58 h. 22, Salomo's Regierung.
Bewunderung aller benachbarten Völker. Unter ihm hatte
Israel seine goldene Zeit.
Um den Tempel, zu dessen Bau schon David das Meiste
vorbereitet hatte, desto vollkommener aufzuführen, schließt
Salomo mit dem Könige H i r a m von T y r u s einen Ver-
trag wegen Lieferung von Cedernholz und Bauleuten, und
als nach sieben Jahren der Tempel vollendet war, weiht ihn
Salomo auf das feierlichste mit Gebet und Opfer zum Hause
des Herrn ein.
So lange sich Salomo an Gottes Gesetz hielt, war er
das Muster eines weisen Regenten, und sein Reich das
irdische Vorbild des künftigen Friedensreiches. In
dem- Grade er sich aber von diesem Gesetze entfernte, in dem
Maaße legte er auch für Israel den Keim des Verderbens.
Um seine Prachtliebe befriedigen zu können, die bereits
dem Volke drückend wurde, ficng er an, in Verbindung mit
König Hiram, Handel zur See zu treiben: das war
dem Gesetze zuwider; denn Israel sollte kein Handelsvolk
werden. Er hielt ein stehendes Reiterheer: das war dem Ge- ,
setze zuwider; denn Israel sollte ein Friedensvolk seyn, und
nicht auf Krieg und Eroberung denken. Er nahm viele Hei-
dinnen zu Frauen, und gestattete ihnen öffentlich ihren Götzen
zu dienen, ja am Ende nahm er selbst am Götzendienste Theil,
und verletzte so das erste und höchste aller Gesetze Gottes.
Zur Strafe erweckt ihm Gott einen Gegner in dem
Ephraimiten Jerobe am, dem die größere Hälfte seines
Reiches znfallen soll. Salomo, davon benachrichtigt, sucht
Jerobeam's habhaft zu werden; dieser aber flieht nach Ägyp-
ten und hält sich dort so lange auf, bis Salomo 975 v.'Chr.
stirbt. Daß Salomo zuletzt noch seine Thorheiten erkannt
habe, läßt sich ans seinem „Prediger" schließen. Die ange-
drohte Strafe sollte an seinem Sohne vollzogen werden.
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Extrahierte Personennamen: David David Cedernholz König_Hiram Salomo
Extrahierte Ortsnamen: Israel Gottes Israel Israel Israel Gottes Ephraimiten_Jerobe
184
§. 69. Die Macht der Chalifcn.
logischen Partei benützt; waren sie kräftig, so griffen sie nicht
selten in die Rechte und selbst in die Lehren der Kirche ein.
So kam es oft zu heillosen Verwirrungen, die manchmal selbst
mit Blutvergießen endeten.
Bei diesen Zwisten waren auch die Mönche sehr thätig.
Das Mönchswesen war im Orient, vom Klima be-
günstigt, schon im 3. Jahrhundert n. Chr. aufgekommen, und
zwar zuerst in Ägypten durch den Einsiedler Antonius,
der ganze Gesellschaften zum Eremitenleben vereinigte; dann
durch Pachomius, der das eigentliche Klosterleben auf-
brachte, dessen Mitglieder wegen ihrer äußerst strengen Ent-
haltsamkeit bei der Welt große Verehrung erlangten. Und
allerdings waren die Klöster der Ausbreitung der Kirche sehr-
förderlich, wiewohl es auch nicht fehlen konnte, daß sich bei
ihrer Vermehrung im Orient auch viele Auswüchse und Ver-
irrungen damit verbanden.
Im 5. Jahrhundert kam das Klosterwesen nach dem Abend-
lande, wo theils das abkühlende Klima, theils der geordnetere
Geist der abendländischen Kirche ihm eine andere und zum
Thcil bessere Einrichtung gab, die es zu Anfang des 6. Jahr-
hunderts durch den h. Benedict von Nursia bekam, der
seinen Klostergeistlichen Armuth, Keuschheit und Gehorsam
zur Grundregel machte und mit dem Beten das Arbeiten und
Studieren verbinden ließ. Die Klöster boten in der Zerrüttung
und Finsterniß jener Zeiten Unterweisung den Trostbedürftigen
und Unwissenden, Pflege den Armen und Kranken, Zuflucht
den Verlassenen und Bedrängten; förderten die Kultur des
Bodens, bewahrten die Reste der Wissenschaft, und legten
überall die Keime christlicher Bildung, deren Entwickelung
dann späterhin andere Anstalten übernahmen.
2. Die Macht der Chalifen.
69. Aa nun im oströmischen Reiche das Christenthum so
mannigfaltigen Ausartungen unterlag, die alten Religionen
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Extrahierte Personennamen: Antonius Antonius Benedict_von_Nursia
§. 71. Das deutsche Reich.
191
der Kahle die Herrschaft über Westfrankreich, und Lud-
wig die Herrschaft über Deutschland bekam.
2. Das deutsche Reich und die Vorherr-
schaft der Deutschen in Europa.
§. 71. ^tlit dieser Thcilmig trat Deutschland als eige-
nes Reich auf, das bald an innerlicher Kraft und äußer-
licher Macht die beiden andern karolingischen Reiche über-
ragte.
Mit Ludwig dem Deutschen beginnt
843—911 die Reihe der deutsch - karolingischen Könige,
die noch große Mühe hatten, das neue Reich gegen drei ver-
derbliche Feinde zu schützen: gegen die Normannen, die
von Dänemark und der scandinavischen Halbinsel her, —
gegen die Slaven, die von der Elbe her, und gegen die
Madyaren (spr. Madscharen), die von der Theiß aus
Ungarn her jährlich verheerende Einfälle oft bis in das Herz
von Deutschland machten, so daß, um die Gränzen oder Marken
besser zu vertheidigen zu können, die Könige gar bald die
Herzogsmacht, welche Karl der Große abgeschafft hatte,
wieder aufkommen lassen mußten.
Daher, und weil der letzte Karolinger, Ludwig das
Kind, äußerst schwach war, kam es, daß große Unordnung
in Deutschland einriß, indem einerseits die Herzöge oder Für-
sten die Übermacht an sich rissen und die Königsrechte schmä-
lerten, anderseits das Faustrecht (d. i. die Anwendung ge-
waltsamer Selbsthülfe) auf das verderblichste überhand nahm.
Nach dem Erlöschen des deutsch-karolingischen Geschlechts
wurde Deutschland ein Wahlreich, indem die deut-
schen Volksstämme zusammentraten und
911 Konrad I, Grafen von Ostfranken, zum König wählten.
Weil er aber fühlte, daß die Macht seines Hauses zur Her-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Karl_der_Große Karl Ludwig Ludwig Konrad_I Konrad
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Deutschland Ungarn Deutschland Deutschland Deutschland
§. 72. Das Kaiserthum und das Papftthum. 195
lien wieder großes Ansehen zu verschaffen wußte, und durch
einen Vertrag mit dem kinderlosen König Rudolf Iii von
Burgund das burgundische Reich (das sich tm 0. Jahr-
hundert aus Hoch- und Niederburgund als ein eigenes König-
reich gebildet hatte) mit Deutschland vereinigte; worauf
sein Sohn, der strenge Heinrich Jh der Schwarze
(1039 —1056), mit unbeschränkter königlicher Macht über
alle seine Vasallen schaltete, und der durch Streitigkeiten um
den päpstlichen Stuhl zerrütteten Kirche dadurch aufhalf, daß
er viermal würdige deutsche Bischöffe zur-päbstlichen
Würde beförderte.
Dagegen gerieth sein Sohn Heinrich iv(1056—1106),
den er als kaum sechsjähriges Kind hinterließ, als er zur
Regierung kam, sowohl mit den Fürsten, als auch mit der
Kirche in das beklagenswertheste Mißverhältniß. Eine sich
widersprechende Erziehung, die ep in seiner Zugend zuerst
vom Erzbischof Hanno von Köln und nachher vom Bischof
Adalbert von Bremen erhielt, verdarb seinen Character,
und besonders machte ihn der schädliche Einfluß des Letzter«
zu einem Wüstling und Tyrannen.
Seine Verachtung gegen die Fürsten, und besonders seine
Mißhandlung der sächsischen, brachte alle Sachsen gegen
ihn auf, so daß diese nach vergeblichen Vorstellungen endlich
gegen ihn aufstanden und ihn aus ihrem Lande zu fliehen
zwangen. Mit Mühe brachte er einen Theil der andern
Fürsten dahin, daß sie ihm zur Unterdrückung des Aufstandes
behülflich waren. Weil er aber nachher die Gefangenen nicht
frei gab, so wendeten sich die Sachsen mit ihren Klagen an
den Papst Gregor Vh.
Diesem kühnen und Willensstärken Geiste war dieser Anlaß
willkommen, um die Kirche aus den Banden der weltlichen
Gewalt zu befreien. Allerdings war die Kirche theils durch
die Begehrlichkeit der Geistlichkeit nach weltlichen Vortheilen,
theils durch die von den Fürsten geübte Simonie (d. i.
willkührliche Vergabung geistlicher Ämter um Geld und aus
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_Iii_von
Burgund Rudolf Heinrich Heinrich Heinrich_iv( Heinrich Hanno_von_Köln Gregor_Vh Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Niederburgund Deutschland Bremen Sachsen Sachsen
190
$. 70. Das Frankreich.
für die Wohlthaten des Christenthums zu gewinnen, stiftete
er besonders in Deutschland viele Bisthümer, baute Kirchen
und sorgte für die bessere Bildung des geistlichen Standes.
— Um die Bildung zu heben, gründete er Klosterschulen,
und zog auswärtige Gelehrte, darunter vornehmlich den
Engländer Aleuin, an seinen Hof; besonders lag ihm die
Ausbildung der deutschen Sprache, so wie überhaupt die
Reinhaltung deutscher Sitte und Art sehr am
Herzen. — Um den Landbau emporzubringen, legte er Mu-
fterwirthschaften auf seinen Gütern an und suchte so auf alle
Weise die Wohlfahrt seines Reiches zu befördern.
Da Karl über den bei weitem größten Theil des ehema-
ligen abendländischen Römerreiches gebot, so wurde dadurch,
daß vom Papste Leo Ui am Weihnachtsfeste zu R o m
800 Karl zum römischen Kaiser gekrönt wurde, die
alte Cäsarenwürde auch der Form nach auf die Germanen
übergetragen, und in dem nunmehrigen Kaiser der Vorste-
her des Rechts und Friedens in Europa und der
Schutz - und Schirmherr derkirche anerkannt.
Nach Karl's Tode übernahm
814 Ludwig der Fromme die ihm von seinem Vater über-
tragene Regierung, ohne seines Vaters Geist zu besitzen. Er
theilte das Reich zu früh unter seine Söhne, die darüber in
Zwist mit ihm geriethen und ihm durch unwürdige Behand-
lung das Leben verbitterten, indem ihn der ältere, Lothar,
unter Beihülfe des römischen Stuhles, zur Abdankung zu
nöthigen suchte.
Aber der jüngste Sohn, Ludwig, trat mit den Deut-
schen seinem Bruder Lothar entgegen, und als nach des Va-
ters Tode der Zwist unter den Brüdern ausbrach und
Lothar das ganze Reich an sich zu bringen suchte, zwang er
ihn
843 zu dem Vertrage zu Verdun, wodurch Lothar die
Kaiserwürde mit der Herrschaft über Italien und die Länder
am linken Rheinufer (mit Ausnahme der Landschaften Mainz,
Worms und Speyer) unter dem Namen Lotharingien, Karl
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Leo_Ui Leo Karl Karl Ludwig Lothar Ludwig Ludwig Lothar Lothar Lothar
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Europa Deut- Italien Mainz Worms Speyer
272 §. 94. Die Republik der vereinigten Niederlande.
dachte nun aber darauf, auch in den Niederlanden einerseits
die ständischen Freiheiten zu beschranken, anderseits alle
und jede Reformation durch die Inquisition
zu unterdrücken.
Denn die spanische Inquisition (s. K. 78) war
zwar unter Karl Y mäßig gehandhabt worden; aber Philipp
ñeng gleich bei seinem Regierungsantritt in Spanien wieder
an, weder Stand, noch Alter, noch Geschlecht zu verschonen,
und überall loderten dort wieder die Scheiterhaufen, auf
denen alle, die nur ein leiser Verdacht der Ketzerei oder sonst
freier Gesinnung traf, unter Hohn und Spott, oft zur Ver-
herrlichung der Hoffeste, verbrannt wurden, wie das selbst
bei Philipps Hochzeitsfeier der Fall war.
Um jenen Zweck nun auch in den Niederlanden zu er-
reichen, legte Philipp vorerst mehr spanische Truppen in's
Land und gab seiner Halbschwester, der mildgesinnten Mar-
garetha von Parma, als Statthalterin der Nieder-
lande, den geschäftsgewandten, ganz dem Willen des Königs
sich hingebendcn Cardinal Granvella an die Seite. Dieser
machte sich jedoch durch Willkühr und Stolz bei dem nieder-
ländischen hohen Adel, der sich von seinem bisherigen Ein-
flüsse auf die Regierung des Landes ausgeschlossen sah, sehr
verhaßt. An der Spitze dieses Adels standen drei Männer
aus den höchsten Geschlechtern, der Prinz Wilhelm von
Naffau-Orarrierr, genannt der Schweigsame, der
G r a f E g m o n t und der Graf Horn. Ihre nähere Verei-
nigung , verbunden mit der steigenden Unruhe des unzufrie-
denen Landes, nöthigte den König, sowohl die Truppen zu-
rückzuziehen, als auch in Granvella's Entfernung stillschwei-
gend zu willigen.
Als nun aber doch die Inquisition in Gang kam, und
Blutgericht und Holzstoß da und dort schon ihr gräßliches
Werk begannen; als keine Berufung auf beschworne Frei-
heiten , kein Anspruch auf Behandlung als deutscher Reichs-
theil bei Philipp etwas half: so schloß der darüber empörte
Adel 1566 einen Bund, die Geuherr genannt, von dem
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Extrahierte Personennamen: Karl_Y Karl Philipp Philipp Philipps Philipps Philipp Philipp Cardinal_Granvella Wilhelm_von
Naffau-Orarrierr Wilhelm Philipp Philipp
300 ß. 101. Schwedens Fall und Rußlands Erhebung.
das stets sich empörende Kasan wieder zur Lehnspflicht
gebracht und Astrachan erobert. Da aber mit seinem
Sohne Feodor 1588 der Mannsstamm Rurik's erlosch,
so wurde das Reich durch Thronstreitigkeiten erschüttert,
bis durch die vereinigten russischen Großen
1613 das Geschlecht der Romanow zur Erbfolge berufen
und die Ruhe hergestellt wurde.
Der Enkel des Stifters dieser neuen Czaarendynastie,
Peter der Große, faßte, als er 1689 die Regierung
selbst übernahm, den fruchtbaren Gedanken, die Macht sei-
nes Reiches durch Einführung europäischer Kultur zu he-
den. Er gab die Reisen ins Ausland frei, setzte das See-
und Kriegswesen auf europäischen Fuß, gab der Staats-
verwaltung europäische Formen, zog zur Beförderung der
Industrie geschickte Ausländer ins Land, gründete Bildungs-
schulen und machte sich zum Haupt der russisch-griechischen
Kirche.
Nachdem er in einem glücklichen Kriege mit den Türken,
deren Schwäche seit längerer Zeit zugenommen hatte, Asow
erobert und den freien Handel auf dem schwarzen
Meere errungen hatte, machte er, nach Dämpfung einer
Strelitzenempörung, selbst Reisen zu seiner Ausbildung ins
Ausland, und lernte in Holland Schiffe bauen, in England
aber das Schiffswesen in seiner Vollkommenheit kennen. Als
ihn ein Aufstand der Strelitzen zurückgerufen und er diese
stets aufrührerische Leibwache nach furchtbarer Bestrafung
aufgehoben hatte, dachte er darauf, sich durch Eroberung
der schwedischen Ostseeländer auch eine Seemacht im
baltischen Meere zu gründen, und zu diesem Zwecke >
verband er sich, die minderjährige Regierung Karl's Xii
benützend, mit Dänemark und Polen.
Polen, — das unter den letzten beiden Zagellonen
(§. 81) durch Erwerbung von Masovien, Kurland und
Litthauen den Gipfel seiner Macht erreicht, aber nach dem
Aussterben des jagellonischen Man ns st am m 's
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Extrahierte Personennamen: Feodor Peter_der_Große
Extrahierte Ortsnamen: Schwedens Kasan Astrachan Holland England Polen Kurland
§. 76. Ende des Mittelalters. 213
anerkennen und trennte sich seitdem, durch französische
Arglist berückt, vom deutschen Reiche, gab sich allmählig
französischem Einflüsse hin, und vertauschte dadurch zu ihrem
bittern Schaden eine natürliche nationale Verbindung mit
einer unnatürlichen und verderblichen. — Auch alle Versuche,
Burgund und Mailand wieder zu bekommen, schlugen dem
Kaiser fehl; aber durch vortheilhafte Verheirathung seiner
Kinder und Enkel verschaffte er seinem Hause die Anwartschaft
auf den spanischen, ungarischen und böhmischen Thron.
Mit Maximilian schließt das Mittelalter, das bei allen
seinen Unvollkommenheiten und Auswüchsen, dennoch kernhaft
und lebensfrisch war. Während desselben waren die Deut-
schen die erste Nation Europa's, ihre Künste und Ge-
werbe waren in einer Blüthe, die erst wieder kommen muß,
ihre Städte groß und reich, wie sie es in jenem Maaße nicht
mehr sind. Ganz besonders zeigte sich der großartige Geist der
deutschen Nation in ihrem eigenen Seehandel, zu welchem
Deutschlands Nord- und Ostseehäfen so geeignet sind. Die
deutsche Hansa mit ihren 85 Städten war es, die damals
den Sund und den Handel mit Dänemark, Schweden, Polen
und Rußland allein in Händen hatte, den Britten den Handel
in Frankreich wehrte, mit einer Flotte von 100 Schiffen Lissabon
eroberte und sich es zum Stapelplatz ersah, England zum Er-
kauf des Friedens nöthigte, Dänemark feil bot, Liefland er-
obern half, mit ihren Flotten den Ausschlag in allen Kriegen
gab, und dabei noch ein starkes Landheer hielt. Weil aber der
Corporationsgeist dieser Kaufleute der Befestigung der fürst-
lichen Landeshoheit widerstrebte, suchten die Reichsfürsten
diesen Geist zu brechen und die darauf gerichteten Verbindungen
allenthalben zu lösen, was denn auch unter Hinzutritt noch
anderer Umstände allmählig nur zu sehr gelang, so daß zuletzt
Deutschland'ö Größe selber dahinsank.— Wären die Deutschen
immer einig gewesen, und nicht eigensüchtig unter einander
getheilt, so müßten sie nicht erst die alte Größe wieder an-
streben, der sie sich nur wieder durch feste, dauernde Begrün-
dung der Einigkeit nähern werden, zu der in unfern Tagen
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Deutschland'ö_Größe
Extrahierte Ortsnamen: Burgund Mailand Deutschlands Schweden Polen Frankreich England
220
§. 79. Frankreich.
S Frankreich.
§. 79. Als nach Lothar's I Tode (s. §. 70 a. E.) dessen
. Reich durch Theilung unter seine Söhne in drei Reiche:
I t a l i e n, L o t h a r i n g i e n und die P r o v e n 9 e, zerfallen,
und Lotharingien zwischen Deutschland und Frankreich getheilt
worden war, kam es, daß der deutsche König Karl der
Dicke noch einmal fast das ganze Reich Karl's des Gro-
ßen zu regieren bekam. Nach seiner Absetzung wurde von
den fränkischen Großen 888 Odo, Herzog von Francien
(Isle de France), zum König von Frankreich gewählt.
Sein Gegner und Nachfolger Karl Iii mußte dem im
Norden Frankreichs eindringenden Normannenherzog
Robert die Normandie als Lehen und über die Bretagne
die Lehenshoheit übertragen. — Nach mehrfachem Thron-
wechsel erhielt ein Nachkomme Odo's, Hugo Cupet, die
französische Krone, und mit ihm begann
987—1328 die Reihe der capetin gischen Könige.
Fortwährend hatten die französischen Könige mit der Über-
macht ihrer zügellosen Vasallen zu kämpfen, besonders mit
den Herzögen der Normandie, von denen Wilhelm der
Eroberer 1066 sogar auf den englischen Thron gelangte.
Denn die meisten Vasallen besaßen als erbliche Besitzer ih-
rer Länder alle königlichen Rechte und hiengen nur durch
ein schwaches Lehenöband vom Könige ab.
Erst dem Könige Philipp Ii August gelang es,
seine widerspänstigen Großen zu demüthigeu, und nach des
englischen Königs Richard Löwenherz Tode die Normandie
nebst drei andern französischen Grafschaften (Anjou, Maine,
Touraine) den Engländern wieder abzunehmen, und 1205
durch die Vereinigung dieser Länder mit der Krone dem
Königthume das Übergewicht zu geben. Dieses Übergewicht
vermehrte der streng gewissenhafte und gerechte Ludwig Ix
der Heilige (1226 —1270) durch Hinzufügung anderer
Provinzen, besonders im Süden von Frankreich, obgleich er
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Extrahierte Personennamen: Karl_der
Dicke Karl Karl_Iii Karl Robert Hugo_Cupet Wilhelm Philipp_Ii Philipp August Königs_Richard_Löwenherz Ludwig_Ix Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Deutschland Frankreich Frankreich Frankreichs Maine Frankreich
222
§. 79. Frankreich.
Karl Vi verlor gegen Heinrich V von England
1415 die Schlacht bei A z i n c o u r t und die ganze Nor-
mandie , und nach beider Tod erkannte Nordfrankreich
den'englischen König als Herrn an, so daß der
schwache Karl Vii sich vor den Engländern bis hinter die
Loire zurückziehen mußte. Schon belagerten die Engländer
Orleans, und mit seinem Falle schien das ganze Land
verloren: da stellte sich Jeanne d'arc, ein Landmädchen
aus Dom Remy in Lothringen, die sich durch eine Vision
zur Retterin ihres Vaterlandes berufen fühlte, an die Spitze
der durch sie ermuthigten Franzosen, befreite Orleans und
führte 1429 den König zur Krönung nach Rheims. Bald
nachher gericth sie bei einer Belagerung in die Gefangen-
schaft der Engländer, und wurde von ihnen der französi-
schen Inquisition ausgeliefert, von dieser der Zauberei und
Ketzerei angeklagt und nach einem ungerechten Prozeß zu
Rouen 1431 verbrannt.
Die Engländer aber verloren nun in Frankreich einen
Besitz nach dem andern, und hatten 1453 nur noch Calais
inne. — Um diese Zeit waren fast alle großen Lehen mit
der Krone vereinigt, und nur Burgund, Bretagne und
Navarra waren noch fast selbstständig. (Karl Vii war
es, der 1444 zuerst die Behauptung aufstellte, Straßburg
und alle Länder am linken Nheinufer gehörten Frankreich!)
Karl'ö Nachfolger Ludwig Xi, ein grausamer Despot,
wußte durch Kraft und Hinterlist seine großen Vasallen zu
beschränken; doch machte ihm der reiche und mächtige Her-
zog Karl der Kühne von Burgund viel zu schaffen.
Dieser tyrannische Fürst, der besonders seine deutschen Städte
und Landschaften empörend mißhandelte, hatte schon Loth-
ringen in Besitz genommen und wollte sich nun auch die
Schweiz unterwerfen, wurde aber von den Schweizern bei
G ranson und bei Murten geschlagen, und verlor in der
dritten Niederlage, bei Nancy 1477, das Leben, worauf
das eigentliche Herzogthum Burgund sogleich von Ludwig
als Lehen eingezogen wurde, die niederländischen Besitzun-
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Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Heinrich_V_von_England Heinrich Karl Jeanne_d'arc Remy Karl_Vii Karl Ludwig_Xi Ludwig Karl_der_Kühne Karl Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Nordfrankreich Lothringen Rheims Rouen Frankreich Burgund Bretagne Navarra Frankreich Burgund Murten Burgund