Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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„Uanossarede". — „Inaigesetze" 5
Souverän, der nach der bisherigen Lage unserer Gesetzgebung berufen wäre, so ausgedehnte, der Souveränität nahekommende und durch konstitutionelle Verantwortlichkeit gedeckte Rechte innerhalb des Deutschen Reiches vermöge unserer Gesetzgebung zu üben. Es ist daher für das Deutsche Reich von wesentlichem Interesse, wie dasselbe sich zu dem Oberhaupte der römischen Kirche, welches diese, für einen auswärtigen Souverän so ungewöhnlich umfangreichen Einflüsse bei uns ausübt, auf diplomatischem Wege stellt. Ich glaube kaum, daß es einem Gesandten des Deutschen Reiches nach den jetzt in der katholischen Kirche maßgebenden Stimmungen gelingen würde, durch die geschickteste Diplomatie, durch Überredung — von komminatorischen Haltungen, wie sie zwischen zwei weltlichen Mächten vorkommen können, kann ja hier nicht die Rede sein — aber ich will sagen, durch Überredung einen Einfluß auszuüben, der eine Modifikation der von Seiner Heiligkeit dem Papste zu den weltlichen Dingen prinzipiell genommenen Stellung herbeizuführen imstande sein würde. Ich halte es nach den neuerdings ausgesprochenen und öffentlich promulgierten Dogmen der katholischen Kirche nicht für möglich für eine weltliche Macht, zu einem Konkordat zu gelangen, ohne daß diese weltliche Macht bis zu einem Grade und in einer Weise effaziert würde, die das Deutsche Reich wenigstens nicht annehmen kann. (Sehr wahr!)
Seien Sie außer Sorge: Nach Kanossa gehen wir nicht — weder körperlich noch geistig ! (Lebhaftes Bravo !)
5. Aus den „Maigesetzen"? a) Gesetz über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen vom U-titai 1873.
§ 1. Ein geistliches Amt darf in einer der christlichen Kirchen nur einem Deutschen übertragen werden, welcher seine wissenschaftliche Vorbildung nach den Vorschriften dieses Gesetzes dargetan hat und gegen dessen Anstellung kein Einspruch von der Staatsregierung erhoben worden ist.
§ 4. Zur Bekleidung eines geistlichen Hmtes ist die Hblegung der (Entlassungsprüfung auf einem deutschen Gymnasium, die Zurücklegung eines dreijährigen theologischen Studiums auf einer deutschen Staatsuniversität, sowie die Hblegung einer wissenschaftlichen Staatsprüfung erforderlich.
§ 7. Während des vorgeschriebenen Universitätsstudiums dürfen die Studierenden einem kirchlichen Seminare nicht angehören.
1 3orn, Die wichtigsten neueren kirchenstaatsrechtlichen Gesetze Deutschlands uftd. rtörölingen 1876, S. 62 ff. — Die „Ittaigefetje" von 1873 sind ergänzt und erweitert durch eine Reihe anderer Gesetze aus den fahren 1874 und 1875; das einschneidendste ist das Gesetz über die (Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch-katholischen Bistümer und Geistlichen vom 22. April 1875.
Huellensammlung l,I6:Srandenburg°Rühlmann, Im neuen Deutschen Reich 2
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6 l. Der Kulturkampf
§ 8. Die Staatsprüfung hat nach zurückgelegtem theologischem Studium statt. Zu derselben darf nur zugelassen werden, wer den Vorschriften dieses Gesetzes über die Gymnasialbildung und theologische Vorbildung vollständig genügt hat. Die Prüfung ist öffentlich und wird darauf gerichtet, ob der Kandidat sich die für feinen Beruf erforderliche allgemeine wissenschaftliche Bildung, insbesondere auf dem Gebiete der Philosophie, der Geschichte und der deutschen Literatur erworben habe. Der Minister der geistlichen Angelegenheiten trifft die näheren Anordnungen über die Prüfung.
§ 15. Die geistlichen Oberen sind verpflichtet, denjenigen Kandidaten, dem ein geistliches Rmt übertragen werden soll, dem Oberpräsidenten unter Bezeichnung des Amtes zu benennen. Dasselbe gilt bei Versetzung eines Geistlichen in ein anderes geistliches Amt oder bei Umwandlung einer widerruflichen Anstellung in eine dauernde. Innerhalb 30 Tagen nach der Benennung kann (Einspruch gegen die Anstellung erhoben werden. Die (Erhebung des (Einspruchs steht dem Dberpräsidenten zu.
§ 18. Jedes Pfarramt ist innerhalb eines Jahres vom Tagender Erledigung, wo gesetzlich oder observanzmäßig ein Gnadenjahr besteht, vom Tage der (Erleöigung der Pfrünöe an gerechnet, öauernö zu besetzen. Die Frist ist vom (Dberpräfiöenten im Falle des Beöürfniffes auf Antrag angemessen zu verlängern. Nach Ablauf der Frist ist der (Dberpräfiöent befugt, die tvieöerbefetzung der Stelle durch Gelöstrafen bis zum Betrage von 1000 Talern zu erzwingen. Die Androhung und Festsetzung der Strafe öarf wieöerholt rveröen, bis dem Gesetze genügt ist. Außeröem ist der Minister der geistlichen Angelegenheiten ermächtigt, bis öahin Staatsmittel einzubehalten, welche zur Unterhaltung der Stelle oöer öesjenigen geistlichen Oberen öienen, der das Pfarramt zu besetzen oöer die Besetzung zu genehmigen hat.
§ 22. (Ein geistlicher Oberer, welcher Den §§ 1—3 zutoiöer ein geistliches Amt überträgt oöer die Übertragung genehmigt, wirö mit Gelö-strafe von 200 bis zu 1000 Talern bestraft. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher der Vorschrift des § 19 Absatz 1 zuwiöerhanöelt.
b) Gesetz über die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung des königlichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten vom \2. Mai 1873.
§ 1. Die kirchliche Disziplinargewalt über Kirchenötener öarf nur von öeutfchen kirchlichen Behöröen ausgeübt rveröen.
§ 2. Kirchliche Disziplinarstrafen, welche gegen die Freiheit oöer das vermögen gerichtet finö, öürfen nur nach Anhörung des Beschul-öigten verhängt weröen. Der (Entfernung aus dem Amte (Entlassung, Versetzung, Suspension, unfreiwillige (Emeritierung usw.) muß ein ge-orönetes prozessualisches Verfahren vorausgehen. 3n allen öiesenfällen ist die Lntscheiöung schriftlich unter Angabe der Gründe zu erlassen.
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Beendigung des Kulturkampfes. — Wirtschaftspolitische Krise 1879 13
Katholiken nicht ohne Grund Wünsche hegen, so muß man sich erinnern, daß Btehreres und Größeres Wir erreicht haben.
Dazu gehört an erster Stelle, daß man in Preußen aufgehört hat, die Gewalt des römischen Papstes in der Regierung der katholischen Kirche als eine ausländische Macht zu betrachten, und daß dafür gesorgt ist, daß sie fortan ohne Behinderung ausgeübt werden kann. Für nicht minder wichtig werdet Ihr es halten, ehrwürdige Brüder, daß den Bischöfen in der Regierung ihrer Diözesen die Freiheit zurückgegeben wurde, daß die Klerikalseminare wieder hergestellt sind, und mehreren religiösen (Drben das Recht zur Rückkehr in die Heimat und die alten Gerechtsame wiedergegeben wurde.
Was die noch übrigen Punkte betrifft, so werden Wir keineswegs in unseren Beratungen eine Zögerung eintreten lassen: und bei dem guten Willen des erhabenen Monarchen und seiner Minister ist sicherlich Grund vorhanden, zu wünschen, daß an dem (Erreichten die deutschen Katholiken sich aufrichten und stärken. Denn Wir hegen nicht den geringsten Zweifel, daß noch Besseres erreicht werden wird."
Ii. Die finanziellen Grundlagen des Reiches.
1. Reichrtagsrede Bismarcks über die Schutzzollpolitik vom 2.lnai J879.1
.. . Das erste Motiv, welches mich in meiner politischen Stellung als Reichskanzler nötigt, für eine baldige und schleunige Finanzreform einzutreten, ist das Bedürfnis der finanziellen Selbständigkeit des Reichs. Dieses Bedürfnis ist bei der Herstellung der Reichsverfaffung schon anerkannt worden. Die Reichsverfassung setzt voraus, daß der Zustand der Matrikularbeiträge ein vorübergehender sein werde, welcher so lange dauern solle, bis Reichssteuern eingeführt wären. Ich gehe nicht so weit wie der Abg. Miquel, welcher die Matrikularumlagen in dem verfassunggebenden Reichstag gleichbedeutend mit der finanziellen Anarchie in ganz Deutschland genannt hat; aber gewiß ist, daß es für das Reich unerwünscht ist, ein lästiger Kostgänger bei den (Einzelstaaten zu sein, ein mahnender Gläubiger, wahrend es bei richtiger Benutzung der Quellen, zu welchen die Schlüssel durch die Verfassung in die Hände des Reichs gelegt, der freigebige Versorger der (Einzelstaaten sein könnte.
Diesem Zustand muß ein Ende gemacht werden, denn die Matrikular-Umlage ist ungleich und ungerecht in ihrer Verteilung; 30 000 oder, wie der Abg. Miquel sagte, 100000 Bewohner von Thüringen oder Waldeck können nicht ebensoviel bezahlen an Matrikularbeiträgen wie 30 000 oder 100000 Bewohner von Bremen oder Hamburg. Die Konsoliöa-
1 horst Kohl, a. a. ®. Viii, S. 14ff.
(Quciienfammlung I,16:Branöenburg«Rü^Imann,3m neuen Deutschen Reich Z
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38 Vii. Drei Kaiser
vom Jahr 1852 zurückgreifen müssen, um die nötige Einheit im Dienste (Eurer Majestät sicherzustellen?
Aus vorstehenden Gründen bin ich außerstande, (Eurer Majestät Befehl auszuführen, laut dessen ich die Aufhebung der vor kurzem von mir in (Erinnerung gebrachten (Drder von 1852 selbst herbeiführen und fontrafignieren, trotzdem aber das Präsidium des Staatsministeriums weiterführen soll.
tlach den Mitteilungen, welche mir der General v.^ahnfe und der Geheime Kabinettsrat Lucanus gestern gemacht haben, kann ich nicht im Zweifel sein, daß (Euere Majestät wissen und glauben, daß es ;für mich nicht möglich ist, die Drder aufzuheben und doch Minister zu bleiben. Dennoch haben (Euere Majestät den mir am 15. erteilten Befehl aufrechterhalten und in Aussicht gestellt, mein dadurch notwendig werdendes Abschiedsgesuch zu genehmigen. Nach früheren Besprechungen, die ich mit (Eurer Majestät über die Frage hatte, ob Allerhöchstdenselben mein verbleiben im Dienste unerwünscht sein würde, durfte ich annehmen, daß es Allerhöchftdenfelben genehm fein würde, wenn ich aus meine Stellungen in Allerhöchstdero preußischen Diensten verzichtete, im Reichsdienste aber bliebe. Ich habe mir bei näherer Prüfung dieser Frage erlaubt, auf einige bedenkliche Konsequenzen dieser Teilung meiner Ämter, namentlich des kräftigen Auftretens des Kanzlers im Reichstage, in (Ehrfurcht aufmerksam zu machen, und enthalte mich, alle Folgen, welche eine solche Scheidung zwischen Preußen und dem Reichskanzler haben würde, hier zu wiederholen. (Euere Majestät geruhten darauf, zu genehmigen, daß einstweilen alles beim alten bliebe. Wie ich aber die Ehre hatte auseinanderzusetzen, ist es für mich nicht möglich, die Stellung eines Ministerpräsidenten beizubehalten, nachdem Euere Majestät für dieselbe die capitis deminutio wiederholt befohlen haben, welche in der Aufhebung der Drder von 1852 liegt. (Euere Majestät geruhten außerdem bei meinem ehrfurchtsvollen vortrage vom 15. d. Mts., mir bezüglich der Ausdehnung meiner dienstlichen Berechtigungen Grenzen zu ziehen, welche mir nicht das Maß der Beteiligung an den Staatsgeschäften, der Übersicht über letztere und der freien Bewegungen in meinen ministeriellen (Entschließungen und in meinem Verkehr mit dem Reichstag und seinen Mitgliedern lassen, deren ich zur Übernahme der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit für meine amtliche Tätigkeit bedarf. Aber auch wenn es tunlich wäre, unsere auswärtige Politik unabhängig von der inneren und äußeren Reichspolitik so unabhängig von der preußischen zu betreiben, wie es der Fall sein würde, wenn der Reichskanzler der preußischen Politik ebenso unbe-
1 Am 17. Tflärg, nachmittags 3 Uhr, hat Bismarck im Reichsfanßlerpalats alle Staatsminifter versammelt und ihnen sein Urteil über die Kabinettsorbcr von 1852 vorgelegt, das einstimmig gebilligt wurde.
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16 Ii. Die finanziellen Grundlagen des Reiches
annehmbare Vorschläge bleibe, so muß ich den von anderer Seite kommenden Vorschlag prüfen: was gibt er denn? Nun, er gibt mir in dem Sinne, wie ich die Matrikularumlagen bekämpft habe, die volle Abstellung derselben und der Übelstände, die ich gerügt habe. Ich habe gesagt, bisher sei das Reich ein lästiger Kostgänger bei den einzelnen Staaten, einmahnendergläubiger, während es 6er freigebige Versorger der einzelnen Staaten fein müßte bei richtiger Benutzung der Quellen, zu welchen der Schlüssel durch die Verfassung in die Hände des Reichs gelegt, bisher aber nicht benutzt worden ist. Dieser „freigebige Versorger" wird das Reich aber durch die Hnnahme des Fran-ckensteinschen Hntrags, der sich von dem früher in der Kommission vorgelegten Bennigsenfchen bezüglich der Versorgung der Staaten nur dadurch unterscheidet, daß man den einzelnen Staaten ein höheres Ittaß der Autonomie in der Verwendung dessen, was ihnen zugestanden wird, beläßt. Wenn das Reich den (Einzelstaaten nach seinem (Ermessen die Überschüsse zu überweisen hätte, so dürfte sich sehr leicht ein System entwickeln, nach welchem alle Budgets, das preußische so gut wie das würt-tembergifche, hier vor das Forum der Reichstags - Finanzkommission gezogen werden, und das wäre ein Unitarismus, den ich für schädlich und verwirrend halte, und welchen sich die einzelnen deutschen Stämme mit ihrem Selbständigkeitsgefühl schwerlich gefallen lassen würden. Das wird vermieden, wenn die Überweisung von Rechts wegen im Gesetz steht, nicht in der Verfassung, sondern im Gesetz, welches dem Reich eine ständige Ausgabe zur Versorgung der einzelnen Staaten auferlegt. Das Reich ist nicht mehr ein lästiger Kostgänger, sondern ein Kostgänger, der ein gutes Kostgeld bezahlt und darüber hinaus sich freigebig erweist, es ist ein Kostgänger wie ein König, der bei einem Privatmann wohnt, und das Reich steht in voller Berechtigung feiner Finanzhoheit da, wenn es sich der Pflicht unterzieht, durch Flüssigmachung der Quellen, die unter feinem Verschluß liegen, der Finanznot der einzelnen Staaten aufzuhelfen, ohne die Grenzen seines Ressorts zu überschreiten und ohne sich in das Verwaltungswesen der einzelnen Staaten zu mischen. Das bisherige Matrikularsqstem hatte das (Ergebnis, daß das Reich die (Einzel-staaten durch Versagung der Zuflüsse, die aus den indirekten Steuer-quellen kommen könnten, aushungerte, und dabei doch in jedem Jahr als mahnender Gläubiger die Rtatrikularumlagen verlangte; — durch die heut in Aussicht genommene Reichshilfe aber schwindet die Finanznot der Staaten und des Reichs, welche die einleitende Motivierung meines ganzen Vorgehens in dieser Frage gebildet hat.
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I. Der Kulturkampf. V Die „Unfehlbarkeitserklarung" der Papstes vom *8. Iuli 1870.1
Das vierte Hauptstück der Constitutio de ecclesia: vom unfehlbaren Lehramt des römischen Papstes wurde mit 531 von 533 Stimmen in folgender Fassung angenommen:
Indem mir an der vom Hnbeginn des christlichen Glaubens überkommenen Überlieferung treu festhalten, lehren wir, mit Zustimmung des hl. Konzils, zur Ehre Gottes unseres Heilandes, zur (Erhöhung der katholischen Religion und zum Heile der christlichen Völker, und erklären es als einen von Gott geoffenbarten Glaubenssatz: daß der römische Papst, wenn er von seinem Lehrstuhle aus (ex cathedra) spricht, das heißt, wenn er in Ausübung feines Hmtes als Hirt und Lehrer aller Christen, kraft seiner höchsten apostolischen Gewalt, eine von der gesamten Kirche festzuhaltende, den Glauben oder die Sitten betreffende Lehre entscheidet, vermöge des göttlichen, im heiligen Petrus ihm verheißenen Beistandes jene Unfehlbarkeit besitzt, mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche in (Entscheidung einer den Glauben oder die Sitten betreffenden Lehre ausgestattet wissen wollte, und daß daher solche (Entscheidungen des römischen Papstes aus sich selbst, nicht aber erst durch die Zustimmung der Kirche, unabänderlich sind.
So aber jemand dieser Unserer Entscheidung, was Gott verhüte, zu widersprechen wagen sollte: der sei im Banne.
2. Die „Döllingersche" Gegenerklärung?
tdir sind der Überzeugung, daß ein längeres Schweigen gegenüber den infolge der Mehrheitsbeschlüsse der vatikanischen Bischofsversammlung vom 18. Juli 1870, durch die Bulle „Pastor aeternus“ kundgemachten päpstlichen Dekreten weder uns ziemt, noch zum Nutzen der Kirche gereichen kann. . . . Durch die Erklärung, daß alle an die ganze Kirche gerichteten doktrinellen Rusfprüche der Päpste unfehlbar feien, werden auch jene kirchenpolitischen Sätze und ftusfprüche älterer und neuerer päpstlicher Erlasse für unfehlbare Glaubensnormen erklärt, welche die Unterwerfung der Staaten, Völker und Fürsten unter die Gewalt der
1 Hahn, Geschichte des Kulturkampfes in Preußen in Aktenstücken. Berlin 1881 ^ S* 33.
8 Hahn, Fürst Bismarck Ii, S. 393f. — Diese (Erklärung ist außer dem Erst-Unterzeichner, dem Münchner Professor von Döllinger, noch von 20 katholischen Gelehrten, meist Professoren der Theologie, des Kirchenrechtes und der Philosophie unterzeichnet.
(Quellettfammlung 1,16: Vrandenburg-Nühlmann, 3m neuen Deutschen Reich j
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Extrahierte Personennamen: Iuli Petrus Münchner_Professor_von_Döllinger
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Döllingersche Erklärung. — Kail). Adresse an Wilhelm I. — Bismarcks Stellung 3
Dank der katholischen Mitwelt und aller Freunde der im Recht gefriedeten Ordnung und die Anerkennung einer vom Wahn der Tages-meinurtgen unabhängigen Nachwelt wird der ungeschwächten proklamie-rung dieses großen Prinzips folgen.
4. Bismarcks Stellung zum Kulturkampf.
Pa) Aus der Rede Bismarcks vom 30. Januar 1872.1
Ich habe es von krause aus als eine der ungeheuerlichsten Erscheinungen auf politischem Gebiete betrachtet, daß sich eine konfessionelle Fraktion in einer politischen Versammlung bildete, eine Fraktion, der man, wenn alle übrigen Konfessionen dasselbe Prinzip annehmen wollten, nur die Gesamtheit einer evangelischen Fraktion gegenüberstellen müßte: dann wären wir allerseits auf einem inkommensurabel Boden, denn damit würden wir die Theologie in die öffentlichen Versammlungen tragen, um sie zum Gegenstände der Tribünendiskussion zu machen. (Sehr gut! Sehr richtig ! Große Unruhe.)
(Es war ein großer politischer Fehler, den die Herren vom politischen Standpunkte des Vorredners begingen, daß sie diese Fraktion überhaupt bildeten, eine rein konfessionelle Fraktion auf rein politischem Boden, indem sie ihre Glaubensgenossen aus den verschiedensten Fraktionen durch die Einflüsse, die ihnen zu Gebote standen, nötigten, sich ihnen anzuschließen. (Sehr wahr!)
Uleine Herren, Sie nötigen mich dazu, auf das historische der Stellung der Regierung zu diesen Fragen einzugehen. Der Herr Vorredner hat selbst weitere Veröffentlichungen darüber in Russicht gestellt; ich will ihm das erleichtern. (Heiterkeit.) Ich huldige von Hause aus dem Grundsätze, daß jede Konfession bei uns die volle Freiheit ihrer Bewegung, die volle Glaubensfreiheit haben muß. Ich habe daraus bisher noch nicht die Konsequenz gezogen, daß jede Konfession gezählt werden müsse, und daß jede eine ihrer volkszahl ziffermäßig entsprechende Beteiligung an der Beamtenschaft haben müsse. ... So weit kommt aber der Herr Vorredner notwendig, wo soll das aufhören? Bei dem Ministerium fängt er an; die (Dberpräfidenten müssen also auch — ich weiß nicht, wie das Verhältnis ist, ich glaube nach dem Verhältnis wie 4 zu 7, ich will es auch nicht wissen (Heiterkeit) — gezählt werden; die Beamten in allen Regierungsbehörden natürlich auch. Nun kommt aber noch hinzu, daß die evangelische Konfession nicht ganz und gar aus einem Blocke ist. Sie können nicht (Evangelische und Katholische einander gegenüberstellen, die unierte preußische Landeskirche, die lutherische, die reformierte haben vollständig die analoge Berechtigung wie die katholische. Sobald wir den Staat in konfessionelle Stücke schneiden,
1 horstkohl, Die Reden des Fürsten oonbismarcf. Kritische Ausgabe. V, S. 231 ff.
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4 I. Der Kulturkampf
an welchen jede Konfession ihren verhältnismäßigen Hnteil haben muß, so kommt auch noch die ganz beträchtliche Kopfzahl der jüdischen Bevölkerung in Betracht, deren Mehrzahl sich ja durch besondere Befähigung und Intelligenz für Staatsgeschäfte auszeichnet. (Große Heiterkeit.)
wenn nun zur Herstellung des Friedens mit dem Staate also die Fraktion des Herrn Vorredners sich auf einem politischen Boden konfessionell konstituiert hatte und ihre politische Haltung in der Hauptsache von der Konfession abhängig machte, so konnte man nun fragen: sucht sie auf diese Weise den Frieden zu erstreben, indem sie ihre Macht zeigt? 3ch habe, als ich aus Frankreich zurückkam, die Bildung dieser Fraktion nicht anders betrachten können, als im Lichte einer Mobilmachung der Partei gegen den Staat (Sehr wahr!), und ich habe mich nun gefragt: wird dieses streitbare Korps, welches zweifellose Anhänger der Regierung aus ihren Sitzen verdrängt und eine solche Macht übt, daß es gänzlich unbekannte Leute, die in den Wahlkreisen niemals gesehen waren, bei der Wahl durch einfachen Befehl von hier aus durchsetzt — wird dieses streitbare Korps der Regierung verbündet sein, wird es ihr helfen wollen, oder wird es sie angreifen ? Ich bin etwas zweifelhaft geworden, als ich die Wahl der Führer sah, als ich sah, daß ein so kampfbereites und streitbares Mitglied, wie der Herr Vorredner (Abg. Windthorst), sofort an die Spitze trat, ein Mitglied, welches meinem Eindrücke nach
— und ich bin ja berechtigt und verpflichtet, Rechenschaft über meine Eindrücke zu geben, da die Haltung der Regierung einer Fraktion gegenüber wesentlich von der politischen Richtung ihres Vorstandes abhängt
— ein Mitglied, welches von Anfang an, aus Gründen, die ich achte und ehre, ungern und mit Widerstreben der preußischen Gemeinschaft beigetreten ist, ein Mitglied, das bisher niemals durch seine Haltung und durch die Färbung seiner Rede bekundet hat, daß es diesen Widerwillen überwunden habe, ein Mitglied, von dem ich noch heute zweifelhaft bin, ob ihm die Neubildung des Deutschen Reiches willkommen ist: in dieser Gestalt — sint ut sunt aut non sint — in dieser Gestalt die deutsche (Einigung annehmen will, oder ob er sie lieber gar nicht gesehen hätte; darüber bin ich noch immer int Zweifel.
b) Hus der „Kanoffarebe“ Bismarcks vom 1§. Mai *872.1
Die Aufgaben einer Gesandtschaft bestehen ja einerseits im Schutze ihrer Landsleute, andererseits aber doch auch in der Vermittlung der politischen Beziehungen, in welchen die Reichsregierung zu dem Hofe, bei dem ein Gesandter akkreditiert ist, steht. Nun gibt es keinen auswärtigen
1 Horst Kohl, a. a. (D. V, S. 337f. — Der vom Deutschen Kaiser zum Botschafter beim päpstlichen Stuhl ernannte Kardinal Fürst hohenlohe wurde vom Papst nicht autorisiert. Die Beratung des (Etats im Reichstage gab Gelegenheit Zu der (Erörterung der Frage der Notwendigkeit dieser Botschafterstelle.
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