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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 181

1911 - Erfurt : Keyser
— 181 — nutzt, teils als Ruinen ba.1) — Das vor Jahrhunderten berühmte Erfurt war zu einer bescheibenen Mittelstabt herabgesunken. (Nach Dr. Alfreb Overmann n. a.) 63. Schiller in Erfurt. Zugult und September 1791. 1. Aufenthalt in Erfurt: Schon zu Ansang 1791(31. Dez. 1790 bis 11. Jan. 1791) hatte Schiller mit seiner Gemahlin von Jena aus für kurze Zeit in Erfurt geweilt. Leiber knüpften sich für den Dichter an biesen Besuch sehr trübe Erinnerungen, ba ihn ein heftiges Katarrhfieber zwang, für einige Zeit Bett und Zimmer zu hüten. Doch suchten ihm seine Erfurter Frennbe die Lei-benszeit so erträglich wie möglich zu machen, und auch der Koab-jutor Karl Theobor v. Dalberg besuchte ihn mehrmals. Rückkehr nach Jena: Bereits am 11. Januar kehrte Schiller nach Jena zurück, die Tage bebauernb, die er in Erfurt durch feine Krankheit verloren hatte. Gegen Frau v. Stein, die innigen Anteil an feinem Leiben nahm, hat er sich später bcchin geäußert, daß er bei dem Anfall geglaubt Hätte, sterben zu müssen. Die Kräfte stellten sich nur langsam wieber ein, ja, es fehlte sogar nicht an Rückfällen. Schon acht Tage nach feiner Rückkehr erkrankte Schiller von neuem, und ein starkes Fieber entkräftete ihn so, daß die geringste körperliche Anstrengung ihm eine Ohnmacht zuzog. Doch gelang es der liebevollen Pflege seiner Gattin und den sorgsamen Bemühungen zweier Aerzte, das Gespenst des Knochenmannes abermals zu bannen, und mit der erneuten Lebenslust erwachte in Schiller auch von neuem der Wunsch, sür zwei bis brei Monate zu seinen Frennben nach Erfurt zurückzukehren. Vorbereitungen für den 2. Aufenthalt: Er beauftragte darum unterm 21. Mai brieflich den Professor Dominikus, ihm eine passenbe Wohnung von einigen Zimmern und etwa 3 Kammern in einem Privathause zu besorgen, weil ihm ein so langer Ausenthalt im Gasthofe zu teuer käme. Doch bürste das Logis nicht zu weit von der Hofstatt (b. i. der Statthalterei, dem heutigen Re-gieruugsgebäube) entfernt liegen. Als Mietspreis bestimmte Schiller monatlich 7—8 Taler; im ganzen wollte er, wenn er brei Monate bliebe, bafür 4—5 Louisbor (Golbstück = 20 Frank) anlegen. Abermaliger Aufenthalt: Zunächst freilich nutzte Schiller nach Karlsbab zur Kur, so batz er erst im August mit seiner Gemahlin zur Nachkur in Erfurt eintreffen konnte. Beibe haben dann i) Heute ftnb von diesen nur noch die Aegidienkirche und die Türme bet Bartholomäus- (Anger), der Johannis- (Johannesstraße), Nikolai- (Augustiner* strafte', Georgs- (Geotqsgctffe) und Paulskirche (T'aulstraße) vorhanden.

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 1

1911 - Erfurt : Keyser
I. Erfurts Entstehung und keine Geschichte bis zum 3ahre 1000. Erfurts Entstehung: Erfurt, die Stadl „einst heidnischer Bauern", wie Bouifacius sie nannte, war bereits im 6. Jahrhundert bewohnt?) Aber schon lange vorher war die Gegend besiedelt. 4000 Jahre vor der heutigen Zeit erkannten Hirten, deren Rassezugehörigkeit uns unbekannt ist, die Vorzüge der Landschaft: einen trockenen Berg zu guter Wohnslatt, ein klares Gebirgswasser zu frischem Trunk, einen dichten Wald mit schmackhaften Früchten und einen zu Viehzucht und Ackerbau geeigneten Boden. Sie bauten sich deshalb hier an und zwar südwestlich vom Petersberge, in der Gegend der heutigen Rudolf- und Heinrichstratze und am Nordfuße des Steigers bei Villa Stürcke (f. Erfurt in der Steinzeit, Nr. 1). Aus unbekannten Gründen verließen die ersten Bewohner aber die Gegend. Doch zur Bronzezeit (nach 1500 v. Chr.) wurde sie von neuem durch Kelten besiedelt (s. In der Bronzezeit, Nr. 2). Sie errichteten ihre Wohnstätten wohl an den alten Dorfftätten. Ein Jahrtaufend später traten an ihre Stelle Germanen, die damals von Thüringen Besitz nähmen. Auch sie hatten ihre Herd-stätten zunächst an der Stelle der alten Siedlungen, doch ließen sie sich später mehr nordwärts vom Petersberge und in der Gegend des neuen städtischen Krankenhauses nieder. Letztere heißt heute noch im Flurbuche die „hohe Stadt". Die neuen Ansiedler hatten ihre Wallburgen, die Zufluchtsstätten in Zeilen der Not und Gefahr, auf dem Petersberge und im Steiger oberhalb des Bachstelzenweges, nahe dem Jdablick. Letztere ist heute noch vorhanden. Den germanischen Thüringern war das Eisen bekannt, auch benutzten sie die Töpferscheibe. Die Erfurter Gegend blieb von da für immer bewohnt. Um den Anfang der christlichen Zeitrechnung wurden die hiesigen Ansiedler mit den Römern bekannt und befreundet und standen mit ihnen in regem Handelsverkehr. Bald kam auch von außen Zuwachs. Neue germanische Stämme siedelten sich an, und slawische Familien ließen sich nieder (s. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 5). Die Siedlung griff allmählich auf die !) Bewiesen durch Gräberfunde aus der Merowingerzeit, z. B- auf dem Anger (nahe Nr. 64).

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 9

1911 - Erfurt : Keyser
— 9 — weil man zu diesem Zeitpunkt das Ende der Steinzeit ansetzt. (Nach Dr. K. Th. Zingeler u. Dr. Zschiesche.) 2. 3n der Bronzezeit. Die neuen Bewohner: Mehr als sechshundert Jahre sind verflossen seit der Zeit, wo jene von uns besuchte Familie der Steinzeit am hohen Flußufer der Gera ihr einfaches, aber wohl glückliches Dasein sührte. Noch ist unsere Gegend bewohnt, wie wir durch Funde beweisen können; aber die Bevölkerung hat an Zahl eingebüßt. Die Lebensweise der neuen Bewohner ist keine wesentlich andere als die der Steinzeitmenschen; nur in einer Hinsicht sind sie gegen die früheren im Vorteil. Die Metallzeit ist angebrochen. Die Bronze, ein Gemisch von Kupser und Zinn, hat den Stein verdrängt, und an die Stelle der früheren steinernen Waffen und Gerate find schön geformte Schwerter, Dolche, Lanzen, Armringe. Gewandnadeln (Fibeln) und sonstiger Schmuck aus Bronze getreten. Lage ihrer Wohnstätten: Die genaue Lage der Wohnstätten jener alten Ansiedler vermögen wir für unsere Gegend nicht sicher anzugeben. Vermutlich aber haben sie ebenso wie die stein- zeitlichen unweit des Wassers gelegen. Dort hat man die Grabstätten aus der Bronzezeit gefunden, und wo die Menschen damals ihre Toten verbrannten oder begruben, da haben sie sicher auch ihre Wohnungen gehabt. Eine Hauptfundstelle ist das Gräberfeld am „toten Mann" bei Waltersleben. Einige Gräber sind auch dicht bei Erfurt am Wege nach Bindersleben bei der Abzweigung von der verlängerten Heinrichstraße, in den Kiesgruben des Johannesseldes, in der Nähe des Bahnhofes von Ilversgehofen und an einigen anderen Stellen in Erfurts Umgebung aufgedeckt worden. Auf dem zuerst genannten Friedhofe (Nekropole) aus der Bronzezeit wurden mit nur einer Ausnahme Skelette gefunden, während die Graburnen auf den übrigen Fundstätten mit Leichenbrand gefüllt waren. Das Gräberfeld am „toten Mann": Suchen wir nun einmal die Nekropole am „toten Mann" aus und wohnen im Geiste der Beisetzung eines angesehenen Mannes jener Zeit bei. Das Gräberfeld liegt da, wo der von Egstedt kommende Miesenbach dicht hinter Waltersleben die nach Möbisburg führende Straße begleitet. Damals zog sich wobl das Wallersleber Holz bis zum Wasser herab, während auf der Südseite offenes Feld weithin sich ausbreitete. Hier lagen vielleicht die Gehöfte der Bewohner jener Gegend, und es ist nicht unmöglich, daß der Edelhof des Mannes, an dessen Beisetzung wir jetzt teilnehmen wollen, auf dem heute noch „Burgfeld" genannten Ackerplan, wenig westlich von Rockhausen, stand.

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 11

1911 - Erfurt : Keyser
Dann tritt die Trauernde selbst heran, nimmt aus den Händen der Diener zuerst den Schild und legt ihn dem Gatten aus die Brust, sodann das Schwert und bettet es an seine Seite. So kann der Tote im Jenseits würdig auftreten. Aber noch sind die Beigaben nicht erschöpft. Alle die Gesäße, die zum Friedhos getragen wurden, werden rund um den Toten gestellt. Mehrere von ihnen sind mit Speise und Trank gefüllt; denn die Reise in das Jenseits denken sich diese Menschen weit und beschwerlich. Nachdem so der Liebe genug getan, treten die Männer herzu und füllen die Grust mit Erde. Das ist der letzte Liebesdienst der Verwandten, Freunde und Untergebenen, und schon in kurzer Zeit wölbt sich ein ganz flacher Hügel, über dem Grabe des Häuptlings. Das Totenmahl: Mittlerweile ward an einer entfernteren Stelle des Rockhäuser Berges ein mächtiges Feuer entzündet. Am Spieße werden gewaltige Fleischstücke gebraten und in bauchigen Urnen wird Met und gebrauter Gerstentrank, Honig und Brot herbeigetragen zum reichlichen Totenmahle, das die Witwe jenen spendet, die ihrem Gemahle die letzte Ehre erwiesen. So haben wir uns ein Begräbnis zur Bronzezeit, also vor ungefähr 2500—2800 Jahren zu denken. Leider ist aber die Ausbeute an Funden aus jener Zeit in unserer Erfurter Gegend, wie überhaupt in Thüringen, sehr gering. Wir müssen uns deshalb aus dcu Bronzegegenständen, die an anderen Orten, zumal in den Hügel- und Steinkistengräbern Nord- und Süddeutschlands gefunden worden sind, ein Bild jener Zeit entwerfen. Bei uns, wo man die Toten aus Mangel an dem nötigen Steinmaterial zur Schichtung des Grabhügels in flachen Gräbern beisetzte, ist durch die reiche Kultur des Bodens im Laufe der Jahrhunderte viel vernichtet worden. Vieles ist auch durch die Unkenntnis des hohen Wertes der Gegenstände für die Deutung der Kultur jener vorgeschichtlichen Zeiten sogar in den Schmelztiegel gewandert, anderes wieder ist durch planloses Ausgraben verloren gegangen. (Nach Dr. K. Th. Zingeler u. Dr. Zschiesche.) 3. Was die Sage von den alten ühüringern berichtet. Deutung des Namens: Ueber die Herkunft der Thüringer vermag die Geschichte nichts Sicheres zu berichten, desto mehr aber die Sage. Nach ihr wohnten unsere Ururgroßväter als fleißige Ackerbauer und Viehzüchter da am Ostseestrande, wo jetzt die Städte Lübeck und Rostock liegen. Einst landeten daselbst zwölf fremde Schiffe. Sie waren mit stattlichen Helden bemannt, die den Namen Kesselinge führten, weil sie im Kampfe fo hart wie Kieselsteine waren. Sie stammten aus dem Heere Alexanders des Großen und hatten nach dem frühen Tode des Königs ihre alte Heimat verlassen. Auf der weiten Meerfahrt hatten Viele das Leben ver-

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 15

1911 - Erfurt : Keyser
— 15 — Zum Andenken wurden die Köpfe der Unglücklichen oben am Gesims der Kirche in Stein ausgehauen und ein Zeichen daneben angebracht. Es sind auch wirklich oben am östlichen Teile des Kirchenschiffes vier Köpfe zu sehen. Neben dem einen ist eine Schere, neben dem zweiten ein Messer und neben dem dritten ein Schäferstab (?) angebracht, der vierte hat kein Zeichen. Auch an dieser Stätte können wir wie auf unserm Petersberge ein Heiligtum des Donar vermuten, denn in dem Manne im roten Kleide auf dem mit Böcken bespannten Wagen ist Donar unverkennbar gezeichnet. (Nach Dr. Zschiesche.) 5. 'Was die Geschichte von den alten Uhüringern weih. (Geschichte Chüringens bis zum Ucihre 1000.) Besiedlung Thüringens und Deutung des Namens: Mehrere Jahrhunderte v. Chr. war Thüringen von Germanen, vielleicht von Hermunduren bewohnt, deren Reich sich von der Donau bis zum Harz erstreckte. Ihr Narrte wird aber erst zu Beginn unserer Zeitrechnung erwähnt. Sie waren ein kriegerisches Volk und standen mit den ihnen befreundeten Römern in lebhaftem Handelsverkehr. Das Wort Hermunduren bedeutet, wie allgemein angenommen wird, Groß- oder Gefamt-Thnren. Zum letztenmale werden sie gegen Ende des 2. Jahrhunderts u. Chr. erwähnt. Dann schweigt die Geschichte von ihnen zwei Jahrhunderte hindurch. Die Römer, die damaligen Geschichtsschreiber, hatten mit sich selbst zu schassen, und unser Volk machte noch keine Aufzeichnungen. Erst um 400 tritt wieder ein Name auf, der mit dem der Hermunduren wohl verwandt ist, der Narrte „Thüringer". Sie werden als treffliche Pferdezüchter gerühmt. 50 Jahre später zählt man die Thüringer mit bei den Heerhaufen aus, die dem Hunueuköuige Attila Heeresfolge leisteten. Von da ab begegnet man dem Namen häufiger. Der Name Thüringer umfaßt nicht einen einzigen Volksstamm, sondern ein Volk, das aus der Verschmelzung mehrerer Stämme hervorgegangen ist. Der Titel eines alten Volksrechtes „Gesetz der Angeln und Weriner, das ist der Thüringer" beweist aufs bestimmteste, daß sie ein Mischvolk sind. Beide, Angeln und Warnen, sind aus Norden, aus Jütland und Schleswig-Holstein, nach Thüringen gezogen (vgl. Was die Sage usw., Nr. 3) und sind dort Nachbarn der Hermunduren geworden. Mit ihnen verschmolzen, bildeten sie das neue Volk der Thüringer. Diesen Standpunkt vertritt ein Teil der Geschichtsforscher. Andere aber sagen, nicht die Hermunduren haben einst Thüringen bewohnt, sondern die Cherusker. Nach ihnen sollen die Hermunduren niemals über die Saale ostwärts oder über den Main nordwärts vorgedrungen sein. Aber auch sie nehmen ein Vor-

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 35

1911 - Erfurt : Keyser
— 35 — „Und so starben mir Aermsten dahin die lieben Verwandten, Und mein Königsstamm nahet dem Ende sich mm." Nie wieder hat es ein Königreich Thüringen gegeben. Der Name Thüringen ist zwar geblieben, aber er gilt heute nur noch für ein wesentlich kleineres Gebiet. (Nach G. Größler.) 10. Radegunde, Prinzessin von Thüringen, Königin von Frankreich. Jugend: Radegunde, König Berthars Tochter und Enkelin Bisinos, kam schon früh an den Hos ihres Oheims Jrminfrid. Da die Mutter gestorben war, hielt es der Vater wohl für geraten, seiner hochgebildeten Schwägerin Amalaberga die Tochter zur Erziehung zu übergeben. Auch den Vater verlor Radegunde bald. Wir wissen zwar nicht, in welchem Kampfe er getötet wurde, doch ist er schon vor Jrminfrid gefallen. In einem zweiten Liede „An Artachis"1) läßt Radegunde Fortnnatns für sich sprechen: „Erst ist der Vater gefallen, ihm folgte der Onkel im Tode, Beider Geliebten Verlust traurige Wunden mir schlug." Auf Burg Scidingi verlebte Radegunde sonnige Tage der Kindheit in Gemeinschaft mit ihrem Vetter und Jugendgespielen Amalasrid. J'n dem Briefe „An Amalasrid"2) gedenkt sie der glücklichen Jugend: „O, so gedenke doch nur, was in Frühlingstagen der Jugend, Lieber Amalasrid, ich, Radegunde, dir war. Wie du mich damals geliebt, ein hold ausblühender Knabe, Du, den des Himmels Huld gütig zum Vetter mir gab. Damals ersetztest du mir den gemordeten Vater, die Mutier, Schwester und Bruder, du warst alles, du Einziger, mir! Wenn du mich nahmst in den liebendenarm, wenn küssend ich an dir Hing, ergötzte das Kind höchlich ein freundliches Wort. Eine Stunde getrennt von dir, zum unendlichen Zeitraum Ward sie mir." — In fränkischer Gefangenschaft: In dem Kriege Jrminsrids mit den Franken wurde sie von den Feinden gefangen genommen und mit ihrem Bruder eine Beute des Königs Chlotar. Sie war damals gegen 10 Jahre alt. Chlotar ließ sie in sein Reich bringen und auf einem feiner Meierhöfe von den besten Lehrern unterrichten. Damals schon las Radegunde am liebsten die Bibel und die Lebensbeschreibungen der Heiligen. Sie sollten ihr das Vorbild ihres eigenen Lebens werden; auch suchte sie durch allerlei Selbstpeinigungen Gott wohlgefällig zu fein. j) Sohn einer Tochter Amalabergas. 2) Nach einer Uebersetzung von Dr. Aug. Wilhelm. 3*

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 184

1911 - Erfurt : Keyser
— 184 — des boites pour un, deux, trois gros la piece.“ Bald drängte sich ein dichter Haufe Käufer um ihn. Seine Ware fand reißend Absatz, da sie wirklich mit vielem Geschmack gefertigt war. Der gute Herzog hatte gewiß vor zehn Jahren nicht geglaubt, daß ihm einst ein solcher elender Handel noch das Leb-rn fristen würde. Die unzufriedenen Erfurter: Der Aufenthalt der Vertriebenen brachte für die Bürger mancherlei Unangenehmes mit sich. Recht war es den Erfurtern schon, daß sie ihre leer stehenden Wohnungen zu einem guten Mietszins an die Fremden losschlagen konnten; erhielten sie doch für einige Zimmer monatlich 4 bis 8 Karolins (eine Goldmünze, benannt nach dem Pfalzgrafen Karl Philipp 1732, im Werte von rund 19 Mark). Unangenehm aber empfanden sie die Unkenntnis der Fremden hinsichtlich des Wertes der einheimischen Münzen. Wenn der Bauer für seine Lebensmittel oder für den Haufen Brennholz einen Taler forderte, so zahlten sie immer mit einem Laubtaler (frz. Münze = 1 Taler 17% Groschen) und verteuerten dadurch die Waren. Zuletzt wollten die Bauern Lebensmittel und Holz nur noch an die Franzosen verkaufen und sich mit den Bürgern in keinen Handel mehr einlassen. Dadurch wurden einige Male unruhige Auftritte herbeigeführt und einige Emigranten mißhandelt. Um in Zukunft solches zu vermeiden, erließ der Stadtrat eine Verordnung, worin er die Marktfreiheit in nachdrücklichen Schutz nahm. (Nach Const. Beyer.) 65. König Friedrich Wilhelm Iii. und [eine Gemahlin, die Königin Luise, besuchen ihre neuen licindeskinder. Ankündigung des 1 Besuches: Als Erfurt ein Jahr preußisch war, verbreitete sich in der Stadt die Nachricht von der baldigen Ankunft des hohen Paares. Mit großen Erwartungen sahen die Erfurter dem Besuche entgegen. Man hatte soviel von der Anmut der Königin und der gnädigen Gesinnung des Königs gehört und war darum auss höchste gespannt. Es war nur schade, daß der neue Landesvater bei seinem schlichten Wesen sich allen kostspieligen Aufwand bei feinem Empfange verbeten hatte. Vorbereitungen zum Empfang: Am 30. Mai 1803 hielten die hohen Herrschaften ihren Einzug. Lange vor ihrer Ankunft war die Gegend um die Statthalterei, der Anger, die Krämpfer-straße und die Krämpser-Vorstadt von einer unzähligen Volksmenge besetzt. Die Schuljugend bildete Spalier. Zwischen je zwei Knaben, die Blumengirlanden hielten, stand ein weißgekleidetes Mädchen mit einem Blumenkörbchen am Arm. Selbst auf der Treppe, die zum großen Saal der Statthalterei führte, hatte die Schuljugend Aufstellung genommen. — Alle harrten in dieser Stellung fünf lange Stunden, von 4 Uhr bis 9 Uhr abends. Etwa eine halbe Stunde vor der Ankunft des hohen Paares kam ein Gewitter-

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 185

1911 - Erfurt : Keyser
— 185 — regen, der die ermüdeten Kinder aufeinander trieb, nur die auf der sparsam erleuchteten Treppe der Statthalterei hielten aus. Begrüßung der Königin: Endlich verkündeten einige 30 Kanonenschüsse' die Ankunft. Als die hohe Landesmutter aus dem Wagen stieg und die Treppe hinaufging, streuten die Mädchen Blumen, über die sie frohlächelnd hinschritt. Jetzt trat die Tochter des Diakonus Lossius (Predigerkirche) vor und hielt eine kurze Ansprache. In ihr empfahl sie die Erfurter Landeskinder der Königin Huld und Gnade. Dann überreichte ein anderes Mädchen ein Gedicht, welches die Königin gnädig annahm; auch dankte sie liebevollen Tones für die ihr erwiesene Aufmerksamkeit (f. Aulabild der Königin Luise-Schule „Empfang der Königin im Regierungsgebäude"). Als die Fürstin die Stiege verließ, um in den Saal zu treten, riefen ihr die Knaben ein lautes Lebehoch nach, in welches die übrigen Kinder freudig einstimmten. Aufenthalt in Erfurt: An einem der folgenden Tage war mittags offene Tafel, bei der auch die Herzöge von Weimar und Gotha zugegen waren. Während derselben führten die Böttcher auf dem freien Platze vor der Statthalterei den berühmten ^chäff-lertanz, einen Reifentanz, auf. Nach aufgehobener Tafel besichtigten die hohen Herrschaften die Merkwürdigkeiten der Stadt. Sie lenkten ihre Schritte nach dem Petersberge und besahen dort die schöne Kirche des Petersklosters und in ihr das Grabmal des der Sage nach zweibeweibten Grasen Ludwig (Ernst) von Gleichen. Auf dem Dom stiegen sie bis zur berühmten Maria Gloriosa empor und bewunderten von der Zinne des mittleren Turmes die herrliche Aussicht über Stadt und Land. Die Nonnen des Klosters zum Neuenwerk ließen der Königin Luise ein zierlich geflochtenes Körbchen mit allerlei felbstgefertigten Arbeiten überreichen. Die Königin nahm es gnädig an und übersandte als Gegengeschenk zwei Friedrichsdor. Auch die Erziehungsanstalt der Urfulinen genoß die hohe Ehre, von dem Königspaare besucht zu werden. Beim Besuche des evangelischen Waisenhauses wurde der König mit seiner Gemahlin von den in zwei Reihen aufgestellten Zöglingen mit einem herzlichen Lebehoch begrüßt. Die hohen Herrschaften schrieben ihre Namen in das ausgelegte Fremdenbuch und beschenkten das Waisenhaus reichlich. Der König allein stiftete 100 Friedrichsdor, welcher Summe die Königin 10 Goldstücke aus eigener Börse hinzufügte. Auch betraten beide die auf dem Saale des Waisenhauses liegende kleine Zelle, in der einst der große Gottesmann Luther eine Zeitlang gewohnt' hatte. Festlichkeiten zu Ehren des hohen Paares: Am Abend dieses Tages war die Stadt herrlich erleuchtet. In besonders hellem Glanze erstrahlte der Hirschgarten, welcher vom Balkon der Statthalterei gut in Augenschein genommen werden konnte. Mitten im Garten war ein offener Tempel errichtet. Er stand auf acht Säulen und aus seiner durchscheinenden Kuppel thronte die Kriegs-

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 264

1911 - Erfurt : Keyser
Langen Brücke. Hier kaufte sie sechs Bilder ihres Gemahls in erhabener Arbeit, um sie ihren Kindern mit nach Kassel zu nehmen. Die Abreise der Kaiserin erfolgte Donnerstag vormittag 9% Uhr. Sie gestaltete sich zu einem ergreifenden Vorgang. Auf der Strecke vom Regieruugsgebäude bis zum Bahnhöfe bildeten wie bei der Abreise des Kaisers die Schüler und Schülerinnen sämtlicher hiesiger Lehranstalten Spalier. Alle trugen schwarz-weiß-rote Schärpen und die Mädchen Blumenkränze im Haar. Hinter den Schüler-reihen stand eine zahllose Menschenmenge. Als die halbgedeckte, mit zwei prachtvollen Rappen bespannte Kutsche der Kaiserin sichtbar wurde, erhob sich ein wahrer Jubelsturm. Die Kaiserin dankte unausgesetzt und nickte besonders freundlich den Kindern zu, die ihr Abschiedsgrüße darbrachten. In der Bahnhosstraße warf eine Schülerin einen Strauß in den Wagen der hohen Frau, doch fielen die Blumen auf der anderen Seite des Wagens herab. Sofort ließ die Kaiserin halten und den Strauß aufnehmen. Dies war das Zeichen zu einem unaufhaltsamen Blumenregen; denn jedes Mädchen warf nun sein Sträußchen in den Wagen. Die Kaiserin ließ die Kleinen ruhig gewähren. Auf dem Bahnhöfe angekommen, verabschiedete sie sich und bestieg den Eisenbahnwagen. In diesem Augenblicke hatten die Schülerinnen in großer Zahl die Stufen zum Bahnsteig erklommen und drangen zwischen den Polizeibeamten hindurch. Sie stürzten mit hocherhobenen Blumensträußchen jubelnd auf den Wagen der Kaiserin los. Immer mehr Mädchen folgten. Bis aufs Trittbrett des Wagens kletterten die Kleinen und warfen ihre Blumenspenden der hohen Frau zu, die glücklich lächelnd die duftigen Gaben in das Innere des Wagens legte. Es war, als fcheide eine geliebte Mutter von ihrer Kinderschar, und manches Auge wurde feucht. Eins der Mädchen verabschiedete sich besonders zärtlich mit den Worten: „Frau Kaiserin! Mit tiefem Weh sagen wir Kinder Dir Ade! So nimm mit Dir aus allen Wegen unsere Liebe und Gottes Segen!" Gerührt dankte die Kaiserin der Kleinen. Unter lauten Scheidegrüßen der Anwesenden und Tücher-und Hütefchwenken fetzte sich nun der Eifenbahnzng in Bewegung und entführte die fortwährend dankende Kaiserin den Mauern unsrer gastlichen Stadt. Am 25. August 1900 weilte der Kaiser mit feiner Gemahlin zum zweiten Male in der Stadt, aber nur für wenige Stunden. Es war an dem Tage, an welchem das Denkmal feines Großvaters, das Reiterstandbild Kaiser Wilhelms des Großen, durch ihn eingeweiht wurde. Druck von Fr. Bartholomäus, Erfurt.

10. Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt - S. 101

1911 - Magdeburg : Creutz
Sprache, Sitten und Gebräuche der Bewohner. 101 Nieder-Dorla, Langula). In Kleidung, Sprache, Sitten und Gebräuchen weichen sie von den Umwohnern ab. Die Männer tragen einen blauen, hemdartigen Leinenkittel, der bis übers Knie reicht, der a if den Schultern und der Brust gelbrot bestickt ist und durch einen Gütel zusammen- gehalten wird. Die gewöhnliche Kopfbedeckung ist die Zipfelmütze. Die Frauen trageu kurze Röcke und eine Haube. Die Sprache der Vogteier klingt etwa so: „Kuan Aden halt Triät! I, wu kuan ich Triät gehal, Gerg Aden het mich uf d'n Schlump'n getratn." d. h. Johann Aden halte Tritt! I, wo kann ich Tritt halten, Georg Aden hat mich auf den Schlappen (Pantoffel) getreten. A. Haselhuhn. Die Eichsfelder sind meist katholisch und streng kirchlich. Trotz ihrer Ärmlichkeit und schweren Arbeit sind sie fröhlich, genügsam und in der Kleidung sehr einfach. Der selbstgefertigte blaue Leinwandkittel ist das gewöhnliche Oberkleid der Männer. Die Frauen tragen außer einem dicken kurzen Warprocke eine kurze Sackjacke und als Kopfbedeckung ein buntes Tuch. Mann und Frau gehen in nägelbeschlagenen Schnürschuhen. Die Kuh ist das gewöhnliche Zugtier. Die Häuser sind meist einstöckige Fackwerkbauten (Lehmschlag). Selten sieht man ein Fenster ohne Blumen, und die Vorderseite des Hauses ist meist durch einen hochstämmigen, weitverzweigten Rosenstock verziert. Die Bewohner des Stnfenlandes gehören meist der evangelischen Religion an. Sie zeichnen sich dnrch eine besondere Begabung für Gesang und Musik aus. Ehrlichkeit, Arbeitsamkeit, Zufriedenheit und Gast- freuudschaft sind ihre besten Eigenschaften. Der Fürst Karl Angust von Weimar konnte deshalb mit Recht sagen: „Einen so kräftigen, schönen Menschenschlag wie meine Thüringer, so treu und ebrlich und so lieder- reich — den gibt es sonst nicht im deutschen Reich". Das Land ist ungemein reich an Sagen. Bald lehnen sich diese an eine der vielen Ritterburgen und Klosterruinen, bald an ein Schloß oder Dorf, bald an eine Höhle oder einen Stein, einen Berg, ein Tal, ja an einen Baum an. Am Althergebrachtesten hat der Thüringer bis hente vielfach treu fest- gehalten. Zu Lichtmeß weckt man den Langschläfer mit einer Rute und ruft: „Ich will die Lerche wecken". Am Fastnachttage läßt man das Spinnrad ruhen, damit nicht Frau Holle den Flachs verwirre. Um Mitternacht am Ofterheiligabend holt man Ofterwafser und besprengt damit alle Gegenstände im Hause, auch das Vieh, um Unglück fernzuhalten. In der Walpurgisnacht steckt man Holunderzweige an den Rand des Flachsfeldes und springt darüber. So hoch man springt, so hoch wächst in dem Jahre der Flachs. Am Johannistage schmückt man die Häuser mit Blumenkränzen, um das Glück festzuhalten. Bei der letzten Getreide- snhre bringt man den Erntekranz. Die Kirmeß beschließt die Ernte. Das Hauptvolksfest ist aber das Vogelschießen. — In den Städten finden sich hänsig noch altertümliche Giebelbauten. Bei Mühlhausen spricht man etwa so:
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