Dörfer wieder aufbauen und legte zur Forderung des Handels Straßen an. Besonders gern tot^ er in Tangermünde an der Elbe. Er erbaute hier ein Schloß, eine Kirche und ein Rathaus und gedachte, die Stadt zu einem großen Hafen- und Hanbelsplatz zu machen. Nach feinem frühen Tode erbte fein zweiter Sohn Sigismunb die Mark. Nun war es wieber mit der guten Zeit vorüber. Da Sigismunb auch Körn£ von Hngjjrn roar, so hatte er toeber Zeit noch Lust, sich um die kleine Mark zu kümmern. Er verpfänbete die Mark an I obst von Mähren. Dieser kümmerte sich gar nicht um das Land und war nur barauf bebacht, sich durch hohe Steuern zu bereichern. Er verkaufte sogar die Neumark an den beutfchen Ritterorben und kam selbst nur alle Jahre einmal in die Mark, um die Gelber in Empfang zu nehmen. Da brach für die arme Mark eine böse Zeit an. Der Raubabel erhob wieber sein^Haupt und begann Bürger und Bauer

4. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 324

1904 - Bautzen : Hübner
324 wohl eine Vorstellung davon machen, wie viele verschiedene Salze in der Natur (und auch künstlich vom Menschen) gebildet werden können. Besonders wichtig aber für den Landwirt ist es, sich das eine dabei recht zu merken, daß der Zutritt des Sauerstoffes bei der Nähr- salzbildung im Boden eine große Rolle spielt. Wenn also dem praktischen Landwirt immer geraten wird, er solle den Boden offen hallen, d. h. pflügen, eggen, hacken und jede Kruftenbildung verhindern, so ist diese Forderung damit zu begründen, daß der Sauerstoff der Luft in den Boden eindringen muß, wenn sich Nährsalze bilden sollen. Klocke. 79. Die Buchführung des Landwirts. Gar nicht selten hört man in landwirtschaftlichen Kreisen sagen, man habe viele Jahre buchgeführt, aber mit dem Ergebnisse, daß die Ausgaben immer größer, die Einnahmen dagegen eher geringer würden. Das wisse man aber auch ohne Buchführung und deshalb habe man die Schreiberei schließlich an den Nagel gehängt. Meist stellt sich bei näherer Betrachtung heraus, daß die Betreffenden zwar jahrelang schrieben und schrieben, Einnahmen und Ausgaben notierten, aber weder Jahresabschluß, noch zu versteuerndes Einkommen festzustellen ver- mochten. Die Zwecklosigkeit dieses Vorgehens einsehend, warfen sie dann Rechenstift und Bücher unwillig für immer in den Winkel. Sie hatten in Wirklichkeit nicht buchgeführt, sondern nur Notizen ge- macht, welche die große Reihe von Fragen, über die eine korrekte Buch- führung Aufschluß geben kann und soll, natürlich nicht beantworten konnten. Unter Buchführung ist also nicht bloß das Aufschreiben von Einnahmen und Ausgaben, sondern das schriftliche Verzeichnen von geschäftlichen Vorkommnissen nach ganz bestimmten Regeln und in zeitfolgerichtiger Reihenfolge zu verstehen. Die landwirtschaftliche Buchführung ist uralt. Bereits zur Zeit Karls d. Gr., also vor mehr als tausend Jahren, hatten die Pächter der Staatsdomänen die Verpflichtung, Bücher zu führen und diese erforderlichenfalls vorzulegen. Trotzdem die Anfänge, welche man mit der landwirtschaftlichen Buchführung gemacht hat, bis in das graue Altertum zurückreichen, ist dieselbe bis heute noch einer der wundesten Punkte unseres technisch so weit fortgeschrittenen Gewerbes. Fragen wir uns, wie das kommt! Mehr als 90% unserer bäuerlichen Be-

5. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 64

1904 - Bautzen : Hübner
64 in der Hand sollen die friesischen Frauen gegen die Dänen vorgegangen sein, als ihre Männer wichen, und mehr als eine Frau hat in Männer- kleidung ari den Befreiungskämpfen im Anfange unseres Jahrhunderts heldenmütig teilgenommen. In der Familie gehört der Fron in erster Linie die Erziehung der Kinder. Diese wachsen neben und unter den Haustieren auf, an denen der Deutsche schon in ältester Zeit fast mit Zärtlichkeit hing. Durch den Umgang mit den Haustieren sollte das Kind den Ausdruck seines Gemüts, seine Menschlichkeit üben. Waren die Knaben älter geworden, so kamen sie gewöhnlich zum Mutterbruder, der ihnelt ltach dem Vater am nächsten stand und der in jeder Weise für das Wohl seines Neffen sorgte. Im Mittelalter nahm dieselbe Stellung, die in altgermanischer Zeit der mütterliche Oheim hatte, der Pate (Götte) ein, der ja in vielen Gegenden Deutschlands noch heute für Leib lind Seele seines Tauskindes zu sorgen hat. Ntlr wenige Völker besitzen von Haus aus ein so ausgeprägtes Rechtsgefühl und so seines Unterscheidungsvermögen für Recht und Unrecht lvie die germanischen. Dieser scharf ausgeprägte Rechtssinn, der sich in unserem Volke bis heute erhalten hat, läßt den Germanen anch seit grauer Vorzeit für die Menschenrechte eintreten. Hieraus erklärt sich die Stellung, die jederzeit die Leibeigenen, später das Gesinde bei den germanischen Völkern eingenommen haben. Sie galten als ein Teil der Familie und sind auch dem entsprechend behandelt worden. Welch ein Unterschied zeigt sich in diesem Punkte zwischen den hochentwickelten Römern und den Germanen! Dort wurde bei dem geringsten Versehen der Knecht gepeitscht, mit Fesseln und Zwangs- arbeit belegt, sogar Husten, Niesen, Schluchzen wurde mit Schlägen geahndet; hier dagegen besaß der Knecht fast seine volle persönliche Freiheit. Er hat nur gewisse Abgaben an den Herrn zu zahlen; kommt er diesen Pflichten nach, so läßt ihn der Herr schalten und walten. Daher lesen wir nirgends etwas von Sklavenunruhen, wie sie die Staaten griechisch-romanischer Völker wiederholt in Bewegung gesetzt haben. Marin mit Weib, Kind und Gesinde bildeten bei den Germanen die Hausgenossenschaft, die Familie. Wie noch heute die Familie das ganze Sinnen und Trachten des Deutschen umspannt, wie er sich am wohlsten am häuslichen Herde fühlt, wie er hier Erholung von den Mühsalen des Lebens sucht und findet, so ist es seit uralter Zeit gewesen. Der Deutsche ist meist verschlossen nach außen hin, aber im

6. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 67

1904 - Bautzen : Hübner
1 — 67 — schon beim Anstriche der Wohnung und bei dem Purpurstreifen, der häufig in das Linnengewand der Frauen eingewebt war, die Freude an grellen Farben, die wir bis auf den heutigen Tag bei der länd- lichen Bevölkerung wahrnehnren können. Nur auf ihre Haartracht legten einige Stamme besonderes Gewicht, denn das lange, freie Haar ist das Zeichen des freien Mannes. — Auch die Kost ist einfach: wilde Bnumfrüchte, frisches Wildbret oder saure Milch vertreiben den Hunger. Das Getränk ist hauptsächlich ein Gebräu aus Gerste. In dieser Einfachheit lebten die Germanen auch fort, als römische Kaufleute ihr Land durchzogen und ihnen die Erzeugnisse ivärmerer Länder zu- zuführen bemüht waren. Die Gallier, die Borfahren der heutigen Franzosen, finb infolge des Verkehrs mit den Römern allmählich ver weichlicht, die Germanen aber beharren, zäh und konservativ, wie ihr Bolkscharakter es bedingte, in ihrer einfacheren, volkstümlichen Weise: sie nehmen nur an, was ihrem nüchternen, unverdorbenen Sinne zu- sagt, und auch das passen sie erst mit echt germanischer Aneignungs- kraft ihrem eigenen Wesen^an. E. Mögt. 2. Die deutsche Landwirtschaft zur Zeit Karls des Groszen. (768-814). Mit Karl dem Großen beginnt ein neuer Zeitabschnitt für Deutsch lands Ackerbau. Dieser Fürst widmete dein Landbau die eifrigste Sorgfalt, munterte zur Rodung der Wälder auf und überließ denen, welche solche Arbeit verrichteten, einen Teil des gewonnenen Bodens als Grundzins leistendes Eigentum. Und nicht nur durch Gesetze und Verordnungen suchte er Ackerbau und Viehzucht zu heben, er selbst ging durch Einrichtung von Musterwirtschaften auf seinen Hausgütern (Meierhöfen, Domänen) den Landbauern mit gutem Beispiele voran. Auf alles sah er hier persönlich und ließ sich selbst die Rechnungen vorlegen. Noch zwei Jahre vor seinem Tode erließ der Kaiser eine Verord- nung über die Bewirtschaftung seiner Güter, welche über den Stand des Ackerbaus höchst wissenswerte Aufschlüsse gibt. Darin wird ge handelt von der Bebauung der Getreidefelder und der Wiesen, von der Forstwirtschaft, von der Viehzucht, von der Pflege der Pferde, von der Bienenzucht und sehr ausführlich vom Gartenbau. So erfahren wir, auf welche Blumen und Gemüse die deutsche Gärtnerei zu Anfang des 9. Jahrhunderts, also vor 1000 Jahren, Fleiß und Sorgfalt ver- wandte; wir erhalten Kunde, daß Rosen, Lilien und andere Zier- 5*

7. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 69

1904 - Bautzen : Hübner
69 die Wollweberei schon frühe von den deutschen Frauen mit großer Kunstfertigkeit betrieben. Der Wert des Grundeigentums war seit der karolingischen Zeit mit dem Wachsen der Bevölkerung bedeutend gestiegen. Deutschland bot infolge emsiger Rodung schon im 13. und mehr noch gegen Ende des 15. Jahrhunderts ein ganz anderes Bild dar, als die urgermanische Waldlandschaft es gezeigt hatte. Der Flächeninhalt von Grund und Boden hatte sich sehr bedeutend vermehrt, wenn anet) die Reste der alten Waldwildnis noch groß genug waren, um Bärenfamilien und Wölfen bequemen Aufenthalt zu gewähren. Größtmögliche Erzielung von Getreide wurde allmählich die Hauptaufgabe des Ackerbaus. Daneben ermunterte der rege Handel zum Anbau von Lein, Raps und Mohn, von Gewürz- und Farbpflanzen, wie Fenchel, Anis, Süß- holz, Safran, Krapp und Waid. Gemüse- und Obstbau trieben namentlich Klöster und Städte eifrig, letztere auch den Hopfen bau, den der stets anspruchsvoller werdende bürgerliche Biergeschmack not- wendig machte. Der Weinbau gewann besonders in den Rhein-, Main- und Neckargegenden eine immer größere Bedeutung, und der mittelalterliche Winzer verstand sein mühevolles Gewerbe, das Düngen, Pfählen, Hacken und Beschneiden so gut wie sein Gewerbsgenosse von heutzutage. Das Vieh ließ man den Sommer über auf Gemeindeweiden und in Gemeindewaldungen grasen. Die größte Aufmerksamkeit widmete inan der Zucht der Pferde, weil bei dem starken Ver- brauche dieser Tiere in der Ritterzeit die Pferdezucht weitaus am einträglichsten war. Unter dem Kleinvieh herrschten die Schweine vor; doch mehrte die starke Nachfrage nach Wolle auch die Schaf- herden. Der große Verbrauch von Wachslichtern durch die Kirche, wie das Wohlgefallen an süßem Gebäck, hoben auch die Bienenzucht; indes bezog man einen großen Teil des Bedarfs an Wachs und Honig noch immer von der Waldbiene. Die steigenden Holzpreise, besonders die von Bauholz, wandten den Wäldern eine größere Aufmerksamkeit zu; und wenn auch die Forstknltur noch eine unbekannte Sache war, so kannte inan doch schon den Forstschutz durch eigens dazu bestellte Förster. I. Schrrr. o. Entwicklung der Landwirtschaft bis in die Neuzeit. Im 15. Jahrhunderte ermöglichte und verbreitete die Bnchdrneker- kunst eine allgemeinere Bildung. Der Kampf gegen die Vorrechte des

8. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 71

1904 - Bautzen : Hübner
71 4. Von der Landwirtschaft und ihrer Ausgabe. Unsre Erde ist auch unsre Mutter, wel-che uns alle nährt und kleidet und in unermeßlicher Fülle darbietet, was zur Notdurft und zum Genusse des Lebens gehört. Der Erde ihren Segen abzugewinnen und sie so zu pflegen, daß sich dieser ununterbrochen erneuert, ist zunächst der Beruf des Land- wirts, sei er Ackersmann oder Obstzüchter oder Winzer. Jeder ist darauf hingewiesen, das Land zu bebauen, damit es ihm Ernte gebe zu seiner Zeit. Soweit unsere geschichtlichen Kenntnisse zurückreichen, wissen wir, daß die ältesten Völkerschaften bloß voll der Jagd auf die Tiere des Feldes, des Waldes imd des Wassers lebten. Je mehr sich aber die Menschen nlehrten lmd das Wild sich minderte, desto unsicherer imb mühseliger wurde dieser Erwerb. Die Menschen begannen nun, einzelne, besonders geeigllete Tierarten zu zähmen und zu pflegen, und aus den Jägervölkern wurden Hirtenvölker. Sie konnten es bleiben, solange ihre Herden genügende Weiden fanden; sobald aber die natürlichen Weideplätze llicht mehr ausreichten, waren sie gezwllngen, dem Boden durch künstliche Mittel und dllrch Bepflanzung mit gewissen Nährgewächsen eine genügende Menge von Nahrnngsstoffen abzugewinnen. Sie wurden Ackerbauvölker, und der Ackersmann verdrängte den wandernden Hirtell. Dalnit war aber der Grund zu der ganzen späteren Gesittung der Menschheit gelegt. Nun erst war sie veranlaßt, feste Wohnplätze zu nehmen und ordentliche Hütten zu bauen. Mit den ersten bleibenden Ansiedelungen entstand das persönliche Eigentum, und gleichzeitig ent- wickelten sich damit gewisse Rechtszustände. Die weitere Entwickelung des Landbaues führte zu Gewerben und Künsten verschiedener Art, verband die Leute zu Tausch und Handel, milderte und veredelte ihre Geselligkeit und Gesittung. So ist der Stand des „Bauern" im weitesten Sinne des Wortes nicht nur der älteste und ehrwürdigste der menschlichen Gesellschaft, sondern ist ihr auch zur Quelle unendlichen Segens geworden. Der Landbau hat die Völker erhalten, und diejenigen, welche sich ihm nicht widmeten, sind größtenteils spurlos verschwunden. In neuerer Zeit hat sich die Gewerbetätigkeit aller Art sehr ver- vollkommnet, und ihre Erzeugnisse haben sich außerordentlich vermehrt. Während Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts als Acker- banstaat galt, dessen Bewohner zu 65 % in der Landwirtschaft tätig

9. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 78

1904 - Bautzen : Hübner
78 — aufgenommen. Ganz besonders rühmt man ihre mit Umsicht gepaarte Ausdauer, die nicht maschinenmäßig den gegebenen Auftrag ausführt, sondern selbsttätig mit eingreift. Zu solcher Arbeit wird das Kind von früher Jugend an erzogen, gewissenhaft achten die Eltern darauf, daß Langeweile und zerstörendes Nichtstun den Kindern fernbleibt. „Wer durchs Leben sich will schlagen, muß zu Schutz und Trutz gerüstet sein!" Diese Worte Teils find der pädagogische Grundsatz des deutschen Bolkes. Immer und immer wieder tritt er uns in den Schriften entgegen, die uns Bilder aus dem Volksleben bringen. Er wohnt in den volkstümlichen Gestalten eines Möser, Jmmermann, Rosegger, Hansjakob und anderer. Jederzeit hat sich auch der Deutsche in gerechtem Selbstbewußt- sein seiner Arbeit gerühmt, und Faulenzer sind immer die Zielscheibe seines Spottes gewesen. Wenn es gemeinsam an die Arbeit geht, so zeigt sich ein eifriges Streben, daß man dabei der erste sei. In aller Frühe sucht der norddeutsche Mäher seinen Genossen bei der Arbeit vorauszueilen, um den ersten Schnitt zu tun und somit der Vormäher zu werden. Bleibt einer bei der Arbeit zurück, so folgt ihm Spott und Hohn. Wer die letzten Halme schneidet oder bindet, wird das ganze Jahr hindurch faul genannt. In vielen Gegenden Norddeutschlands wird der letzte Mäher fast ganz in Kornhalme ge- hüllt und auf dem Felde umhergetragen, wobei er von den Harken- stielen der Mädchen arg mitgenommen wird. In den Weingegenden werden von den Arbeitern dem trägsten, der die meisten Trauben hat hängen lassen, soviel Schläge verabreicht, als noch Trauben an den Stöcken sind, dabei singt die arbeitsfrohe Schar: „Da steht der Traubendieb, ein jeder geb' ihm einen Hieb." Und dieser Arbeits- eifer ist hineingetragen von dein offenen Lande in die Mauern der Städte, in die Werkstätten der Handwerker, ja selbst in die poesielosen Räume der sausenden Fabriken. Auch beim weiblichen Geschlechte läßt sich dieser Eifer aller- orten beobachten. Die Hauptbeschäftigung unserer Mädchen und Frauen war in früherer Zeit die Spinnerei. Ju den Spinnstuben, wo man zu gemeinsamer Arbeit zusammenkam, entwickelte sich ein edler Wettstreit. Wer seine Spule nicht abgesponnen hatte, durfte auch nicht an den Scherzen des jungen Volkes teilnehmen, während in vielen Gegenden die fleißigen Spinnerinnen belohnt wurden. So lebt in der Seele des deutschen Volkes der Drang zur Arbeit, die Freude an der Arbeit, aber sie ist nicht nur hervorgegangen aus

10. Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen - S. 84

1904 - Bautzen : Hübner
84 und 6 Fuß dicken Mauer umgeben, welche zahlreiche, etwa 50 Fuß hohe Türme krönen. Auch springen Erker aus der Mauer nach dem breiten Stadtgraben hervor, der sich rings um die Stadt zieht. Die beiden Hauptstraßen der Stadt durchkreuzen sich senkrecht und sind an den vier Enden durch Stadttore geschlossen; letztere sind in dicke Türme hineingebaut und bilden eine besondere Befestigung. Hier wohnen die Torwächter, welche die Fremden mustern, abends die Tore schließen und in Zeiten der Gefahr die schweren, über den Stadt- graben führenden Zugbrücken aufziehen. Wir überschreiten die Brücke und betreten das Innere der Stadt: es macht einen dorf- artigen Eindruck. Die ungepflasterten (Pflaster erst seit ungefähr 14ü0> Straßen sind durch Regen so schmutzig geworden, daß die Bürger in schweren Holzschuhen gehen und die Ratssitzung ausfällt. Dieser Schmutz wird noch vergrößert durch die frei umherlaufenden Schweine und das Stadtvieh, das jeden Morgen durch die Straßeu zur Weide hinausgetrieben wird. Auch tragen die an abgelegenen Plätzen oder zwischen den Häusern lagernden Düngerhausen keineswegs zur Ver- schönerung der Stadt bei. Bei solcher Unsauberkeit ist es auch kein Wunder, daß in den damaligen Städten im 14. Jahrhunderte „das große Sterben" (der schwarze Tod, die Pest) entsetzlich auftrat und viele dahinraffte. Dazu mochten auch die Ziehbrunnen mit Rolle, Kette und Doppeleimer viel beitragen, welche wir auf den Straßen sehen; ihr Wasser war gewiß Ursache mancher Seuche. Die kleinen Häuser aus Holz oder Fachwerk, auf deren Stroh- dächern wir hier und da die von den Bürgern gern gesehenen Storch- nester bemerken, liegen mit dein Giebel nach der Straße. Den Eingang bilden Halbtüren, und über diesen hängt an Schildern das Zeichen des Hauses, bestehend aus Tieren, Sonne, Mond 2c. Das Haus ist noch nicht numeriert, souderu heißt nach seinem Zeichen, z. B. „Zum schwarzen Bären, Zum weißen Lamm, Zur Soune, Zur goldenen Krone" u. s. w. Die Häuser, m denen sich die Jnnungsstube einer Zunft befindet, tragen über der Tür das Jnnungswappen, z. B. Hammer und Zange (Schmied), Scheere (Schneider-, eine Bretzel (Weißbäcker), ein Faß (Küfer), Hufeisen (Hufschmied). Die oberen Stockwerke der Häuser sind so angelegt, daß jedes höhere über das niedere hervorspringt. Daher stoßen in engen Gassen die gegenüber liegenden Häuser oben fast zusammen, daher ist es auch finster und dumpf in den Straßen. Auch überhängende Erker und Söller sind in jedem Stockwerk. Da oft Pfeiler den Oberstock stützen, entstehen unten au
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