128
§. 50. Die Herrschaft der Patricier.
Patricier mit ihren Clienten und Plebejer zusammengenommen
aber theilte er in fünf Vermögensklassen und diese zusammen
wieder in 195 Centurien ein, um darnach die Steuern und
den Heeresdienst zu bemessen. Eine sechste Klasse enthielt die
Ärmsten, die zwar auch Stenern zahlten, aber vom Kriegs-
dienste frei waren. Die Co mitten jener Centurien machten
die eigentliche Volksversammlung aus, welche über die An-
träge des Senats zu beschließen hatte.
Weil nun dadurch die patricischen Curien das Recht der
letzten Entscheidung verloren, so wurde S. Tullius bei den
Patriciern verhaßt und in Folge einer Verschwörung von
seinem Swiegersohne gestürzt und ermordet.
534 Der siebente König, Tarquinius Superbus,
des Vorigen Schwiegersohn, brachte zwar ganz Latium und
verschiedene volscische Städte unter römische Hoheit, und ver-
schönerte Rom durch den Bau des Capitolium's, drückte
aber die Plebejer durch Fröhnd en, Stenern und Kriegsdienste,
setzte sogar die Patricier und den Senat hintan und regierte
eigenmächtig und gewaltthätig. Daher brachte, während er die
Stadt Ard8a.belagerte, die entehrende Gewaltthat, die sein
jüngerer Sohn, S ertus Tarquinius an derlucretia,
der Gattin des T a r q u i n i u s C o l t a t i n u s begieng, leicht
ganz Rom und das Heer in einen Aufruhr, der durch I u n i u s
Brutus geleitet wurde. Dem Könige Tarquinius, der nach
Rom eilte, wurden die Thore geschlossen; ein Volksbeschluß
verbannte ihn und seine ganze Familie und schaffte
310 die Königswürde ab.
J. Rom eine Republik.
1. Die Herrschaft der Patricier.
§. 50. Rach der Vertreibung der Tarquinier wurde die bis-
herige Königsgewalt vertheilt: der größere Theil davon
gieng auf zwei Consuln, der kleinere an die Curien
über. Die beiden Consuln mußten durch die Centuriatcomi-
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§. 63. Das röm. Reich von Tiberius bis Domitian. 17t
ihn vergiftete und dadurch ihrem Sohne erster Ehe, dem
Nero, die Nachfolge verschaffte.
Dieser Nero (54—68) erregte im Anfänge seiner Ne-
gierung gute Hoffnung von sich, wurde aber nachher der
grausamste Despot, der je auf einem Throne saß, indem
er unter andern sogar seine eigene Mutter, seine Gemahlin
und seinen edlen Lehrer, den mit manchen christlichen Wahr-
heiten nicht unbekannten Stoiker S e n e c a, ermorden ließ
und
64 die erste Christenverfolgung von Seiten der Hei-
den dadurch veranlaßte, daß er den Christen den Brand von
Nom Schuld gab, den er doch in der wahnsinnigen Absicht,
die Stadt schöner wieder aufbauen zu lassen, selber ange-
stiftet hatte. Während dieser Christenverfolgung wurde auch
der Apostel Paulus zu Rom enthauptet und der Apostel
Petrus gekreuzigt. — Zuletzt gab sich Nero auf der Flucht
vor einem Aufstande, der sich zu Nom gegen ihn erhoben
hatte, selber den Tod.
Mit Nero war das augusteische Geschlecht (68 n. Chr.)
erloschen, und die drei folgenden Kaiser (Galba, Otho
und Vitellins) gelangten durch die Wahl des Hee-
res unter blutigen Parteikämpfen zum Throne. Nach der
kurzen Regierung derselben wurde Flavius Bespirsta-
nus (69—79) zum Kaiser erhoben, und unter ihm brach
das Strafgericht über Jerusalem aus, das von
Christus verkündigt worden war.
Noch unter Nero waren die Juden, von falschen Messias-
Hoffnungen getrieben, in eine wüthende Empörung gegen die
Römer ausgebrochen, und als Vespasian vom Kaiser mit
einem Heere gegen sie abgeschickt wurde, widerstanden sie auf
das hartnäckigste. Vespasian hatte bereits die Belagerung
Jerusalems begonnen, überließ sie aber, als er wegen seiner
Erhebung auf den Thron nach Nom zurückkehren mußte, sei-
nem Sohne Titus, der nun die Stadt, in welcher eine un-
geheure Menschenmenge zusammengedrängt war, durch Hun-
ger zu bezwingen suchte. Doch die Juden — in dem blin-
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Extrahierte Personennamen: Tiberius Domitian Apostel Apostel Petrus Galba Otho Christus Titus
§. 64. Das röm. Reich von Nero bis Constantin.
173
2. Von Nero bis Constantin.
§. 64. Hade) Domitians Ermordung folgte zwischen den Jahren
96- 189 eine Reihe von fünf edel n, durch den Senat ge-
wählten Cäsaren, unter denen das römische Reich glück-
liche Zeiten hatte.
Der milde und gerechte Nerva (96 — 98) gab dem
Reiche zweckmäßige Einrichtungen; der ihm gleiche und da-
bei tapfere Trajan (98 —117) machte Dacien zur rö-
mischen Provinz und nahm den Parthern Armenien, Me-
sopotamien und Assyrien ab; der friedliebende und
thätige Hadrian (117 — 158) durchreiste oft zu Fuß den
größten Theil des Reichs und traf überall wohlthätige An-
ordnungen: doch ließ er die Christen verfolgen, weil
er sie für eine jüdische Seele hielt, die Juden aber durch ei-
nen neuen Aufruhr (unter Anführung des Bar-Cochba oder
Sternensohns, eines falschen Messias) seinen Zorn so gereizt
hatten, daß sie Jerusalem gänzlich verlassen mußten, das nun
von römischen Colonisten besetzt und neu gebaut wurde, und
den Namen Ä l i a C a p i t o l i n a erhielt.
Der edle und gerechte Antoninus Pius (138—161)
erhielt durch rastlose Thätigkeit die Ruhe des Reichs, Mar-
cus Aurelius Antoninus Philosophus (161 —
180) aber, der nach den Grundsätzen der stoischen Philoso-
phie durch Strenge gegen sich selbst den Anforderungen des
Gewissens möglichste Genüge zu thun suchte, mußte in den
schweren Markomannenkriegen an der Nordgränze
seines Reiches erfahren,-daß die größte Gefahr für das römi-
sche Reich von Seite Deutschlands drohe.
Nach Marc Aurel's Tode beginnt mit seinem Sohne
Cornrnödus, der ein zweiter Nero war,
189—393 die Reihe der meist schlimmen Cäsaren, die
größtentheils durch die Wahl des Heers zum Thron erho-
den wurden, und (mit Ausnahme weniger, zu denen vor-
züglich der edle Alexander Severus, 222 — 235, und
der „Wiederhersteller des Reiches" Aurelian, 270 — 284,
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Extrahierte Personennamen: Constantin Constantin Nerva_( Aurelius_Antoninus_Philosophus Marc_Aurel's Alexander_Severus Alexander
132 Z. 51. Kampf der Plebejer und Patricier.
Gesetzgebungs-Commission von zehn Männern,
Deeemvirn, gewählt, von der
4si Rom die e r st en g e sch r i e b e n en G e se tz e auf 10 Ta-
feln bekam, denen die für das nächste Jahr gewählten De-
cemvirn noch zwei Tafeln hinzufügten, weßhalb die ganze
Gesetzsammlung den Namen der Zwölftafelgesetze erhielt.
Diese letzten Deeemvirn aber mißbrauchten die ihnen ver-
liehene Gewalt zu willkührlicher Bedrückung der Plebejer,
und behielten ihre Amtsstellen über die festgesetzte Zeit. Als
daher zwei Nachbarvölker mit Krieg drohten, folgte das längst
unmuthige Volk den Deeemvirn nur ungern ins Feld.
Während das Heer zu Felde lag, erlaubte sich der allein
zurückgebliebene patricische Decemvir App ins Claudius,
von dem die bisherigen Bedrückungen vorzüglich ausgegan-
gen waren, eine Gewaltthat, welche den Sturz der Decem-
virn zur Folge hatte. Ilm sich nämlich der Virginia, der
Tochter des Plebejers Virginiuö, zu bemächtigen, bewog er
einen seiner Clienten, sie für das Kind seiner Sclavin aus-
zugeben und vor seinem Richterftuhl als Eigenthum anzu-
sprechen. Am Tage der letzten Entscheidung aber erschien
der eiligst vom Heere zurückgekehrte Vater der Virginia mit
ihr und ihrem Bräutigam — unter großer Theilnahme des
Volks — vor Gericht, und als Appius das Mädchen wirklich
dem Clienten zusprach und die bewaffneten Begleiter des De-
cemvirs die murrenden Plebejer vom Richterstuhle Hinweg-
trieben, stieß der Vater in der Verzweiflung seiner Tochter
das Messer in das Herz, um ihre Tugend vor dem Tyrannen
zu retten.
Ergriffen von diesem Anblicke, brach das Volk in Much
aus und die Claudier mußten fliehen; das unterdeß vom
Virginius benachrichtigte Heer kehrte in die Stadt zurück; die
Plebejer forderten Absetzung der Deeemvirn, und als sie von
den Patriciern verweigert wurde, zogen jene wieder auf den
heiligen Berg. Nun gab der Senat nach: die Decem-
virn mußten ihr Amt niederlegen; zwei davon,
darunter Appius Claudius, nahmen sich im Gefängniß das
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220
§. 79. Frankreich.
S Frankreich.
§. 79. Als nach Lothar's I Tode (s. §. 70 a. E.) dessen
. Reich durch Theilung unter seine Söhne in drei Reiche:
I t a l i e n, L o t h a r i n g i e n und die P r o v e n 9 e, zerfallen,
und Lotharingien zwischen Deutschland und Frankreich getheilt
worden war, kam es, daß der deutsche König Karl der
Dicke noch einmal fast das ganze Reich Karl's des Gro-
ßen zu regieren bekam. Nach seiner Absetzung wurde von
den fränkischen Großen 888 Odo, Herzog von Francien
(Isle de France), zum König von Frankreich gewählt.
Sein Gegner und Nachfolger Karl Iii mußte dem im
Norden Frankreichs eindringenden Normannenherzog
Robert die Normandie als Lehen und über die Bretagne
die Lehenshoheit übertragen. — Nach mehrfachem Thron-
wechsel erhielt ein Nachkomme Odo's, Hugo Cupet, die
französische Krone, und mit ihm begann
987—1328 die Reihe der capetin gischen Könige.
Fortwährend hatten die französischen Könige mit der Über-
macht ihrer zügellosen Vasallen zu kämpfen, besonders mit
den Herzögen der Normandie, von denen Wilhelm der
Eroberer 1066 sogar auf den englischen Thron gelangte.
Denn die meisten Vasallen besaßen als erbliche Besitzer ih-
rer Länder alle königlichen Rechte und hiengen nur durch
ein schwaches Lehenöband vom Könige ab.
Erst dem Könige Philipp Ii August gelang es,
seine widerspänstigen Großen zu demüthigeu, und nach des
englischen Königs Richard Löwenherz Tode die Normandie
nebst drei andern französischen Grafschaften (Anjou, Maine,
Touraine) den Engländern wieder abzunehmen, und 1205
durch die Vereinigung dieser Länder mit der Krone dem
Königthume das Übergewicht zu geben. Dieses Übergewicht
vermehrte der streng gewissenhafte und gerechte Ludwig Ix
der Heilige (1226 —1270) durch Hinzufügung anderer
Provinzen, besonders im Süden von Frankreich, obgleich er
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Dicke Karl Karl_Iii Karl Robert Hugo_Cupet Wilhelm Philipp_Ii Philipp August Königs_Richard_Löwenherz Ludwig_Ix Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Deutschland Frankreich Frankreich Frankreichs Maine Frankreich
222
§. 79. Frankreich.
Karl Vi verlor gegen Heinrich V von England
1415 die Schlacht bei A z i n c o u r t und die ganze Nor-
mandie , und nach beider Tod erkannte Nordfrankreich
den'englischen König als Herrn an, so daß der
schwache Karl Vii sich vor den Engländern bis hinter die
Loire zurückziehen mußte. Schon belagerten die Engländer
Orleans, und mit seinem Falle schien das ganze Land
verloren: da stellte sich Jeanne d'arc, ein Landmädchen
aus Dom Remy in Lothringen, die sich durch eine Vision
zur Retterin ihres Vaterlandes berufen fühlte, an die Spitze
der durch sie ermuthigten Franzosen, befreite Orleans und
führte 1429 den König zur Krönung nach Rheims. Bald
nachher gericth sie bei einer Belagerung in die Gefangen-
schaft der Engländer, und wurde von ihnen der französi-
schen Inquisition ausgeliefert, von dieser der Zauberei und
Ketzerei angeklagt und nach einem ungerechten Prozeß zu
Rouen 1431 verbrannt.
Die Engländer aber verloren nun in Frankreich einen
Besitz nach dem andern, und hatten 1453 nur noch Calais
inne. — Um diese Zeit waren fast alle großen Lehen mit
der Krone vereinigt, und nur Burgund, Bretagne und
Navarra waren noch fast selbstständig. (Karl Vii war
es, der 1444 zuerst die Behauptung aufstellte, Straßburg
und alle Länder am linken Nheinufer gehörten Frankreich!)
Karl'ö Nachfolger Ludwig Xi, ein grausamer Despot,
wußte durch Kraft und Hinterlist seine großen Vasallen zu
beschränken; doch machte ihm der reiche und mächtige Her-
zog Karl der Kühne von Burgund viel zu schaffen.
Dieser tyrannische Fürst, der besonders seine deutschen Städte
und Landschaften empörend mißhandelte, hatte schon Loth-
ringen in Besitz genommen und wollte sich nun auch die
Schweiz unterwerfen, wurde aber von den Schweizern bei
G ranson und bei Murten geschlagen, und verlor in der
dritten Niederlage, bei Nancy 1477, das Leben, worauf
das eigentliche Herzogthum Burgund sogleich von Ludwig
als Lehen eingezogen wurde, die niederländischen Besitzun-
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Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Heinrich_V_von_England Heinrich Karl Jeanne_d'arc Remy Karl_Vii Karl Ludwig_Xi Ludwig Karl_der_Kühne Karl Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Nordfrankreich Lothringen Rheims Rouen Frankreich Burgund Bretagne Navarra Frankreich Burgund Murten Burgund
224
tz. 80. England.
hinterließ keine Erben. Um die Krone stritten sich nun Her-
zog Wilhelm von der Normandie und Graf Wilhelm von
Westser, und der erstere gewann die entscheidende Schlacht
bei Hastings 1066, in welcher sein Nebenbuhler umkam.
Mit diesem Wilhelm Idem Eroberer beginnt
1066 die Normannenherrschaft in England: er führte
das Lehenswesen ein, indem er die Besitzungen widerstreben-
der angelsächsischer Großen an Männer seines Gefolges ver-
theilte, und machte Schottland, wo nach der Verschmel-
zung der P i c t e n und S c o t e n eigene Könige regierten,
lehnspflichtig. — Die drei Nachfolger aus seinem Geschlechte
hatten wegen vieler Kämpfe, theils mit ihren Vasallen,
theils mit Frankreich, eine unruhige Negierung.
Nach dem Ausfterben seines Mannsstammes kam der
Thron Englands
1134 an das Haus Anjou oder Plantagenet, aus wel-
chem zuerst der Sohn von Wilhelm's (I) Enkelin, Hein-
rich Ii, Herr der Normandie und vieler anderer französi-
schen Besitzungen, über England regierte. Es glückte ihm,
die Macht seiner Großen in Schranken zu halten und Ir-
land zu unterwerfen; aber seine Versuche, die Macht
der Kirche zu beschränken, zogen ihm nur tiefe Demüthigung
(namentlich Kirchenbuße am Grabe des von Leuten seines
Gefolges vor dem Altar gemordeten Erzbischofs Thomas
Decket), und der Haß seiner Gemahlin Eleonora die Em-
pörung seiner eigenen Söhne zu.
Sein Nachfolger, der ritterliche, aber grausame und
hochfahrende Nichard Löwenherz machte einen Kreuz-
zug, gerieth auf dem Rückwege in die Gefangenschaft des
von ihm (bei der Belagerung von Akkon) schwer beleidigten
Herzogs Leopold von Österreich, kehrte nach seiner Lösung
heim und wurde bei der Belagerung der Burg eines Va- •
fallen durch einen Pfeilschuß getödtet. — Der treulose und
grausame Bruder desselben, Johann, verlor den größten
Theil der französischen Besitzungen, mußte für sein Reich
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Graf_Wilhelm_von
Westser Wilhelm Wilhelm Thomas
Decket Eleonora Nichard_Löwenherz Leopold_von_Österreich Leopold Johann Johann
Extrahierte Ortsnamen: England England Schottland Frankreich Englands Haus_Anjou England Akkon
170 tz. 63. Das röm. Reich von Tiberius bis Domitian.
deutschlands wieder verloren gieng. Denn als die bisher
so unbändigen, freiheitliebenden Deutschen sich dem römischen
Joche schon gefügt zu haben schienen (s. §. 60 a. E.), warf
plötzlich der Cheruskerfürst Armrnius
9 n. Chr. durch den Sieg der Deutschen Lm teuto-
burger Walde über Varuö und seine Legionen die
Römer über den Rhein zurück, und befreite dadurch Deutsch-
land für immer von der Gefahr, mitderfrei-
heit seine Sitte, Sprache und sonstige Grund-
eigen thümlichkeit zu verlieren. (Deß eingedenk
errichtet ihm unsere Zeit ein Denkmal auf dem Teutberge bei
Detmold.)
Nichts desto weniger war das römische Reich in seinem
ganzen Umfange auf der höchsten Stufe der Macht und Si-
cherheit, als
141 n. Chr. Auguftus starb und das Reich seinem adoptirten
Stiefsohne Tiberius überließ. Unter diesem heuchlerischen
und grausamen Despoten, in dessen Negierungszeit der Tod
Christi fällt, versuchte sein Neffe und Adoptivsohn, der
durch Tapferkeit, Edelsinn und Geistesbildung ausgezeichnete
(Hermanicus, des Drusus Sohn, durch dreimalige Ein-
fälle Deutschland zu erobern, wurde aber von dem auf sein
Glück eifersüchtigen Kaiser zurückberufen und als Oberbefehls-
haber nach dem Orient geschickt, wo er nicht unwahrscheinlich
an Gift starb.
Nach einer 23jährigen, mit Lastern aller Art befleckten
Regierung starb Tiberius und erhielt des Germanicus jüng-
sten Sohn C. Caligula zum Nachfolger, der anfangs
löblich regierte, bald aber in einen wahnsinnig-grausamen
und tollvcrschwenderischen Regenten umschlug, und darum
von einem Obersten der Prätorianer (Leibwache) ermordet
wurde. Hierauf riefen die Prätorianer dessen Oheim, den
C. Claudius (41) zum Kaiser aus, der aus Schwäche
und Furchtsamkeit die Regierung einem Günstlinge und sei-
nen , durch ihr schändliches Leben berüchtigten Gemahlinnen
(Messalina und Agrippina) überließ, von denen die zweite
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Extrahierte Personennamen: Tiberius Domitian Tiberius Tiberius Tiberius Germanicus C._Caligula Claudius_( Agrippina
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Detmold Christi Edelsinn Deutschland
172 tz. 03. Das röm. Reich von Tiberius bis Domitian.
den Vertrauen, ihr Bundesgott könne sie nicht zu Grunde
gehen lassen — ergaben sich nicht, und so mußte die Stadt
mit Sturm erobert werden, wobei auch der prächtige Tem-
pel, trotz allen Bemühungen des Titus, ihn zu schonen, durch
Feuer zerstört und eine unzählige Menge Menschen ein Raub
verschiedenartigen Todes wurde. So ward denn (gemäß der
Drohung Gottes 5. Mos. 28, 25) im Jahre
70 mit der Zerstörung Jerusalems das Juden voll
in alle Welt z er streut und „ist beschlossen, daß bis an's
Ende (des Streits) die Verwüstung triefen wird" (Dan. 9,
27), wie denn auch Christus ihnen verkündigt hatte: „Siehe,
euer Haus soll wüste gelassen werden!"— Vespasian dämpfte
den Aufstand der Bat8ver, die sich unter Claudius
Civilis vom römischen Joche hatten befreien wollen.
Titus wurde auch int Kaiserthum der Nachfolger seines
Vaters, und die Menschenfreundlichkeit und Wohlthätigkeit,
die er besonders bei den Unglücksfällen, die Rom und Ita-
lien durch Brand, Hunger und Pest heimsuchten, bethätigte,
erwarben ihm dem Beinamen „ Wonne des Menschenge-
schlechts". — Ein Ausbruch des Vesuvs verschüttete (79 n.
Chr.) die Städte H e r k u l a n u m, Pompeji und S t a-
b i ä, deren Wiederaufgrabung in der neuern Zeit viel Auf-
schluß über das römische Leben damaliger Zeit giebt. — Bei
jenem Ereignisse wurde der römische Naturforscher Pli-
nius der Ältere ein Opfer seines wissenschaftlichen Ei-
fers, indem er bei Beobachtung des Ausbruchs durch den
Oualm erstickte.
Titus starb schon nach zwei Jahren, und ihm folgte sein
Bruder Domitian (81 — 96), ein grausamer und feiger
Despot, der die zweite Christenverfolgung verfügte, in wel-
cher der Apostel Johannes auf die Insel Patmos ver-
bannt wurde, wo er jene trostreichen Eröffnungen über das
„Kommen des Herrn" zum Sieg über alle widerchristlichen
Mächte und zur glorreichen Vollendung seines Reiches auf
Erden erhielt, die er in dem „Buche der Offenbarung"
beschrieb.
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Extrahierte Personennamen: Tiberius Domitian Christus Claudius
Civilis Titus Titus Domitian Apostel Johannes
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Jerusalems Rom Pompeji Oualm
§. 109. Die französischen Revolutionskriege 325
starb) die Waffen erhoben, aber bald von den Republika-
nern überwältigt wurden. Die Grausamkeit der Schreckens-
regierung fachte unter den Vendeern und einem Theile der
Bretagne (Chouans genannt) den Bürgerkrieg aufs Neue
an, bis er 1796 wieder unterdrückt wurde. — Anderncheils
veranlaßte der Sturz der Girondisten (Gemäßigten) 1793
das südliche Frankreich zum bewaffneten Wi-
derstand gegen den Convent: doch machte die baldige
Unterwerfung Bordeaur's und Marseille's und die
harte Bestrafung Lyon's und Toulon's dem Kriege
noch in demselben Jahre ein Ende.
Die Kriege nach Außen aber hatten einen vieljährigen
Verlauf und eine völlige Veränderung der europäischen Ver-
hältnisse zur Folge.
Auf die schon erwähnte Kriegserklärung Frankreichs
rückte
1782 das verbündete Heer der Deutschen unter dem
Herzog von Braunschweig in Frankreich ein,
und gab dadurch der Revolution die Gelegenheit, den von
ihr verkündigten „Weg um die Welt" anzutreten. Denn
nach dem Rückzuge, zu welchem sich die Deutschen genöthigt
sahen, eroberten die Franzosen Belgien und Savoyen,
und als nach der Hinrichtung des Königs England mit fast
allen europäischen Mächten dle erste Coalition gegen
Frankreich stiftete, und nun die über den Rhein rücken-
den Verbündeten anfangs glücklicher waren: so brachte der
Convent durch ein allgemeines Aufgebot revolu-
tionstrunkene Heere auf, welche, durch Einen Willen geleitet,
die meist uneinigen Verbündeten wieder über den Rhein zu-
rückdrängten , und mitten im Winter Holland eroberten,
das dann (1795) in eine batavische Republik ver-
wandelt wurde. — Auch jenseits der Alpen und Pyrenäen
waren die Franzosen siegreich, aber gegen die Engländer ver-
loren sie fast alle ihre Colonieen.
Nun sahen sich die meisten Mächte des Festlandes zum
Frieden mit der Republik genöthigt; nur Österreich hielt
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