Einleitung.
Die Kulturvölker der alten Geschichte.
Die ältesten Kulturen des Menschengeschlechts sind in den Tiefländern großer Ströme entstanden: die babylonische im Tal des Euphrat und die ägyptische in dem des Ml. Hier führte die Natur des Landes frühzeitig zur Seßhaftigkeit und zum Ackerbau, zur Organisation der Arbeit, zu staatlichem Leben und höherer Kultur. Die Euphratkultur (weit weniger die Jstilkultur) übte eine mächtige Einwirkung auf die Völker Vorderasiens aus; von ihnen gingen befruchtende Anregungen auf die Griechen aus Während jene ältesten Bildungen erstarrten, wurden die Mittelmeervölker, vor allen die Griechen und Römer, die*Träger des geschichtlichen Werdens.
Die Kulturvölker der alten Geschichte gehören zwei Rassen an, den Chamito-Semiten (vgl. 1. Mos. 9, 18) und den Ariern.
I. Unter den Chamito-Semiten hat man zu unterscheiden:
1. die nordafrikanischen Völker, gewöhnlich Chamiten genannt; zu ihnen gehören die Ägypter;
2. die Semiten:
a) die Nordsemiten: die Babylonier und Assyrer, die Ka-naanäer, zu denen die Hebräer und die Phönizier gehören, und die Aramäer;
b) die Südsemiten: die Araber und die Völker Südarabiens.
Ii. Zu den Ariern, die auch Indoeuropäer oder Indogermanen genannt werden, gehören in Asien die Inder und die Völker Irans (Arier im engeren Sinne); in Europa die Griechen, die Italiker und Kelten, die Germanen, die Balten und Slawen.
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— 2 —
und behandelt die Entwicklung des Menschengeschlechts,
seine Verbreitung über die Erdräume und seine ver-
schiedenen Kulturstufen in Beziehuug zur Erde.
Bei den nachstehenden Ausführungen über die allgemeine
Erdkunde wird von der mathematischen Geographie abgesehen.
Die physikalische Erdkuude erfährt eiue eingehendere Darstellung
als die beiden letzten Zweige, da diese bei der speziellen Länder-
künde mehr in den Vordergrund der Behandlung treten.
Kap. I. Der (Lrdkörper als Ganzes.
A. Entstehung der Crde.
Unser Planet Erde ist ein Teil des Sonnensystems, das
außer ihm und der Sonne selbst noch eine große Anzahl von
Planeten, Kometen und Meteoriten umfaßt. Über die Entwicklung
der Erde lassen sich unbedingt zuverlässige Angaben bis jetzt nicht
machen. Unter den bezüglich derselben ausgestellten Hypothesen
(d. s. Voraussetzungen, von denen man bei einer sonst nicht
möglichen Erklärung einer Erscheinung ausgeht) scheinen die von
Kant*) und Laplace angegebenen der Wahrheit am nächsten zu
kommen. Man hat sie zu einer Hypothese vereinigt und diese
sast allgemein angenommen.
Nach der Kant-Laplaceschen Hypothese gehörten alle
Körper unsers Sonnensystems einst einer ungeheuer großen, sich
drehenden Nebelmasse an. Diese glühende Dunstkugel zog sich
infolge der Abkühlung im kalten Weltenraume zusammen und
nahm durch die Rotation eine sphäroidsörmige Gestalt an, zeigte
also eine Abplattung an den Polen und eiue Anschwellung in
der Gegend des Äquators. Die Aufbauschung am Äquator
wurde mit der zunehmenden Rotationsgeschwindigkeit immer
größer, und zuletzt lösten sich infolge der überwiegenden Fliehkraft
Teile der Duustmasse los und bildeten einen Nebelring, der sich
in der Aquatorebene der großen Kugel um diese herum bewegte.
Die nach außen hin schneller als an der Innenseite erfolgende
Abkühlung bewirkte Spannungen innerhalb der ringförmigen
Dunstmasse und ließ sie schließlich in mehrere Teile zerreißen.
Aus den Teilen des Ringes entstanden kleinere Nebelballen, _ die
gleich der Hauptmasse rotierten und die Ansänge der jetzigen
Planeten darstellten. Es wiederholte sich bei ihnen derselbe Vor-
gang: die Fliehkraft ließ sie am Äquator anschwellen, es lösten
sich Ringe ab (vergl. Saturn), diese zerrissen, und aus ihren
*) Kant, der große Königsberger Philosoph, lebte von 1724—1804,
Laplace, ein berühmter französischer Mathematiker und Astronom, von
1749—1827.
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Einleitung.
Wesen und Zweige der Erdkunde.
Die Erdkunde oder Geographie ist die Lehre von der Erde
als Naturkörper und als Wohnplatz der Menschen. Sie beschäftigt
sich also einerseits mit der Natur unsers Erdballs und mit den
Kräften, denen er unterworfen ist. und die auf ihm tätig sind,
zeigt aber anderseits auch die Beziehungen zwischen der Erde und
der Entwicklung des auf ihr wohnenden Menschengeschlechts.
Für den Unterricht teilt man die gesamte Geographie in zwei
Abschnitte, die allgemeine oder physische Erdkunde und
die spezielle Erd- oder Länderkunde. Jene behandelt das
Erdganze und nimmt bei der Betrachtung der verschiedenen Er-
scheinungssormen der Erdoberfläche und der ihnen zu Gruude
liegenden Gesetze keine Rücksicht auf bestimmte Erdräume. Diese
beschäftigt sich mit einzelnen, in sich abgeschlossenen Raumgebieteu
und sucht das sür diese Charakteristische und sie von Nachbar-
räumen Unterscheidende zu erforschen.
Die allgemeine Erdkunde umfaßt vier Zweige:
1. Die mathematische oder astronomische Geographie.
Sie lehrt die Gestalt und Größe unsers Planeten kennen
und gibt Aufschluß über seine Bewegungen und über seine
Stellung im Weltsystem.
2. Die physikalische Erdkunde. Sie berücksichtigt die
Entstehung, die Gestalt und die physikalischen Eigen-
schaften des Erdballs und erforscht im besonderen die
Gesteins-, die Wasser- und die Lusthülle der Erde mit
ihren mannigfaltigen Erscheinungsformen und ihrer aeaen-
seitigen Beeinflussung.
3. Die Biogeographie. Ihre Aufgabe ist die Klarstellung
der fördernden oder hemmenden Einwirkung, welche die
starre Erdrinde, das Wasser und die Luft auf die Aus-
breitung der Pflanzen und Tiere ausüben.
4. Die Anthropogeographie (Kulturgeographie).
Sie betrachtet die Erde als Wohnstätte der Menschen
W. T echter, Allgemeine Erdkunde. 1
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8
Einleitung.
a. Fließendes Wasser.
§. 35. Der Boden, über welchen sich das ftießende
Wasser hinbewegt, heißt das
Bette, die Senkung des Bettes nach der Tiefe hin, das
Gefalle desselben.
§. 36. Bildet das Bette eines Gewässers an einem
Orte eine senkrechte, oder fast senkrechte Wand, so ent-
steht daselbst ein
Wasserfall oder wassrsturz. Auf stark absteigendem Bette
fließt das Wasser reißend; auf sanft absteigendem Bette
stießt es ruhig, und in der Ebene schleichend.
§. 37. Fließendes Wasser rieselt über Kieselsteine;
rauschet, murmelt und brauset in steinigem Bette;
der Wasserfall toset, donnert, kracht.
§. 38. Fließendes Wasset bildet einen
See, wenn es eine Tiefe findet, aus welcher ihm durch Er-
habenheiten des Landes der Weg versperrt ist; eine
Insel, wenn es auf seinem Laufe gegen eine felsige, wider-
stehende Erhebung trifft, dieser ausweicht, sich dabei in
2 Arme theilt, die sich, nachdem die Erhabenheit um-
flossen ist, wieder vereinigen.
§. 39. Jedes fließende Wasser hat eine bestimmte
Richtung. Es fließt entweder gerade, oder es krümmt,
schlangelt, windet sich. Die sich krümmenden, schlän-
gelnden, oder windenden Gewässer haben jedesmal eine
Hauptrichtung, welche bezeichnet wird durch eine Linie,
die man sich von der Quelle des Gewässers zu seiner
Mündung (§. 40.) gezogen denkt.
§.40. Die Stelle, wo ein fließendes Gewässer sich
in ein größeres fließendes Gewässer ergießt, heißt seine
Mündung. Denkt man sich in die Mitte eines fließenden
, Gewäsiers, mit dem Angesichte der Mündung zugekehrt:
so hat man rechter Hand das
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10 Einleitung.
Wasser all dieser angeführten Quellen heißt auch allgemein
Mineralwasser.
§. 45. Die Vertiefung, in welcher das Quellwasser
fließt, wird das
Gerinne oder die Rinne genannt.
§. 40. Die zusammenfließenden Wasser mehrerer Quel-
len bilden ein
Bachlein; mehrere zusammenfließende Bächlein einen
Bach; mehrere Bäche einen
Lluß; mehrere Flüsse einen
Strom, der sich zuletzt in das Meer (§. (jo.), oder auch in
einen Landsee (§. 60.) ergießt.
§. 47. Die Breite eines Baches kann seyn 2 Fuß und
darüber; die Länge % — 5 Meilen; die Tiefe 2 — 6 Fuß.—
§. 48. Bäche, welche bei anhaltendem, oder starkem
Negen entstehen, sonst aber kein Wasser haben, werden
Gießbachc, Feldbache, Restenbache genannt.
§. 49. Ein Bach, der viele Quellen und kleinere
Bäche in sein Bette aufnimmt, heißt ein
Hauptbach, und die zu seinen Seiten einfließenden Bache
heißen die
Neben- und Seitenbache desselben.
§. 50. Flüsse und Ströme sind die größten fließenden
Gewässer.
§. 5!. Die Breite eines Flusses, oder Stromes kann
bis zu 8000 Fuß und darüber; die Tiefe bis 60 Fuß
und darüber; und die Länge bis zu rooo Meilen
steigen.
§. 52. Wenn ein Fluß, oder Strom über Löcher oder
Vertiefungen in seinem Bette fließt, so kann er daselbst
Strudel oder Mahlströme bilden.
§. 53. Flüsse, deren Quellen nicht weit von dem
Meere entfernt liegen, in welches sie sich münden, werden
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12
Einleitung.
aber freilich in der kurzen Zeit eines Menschenlebens
kaum wahrnehmen.
b. Stehendes Wasser.
§. 5?. Die Oberfläche der stehenden Gewässer bildet eine
wagerechte oder Horizontalebene, so genannt, weil sie
mit dem Horizont (§. 88.), oder mit dem Wagebalken
einer im Gleichgewicht hangenden Wage gleichlaufend ist.
§. 59. Stehendes Wasser ist von Geschmack entweder
süß, eigentlich geschmacklos, oder salzig; und von
Farbe entweder klar und farblos, oder bläulich,
oder grünlich.
§. 60. Das kleinste stehende Gewässer, welches bei
Regenwetter in den Vertiefungen der Felder und Wege
entsteht, aber bald wieder verdunstet, heißt eine
Pfütze; ein größeres und dauernderes Gewässer, das nur
bei lang anhaltender Dürre austrocknet, und nicht allein
aus zusammenstießendem Regenwasser, sondern auch wohl
aus Regenquellen entsteht, heißt ein
Pfuhl; ist aber die Vertiefung, in welcher sich das Regen-
und Quellwasser sammelt, durch Menschen gemacht: so
heißt das Gewässer ein
Teich; und wenn nur ein Damm die Vertiefung bilden hilft, ein
Weiher; hält ein stehendes, auf allen Seiten mit Land um-
gebenes Wasser, dessen Tiefe mehr als 6 Fuß beträgt,
und das im Sommer nicht austrocknet, Stunde und
mehr im Umfange: so wird es ein
See oder Landsee genannt; ist endlich die Ausdehnung eines
stehendes Gewässers sehr groß, und hängt es dabei, eben-
falls durch ein stehendes Wasier, mit dem großen Ge-
wässer zusammen, welches den größten Theil unserer Erd-
oberstäche bedeckt: so heißt es ein
Meer; und das ebenbezeichnete, alles Land auf der Erde um-
gebende größte Gewässer wird das
Weltmeer, der Ocean, auch die See genannt.
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14
Einleitung.
laufen des Wassers, wobei es täglich 4mal feinen Stand
verändert. Sechs Stunden lang läuft das Wasser
gegen das Ufer an, und dies ist die
Fluth; steigt es nicht mehr, so ist
hohe See. Nachdem diese eine starke Viertelstunde
gedauert hat, fällt das Wasser wieder sechs Stunden
lang und läuft von den Ufern zurück, es ist
Ebbe. Hat es seinen tiefsten Stand erreicht, so bleibt es
in demselben auch wieder eine kurze Zeit stehen, es ist
tiefe See. Ebbe und Fluth werden auch
astronomische Bewegung des Meeres genannt, weil das
Entstehen derselben durch die Anziehungskraft des Mon-
des gegen die Erde erklärt wird (§. 131).
Iii. Wasser und Land.
§. 65. Ein Landtheil, der auf allen Seiten von
Wasser umgeben ist, heißt eine
Insel. Inseln in Strömen und Flüssen nennt man auch
wörthe. Einzeln liegende Inseln im Meere werden gewöhnlich
Eilande genannt.
§. 66. Landtheile, welche auf 3 Seiten mit Wasser
umgeben sind, und auf der §ten mir dem trocknen Lande
zusammenhangen, heißen
Halbinseln, und wenn sie dabei sehr schmal sind,
Landzungen.
§. 67. Theile der stehenden Gewässer, welche auf z
Seiten mit Land umgeben sind, werden, wenn sie sehr
groß sind
Meerbusen, Golfe und Meeresarme; wenn sic kleiner sind.
Buchten und Baren; und wenn sie dazu dienen, Schiffe
vor Stürmen zu sichern, oder auch dazu durch Kunst
angelegt sind,
Häfen genannt.
§. 68. Ein schmaler Strich Landes zwischen zwei Meer-
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16
Einleitung.
Sandbänke, wenn sie aus Sand,
Felsenbänke, wenn sie aus Felsenplatten bestehen; auch wohl
im allgemeinen, wenn sie nicht aus dem Wasser hervorragen,
flacher Boden. Eine nicht weit von der Küste entfernte
Stelle, wo das Meer nicht sehr tief ist, und die Schiffe
sicher vor Anker liegen können, wird eine
Nl)ede genannt.
§. 72. Das Meer ist wahrscheinlich an manchen Or-
ten so tief, als die höchsten Berge der Erde hoch sind,
nämlich etwa 25 — 28 Tausend Fuß.
§. 73. Ein niedriges, mit stehendem Wasser und
Schlamm bedecktes Stück Land, worin mancherlei Kräuter
wachsen und vieles Gewürme lebt, heißt ein
Sumpf; ein Boden, der unter der Oberfläche viel Moder
und Schlamm enthält und daher sehr weich ist, wird ein
Morast, Moor, Bruch genannt.
Von der Abbildung der Erdoberfläche.
§. 74. Zur Veranschaulichung der Erdoberfläche und
der darauf befindlichen Meere, Festlande, Inseln, Ge-
birge, Flüsse re. hat man dieselbe auf der Oberfläche einer
Kugel abgebildet (weil die Erde eine Kugelform hat §. 87.),
und diese Kugel
Erdglobus oder schlechthin Globus, auch künstliche
Erdkugel genannt. Auf der Oberfläche des Globus
sind die Meere, Feftlande, Inseln rc. nach ihrer Lage und
Größe (letzterein sehr verkleinertem Maaße) aufgetragen;
auch sind darauf mancherlei Linien gezogen, welche,
indem sie sich durchschneiden, eine Art Netz bilden,
durch welches die Lage eines Meeres, Festlandes rc. ge-
nau bestimmt ist.
§. 75. Man hat auch die Oberfläche der Erde, oder
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Einleitung.
Vorbegriffe.
Aus der Natur.
§. 1. Auf freiem Felde fallen uns zwei Haupttheilt
der uns umgebenden Natur besonders in die Augen: der
Fimmel über uns, und die
Erde unter unsern Füßen.
§. 2. Der Boden, worauf unsre Füße stehen, so
weit unser Auge reicht und weiter, heißt die
Oberfläche der Erde. Diese ist zum Theil
trocknes Land, zum Theil ist sie mit
Wasser bedeckt.
7. Trocknes Land der Erde.
§. 3. Das trockne Land der Erde oder die trockne
Oberfläche ist ungleich hoch und ungleich geformt; wir
erblicken auf derselben
Erhabenheiten und
Vertiefungen, welche mit einander abwechseln.
s. Ebenes Land.
§. 4. Eine große Strecke Landes, ohne bedeutende
Erhabenheiten und Vertiefungen heißt eine
Ebene, eine Flache, plattes Land. Liegt eine solche
Ebene an den Ufern der Gewässer, also in einer Ge»
gend, wo es sehr niedrig ist, so nennt man sie
Niederung, liegt sie nicht über iooo Fuß hoch, ohne jedoch
das niedrigste Land einer Gegend zu bilden, so heißt sie
1
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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